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Pfahlbauten in Neu-Vor-Pommern,

von

Dr. F. v. Hagenow in Greifswald.

Seit einer langen Reihe von Jahren unterhält die Stadt Greifswald, behufs der Vertiefung des Ryckflusses von der Stadt bis zur Rhede bei Wiek, einen Bagger in Thätigkeit, welcher aus den Moderstellen des Flusses dann und wann alterthümliche Gegenstände zu Tage brachte. Seitdem ich mich im Jahre 1832 in Greifswald ansiedelte und zwei Jahre später die Leitung der Reparatur und Veränderungs=Bauten an der Maschinerie des damaligen, sehr fehlerhaft construirten Pferdebaggers übernahm und dann länger als 10 Jahre hindurch mit dem Baggermeister Gellentin in Verkehr blieb, sind alle gefundenen derartigen Gegenstände in meine Sammlung gekommen. Hierbei zeigte es sich, daß in der Nähe der Stadt nur Gegenstände von Eisen gefunden wurden, nämlich Kanonenkugeln, zwei wohlerhaltene hölzerne Handgriffe von Schwertern, deren Klingen jedoch in dem Brackwasser gänzlich vergangen waren und deshalb nicht gefunden wurden, wogegen im Innern der Griffe noch Spuren ihrer Angeln als Eisenoxyd=Hydrat zu bemerken ist. Ferner wurde neben dem Hofe Ladebow, 800 Schritte von Wiek, eine noch ziemlich wohl erhaltene eiserne Speerspitze von 32 Zoll Länge ausgebaggert. Klumpen von Eisenrost wurden zwar nicht selten gefunden, aber als gänzlich unkenntlich verworfen. Diese Kugeln und die Speerspitze gehören ohne allen Zweifel der christlichen Vorzeit an, was jedoch keineswegs mit gleicher Gewißheit von den Schwertgriffen behauptet werden kann, da ihre höchst ungewöhnliche und auffällige Gestalt und der Umstand, daß einer der Griffe einen verzierten End=Beschlag von Bronze hat, das Zeitalter ihrer Entstehung als räthselhaft erscheinen lassen, und dies um so mehr, als zwei ähnliche Griffe, entweder bei der später genannten Sumpfstelle zu Wiek, oder

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ganz nahe dabei gefunden, aber leider nicht beachtet und fortgeworfen wurden.

Ungleich wichtiger und interessanter waren einige andere Funde, welche i. J. 1839 zu Tage kamen und erst im Laufe des verflossenen Jahres 1864 ihre rechte Bedeutung erhielten. Meister Gellentin baggerte damals im Ryckbette neben dem an der Mündung des Flusses belegenen Fischerdorfe Wiek, zunächst hinter der Fähre. Das Fährhaus und die Nehls'sche Schenkwirthschaft liegen dort am linken Ufer des Flusses und etwa 80 Schritte von demselben entfernt. Der zwischenliegende, ungefähr 100 Schritte lange Raum läuft gegen den Fluß hinab in einen Sumpf aus, welcher je nach der Höhe des Wasserstandes mehr oder minder überschwemmt wurde. An seiner rechten Seite wird der Fluß dort durch ein Bollwerk begrenzt, dem gegenüber vom Ende des Sumpfes ab ein zweites Bollwerk beginnt, wornach beide parallel bis zu den Molen an der Rhede gegen 400 bis 500 Schritte lang fortlaufen.

Der gedachte Sumpf ist nun die Stelle, welche unsere Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen wird; denn neben demselben ward zuerst i. J. 1839 ein Feuerstein=Breitmeißel von ausgezeichneter Größe ausgebaggert. Seine Länge beträgt 12 Zoll und seine Breite in der Schneide 3 Zoll. Im Jahre 1847 fand man ein zweites, sehr wohl erhaltenes, seltenes Stück, nämlich einen von Hirsch= oder Elen=Geweih gearbeiteten, an beiden Enden flach abgestumpften Hammer mit länglich viereckigem, sehr genauem und scharfkantigem Schaftloche. Die Länge des Stückes beträgt 5 Zoll, sein größter Queerdurchmesser 2 Zoll, und seine Oberfläche ist geebnet und zwischen ringsum laufenden Rillen mit reihenweise geordneten vertieften kleinen Doppelkreisen verziert, wie sie in gleicher Weise auch einen andern, im Torfmoore an der Uker bei Rollwitz gefundenen Streithammer mit breiter Schneide, ebenfalls von Hirsch= oder Elen=Horn, bedecken und nur auf Gegenständen der frühesten Zeit vorkommen. Alle drei Stücke befinden sich in meiner Sammlung.

