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Die Kirche zu Malchin,

von

G. C. F. Lisch.


Die Kirche der Stadt Malchin bietet zwar von der Nordostseite her den recht großen Anblick eines reinen gothischen Baues; betrachtet man sie aber von der Südwestseite oder tritt man gar in die Thurmhalle zum Innern, so erblickt man ein so großes Gewirre der verschiedensten Bauten, daß es unmöglich ist, bald zur klaren Erkenntniß zu gelangen. Auch ich habe, aus Mangel theils an Zeit, theils an Einsicht, viele Jahre lang nicht dahin kommen können, den Bau sicher zu bestimmen, obgleich es nicht an urkundlichen Anhaltspuncten fehlte, bis es mir im Sommer 1866 möglich war, das Gebäude an mehrern Tagen verschiedene Male lange und ruhig zu beobachten.

Die Kirche, ehemals zum Sprengel des Bisthums Camin gehörig, erscheint auf den ersten Blick jetzt als ein gothisches Gebäude aus dem Ende des 14. Jahrhunderts in noch ziemlich reinem gothischen Baustyl (vgl. Lisch Meklenburg in Bildern, Heft 4, S. 5, mit Abbildung). Sie hat ein dreischiffiges Langhaus mit erhöhetem Mittelschiff und einen einschiffigen Chor mit dreiseitigem Chorschluß, es fehlt jedoch ein Kreuzschiff. Der Thurm wird nach Vollendung der Kirche in ihrer jetzigen Gestalt angebauet sein, da er am Westende nicht in der Mittellinie der jetzigen Kirche, sondern an der Nordwestecke derselben vor dem nördlichen Seitenschiffe steht.

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Grundriß

Außerordentlich merkwürdig ist es, daß am Westende nach Süden hinaus, in der Richtung von Nord nach Süd, eine kleine Kirche oder sehr große Kapelle mit dreiseitigem Chorschluß angebauet ist, welche nach Süden hin weit über die Ringmauern der Kirche hinausreicht und das Mittelschiff der Kirche noch zum Theil bedeckt, nach Norden hin sich aber nach dem Thurmgebäude öffnet, so daß die in der Westecke des ganzen Baues stehende Thurmhalle den Eingang in das nördliche Seitenschiff der Kirche und zugleich in die Seitenkapelle nach Süden hin bietet. Aus der ungewöhnlichen Anlage des Thurmes geht hervor, daß die Kapelle schon früher angebauet gewesen sein wird, als der Thurm aufgeführt ward.

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Es wird zum bessern Verständniß des Kirchenbaues dienlich sein, die Darstellung der geschichtlichen Hauptbegebenheiten vorauszuschicken. Der Ort Malchin wird zuerst 1215 und 1229 genannt, als das Cistercienser=Nonnenkloster Arendsee in der Altmark, wahrscheinlich weil es Mutterkloster des meklenburgischen Klosters Neukloster war, das jetzt in der Feldmark des Gutes Basedow untergegangene Dorf Wargentin, am Malchiner See, wohl die erste christliche Culturanlage in dieser Gegend, geschenkt und bestätigt erhielt, nach welchem der Malchiner See Jahrhunderte lang der Wargentiner See hieß und noch heute in der Stadt eine Straße und ein Thor den Namen führt (vgl. Meklb. U. B. I., Nr. 219 und 371, und Abbildung in Meklenburg in Bildern, Heft 4.). Die Stadt Malchin entstand im J. 1236, da sie am 7. April 1236 mit dem Schwerinschen Stadtrecht bewidmet ward (vgl. Meklb. U. B. I., Nr. 449). Nicht lange nach dieser Zeit wird man den Bau einer Kirche begonnen haben; nach 10 Jahren, im Januar 1247, ward die Kirche eingeweihte und der Pfarrsprengel bestimmt. Der Bischof Wilhelm von Camin war persönlich in Malchin, in Begleitung des Dompropstes Conrad und des Domscholasters Heinrich, und wies der reich dotirten Kirche den Pfarrsprengel an, zu welchem damals noch das Kirchspiel Basedow bis Sagel und Liepen, also das ganze südöstliche Ufer des Malchiner Secs mit Ausnahme von Wargentin, als Filial gehörte, und weihte die Kirche zu Ehren der Jungfrau Maria und des Evangelisten Johannes ("Actum Malchyn, anno domini M° CC° XL° VII°, in die consecrationis eiusdem ecclesie"). Die Urkunde 1 ) darüber ward am 14. Jan. 1247 zu Güstrow ausgestellt (vgl. Meklb. U. B. I., Nr. 589) und noch am 11. Julii 1296 bestätigt (vgl. Meklb. U. B III., Nr. 2404). Das Patronat der Kirche gehörte Anfangs den Fürsten von Werle; aber am 4. Sept. 1301 vereinigte der Fürst Nicolaus von Werle, auf Betrieb des güstrowschen Domherrn Nicolaus v. Malin, welcher zugleich Pfarrer zu Malchin war, diese Pfarre mit der Domherrn=Präbende zu Güstrow, welche mit dem Dorfe Kotekendorf (Koitendorf, bei Badendiek in der Nähe von Güstrow untergegangen,) bewidmet war, und übertrug das Patronat dem Domcapitel zu Güstrow. Wenn hiedurch auch das Ansehen und Einkommen der Malchiner Pfarre stieg, so ward ihr doch dafür eine große Last aufgelegt, indem sie von


