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XXXIII. 2.
des
Schwerin, im Januar 1868 .
I. Wissenschaftliche Thätigkeit des Vereins.
H err Professor Bartsch in Rostock hat die Güte gehabt den nachfolgenden ersten Bericht über den Fortgang der von ihm angeregten Sammlung von Meklenburgs Sagen und Gebräuchen zur Veröffentlichung durch diese Blätter einzusenden:
"Der vor einem Jahre von meinem Freunde, Geh. Archivrath Dr. Lisch in Schwerin, und von mir erlassene Aufruf zu einer Sammlung von Meklenburgs Sagen, Märchen und Gebräuchen hat, ich darf es sagen, schon jetzt sehr erfreuliche Resultate erzielt. Ein bedeutendes Material, in allen Gegenden des Landes gesammelt, befindet sich bereits in meinen Händen. Gleichwohl fehlt noch viel, bis die volksthümlichen Ueberlieferungen unseres Landes in der Vollständigkeit aufgezeichnet sind, die zu einer wissenschaftlichen Bearbeitung wünschenswerth und nothwendig ist; und dies veranlaßt mich, meinem Dank für das bisher Empfangen die Bitte um neue Beiträge hinzuzufügen, und mich damit nicht nur an Diejenigen zu wenden, die mich schon unterstützt, sondern auch an Alle, die bisher nicht thätig mitgewirkt haben,
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und von denen doch gewiß viele im Stande wären, ein Scherflein aus eigener Erinnerung oder aus Mittheilung Anderer beizutragen zu einem patriotischen Unternehmen, welches Liebe zu unserem Volke veranlaßt, welches aber nur entgegenkommende Liebe vollenden helfen kann. Indem ich einen kurzen Ueberblick über die mir gewordenen Beiträge gebe, wird sich zugleich herausstellen, auf welchen Punkten vorzugsweise es noch an Material fehlt.
Wenn ich an die Spitze meines Berichtes die von weiblicher Hand gelieferten Beiträge stelle, so geschieht dies nicht bloß aus Galanterie, sondern hat seine innere Berechtigung, indem die Frauen die hauptsächlichen Bewahrerinnen des Sagen= und Märchenschatzes sind. Ich erwähne unter den von Damen eingegangenen Beiträgen mit besonderem Danke die Aufzeichnungen von Frl. Amalie Krüger in Rostock, die zum größten Theile auf die Gegend von Hagenow sich beziehen. Ihr verdanke ich auch die höchst wichtige Mittheilung über das Fortleben der Gudrunsage in Meklenburg, eine Mittheilung, die in der gelehrten Welt nicht geringes Aufsehen gemacht hat. Die Sage ward Frl. Krüger in ihrer Kindheit von einer Kinderfrau im elterlichen Hause erzählt; auf meinen Wunsch erkundigte sich Hr. Dr. Krüger bereits im Herbst 1866 in Hagenow bei dem dort lebenden Sohne dieser leider vor einigen Jahren verstorbenen Frau, der aber, ein verkommener Mensch, gar nicht begriff, um was es sich handle, sondern glaubte, man spreche mit ihm über eine zu machende Erbschaft. Ich will die Hauptzüge hier zusammenstellen, damit sie zu weiterer Nachforschung veranlassen. Eine Königstochter wird von den Feinden geraubt, es kommt zwischen diesen und den Ihrigen, die ihnen nachsetzen, zu einer blutigen Schlacht auf dem Wulpensande, wobei namentlich de oll War von Stormland sich auszeichnet. In der Fremde bleibt die Königstochter mehrere Jahre, von einer bösen Herzogin schlecht behandelt; sie und ihre Freundin müssen am frühen Morgen die Wäsche am Meere waschen und gehen vorher an die Thür des Schlafzimmers der bösen Herzogin, um sie zu bitten, daß sie Strümpfe anziehen dürfen. Die endliche Befreiung und Rückkehr bildet den Schluß der Sage. Ich habe hauptsächlich die Punkte herausgehoben, deren Frl. Krüger sich noch erinnert. Es würde darauf zu achten sein, ob eine derartige Erzählung noch im Volke existirt, sei es ganz oder in Bruchstücken, sei es mit oder ohne darin vorkommende Namen. Der Verdacht eines Zusammenhanges mit dem altdeutschen Gedichte von Gudrun
