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IV.

Ueber

die Stammesverwandschaft der Familien

von Bülow und von Britzkow,

von

G. C. F. Lisch.


E s ist längst beobachtet, daß in den ehemaligen Wendenländern gewisse altadelige Familien, deren Güter in derselben Landschaft nahe bei einander lagen, dasselbe Wappen führten, und vermuthet, daß dieselben von einem und demselben Stammvater ihren Ursprung, sich aber bei der Germanisirung nach ihren Lehngütern oder Familien= oder persönlichen Eigenthümlichkeiten verschiedene Namen beigelegt haben. Wenn dies nun auch in vielen Fällen durch verschiedene zusammentreffende Umstände sehr wahrscheinlich zu machen war 1 ), so war doch der urkundliche Beweis kaum in einzelnen Fällen und sehr schwer, gewöhnlich nur durch weit greifende Forschungen in den Original=Archiv=Urkunden, zu führen. Ich habe eine solche Stammesverwandtschaft zuerst im J. 1844 bei der noch blühenden gräflichen Familie Hahn bewiesen, indem die Stammväter der beiden altadeligen Familien Hahn und von Dechow, welche ursprünglich beisammen im Lande Gadebusch saßen und dasselbe Wappen führten, in einer Original=Urkunde vom J. 1238 "Brüder" genannt werden ("Godescalcus de Degowe et frater suus


1) So neuerdings z. B. auch bei dem Patriciat der Stadt Malchow; vgl. Jahrbücher XXXII, S. 47 flgd.
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Eckehardus Gallus") 1 ). Ich habe aber nicht allein die Stammesverwandtschaft dieser beiden Geschlechter urkundlich 2 ) bewiesen, sondern es auch zur größten Wahrscheinlichkeit erhoben, daß altadelige stammverwandte Vasallenfamilien mit gleichem Schild und Helm, trotz verschiedener Namen, bei dem Aussterben einer dieser Familien in deren Lehen succedirten 3 ). Ich habe nachgewiesen, daß die Familie von Bibow, welche auch gleichen Schild und Helm mit den Hahn und von Dechow führte, im J. 1467 in die in dem Gute Bibow gelegenen Lehen der ausgestorbenen Familie Hardenack, welche ebenfalls ein gleiches Wappen gehabt hatte, succedirte ("de gudere to Bibowe, also em vnd synen eruen van dodes weghen des slechtes der Hardenacken seliger dechtnichtze gehêten was vnd is angefallen vnd gestoruen 4 ).

Bei der Darlegung der Stammesverwandtschaft der Hahn mit den genannten Familien habe ich darauf hingewiesen, daß die Stammesverwandtschaft mehrerer anderer Familien sehr wahrscheinlich sei, unter andern die der beiden Familien von Bülow und von Brützekow.

Es ist mir jetzt gelungen, die Stammesverwandtschaft dieser beiden letztgenannten Familien auch beweisen zu können.

Unmittelbar neben dem früheren Dorfe und nachmaligen Nonnenkloster, jetzt Stadt Rehna im Lande Gadebusch liegen zwei alte Dörfer Bülow und Brützekow oder Brütschow, welche jetzt nur durch das Gebiet von Rehna getrennt sind. Von diesen beiden Dörfern, deren Lehnseigenschaft durch Veräußerungen an das Kloster lange untergegangen ist, haben ohne Zweifel die beiden Vasallenfamilien von Bülow und von Brützekow den Namen. Sie erscheinen in der ältesten Zeit wiederholt auf diesen und andern Gütern in der Nähe von Rehna. Schon am 6. Sept. 1237 treten die beiden Ritter Gottfried von Bülow und Gottfried von Brützekow (Godeke de Brutsekow) mit andern alten Familien jener Gegend bei dem Fürsten Johann von Meklen=


1) Vgl. Lisch Gesch. des Geschl. Hahn, I, A. S. 41, und B, S.25.
2) Später hat v. Ledebur in den "Märkischen Forschungen" seit 1847 in mehreren Abhandlungen über manche "Familien=Gruppen" die Untersuchung weiter geführt, jedoch nur nach Gleichheit des Wappens und der Heimat.
3) In der Folge habe ich die Stammesverwandtschaft und die gegenseitige Successionsfähigkeit der alten Familien von Holstein und Kruse nachgewiesen; vgl. Jahrb. XXIX, 1864, S. 263 flgd.
4) Vgl. Lisch Gesch. d. Hahn I, A, S. 49 und 52, und II, B, S. 135.
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burg zu Gadebusch 1 ) auf, eben so am 22. Juni 1241 1 ), ohne Zweifel die Stammhalter beider Familien.