1) Vgl. Urkunden=Beilage Nr. 1.
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jetzt an jedem der 13 Domherren zu Güstrow und dem Landesherrn wöchentlich 14 feine Waizenbrote oder Semmel aus einem Scheffel Waizenmehl liefern mußte. Dies ist der Ursprung des oft genannten "Präbendenbrotes". Diese Stiftung ward am 1. Junii 1303 von dem Bischofe von Camin, am 24. Febr. 1303 von allen Landesherren und am 30. Jan. 1304 sogar vom Papste Benedict bestätigt. Da in der Folge diese Lieferung der Malchiner Pfarre schwer fiel, so ward ihr dafür im J. 1489 die Pfarre zu Teterow incorporirt (vgl. Jahrb. XII., S. 15 flgd.). Noch bei der Kirchen=Visitation vom J. 1534 heißt es: "Schal me ock geuen to Güstrow de semmelen alle weken den domhere jedern van einem schepel weiten semmelen".

Das Ansehen und die Mehrung der Geistlichkeit in Malchin stieg jetzt von Jahr zu Jahr, wenn die Stadt auch kein Kloster hatte. Die angesehene S. Johanniskirche, deren Pfarrer immer zugleich Domherr von Güstrow war, erhielt nach und nach 30 Nebenaltäre (vgl. auch Schröder Evang. Meklb. I., S. 396 flgd.), von denen die Dominikaner=Mönche ("swarten mönnicke") und die Franziskaner=Mönche ("grawen mönnicke") je einen, jeden mit zwei Vikaren, besaßen. Die Anzahl der Geistlichen an Vikaren war also sehr groß. Der Pfarrer allein hatte 18 Vikareien zu besetzen ("In desser kerken hefft de kerckher bi XVIII geistliche lehen tho verlehnen"). Die großen Cistercienser=Mönchsklöster Dargun, welches seit alter Zeit viele Güter in der Nähe, und Doberan, welches seit 1298 die Mühle zu Malchin besaß, hatten Wirthschaftshöfe und Verwalter in der Stadt. Außerdem besaß die Stadt ungewöhnlich viele selbstständige milde Stiftungen und Kapellen.

Dieser kirchliche Glanz ward aber bedeutend dadurch getrübt, daß im J. 1397 durch eine große Feuersbrunst auch die ganze Kirche mit allem Schmuck, Gewändern, Büchern, Kelchen, Leuchtern und aller Habe völlig verbrannt war. Daher verlieh am 6. Junii 1397 der in Malchin anwesende Caminer Weihbischof Johann, Bischof von Garda in partibus, der Kirche einen ausgedehnten Ablaß 1 ) und gestattete dabei auch die Aussendung von Boten zur Einsammlung milder Gaben. Ohne Zweifel durch ein Versehen oder durch einen Schreib= oder Lesefehler wird in dieser Urkunde als Schutzpatron S. Johannes der Täufer aufgeführt. Die übrigen Urkunden reden aber nur von S. Johannes dem Evangelisten


1) Vgl. Urkunden=Beilage Nr. 2.
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und zu mehrerer Bestätigung enthalten die Altarbild er auch nur das Leben des Evangelisten.

