zurück zur Metadatenansicht auf dem Dokumentenserver
zurück
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 150 zur nächsten Seite zur letzen Seite
Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Verzierter Kittüberzug

auf Schmuck der Bronzezeit,

von

G. C. F. Lisch.

In den Jahrb. XXVI, S. 146 und 148, und XXVII, S. 176, ist wiederholt die merkwürdige Entdeckung besprochen, daß die Lücken der hohl und durchbrochen oder mit vertieften Verzierungen gegossenen Griffe der bronzenen Schwerter und Dolche der alten Bronzezeit mit einem festen, wahrscheinlich buntfarbigen Kitt ausgefüllt, oder, wie wir uns auszudrücken beliebt haben, "emaillirt" gewesen sind. Diese Ausfüllung war bis dahin ganz unbekannt gewesen; man hielt die Füllung der Lücken für feine Torf= und Moderreste aus den Lagern, in denen die Alterthümer gefunden waren, und entfernte sie nicht selten bei der Reinigung: aber sehr genaue Untersuchungen haben die buntfarbige Auslegung der Verzierungen mit größter Sicherheit erkennen lassen.

Aehnlich verhält es sich mit Verzierungen, welche in neuerer Zeit an bronzenen Schmucksachen der Bronzezeit entdeckt sind. Im Jahre 1859 ward zu Reinshagen, im Amte Doberan, ein sehr schön gearbeiteter, dicker, tief gefurchter, gewundener Kopfring tief im Moder gefunden; leider war er in der Mitte gewaltsam zerbrochen, konnte aber durch Löthung wieder zusammengebracht werden. Als der Ring einige Zeit nach der Auffindung an die großherzogliche Alterthümersammlung eingeliefert ward, war er überall scheinbar mit einer gleichmäßigen, ziemlich dicken braunen Torfschicht bedeckt, welche aber sowohl während des Transports, als auch bei der Löthung zum größten Theil abgefallen und verloren gegangen ist. Aber - dieser Ueberzug war kein Torf, sondern eine künstliche Kittbekleidung! An den massiven Enden und Schließhaken war der Ueberzug haften geblieben. Diese Enden sind mit vertieften Längsfurchen verziert, welche von feinen eingegrabenen Schrägestrichen zur Verzierung begleitet werden. Ich hatte diese Verzierung allerdings schon bei der Einsendung bemerkt; aber ich glaubte, die Linien seien in die Bronze gravirt und der feine Torfniederschlag habe sich so gleich=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 151 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

mäßig und fest darüber gelegt, daß die ganze Oberfläche der Bronze mit allen Vertiefungen in dem Ueberzuge wiedergegeben sei, ähnlich wie der edle Rost alle Feinheiten der Verzierungen erhält und wiedergiebt. Als sich aber in den neuesten Zeiten einige verzierte Stellen des Ueberzuges an den Schließhaken ablöteten, bemerkten wir zu unserer großen Ueberraschung, daß die Bronze unter dem Ueberzeuge ganz eben und roh war und keine Spur von irgend einer gravirten Verzierung sehen ließ. Der Ueberzug zeigte sich vielmehr als eine gleichmäßig aufgetragene, geebnete, künstliche Masse, in welche allein die Verzierungen eingravirt waren. - Auf einem ganz ähnlichen Ringe ohne Ueberzug sind die Längsfurchen in dem Metall vertieft gebildet, jedoch keine Schrägestriche vorhanden.

Diese Entdeckung an diesem Ringe machte im Sommer 1864 Fräulein A. Buchheim, Custodin der großherzoglichen Alterthümer=Sammlungen.

Ob auch der Ueberzug der Windungen des Kopfringes mit Gravirungen verziert gewesen ist und welche Farben der Ueberzug gehabt hat, läßt sich nicht mehr erkennen, da die größte Masse des Ueberzuges leider verloren gegangen ist. Aber die Sache leidet keinen Zweifel und giebt die warnende Lehre, daß man nicht zu voreilig und zu gründlich die "Reinigung" der Alterthümer vornehmen muß.

Im Sept. 1864 theilte ich auf der Versammlung der deutschen Geschichtsvereine zu Constanz diese Entdeckung mit, indem ich die Warnung vor voreiliger Reinigung daran knüpfte. Schon am 4. Nov. 1864 schrieb mir der Herr Professor Christ zu München, welcher in Constanz gegenwärtig war, daß sich diese Art der Verzierung auch an einem bronzenen Schwerte gefunden habe, welches aus dem Nachlasse des hochseligen Königs von Baiern stammt; der Griff dieses Schwertes ist mit einem an einzelnen Stellen noch erhaltenen Kitt überzogen, in welchen strichartige Ornamente eingetragen sind.

Im Anfange des J. 1865 fand ich, daß diese Auslegung vertiefter Ornamente mit Kitt schon früher beobachtet ward. Eine große bronzene Hängeurne, nach den Verzierungen noch der Bronzezeit angehörend, in der Sammlung der Universität zu Breslau, hat ebenfalls ausgelegte Ornamente. Büsching in seinen "Alterthümern der Stadt Görlitz", 1825, S. 14, sagt: "Die Zierrathen sind mit einer schwarzen, wie es scheint, Pechmasse ausgefüllt und werden dadurch noch mehr hervorgehoben." L. Giesebrecht benutzt die Beschreibung dieser Urne

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 152 zur ersten Seite zur vorherigen Seite

zu einer archäologischen Untersuchung in den Baltischen Studien, XII. S. 31, 1846, indem er auch die obige Stelle mittheilt, und giebt eine Abbildung dieses Bronzegefäßes. Auf Bitte der pommerschen Gesellschaft hat der Vorstand der Breslauer Alterthümer den Kitt durch den Professor Dr. Duflos chemisch analysiren lassen, und dieser sagt: "Die Ausfüllungsmasse ist ein Gemisch aus Kupferasche (Kupferoxyd) und wohlriechendem Harze, welches höchstwahrscheinlich trocken in die Zwischenräume eingerieben und dann durch Erwärmen erweicht und homogen gemacht worden." Diese Analyse ist mitgetheilt in den Baltischen Studien a. a. O., S. 146.