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wird durch die Zeit, in welche die Erzählung hinaufreicht, widerlegt, indem damals das Gedicht kaum erst bekannt geworden war. Die Echtheit der Ueberlieferung wurde mir nachher noch durch zwei andere Zeugnisse bestätigt. Herr Oberkirchenrath Kliefoth in Schwerin erinnerte sich, in seiner Kindheit von einem Knechte, Namens Wilhelm Baack, im elterlichen Hause (Körchow) die Gudrunsage und viele andere Sagen gehört zu haben. Auch dies Zeugniß weist also auf die Gegend von Hagenow; in Körchow lebt die Wittwe jenes Knechtes noch und ich gebe die Hoffnung nicht auf, von dieser Seite noch etwas über die Sage zu erfahren. Endlich schrieb, ohne von meiner Mittheilung über die Gudrunsage etwas zu wissen, ein werther Mitarbeiter meiner Sammlung, Herr Lehrer Struck in Waren, daß er sich erinnere, in seiner Jugend die Gudrunsage vernommen zu haben; ihm erzählte sie ein Mädchen, Namens Dörte, welche aus der Gegend bei Wismar war und von Schifferleuten stammte. Freilich hält er es für schwierig, aus seiner Erinnerung etwas aufzuzeichnen, weil er später zu wiederholten Malen das Gedicht gelesen, also die Ueberlieferung sich mischen könnte. Sein Zeugniß ist das jüngste unter den genannten und thut dar, daß vor noch nicht langer Zeit, etwa 25 Jahren, die Sage in Meklenburg noch lebendig war. Ich richte wiederholt die Aufmerksamkeit Aller, die sich für Sagenüberlieferungen interessiren, auf diesen Gegenstand, und würde mich im Namen der Wissenschaft Demjenigen zum größten Dank verpflichtet fühlen, dem es gelänge, die sicherlich irgendwo noch lebendige Kunde der Gudrunsage aus dem Volksmunde aufzuzeichnen.
Sehr brauchbares Material, das sich auf die verschiedensten Gegenden unseres Landes erstreckt, verdanke ich den Schülern der oberen Classen des Gymnasiums zu Wismar, welche auf Anregung des Hrn. Dr. Nölting und unter Benutzung des erlassenen Aufrufes aufgezeichnet haben, was ihnen von Sagen und Bräuchen bekannt war. Ich hebe darunter als besonders werthvoll die Aufzeichnungen der Primaner Ihlefeld aus Wismar, Kroeger aus Klütz und Burmeister aus Gr. Breesen hervor. Vielleicht gelingt es einem dieser jugendlichen Mitarbeiter, die Gudrunsage, die nach der Mittheilung von Hm. Struck auch in der Wismarer Gegend bekannt gewesen ist, aufzutreiben. Auch die Schüler des Gymnasiums zu Schwerin haben, veranlaßt durch Hrn. Dr. Schiller, mancherlei sehr dankenswerthe Ueberlieferungen mir zukommen lassen, deren Fortsetzung sehr erwünscht sein würde. Ich richte die Bitte an die Herren
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Directoren und Lehrer der anderen Gymnasien, das Gleiche zu versuchen, da es in Schwerin und Wismar so schöne Früchte getragen hat. Hr. Seminardirector Dr. Kliefoth in Neukloster, der schon früher bei einer für einen Freund unternommenen Sammlung von Gebräuchen mich bereitwilligst unterstützte, hat durch die Schüler des Seminars meinen Aufruf bearbeiten lassen, und es sind mir auf diesem Wege eine Reihe von Aufzeichnungen zugegangen, unter welchen ich namentlich die der Seminaristen Jaap, Sevecke, Offen und Fehlandt hervorhebe.