Die beiden glücklicher Weise erhaltenen, deutlich redenden Urkunden von 1247 und 1397 sind für die Baugeschichte der Kirche entscheidend, und diese Geschichte läßt sich jetzt auch in der Betrachtung der einzelnen Theile von Westen gegen Osten klar erkennen.

Die erste Kirche von 1247 war eine dreischiffige Kirche im Uebergangsstyl noch mit vielen romanischen Eigenthümlichkeiten, wahrscheinlich mit einem kleinen, viereckigen Chor, also eine Kirche wie die zu Alt=Röbel, im kleinern Maaßstabe wie der Dom zu Güstrow. Diese Kirche war im Schiffe 3 Gewölbe lang und nicht sehr hoch. Diese Kirche ist noch in den südwestlichen Ringmauern vorhanden. Die ganze südliche Seitenwand des alten Nebenschiffes steht noch heute 3 Gewölbe lang von Westen und der angebaueten Kapelle her. Diese Seitenwand hat noch keinen Granitsockel und keine Strebepfeiler, wie die übrigen Theile der Kirche, dagegen stehen noch an den beiden ehemaligen Ecken der alten Kirche die beiden Ecklissenen, von denen die östliche durch den ersten Strebepfeiler fast ganz bedekt ist, alles Kennzeichen romanischer Bauweise. Die drei ehemaligen Doppelfenster sind nach den noch sichtbaren Spuren ausgehauen und zu weiten gothischen Fenstern gestaltet. Der südliche Theil des ehemaligen Westgiebels der Kirche ist noch innerhalb der im Westen angebauten Kapelle erhalten. Hier hat die Wand als Fortführung des ehemaligen Dachgesimses noch einen gut geformten, einfachen Rundbogenfries unter einer doppelten Stromschicht von Ziegeln und darunter noch die Wölbung eines schmalen Fensters im Uebergangsstyl mit schräg eingehender, einfacher Laibung. Ueber dem Friese ist in dem ehemaligen Westgiebel noch eine vertiefte, vierblätterige Kleeblattverzierung. Wir haben hier also den sichern Beweis, daß noch im J. 1247 romanische Bauornamente gebraucht wurden, wenn auch schon die Fenster im Uebergangsstyl gespitzt waren. Im Innern dieses Theils der Kirche sieht man an den Seitenwänden noch überall die romanisirenden Reste der alten Schildbogen und Fenstereinfassungen. Auf dem jetzigen Orgelchor sieht man in der Südwestecke noch ein Sück von der alten romanisirenden Wölbung mit der Gewölberippe, welche aber bei der Restauration nach dem Brande von 1397 bis auf den untern Theil abgehauen und zum Tragen der neuen Wölbung benutzt ist. Es ist also wieder äußerlich und innerlich die Südwestecke, welche, wie oft

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vorkommt, beim Umbau erhalten worden ist, z. B. auch bei der Kirche zu Doberan, weil hier, wie Einige meinen, "der Grundstein liegen" soll. Aus den Ueberresten an der Süd= und West=Mauer ließe sich aber noch die ganze Kirche in Zeichnung wieder darstellen.

