zurück zur Metadatenansicht auf dem Dokumentenserver
zurück
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 129 ] zur nächsten Seite zur letzen Seite
Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

B.

Jahrbücher

für

Alterthumskunde.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 130 ] zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 131 ] zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Zur Alterthumskunde.


Vorchristliche Zeit.

a. Steinzeit.


Hünengrab von Nesow,

von

G. C. F. Lisch.

Auf dem Felde des Domanialhofes Nesow bei Rehna, auf dem Ackerschlage im "Siedenlande", nahe bei der Wiese "Kellendiek", ward ein Grab aufgefunden, welches wohl der ältesten Zeit der Steinperiode angehört.

Das Grab war eigenthümlich gebauet und mag wohl zu weiter reichenden Forschungen Veranlassung geben. Das Grab lag nämlich unter der Erdoberfläche, so daß der Pflug darüber hinweggehen konnte und auch seit Menschengedenken immer darüber hinweggegangen ist. Nur an einer Stelle pflegte der Pflug an einen Stein zu stoßen. Diese Stelle ward in neuern Zeiten bezeichnet, und als zum Bau eines neuen Schafstalles Steine notwendig wurden, ward im März 1864 hier nachgegraben. Statt eines großen Steines fand man aber ein ganzes Grab. Der Herr Archivrath Pastor Masch in dem benachbarten Dorfe Demern war so glücklich, von dem Wirthschafts=Inspector zu Nesow, welcher die Ausgrabung geleitet hatte, die folgenden zuverlässigen und genauen Nachrichten über dieses Grab zu gewinnen.

Dieses unterirdische Grab hatte im Innern eine Länge von 12 Fuß von Westen nach Osten und eine Breite von

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 132 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

reichlich 3 Fuß. An jeder Langseite standen 2 große Tragsteine von Granit, mit den ebenen Flächen nach innen gekehrt. Die beiden Tragsteine im Westen waren mindestens 6 Fuß lang. die beiden Tragsteine im Osten waren etwas kürzer, ungefähr 4 bis 5 Fuß lang, und auch nicht so dick wie die westlichen; diese Tragsteine standen auf der hohen Kante, wenn auch nicht mehr ganz senkrecht. Diese Tragsteine waren unten von innen und außen und in den Lücken der Zusammenfügung fest mit vielen kleinen Steinen von Faustgröße bis Kopfgröße verpackt, so daß 5 starke Fuder abgefahren wurden. Die ganze Steinkiste war oben offen und außer mit den Packsteinen mit Sand gefüllt, welcher mit alter Ackerkrume gemischt war. Die Steinkiste war jedoch nicht allein oben, sondern auch gewissermaßen an beiden Enden offen. Am offenen Westende aber "lag schräge" ein großer Stein, etwa 5 1/2 Fuß lang und 3 bis 4 Fuß breit und dick; am offenen Ostende lag ebenfalls schräge" ein kleinerer Stein, ungefähr 3 Fuß lang, breit und dick. Mehr als wahrscheinlich waren diese beiden Steine, welche an den beiden Enden schräge lagen, früher die Decksteine gewesen, welche auf den Tragepfeilern geruhet und aus der Erdoberfläche hervorgeragt hatten. Da sie aber hiedurch der Beackerung hinderlich waren, so hat man, nach früher beliebter Weise, an beiden Enden Gruben gegraben und die Decksteine hineingestürzt, den leeren obern Raum der Kiste aber mit Ackererde gefüllt. Wir haben hier also ein vollständiges Steinhaus unter der Erde mit 2 Decksteinen. - Von den 6 großen Steinen wurden 80 laufende Fuß granitene Thürschwellen gespalten.

Diese Begräbniß=Steinhäuser unter der Erde gleichen also den Höhlenwohnungen für die Lebenden, welche zu Dreveskirchen entdeckt sind (vgl. oben S. 123 flgd.). Bei dem Ausgraben der Steine ward in der Tiefe eine sehr schöne und merkwürdige Lanzenspitze aus Feuerstein gefunden, welche der Wirthschafts=Inspector dem Herrn Archivrath Masch und dieser wieder dem Verein schenkte. Diese Lanzenspitze, welche unten weiter zur Untersuchung gezogen werden soll, ist 19 Zoll (24 Centimetres) lang, 1 3/4 Zoll breit, in der Mitte 3/8 Zoll dick, fast wie eine kurze zweischneidige Schwertklinge, großmuschelig geschlagen, an den scharfen Kanten sehr fein und ganz grade gekröselt, ohne (schmales) Heft, sondern am Schaftende breit abgestumpft; als große Seltenheit ist die Klinge an beiden Enden ein wenig angeschliffen.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 133 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Unterirdische Steingräber.

Man hat bisher allgemein angenommen, daß die Gräber der Stein= und Bronzezeit auf dem natürlichen Erdboden errichtet sind. Aus dem in den voraufgehenden Zeilen geschilderten Grabe von Nesow wird es gewiß, daß es in den ältesten Zeiten auch Gräber gab, welche unter der Erdoberfläche gebauet wurden und mit aus der Erdoberfläche hervorragenden Decksteinen belegt waren. Man bauete wohl ohne Zweifel also, um die Schwierigkeit der Emporbringung der Decksteine zu vermeiden. Durch das Grab von Nesow scheinen nun die bisherigen Ansichten erweitert werden zu müssen.

Es giebt im Lande nicht selten große Granitblöcke, welche ganz dicht über dem flachen Erdboden liegen, denselben aber nicht völlig berühren. Sie ruhen auf zwei Steinen, welche eben aus der Erde hervorragen. Da nun diese Decksteine die obern Flächen der Tragsteine nicht überall gleichmäßig berühren und nicht fest aufliegen, so lassen manche sich durch Schaukeln mit Fußtritten bewegen, wobei sie einen dumpfen Ton von sich geben, wenn sie auf andere Steinspitzen stoßen. Das Volk hat sie daher wohl "Wackelsteine oder Klingsteine", in andern Ländern auch "Wagsteine" genannt, weil es glaubte, in uralten Zeiten hätten sie die Stelle der jüngern Glocken vertreten. Ich selbst habe vor ungefähr 40 Jahren auf 2 Landgütern solche Steine gekannt, welche ich leicht bewegen konnte, wenn ich darauf stand und mit gespreizten Beinen hin und her drückte. Mitunter hat man sie auch wohl für "Opfersteine" gehalten, weil sie offenbar auf kunstmäßige Weise gelegt sind. Durch das Grab von Nesow geleitet, glaube ich nun, daß diese Wackelsteine die Decksteine von unterirdischen Gräbern sind, und daß man unter denselben immer eine Grabkiste unter der Fläche des Erdbodens finden wird. Es würde sich daher wohl der Mühe lohnen, den Raum unter solchen künstlich auf den Erdboden gelegten großen Steinen sorgfältig zu untersuchen.

Uebrigens glaube ich, daß alle Steinkisten, über oder unter der Erdoberfläche, die ältesten Gräber der Steinzeit sind. Die folgenden Zeilen werden diese Ansicht begründen helfen.


Erste Steinzeit.

Es giebt zwei Arten von Gräbern der ausgebildeten Steinzeit, deren Grabkammern von großen Felsblöcken an

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 134 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

den Seiten aufgerichtet und oben bedeckt sind und schneidende Geräthe nur aus Stein und Knochen oder Horn enthalten, also dem Inhalt nach den Pfahlbauten der Steinperiode gleich sind:

1) Steinhäuser oder Steinkisten, welche aus großen Steinen aufgeführt sind, ohne von einem künstlichen Hügelaufwurf begleitet zu sein, welche also frei auf (oder auch in) der Erdoberfläche stehen;

2) Riesenbetten, welche, auf der Erdoberfläche aufgerichtet, um die hoch mit Erde bis an die Decksteine bedeckten Steinkisten einen sehr langen, schmalen, niedrigen Erdhügel haben, dessen Rand umher von großen Steinpfeilern begrenzt ist.

Auch der Freiherr v. Bonstetten zu Eichenbühl bei Thun theilt die Steingräber in seinem Werke über die Steingräber der Erde auf gleiche Weise ein, in "Dolmens apparents" und "Dolmens couverts d'un tumulus": vgl. "Essai sur les Dolmens, par le baron A. de Bonstetten, Genève, 1865."

Es ist die Frage, welche von diesen beiden verschieden gebaueten Grabarten die ältere ist. Das Material der Geräthe, welche in beiden gefunden werden, ist gleich, nämlich Stein, kann also nicht zur Entscheidung dienen. Man könnte nun aus der Bauart schließen, wie ich selbst es oft gethan habe, daß die Steinhäuser den Riesenbetten in der Zeit voraufgehen, weil sie viel einfacher und gewöhnlich viel mehr zerstört sind, überhaupt das Ansehen eines sehr hohen Alters haben, ähnlich den Cyklopenmauern. Aber diese Ansicht kann nicht als überzeugendes Beweismittel gelten. Vielleicht geben aber die in den Gräbern gefundenen Geräthe Aufklärung über das Alter.

Die Riesenbetten werden die jüngern Gräber der Steinperiode sein. Der Pfahlbau von Wismar, welcher ohne Zweifel aus der letzten Zeit der Steinperiode stammt, hat Geräthe, welche denen der Riesenbetten ganz gleich sind und sonst nicht vorkommen, wie die Krüge und Streitäxte; vgl. Jahrb. S. 48 und S. 38.

Aber auch die Steinhäuser haben Geräthe, welche ihnen allein eigenthümlich sind und deren Gestalt und Bearbeitungsweise auf ein sehr hohes Alter schließen läßt. Ich habe das Glück gehabt, zu Alt=Sammit bei Krakow zwei große Steinhäuser aufzudecken, welche noch völlig unberührt waren und noch die ganze Bestattungsweise der Todten und die Bearbeitungsweise der Geräthe sehr deutlich sehen ließen; vgl. Jahrb. XXVI, 1861, S. 115 flgd. In diesen Gräbern

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 135 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

wurden Keile und Meißel gefunden, welche alle zum Theil nur wenig geschliffen, zum Theil gar nicht geschliffen sind (vgl. Jahrb. S. 121 und 124), während die mehr vorgeschrittene Steincultur sehr schöne und vollkommene Schleifereien zeigt. Es wurden aber auch Geräthe gefunden, welche gradezu für ein sehr hohes Alter sprechen. In jedem Grabe ward nämlich eine Lanzenspitze gefunden, welche sehr eigenthümlich und sehr selten sind und sich sonst durchaus nicht finden; die größere derselben ist hieneben abgebildet.

