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Zur Geschichte

des Universitätshauses zu Rostock

oder Weißen Collegii,

von

G. C. F. Lisch.

Im Anfange des Jahres 1866 ward nach langen Ueberlegungen und Vorverhandlungen der Bau eines neuen Universitätshauses zu Rostock beschlossen, da das alte Gebäude sehr baufällig und unzweckmäßig geworden war. Am Ende des Winters ward der Abbruch des alten Gebäudes begonnen und im Junii 1866 vollendet 1 ). Das alte Gebäude war von der Stiftung der Universität an das Hauptgebäude derselben gewesen und hatte außer mehreren Namen auch die Namen Domus Collegii (prope sanctam crucem) oder Collegium album 2 ) oder "Weißes Collegium", unter welchem Namen es allgemein bekannt ist. Das Gebäude, 3 Stock hoch, nahm die Westseite des Blücherplatzes (ehemaligen Hopfenmarktes) an der Kröpliner=Straße, mit der Front gegen Osten, ein und enthielt zuletzt vorzüglich die Bibliothek und die Versammlungszimmer.

Das alte Universitätsgebäude war am 6. December 1565 abgebrannt; das jetzt abgebrochene Gebäude war durch Beförderung der Herzoge Johann Albrecht und Ulrich seit dem Jahre 1566, also gerade vor dreihundert Jahren, wieder aufgebauet.


1) Nachdem das alte Gelände bis auf die Fundamente abgebrochen war, begab ich mich sogleich nach Rostock, um die geschichtlichen Forschungen anzustellen.
2) Vgl. Krabbe's Universität Rostock, Theil I., 1854, S. 95.
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Nach sichern Nachrichten stand vor der Stiftung der Universität (1419) an derselben Stelle 1 ) der Hof des Bischofs von Schwerin. Es ist nach Lindenberg's Rostocker Chronik 2 ) vielfach gesagt, das alte Gebäude sei eine "Kapelle" des Bischofs von Schwerin gewesen ("olim sacellum fuit episcopi "Suerinensis"). Dieser Ausdruck ist aber wohl nicht ganz bezeichnend. Richtiger drückt sich wohl die Universitäts=Matrikel zum 12. August 1566 aus, wenn sie berichtet, das Gebäude sei "ein Sitz und eine Kapelle des Bischofs von "Schwerin" gewesen ("fuisse sedem et sacellum episcopi Suerinensis"). 3 ) Es ist ja seit alter Zeit bis auf heute gebräuchlich, daß reiche Prälaten oft in geeigneten Städten ihres Sprengels Absteigequartiere oder Höfe besitzen, mit denen häufig eine Hauskapelle und ein "Gasthaus" für Pilger und Priester verbunden ist. Die Hauptsache bleibt aber immer der Wohnhof 4 ); so besaß auch der einflußreiche Abt von Doberan einen großen Hof in der Stadt Rostock. Es ist sogar wahrscheinlich, daß der bischöfliche Hof zu Rostock zugleich der Sitz der bischöflichen Beamten war, da in Rostock ein bischöflicher Archidiakonus und Official ihren Sitz hatten. 5 )

Es sind auch in den schon erwähnten alten Nachrichten die Kennzeichen des alten bischöflichen Hofes genau beschrieben. Die Universitäts=Matrikel sagt zum Jahre 1566: "Es beweisen aber nicht allein die Einrichtung des Gebäudes, sondern auch die Wappen der adeligen Familie von Bülow, welche in die vordere Wand zum Andenken eingemauert


