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Begräbnißplatz (Wendenkirchhof) im Sachsenwalde ,
von
In dem 24. Bericht der Schl.=Holst.=Lauenb. Gesellschaft, Kiel, 1864, S. 23 flgd., hat Justus Brinckmann, einen Begräbnißplatz im Sachsenwalde, zwischen den Dörfern Rothenbeck und Witzhawe, am Rande des Bille=Ufers in einer Haide, beschrieben, welchen er aufgedeckt hat, und hat der Beschreibung eine sehr willkommene, wertvolle Abbildung der vorzüglichsten Urnen beigegeben. Die Urnen standen in einem großen Hügel von Steinen und sandiger Erde, welcher eine natürliche Grundlage zu haben und nicht künstlich aufgetragen zu sein scheint, wenn auch viele Steine zum Schutz der Urnen herbeigeführt sein werden. Der Begräbnißplatz scheint ganz von Urnenfeldern der Eisenzeit zu entsprechen, welche in Meklenburg häufig vorkommen. Ich habe früher diese Urnenfelder Wendenkirchhöfe genannt, weil sie vom Volke häufig so genannt werden und nach alten Acten immer so genannt sind, grade wie ich z. B. den Ausdruck Riesenbetten dem Munde des Volkes und den Urkunden entnommen habe. Im Fortschritt der Forschung ist es mir gelungen, in diesen Urnenfeldern eine erste und zweite Eisenzeit zu unterscheiden, wie auch die dänischen Forscher in neuern Zeiten eingetheilt haben, wenn auch die Alterthümer hier und dort verschieden sind. Die zweite Eisenzeit gehört in Meklenburg ohne Zweifel dem Wendenvolke an, da sie erweislich bis in die erste christliche Zeit hineinreicht und führt daher, trotz mancher Widersprüche, im nordöstlichen Meklenburg mit Recht den noch gebräuchlichen Namen der Wendenkirchhöfe. Die erste Eisenzeit ist aber der wendischen Eisenzeit voraufgegangen, da sie in Meklenburg in Begleitung römischer Alterthümer aus dem 2. Jahrhundert nach Christi Geburt erscheint und mit den in den neuesten Zeiten entdeckten eisernen Alterthümern in der Schweiz und Frankreich, welche in das 1. Jahrh. nach Christi Geburt fallen, gleich und ungefähr gleichzeitig ist.
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Diese erste Eisenzeit in den baltischen Ländern Deutschlands wird ganz bestimmt ausgeprägt durch die Gestalt, Verzierung und Form der Urnen, welche sich sonst nirgends und nie finden, als bisher in geringen Spuren in Italien. Die Urnen sind nämlich große, weitgeöffnete Schalen von gefälliger Form, von dunkelschwarzer Farbe und mit mäanderähnlichen oder hammerförmigen Verzierungen, welche durch Linien aus kleinen viereckigen Puncten gebildet sind. Der Inhalt der Urnen besteht in zerbrannten Knochen und Alterthümern, vorherrschend aus Eisen, auch von wenig gerosteter Bronze, Silber und Glas.
Der von Herrn Brinckmann entdeckte Begräbnißplatz gleicht nun in den Geräthen ganz vollkommen der ersten Eisenperiode in Meklenburg, wie sie in den Begräbnißplätzen von Kothendorf und Gägelow, und später in denen von Camin, Börzow, Wotenitz u. a. ohne Abweichung ans Licht getreten ist; die Urnen sind selbst in den geringsten Kleinigkeiten und in den Seltenheiten überraschend gleich. Herr Brinckmann hat daher vollkommen recht, den Begräbnißplatz im Sachsenwalde den meklenburgischen anzureihen. Es ist dadurch die Zone dieser Begräbnißplätze von Osten her bis gegen die Elbe vorgerückt; daß sie sich südlich bis in die Altmark erstrecke, war schon aus Danneil's Ausgrabungen nachgewiesen.
Wenn Professor Weinhold a. a. O., S. 23, Note, annimmt, daß der von Herrn Brinckmann aufgegrabene Begräbnißplatz ein "Urnenhügel" (der Bronzezeit, nach der von ihm S. 14 aufgeführten Eintheilung) gewesen sei, und darnach den Titel des Aufsatzes ändert, so kann ich ihm nicht beipflichten, da diese scharf gezeichneten Urnen nie in aufgeworfenen Hügelgräbern (tumulis) vorkommen. Mir scheint die Beschreibung, Benennung und Zeichnung Brinckmanns ganz richtig und klar zu sein.