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Kegelgräber von Vorbeck,

von

G. C. F. Lisch.


Kegelgrab Nr. 1.

An der östlichen Seite des großen Schweriner Sees liegt das Gut Vorbeck, dessen Hof und Garten an den obern Lauf des Warnow=Flusses stößt. Dem herrschaftlichen Wohnhause seitwärts gegenüber fällt ein hoher, mit der Warnow parallel laufender Höhenzug ziemlich schroff in das Warnow=Thal und nach dem in diesem liegenden herrschaftlichen Garten ab, von welchem man die Aussicht auf diese Höhe hat. Der Besitzer des Gutes Herr Ueckermann hat bei Bepflanzung dieses hohen Abfalles (einer Art Vorgebirge) auf der Höhe in sandigem Boden häufig viele zerbrochene Urnen gefunden, die auf ein großes Grabfeld schließen lassen, welches sich hinter und vor den jetzigen Tagelöhnerwohnungen weit hin erstreckt. Bei der Bepflanzung der höchsten Spitze dieser Erhebung (hinter den Tagelöhnerwohnungen) mit Bäumen fand Herr Ueckermann ein niedriges, aber ausgedehntes Kegelgrab, welches derselbe mit seinen drei Söhnen sorgfältig aufdecken ließ; es konnten daher ganz genaue und sichere Nachrichten gewonnen werden. Das Grab war nur niedrig, aber weit, und hatte einen Durchmesser von ungefähr 25 Fuß. Der Kern des Grabes bestand aus kopfgroßen Feldsteinen (Findlingen), welche in etwa drei Schichten über einander lagen und ungefähr 5 bis 6 vierspännige Fuder bildeten. Die Oberfläche bestand aus Sand und war nach allen Seiten hin so abgerundet und an den Rändern abgeflacht, daß das Grab sich nur unmerklich über den umherliegenden Boden zu erheben schien. In der Mitte war unter den Steinen eine muldenförmige Vertiefung oder Höhlung, welche von Steinen eingefaßt und mit einer Mischung aus Lehm, Sand und Kalk ausgesetzt war, welche bei der Aufgrabung der Höhlung große Weiche besaß, aber an der Luft bald eine ungewöhnliche Härte annahm. Die Mulde war mit einem Deckstein von ungefähr 2 Fuß im Quadrat zugedeckt, und dann mit den erwähnten kleinen Steinen überschüttet.

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In dieser Mulde fanden sich nun nicht allein zerbrannte Knochen und Urnenscherben, sondern auch folgende Alterthümer aus Bronze, theilweise mit edlem Rost:

1 Heftel mit zwei Spiralplatten, wie solche Hefteln der reinen Bronzeperiode eigenthümlich sind, von der Größe und Gestalt der hier abgebildeten, jedoch ohne Verzierungen auf dem Bügel und von etwas geringerer Große in den Spiralen;

Heftel

1 Schmucknadel mit rundem Knopf, 6 Zoll lang;

1 Messer, sichelförmig gebogen (keine Sichel), aber schmal und lang, in der Klinge 6 Zoll lang, mit einem Nietloch in dem kurzen Griffheft;

4 Schmuckdose, ungefähr von der Größe der hier unten abgebildeten Dose, und auf der Unterseite ungefähr

Dose

wie die in Worsaae Afbildinger, zweite Auflage, Taf. 62, Nr. 283b, verziert, und eben so gestaltet und verziert, wie die hölzernen Dosen in den Eichensärgen in den Grabhügeln Dragshöi und Treenhöi; vgl. die Abbildungen in Worsaae Slesvigs Oldtidsminder, 1865, S. 33, und Madsen Afbildninger. Auch einige andere Bronzen in diesen Grabhügeln sind denen von Vorbeck gleich. Diese Dose von Vorbeck ist jedoch

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dadurch abweichend, daß sie ohne alle Ausbauchung und ohne Deckel ist; auch hat die Dose nur ein Oehr, welches auch nicht auf der Oberkante, sondern auf der Seitenfläche des Randes steht; es ist wohl die Meinung ausgesprochen, daß dieses Geräth ein Schildbuckel sein könne, es ist jedoch dazu zu klein, hat zu wenig Aehnlichkeit damit und ist auch nicht zum Befestigen eingerichtet; dagegen fanden sich in der Schale noch Reste eines bräunlichen Harzes, welches beim Verbrennen in heller Flamme einen brenzelichen, ziemlich angenehmen Geruch hatte.

8 kleine Niete mit einem Doppelknopf, jeder im Ganzen 1 Zoll lang, und zart und dünne; auch diese Niete werden wegen ihrer Zierlichkeit nicht von einem Schilde stammen und der Schmuckdose nicht das Wort reden; wozu sie aber gebraucht sind, ist nicht zu ermitteln (vgl. unten Grab Nr. 2).

Alle diese Geräthe scheinen weibliche zu sein. Da nun die folgenden Geräthe mehr derberer Natur sind und zum männlichen Gebrauche bestimmt gewesen zu scheinen, so läßt sich annehmen, daß in diesem Hügel zwei Leichen beigesetzt gewesen sind.

