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Streitaxt von Zippendorf.

Im Jahre 1869 ward in dem Holze zu Zippendorf bei Schwerin eine Streitaxt aus Diorit gefunden, welche außerordentlich selten und merkwürdig ist. Das Stück ward dem Herrn Advocaten Rennecke zu Schwerin gebracht, der dasselbe noch besitzt, jedoch die Freundlichkeit gehabt hat, die Untersuchung und wissenschaftliche Benutzung zu gestatten. Die Streitaxt, welche nur klein, etwa 4 Zoll lang ist, ist noch nicht fertig. Es ist ein paßlicher Stein dazu gewählt, welcher auf den Oberflächen durch Schlagen und Reiben ungefähr zu der beabsichtigten Form gebracht, jedoch noch nicht vollständig geformt und noch nicht geschliffen ist. Es ist der Anfang gemacht, das Bahnende abzuspitzen, ungefähr wie die Abbildung in Jahrb. XXX, S. 38, Nr. 2 zeigt. Die Axt hat also die Grundform ungefähr wie Friderico-Francisceum Taf. XXVIII, Fig. 4 und 6, wird daher nach der Gestalt wohl einer jüngeren Zeit, wahrscheinlich

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schon der Bronzezeit angehören, da die Aexte der Steinzeit eine mehr plumpe Gestalt und eine breite Bahn haben. Aber auch das Schaftloch ist noch nicht fertig. Es bestätigt sich hier wieder die Wahrnehmung, daß, nachdem die Form einigermaßen zugerichtet war, zuerst das Schaftloch gebohrt und die Oberfläche erst nach dessen Vollendung geschliffen ward. Das Merkwürdige an dieser Streitaxt ist nun die Art der Bohrung des Schaftloches. Die Schaftlöcher der Aexte der Steinzeit sind ohne Zweifel durch einen Pflock mit Sand gerieben; alle noch nicht fertigen, und es giebt viele halbvollendete, haben ein kegelförmiges Loch, gewöhnlich an beiden Seiten, welches nach und nach zu der beabsichtigten Größe gebracht ward. Die Streitaxt von Zippendorf ist aber mit einem Ring= oder Centrum=Bohrer gebohrt, indem an einer Seite in dem erst ungefähr 1 Zoll tiefen Loche ein eben so großer, regelmäßiger, etwa 1/8 Zoll dicker, glatter Dorn oder Stift stehen geblieben ist. Das Loch oder die Höhlung, in welchem dieser Stift steht, ist überall gleich weit, überall glatt und am Boden, auf dem der Stift steht, halbkugelig ausgeschliffen, ungefähr wie das Innere eines Fingerhutes. Die Bohrung kann also nur mit einem metallenen Centrum=Bohrer gemacht sein, also wenigstens zur Bronzezeit. Dieses Stück giebt also wieder den Beweis, daß gewisse Geräthe aus Stein auch in die jüngeren Perioden der Vorzeit hineinragen, namentlich Streitäxte aus Diorit und Pfeilspitzen aus Feuerstein, während die schneidenden Geräthe, wie Schwerter, Dolche, Messer in der Bronzezeit immer aus Bronze bestehen. (Aber umgekehrt kommen diese schneidenden Geräthe aus Bronze nicht in der Steinzeit vor, sondern dieselben sind immer aus Feuerstein.)

Solche Stücke, wie diese Streitaxt von Zippendorf, sind außerordentlich selten: es war in Meklenburg bisher nur ein einziges gleiches, ebenfalls noch nicht fertiges Exemplar bekannt geworden, welches in der großherzoglichen Sammlung zu Schwerin aufbewahrt wird.

G. C. F. Lisch.