1) Die nicht zur Stadt gehörenden geistlichen Stiftungen in Rostock, mit Ausnahme des Franciskanermönchsklosters , lagen alle in fast unmittelbarem Zusammenhange neben einander an der Westseite in der Stadt von der Kröpliner Straße bis zur Steinstraße an der Stadtmauer, nämlich die Kirche zu St. Jacobi, später mit einem Domherren=Collegium, der Hof des Bischofs von Schwerin, später Universität, das Cistercienser=Nonnenkloster zum Heil. Kreuz, fünf Bursen oder Collegien der Universität am Hopfenmarkt, das Kloster der Brüder vom Gemeinsamen Leben, der Doberaner Hof oder Hof des Abtes von Doberan und das Dominikanermönchskloster am Steinthor.
2) Vgl. Lindenberg Chronicon Restoch. V., c. 8. Vgl. Krabbe a. a. O. S. 95, Note.
3) Vgl. Krabbe a. a O. S. 617, Note 1.
4) Vgl. Lisch Meklenburg in Bildern, III.,1844, S. 43.
5) Herr Ober=Appellationsgerichts=Rath Dr. Mann glaubt sich zu entsinnen, daß im Rostocker Archive ein "Bischofshof" ("curia episcopi") vorkommt. Derselbe bemerkt außerdem, daß das alte Rathhaus der Neustadt am Hopfenmarkt (Blücherplatz) lag und immer an der Stelle des spätern Bischofshofes gestanden haben kann.
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"noch erhalten sind, daß das Gebäude ein Sitz und eine Kapelle des Bischofs von Schwerin gewesen sei." ("Indicabant vero prioris aedificii dispositio et insignia nobilis familiae Buloviorum, quae parieti seu muro anteriori in rei memoriam affixa asseruantur, hanc collegii domum ante Academiae fundationem fuisse sedem et sacellum episcopi Suerinensis".). Dasselbe sagt auch Lindenberg, welcher die bülowschen Wappen noch kannte ("quod vetus structura testabatur et adhuc insignia Buloviorum indicant").

Alle diese Nachrichten haben sich auch beim Abbruch des Weißen Collegii im Jahre 1866 als richtig erwiesen, als die Fundamente ausgegraben wurden. In der Tiefe fanden sich die alten Fundamente, welche ich am 18. Junii 1866 vor dem Abbruch derselben selbst untersucht habe. Die Fundamente waren auf Felsen gelegt und von sehr großen, rothen, festen Ziegeln mit außerordentlich festen, dicken Kalkfugen hinaufgemauert. Das alte Gebäude hatte mit dem Bau von 1566 dieselbe Lage und Front gehabt. Die ganze Länge der Front=Fundamente war 160 Fuß Hamburger Maaß; sie reichten an der Seite jedoch nicht bis an die Kröpliner Straße im Norden, sondern waren von dieser noch 27 Fuß entfernt, so daß hier noch ein ziemlich geräumiger Platz übrig geblieben war. Neben der andern Seite im Süden, nach der kleinen sogenannten Katthagen=Straße hin, neben dem jetzigen Universitäts=Museum, lag einige Fuß tief unter dem jetzigen sehr erhöheten Straßenpflaster ein alter Steindamm, welcher wahrscheinlich die Auffahrt zum inneren Hofe gewesen ist.

Am Nordende, nach der Kröpliner Straße hin, lagen die vollständigen Fundamente eines eigenen Gebäudes, deren Ziegelmauern 3 1/2 Fuß dick waren. Die Längenrichtung ging von Norden nach Süden; der innere Raum dieses Gebäudes, welcher innerhalb keine Scheidewände gehabt hatte, war 44 Fuß lang und 25 1/2 Fuß breit. Dies ist ohne Zweifel die bischöfliche Kapelle gewesen.

Die östliche Front gegen den Hopfenmarkt setzte sich von diesem Gebäude gegen Süden (bis gegen das jetzige Museum) in gleicher Richtung fort, so daß die Front im Ganzen eine Länge von 160 Fuß hatte. Auch die Fundamente der südlichen Seitenmauer des Hofes waren noch ganz erhalten, die Fundamente der westlichen Hinterwand noch klar zu verfolgen.

Die nicht sehr starken Fundamente des neuen Universitätsgebäudes von 1566 lagen dicht vor diesen alten Fundamenten, so daß sie nur eine Verstärkung der alten Fundamente bildeten.

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Zu dem Gebäude von 1566 waren sehr viele alte Ziegel benutzt, unter denen sich auch mehrere Formsteine von sehr gut gezeichneten und geformten gothischen Festerpfeilern fanden.

Der bedeutendste Fund war ein großer quadratischer Ziegel mit dem glasurten Reliefwappen der Familie von Bülow, also eines von den oben erwähnten Baudenkmälern. Der Ziegel war schon etwas behauen und in einen der beiden Strebepfeiler am Haupteingange mit andern alten Ziegeln mit vermauert.

