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2.

Ueber

ein merkwürdiges Büchlein

aus dem 16. Jahrhundert ,

zum Theil Meklenburg angehörend,

von

A. Bube , herzogl. sächs. Archivrath in Gotha.

(Auszug aus dem Anzeiger des Germanischen Museums, 1863, Nr. 6.)


In dem herzoglichen Kunstkabinet zu Gotha wird ein Büchlein aus dem 16. Jahrhundert aufbewahrt, welches in mehrfacher Hinsicht, besonders wegen der kunstreichen, kostbaren Arbeit seines Einbandes, höchst beachtenswerth ist. Dasselbe enthält vierzehn mit Wasserfarben auf Pergament gemalte Miniaturbilder, darstellend: die Erschaffung des Weibes, den

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Sündenfall, die Verkündigung, die Anbetung der Hirten, Jesus im Garten Gethsemane, Judas Verrath, die Geißelung, die Kreuztragnng, die Grablegung, die Auferstehung, die Himmelfahrt, die Ausgießung des heiligen Geistes und die Auferweckung der Todten. Bei jedem dieser Bilder sind die betreffenden Bibelstellen in Luthers Uebersetzung eingezeichnet und dabei die Ueberschriften der Bücher und die Zahlen der Capitel, denen sie entnommen sind, nicht aber die Zahlen der einzelnen Verse, angegeben. Auch sind die letzteren bisweilen mit Auslassung einer ganzen Reihe dazwischen gehöriger Verse zusammengezogen, frühere Verse nachgesetzt, spätere vorangestellt.

- - - - In ähnlicher Weise, wie die aufgezählten vierzehn Bilder, sind auf den innern Seiten des Einbandes ebenfalls auf Pergamentblättchen die Dreifaltigkeit und das jüngste Gericht dargestellt. Unter den ersteren steht das Monogramm des Malers H. Gödig oder Godigen H. G. (verschl.), der in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts lebte und sich lange Zeit im Dienst des Kurfürsten August von Sachsen befand. Von diesem Maler sind wohl sämmtliche Miniaturen des Büchleins verfertigt.

Nächstdem ist das Büchlein interessant durch die Handschriften fürstlicher Personen, die sich auf den ersten und letzten Blättern desselben eingezeichnet haben. So schrieben sich ein im Jahre 1579:

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c. der Herzog Ulrich von Meklenburg, der mit seinem Bruder Johann Albrecht die Reformation in Meklenburg einführte und 1603 starb, mit den Chiffern H. G. V. V. G.;

d. dessen Gemahlin Elisabeth, Tochter Friedrichs I. von Dänemark, jüngeren Sohnes Christians I., mit A. N. G. W.

Vom Jahre 1590 datiren sich die Inschriften des Königs Jacob I. vou England und Schottland, Sohnes der Maria Stuart, und des Herzogs Heinrich Julius von Braunschweig und Lüneburg, des bekannten dramatischen Dichters.

Die Herzogin Louise von Meklenburg=Schwerin, eine Tochter des Prinzen Johann August von Sachsen=Gotha, welche den 1. Jan. l808 starb, schenkte das Büchlein ihrer Enkelin, der Tochter des Herzogs zu Sachsen=Gotha=Altenburg aus seiner ersten Ehe mit der Prinzeß Louise Charlotte von Meklenburg=Schwerin und nachmaligen Gemahlin des Herzogs Ernst II. zu Sachsen=Coburg=Saalfeld. Es verblieb später im Besitze des Herzogs August und wurde aus dessen Nachlaß für das Kunstkabinet in Gotha erstanden.

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Betrachten wir nun den kostbaren Einband des Büchleins. Derselbe ist ganz von Gold, mit Emaille, Diamanten, Rubinen und Smaragden verziert. Auf der Vorderseite ist in der Mitte die Anbetung der Hirten in Hautrelief dargestellt; darüber wölbt sich ein aus Diamanten, Rubinen und Smaragden gebildeter Bogen. In den Ecken sitzen die vier Evangelisten mit ihren Zeichen aus dem Gesichte des Ezechiel: Johannes mit dem Adler, Matthäus mit dem Engel, Lucas mit dem Stier, Marcus mit dem Löwen. Unten zeigt stch ein geflügelter Engelskopf. Die Hinterseite ist auf ähnliche Weise geschmückt.- - - - - - - - -- - - - - - - - - - - - - - - - Höchst kunstreich emaillirte Blumen und Laubwerk bilden die Einfassungen sowohl des Rückens, als beider Außenseiten.

Man nennt Benvenuto Cellini, der 1572, nach Andern schon 1570 starb, als Verfertiger dieses Einbandes. - - -

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Es ist aber nicht unwahrscheinlich, daß der Verfertiger des Einbandes ebenso, wie der Maler H. Gödig, sich am Hofe des Kurfürsten August aufhielt, und daß beide Künstler im Auftrag desselben das Büchlein gemeinschaftlich verfertigten. Diese Annahme wird durch glaubwürdige Personen unterstützt, die von dem Herzog August zu Sachsen=Gotha=Altenburg gehört haben, daß die Herzogin Louise von Meklenburg=Schwerin ihm erzählt, das Büchlein sei von dem Kurfürsten August dem Herzog Ulrich von Meklenburg verehrt und dann und wann gleichsam als Stammbuch im Hause Meklenburg verwendet worden. Die in einigen englischen und deutschen Reisehandbüchern befindliche Angabe, das Büchlein sei das Gebetbuch des Königs Jacob I. von England gewesen, wurde wohl nur durch die von diesem Fürsten hineingeschriebene Sentenz veranlaßt. Wie dem auch sei, jedentheils können wir mit Bestimmtheit aussprechen, daß der Einband von einem der bedeutendsten Meister der Goldschmiede=Emaillierkunst des 16. Jahrhunderts verfertigt ist und das Büchlein höchst werthvoll und beachtungswürdig erscheinen läßt.