Beide Familien verbreiteten sich bald nach Osten hin. Die Familie von Bülow gewann in zahlreichen Aesten bald große Verbreitung über das ganze Land Meklenburg und weit darüber hinaus bis auf den heutigen Tag. Auch die bisher wenig bekannte Familie von Brützekow wandte sich bald gegen Osten in die Gegend der Stadt Gnoien, ungefähr zu gleicher Zeit mit den Moltke und den von Lewetzow, mit welchen die Bernevür stammverwandt waren. Schon im J. 1273 belehnte der Fürst Nicolaus von Werle den Ritter Martin von "Brüzssecow", dessen Großvater Martin um das J. 1230 das Gut Brützekow bei Rehna besessen zu haben scheint 2 ), mit dem Gute Vorwerk bei Gnoien 3 ), und im J. 1274 erscheint derselbe mit dem Kern der Werleschen Ritterschaft bei den Landesherren 3 ). Als am 30. Nov. 1405 "Barolt Brytzekow" das von seinem Vater ererbte Gut in Repnitz ("Rethemisse") 4 ) an Curd von Bützow verkaufte 5 ), traten "Arnt Brytzekow" zu "Lütten=Wüstenfelde" (in der Pfarre Jördenstorf) und "Johannes Brützekow", Arnd's Bruder, zu "Gantzekendorf" (in der Pfarre Boddin untergegangen) für ihn als Mitgelober auf. Im J. 1359 hatten die Brützekow Besitzungen in Jördenstorf und vor dem J. 1445 hatten sie Rensow besessen. (Vgl. weiter unten.)

Aus mehreren Beispielen ging nun hervor, daß die Familie von Brützekow mit der Familie von Bülow gleiches Wappen führte: 14 Kugeln im Schilde, so wie sie auch ursprünglich ihre alten Lehen neben einander hatten und die Vornamen tauschten. Es ist vorweg zu bemerken, daß sich die Familie mit der Zeit von Britschow nannte, obgleich in alter Zeit die Form Brütschow oder Brützekow, wie noch heute im Dorfnamen, vorherrschend ist. Am 10. Febr. 1359 verkauften "Gödeke Brützekow, des Ritters Godeke Brytzekow Sohn, für sich und seinen unmündigen Bruder Jereslav, und Gödeke Brytzekow, Eckhard's Brytzekow Sohn, den


1) Vgl. Mekl. Urk. B. I, Nr. 467 und 528.
1) Vgl. Mekl. Urk. B. I, Nr. 467 und 528.
2) Vgl. daselbst I, S. 369.
3) Vgl. daselbst II, Nr. 1266 und Nr. 1350.
3) Vgl. daselbst II, Nr. 1266 und Nr. 1350.
4) Repnitz hieß früher Retemitze (1366, "im Lande Gnoien") oder Retemisse (1428), Retenisse (1514) oder Retenitz (1568), auch Retemitz (1584), und noch spät Retenisse (1661); die Form Repenitz kommt zuerst 1694 und 1714 vor.
5) Nach einer Original=Urkunde in der Sammlung des Vereins für Meklenb. Geschichte.
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Brüdern Henneke und Vicke Moltke, von Strietfeld, Knappen, 2 Hufen auf dem Felde des Dorfes Jördenstorf bei Gnoien, welche sie von dem Bischofe Johann von Camin zu Lehn trugen und von ihren "Aelteren" mit aller Freiheit geerbt hatten". Sie besiegelten die Originalurkunde 1 ) mit 2 Siegeln, einem schildförmigen und einem runden, mit einem Schilde mit 14 Kugeln und den Umschriften: Inschriftskreuz S'. S OTFRIDI. BRITS e KOW und Inschriftskreuz S'. S OTFRIDI. BRITS c OW.

Als am 30. Nov. 1405 Barold Brytzekow das von seinem Vater ererbte Gut in Repnitz ("Rethemisse") an Curd Bützow verkaufte, besiegelten seine Vettern, die Brüder Arnd Brytzekow auf Kl. Wüstenfelde und Johannes Brytzekow auf Gantzekendorf (vgl. oben) als Mitgelober die Urkunde mit 2 etwas undeutlich gewordenen Siegeln, auf denen jedoch noch klar ein Schild mit 14 Kugeln zu erkennen ist.

Es ist also nach Heimath, Grundbesitz und Vornamen in alter Zeit und nach dem Wappen nicht zu bezweifeln, daß die beiden Familien von Bülow und von Britschow stammverwandt waren.