Dieser Wappenziegel ist nun derselbe Ziegel, welchen der schweriner Bischof Friederich II. von Bülow (1365-1375) als Baudenkmal in die von ihm ausgebaueten Gebäude, den Dom zu Schwerin, die Stiftskirche zu Bützow und die bischöfliche Burg zu Warin, hat einmauern lassen; unter der Regierung dieses Bischofs ist auch die nahe bei Rostock gelegene, herrliche Abteikirche zu Doberan in ihrer jetzigen Gestalt vollendet und von ihm 1368 eingeweihet worden. Es leidet also wohl keinen Zweifel, daß dieser Bischofshof zu Rostock in der Zeit 1365-1375 gebauet worden ist.

Die Frage, wie die Stadt Rostock und die Universität zum Besitz dieses Gebäudes gekommen sei, läßt sich wohl leicht dadurch beantworten, daß der Bischof zu einer so bedeutenden, von ihm beförderten Stiftung, wie die Universität war, seinen Hof derselben geschenkt und vertragsmäßig abgetreten habe.

Luftheizung.

Beim Ausgraben der Fundamente ward aber eine Merkwürdigkeit entdeckt, welche bei näherer Ueberlegung vielleicht noch eine besondere Beachtung verdient. Dicht unter dem Fußboden stand ein vollständig erhaltener, unterirdischer Ofen 1 ), dessen Wände von großen Ziegeln 1 1/2 Fuß dick und in die Erde gesetzt waren. Dieser Ofen, dessen Längenaxe von N. nach S. ging, lag mit seiner rechten Seitenwand an den Fundamenten der Vorderfront und ungefähr in der


1) Der Herr Hofbaurath Willebrand, Dirigent des neuen Baues, hat unter der Leitung des Herrn Bau=Conducteurs Prahst Zeichnungen von diesem Ofen (Grundriß, Längendurchschnitt, Queerdurchschnitt und Vorderansicht) anfertigen lassen und dem Vereine geschenkt. - Der Ofen selbst mußte wegen des Neubaues abgebrochen werden.
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Mitte des ganzen alten Gebäudes, ungefähr unter der Pforte des jetzt abgebrochenen Gebäudes, in der Mitte zwischen der Kapelle und einem südlichen Flügel. Der innere Raum des ganzen Ofens war 7 1/2 Fuß lang und 5 1/2 Fuß breit. Unten war ein Heizraum oder Ofen von 1 Fuß 7 Zoll Höhe, zu welchem eine gut profilirte Ofenthür ungefähr von derselben Höhe führte. Ueber diesen Heizraum waren 4 ganze und an den Wänden 2 halbe, frei stehende, flache Bogen oder Rippen von 12 Zoll Breite gewölbt, welche zwischen sich immer einen leeren Raum von 6 Zoll hatten, so daß die Hälfte der Ueberwölbung durchsichtig war, also einen Rost bildete. Ueber diesem Heizungsraum war wieder ein dicht und flach gewölbter Raum (Reservoir?) voll 3 1/2 Fuß Höhe über dem Scheitel des Rostes, welcher auf den Rippen fast ganz voll Feldsteine oder Granitsteine (Pflastersteine), unter denen sich kein Kalkstein befand, unregelmäßig gepackt war. Die Granitsteine waren mürbe gebrannt und dieselben und der Raum sonst von Rauch geschwärzt. In der Vorderwand war über dem Ofenloch eine 1 3/4 Fuß hohe, verschließbar gewesene viereckige Oeffnung, zum Herausholen und Nachlegen von Feldsteinen. In dem obern Gewölbe waren zwei kleinere Oeffnungen, an jedem Ende eine. Das Rauchrohr hatte seine Ausmündung wohl oben in der Hinterwand des Ofens gehabt, welche jedoch beim Aufbrechen oben etwas zerstört ward. Dieses obere Gewölbe lag noch unter dem Fußboden.

Vor diesem Ofen war ein viereckiger, ausgemauerter Vorraum von 5 Fuß Länge, welcher, ohne Zweifel in jüngern Zeiten, wahrscheinlich beim Bau von 1566, zur Kalkgrube benutzt worden war, da die Wände mit gelöschtem Kalk belegt waren; in dem Ofen, welcher in den letzten Jahrhunderten wohl nicht bekannt geworden und unbenutzt geblieben war, war keine Spur von Kalk zu finden.