Die zweite Kirche von 1397 ist die noch jetzt stehende. Nach dem großen Brande erhöhete man zunächst die 3 westlichen Gewölbe der alten Kirche bedeutend und verstärkte die alten Pfeiler zu achteckigen gothischen Pfeilern zur Tragung eines erhöheten Mittelschiffes; das alte Schiff lag ohne Zweifel ganz unter Einem Dache. Dieser Theil der Kirche, die Erhöhung der alten Kirche, ist der bessere Theil, im Style einer noch guten Gothik, im erhöheten Mittelschiffe unter dem Dache mit einem schwarz glasurtem Friese verziert. Zu gleicher Zeit bauete man, an der Stelle des ehemaligen, schmalem Chores, noch ein Ende von einem Gewölbe lang an; dieses Stück scheint auf eine Kreuzkirche angelegt zu sein, da die Seitenbogen größer sind, als in dem alten Theil. Der schwarz glasurte Fries geht aber noch über diesen Anbau hinweg. Die Seitenschiffe des jetzigen Schiffes der Kirche stimmen nicht zu dem Mittelbau; denn der größere Theil des südlichen Seitenschiffes ist, wie dargestellt, die alte Kirche, und das nördliche Seitenschiff ist ein nur unbedeutender Bau, welcher vielleicht jünger ist, als das Mittelschiff, vielleicht gleichzeitig mit dem in gleicher Seitenwand liegenden Thurm. Es ist überhaupt die Frage, ob die alte Kirche auch so breit war, wie die jetzige; in den Basen der westlichen Pfeiler der Nordreihe scheinen gradlinige Reste alter Seitenmauern zu stecken; jedoch ist ohne genaue Zeichnungen die Beurtheilung schwierig.

Der dritte Theil der Kirche ist der einschiffige Chor mit dreiseitigem Chorschluß, welcher weit gegen Osten vorgerückt und ohne Zweifel erst nach der Restaurirung, Erhöhung und Verlängerung des Schiffes in gleicher Höhe in der ersten Hälfte des 15. Jahrh. angebauet ist. Der Chor hat an jeder Seite 2 schmale Fenster und im dreiseitigen Chorschluß 3 Fenster, ungefähr wie in dem auch verlängerten Chor des Doms zu Güstrow. Der Chor hat zwar auch einen schwarz glasurten Fries, welcher jedoch von dem Friese des Schiffes verschieden ist.

Vor dem ehemaligen Westgiebel der alten Kirche ist ungefähr von der Mitte des Giebels an weit gegen Süden hinaus die schon erwähnte, in der Mittellinie von Norden nach Süden liegende, große Kapelle angebauet, welche eben durch

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diese Lage sehr merkwürdig ist. Sie hat ein Schiff von 3 Gewölben Länge und außerdem einen gewölbten dreiseitigen Chorschluß. Der Baustyl ist der gothische des 14. Jahrhunderts und die Kapelle scheint schon vor dem Brande von 1397 fertig gewesen zu sein. Die Kapelle ist ohne Zweifel zu einem besondern gottesdienstlichen Gebrauche aufgeführt, welcher sich jedoch nirgends auf gradem Wege hat ergründen lassen, da die Kapelle nie mit einem besondern Namen genannt wird. Wenn ich aber nicht irre, so war diese Kapelle eine Marien=Kapelle, um so mehr da die Kirche außer dem Evangelisten Johannes auch der Jungfrau Maria geweihet war. Bei der Kirchen=Visitation vom J. 1552 werden noch alle 30 Altäre aufgeführt, und hiebei wird mehrere Male die "Kapelle" genannt, während sonst keine Kapellen aufgeführt werden. Die Altäre in der Kapelle sind aber Marien=Altäre. So heißt es: "Marien=Altar in der Kapelle, "hebben de Vicarien und E. E. Radt dat lehen". Ferner: "Dat Altar compassionis gloriose virginis, voran in der Capelle, gehort den Vicarien zu vorlenen". Das Fest "compassionis Mariae" oder der Medelidinge (Mitleidung) Mariä kam am Ende des 15. Jahrh. auf; es ward die Maria sitzend dargestellt, wie sie den Leichnam Christi auf dem Schooße liegen hat. Die Kapelle scheint auch durch eine bestimmte Aeußerung sicher angedeutet zu werden; es lag nämlich "in der Capell, im Winkel alse men vpt grote werck sticht, Gregorii Altar, dartho hebben de Vicarien dat lehen"; das "große Werk" ist nämlich die große Orgel, und wenn die große Orgel auch im Mittelaltar im Westen lag, wie es nach dem Bau der Kirche wahrscheinlich ist, so war der "Winkel" dieselbe Ecke, in welcher man noch jetzt von der Kapelle zur Bälgenkammer hinauf steigt. Endlich wird noch genannt der "Hanen=Altar in der kercke an der Kapelle, dartho hebben die Vicarien de peticio". Hiernach scheint es unzweifelhaft, daß die "Kapelle" eine Marien=Kapelle war. Merkwürdig ist, daß die Präsentation zu allen Altären in der Kapelle den Vikaren (als einer Art Corporation) gehörte. Daß die Kapelle besonders zu gottesdienstlichen Zwecken bestimmt war, geht auch daraus hervor, daß noch die bischöflichen Weihkreuze unter der schwachen Kalktünche vorhanden sind.