Lanzenpitze

Diese Lanzenspitzen sind sehr groß und ziemlich breit, 8 Zoll und 6 Zoll lang (vgl. Jahrb. XXVI. S. 122, Nr. 7, und S. 124, Nr. 12). Sie sind in der Mitte sehr dick und hoch gewölbt. Die schneidenden Seiten, welche zum größern Theile parallel laufen, sind zwar sehr regelmäßig gerichtet, aber ängstlich abgekröselt. Sie haben eine mehr grade Form; das Schaftende ist nicht zugespitzt oder zungenförmig gestaltet, wie bei besser gearbeiteten und jüngern Lanzen, sondern breit und verdünnt auslaufend zugehauen. Die beiden flachen Seiten sind sehr derbe und mit großmuscheligen Schlägen behauen. Die Arbeit ähnelt der Zubereitung der diluvianischen Feuersteinbeile von Abbeville und Amiens; jedoch haben diese herzförmige Gestalt und eine glänzende, speckartige Oberfläche. Die offenbar jüngern geschlagenen Feuersteingeräthe, wie die zahlreichen Dolche, Lanzen und Sägen, sind dagegen alle sehr dünne und kleinmuschelig behauen und zeigen eine außerordentliche Fertigkeit und Gewandtheit in der Bearbeitung des spröden und zerbrechlichen Feuersteins.

Die Lanzenspitzen von Alt=Sammit sind ohne Zweifel Zeugen eines sehr hohen Alters und können in ähnlichen Fällen bei glücklichen Funden ein Hauptbeweismittel für das Alter der Gräber liefern.

Auch in dem unterirdischen Grabe von Nesow, welches sehr alt ist, ward eine solche Lanzenspitze gefunden (vgl. oben S. 132), welche eben so gestaltet und 10 Zoll lang ist.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 136 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Die Schweriner Sammlungen besitzen außerdem noch zwei gleiche Lanzenspitzen, welche einzeln und nicht in Gräbern gefunden sind. Der Herr Lieutenant v. Rantzau zu Schwerin besitzt in seiner Sammlung auch eine Lanzenspitze, welche denen von Alt=Sammit ganz gleich und im Gebiete der Eversdorfer Forst bei Grevesmühlen gefunden ist.


zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen
Kupfer der Steinzeit.

Kupferner Keil von Kirch=Jesar,

von

G. C. F. Lisch.

Im Herbst des Jahres 1848 ward in der Nähe des Dorfes Kirch=Jesar bei Hagenow bei der Ziehung eines Grabens 4 Fuß tief in festem Moorgrunde (vielleicht einem Pfahlbau) ein metallener Keil gefunden und mit Bericht durch den verstorbenen Kammer=Commissair Wendt zu Hagenow an den hochseligen Großherzog Friedrich Franz I. zu der damals noch in Ludwigslust aufgestellten Sammlung vaterländischer Alterthümer eingesandt; später (1837) ward er im Friderico-Francisceum Tab. XXXIII. Fig. 2 (Erläut. S. 158 und 107), jedoch nicht sehr klar und scharf, abgebildet.

Der Keil hat ganz die Form der Feuersteinkeile, welche ich für Waffen halte und "Streitkeile" genannt habe, fast ganz von der hieneben abgebildeten Größe und Gestalt,

Streitkeil

dünne und in sehr guten Linien (vgl. oben S. 28).

Die Oberfläche der voll gegossenen Waffe ist rauh und uneben, ganz abweichend von dem durchweg reinlichen Guß aller Bronzegeräthe, das Ansehen ist

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 137 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

von schwärzlicher Farbe, durch welche überall ein Kupferroth durchschimmert, die Schneide ist stumpf. Der Keil ist offenbar in einer Zeit gemacht worden, welche noch in den ersten Anfängen des Metallgusses stand.

Der Keil war mir von Anfang an sehr wichtig, da er nach der Form offenbar in die Steinperiode gehört; deshalb ließ ihn auch im Frid. Franc, abbilden. Das Geräth ist das einzige aus Metall, welches in Meklenburg aus der Steinperiode bekannt geworden ist; in den Gräbern dieser Periode ist nie Metall gefunden. Ich nannte bei der ersten Veröffentlichung das Metall nur allgemein "Erz", um nicht einen Ausspruch in die Welt zu schicken, der sich hinterher nicht bewahrheiten könnte. Im Laufe der Zeit nahm mich dieser Keil häufig, ja fast ununterbrochen in Anspruch, und ich glaubte aus der Farbe und der Zähigkeit des Metalls schließen zu können, daß er von Kupfer sei. Aber alle meine erfahrnen antiquarischen Freunde zweifelten hieran, da sich bisher noch kein reines Kupfer aus der Zeit der Stein= und Bronze=Periode gefunden hat; selbst wenn die Bronze auch sehr roth ausgesehen hat, ist bei der chemischen Analyse doch immer eine Legirung mit Zinn entdeckt worden.

Endlich als in Folge der Entdeckung der Pfahlbauten die wissenschaftlichen Anforderungen sich bedeutend steigerten, entschloß ich mich den Keil anzubohren und die Bohrspäne einer wissenschaftlichen Analyse zu unterwerfen. Für Kupfer schien schon der unebene Guß der Oberfläche zu sprechen; bedeutend unterstützt ward diese Ansicht durch die stark kupferrothe Farbe. Aber als die Bohrung in meiner Gegenwart begann, war ich für meinen Theil nicht mehr zweifelhaft. Ich ließ zur Analyse ein rundes Loch in die schmale Seite einbohren, von 3/4 Zoll (2 Centimetres) Länge und 3/8 Zoll (3/4 Centimetre) Weite. Dies erforderte auf einer guten Drehbank mit einem großen Schwungrade unter den Händen eines erfahrnen Metallarbeiters eine ununterbrochene, mühselige Arbeit von einer halben Stunde. Die Bohrung ging so rasch, daß der ganze Keil bald so heiß ward, daß er wiederholt abgekühlt werden mußte. Aber die Drehspäne waren außerordentlich zähe, sie wollten nicht loslassen, verwickelten sich in der Tiefe des Bohrloches, ja verbanden sich durch die Hitze der Reibung oft wieder mit der gebohrten Lochwand. Auch der Metallarbeiter erklärte schon beim ersten Ansetzen des Bohrers das Metall für reines Kupfer. Zur Gegenprobe ließ ich durch denselben Arbeiter mit demselben Bohrer ein noch längeres Loch durch Messing treiben, welches mit Leichtigkeit in einer halben Minute fertig war.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 138 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Um nun aber ganz sicher zu gehen, sandte ich die Bohrspäne an den Herrn v. Fellenberg zu Rosenbühl bei Bern zur chemischen Analyse, welche derselbe an 2 1/2 Grammen ausführte. Das Metall besteht aus:

Kupfer 99,32 %
Silber 0,22 =
Antimon 0,17 =
Zinn 0,15 =
Eisen 0,14 =
Nickel in unwägbaren Spuren =
---------------------------
100,00 %

"Das Metall des Keils ist also reines Kupfer, und nicht Bronze. Von einer gemachten Legirung kann daher nicht die Rede sein, indem was neben dem Kupfer an fremden Metallen vorhanden ist, eben nur aus dem unreinen Kupfererze stammende Verunreinigungen sind. An eine Legirung ist gar nicht zu denken, indem doch gewiß nicht die Wenigkeit von 15/100 Proc. Zinn zum Kupfer hingesetzt worden wäre, sondern eine Menge, welche etwas genützt hätte."

Wir haben hier also wirklich reines Kupfer, vielleicht zum ersten Male aus so ferner Zeit. Man muß sich sehr hüten, reines Kupfer allein an der rothen Farbe erkennen zu wollen. Ich habe in der Schweiz mehrere Stücke gesehen, welche eine völlig kupferrothe Farbe hatten, muß aber doch daran zweifeln, daß sie aus reinem Kupfer bestanden, da der Guß sehr reinlich und glatt war. Auch v. Sacken (Der Pfahlbau am Garda=See, 1865, S. 16) hat dieselbe Erfahrung gemacht. Da manche Bronzen ein fast kupferfarbiges Ansehen hatten, so ließ er sie analysiren, fand dabei jedoch, daß die dunkelsten Stücke noch Zinn enthielten. "Eine dunklere, fast kupferfarbige Mischung enthielt bei 97 Proc. Kupfer noch 3 Proc. Zinn. Eine Sichel hatte vollständig das Ansehen und die Weiche des reinen Kupfers, erwies sich aber ebenfalls noch als eine Legirung von 99 Procent Kupfer mit 1,23 Procent Zinn." Es dürften daher viele für Kupfer angesehene und ausgegebene Geräthe noch immer Bronzen mit geringem Zinngehalt sein. Zur Entscheidung ist die chemische Analyse unerläßlich.

Ähnlich verhält es sich mit dem Metall eines kupfernen Beils" von Dänemarck, welches ebenfalls von v. Fellenberg in den "Analysen", Heft 1, Nr. 4, analysirt, leider aber nicht genau bezeichnet und beschrieben ist. Diese wie Kupfer aussehende Waffe, enthielt aber außer den geringen Meng=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 139 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

theilen begleitender Metalle und ungefähr 96 1/2 Proc. Kupfer doch noch 2 Pocent Zinn. Dieses Geräth verhielt sich im Aeußern wie der mecklenburgische Kupferkeil: "Die sehr rauhe und wie zerfressene Oberfläche war schwärzlich, mit durchschimmernder Kupferfarbe; die Bohrspäne waren rein kupferroth." Fellenberg meldet noch brieflich: "Was die Schwierigkeit des Bohrens dieses Metalls betrifft, so habe ich bei dem kupfernen Beil aus Dänemark dieselbe Erfahrung gemacht, indem ich nur mit der äußersten Mühe die Drehbank im Gange erhalten konnte; die Drehspäne verwickelten sich im Bohrloche und würgten den stählernen Bohrer entzwei, so daß die Spitze im Grunde des Bohrloches stecken blieb."