Das obere Gewölbe war mit denselben hellgelben Ziegeln (aus Schwaaner Erde?) gewölbt, mit denen die Marienkirche gebauet ist; die durchschnittliche Größe derselben war vollkommen gleich, 11 Zoll hamb. Maaß lang und 3 Zoll dick. Da der Rath und die Kirchen der Stadt Rostock im Jahre 1368 die Freiheit erhielten, in dem Kirchspiel Schwaan, in den Dörfern Goldenitz und Niendorf, Ziegelerde graben zu lassen (vgl. Wöchentl. Rostock. Nachr. 1752, St. 17, S. 65) und an größern Gebäuden diese in Rostock früher scheinbar seltenen Ziegel zuerst in der Marienkirche vorzukommen scheinen, der Bau dieser Kirche aber 1398 begonnen ist,

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so wird auch der Bau dieses Ofens ungefähr in dieselbe, also noch in die bischöfliche Zeit, also zwischen 1370-1419 fallen.

Am hintern, nördlichen Ende des Ofens, in gleicher Tiefe, war ein ganz kleiner, Miniatur=Ofen von wenig Fuß Ausdehnung, mit 3 Bogen oder Rippen, aufgemauert, dessen Zweck wegen der Kleinheit nicht zu errathen ist. Er hatte keinen Vorraum und keine Heizungsvorrichtungen.

Die Hauptfrage ist nun, wozu dieser Ofen gebraucht worden ist. Ich habe im Anfang wohl geglaubt, der Ofen könne ein Kalkofen gewesen sein, da im Mittelalter für große Gebäude der Kalk auf der Baustelle gebrannt zu werden pflegte, wie noch neben dem Dome zu Schwerin der Kalkofen unter dem jüngern Refectorium, jetzigen Gymnasium, steht 1 ). Dazu aber ist der Ofen viel zu klein und enthält keine Spur von Kalk. Andere haben wohl gemeint, der Ofen sei ein Backofen. Hiezu ist aber der Ofen, namentlich aber der Vorraum, ebenfalls zu klein, und man sieht nicht ein, warum man dazu den Ofen unter der Erde sollte angelegt, so ungewöhnlich construirt und mit Feldstein gefüllt haben, welche offenbar seit alter Zeit in der obern, gewölbten Kammer liegen. Ich glaube vielmehr, daß der Ofen eine Luftheizung ist, welche im Mittelalter allerdings schon bekannt war. Eine solche Luftheizung findet sich noch unter dem im 15. Jahrhundert erbaueten schönen Rathhaussaale ("Laube") zu Lüneburg. Volger sagt hierüber 2 ): "Der Saal steht nicht auf ebener Erde, sondern auf Gewölben, die als Heizanstalt dienten, ein seltenes Denkmal uralter Art der Erwärmung großer Räume, wie sie im Mittelalter gewöhnlich war und sich noch jetzt wohl erhalten im Schlosse zu Marienburg befindet. Unter der gewölbten Laube liegen drei backofenförmige Gewölbe, durch welche die Halle erwärmt wurde, und diese ruhen auf einem hohen gewölbten Keller, dessen Decke von einem mächtigen Pfeiler getragen wird. Dieses unterste Gewölbe bildet die Trinkstube des ältesten Rathskellers". Weiter sagt der Dr. Albers: "Vor den Sitzbänken in der Rathhauslaube ist im Fußboden ein Luftheizungs=Canal angebracht, wozu in einem Gewölbe unter dem Saale sich der Heerd befindet. Von dieser Luft=


1) Vgl. Jahrbücher XVI., S. 182.
2) Die Alterthümer der Stadt Lüneburg, herausgegeben vom Alterthumsverein in Lüneburg, Dritte Lieferung, Abtheilung 1, 1856, S. 11.
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Heizungs=Einrichtung des Mittelalters hat sich außerdem nur noch ein einziges ähnliches Denkmal im Schlosse Marienburg in Preußen erhalten; die Merkwürdigkeit der Sache hat den Königlich=Preußischen Herrn Geheimen OberFinanzrath Beuth (nicht von Beust), welcher im Befreiungskriege des Jahres 1813 unter der von Lützowschen Schaar Lüneburg besuchte und das hiesige Rathhaus mit großem Interesse besah, veranlaßt, eine besondere Abhandlung 1 ) über diesen Gegenstand in Druck zu geben".