An der Westwand des Schiffes dieser Kapelle ist noch ein niedriger Bau wie ein Seitenschiff, aber getrennt von der Kapelle, aufgeführt. Dieser unbedeutende Bau mit niedrigen, weiten Fenstern stammt aus dem 15. Jahrh. und dient jetzt zum. Kirchen=Archive.

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Der Thurm liegt merkwürdiger Weise mit seiner Nordwand in gleicher Flucht mit der Nordwand der Kirche, zum größten Theil vor dem nördlichen Seitenschiffe derselben, in der Ecke zwischen der Kirche und der Kapelle, so daß die Thurmhalle die Vorhalle zu beiden bildete. Der Thurm ist wahrscheinlich erst nach Vollendung beider im 15. Jahrh. gebauet. Der Thurm hatte früher ohne Zweifel eine schönere und würdigere Spitze, als die jetzige ist, welche auf Schönheit grade nicht Anspruch machen kann. Die alte Spitze fiel am Ende des 30jährigen Krieges herunter; im Kirchen=Visitations=Protocoll vom J. 1662 heißt es: "Die in Anno 1648 im Monath Febr. herunter gefallene Spitze ist in etwas wieder auffgebauet, aber noch nicht vollends fertig".

An altem Mobiliar hat die Kirche außerordentlich wenig, da sie in diesem Jahrhundert gänzlich verrestaurirt ist.

In der Kapelle liegt noch der erste Taufstein aus Granit mit 5 rohen Gesichtern (Christus und die Evangelisten?), aus der ersten Zeit des Christenthums, jetzt umgekehrt in der Erde als Basis eines hohen hölzernen Balkens, welcher die Bälgenkammer trägt. Der Fuß liegt auf dem Kirchhofe an der Westwand.

Zurückgesetzt in der Kirche ist noch der alte große Hauptaltar, ein Doppelflügelaltar von außerordentlich großem Reichthum und Kunstgeschmack, wahrscheinlich aus der ersten Hälfte des 15. Jahrh., aus der Zeit der Vollendung der Kirche nach dem Brande von 1397, stammend, und noch gut erhalten. Da er hoch an der Westwand der Kirche angebracht ist, so läßt sich eine vollständige und sichere Beschreibung nicht gut ohne besondere Vorrichtungen machen. Das Mittelstück enthält die Krönung der Jungfrau Maria und in den Flügeln 36 Heiligenfiguren, unter denen auch die 12 Apostel. Oben zunächst der Marienkrönung steht zur Rechten S. Johannes der Täufer und zur Linken S. Johannes der Evangelist. Der Herr Maler Greve zu Malchin hat es jedoch versucht, durch Leitern dem Altare näher zu kommen, um die in den Heiligenscheinen stehenden Namen der Heiligen zu entziffern und die Bilder auf den Flügeln zu beschreiben so gut es möglich gewesen ist.