Diese Forschung über den kupfernen Keil von Kirch=Jesar ist nun für die Alterthumskunde von der allergrößten Wichtigkeit. Es ergiebt sich, daß schon in der Steinperiode, wahrscheinlich am Ende derselben, Metall eingeführt ward und zwar reines Kupfer. Würden sich viele kupferne Geräthe in Europa finden, so könnte man hier auch von einer Kupferperiode sprechen; jetzt aber muß man bei der großen Seltenheit die kupfernen Geräthe der Steinperiode zuschreiben. Wahrscheinlich wird im Laufe der Zeit die Legirung des Kupfers mit Zinn zu Bronze hier im Lande geschaffen sein.

Es erscheint nämlich sehr wahrscheinlich, daß der kupferne Keil von Kirch=Jesar nach einem Feuerstein=Modell im Lande gegossen ist. Denn er hat in der Form alle Eigenthümlichkeiten, welche so große feuersteinerne Keile, die sich im Süden nicht finden, besitzen, namentlich die grade Bahn an dem der Schneide entgegengesetzten Ende. Würde der Keil von Süden her fertig eingeführt sein, so würde er wahrscheinlich eine zugespitzte, kegelförmige Bahn und eine größere Dicke haben.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 140 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

b. Bronzezeit.


L. R. v. Fellenberg

zu Rosenbühl

Analyse antiken Goldes

aus

meklenburgischen Heidengräbern,

mit

Erläuterungen,

von

G. C. F. Lisch.

Veranlaßt durch die Analysen des verstorbenen Apothekers von Santen zu Cröpelin (in Jahrb. IX, S. 355) analysirte der Herr L. R. v. Fellenberg zu Rosenbühl für unsern Verein auch ein Stück Golddrath von einem großen Spiralringe von Röknitz und fand in demselben 0,92 Platin (vgl. Jahrb. XXIX, S. 172 flgd.) Da dieser Fund von der allergrößten Wichtigkeit für die deutsche Alterthumskunde ist, so sandte ich demselben zur Analyse noch Stücke von einigen Fingerringen aus Golddrath, welche nur aus einfachen Dräthen und an den Enden stumpf abgeschnitten waren, also ohne besondere Verletzung der Form etwas von der Länge missen konnten. Der Herr v. Fellenberg hat diese Proben analysirt und folgende Resultate gefunden.

1) Fingerring von Wittenmoor bei Neustadt aus einem Kegelgrabe, in welchem sich außer einem Fingerringe von einfachem Golddrath auch ein Fingerring aus doppeltem Golddrath fand. Vgl. Frid. Franc. Erl., S. 55.

Gold 84,25 %
Silber 14,78 =
Kupfer 0,97 =
---------------------------
100,00 %

Platin ward nicht wahrgenommen.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 141 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Ferner sandte ich dem Herrn v. Fellenberg Stücke von 2 goldenen Fingerringen aus den Kegelgräbern von Friedrichsruhe bei Crivitz, in denen sich 6 goldene Fingerringe gefunden hatten; vgl. Frid. Franc. Tab. XXIII, Fig. 1-4 und Erläuterung S. 51. Einen von diesen Fingerringen hatte schon v. Santen analysirt und 81,2 Gold und 18,2 Silber darin gefunden.

Fingerring

Herr v. Fellenberg unterwarf diese Ringe einer scharfen Analyse, wozu ich ihm einige kleine Stücke gesandt hatte, und fand folgende Resultate.

2) Fingerring von Friedrichsruhe, Frid. Franc. Erl. S. 51, Ring Nr. 1, und Taf. XXIII, Fig. 1:

Gold 86,92 %
Silber 11,65 =
Kupfer 1,43 =
Von Platin nur Spuren
---------------------------
100,00 %

3) Fingerring von Friedrichsruhe, Frid. Franc. Erl. S. 51, Ring Nr. 2, und Taf. XXIII, Fig. 2:

Gold 85,27 %
Silber 13,37 =
Kupfer 1,36 =
Von Platin unbestimmbare, aber deutliche Spuren
---------------------------
100,00 %

Da nun die beiden Fingerringe von Friedrichsruhe Anzeichen von Platin boten, die Massen zu einer vollständigen Analyse aber nicht groß genug gewesen waren, so sandte ich dem Herrn v. Fellenberg von dem

Fingerringe von Friedrichsruhe, welcher hier unter Nr. 3 aufgeführt ist, ein größeres Stück (über 1 Gramme) zu nochmaligen Analyse. Und diese hat denn das folgende überraschende Resultat gegeben:

Gold 85,15 %
Silber 13,67 =
Platin 9,43 =
Kupfer 0,75 =
---------------------------
100,00 %

Diese Analyse stimmt mit der ersten Analyse desselben Ringes sehr nahe überein. Das Hauptresultat ist aber, daß sich fast 1/2 Proc. Platin darin gefunden hat, "und zwar als Metall, und nicht in einer Salzverbindung, deren Zusammensetzung nie absolt genau gekannt sein kann."

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 142 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Es ist also jetzt sicher erwiesen, daß in dem Golde der meklenburgischen Kegelgräber der Bronzezeit Platin enthalten ist.


zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Goldener Eidring von Wohlenhagen

und

heidnische Kegelgräber daselbst,

von

G. C. F. Lisch.

In der Mitte vor der in den neuesten Zeiten viel besprochenen "Wohlenberger Wiek" bei Wismar erstreckt sich im Süden derselben an dem Ufer der Ostsee eine ziemlich weite Ebene, ungefähr eine Viertelmeile weit, welche im Süden zu weit ausgedehnten Höhen ansteigt. Am Fuße dieser Höhen liegt das Dorf Wohlenhagen, mit einer schönen Aussicht über die Senkung und die Wiek und das Meer. An einer der schönsten Stellen hat sich der Herr Erbpächter Stein seinen so eben vollendeten Erbpachthof ausgebauet. Dicht hinter diesem Hofe steigt man auf die rasch sich erhebende Höhe hinan, welche grade hier sich am höchsten erhebt. Auf dem höchsten Puncte steht eine hohe kegelförmige Erhöhung, welche, gewiß seit uralter Zeit, mit ihren Umgebungen dicht mit Waldbäumen und Buschholz bewachsen ist und zu dem Garten des neuen Erbpachthofes gezogen werden soll. Die Spitze dieser Erhöhung beherrscht nicht allein das Meer, sondern auch weit umher das Land, und ist daher auch von der Landesvermessungsbehörde zur Errichtung eines Signals benutzt. Diese Erhöhung ist sichtlich von Menschenhänden aufgetragen, vollständig kegelförmig gebildet und unten am Rande durch einen Kreis ziemlich großer Feldsteine bezeichnet, welche mit der Oberfläche nicht viel über die Oberfläche des Bodens hervorragen; die meisten derselben sind in neuern Zeiten ausgebrochen. Die Erhöhung hat an der Grundfläche ungefähr 60 Fuß im Durchmesser. Die Spitze ist schon in alter Zeit abgetragen und geebnet; die Höhe des Berges beträgt jetzt ungefähr 12 Fuß von dem Steinringe an. Der Berg gleicht denen, welche in einiger Entfernung von der Stadt Wismar vor dem Lübischen Thore liegen und weithin

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 143 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

sichtbar sind. Die Bestimmung dieser künstlichen Erhebung ist jetzt schwer zu ermessen. Man könnte annehmen, sie sei ein "Berchfrit" oder eine Warte, und habe früher einen Wartthurm getragen; dies ist nicht ganz unwahrscheinlich, da sie in der Nähe der früher so wichtigen Straße zwischen Wismar und Lübek das Land und Meer weithin beherrscht; vielleicht ist sie erst im christlichen Mittelalter dazu umgeschaffen, aber nicht ursprünglich dazu aufgeworfen. Ich glaube vielmehr, daß die Erhöhung ursprünglich ein ungewöhnlich großes Kegelgrab der Bronzezeit und im Mittelalter auf der Spitze geebnet ist. Der Steinring umher kann nur zur Bezeichnung, nicht zur Befestigung gedient haben, da er nicht hoch und stark genug dazu ist.

In einiger Entfernung davon auf dem Acker des Herrn Erbpächters Stein hat ein Hünengrab aus der Steinzeit gestanden, welches vor mehrern Jahren völlig abgetragen ist. Nach der umständlichen Beschreibung der zuverlässigen Arbeiter hat das Grab eine große Steinkiste über der Erde gebildet, welche mit zwei großen Steinen zugedeckt war. Gefunden ward nichts in diesem Grabe. Daß diese Angabe richtig ist, beweisen noch einige Knochenstücke und besonders die vielen dünne gespaltenen rothen Platten von jungem Sandstein, welche genau auf der nachgewiesenen Stelle des Grabes noch in dem Acker lagen und sonst weit umher nicht gefunden werden; mit solchen rothen Sandsteinplatten pflegen die Gräber der Steinperiode inwendig regelmäßig ausgesetzt und ausgezwickt zu sein.

In einer Entfernung von 30 Fuß von diesem Steingrabe lag auf der Oberfläche ein großer Granitblock, welcher ungefähr 5 Fuß lang, breit und dick war und kein Grab unter sich deckte. Als dieser vor mehrern Jahren zu Bauten benutzt und weggebracht werden sollte und ein wenig von dem Acker in die Höhe gehoben war, erblickte der Arbeiter unter demselben etwas "Blankes" in der Gestalt eines zusammengebogenen, großen Ringes und nahm es zu sich. Da niemand den Ring annehmen wollte und dessen Werth erkannte, auch dem Arbeiter wiederholt nur wenige Schillinge dafür geboten wurden, so bewahrte er den Ring Jahre lang ohne besondere Vorsicht in seiner Wohnung auf, indem auch er von dem Werthe keine Ahnung hatte. Als er in den neuesten Zeiten, wahrscheinlich in Veranlassung der Entdeckung des Pfahlbaues in dem nahen Dorfe Gägelow hörte, daß "in Schwerin dergleichen Altes angenommen und gesammelt" werde, brachte er Ostern 1864 den Ring zu seinem Geistlichen, dem Herrn Pastor Strecker

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 144 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

zu Hohenkirchen, nachdem ihm kurz zuvor in Wismar wiederholt hundert Thaler dafür geboten waren. Der Herr Pastor Strecker erkannte ebenfalls sogleich den Werth des Ringes und sandte mir denselben zur Begutachtung. Nachdem sowohl der Herr Gutsbesitzer Diestel auf Leezen, Großenhof und Wohlenhagen, als auch der Herr Erbpächter Stein zu Wohlenhagen ihren etwanigen Ansprüchen zu Gunsten des Finders entsagt hatten, geruheten Sr. Königl. Hoheit der Großherzog dem Finder den vollen Werth auszahlen und den Ring der großherzoglichen Sammlung einverleiben zu lassen.