Für einen solchen Luftheizungs=Ofen halte ich auch den Ofen des ehemaligen Bischofshofes zu Rostock. Die Granitsteine, mit denen der ganze Hauptraum, mit Ausnahme des niedrigen Feuerherdes, ganz und lose gefüllt war, dienten wohl dazu, die Wärme länger und fester anzuhalten.

Ueber die Einrichtung der Oefen zu Lüneburg und Marienburg habe ich bis jetzt noch keine Nachricht gewinnen können.


Es ist mir nach Vollendung der vorstehenden Beschreibung gelungen, die oben erwähnte Schrift über die Luftheizungsanlagen im Schloß zu Marienburg aus der Stadt=Bibliothek zu Lüneburg zu erhalten. Die Schrift enthält "drei Abhandlungen, aus den Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des Gewerbfleißes in Preußen besonders abgedruckt, auf Kosten des Vereins, 1830", und enthält folgende Abhandlungen: 1) "Ueber die Luftheizungseinrichtungen im Schloß Marienburg in Preußen, geschrieben im Jahre 1822, von Ludwig von Voß, und Resultate der Versuche mit den Steinöfen im Schloß Marienburg während des Winters 1824, von Gersdorf"; 2) "Ueber die Heizungsanlagen im alten Rathhaus zu Lüneburg" (vom Stadtbaumeister Spetzler); 3) "Ueber die Heizung mit erwärmter Luft" von "Rothe", zur Beförderung der damals in Verbreitung kommenden Luftheizungen.

Aus den ersten Abhandlungen ergiebt sich nun mit völliger Sicherheit, daß die Ofenanlage unter dem alten Bischofshause in Rostock eine Luftheizung war, da die Marienburger


1) Ueber die Luftheizungs=Anlage im Schloß Marienburg und dem alten Rathhaus=Saale zu Lüneburg. Mit 4 Kupfertafeln. Berlin, 1830. Gedruckt auf Kosten des Vereins zur Beförderung des Gewerbfleißes.
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Heizungen in jeder Hinsicht völlig gleich sind, nur daß der Rost aus viereckigen Oeffnungen im Gewölbe besteht, der Rostocker Rost aber lange Oeffnungen zwischen Rippen hat.

Es wird zur Erläuterung am zweckmäßigsten sein, hier einen kurzen Auszug über die Marienburger Oefen aus den erwähnten Schriften mitzutheilen.

Herr von Voß sagt 1822: "Bis jetzt sind drei der alten im Schloß Marienburg vom Ende des dreizehnten bis zum siebzehnten Jahrhundert in Gebrauch gewesenen Feuerungsanstalten wieder in nutzbaren Zustand versetzt worden. Diese Oefen befinden sich im westlichen Flügel des Mittelschlosses, an dessen Herstellung seit dem letzten Krieg gearbeitet wird. Einer dieser Oefen ist zur Heizung des großen Konventrempters von 96 Fuß Länge, 29 Fuß Höhe, oder ungefähr 124,816 Kubikfuß Inhalt, bestimmt. Vom zweiten Ofen gehen Wärmeröhren nach zwei gewölbten Stuben. Der dritte Ofen führt seine Röhren zum zweiten Rempter des Meisters, welcher 39 Fuß lang, 39 Fuß breit und 22 Fuß hoch ist und daher, mit Beachtung des Gewölbes, ungefähr 30,420 Kubikfuß enthält. Außerdem gehen von diesem dritten Ofen noch Heizröhren in zwei andere gewölbte Stuben von 20 bis 30 Fuß im Quadrat. Die Oefen liegen in den Kellern grade unter den Stuben und Remptern, welche erwärmt werden sollen. Horizontale und andere Ableitungen der Wärmekanäle scheinen dabei absichtlich vermieden worden zu sein. Von diesen drei Oefen wurden zu Hauptversuchen nur die beiden den großen Konvent= und Meisterrempter erwärmenden gebraucht."