Hiernach enthält die Vorderseite folgende Figuren:

Vorderseite:
a. rechts hin, b. links hin,
neben Maria: neben Christus:
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1. in der oberen Reihe:
  1. S. Johannes d. T.
  2. S. Petrus Ap.
  3. S. Andreas Ap.
  4. S. Bartholomäus Ap.
  5. S. Simon Ap.
  6. S. Judas Thaddäus Ap.
  7. S. Matthäus Ap. Ev.
  8. S. Lucas Ev.
  9. S. Michael.
  1. S. Johannes Ap. Ev.
  2. S. Paulus Ap.
  3. S. Jacobus d. ä. Ap.
  4. S. Mathias Ap.
  5. S. Philippus Ap.
  6. S. Jacobus d. j. Ap.
  7. S. Thomas Ap.
  8. S. Marcus Ev.
  9. S. Georgius.
2. in der untern Reihe:
  1. S. Gregorius, Papst.
  2. S. Otto, Bischof.
  3. S. Stephanus.
  4. S. Maria Magdalena.
  5. S. Katharina.
  6. S. Agneta.
  7. S. Dorothea
  8. S. Gertrudis.
  9. S. Birgitta.
  1. S. Nicolaus, Bischof.
  2. S. Martinus.
  3. S. Laurentius.
  4. S. Margaretha.
  5. S. Cecilia.
  6. S. Ursula.
  7. S. Apollonia.
  8. S. Barbara.
  9. S. Elisabeth.

Die Rückseiten der Flügel enthalten folgende Gemälde:

1. die ersten Flügel:

a. der rechte Flügel:

1. Christi Kreuztragung. 2. Christi Kreuzigung.
3. Christi Dornenkrönung. 4. Christi Geißelung.

b. der linke Flügel.

5. Christi Verehrung durch die H. drei Könige. 6. Christi Beschneidung.
7. Christi Geburt. 8. Mariä Verkündigung.

2. die zweiten Flügel:

a. der rechte Flügel:

"4 Darstellungen aus dem Leben Johannis" (nicht gut zu erkennen).

b. der linke Flügel:

5. Johannes Ev. in siedendem Oel gesotten zu Rom (ante portam latinam). 6. Johannes Ev. in der Wüste auf der Insel Pathmos schreibt das Evangelium, wozu ihm ein Engel das Buch hält.
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7. Johannes Ev. bei Christus, wie dieser die Tochter Jairi wieder lebendig macht. 8. Johannes Ev. wie auf sein Wort in Asien der Heidentempel zusammenbricht.

Die beiden Rückwände der letzten Flügel enthalten je 2 große, durchgehende Figuren:

a. zur Rechten:

1. die Jungfrau Maria, fast ganz zerstört, im Heiligenscheine die Worte Maria mater etc.

2. eine männliche Figur (S. Johannes der Täufer?), fast ganz zerstört.

b. zur Linken:

3. eine große weibliche Figur, die eine Hand segnend erhoben, die andere auf eine "Weltkugel" (? Herz ?) mit einem Kreuze gelegt; diese wird wohl die H. Birgitta, die Patronin Schwedens, sein, welche in der Hand mit einem Herzen, auf welchem ein Kreuz steht, dargestellt wird; daher steht sie auch Nr. 27 unter den Heiligen auf der Vorderseite: die H. Birgitta (Nr. 27) und die H. Elisabeth (Nr. 36) sind die jüngsten Heiligen des Altars.

4. eine männliche Figur (S. Johannes der Evangelist).

Die Darstellungen aus dem Leben und den Legenden Johannis des Evangelisten stimmen ganz mit den alten Passionalen überein, namentlich mit "Dat levent der hylgen effte dat Passional, Basel, 1517".

5. Das Bild Nr. 5 wird erläutert durch:

"De richter (in Ephesus) brachte ene to dem keyser Domicianum to rome, - - vnde settede em darna yn sedendich olye, dar sath he ynne als in eynem kolden döuwe, vnd god was mit em vnde halp em, dath em neen leed enschach vnde ginck gesunt vnde vrölick dar wedder vth".

6. Zum Bilde Nr. 6:

"De keyser Domicianus wart seer tornich vnde sande em in dath eylandt Pathmos, dat was eyne gans vnfruchtbaer stede. De engele ghodes weren alle tydt by eme vnde godt apenbaerde eme dar meer hemelycke dynge, danne ye yennigem mynschen, wente he apenbaerde eme de hillige dreuoldicheit vnde de negen kör der hilligen engele. Sunte Johannes sach eine mennichvoldige schaer vnde engele spreken myt em vnde berychteden en alles, wes he en vragede".