Der Ring ist von reinem Golde, wie es gewöhnlich die Natur giebt, von Natur ein wenig silberhaltig, ursprünglich von ovaler Gestalt, geöffnet, in der Mitte dicker als an den beiden Enden, welche am Ende mit dünnen, abwechselnd glatten und schraffirten Bändern verziert sind; an den beiden dünne auslaufenden Enden sitzen zwei hohle Halbkugeln, wahrscheinlich zum Festhalten eines heiligen Steins. Der Ring gleicht also ganz den bisher gefundenen goldenen sogenannten Eidringen, namentlich dem goldenen Eidringe von Woosten, welcher in Jahrb. XVI, S. 268 flgd. beschrieben und ausführlich zur Untersuchung gezogen ist. Der Ring von Wohlenhagen ist 8 5/8 Loth schwer, während der Ring von Woosten nur 5 1/4 Loth wog. Als der Ring gefunden ward, war er gewaltsam eng zusammengebogen, so daß die beiden Enden, so weit sie verziert sind, über einander weg ragten. Da keine Spur von einem Begräbnisse vorhanden war, so ist der Ring wohl zu einer Zeit der Gefahr unter dem Steine, als einem Merksteine, verborgen worden.

Die dänischen Forscher stellen diese massiven Goldringe, von denen einer in Worsaae Afbildninger fra det Kongelige Museum i Kjöbenhavn, Zweite Auflage, Taf. 85, Fig. 367, (Erste Aufl. Taf. 72, Fig. 289) abgebildet ist, in das erste Eisenalter. Diese Annahme mag ihre Richtigkeit haben, da diese Ringe nie die eigenthümlichen Verzierungen der Bronzezeit tragen, obgleich dabei zu bedenken ist, daß Gold in der Eisenzeit sehr selten vorkommt.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 145 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Kegelgräber von Vorbeck,

von

G. C. F. Lisch.


Kegelgrab Nr. 1.

An der östlichen Seite des großen Schweriner Sees liegt das Gut Vorbeck, dessen Hof und Garten an den obern Lauf des Warnow=Flusses stößt. Dem herrschaftlichen Wohnhause seitwärts gegenüber fällt ein hoher, mit der Warnow parallel laufender Höhenzug ziemlich schroff in das Warnow=Thal und nach dem in diesem liegenden herrschaftlichen Garten ab, von welchem man die Aussicht auf diese Höhe hat. Der Besitzer des Gutes Herr Ueckermann hat bei Bepflanzung dieses hohen Abfalles (einer Art Vorgebirge) auf der Höhe in sandigem Boden häufig viele zerbrochene Urnen gefunden, die auf ein großes Grabfeld schließen lassen, welches sich hinter und vor den jetzigen Tagelöhnerwohnungen weit hin erstreckt. Bei der Bepflanzung der höchsten Spitze dieser Erhebung (hinter den Tagelöhnerwohnungen) mit Bäumen fand Herr Ueckermann ein niedriges, aber ausgedehntes Kegelgrab, welches derselbe mit seinen drei Söhnen sorgfältig aufdecken ließ; es konnten daher ganz genaue und sichere Nachrichten gewonnen werden. Das Grab war nur niedrig, aber weit, und hatte einen Durchmesser von ungefähr 25 Fuß. Der Kern des Grabes bestand aus kopfgroßen Feldsteinen (Findlingen), welche in etwa drei Schichten über einander lagen und ungefähr 5 bis 6 vierspännige Fuder bildeten. Die Oberfläche bestand aus Sand und war nach allen Seiten hin so abgerundet und an den Rändern abgeflacht, daß das Grab sich nur unmerklich über den umherliegenden Boden zu erheben schien. In der Mitte war unter den Steinen eine muldenförmige Vertiefung oder Höhlung, welche von Steinen eingefaßt und mit einer Mischung aus Lehm, Sand und Kalk ausgesetzt war, welche bei der Aufgrabung der Höhlung große Weiche besaß, aber an der Luft bald eine ungewöhnliche Härte annahm. Die Mulde war mit einem Deckstein von ungefähr 2 Fuß im Quadrat zugedeckt, und dann mit den erwähnten kleinen Steinen überschüttet.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 146 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

In dieser Mulde fanden sich nun nicht allein zerbrannte Knochen und Urnenscherben, sondern auch folgende Alterthümer aus Bronze, theilweise mit edlem Rost:

1 Heftel mit zwei Spiralplatten, wie solche Hefteln der reinen Bronzeperiode eigenthümlich sind, von der Größe und Gestalt der hier abgebildeten, jedoch ohne Verzierungen auf dem Bügel und von etwas geringerer Große in den Spiralen;

Heftel

1 Schmucknadel mit rundem Knopf, 6 Zoll lang;

1 Messer, sichelförmig gebogen (keine Sichel), aber schmal und lang, in der Klinge 6 Zoll lang, mit einem Nietloch in dem kurzen Griffheft;

4 Schmuckdose, ungefähr von der Größe der hier unten abgebildeten Dose, und auf der Unterseite ungefähr

Dose

wie die in Worsaae Afbildinger, zweite Auflage, Taf. 62, Nr. 283b, verziert, und eben so gestaltet und verziert, wie die hölzernen Dosen in den Eichensärgen in den Grabhügeln Dragshöi und Treenhöi; vgl. die Abbildungen in Worsaae Slesvigs Oldtidsminder, 1865, S. 33, und Madsen Afbildninger. Auch einige andere Bronzen in diesen Grabhügeln sind denen von Vorbeck gleich. Diese Dose von Vorbeck ist jedoch

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 147 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

dadurch abweichend, daß sie ohne alle Ausbauchung und ohne Deckel ist; auch hat die Dose nur ein Oehr, welches auch nicht auf der Oberkante, sondern auf der Seitenfläche des Randes steht; es ist wohl die Meinung ausgesprochen, daß dieses Geräth ein Schildbuckel sein könne, es ist jedoch dazu zu klein, hat zu wenig Aehnlichkeit damit und ist auch nicht zum Befestigen eingerichtet; dagegen fanden sich in der Schale noch Reste eines bräunlichen Harzes, welches beim Verbrennen in heller Flamme einen brenzelichen, ziemlich angenehmen Geruch hatte.

8 kleine Niete mit einem Doppelknopf, jeder im Ganzen 1 Zoll lang, und zart und dünne; auch diese Niete werden wegen ihrer Zierlichkeit nicht von einem Schilde stammen und der Schmuckdose nicht das Wort reden; wozu sie aber gebraucht sind, ist nicht zu ermitteln (vgl. unten Grab Nr. 2).

Alle diese Geräthe scheinen weibliche zu sein. Da nun die folgenden Geräthe mehr derberer Natur sind und zum männlichen Gebrauche bestimmt gewesen zu scheinen, so läßt sich annehmen, daß in diesem Hügel zwei Leichen beigesetzt gewesen sind.

Es ward außerdem in diesem Grabe noch gefunden:

1 Framea (Celt) mit Schaftloch und Oehr, von der hieneben abgebildeten Gestalt,

Framea (Celt)

jedoch um ein Drittheil größer und mehr mit Reifen verziert. Nach der Versicherung der Herren Ueckermann hat in dem Schaftloche ein hölzener Schaft gesteckt, welcher aber zerfallen und verloren gegangen ist; die Länge desselben läßt sich leider auch nicht mehr angeben.

Von besonderer Wichtigkeit ist aber

ein Meißel ("Stemmeisen") mit Hirschhorngriff, welcher neben der Framea gefunden ward. Das Ganze ist 9 1/2 Zoll

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 148 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Meißel

lang. Der Griff ist 4 3/4 Zoll lang und der Bronzemeißel ragt ebenfalls 4 3/4 Zoll aus dem Griffe hervor. Der bronzene Meißel ist ganz viereckig, an jeder Seite 3/8 Zoll breit und an der Spitze zu einer scharfen Schneide geschliffen. Das Loch zum Einlassen in den Griff ist 1 1/2 Zoll tief, und um so viel länger ist auch der bronzene Meißel, als er hervorragt, dieser also im Ganzen 6 1/4 Zoll lang. Der Griff ist von Hirschhorn mit natürlicher Oberfläche. Das Loch ist sehr gut und regelmäßig, vielleicht mit dem bronzenen Meißel, eingestemmt und inwendig von Bronze=Oxyd grünlich gefärbt. Beim Herausheben ist ein Stück von dem Meißel ausgebrochen, so weit als der Meißel in das Loch hineingeht, jedoch ist das Bruchstück noch vorhanden; dieser Bruch ist hier mit abgebildet, um die Einfassung des Meißels erkennen zu können. Das Wichtige bei diesem Funde ist, daß wir hier einmal ein vollständiges Arbeitsgeräth der Bronzeperiode und, wenn ich nicht irre, zum ersten Male einen Griff eines Bronzegeräthes aus einem Grabe haben. So viel mir bekannt ist, ist bisher noch kein wohlerhaltener Griff oder Schaft aus Horn, Knochen oder Holz aus einem Grabe der reinen Bronzeperiode bekannt geworden und erhalten. Auch haben wir hier einmal einen Handwerker= Meißel , welcher zum indirecten Beweise dienen kann, daß die dabei gefundene Framea (Celt) nicht als Meißel gebraucht ist.

In oder neben dem Grabe, wahrscheinlich in demselben, sind zwei Urnen gefunden, ganz von dem Charakter der Urnen der Bronzeperiode. Sie habe dünne Wandungen, dunkelbraune Färbung und einen Henkel. Sie haben ungefähr die Gestalt der neben stehenden Abbildung gehabt.

Urne

Leider sind beide zerbrochen; jedoch ist von der einen noch die obere Hälfte zusammengefunden, welche einen Durchmesser von ungefähr 6 Zoll in der Oeffnung hat.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 149 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Kegelgrab Nr. 2.