"Bei diesen Marienburger Heizungen besteht nun die Abweichung von allen bisherigen Ofeneinrichtungen wesentlich darin, daß auf keine an der Oberfläche ausstrahlende Wärme gerechnet, sondern daß die innern Umfassungswände des Ofens, wie bei Backöfen, nebst dessen Steinausfüllungen erglühen, und solchergestalt ein Wärmebehälter gebildet wird, von welchem, mittelst durchzulassender und dadurch erhitzt werdender atmosphärischer Luft, willkührlich Gebrauch gemacht werden kann. Das Holz kommt in einen backofenartig eingerichteten gewölbten Raum. Das flache Gewölbe (des großen Ofens) ist mit sieben Reihen Löchern versehen, durch welche die Flammen zu einer darüber unregelmäßig liegenden Masse Feldsteine dringt und sie durchglüht. Dieser Ofen würde daher, seiner Construction gemäß, wohl mit dem Namen Steinofen zu belegen sein. Beim Konventrempter gehen nun die 36 Heizlöcher von der

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Decke des Steinbehälters unmittelbar zu den Oeffnungen im Fußboden des Saales. Grade über dem Ofen befinden sich nämlich 36 Löcher von 3 1/2 Zoll im Durchmesser, welche oben über dem Fußboden mit thönernen Stöpseln geschlossen werden können."

Es wurden im März und April 1822 ununterbrochen viele Versuche mit der Heizung der Räume vermittelst dieser Oefen angestellt und zwar alle mit günstigem Erfolge, obgleich man noch keine tiefere Einsicht in die ganze Anlage und dieselbe durch die Zeit viele Mängel erlitten hatte.

Der Herr Gersdorf berichtet weiter: "Die im vorigen Winter mit den alten Heizanstalten im Schloß Marienburg angestellten Versuche wurden auch in diesem Winter 1824 gründlich fortgesetzt". lm Allgemeinen wird zuvörderst über die alten Steinöfen bemerkt, daß über einer auf eingeschlossenem Herde angelegten Feuerung sich ein gewölbter Rost befindet, über welchem ein Raum mit mehr oder weniger Feldsteinen, welche nur lose übereinander geworfen sind, gefüllt ist, aus dem ein Rauchrohr geht, was an irgend einer schicklichen Stelle geschlossen werden kann. Der Zweck dieser Heizungen ist nun folgender: die Feldsteine und Wände des Ofens sollen glühend gemacht und dieser Wärmebehälter dazu benutzt werden, die heiße Luft durch besondere Röhren entweder gradezu in die darüber liegenden Zimmer oder auch in horizontaler Richtung in den massiven Fußböden fort in angrenzende Räume zu führen. Wenn der Ofen genugsam erhitzt ist, können die nach den Zimmern führenden Röhren geöffnet werden".

Die Marienburger Oefen sind nach der Größe der zu erwärmenden Räume natürlich an Größe verschieden. Aber ein Ofen ist dem Rostocker fast völlig gleich. "Der Ofen Nr. 2 ist kleiner, als der Ofen des Konventrempters, denn die eigentliche Feuerung mißt nur 7 1/2 Fuß Länge, 3 1/2 Fuß Breite und 3 1/2 Fuß Höhe. Der größtentheils mit Feldsteinen angefüllte Raum ist 8 Fuß hoch, 7 1/2 Fuß lang und 5 Fuß breit. Im Ganzen ist dieser Ofen eben so eingerichtet, als alle übrigen des Schlosses, die Wärmeleitungsröhren hingegen sind sehr verschieden, indem dadurch ein Zimmer in der zunächst über dem Ofen liegenden Etage und zwei andere eine Etage höher geheitzt werden. Das unmittelbar über dem Ofen liegende Zimmer enthält 6,401 Kubikfuß, der Saal in der darauf folgenden Etage 28,000 Kubikfuß und das dritte noch nicht ganz ausgebauete Zimmer

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9,360 Kubikfuß, Summa 43,761 Kubikfuß. Die beiden ersterwähnten Zimmer heizen sich sehr gut und können mit 1/6 Klafter Kienholz bei einem Thermometerstand von +3 bis -5° auf +14 bis +15° R. erwärmt und in dieser Temperatur 14 bis 15 Stunden erhalten werden. Dieser Ofen liefert in jeder Hinsicht von allen Oefen des Schlosses die besten Resultate".