Der Baggermeister beklagte sich schon zu jener Zeit wiederholt über die vielen, im Bette des Ryck stehenden Pfahlstümpfe, welche dem raschen Fortschreiten der Arbeit sehr hinderlich und nur selten so vermodert seien, daß die Baggereimer sie durchschneiden könnten und daher zumeist herausgezogen werden müßten. Es konnte uns damals begreiflich nicht in den Sinn kommen, Betrachtungen und Untersuchungen anzustellen, zu welchem Zwecke die Pfähle dort eingeschlagen

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waren und ob sie in regelmäßigen Verhältnissen zu einander standen, da die meisten Stümpfe sich in einer Wassertiefe von 6 bis 9 Fuß befanden. Die beiden Antiken aber hielten wir damals für in der Vorzeit verloren gegangene Stücke.

Hiernach ruhte die Sache bis zu Jahre 1859, wo ein Verlängerungs= und Veränderungs=Bau mit den Molen begonnen ward, bei welcher Gelegenheit auch die vielen Fischerböte, welche bis dahin im Hafen gelegen und ihn lästig beengt hatten, eine zweckmäßigere Anlegestelle erhalten sollten. Man begann daher gleichzeitig den Ryck an der Stelle des gedachten Sumpfes in der Richtung nach dem Nehls'schen Hause heran zu einem großen Bassin zu erweitern, indem man mittelst Auskarrens so weit, wie möglich, vordrang und dann den Rest mit dem Bagger fortnahm und mit diesem weiter in die Tiefe ging.

Da mich bereits im Jahre 1857 das schwere Mißgeschick der Erblindung betroffen hatte, so erfuhr ich über diese Arbeiten nur das, was die verschiedenen Berichterstatter mit eigenen Augen gesehen oder selbst gerüchtweise gehört hatten. Im Jahre 1862 benachrichtigte mich der hiesige Uhrmacher Budag, ein Mann mit offenen und scharf beobachtenden Augen, daß bei den Baggerarbeiten ein ungewöhnlich großer und aus schwarzem, sehr feinkörnigem Stein überaus schön gearbeiteter Streithammer mit Schaftloch gefunden und von dem Kunstgießer Kessler hierselbst gekauft worden sei. Sogleich wandte ich mich an diesen, erhielt jedoch die Nachricht, daß er das schöne Stück bereits vor mehreren Tagen für das Königliche Museum an Herrn Generaldirector v. Olfers abgesandt habe.

Im Laufe des Jahres 1863 war ich theils sehr leidend, theils verlebte ich, behufs eines Heilungsversuches meiner Augen, fünf Monate in Berlin und war sehr überrascht, als ich erst im September 1864 wieder von den Baggerarbeiten reden hörte und Nachrichten über zahlreiche, während der letzten beiden Sommer vorgekommene Auffindungen von Antiken empfing, welche mich in gleichem Grade interessirten und aufregten. Herr Budag hinterbrachte mir nämlich damals die Nachricht, daß er so eben erst von der Ausbaggerung vieler Alterthümer Kunde erhalten habe und deshalb sogleich nach Wiek gegangen sei, um an Ort und Stelle das Nähere zu befragen, wo noch immer an der Vertiefung des vorerwähnten Sumpf =Bassins vor dem Nehls'schen Wirthshause gearbeitet werde, und daß es ihm geglückt sei, einen zwar kleineren, aber eben so schönen Streithammer, wie der nach Berlin ge=

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sandte, und ein dolchartiges Feuersteinmesser zu erhandeln.