In einiger Entfernung von dem ersten Grabe, auf dem Ackerfelde vor den Tagelöhnerwohnungen fand sich ein zweites Grab, welches in jeder Hinsicht dem ersten gleich, jedoch viel kleiner war. Auch hier fand sich unter Feldsteinen eine Mulde, welche mit derselben kalkhaltigen Masse ausgeschmiert war, und in derselben lagen zerbrannte Knochen und Urnenscherben. Die Ausbeute an bronzenen Alterthümern war auch viel geringer.

Es fand sich ein Doppelknopf, ganz von der Größe und Gestalt der beistehenden Abbildung, nur sehr gerostet und verbogen. Die obere lange Spitze ist zum Theil abgebrochen und nur noch in einem Ende von 1/2 Zoll Länge vorhanden. Die Bestimmung dieses Geräthes ist noch immer zweifelhaft. Die in dem ersten Grabe gefundenen Niete haben genau dieselbe Gestalt, sind aber außerordentlich viel kleiner und schwächlicher, und der Drath ist am untern Ende wirklich vernietet.

Doppelknopf

Das hier abgebildete Geräth ist unten aber nicht vernietet, sondern die untere Scheibe ist mit dem Ganzen zusammen gegossen.

Ferner fand sich in vielen Bruchstücken zu einer Windung von 3/16 Zoll Durchmesser aufgerollter Bronzedrath, im Ganzen gegen 6 Zoll lang, ebenfalls von unbekannter Bestimmung, vielleicht Schmuck.

Endlich fanden sich 3 Geräthe von beistehender Abbildung,

hohler Kegel mit Oehr

kleine, hohle Kegel mit Oehren, vielleicht Ohrringbommeln oder Halsbandbommeln. Der eine derselben ist noch ganz mit demselben brenzelichen Harze gefüllt, von welchem sich in der oben beschriebenen Schmuckdose Spuren fanden, vielleicht zum Festhalten einer Perle oder dergleichen; in einem andern sitzt noch eine weiße, feine, kalkartige Masse.

Herr Ueckermann hat, unter aufopfernder Vermittelung des Herrn Präpositus Schencke zu Pinnow, alle diese Altertümer dem Verein für meklenburgische Geschichte und Alterthumskunde zu schenken und Nachforschungen an Ort und Stelle durch den Unterzeichneten zu befördern die große Güte gehabt.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 150 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Verzierter Kittüberzug

auf Schmuck der Bronzezeit,

von

G. C. F. Lisch.

In den Jahrb. XXVI, S. 146 und 148, und XXVII, S. 176, ist wiederholt die merkwürdige Entdeckung besprochen, daß die Lücken der hohl und durchbrochen oder mit vertieften Verzierungen gegossenen Griffe der bronzenen Schwerter und Dolche der alten Bronzezeit mit einem festen, wahrscheinlich buntfarbigen Kitt ausgefüllt, oder, wie wir uns auszudrücken beliebt haben, "emaillirt" gewesen sind. Diese Ausfüllung war bis dahin ganz unbekannt gewesen; man hielt die Füllung der Lücken für feine Torf= und Moderreste aus den Lagern, in denen die Alterthümer gefunden waren, und entfernte sie nicht selten bei der Reinigung: aber sehr genaue Untersuchungen haben die buntfarbige Auslegung der Verzierungen mit größter Sicherheit erkennen lassen.

Aehnlich verhält es sich mit Verzierungen, welche in neuerer Zeit an bronzenen Schmucksachen der Bronzezeit entdeckt sind. Im Jahre 1859 ward zu Reinshagen, im Amte Doberan, ein sehr schön gearbeiteter, dicker, tief gefurchter, gewundener Kopfring tief im Moder gefunden; leider war er in der Mitte gewaltsam zerbrochen, konnte aber durch Löthung wieder zusammengebracht werden. Als der Ring einige Zeit nach der Auffindung an die großherzogliche Alterthümersammlung eingeliefert ward, war er überall scheinbar mit einer gleichmäßigen, ziemlich dicken braunen Torfschicht bedeckt, welche aber sowohl während des Transports, als auch bei der Löthung zum größten Theil abgefallen und verloren gegangen ist. Aber - dieser Ueberzug war kein Torf, sondern eine künstliche Kittbekleidung! An den massiven Enden und Schließhaken war der Ueberzug haften geblieben. Diese Enden sind mit vertieften Längsfurchen verziert, welche von feinen eingegrabenen Schrägestrichen zur Verzierung begleitet werden. Ich hatte diese Verzierung allerdings schon bei der Einsendung bemerkt; aber ich glaubte, die Linien seien in die Bronze gravirt und der feine Torfniederschlag habe sich so gleich=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 151 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

mäßig und fest darüber gelegt, daß die ganze Oberfläche der Bronze mit allen Vertiefungen in dem Ueberzuge wiedergegeben sei, ähnlich wie der edle Rost alle Feinheiten der Verzierungen erhält und wiedergiebt. Als sich aber in den neuesten Zeiten einige verzierte Stellen des Ueberzuges an den Schließhaken ablöteten, bemerkten wir zu unserer großen Ueberraschung, daß die Bronze unter dem Ueberzeuge ganz eben und roh war und keine Spur von irgend einer gravirten Verzierung sehen ließ. Der Ueberzug zeigte sich vielmehr als eine gleichmäßig aufgetragene, geebnete, künstliche Masse, in welche allein die Verzierungen eingravirt waren. - Auf einem ganz ähnlichen Ringe ohne Ueberzug sind die Längsfurchen in dem Metall vertieft gebildet, jedoch keine Schrägestriche vorhanden.

Diese Entdeckung an diesem Ringe machte im Sommer 1864 Fräulein A. Buchheim, Custodin der großherzoglichen Alterthümer=Sammlungen.

Ob auch der Ueberzug der Windungen des Kopfringes mit Gravirungen verziert gewesen ist und welche Farben der Ueberzug gehabt hat, läßt sich nicht mehr erkennen, da die größte Masse des Ueberzuges leider verloren gegangen ist. Aber die Sache leidet keinen Zweifel und giebt die warnende Lehre, daß man nicht zu voreilig und zu gründlich die "Reinigung" der Alterthümer vornehmen muß.

Im Sept. 1864 theilte ich auf der Versammlung der deutschen Geschichtsvereine zu Constanz diese Entdeckung mit, indem ich die Warnung vor voreiliger Reinigung daran knüpfte. Schon am 4. Nov. 1864 schrieb mir der Herr Professor Christ zu München, welcher in Constanz gegenwärtig war, daß sich diese Art der Verzierung auch an einem bronzenen Schwerte gefunden habe, welches aus dem Nachlasse des hochseligen Königs von Baiern stammt; der Griff dieses Schwertes ist mit einem an einzelnen Stellen noch erhaltenen Kitt überzogen, in welchen strichartige Ornamente eingetragen sind.

Im Anfange des J. 1865 fand ich, daß diese Auslegung vertiefter Ornamente mit Kitt schon früher beobachtet ward. Eine große bronzene Hängeurne, nach den Verzierungen noch der Bronzezeit angehörend, in der Sammlung der Universität zu Breslau, hat ebenfalls ausgelegte Ornamente. Büsching in seinen "Alterthümern der Stadt Görlitz", 1825, S. 14, sagt: "Die Zierrathen sind mit einer schwarzen, wie es scheint, Pechmasse ausgefüllt und werden dadurch noch mehr hervorgehoben." L. Giesebrecht benutzt die Beschreibung dieser Urne

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 152 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

zu einer archäologischen Untersuchung in den Baltischen Studien, XII. S. 31, 1846, indem er auch die obige Stelle mittheilt, und giebt eine Abbildung dieses Bronzegefäßes. Auf Bitte der pommerschen Gesellschaft hat der Vorstand der Breslauer Alterthümer den Kitt durch den Professor Dr. Duflos chemisch analysiren lassen, und dieser sagt: "Die Ausfüllungsmasse ist ein Gemisch aus Kupferasche (Kupferoxyd) und wohlriechendem Harze, welches höchstwahrscheinlich trocken in die Zwischenräume eingerieben und dann durch Erwärmen erweicht und homogen gemacht worden." Diese Analyse ist mitgetheilt in den Baltischen Studien a. a. O., S. 146.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 153 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

c. Eisenzeit.


Wendenkirchhöfe

und

der Begräbnißplatz aus der Eisenzeit
von Camin,

von

G. C. F. Lisch.

Im J. 1837 deckte ich zu Camin bei Wittenburg einen großen Begräbnißplatz aus der Eisenzeit auf, welcher im Jahresber. II, S. 53 flgd. als "Wendenkirchhof von Camin" ausführlich beschrieben ist. Diese Aufgrabung war die erste bedeutendere aus der Eisenzeit, welche in Meklenburg, und vielleicht in noch weiterm Kreise, nach wissenschaftlichen Rücksichten veranstaltet ward. Die hier gefundenen zahlreichen Alterthümer sind vorherrschend aus Eisen, viele aber noch aus leicht gerosteter Bronze. Die weit geöffneten, schalenförmigen Urnen sind aber jene kohlschwarzen, mit mäanderähnlichen Punctlinien verzierten Grabgefäße, welche ich in Jahrb. XXVI, S. 161 der ältern Periode der Eisenzeit, also wohl noch der vorwendischen Zeit, zuschreiben zu müssen geglaubt habe. Ich habe in dem Jahresber. II. S. 53 flgd. diesen Begräbnißplatz nach den darin gefundenen eisernen Alterthümern einen "Wendenkirchhof" genannt. Eine neuere Entdeckung und Untersuchung wird aber die Bedeutung des Begräbnißplatzes in ein helleres Licht stellen.

In dem Kirchen=Visitations=Protocolle der Kirche und Pfarre zu Camin vom J. 1652 heißt es:

"Die Pfarre hat:

Acker, wie folgt:

1) ein stücke aufm wendischen Kirchhofe zwene Scheffel Einfall;
2) eben so 2 Scheffel;
3) eben so 2 Scheffel;"

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 154 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Es mußte nun von großer Wichtigkeit sein, diesen "wendischen Kirchhof" nachzuweisen. Ich wandte mich deshalb an den Herrn Pastor Clodius zu Camin, welcher auch willkommene Aufklärung hat geben können.