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7. Zum Bilde Nr. 7:

"Wente (Christus) nam en mit sick, do he de junckfrouwe leuendich makede".

8. Zum Bilde Nr. 8:

"Dar na preddikede sunte iohannes yn Asia, do werden de heyden gans tornich vnde vyngen en vnde tögen en myt gewalt vor den affgod Dianam vnde heten en okleren. Do he vor den affgodt quam. do sede he: Gi schölt seen, dat vele böse geiste in deme affgade sint, vnde sprack syn beth to gade und boet deme tempel, dat he mit den affgöden nedder vylle vnde dede den minschen nenen schaden. Tho hant vyl he nedder vnde wart to nichte. Do de minschen dat hoerden und segen, do leten sick twelff dusend döpen, ane vrouwen vnde kyndere".

 


Urkunde Nr. 1.

Wilhelm, Bischof von Camin, bestätigt bei dcr Einweihung der Kirche zu Malchin die Gründung und Bewidmung der Pfarre zu Malchin und deren Tochterkirche zu Basedow und bestimmt die Grenzen des Sprengels beider Kirchen.

D. d. Güstrow. 1247. Jan. 14.

Nach einer alten Abschrift im Geh. und Haupt=Archive zu Schwerin.

Willehelmus dei gracia episcopus ecclesie Caminensis omnibus presentem intuentibus paginam salutem in domino Jhesu Christo. Quoniam ea, que statum cupiunt firmitatis adipisci, per scripturarum maxime testimonia solidantur, hinc est quod ad noticiam vniuersorum pariter ac singulorum, tam futuri temporis, quam presentis, volumus deuenire, quod nos ecclesiam sancte Marie virginis et heati Johannis ewangeliste in Malchyn, dotatam tribus mansis iacentibus infra agros ad idem oppidum pertinentes et XIIIIcim mansis, ville Tessenowe adiacentibus, a parrochiis circumiacentibus distinguentes, villam Muceliz ipsi pro limite assignamus; ecclesiam in villa Bas- dowe, duobus mansis eidem uille adiacentibus dotatam

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et duobus mansis in villa Lypin, cum villis subscriptis filiam fecimus ecclesie supradicte, villas easdem ipsi eciam pro limitibus assignantes: hee autem sunt ville: Jacin, Lipyn, item Lipyn, Zawal, Gutisdorp, Nycasiusdorp. Theodericus autem Luch ecclesie prefate in Basdowe redditus vnius mansi in eadem villa temporibus uite sue plebano contulit profutoros. Vt autem hec omnia rata iugiter et inconuulsa permaneant et a posteris illibata, hanc cedulam conscribi fecimus et sigilli nostri munimine roborari. Huius autem rei testium hec nomina sunt subscripta: dominus prepositus Camineusis Conradus, Henricus scolasticus Caminensis, Reynerus decanus Guzstrowensis, Wasmodus canonicus Guzstrowensis Vrowinus marsscalcus miles, Arnoldus Rolle miles, Albertus de Calue et alii quam plures, tam clerici, quam layci. Acta Malchyn, anno domini M ° CC° XL° VII°, in die consecrationis eiusdem ecclesie. Datum Guzstrowe, XIX° kal. Februarii, pontificatus nostri anno secundo, per manus Conradi capellani et notarii nostri.

Aus dem Pergament=Diplomatarium des Klosters Doberan aus dem Anfange des 14. Jahrh., im großherzogl. Geh. und Haupt=Archive zu Schwerin; die Original=Urkunde fehlt. In der Bestätigungs=Urkunde vom 11. Julii 1296 sind die Dörfer der Pfarre Basedow so geschrieben:

"Hee autem sunt ville: Jacyn, Lipin, item Lipin, Zawal, Gutizdorp, Nycauizdorp",

und unter den Zeugen steht: "Arnoldus miles dictus Rolle". Gedruckt ist diese Urkunde in v. Weftphalen Mon. ined. III, p. 1489, Lisch, Hahn. Urk. I, S. 35, Kosegarten, Cod. Pom. I, S. 761 und Meklenburg. Urk. Buch, I, Nr. 589.