Ordnen wir die übrigen Beiträge nach den Gegenden und beginnen im Nordosten, so bedaure ich, aus der Gegend von Ribnitz und dem Fischlande noch wenig Mittheilungen erhalten zu haben; doch darf ich hoffen, durch Vermittelung meines Collegen, Prof. Karsten, von dort noch mancherlei zu erhalten. Aus Rostock und seiner nächsten Umgebung besitze ich einige von Hrn. F. Haase, Lehrer hierselbst, aufgezeichnete Sagen; aus Hastorf bei Doberan mehrere interessante, durch einen Schüler des Gymnasiums zu Schwerin mitgetheilte; eine andere hat Hr. Böhmers in Warin aus der dortigen Gegend aufgezeichnet; aus Gadebusch und Umgegend hat mich Hr. Dr. Schmidt aus Goldberg, gegenwärtig in Rostock, mit mannichfachen Mittheilungen versehen, die außer Sagen auch zahlreiche Gebräuche, Volkslieder, so wie Mundartliches enthalten. In Schwerin ist vor allem Lisch es gewesen, der unermüdet das schon früher gedruckte Material gesammelt, die zumal in den "Meklenb. Jahrbüchern" zerstreuten Sagen und Bräuche mir zu bequemer Benutzung zusammengestellt und dadurch die Vorarbeiten Wesentlich erleichtert hat. Auch manche Aufzeichnung aus eigener Erinnerung verdanke ich ihm. Sehr werthvolle Beiträge hat Hr. Präpositus Dr. Schencke in Pinnow bei Schwerin geliefert, Sagen und Gebräuche umfassend. Aus Parchim verdanke ich eine Anzahl von Sagen dem Hrn. stud. Harms; aus Plau hat Hr. Cantor Ehrich eine Reihe von Ueberlieferungen, namentlich Sagen von den Unterirdischen, aufgezeichnet; ebenso werthvolle Mittheilungen von Sagen und Bräuchen hat Hr. Pastor Behm aus Melz bei Röbel gemacht. Den Kranz der Mitarbeiter mögen zwei der fleißigsten beschließen: Hr. Lehrer Struck in Waren, der auch zu Niederhöffers Sagensammlung schon werthvolle Beiträge lieferte, und Hr. Küster Schwartz in Bellin bei Güstrow, dessen Mittheilungen meistens aus der Gegend von Dargun stammen und sich auf Sagen, Märchen und Gebräuche er=
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strecken. Aus Mecklenburg=Strelitz habe ich bis jetzt nur von einer Seite Beiträge erhalten, von Hrn. Wilhelm Heyse in Leussow bei Mirow, mehrere Sagen in plattdeutscher Bearbeitung, die immer am willkommensten ist, wenn sie sich auch in der Darstellung möglichst an die Art und Weise des Volkes anschließt. Auch mehrere Sagen in poetischer Bearbeitung erhielt ich, die sich aber für meine Sammlung nicht eignen, daher ich dankbar sein würde, wenn der Inhalt derselben mir nochmals in schmuckloser Prosa mitgetheilt würde. Aus dem Fürstenthum Ratzeburg hat Hr. Archivrath Pastor Masch in Demern mehrere Sagen von Unterirdischen aus Dutzow aufgezeichnet und mir zukommen lassen.
Beinahe noch reichhaltiger ist Material für die Sammlung von Gebräuchen eingelaufen; außer dem schon beiläufig erwähnten hebe ich hervor die Mittheilungen des Hrn. Senator Dr. Eggers in Berlin aus Hohenschwarfs bei Rostock; die sehr umfassenden von Hrn. Domänenpächter Behm in Nienhagen bei Rostock, denen auch Aufzeichnungen von weiblicher Hand beigefügt waren, auch eine Sammlung von Sprichwörtern enthalten dieselben, die für meinen nächsten Zweck allerdings nicht verwendbar, aber in anderer Rücksicht willkommen sind. Aus der Gegend von Crivitz hat mehrere Bräuche Hr. Pastor Kindler in Kladrum mitgetheilt; aus Hagenow besitze ich außer den schon erwähnten Aufzeichnungen von Frl. Krüger noch andere, die ich Hrn. Primaner Kahle aus Hagenow, jetzt in Rostock, verdanke. Aus der Gegend von Boizenburg und Dömitz, überhaupt der Elbgegend, hat mir Hr. Lehrer Kreutzer in Ludwigslust durch Vermittelung meines Freundes, des Hrn. Gymnasiallehrers Dr. Wilbrandt in Rostock, sehr werthvolle und durch Zuverlässigkeit sich auszeichnende Mittheilungen zukommen lassen; aus Grabow und Umgegend haben Hr. Kaufmann Martienssen in Grabow und Hr. Pastor Ziemssen in Dambeck willkommene Beiträge beigesteuert.