Der von mir im J. 1837 aufgegrabene Begräbnißplatz, dessen Aufdeckung noch bekannt ist und hin und wieder noch Alterthümer liefert, ist ein Sandhügel an einem Bache, seitwärts von dem Dorfe und der Kirche, rechts in dem Kniee des Weges von Camin nach Kogel, dort wo der Weg nach Vitow abgeht. Diese Stelle ist nun nicht der im J. 1652 beschriebene wendische Kirchhof, sondern wird von den Einwohnern die "Sandkoppel" genannt. Die Pfarre hat auf dieser Koppel nie Acker besessen.

Der "wendische Kirchhof", auf welchem nach dem Visitations=Protocolle von 1652 die Pfarre noch Acker besaß, ist dagegen eine ziemlich ebene, trockene Ackerfläche hinter dem Pfarrgehöft, links vom Boizenburger Wege, mehrere tausend Schritte von dem alten, aufgedeckten Begräbnißplatze entfernt und durch den Bach, durch Acker und durch den Boizenburger Weg davon getrennt. Hier hat die Pfarre noch jetzt Ackerstücke, welche noch in dem Erbpachtcontracte von 1771 als auf dem "wendischen Kirchhofe" liegend bezeichnet werden. Aus der Aufzählung der verschiedenen Ackerstücke in dem Protocolle von 1652 geht hervor, daß unter dem wendischen Kirchhofe nur diese Stelle verstanden werden kann. - Es kommt hier wieder dasselbe Verhältniß zum Vorschein, wie das in Jahrb. XXV, S. 248, angeführte Beispiel von Walkendorf, wo der wendische Kirchhof ebenfalls der Pfarre zugetheilt erscheint.

Aus diesen Verhältnissen geht nun sicher hervor, daß der im J. 1837 aufgedeckte Begräbnißplatz nicht mehr als wendischer Kirchhof in die Zeit der christlichen Geschichte Meklenburgs eingetreten ist, also einer früheren Zeit angehören muß, da jede Ueberlieferung über die Bedeutung des Platzes fehlte, dagegen die Stelle bei der Pfarre viele Jahrhunderte hindurch, ohne Zweifel seit der Gründung der Pfarre in den ersten Zeiten des Christenthums, bis auf die neuesten Zeiten den Namen des wendischen Kirchhofes beibehielt.

Es scheint also auch aus diesem Beispielen hervorzugehen, daß die Begräbnißplätze aus der Eisenzeit mit den schwarzen Urnen mit den Mäanderverzierungen, welche sich oft auch ferne von den jetzigen, früher wendischen Dörfern finden, einer frühern Zeit als der letzten wendischen Zeit angehören, während die noch heute so genannten Wendenkirchhöfe in der Regel

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 155 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

nahe bei dem Pfarren und Kirchen der Dörfer, welche noch heute wendische Namen tragen, zu liegen pflegen.


zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Begräbnißplatz (Wendenkirchhof) im Sachsenwalde ,

von

G. C. F. Lisch.

In dem 24. Bericht der Schl.=Holst.=Lauenb. Gesellschaft, Kiel, 1864, S. 23 flgd., hat Justus Brinckmann, einen Begräbnißplatz im Sachsenwalde, zwischen den Dörfern Rothenbeck und Witzhawe, am Rande des Bille=Ufers in einer Haide, beschrieben, welchen er aufgedeckt hat, und hat der Beschreibung eine sehr willkommene, wertvolle Abbildung der vorzüglichsten Urnen beigegeben. Die Urnen standen in einem großen Hügel von Steinen und sandiger Erde, welcher eine natürliche Grundlage zu haben und nicht künstlich aufgetragen zu sein scheint, wenn auch viele Steine zum Schutz der Urnen herbeigeführt sein werden. Der Begräbnißplatz scheint ganz von Urnenfeldern der Eisenzeit zu entsprechen, welche in Meklenburg häufig vorkommen. Ich habe früher diese Urnenfelder Wendenkirchhöfe genannt, weil sie vom Volke häufig so genannt werden und nach alten Acten immer so genannt sind, grade wie ich z. B. den Ausdruck Riesenbetten dem Munde des Volkes und den Urkunden entnommen habe. Im Fortschritt der Forschung ist es mir gelungen, in diesen Urnenfeldern eine erste und zweite Eisenzeit zu unterscheiden, wie auch die dänischen Forscher in neuern Zeiten eingetheilt haben, wenn auch die Alterthümer hier und dort verschieden sind. Die zweite Eisenzeit gehört in Meklenburg ohne Zweifel dem Wendenvolke an, da sie erweislich bis in die erste christliche Zeit hineinreicht und führt daher, trotz mancher Widersprüche, im nordöstlichen Meklenburg mit Recht den noch gebräuchlichen Namen der Wendenkirchhöfe. Die erste Eisenzeit ist aber der wendischen Eisenzeit voraufgegangen, da sie in Meklenburg in Begleitung römischer Alterthümer aus dem 2. Jahrhundert nach Christi Geburt erscheint und mit den in den neuesten Zeiten entdeckten eisernen Alterthümern in der Schweiz und Frankreich, welche in das 1. Jahrh. nach Christi Geburt fallen, gleich und ungefähr gleichzeitig ist.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 156 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Diese erste Eisenzeit in den baltischen Ländern Deutschlands wird ganz bestimmt ausgeprägt durch die Gestalt, Verzierung und Form der Urnen, welche sich sonst nirgends und nie finden, als bisher in geringen Spuren in Italien. Die Urnen sind nämlich große, weitgeöffnete Schalen von gefälliger Form, von dunkelschwarzer Farbe und mit mäanderähnlichen oder hammerförmigen Verzierungen, welche durch Linien aus kleinen viereckigen Puncten gebildet sind. Der Inhalt der Urnen besteht in zerbrannten Knochen und Alterthümern, vorherrschend aus Eisen, auch von wenig gerosteter Bronze, Silber und Glas.

Der von Herrn Brinckmann entdeckte Begräbnißplatz gleicht nun in den Geräthen ganz vollkommen der ersten Eisenperiode in Meklenburg, wie sie in den Begräbnißplätzen von Kothendorf und Gägelow, und später in denen von Camin, Börzow, Wotenitz u. a. ohne Abweichung ans Licht getreten ist; die Urnen sind selbst in den geringsten Kleinigkeiten und in den Seltenheiten überraschend gleich. Herr Brinckmann hat daher vollkommen recht, den Begräbnißplatz im Sachsenwalde den meklenburgischen anzureihen. Es ist dadurch die Zone dieser Begräbnißplätze von Osten her bis gegen die Elbe vorgerückt; daß sie sich südlich bis in die Altmark erstrecke, war schon aus Danneil's Ausgrabungen nachgewiesen.

Wenn Professor Weinhold a. a. O., S. 23, Note, annimmt, daß der von Herrn Brinckmann aufgegrabene Begräbnißplatz ein "Urnenhügel" (der Bronzezeit, nach der von ihm S. 14 aufgeführten Eintheilung) gewesen sei, und darnach den Titel des Aufsatzes ändert, so kann ich ihm nicht beipflichten, da diese scharf gezeichneten Urnen nie in aufgeworfenen Hügelgräbern (tumulis) vorkommen. Mir scheint die Beschreibung, Benennung und Zeichnung Brinckmanns ganz richtig und klar zu sein.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 157 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

d. Alterthümer anderer europäischer Völker.


Alterthümer

aus

dem Diluvium

und

der Steinperiode der Picardie

vom

Herrn Boucher de Perthes zu Abbeville.

Bericht

von

G. C. F. Lisch.

Allgemein bekannt geworden ist seit einigen Jahren die Entdeckung der merkwürdigen Ueberreste aus den ältesten Zeiten des Lebens auf der Erde: sie hat die allgemeine Aufmerksamkeit und Besprechung aller Gebildeten in allen Welttheilen hervorgerufen und wird ohne Zweifel einen unermeßlichen Einfluß auf die Wissenschaft ausüben. Die hierüber erschienenen Schriften sind schon sehr zahlreich: der Kürze wegen will ich nur auf die berühmten Forschungen des englische Geologen Lyell 1 ) verweisen, welche uns auch in deutscher Uebersetzung zugänglich gemacht und in Deutschland schon viel verbreitet sind; sie enthalten einen wissenschaftlich geordneten Ueberblick über alle wichtigen geologischen und antiquarischen Entdeckungen der neuern Zeit.


1) Das Alter des Menschengeschlechts auf der Erde. Nach dem Englischen des Sir Charles Lyell, von Dr. Louis Büchner. Autorisirte deutsche Uebertragung nach der dritten Auflage des Originals. Leipzig, 1864. 2 1/2 Thlr. (In dieser Auflage sind auch schon die meklenburgischen Pfahlbauten, S. 20 und 461, berücksichtigt).
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 158 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Der Entdecker der mit Recht angestaunten Dinge in der Picardie ist Herr Boucher de Perthes zu Abbeville, ein eben so edler und großartig aufopfernder, als gelehrter und thätiger Mann, welcher schon seit dem J. 1839, also ungefähr seit gleicher Zeit mit den nordischen und norddeutschen Forschern in der Alterthumskunde, unermüdlich an der Entdeckung und Feststellung der bisher unerhörten Erscheinungen gearbeitet hat. Er ist nicht ermüdet, bis in den letzten Jahren die berühmtesten Forscher, namentlich Lyell, seine Arbeiten und Ansichten unzweifelhaft sicher gestellt haben. Herr Boucher de Perthes hat nicht allein in den Alterthümern der Steinperiode über der Erde und in den Torfmooren, welche die Franzosen "celtische Alterthümer" nennen, geforscht, sondern ist auch in ungewöhnliche Tiefen hinabgestiegen und hat hier die Zeugnisse eines noch viel ältern Daseins des Menschengeschlechts auf der Erde gefunden. Das Ergebniß ist in Kurzem, daß sich, gewöhnlich in bedeutender Tiefe, ungefähr im Meeresspiegel, in den ungestörten Lagern des unzweifelhaften, alten Diluviums, unter den Knochen ausgestorbener Diluvial=Thiere, des Mammuths und des Rhinoceros, des Höhlenbären und der Höhlenhyäne, des Rennthiers, des Riesenhirsches, des Urstiers und anderer, zahlreiche feuersteinerne Geräthe, Beile, Lanzen, Messer, finden, welche von Menschenhänden, oft sehr gut, gemacht sind, also von dem Dasein des Menschen im Diluvium ein vollgültiges Zeugniß geben 1 ); dieses wird noch mehr dadurch bestärkt, daß in den jüngsten Zeiten auch Menschengebeine in denselben Erdlagern gefunden sind.