Die Beschreibung der drei Oefen im Lüneburger Rathhause ist nicht so klar und ausführlich. Denn "es sind nur noch die Mündungen in die Oefen vorhanden, da das Stück der Ringmauer, in welcher dieselben lagen, in neuerer Zeit als baufällig herausgenommen und voll wieder aufgeführt wurde, und die Zuglöcher für die erhitzte Luft, welche in die Kanäle unter dem Saal ausmünden. Unmittelbar vor den Sitzen der Rathsherrn im Saale finden sich die Heizungskanäle. In den Heizungskanälen sind 2 Fuß 9 Zoll von einander entfernt Oeffnungen angebracht, welche willkührlich von den Sitzenden durch metallene Deckel geöffnet und geschlossen werden können. Eigens dazu vorgerichtete Backsteine bilden die Oeffnungen, welche durch die Deckel fest verschlossen sind". Es ist aber bei dieser Lüneburger Beschreibung von Füllung der Wärmekammer durch Feldsteine, einer Hauptsache bei diesen Oefen, mit keiner Sylbe mehr die Rede; die Feldsteine werden also zur Zeit der Beschreibung nicht mehr vorhanden gewesen sein.


Uebrigens ergiebt sich jetzt aus genauern Forschungen in den Alterthümern, daß in Meklenburg noch mehr Spuren von Luftheizungen vorhanden sind.

Der Herr Dr. Crull zu Wismar berichtet Folgendes. "Auch hier in Wismar in der Großen Stadtschule, dem ehemaligen Kreuzgange und Refectorium des Franziskanermönchsoder Grauen=Klosters, hatten sich zwei mächtige Fliesen (nordische Kalksteinplatten) erhalten, welche zur Luftheizung gedient haben; sie lagen vor 20 Jahren in der damaligen Quarta= und in der Secunda=Classe im Fußboden. Eine dieser Platten liegt noch jetzt im Schulgange. Sie ist 8 l/2 Fuß lang und 5 Fuß breit und hat 11 Löcher in 3 Reihen, in der Mitte 3 Löcher, an jeder Seite 4. Die Löcher haben einen Durchmesser von 5 Zoll, das mittelste von 7 1/2 Zoll. Die Löcher sind alle mit einer Rille umgeben. Auch auf S. Nicolai=Kirchhof liegt noch eine Fliese von 2 Fuß auf jeder Seite im Quadrat mit einem Loch."

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Ich zweifle jetzt auch gar nicht daran, daß die von mir selbst im Jahre 1840 aufgedeckten und in Jahrb. V., B., S. 84 flgd. beschriebenen, zu ihrer Zeit in der Unterhaltung viel besprochenen unterirdischen Bauten zu Ihlenfeld bei Neu=Brandenburg zwei Luftheizungs=Oefen der ehemaligen, nach heftiger Fehde im Jahre 1480 zerstörten Ritterburg Ihlenfeld waren, welche ich damals im Irrthum für "Schmelzöfen" hielt da sich auch sogenannte "Schmelztiegel" dabei fanden. Es stand tief in der Erde ein Gewölbe von Ziegelsteinen auf senkrechten Wänden, 4 Fuß lang, 2 Fuß breit, über 2 1/2 Fuß hoch. An einer Seite war eine kleine gewölbte Thür, "einer Ofenthür" ähnlich. Der Boden war mit einer großen Masse fest gedrückter Asche bedeckt. Ueber diesem Ofengewölbe war ein zweites Gewölbe aufgeführt, welches auf den Seitenmauern aus Ziegeln ruhte. Dieser gewölbte obere Raum, der Wärmebehälter, war zu einem Theile mit Feldsteinen gefüllt; das Gewölbe selbst lag ungefähr in der Ebene des Fußbodens des ehemaligen Gebäudes. Die Füllung mit Feldsteinen habe ich a. a. O. irrthümlich ein "Gewölbe von Feldsteinen" genannt. Vor der Ofenthürseite war eine Vertiefung, ein Vorkeller zum Heizen, in welchem sich viele Kohlen von Tannenholz fanden. In dieser Vertiefung, welche nicht gewölbt, sondern wohl nur mit Balken zugedeckt gewesen war, fanden sich nun sehr viele Alterthümer an häuslichen Geräthen, welche ohne Zweifel beim Brande der Burg hineingestürzt waren; unter den Gewölben lagen keine Alterthümer. Zu diesen Alterthümern gehören auch viele viereckig gebogene Ofenkacheln ("Kacheltöpfe"), wie die ältesten Kacheln des Mittelalters geformt sind, welche ich damals irrthümlich für "Schmelztiegel" gehalten, später aber mit Sicherheit als Ofenkacheln erkannt habe. Dies ist ein Beweis, daß man außer den Luftheizungsöfen (für die untern Räume) auch Kachelöfen (für die obern Stuben) hatte, welche beim Brande in die Tiefe stürzten; vielleicht hatte man gar Luftheizung und Kachelöfen nebeneinander in denselben Räumen. Solcher Oefen standen zu Ihlenfeld zwei nahe bei einander und waren einander gleich.