Er zeigte mir diese Stücke, von welchen er sich indeß vorläufig noch nicht trennen wollte, sie aber an Niemand, als an mich abzugeben versprach. Zugleich machte er mich darauf aufmerksam, daß ich durch den jetzigen Baggermeister Kleinvogel ausführliche Nachrichten und gewiß, auch noch einige Antiken erhalten könne. Denn es lägen z. B. vor dessen Thüre drei große, sonderbar ausgehöhlte Steine, wovon er mir gewiß einen überlassen werde.

Diese Nachrichten mußten begreiflich sogleich den Gedanken an Pfahlbauten in mir erwecken, welcher in Betracht der günstig belegenen Localität an der Mündung eines Flusses, dessen Wasser fast ohne Gefälle allein von dem Steigen oder Fallen der Ostsee bald aus= bald einläuft, und beim Rückblicke auf die neben der Stelle des erwähnten Sumpfes schon in früheren Jahren gefundenen Pfahlstümpfe und der bereits zu Tage gekommenen Alterthümer mehr und mehr in mir Raum gewann.

Ungesäumt begab ich mich daher zum Hause des Baggermeisters, betastete die vor der Thüre liegenden drei Steine und fand meine Vermuthung bestätigt, daß es Getraide=Quetschsteine seien, wie dergleichen, halbmuldenförmig und 100 bis 150 Pfd. schwer, in unseren Küstenländern bekannt sind und namentlich an der Ostseite der Insel Rügen in großer Anzahl gefunden werden. Die vom Baggermeister eingezogenen Nachrichten lauteten folgendermaßen: "An der Herstellung des neuen Bootshafens zu Wiek, - an der Stelle des bisherigen Sumpfes und angrenzenden festeren Vorlandes, - ist unter meiner Leitung in den Jahren 1863 und 1864 gebaggert worden. Nach Entfernung der obern Moderschicht zeigte sich in einer Tiefe von 6 bis 8 Fuß grober Strandkies 1 ) mit einzelnen kleineren und größeren Steinen, wie man sie am Strande zu finden pflegt. Diese Steine wurden herausgeschafft, da sie bei den städtischen Bauten verwendet werden konnten, und unter ihnen wurden die drei, vor meiner Thüre liegenden ausgehöhlten Steine gefunden, welche ich, weil sie offenbar von Menschenhänden bearbeitet waren, zurücklegen und zur Stadt nach meinem Hause transportiren ließ. Auch fanden sich viele abgefaulte Pfähle, welche in kleinen Zwischenräumen, meist zu dreien nebeneinander standen und in 6 Fuß von einander entfernten


1) Vielleicht Estrich des Fußbodens der Pfahlhäuser? G. C. F. Lisch.
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Reihen schräge gegen den Fluß hin verliefen. Aus der Kies= und vielleicht auch aus der unteren Moderschicht sind vielerlei sonderbare Hämmer mit einem Loch, meist von schwarzen Feldsteinen sauber gearbeitet, ferner Keile und Messer und Dolche von Feuerstein, sehr viele Topfscherben, Stücke von Hirschgeweihen und gewaltig viele Knochen zu Tage gefördert. Von diesen Gegenständen ist mir nur ein geringer Theil vor Augen gekommen, da sie aus den Baggereimern in die Moderprahme fielen und erst beim Ausleeren derselben am Lande von den Arbeitern gefunden und dann sogleich unter der Hand und, wie ich ermittelt, zumeist an die zum Bade Gehenden verkauft worden sind. Nicht minder wurden die Knochen gesammelt, fuhrenweise an die Aufkäufer verhandelt und der Erlös sogleich in Branntwein angelegt. Die Arbeiter sollen auch eine Anzahl kleiner, theils flacher, theils gewölbter, knopfförmiger Steine mit einem durchgehenden Loch in der Mitte (offenbar Spindelsteine) gefunden, aber aus Unverstand wieder fortgeworfen haben."

