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Steingrab von Tankenhagen Nr. 1.

In der Forst von Tankenhagen bei Dassow, hart an der großen "Schnese", welche das Gehölz in der Richtung von Osten nach Westen durchschneidet, lag auf der Erde ein großer Granitblock, welcher vor einigen Jahren zum Bau der Eisenbahnbrücke bei Schönberg verwandt ward. Unter diesem großen Steine bemerkte man unter der Erdoberfläche noch mehr Steine, von denen einer 1/2 Fuß aus der Oberfläche hervorragte, die übrigen aber unter der Oberfläche lagen. Die Vermuthung lag daher nahe, daß dieser Stein der Deckstein einer unterirdischen Steinkammer gewesen sei, und diese Vermuthung bestätigte sich auch bei näherer Nachforschung.

Der Jäger zu Tankenhagen hatte bald nach der Oeffnung des Grabes vorläufige Nachgrabungen angestellt und Bruchstücke von einem menschlichen Skelet und eine feuersteinerne Pfeilspitze gefunden. Im Mai 1871 nahm der Herr Forst=Auditor Max von Flotow eine völlige Aufgrabung vor, worüber derselbe Folgendes berichtet.

Unter der Erdoberfläche war eine regelmäßige viereckige Kammer gebildet, welche aus 4 erratischen Granitblöcken gebildet war und einen innern Raum von Osten nach Westen von 3 Fuß und von Norden nach Süden von 2 Fuß zeigte. Im Osten stand ein Block, welcher gegen 50 Cubikfuß groß ist, also ein bedeutendes Gewicht hat; die andern 3 Steine waren kleiner und konnten durch 2 Mann von der Stelle gerückt werden.

In der Tiefe von 3 Fuß lag das oben erwähnte Skelet, welches jedoch durch die frühere Untersuchung in dem strengen Lehm, womit das Grab gefüllt war, so sehr gelitten hatte, daß nichts Zusammenhangendes gerettet werden konnte und die Reste bei der leisesten Berührung zerfielen; auch ließ sich die Lage der Leiche nicht, mehr erkennen. Der Unterkiefer mit tadellosem Gebiß war ziemlich gut erhalten. Das Skelet schien einem 25jährigen Manne angehört zu haben.

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In der Tiefe von 4 Fuß fand sich ein zweites Skelet, welches mit dem Kopf und Rumpf längs des westlichen Schlußsteins "in gekrümmter Stellung" lag, mit dem Kopf an der Nordwand, während sich die Beinknochen an dem südlichen Seitensteine fanden. Ohne Zweifel war die Leiche sitzend beigesetzt, was schon nach der Kürze der Grabkammer anzunehmen ist. Die meisten Knochen waren so mürbe, daß sie bald zerfielen und aus dem strengen Lehm nicht herausgeholt werden konnten. Nur einige Stücke von den Arm= und Beinknochen, ein Bruchstück von dem Oberkiefer und ein Rest vom Schädel, welcher ganz mit Lehm gefüllt war, haben erhalten werden können. Der Schädel ist schon früh im Grabe zerdrückt, da sich z. B. andere Bruchstücke des Schädels und Fingerknochen im Hinterhauptsknochen im Lehm fanden. Die Beinknochen sind ziemlich stark und die Zähne im Oberkiefer durchweg gesund; vom Schädel ist nur der Schädelgrund mit der Hinterhauptsschuppe, welche ziemlich weit ausladet, vorhanden.

Die Hinterhauptschuppe hat an der linken Seite eine kleine Vertiefung, einem Finger=Eindruck ähnlich. Dieser Eindruck war mit Lehm gefüllt und in dem Lehm steckte die Spitze eines scharfen spitzigen Feuersteins, wie eine Pfeilspitze, deren noch vorhandene äußerste Spitze vielleicht abgebrochen ist. Möglich ist es also, daß dieser Eindruck von einer Verwundung durch einen Pfeil herrührt (Beobachtung des Fräuleins Custodin Am. Buchheim).

Ueber und neben den Skeleten lagen 5 bis 20 Pfund schwere kleinere Steine, mit denen, wie oft bemerkt ist, die Leichen zugedeckt waren, auch hin und wieder kleine Stückchen Kohle.

Weiter ward trotz des sorgfältigsten Suchens in dem Grabe nichts gefunden. Freilich erschwerte der strenge Lehm die Untersuchung sehr.

Wir haben hier also wieder ein unterirdisches Grab der Steinzeit, welches dem im voraufgehenden Abschnitte beschriebenen Grabe von Blengow ganz gleich ist.

G. C. F. Lisch.