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Bertram Christian v. Hoinckhusen, der Vater.

Ueber den als Vice=Präsidenten am 14. Dec. 1722 gestorbenen Bertram Christian v. Hoinckhusen besitzen wir eine gleichzeitige Lebensbeschreibung in den Annales literarii Mecklenburgenses auf das Jahr 1722, Rostock und Neu=Brandenburg, 1723, S. 30 flgd., welche fast wörtlich im Mecklenburgischen Gelehrten=Lexicon, II. Stück, 1729, S. 55 flgd., wiederholt ist. Bertram Christian v. Hoinckhusen, Sohn des herzoglichen Rathes und letzten ratzeburgischen Domherrn Heinrich Hoinckhusen († 1683) zu Ratzeburg, war am 6. Juli 1651 geboren. Nachdem er im väterlichen Hause durch Privatunterricht vorgebildet war, besuchte er seit 1665 das Gymnasium zu Lübek unter Bangert und seit 1670 die Jesuitenschule zu Hildesheim, wo er sich rühmliche Zeugnisse erwarb. Im J. 1673 bezog er die Universität Rostock und studirte hier nicht allein die Rechtswissenschaft, sondern auch Mathematik, indem er sich aus besonderer Neigung Vorlesungen über Geometrie, Trigonometrie, Astronomie, Befestigungskunst u. s. w. privatissime halten ließ. Darauf ging er im J. 1676 nach Leipzig, um unter dem berühmten Carpzow seine Studien zu vollenden, und vertheidigte hier am 6. Dec. 1677 mit großem Ruhme eine öffentliche Disputation, welche er dem Herzoge Christian Louis widmete, worauf dieser ihm die Aussicht auf eine Rathsstelle gab. Damit trat er im J. 1678 eine große Reise an, zuerst nach Holland, wo er noch zu Leyden studirte, dann 1679 nach England; von hier ging er nach Frankreich, wo er sich lange Zeit auf der Universität zu Bourges aufhielt. Nachdem er die "große Tour" durch Frankreich gemacht hatte, ging er auf ein halbes Jahr nach Speier "zur Besichtigung des Reichs=Kammergerichts" und kehrte nach einer Abwesenheit von 6 Jahren im J. 1684 über Worms, Mainz, Frankfurt, Gießen, Marburg und Cassel in die Heimath zurück. Schon im J. 1685 ward er Referendar an der Justiz=Canzlei zu Schwerin und hatte hier die Ehre, den Prinzen Friedrich Wilhelm in den mathematischen Wissenschaften zu unterrichten. