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I. Zur Alterthumskunde

im engern Sinne.


1. Vorchristliche Zeit.

a. Steinzeit.


Steingrab von Blengo.

Auf dem Gute Blengow, in der Nähe der Ostsee bei Neu=Bukow, lag an dem nach Zweendorf führenden Wege auf der Höhe einer ansteigenden Fläche ein kegelförmiger Hügel, welcher sich ziemlich hoch über den umliegenden Boden erhob, dessen Oberfläche aber schon zu Ackerland gemacht war. Beim Pflügen war man oft auf einen Stein unter der Erdoberfläche gestoßen; äußerlich war aber kein Anzeichen von einer absichtlichen Steinsetzung zu sehen. Hiedurch aufmerksam gemacht, ließ der Gutsbesitzer Herr Beste, nach Steinen zu einem Bau suchend, im Frühling 1871 nachgraben und fand unter der Erdoberfläche einen großen Stein, der, wie sich später zeigte, die Decke eines Steingrabes bildete, welches zunächst frei gegraben ward. Der Herr Beste hat die Güte gehabt, eine genaue Beschreibung dieser im Frühling 1871 vorgenommenen Aufdeckung zu liefern, welche jedoch damals noch nicht bis auf den Grund ausgeführt ward.

In dem Hügel standen einander gegenüber zwei große Steine, mit ebenen Flächen einander zugekehrt. Auf diesen ruhte fest schließend der erwähnte große Stein als Deckstein. Es war hiedurch eine von Westen nach Osten gerichtete Steinkammer von ungefähr 8 Fuß Länge, 4 Fuß Breite und etwa

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4 Fuß Höhe gebildet. Die westliche Seite war durch eine vorgestellte große Steinplatte geschlossen, welche jedoch nicht an den Deckstein hinan reichte, sondern oben eine Oeffnung ließ. Vor die östliche Oeffnung waren mehrere kleinere flache Steine gestellt, deren Stellung durch gegengepackte kleinere Steine gesichert war. Das Innere des Steinhauses war ganz mit sandiger Erde ausgefüllt. In dem Grabe stieß man auf die Reste einer nicht verbrannten Leiche. Im Westen fand man an dem Schließsteine dicht an der Oeffnung einen menschlichen Oberschädel. Nach Osten hin lagen tiefer die Reste von Beinknochen. Die Leiche wird also in sitzender Lage beigesetzt gewesen sein, so daß der Rücken an die westliche Steinplatte lehnte. Neben den Beinknochen fand sich auch eine Pfeilspitze von Feuerstein.

Bis zum Grunde ward das Grab nicht ausgeräumt, da Herr Beste dies im Herbste vorzunehmen beabsichtigte. Bis zu dieser Zeit ist das Grab wieder mit Erde gefüllt worden, um neugierige Hände abzuhalten.

Im Sommer schritt Herr Beste zur völligen Abräumung des Grabes, da mehrere Anzeichen vermuthen ließen, daß unberufene Hände geneigt seien, hier nach Schätzen zu graben. Der Boden der Steinkammer war mit flachen Granitplatten ausgelegt, von welchen eine kleine Anzahl auch am Eingange aufgehäuft lagen. Gespaltene rothe Sandsteine, mit denen sonst die Ränder und Lücken ähnlicher Gräber ausgesetzt zu sein pflegen, fanden sich nicht, eben so auch nicht zerschlagene, weiß gebrannte Feuersteinstücke im Fußboden. Die Lücken zwischen den großen Steinen waren mit Granitstücken von außen zugesetzt. Der ganze innere Raum war mit trockener, leichter Erde ausgefüllt. An der Nordseite war im Innern durch kleinere Steine und darauf liegende Erde (beim Begräbniß wohl Rasen) eine niedrige Bank hergestellt. Hier fand man die Knochenreste von zwei Leichen, welche nach der Lage der Knochen anscheinend auf der Bank gesessen hatten und bei der Verwesung zusammengefallen waren. Von der einen Leiche war der Schädel und ein Theil der Rückenwirbelsäule zwischen die Beine gesunken; die andere Leiche war seitwärts gesunken, so daß der oben erwähnte eine Schädel dicht an der westlichen Schließplatte lag. Die Schädel waren ziemlich gut erhalten; die übrigen Knochen waren meistentheils in Splitter zerfallen, mit Ausnahme eines Schenkelknochens, welcher sehr lang ist. Auf der Bank war ein Platz für eine dritte Leiche leer. Am östlichen Eingange stand ein verzierter thönerner Topf,

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welcher leer war. Zwischen den Fußknochen der einen Leiche fand sich eine kleine steinerne Streitaxt mit Schaftloch von Hornblendegestein, von der Form, wie Jahrb. XXX, S. 38, Nr. 1, 4 Zoll, ungefähr 9 Centimeter, lang, zwischen den Fußknochen der andern Leiche ein Feuersteinkeil. Außerdem fanden sich eine feuersteinerne Pfeilspitze und einige Feuersteinsplitter. Einige wenige, ganz unbedeutende Kohlenstückchen werden mit der Erde von außen in das Grab gekommen sein. Die beiden Schädel, von denen der eine ziemlich gut erhaltene durch starke Augenbrauenbogen und hervorstehendes Nasenbein vom Gewöhnlichen abweichend zu sein scheint, hat Herr Beste dem Vereine geschenkt. Auch den Topf oder die Urne hat der Verein durch Vermittelung des Herrn Baumeisters Thormann zu Wismar gewonnen. Diese kleine Urne hat eine nach unten hin kegelförmig auslaufende Gestalt mit einem Boden von nur 3 1/2 Centim. Durchmesser. Auf dem Bauchrande stehen an zwei Seiten zwei kleine Knoten, welche von oben nach unten zur Durchziehung von Schnüren durchbohrt sind. Die Urne ist also eine Hängeurne, wie sie in Meklenburg aus der Steinzeit noch nicht bemerkt ist. Sie gleicht den in Dänemark öfter gefundenen Hängeurnen der Steinzeit, von denen ein Exemplar in Worsaae Nordiske Oldsager, Kjöbenhavn, 1859, Taf. 20, Fig. 100 abgebildet ist. Der abgebrochene Rand an der Mündung ist mit kurzen, derben Strichen verziert, welche in Form von kurzen Andreaskreuzen oder Rauten von ungefähr 1 Centim. Höhe dicht neben einander gestellt sind. Von einem zweiten dickwandigen nicht verzierten Topfe sind nur einige Bruchstücke erhalten. Diese Hängeurne würde für eine ferne Zeit auf gleiche Geschmacksbildung in Meklenburg und Dänemark schließen lassen.

Nach allen Zeichen ist dieses Grab ein Grab der Steinzeit unter der Erde, wie das Grab von Nesow, welches in Meklenburg zuerst als solches erkannt ward; vgl. Jahrbücher XXX, S. 133. Sonst pflegen die Gräber der Steinzeit immer Steinkisten auf der Erdoberfläche zu bilden.

Rund um das Grab liegen an dem Rande des Erdkegels ungefähr 20 Steinkreise, jeder von ungefähr 20 Fuß Durchmesser, aus einer einfachen Reihe von Steinen gebildet, welche so groß sind, daß sie von 1 bis 2 Mann gehoben werden können. In den Räumen innerhalb dieser Steinkreise haben sich aber bis jetzt keine Ueberreste alter Zeit gefunden. Ob diese Steinkreise in irgend einer Beziehung zu dem Grabe stehen, ist wohl schwer zu ergründen.

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Einige Ruthen von der Steinkammer entfernt liegt ein anderes Grab, welches aber schon lange zerstört ist. Dieses Grab bestand aus einem Hügel von kleinen Steinen, in denen eine kleine Steinkiste stand. Wahrscheinlich ist dieser Hügel ein Grab der Bronzezeit gewesen.

G. C. F. Lisch.