Es läßt sich aber urkundlich nachweisen, daß die von Bülow auch in die Lehen der von Britschow succedirten, obgleich sie einen andern Namen führten. Die Familie von Britschow muß in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts ausgestorben sein, da später keine Spur von derselben zu finden ist. Am 13. Febr. 1445 schenkte 2 ) nämlich Jaspar von Bülow, erbgesessen auf Rensow bei Lage, also nicht weit von den östlichen Gütern der Britschow, 50 sundische Mark Hauptstuhl oder einen Kamp Ackers von gleichem Werthe in dem Gute Rensow an die Kirche zu Belitz zu ewigen Gedächtnißfeiern für sich und sein Geschlecht und für das "Geschlecht seiner lieben Vettern die Breitschowen, von welchen die Bülow das Gut Rensow hatten." Das Wort "vedderen" ist hier, nach altem, unzählige Male vorkommendem Sprachgebrauch, ohne Zweifel durch Stammes= oder Lehnsvettern zu erklären, da eine entfernte Seitenverwandtschaft wohl anders ausgedrückt und nicht auf das eine Geschlecht beschränkt, auch kein Familiengedächtniß für diese angeordnet wäre. Die Bülow "hatten das Gut Rensow" ohne Zweifel durch Erbfolge nach dem Aussterben des Geschlechts von Britschow, obgleich sich dies


1) Im Geh. und Haupt=Archive zu Schwerin.
2) Vgl. Urkunden=Beilage.
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bis jetzt noch nicht bestimmt nachweisen läßt. Wir haben hier also einen gleichen Lehnfall, wie den oben angeführten vom J. 1467 in den Familien von Bibow und Hardenack.

Das Gut Rensow blieb bis zum J. 1610 in dem Besitz der Familie von Bülow; in diesem Jahre ging es durch Verkauf an die Familie von Lowtzow über, welche es noch jetzt besitzt.


Urkunden=Beilage.

Jaspar von Bülow zu Rensow (bei Lage) schenkt der Kirche zu Belitz 50 sundische Mark zu Gedächtnißfeiern für das Geschlecht der von Bülow und ihrer Vettern der von Brützckow, von denen er das Gut Rensow hat, und übergiebt derselben dafür einen Kamp Ackers in Rensow zur Benutzung.

D. d. 1445. Febr. 13.

Nach einer beglaubigten Abschrift aus dem 16. Jahrh. im Geh. und Haupt=Archive zu Schwerin.

Vôr alle den, de dissen brieff sehen edder hôren lesen, bekenne ick Jaspar van Bulow, knape, erffseten to Rensow, vôr mi vnd mîne eruen, dat ick hebbe gegeuen vefftich sundesche marck hôeuetstôl in dat gadeshûs to Beltze to einer ecirc;wigen dachtnisse vôr mi vnd mîne geschlechten vnd ôck vôr de geschlechte mîner lêuen vedderen die Breitschouwen , van welckeren wi dat gûdt Rensow hebben, der vnd vnser de gadeslûde scholen lâten dencken [vnd] vorbidden alle sundâge van deme predickstôle vnd ein mâel des iârs beghâen lâten [van] deme kerckheren vnd koster mit vigîlien vnd sêlemissen am sundâge in der quatuer tempere im herueste. Vôr disse bâuenschreuen vefftich marck sette ick Jasper van Bulow den vôrstenderen einen kamp ackers in de hende, bolegen up dem velde t o Rensow vor der Grôeten Daluitzer scheiden tendest der dûuen wôcken wisch, ôck an de[m] Grôten Daluitzer kerckwech an den vort. Dissen vôrbenômeden acker met tedest (!) der wisk, also de grâuen na dem Rensower

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dampe (!), mogen de vôrbenômeden gadeslûde bûwen vnd seigen, brûcken sunder mîn vnd mîner eruen bohinderung. Wêret âer dat ick efft mîne eruen den suluen acker mit den wisschen nicht weiden entbêren van dem hâue to Rensow, so wil ick efft mîne eruen den gadeslûden efft vôrstenderen de vôrbenômeden L marck hôuetstôl wedder vt geuen vp êne tîdt to Beeltze vnd den vôrstenderen behulplich wesen, sodâne L marck hôuetstôl wedder an to leggen, dâr dat gadeshûs sîne pechte alle iâr van nemen mach, dat idt blîue to einer êwigen dechtnisse der schlechte van Bulow. Dit stede, vast, vnbrecklich to holden, lâue ick Jasper van Bulow vôr mi vnd mîne eruen, des to thûege (!) mîn ingesegel gehenget an dessen brieff, ôck de êrbârn duchtigen Goetke van Bulow to Potremptze vnd Wedege van Lesten tho Gottin to tûege ere ingesegel gehenget vôr dissen brieff gegeuen vnd geschreuen na der bort Christi dûsend vierhundert im vîff vnd viertigesten iâr, in den vier dâgen des Paschen.

Die "Vier Tage des Paschen" sind wohl die ersten sogenannten "Vier Tage in den Fasten. - Am 13. Dec. 1478 bestätigten die Brüder Vicke, Gemeke und Johann von Bülow zu Siemen und Rensow diese Schenkung.

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