Die Fundstellen dieser Alterthümer sind tief reichende Kieslager in dem Thale der Somme in der Picardie in der Umgegend der Städte Abbeville und Amiens, namentlich bei Abbeville die Vorstädte und Orte Menchecourt, Saint Gilles und Moulin Quignon, und bei Amiens die Vorstadt Saint Roch und Saint Acheul. Die Diluvial=Knochen und Alterthümer liegen hier sehr tief, oft bis zu einer Tiefe von 30 Fuß.


1) Ich habe diese Entdeckungen noch im J. 1863 in den Jahrb. XXIX, S. 119, bezweifelt und die Vermutung ausgesprochen, die Funde von Abbeville könnten von Höhlenwohnungen herrühren. Ich nehme diese Ansicht hiemit vollständig zurück. Dagegen muß ich daran fest halten, daß die Alterthümer von Dreveskirchen aus Höhlenwohnungen stammen, da sie den Alterthümern der Steingräber und Pfahlbauten an Gestalt, Bearbeitung und Farbe völlig gleich sind. Es ist nicht daran zu denken, daß sie dem Diluvium angehören sollten.           G. C. F. Lisch.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 159 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Die Diluvial=Knochen lassen sich bekanntlich auf den ersten Blick an ihrer Größe, Stärke, Lockerheit weißen Farbe und völligen Fettlosigkeit ( Mangel an organischem Gefüge) erkennen. Die Knochen der Pfahlbauten, welche von dem jetzigen Menschengeschlechte verarbeitet sind und gewiß ein sehr hohes Alter haben, sind noch schwarz, fest und oft fettglänzend. Sehr nahe kommen den Diluvial=Knochen an Farbe und Gefüge die zahlreichen Gehörne des Rennthiers, Urstiers und Elens, welche in den neuesten Zeiten in den Torfmooren Meklenburgs gefunden sind. Auch der berühmte Menschenschädel von Plau und die dabei gefundenen knöchernen Alterthümer (Jahrb. XXIV, S. 167) haben eine ähnliche Beschaffenheit und Farbe wie die Diluvial=Knochen, und möchten durch Vergleichung mit den neuesten Entdeckungen eine immer größer werdende Bedeutung erlangen.

Auch die feuersteinernen Diluvial=Alterthümer haben eine besondere Beschaffenheit, und lassen sich ebenfalls sofort erkennen, sobald man mit erfahrnem Auge nur einen Ueberblick über eine kleine Sammlung gehabt hat. Sie sind theils Beile, theils spanförmige Messer und Splitter. Die "Beile", von den Franzosen "haches" genannt, haben die Grundform großer Lanzenspitzen von herzförmiger Gestalt, sind aber sehr dick, und an einem Ende immer spitz, am andern Ende abgerundet. Die Messer sind abgeschlagene Späne, oft augenscheinlich viel gebraucht; es giebt auch Blöcke, von denen Späne abgeschlagen sind. Diese feuersteinernen Alterthümer sind nie geschliffen, sondern nur durch Absplitterungen zugehauen, und haben stets eine den umhüllenden Diluvialerdschichten ähnliche Farbe und ein glasartiges oder speckartiges äußeres Ansehen. Die Formen der Hacken weichen gänzlich von denen der nachdiluvialen Steinzeit ab, so daß ihnen die ausgebildete Keilform fehlt.

Herr Boucher de Perthes hat nun auf meine Bitten die außerordentliche Freundlichkeit und Aufopferung gehabt, den Sammlungen zu Schwerin nicht nur eine sehr ansehnliche Sammlung von Alterthümern, nämlich 5 Diluvial=Knochen, 12 Diluvial= Alterthümer aus Feuerstein, 13 "celtische Alterthümer" aus Feuerstein und 2 Thierknochen aus den Torfmooren zum Geschenke zu machen, sondern auch alle seine sehr zahlreichen schriftstellerischen Werke und die ganze Literatur über die hier kurz behandelten Entdeckungen, bestehend aus 40 Bänden und 30 Brochuren beizufügen, mit dem Wunsche, dies Alles zuvor dem allerdurchlauchtigsten Protector unseres Vereins Sr. K. H. Groß=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 160 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

herzoge Friedrich Franz vorzulegen, Allerhöchstwelcher auch geruht hat, alle diese Sachen gern und huldvoll aufzunehmen. Diese Sachen sind folgende.

Diluvium.

Thierknochen.

Abbeville.

Vorstadt Menchecourt.

1 Wirbelknochen, gefunden 1860 mit bearbeiteten Feuersteingeräthen ("silex taillés") 8 Metre (24 Fuß rheinländisch) 1 ) tief;
1 Beinknochen, gefunden 1859 mit bearbeiteten Feuersteingeräthen 8 Metre tief;
1 Wirbelknochen, gef. mit Feuersteinbeilen ("haches en silex") 9 Metre tief;
1 Beinknochen, gefunden 1857 mit bearbeiteten Feuersteingeräthen im Diluvium;
1 Beinknochen, gefunden mit bearbeiteten Feuersteingeräthen 9 Metre tief.

Feuerstein-Alterthümer.

Abbeville.

Vorstadt Menchecourt.

1 Beil, bräunlich und gelblich, gefunden 1849 mit diluvialen Knochen 7 Metre tief;
1 Messer, bräunlich, gef. 1847 9 Metre tief;
1 Messer, gelblich weiß, gef. 1844;
1 Messer, weiß, gef. Nov. 1864 unter Elephantenknochen 9 Metre tief.
1 Messer, weiß, gefunden 1860 mit Elephantenknochen.

Vorstadt St. Gilles.

1 Beil, groß, braun, von unbekannter Lagerung, aber sicher antediluvianisch.


1) 1 französisches Metre ist gegen 3 Fuß rheinländisch.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 161 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Moulin Quignon.

1 Beil, grau und bräunlich, gefunden 1863, 4 Metre tief;
1 Messer, gelblich, gefunden 1849;
1 Messer, gelblich, gefunden 1863;
1 Splitter, grau.

Epagnette.

1 Beil, grau, ganz von der Gestalt der antediluvianischen Beile und gut gearbeitet, gefunden auf der Oberfläche, aber wahrscheinlich aus dem Diluvium hervorgeholt.

Amiens.

Vorstadt St. Acheul.

1 Beil, gefunden 1858, 6 Metre tief.

Nachdiluvianische Steinzeit.

Abbeville.

Thierknochen.

Torfmoor an der Somme.

1 Beinknochen;
1 Beinknochen, gefunden 1839, 4 Metre tief.

Feuersteingeräthe.

Torfmoor an der Somme.

2 Messer, gefunden 1839;
1 Splitter.

Gräber der Steinzeit.

1 Beil, gefunden 1840;
1 Beil;
1 Lanze;
1 Messer.

Auf der Erde in der Umgegend.

1 Messer;
1 Splitter;

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 162 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

1 Lanze, im umgearbeiteten Lande;
1 Lanze, eben so, gefunden 1862.

Hallencourt, an der Somme.

1 Keil, nicht geschliffen;
1 Keil, überall geschliffen.


zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Alterthümer

der ältesten Steinzeit

von Grand-Pressigny

von

Freiherrn v. Bonstetten.

Bericht

von

G. C. F. Lisch.

Auch im nordwestlichen Frankreich, sind zahlreiche Alterthümer aus Feuerstein entdeckt, welche fast ganz die Formen der antediluvianischen Feuersteingeräthe in der Picardie haben und mit diesen aus derselben Zeit zu stammen scheinen, jedenfalls aber älter sein werden, als die Feuersteingeräthe der ausgebildeten Gräber der Steinperiode. Vgl. Matériaux pour I'histoire de I'homme, par G. de Mortillet, première année, 1864, Paris, p. 23, 25, 28, et Objets proposés au bureau, p. 7; 1865, p. 375.

Der Freiherr v. Bonstetten auf Eichenbühl bei Thun, welcher ausgebreitete Verbindungen in Frankreich besitzt, hat die große Güte gehabt, auch unserm Vereine 6 ächte Stücke von dem Entdecker zu verschaffen und unsern Sammlungen zu schenken. Diese Geräthe stammen von Grand=Pressigny im Departement L'Indre et Loire. Alle Stücke sind von demselben braunen Feuerstein, derbe und mit großen Schlägen zugehauen und den antediluvialen Feuersteingeräthen von Abbeville gleich, welche Herr Boucher de Perthes dem Vereine geschenkt hat; sie haben auch abgeriebene Oberflächen, obgleich

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 163 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

nicht so speckartig glänzend wie die Feuersteine von Abbeville, und sind viel gebraucht und an den Schneiden stark abgenutzt, mit Ausnahme des Feuersteinblockes, welcher gar nicht oder wenig gebraucht zu sein scheint.

Diese Altertümer sind:

1 Feuersteinblock von Pressigny, La Claisière, zum absprengen von Spanmessern und Lanzenspitzen benutzt und zum Beil vorbereitet;
1 Beil (hache ébauchée), von Pressigny, La Claisière, ganz denen von Abbeville ähnlich;
1 Keulen=Stein (casse-tête), von Leugny, Les Gonjons, ganz den Keulensteinen mancher wilden Völker ähnlich;
1 Lanzenspitze, von Pressigny, La Grossecou;
1 Pfeilspitze, eben daher;
1 Spanmesser, eben daher.


zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Pfahlbau von Robenhausen.

Am 9. Sept. 1864 hatte ich die Freude, den rühmlichst bekannten Herrn Jacob Messikomer zu Stegen=Wetzikon besuchen zu können, welcher persönlich einen großen Pfahlbau in dem ihm gehörenden Theile des Torfmoores von Robenhausen am Pfäffiker See, ungefähr 3 Meilen von Zürich, ununterbrochen ausbeutet (vgl. Mittheilungen der antiquarischen Gesellschaft in Zürich, Pfahlbauten, Zweiter Bericht, 1858, S. 122). Bei überaus freundlicher und herzlicher Aufnahme hatte ich die große Befriedigung, nicht allein seine sehenswerthen Sammlungen und Vorräthe zu studiren, sondern auch an den Aufgrabungen persönlich Theil nehmen zu können. Herr Messikomer hatte die Güte, die von mir selbst aufgefundenen Stücke, nämlich

1 Reibstein,
16 wilde Aepfel,
2 veredelte Aepfel,

mir zum Geschenk und Andenken mitzugeben.