Dankbar für diese Mittheilungen bat ich Herrn Kleinvogel dringend, auf Alles, was künftighin noch gefunden werden möchte und namentlich auch auf Gefäßscherben, Knochen u. s. w. aufmerksam zu sein und was irgend möglich sei, im Interesse der Wissenschaft zu retten und keine Trinkgelder zu sparen, um die Arbeiter zu veranlassen, alles Gefundene für meine Sammlung abzuliefern. Leider erhielt ich hierauf den wenig tröstlichen Bescheid, daß die Arbeiten an dem Bootshafen schon in wenigen Tagen beendet sein würden und daher keine neuen Auffindungen mehr zu erhoffen ständen, wogegen ich das Wenige gern erhalten könne, was noch vorhanden sei, nämlich ein kupfernes Schwert, einen mittelgroßen Streithammer mit Schaftloch und ein längeres starkes Bruchstück eines Hirschgeweihes mit noch daran sitzender Rose. Auch erhielt ich die beste der drei vorhandenen Quetschmühlen.

Das Schwert hatte zufällig queer vor dem Baggereimer, 7 bis 8 Fuß tief unter Wasser, in grobem und steinigem Kies gelegen, war gerade in der Mitte von der vorderen Nase (Schneide) des Eimers erfaßt und beim Herausreißen länglich=hufeisenförmig gekrümmt worden. Jahrtausende hindurch der auflösenden Einwirkung des Salzwassers ausgesetzt, hat ein edler Rost sich nicht bilden können, es ist vielmehr eine bedeutende Metallschicht durch Einwirkung von Schwefelwasserstoff in Schwefelkupfer verwandelt worden, welches im

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flüssigen Zustande die angrenzenden Schichten von Kies und kleinen Steinchen wenigstens Zoll stark durchdrungen und dies Alles untereinander und mit dem Schwerte dergestalt verkittet hat, daß es eine homogene, unauflösliche Masse bildet von schwärzlicher Farbe, welche in Folge der Umwandlung der im Kupfer vorhanden gewesenen Spuren von Silber in Chlorsilber mit bläulich=grünem Schimmer angelaufen ist. Diese Masse ist so fest, daß sie nur mittelst Hammerschläge zu zertrümmern und von dem noch übrigen Kupferkern zu trennen sein würde. Durch den Angriff des Baggereimers und das Krummbiegen des Schwertes ist die Kieskruste am mittleren Theile in einer Länge von 5 Zoll abgesprengt und der noch übrige Kupferkern bloß gelegt worden, welcher seine Biegsamkeit noch in so hohem Grade behalten hat, daß ich das Schwert ohne bedeutende Anstrengung mit bloßen Händen wieder gerade richten konnte. Dieser bloß liegende Mitteltheil hat noch die Dicke eines starken Schlachtmesserrückens und eine mittlere Breite von nahe 3/4 Zoll Rheinländisch. Am Griffende ragt ein zolllanger Theil des Kupfers aus der Kieshülle hervor, woran deutlich zu sehen ist, daß der, mit der Klinge wahrscheinlich aus einem Stück gearbeitet gewesene Griff beiderseits mit Holz, Knochen oder Horn belegt gewesen, wovon u. A. auch ein noch vorhandenes, weit ausgefressenes Nietloch zeugt. Die Länge des Schwerdtes beträgt noch 18 Zoll, doch ist am spitzen Ende ersichtlich ein Stück abgebrochen und verloren gegangen.

Da ich zu gleicher Zeit ermittelt hatte, daß der Handelsmann Schmidt hierselbst alle zu Wiek ausgebaggerten Thierknochen und Geweihfragmente aufgekauft habe, so hielt ich sofort Nachfrage, empfing jedoch die Nachricht, daß er sogleich Alles an den Handelsjuden Zehden abzuliefern pflege, welcher hier alle Knochen für eine Fabrik zu Berlin aufkaufe. In dem Hause des Juden erhielt ich nun den höchst verdrießlichen Bescheid, daß alle Knochenvorräthe am Tage zuvor nach Berlin verladen und daß ein colossales Stück von 9 1/2 Pfund Gewicht darunter gewesen sei.

