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Rennthierhorn von Mellenau bei Boitzenburg.

In Veranlassung dieses Fundes habe ich die willkommene Gelegenheit, über ein anderes Rennthierhorn zu berichten, welches zwar nicht in Meklenburg, aber doch nahe an der Meklenburg=Strelitzischen Grenze, also nicht weit von Möllenbeck, gefunden ist. Vor einiger Zeit schrieb mir der Herr Professor Virchow zu Berlin, daß es ihm endlich gelungen sei, "das erste Rennthiergeweih, aus der Ukermark, zu gewinnen". Darauf theilte mir derselbe den gedruckten "Sitzungs=Bericht der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin vom 19. October 1869" mit, aus welchem ich folgende Darstellung, die zugleich eine Uebersicht über den Standpunkt der Forschung gewährt, entnehme.

"Herr Virchow zeigte eine Reihe von Knochen, insbesondere Geweihstücken von vaterländischen Thieren der Vorzeit, insbesondere vom Rennthier, Bär, Elenthier und Edelhirsch. Sämmtliche vorgelegte Stücke zeichnen sich durch die ungewöhnliche Größe aus, zeigen jedoch sonst keine erkennbaren Verschiedenheiten von den noch jetzt lebenden Arten."

"Was die Rennthiere betrifft, so ist die Aufmerksamkeit auf ihr Vorkommen in Norddeutschland hauptsächlich erregt worden durch die verhältnißmäßige Häufigkeit des Auffindens von Rennthiergeweihen in Meklenburg. Lisch (Mekl. Jahrb. 1864, Bd. 29, S. 282) führt 20 verschiedene Fundorte 1 ) der Art auf. Um so auffallender war das Fehlen ähnlicher Nachrichten aus Preußen. - - - Die bisherigen wenigen Nachrichten sind sehr unsichere Angaben, und in der That finden sich in keiner der officiellen preußischen Sammlungen recht beweisende Stücke von inländischem Rennthier. - - - Das gegenwärtig vorgelegte, nur


1) Seitdem sind schon wieder 8 Rennthiergeweihe in Meklenburg gefunden und erkannt: 1 zu Wakendorf (Jahrb. 31, S. 119), 2 zu Petersdorf (das. S. 120), 1 zu Wismar (das. S. 120), 1 zu Grapen=Stieten (das. 33, S. 205), 1 zu Blüssen (das. S. 206), 1 zu Stuer (das. 34, S. 254) und 1 jetzt zu Möllenbeck.
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wenig verletzte, jedoch bis dahin nicht erkannte Geweih traf der Vortragende im Besitze des Herrn Mercker zu Woltersdorf. Nach weiteren Erkundigungen ist es bei Mellenau in der Nähe von Boitzenburg in der Ukermark" (zwischen Prenzlau und der meklenburgischen Grenzstadt Feldberg) "in einem Bruche ausgegraben; es hatte dort 4 Fuß tief in schwarzem, humosem Moder (nicht Torf) über einer schwachen Kalkschicht gelegen, welche wohl den alten Seeboden darstellt. In dem "Moder" waren außerdem einige Birken und Elsen, auch einzelne Eichen enthalten. Es mißt 1,25 Meter in der Länge u. s. w. - - - Auf alle Fälle muß das Geweih einem ungewöhnlich kräftigen und alten Thiere angehört haben. - -- Da Boitzenburg nahe an der meklenburgischen Grenze liegt, so kann man diesen Fund zunächst auch den meklenburgischen anschließen, welche überdies fast sämmtlich in Torfmooren und Brüchen gemacht worden sind. Gerade diese Lagerstätte aber ist insfern von besonderem Interesse, als sie bestimmt zu beweisen scheint, daß die Rennthiere auch in unserm Lande gelebt haben, - ein Punkt, der für die Frage von der Eiszeit eine große Bedeutung hat. Es wird nun darauf ankommen, die Beobachtung zu verschärfen und besonders auch die Flora der tiefsten Torfschichten in solchen Lagerstätten genauer zu studiren, da in Schwaben arktische Moose darin gefunden sind."


Bei dieser Gelegenheit kann ich nicht unterlassen, einen bei der Beschreibung des Rennthierhornes von Güstrow, Jahrb. XXVI, S. 300, geäußerten Irrthum zu berichtigen. Das dort erwähnte, zu Mallin im Moder gefundene, von Menschenhand bearbeitete dreizackige Geräth, zur Aufnahme von drei Keilen und mit einem Schaftloche in der Mitte, ist nicht aus einem Rennthierhorn gearbeitet, sondern sicher aus einem Hirschhorne, welches auf der Oberfläche geebnet und geglättet ist; es lassen sich noch die Spuren der früheren warzigen Oberfläche und der eigenthümlichen Construction des Hirschhornes deutlich erkennen. Ich habe das Geräth zur Erforschung im J. 1869 mit nach Kopenhagen genommen, wo mir der kundige Herr Professor Steenstrup fest versichert und mich auch davon überzeugt hat, daß das Geräth aus Hirschhorn verfertigt ist. Die Schweriner

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Sammlungen besitzen daher kein in Meklenburg gefundenes, von Menschenhand bearbeitetes Geräth aus Rennthierhorn.

G. C. F. Lisch.