G. C. F. Lisch

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 164 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Pfahlbau der Steinperiode

von der Insel Mainau

in der Ueberlinger Bucht des Bodensees.

In den neuesten Zeiten ist bei der bekannten Insel Mainau im Bodensee ein Pfahlbau der Steinperiode entdeckt, welcher von dem Herrn Domainenverwalter Walter ausgebeutet wird. Der Herr Walter hatte die aufopfernde Freundlichkeit, auf der Versammlung der Geschichts= und Alterthumsvereine zu Constanz 12-16 Sept. 1864 den dort durch Abgeordnete vertretenen 18 deutschen Vereinen die bisher aus diesem Pfahlbau gewonnenen Alterthümer zum Geschenke zu überreichen. Durch die Vertheilung und Verlosung, welche von der Versammlung dem Herrn Professor Dr. Lindenschmit aus Mainz und mir übertragen ward, fielen unserm Vereine zu:

1 Keil,
1 Reibstein,
2 Topfscherben,
2 Feuersteinsplitter.

Außerdem hatte Herr Walter vorher die Güte gehabt, mir

2 Keile

zum Geschenke zu machen. Nach öffentlichen Nachrichten werden die aus diesem Pfahlbau ferner gewonnenen Alterthümer in Constanz gesammelt, um sie später an die vertreten gewesenen 18 Vereine zu vertheilen.

G. C. F. Lisch


zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Pfahlbau von Concise.

Der Herr Professor Troyon zu Lausanne, unser correspondirendes Mitglied, eifriger Forscher in den Pfahlbauten, hat die große Freundlichkeit gehabt, unserm Vereine eine Sammlung von Alterthümern der Steinperiode zu schenken, welche er in dem von ihm bearbeiteten, bekannten Pfahlbau von Concise am See von Neuchatel, in der Gegend von Yverdun, gefunden hat. Vgl. Rapport sur les fouilles faites à Concise, par F. Troyon, 1861, im Bulletin 49 de la Société Vaudoise des sciences naturelles, 1861.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 165 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Diese dem Vereine geschenkten und zur Vergleichung sehr willkommenen Alterthümer sind folgende:

1 Keil aus Serpentin;
1 Keilfassung aus Hirschhorn, in welche der Keil hineinpaßt;
4 Keilfassungen aus Hirschhorn von verschiedener Gestalt;
1 Meißelgriff aus Hirschhorn. Der Griff hat an einem Ende ein Loch zum Einlassen eines Steinmeißels oder Keils, am entgegen gesetzten Ende ein Loch zum Einlassen eines Holzcylinders, auf welchen mit einem Hammer geschlagen werden konnte, ohne den Griff zu beschädigen. Troyon hat einige solcher Griffe mit dem Holzcylinder gefunden. An dem hörnernen Griff sieht man die Zahneindrücke eines Nagethiers (Ratte oder Maus).
1 dreiseitig zugespitzte Pfeilspitze aus Knochen. Troyon hat solche Pfeilspitzen in den Resten der hölzernen Schafte gefunden, in denen sie durch einen schwärzlichen Kitt und ein Band befestigt waren;
1 Meißel aus Knochen;
3 Pfriemen aus Knochen;
4 Knochensplitter zu Pfriemen vorbereitet;
1 kleine Lanzenspitze aus Hirschhorn;
2 Augensprossen von Hirschgeweihen an der Spitze zu Meißeln geschnitten;
3 Spitzen von Hirschhornenden, zu Griffen vorbereitet;
1 Augensprosse von einem Hirschgeweih;
2 Scherben von thönernen Töpfen;
1 Schleifstein aus Molasse=Sandstein mit Schleifrille;
Gesponnene Flachsfäden, gefunden tief in einem Lager von Moos und Baumzweigen;
Moos, in welchem das Flachsgespinnst gefunden ist.

G. C. F. Lisch


zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Pfahlbau von Greing.

Der Freiherr v. Bonstetten auf Eichenbühl bei Thun hat im See von Murten in der Schweiz bei Greing, auf einem Besitze des Herrn Grafen von Pourtales, an einer

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 166 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

seichten Stelle, welche ungefähr 5 Fuß Wassertiefe hat, einen Pfahlbau entdeckt und ausgebeutet, welcher sich von der einen Seite durch einen großen Reichthum von gut bearbeiteten Geräthen aus Horn und Knochen, thönernen Topfscherben, zerschlagenen Kieseln und Thierknochen, von der andern Seite durch den Mangel an bearbeiteten Steingeräthen auszeichnet. Es schien im Anfange fast, als wenn der Pfahlbau einer reinen Knochenperiode angehören könnte; es haben sich jedoch im Laufe der Nachforschungen eine durchbohrte Streitaxt aus Porphyr und ein großes Messer aus Feuerstein gefunden, so daß in Betracht der guten Bearbeitung der Knochen die Ansicht wohl richtiger ist, daß der Pfahlbau der jüngern Zeit der Steinperiode angehört und die Bewohner den Bau verlassen und ihre Waffen und andern steinernen Geräthe mitgenommen haben.

Der Herr v. Bonstetten hat nun die große Güte gehabt, unserm Vereine 44 Stück schöner Alterthümer aus diesem Pfahlbau zu schenken, nämlich 39 Geräthe der verschiedensten Art aus Horn und Knochen, 4 Bruchstücke von Töpfen und 1 zerschlagenen Kiesel (Reibe oder Raspel), alle Stücke zur Vergleichung äußerst belehrend.

G. C. F. Lisch


zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Steingeräth-Fabrik von Deersheim.

Der Reichsfreiherr v. Grote=Schauen auf Schauen bei Osterwiek hat zu Deersheim, 1/2 Meile nordöstlich von Osterwiek am Fallstein, am nördlichen Fuße des Harzes, auf einer Stelle eine große Menge von meist zerschlagenen und wahrscheinlich verunglückten, auch erst angefangenen, aber auch fertigen Steingeräthen der Steinperiode und außerordentlich viele Abfallbruchstücke gefunden, welche ohne Zweifel auf eine uralte Fabrik hindeuten. Es sind mehrere angefangene Streitäxte, angebohrte Steine vorbereitete Keile, abgesägte oder abgeschliffene und angeschliffene Steinplatten und große Massen von Bruchstücken gefunden. Der Freiherr v. Grote=Schauen legte in der Versammlung der deutschen Geschichtsvereine zu Braunschweig im Sept. 1863 eine große

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 167 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Sammlung hievon vor. Die größere Menge ist in den Besitz des Herrn v. Gustedt, Besitzers des Rittergutes zu Deersheim, übergegangen. Es ist sehr beachtenswerth, daß das Gestein durchgängig ein dunkles, grünliches Diorit= oder Hornblende Gestein, und nicht Feuerstein ist. Das Gestein steht bei Deersheim nicht an, sondern soll nach den Erkundigungen des Freiherrn v. Grote=Schauen nach dem Harze hinein südlich zuerst bei Elbingerode, jedoch hier nur noch sporadisch, vorkommen. Es ist daher eben so unzweifelhaft, daß das Gestein nach Deersheim eingeführt und hier verarbeitet ist. Die Entdeckung dieser Fabrikstätte bietet einen guten Anhaltspunct zur Geschichte der Verbreitung des Feuersteins von Norden her. Der Freiherr v. Grote=Schauen hat die Güte gehabt, unserm Verein 2 kleine Meißelkeile und 12 Bruchstücke aus dieser Fabrikstätte zu schenken, unter den letztern 3 Bruchstücken von Streitäxten, von denen eines glatt durchbohrt ist, 3 Bruchstücke von Keilen und 1 angeschliffene Platte.

G. C. F. Lisch


zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Pfahlbau von Auvernier.

In dem der Bronzezeit angehörenden Pfahlbau von Auvernier bei Neuchatel sind geschlossene, dünne, am Außenrande gekerbte Bronzeringe von verschiedenen, aber bestimmten, immer ganz gleichen Größen, bis zu 7/8 Zoll im Durchmesser, in außerordentlich großer Anzahl gefunden. Der Herr Professor Desor zu Neuchatel hatte die Freundlichkeit, mir bei meinem Besuche in Neuchatel am 20. Sept. 1864

zwei von diesen Bronzeringen

zu schenken. Vgl. unten Eisenzeit.

G. C. F. Lisch


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 168 zur ersten Seite zur vorherigen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Pfahlbau von La Téne.

Von den bisher entdeckten zahlreichen Pfahlbauten der Schweiz gehört nur einer ausschließlich der Eisenzeit an, nämlich der Pfahlbau von La Téne bei Marin am Neuenburger See (vgl. Die Pfahlbauten des Neuenburger Sees, nach E. Desor, deutsch von C. Mayer, Neuchatel, 1863, S. 20). Am 20. Sept. 1864 hatte ich die große Freude, den Herrn Professor Desor zu Neuchatel, in den neuesten Zeiten bekannt durch die Entdeckung von Pfahlbauten in den oberbaierschen Seen, sprechen und mit ihm seine Sammlungen, namentlich aus dem Pfahlbau von La Téne, studiren zu können. Es war allerdings eine große Ueberraschung für mich, in diesem berühmten Pfahlbau die Gleichheit mit der mecklenburgischen ältern Eisenzeit zu erkennen. Besonders merkwürdig sind aber die wunderschönen eisernen Schwerter mit eisernen Scheiden, welche einzig in ihrer Art sind. Obgleich bei den patriotischen schweizerischen Gelehrten kein Stück aus den Funden dieser Art feil ist, hatte der Herr Professor Desor doch die große Güte mir

das Endstück einer zerbrochenen eisernen Schwertscheide, 10 Zoll lang,

und

einen eisernen Endbeschlag (Ortband) von einer andern Schwertscheide

zu schenken, welche hinreichend sind, die Bearbeitungsweise zu erkennen. Vgl. oben Bronzezeit S. 167.

G. C. F. Lisch

Vignette