Unter den Bräuchen sind verhältnißmäßig stark diejenigen vertreten, die sich auf Besprechungen, auf Zauber und Segen beziehen; ein Beweis, wie vielfach diese Mittel vom Volke noch verwendet werden. Vieles der Art hat Hr. Pastor Dolberg in Rövershagen bei Rostock mitgetheilt; die Mittheilung eines sogenannten Himmelsbriefes, der Schußfestigkeit im Kriege verleiht, verdanke ich Frau Pastorin Willebrand in Hagenow, sowie einen zweiten Hrn. Pastor Brockmann in Proseken bei Wismar. Von hohem Werthe war mir die Benutzung eines von ungebildeter
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Hand geschriebenen Heftes mit Besprechungen und Segensformeln, dessen ein Tagelöhner zu sympathetischen Kuren sich bedient; ich verdanke die Kenntniß desselben Hrn. Dr. Wilbrandt in Rostock. Die Benutzung eines ähnlichen Buches mit Geheimmitteln ist durch Hrn. cand. theol. Hoffmann in Aussicht gestellt. Aus Wismarschen Archivalien hat Hr. Dr. Crull in Wismar mehreres einschlagende mitzutheilen die Freundlichkeit gehabt; durch Hrn. Canzleidirector v. Bülow in Schwerin kam ich zur Kenntniß und Benutzung eines im Besitz des Criminalcollegiums zu Bützow befindlichen Heftes, welches ebenfalls Originalaufzeichnungen eines mit Zauber umgehenden Mannes enthält. Auf eine sehr ergiebige Quelle hat Hr. Advocat H. Gädcke in Rostock mich aufmerksam gemacht, nämlich die Protocollbücher aus dem 16. Jahrhundert auf dem hiesigen Rathsarchiv, die Hexenverhöre enthalten; der Gefälligkeit des Hrn. Senators Dr. Giese verdanke ich die ungeschmälerte Benutzung dieser werthvollen Actenstücke.
Begreiflicherweise finden sich in diesen gesammelten Materialien viele Sagen und Gebräuche in mehrfacher Aufzeichnung; gerade das kann aber nur willkommen sein, der Bearbeiter ist dadurch in den Stand gesetzt, die Treue des einen Berichtes an dem andern zu prüfen, und die bei derartigen Sammlungen unentbehrliche Kritik zu üben, sowie die abweichenden Züge der Ueberlieferungen zu ermitteln, die, so weit sie von Bedeutung sind, auch Aufnahme finden werden, gerade wie man bei der kritischen Gestaltung eines Testes ja auch die abweichenden Lesarten der benutzten Quellen verzeichnet.
Ich wünsche nichts mehr, als daß ich durch allseitiges Interesse in den Stand gesetzt werde, die für die Wissenschaft so kostbaren Ueberlieferungen des meklenburgischen Volkslebens, ehe sie der Strom der Zeit unwiderbringlich verschlungen hat, in möglichster Vollständigkeit sammeln und in nicht zu langer Zeit einen ebenso reichhaltigen Bericht über weitere Beiträge geben zu können. Vor Jahresfrist gedenke ich meine Sammlungen nicht abzuschließen, dann allerdings wünschte ich an die Bearbeitung zu gehen. Ich lege daher wiederholt mein Unternehmen Allen ans Herz, die demselben schon früher Theilnahme zugewendet haben oder noch zuzuwenden geneigt sind. Diejenigen aber, die mir Beiträge in Aussicht gestellt haben, mögen in diesen Mittheilungen eine freundliche Mahnung an die Lösung ihres Versprechens finden."
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Es wird nicht nöthig sein, diesem interessanten Berichte irgend etwas hinzuzufügen, als die nochmalige dringende Bitte an alle Mitglieder des Vereins, das Unternehmen, dessen Bedeutung für die Wissenschaft nach den bisherigen Erfolgen nicht mehr in Zweifel gezogen werden kann, mit allen Kräften zu unterstützen.