Zum größern Beweise fanden sich auch die Mündungen der Luftkanäle, ungefähr in der Ebene des Fußbodens des ehemaligen Gemaches. Auf dem von mir aufgedeckten Ofen lag eine viereckige Granitplatte von ungefähr 2 Fuß an jeder Seite im Quadrat und 3 Zoll Dicke, welche durch Kunst geebnet ist. In der Mitte hat sie ein sehr regelmäßig gearbeitetes rundes Loch, um welches rings umher eine regel=

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mäßig eingemeißelte, jedoch nicht tiefe Rille liegt. Einige Zoll höher, schräge darüber, lag ein runder Deckel von gegossener Bronze, von 7 Zoll Durchmesser, dessen 1 1/4 Zoll hoher Rand genau in die Rille des Steines paßt, jedoch nicht tief hineingreift, sondern zum größten Theile höher steht, als die Fläche des Steines. Der Deckel ist oben in der Mitte etwas vertieft modellirt und in dieser Vertiefung liegt ein flacher Griff von 4 1/2 Zoll Länge, jedoch so, daß die Griffhöhe nicht mit der Haupt=Oberfläche des ganzen Deckels in gleicher Ebene liegt, sondern so darüber emporragt, daß man nicht ohne Anstoß darüber weggehen kann. - Auch bei dem zweiten Ofen fand sich zum Füftheil ein zerbrochenes Stück von einem Mündungssteine, ein feinkörniger, behauener Sandstein von 2 Fuß im Quadrat, ebenfalls mit einem runden Loch von ungefähr 7 Zoll im Durchmesser, welches auf der Oberfläche auch mit einer Rille umgeben ist. - Beide Steine und der bronzene Deckel werden in den Vereinssammlungen zu Schwerin aufbewahrt. - Es ist wohl kaum zu bezweifeln, daß diese jetzt ebenfalls verschwundenen Ueberreste alter Bauten Luftheizungen waren, und es läßt sich aus der Entdeckung von Ihlenfeld wohl schließen, daß solche Heizungen im Mittelalter sehr verbreitet waren.

Auch aus der glänzenden Abtei Doberan haben wir leise Spuren von Luftheizungen. Im Jahre 1805 ward beim Aufräumen der alten Fundamente der Klostergebäude neben der Kirche, wo auch ein großer Fund von goldenen und silbernen Münzen aus dem Klosterschatze aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts gemacht ward (vgl. Jahrb. VI., B., 117 flgd.), außer vielen thönernen und metallenen Alterthümern des Mittelalters auch ein merkwürdiger Ziegel gefunden, dessen Bestimmung ich mir jetzt erst erklären kann; leider ist er nur ungefähr zur Hälfte vorhanden und queer durch zerbrochen. Dieser Stein ist ein sehr schöner, mächtiger, rother Ziegel, welcher ungefähr 1 1/2 Fuß im Quadrat groß gewesen ist und gegen 5 Zoll dick ist. In der Mitte hat er ein cirkelrundes Loch von ungefähr 7 Zoll im Durchmesser, welches mit einer 1 Zoll tiefen, regelmäßigen Rille zur Aufnahme eines Deckels umgeben ist. Auf der Unterseite ist der Rand des Loches gebrännt und etwas poröse ausgedörrt. Ich zweifle nicht daran, daß dieser Ziegel die Mündung eines Luftheizungs=Kanals gewesen ist, wie die Lüneburger.