Es ward außerdem in diesem Grabe noch gefunden:

1 Framea (Celt) mit Schaftloch und Oehr, von der hieneben abgebildeten Gestalt,

Framea (Celt)

jedoch um ein Drittheil größer und mehr mit Reifen verziert. Nach der Versicherung der Herren Ueckermann hat in dem Schaftloche ein hölzener Schaft gesteckt, welcher aber zerfallen und verloren gegangen ist; die Länge desselben läßt sich leider auch nicht mehr angeben.

Von besonderer Wichtigkeit ist aber

ein Meißel ("Stemmeisen") mit Hirschhorngriff, welcher neben der Framea gefunden ward. Das Ganze ist 9 1/2 Zoll

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Meißel

lang. Der Griff ist 4 3/4 Zoll lang und der Bronzemeißel ragt ebenfalls 4 3/4 Zoll aus dem Griffe hervor. Der bronzene Meißel ist ganz viereckig, an jeder Seite 3/8 Zoll breit und an der Spitze zu einer scharfen Schneide geschliffen. Das Loch zum Einlassen in den Griff ist 1 1/2 Zoll tief, und um so viel länger ist auch der bronzene Meißel, als er hervorragt, dieser also im Ganzen 6 1/4 Zoll lang. Der Griff ist von Hirschhorn mit natürlicher Oberfläche. Das Loch ist sehr gut und regelmäßig, vielleicht mit dem bronzenen Meißel, eingestemmt und inwendig von Bronze=Oxyd grünlich gefärbt. Beim Herausheben ist ein Stück von dem Meißel ausgebrochen, so weit als der Meißel in das Loch hineingeht, jedoch ist das Bruchstück noch vorhanden; dieser Bruch ist hier mit abgebildet, um die Einfassung des Meißels erkennen zu können. Das Wichtige bei diesem Funde ist, daß wir hier einmal ein vollständiges Arbeitsgeräth der Bronzeperiode und, wenn ich nicht irre, zum ersten Male einen Griff eines Bronzegeräthes aus einem Grabe haben. So viel mir bekannt ist, ist bisher noch kein wohlerhaltener Griff oder Schaft aus Horn, Knochen oder Holz aus einem Grabe der reinen Bronzeperiode bekannt geworden und erhalten. Auch haben wir hier einmal einen Handwerker= Meißel , welcher zum indirecten Beweise dienen kann, daß die dabei gefundene Framea (Celt) nicht als Meißel gebraucht ist.

In oder neben dem Grabe, wahrscheinlich in demselben, sind zwei Urnen gefunden, ganz von dem Charakter der Urnen der Bronzeperiode. Sie habe dünne Wandungen, dunkelbraune Färbung und einen Henkel. Sie haben ungefähr die Gestalt der neben stehenden Abbildung gehabt.

Urne

Leider sind beide zerbrochen; jedoch ist von der einen noch die obere Hälfte zusammengefunden, welche einen Durchmesser von ungefähr 6 Zoll in der Oeffnung hat.


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Kegelgrab Nr. 2.

In einiger Entfernung von dem ersten Grabe, auf dem Ackerfelde vor den Tagelöhnerwohnungen fand sich ein zweites Grab, welches in jeder Hinsicht dem ersten gleich, jedoch viel kleiner war. Auch hier fand sich unter Feldsteinen eine Mulde, welche mit derselben kalkhaltigen Masse ausgeschmiert war, und in derselben lagen zerbrannte Knochen und Urnenscherben. Die Ausbeute an bronzenen Alterthümern war auch viel geringer.

Es fand sich ein Doppelknopf, ganz von der Größe und Gestalt der beistehenden Abbildung, nur sehr gerostet und verbogen. Die obere lange Spitze ist zum Theil abgebrochen und nur noch in einem Ende von 1/2 Zoll Länge vorhanden. Die Bestimmung dieses Geräthes ist noch immer zweifelhaft. Die in dem ersten Grabe gefundenen Niete haben genau dieselbe Gestalt, sind aber außerordentlich viel kleiner und schwächlicher, und der Drath ist am untern Ende wirklich vernietet.

Doppelknopf

Das hier abgebildete Geräth ist unten aber nicht vernietet, sondern die untere Scheibe ist mit dem Ganzen zusammen gegossen.

Ferner fand sich in vielen Bruchstücken zu einer Windung von 3/16 Zoll Durchmesser aufgerollter Bronzedrath, im Ganzen gegen 6 Zoll lang, ebenfalls von unbekannter Bestimmung, vielleicht Schmuck.

Endlich fanden sich 3 Geräthe von beistehender Abbildung,

hohler Kegel mit Oehr

kleine, hohle Kegel mit Oehren, vielleicht Ohrringbommeln oder Halsbandbommeln. Der eine derselben ist noch ganz mit demselben brenzelichen Harze gefüllt, von welchem sich in der oben beschriebenen Schmuckdose Spuren fanden, vielleicht zum Festhalten einer Perle oder dergleichen; in einem andern sitzt noch eine weiße, feine, kalkartige Masse.

Herr Ueckermann hat, unter aufopfernder Vermittelung des Herrn Präpositus Schencke zu Pinnow, alle diese Altertümer dem Verein für meklenburgische Geschichte und Alterthumskunde zu schenken und Nachforschungen an Ort und Stelle durch den Unterzeichneten zu befördern die große Güte gehabt.