Der Druck des vierten Bandes, des Meklenburgischen Urkundenbuches ist nunmehr mit allen 3 Registern zu den ersten 4 Bänden, welche zusammen nicht weniger als 653/4 Bogen umfassen, vollendet. Die Ausgabe desselben ist aber noch auf eine kurze Zeit verschoben worden, weil die Herren Bearbeiter den Wunsch hegten, den Werth des Werkes durch eine neue Beilage zu erhöhen. Ein vierter Anhang wird nämlich den nochmaligen Abdruck der gesammten, in dem Texte der ersten 4 Bände eingefügten 161 Siegel in systematisch=chronologischer Ordnung bringen, eine 41/2 Bogen füllende Siegelsammlung aus dem 12. und 13. Jahrhunderte, wie sie in dieser Weise kaum irgendwo existiren dürfte, und welche unzweifelhaft einen selbstständigen bedeutenden Werth beanspruchen darf.
Der Absatz des Werkes ist bisher verhältnißmäßig immer noch unbedeutend. Von der 750 Exemplare starken Auflage sind bisher 122 an die Mitarbeiter, die mit uns im Tauschverkehre stehenden Vereine u. s. w. verschenkt, und nur 148 verkauft, so daß sich gegenwärtig noch 480 Exemplare auf dem Lager befinden. Nach Ausgabe des Registerbandes dürfen wir aber gewiß noch auf einen nicht unbedeutenden Absatz rechnen, und auch die, dem in der Johannis=Quartalversammlung gefaßten Beschlusse gemäß, mit einer Antiquariats=Buchhandlung von großem Verkehr angeknüpften Verhandlungen werden hoffentlich nicht ohne Erfolg bleiben, sondern dem Werke namentlich den Weg ins Ausland eröffnen. Ueberdies ist bei einem Werke, welches unter allen Umständen dauernden Werth behalten wird, ein verhältnißmäßig bedeutender Vorrath notwendig. Aus diesen Gründen hat der Ausschuß des Vereins in seiner letzten Versammlung beschlossen, die Auflage der zweiten Abtheilung des Werkes, dessen Druck nunmehr beginnen wird, nicht zu verkleinern.
Der 33. Band der Jahrbücher des Vereins ist gleichfalls bereits unter der Presse. Bedauerlich kann aber das Register zu den ersten 30 Bänden auch mit diesem Berichte noch nicht ausgegeben werden, eine Verzögerung, die auch in diesem Falle nur dazu beitragen wird, die Brauchbarkeit
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der Arbeit zu erhöhen, da derselben z. B. über den ursprünglichen Plan hinaus wieder ein chronologisches Verzeichniß der abgedruckten Urkunden beigegeben werden soll. - An neuen Abhandlungen und Berichten habe ich zur Zeit nur folgende Arbeiten des Herrn Geh. Archivraths Lisch zu verzeichnen, größtentheils Früchte seiner antiquarischen Reisen, zu welchen die Ausübung seines Amtes als Conservator die Veranlassung giebt:
1) Der Capitelsaal zu Rehna.
2) Die Kirche zu Lübsee bei Rehna.
3) Die Nicolai=Kirche auf der Neustadt Röbel.
4) Das Antonius=Kloster zu Tempzin und dessen Filial Frauenburg in Ermeland.
5) Der Burgwall und die Vogtei Malchin.
6) Der Begräbnißplatz und eine Höhlenwohnung bei Sietow an der Müritz.
7) Knochengeräthe aus Dobbertin.
8) Die Fassung der Keile aus der Steinzeit.
II. Die Sammlungen des Vereins.
Das letzte Quartal von Michaelis 1867 bis Neujahr 1868 ist im Ganzen ziemlich unergiebig für die Vergrößerung unserer Sammlungen gewesen, wie aus dem folgenden Verzeichniß der neuen Erwerbungen hervorgeht:
1) Für die Alterthumssammlung.
a. Aus der Steinzeit.