 


Urkunde Nr. 2.

Johann, Bischof von Garda, Weihbischof des abwesenden Bischofs Johann von Camin, ertheilt der abgebrannten S. Johannis=Pfarrkirche zu Malchin zur Wiederaufbauung und Ausrüstung einen Ablaß.

D. d. Malchin. 1397. Junii 6.

Nach dem Original im Archive der Stadt Malchin.

Vniuersis sancte matris ecclesie filiis, ad quos presentes littere peruenerint, Johannes dei gracia episcopus

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ecclesie Gardensis, in pontificalibus vicarius reuerendi in Christo patris ac domini domini Johannis eadem gracia episcopi Caminensis, ducis Opoliensis, in remotis agentis, salutem et sinceram in domino caritatem. Eterni patris filius dominus noster Jhesus Christus, cui ipse pater omnium viuorum et mortuorum iudicium tradidit et cum sederit in solio sue maiestatis secundum opera sua cuilibet redditurus, de operibus misericordie, sicud ipse testatur, precipue disceptabit, et quemadmodum de operibus pietatis regnum glorie bonis confertur, ita quod illorum defectu malos detrudet ad thartara, vbi est ignis inextingwibilis dyabolo et angelis suis preparatus. Cupientes, vt ecclesia parrochialis in Malchin, Caminensis dyocesis, in honore omnipotentis dei sueque genitricis virginis Marie, necnon sancti Johannis baptiste constructa, pro nune ignis voragine miserabiliter cum omnibus suis ornamentis, libris, calicibus, luminaribus ac aliis multis suis necessariis destructa, congruis honoribus a Christi fidelibus iugiter frequentetur et veneretur, omnibus vere penitentibus, confessis et eontritis et propositum confitendi firmum habentibus, qui dictam ecclesiam causa deuocionis, oracionis et peregrinacionis accesserint aut qui ad fabricam libros, calices, luminaria, ornamenta et queuis alia dicte ecclesie necessaria manus porrexerint adiutrices vel qui in eorum testamentis vel . . . . . . . . aurum, argentum vel aliquod aliud caritatiuum subsidium dicte ecclesie donauerint et legauerint seu ab aliis donari vel legari procurauerint, seu qui missas ac alia diuina officia quecunque in dicta ecclesia audierint et qui corpus dominicum et sacr[ament]um vnccionis, quando infirmis ministretur, seruiri facient, vel qui in pulsacione serotine campane beatam virginem Mariam ter cum angelica salutacione flexis genibus deuote salutauerint aut cimiterium dicte ecclesie pro animabus corporum ibidem sepultorum exorando adierint, quocienscunque et quandocunqne premissa vel aliquid premissorum deuote fecerint, de omnipotentis dei gracia et beatorum Petri et Pauli apostolorum suffragiis et auctoritate confisi, quadraginta dies indulgenciarum et vnam carenam, auctoritate domini Caminensis nobis in hac parte specialiter indulta, de iniunctis eis penitenciis misericorditer in domino relaxamus per presentes. Vobis quoque vniuersis dominis ecclesiarum rectoribus aut vestras vices gerentibus in

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dicta dyocesi constitutis auctoritate domini nostri Caminensis vt supra presentibus in virtute sancte obediencie et sub excommunicacionis pena precipiendo mandamus, quatenus nunccios ecclesie supradicte, cum ad vos pro petendis fidelium elemosinis accesserint, eos beniuole admittentes indulgentesque publice vestros parrochianos fidelibus et piis exhortacionibus (?), vt nuncciis preexpressis subsidia porrigant caritatis, volumus eciam pena sub premissa, quatenus de elemosinis ipsis collatis penitus nichil recipiatis. Datum et actum Malchin, anno domini millesimo CCCmo nonagesimo septimo, feria quarta post ascensionis domini, nostro sub secreto presentibus appenso.

Nach einer Abschrift des wail. Archis=Raths Evers von dem an verschiedenen Stellen sehr verblichenen und durch Rostflecke und Moder löcherig gewordenen Original auf Pergament im Archive der Stadt Malchin. Das Siegelband mit dem Siegel ist abgeriffen.