Einige Tage später wurden die Baggerarbeiten zu Wiek geschlossen, und es ist mir nicht geglückt, auch nur einen Knochen oder eine einzige Gefäßscherbe zu erhalten. Eben so wenig gelang es mir, meine kleine Sammlung von 6 Stücken (einschließlich der in früheren Jahren gefundenen beiden Gegenstände) zu vermehren. Bei fortgesetzten Nachforschungen habe ich zwar noch eine Anzahl im Privatbesitz befindlicher Meißel, Hämmer und Messer dieses Fundes ermittelt, welche jedoch zur Zeit weder für Geld, noch für gute Worte

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zu erlangen sind. Hierher gehört ein Hammer, dessen Größe und Schönheit gerühmt wird und der von einem Eldenaer Studirenden mit in die Heimath nach Polen entführt worden ist. Die großen Schwierigkeiten, welche dem Nachsuchenden aus unverzeihlicher Geheimthuerei und Ungefälligkeit, aus Eigensinn, Dummheit und Böswilligkeit, sogar mit Lug und Trug gepaart, entgegentreten, verdoppeln, ja verdreifachen sich einem blinden Forscher gegenüber, welcher ungeachtet aller verwandten Mühe und unverdrossenen Eifers am Ende darauf verzichten muß, die Wahrheit zu ermitteln. So hat z. B. ein gewisser Adolph Friedr. Querkopf eine kleine Folge von Waffen aus dem Wieker Funde, welche derselbe nicht nur zu verkaufen oder zu vertauschen sich bestimmt weigert, was ihm als Besitzer auch vollkommen frei steht, sondern sogar ablehnt, die fraglichen Gegenstände vorzuzeigen oder nähere Aufschlüsse über ihre Anzahl und Gestalt zu geben.

Ist es unter so ungünstigen Verhältnissen geradezu unmöglich, die Anzahl der bei Wiek ausgebaggerten Waffen und Geräthe zu bestimmen, so steht es doch fest, daß deren mindestens über 30 gefunden worden sind. Fußend auf der Basis dieser Erfahrungen, Beobachtungen und zuverlässigen Nachrichten bleibt darüber kein Zweifel in mir übrig, an der Stelle des jetzigen Bootshafens bei Wiek und unmittelbar an der vormaligen Mündung des Ryckflusses die ersten Pfahlbauten in Neu=Vor=Pommern aufgefunden zu haben. Und da vorzugsweise nur Waffen und Geräthe von Stein und unter diesen allein das Bronzeschwert gefunden worden, so dürfte die Schlußfolgerung gerechtfertigt erscheinen, daß diese Bauten zwar der ältesten der Steinperiode angehörten, aber in dem Zeitabschnitte zerstört wurden, welcher der eigentlichen Bronzeperiode zunächst voranging.

Voraussichtlich wird dieser Auffindung bald noch eine Reihe anderer folgen, wenn man mit einiger Sachkenntniß und offenen Augen an günstig belegenen Stellen, nicht bloß am Rande der Landseen und Meeresbuchten, sondern auch in Torfmooren, den im Verlaufe der Jahrtausende zugewachsenen Gewässern, nachforscht. Die vielen Hünengräber unseres Landes weisen unzweifelhaft darauf hin, daß es lange von jenen zweifelhaften Urvölkern bewohnt gewesen sei, woneben auch die vielen, bereits in Torfmooren gefundenen Alterthümer auf die vorhanden gewesenen Pfahlbauten hindeuten.

Ohne Mühe würde ich mehr als 100 Stellen in Pommern und Rügen namhaft zu machen im Stande sein, wo Pfahlbauten zu vermuthen sind, und es ist nicht unwahr=

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scheinlich, daß sich dergleichen auch noch mehrere im Ryck finden werden, wenn der vor einigen Jahren neu angeschaffte, kräftiger wirkende Dampfbagger erst die gründliche Vertiefung und Erweiterung seines Bettes in Angriff nehmen wird. Und diese Vermuthung hat um so mehr Wahrscheinlichkeit für sich, als die Salzstelle bei Greifswald schon den ältesten Völkern bekannt gewesen sein und eine ausgedehntere Ansiedelung an diesem Orte vorzugsweise veranlaßt haben wird, wie solches auch bei den nachfolgenden Slaven und dann bei den christlichen Bewohnern der Fall war, aus deren successiver Ansammlung der Ursprung der Stadt Greifswald hervorging.