Ein geschliffener Schmalmeißel aus Feuerstein, gefunden bei dem Chausseebau zwischen Parchim und Sternberg zu Wozinkel in einem Hünengrabe, neben den Gebeinen einer sitzend beigesetzten Leiche, geschenkt von dem Herrn v. Quitzow auf Wozinkel, mit Fundbericht.
Eine Säge oder Sichel aus Feuerstein, gefunden zu Nutteln bei Brüel, geschenkt von dem Gutsbesitzer Herrn Seeler auf Poischendorf, früher auf Nutteln, durch Vermittelung des Herrn Maschinenbaumeisters Schumacher zu Schwerin.
Ein stumpfgeschliffener Keil aus Hornblende, gefunden zu Zippendorf durch den Herrn Secretair Fromm in Schwerin, durch Tausch für die Sammlung gewonnen.
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Ein dreieckiges bearbeitetes Griffelbein von einem Hirsche, 9 Zoll lang, mit einer hakenförmigen, harpunenartigen Spitze, vielleicht zum Netzhäkeln bestimmt, und ein sägenartig gekerbtes knöchernes Geräth, anscheinend aus einer Rippe, 5 Zoll lang, gefunden auf der sogenannten Paradies=Koppel an dem ehemaligen Ufer des jetzt abgelassenen Dobbertiner Sees, geschenkt durch den Herrn Dr. Wiechmann auf Kadow.
Die bezeichnendsten der im Sommer 1867 gefundenen Knochen aus dem Wismarschen Pfahlbau sind nach dem Drucke des zweiten Berichtes in den Jahrbüchern für 1867 durch den Herrn Professor Rütimeyer zu Basel als Knochen von Menschen, Hunden, Rindern, Pferden, Ziegen, Schweinen, Hirschen und Rehen erkannt worden.
Einige Nadeln mit runden Knöpfen, einige Armringe ohne Verzierungen, mehre gewundene Fingerringe, eine zerbrochne Messerklinge, zwei kleine Zangen mit 3 ausgeschlagenen Buckeln, eine Heftel mit 2 runden Blechplatten und einem breiten Bügel, aus Bronze, und eine Heftel aus Eisen von alter Form mit Spiralfedern, ferner Bruchstücke von verschiedenen Wirthschaftsgefäßen, namentlich zwei Vorrathstöpfen, etwa 1 Fuß weit, mit dicken fast senkrechten Wänden, einem dünneren Kochtopfe aus grober Masse, einem kleinen Henkeltopfe und einer großen flachen Schüssel, gefunden durch die Herren Pensionair Hamann und Förster Kleinkamp bei Sietow an der Müritz 3-4 Fuß tief in der Erde unterhalb des gleich zu erwähnenden jüngern Begräbnißplatzes, vermuthlich auf dem Boden einer Erdwohnung aus der Bronzezeit, durch die Vermittelung des Lehrers Herrn Struck zu Waren dem Vereine geschenkt.
Eine Menge größerer oder kleinerer Scherben von Urnen aus der Bronzezeit, deren Restauration theilweise so weit gelungen ist, daß sich die Form der Gefäße erkennen läßt, darunter eine Urne mit spitzem Fuß und 6 Zoll hohen senkrechten Wänden, eine Deckschale, 4 Zoll hoch und 10 Zoll weit, ein Henkeltopf oder Kinderurne, eine große mehr kugelförmige Urne u. s. w., gefunden bei Sietow an der Müritz in kleinen Steinkisten unter niedrigen Erdhügeln auf einem großen, der jüngsten Bronzezeit angehörigen Begräbnißplatze. Alle diese Alterthümer, sowohl aus dem Begräbnißplatze als der darunter befindlichen Erdwohnung, wurden durch die Herren Pensionair Hamann und Förster
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Kleinkamp zu Sietow und den Lehrer Herrn Struck zu Waren entdeckt und ausgehoben, und durch die Vermittelung des Letztern dem Vereine geschenkt.
Ein Diadem mit Spiralverzierungen, ein gewundener Halsring und ein vollgegossener Armring, aus Bronze, gefunden neben dem Gerippe einer unverbrannten Leiche in einem Kegelgrabe bei Wozinkel, welches bei dem Bau einer Chaussee von Parchim nach Sternberg aufgedeckt ward, und geschenkt von dem Herrn v. Quitzow auf Wozinkel.
In dieselbe Zeit gehört anscheinend ein kleiner, 2 1/2 Zoll hoher Becher aus Thon, stark mit zerstampftem Granit durchknetet, am untern Bauchrande mit drei concentrischen Kreisen verziert, welcher im Kreise Wongrowic in Posen gefunden, und durch Herrn Redacteur Fischer in Berlin, früher in Schwerin, dem Vereine geschenkt worden ist.
Eine Lanzenspitze von Eisen, 4 1/2 Zoll lang, gefunden auf dem Felde von Wozinkel und geschenkt von dem Herrn v. Quitzow daselbst.
Ein Doppelschilling des Herzogs Adolf Friedrich, 1622; 2 Schillinge der Stadt Rostock, 1626; 1 Sechsling der Stadt Wismar; 1 dänisches Vierschillingsstück, 1616, und 2 dänische Zweischillingsstücke, 1618, geschenkt von dem Gutsbesitzer Herrn Rudloff zu Schwerin.
Mehre Kupfer= und Silber=Pfennige, nämlich 2 aus Brandenburg 1611 und 1676, 1 aus Riga 1620, 1 aus Hessen 1622, 1 aus Geldern 1665, 4 aus Rostock 1666 und 1682, 1 aus Wismar 1676 und 1 aus Lübeck, gefunden bei der Restauration des Altars in der Kirche zu Tarnow unter dem Altarschrein neben mehren Schriftstücken, darunter Beichtformeln, Responsorien u. s. w., geschenkt von dem Herrn Pastor Kossel zu Tarnow.
I. Heraldik.
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Verfassers, Fürsten Friedrich Karl von Hohenlohe=Waldenburg zu Kupferzell.)
II. Schweden.
III. Schweiz.
IV. Algemeine deutsche Geschichte und Alterthumskunde.
V. Oesterreich.
VI. Frankfurt a. M.
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VII. Hessen.
I. Hohenzollern.
IX. Brandenburg. Preußen. Sachsen. Lausitz. Schlesien.
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X. Schleswig, Holstein und Lauenburg.
XI. Lübeck.
XII. Meklenburg.
4) Für die naturhistorische Sammlung.
Ein Rennthierhorn, gefunden in einem Moderloche zu Blüssen bei Schönberg im Fürstenthum Ratzeburg, geschenkt von Herrn Küster Splitter in Lübsee.
Ein vollständiges, der neuern Zeit angehöriges Rennthiergeweih aus Norwegen, bei einer sich darbietenden seltenen Gelegenheit angekauft, zur Vergleichung mit den für die Naturkunde nicht unwichtigen alten in Meklenburg gefundenen Geweihen, deren Zahl sich in unsrer Sammlung alljährlich mehrt.
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III. Die Matrikel des Vereins.
In dem abgelaufenen Quartale ist auch die philomatische Gesellschaft zu Neisse in Schlesien auf deren Wunsch mit unserm Vereine in Correspondenz und Schriftenaustausch getreten.
Als ordentliche Mitglieder sind dem Vereine beigetreten die Herren: Dr. Schultetus in Teterow, Geh. Ministerialrath Meyer in Schwerin, General=Agent Soltau daselbst, Advocat Burmeister zu Güstrow und Pensionair Ehlers zu Grapen=Stieten.
Gestorben sind: Commerzien=Rath Mantius in Schwerin, Mitglied seit 2. December 1834, gest. im August 1867, v. Heyse=Rothenburg zu Rostock, Mitglied seit 13. Oct. 1843, gest. im October 1867, und Obrist v. Lützow zu Schwerin, Mitglied seit März 1862, Repräsentant des Vereins 1862-64 Jul., gest. am 22. December 1867.
Nach voraufgegangener Kündigung ausgetreten sind die Herren: Senator Schultetus zu Plau, Dr. Pentzlin zu Wismar, Navigationslehrer Peters zu Wustrow und Kaufmann Voß zu Schwerin.
W. G. Beyer.
, Arichvar,
als zweiter Secretair des Vereins.
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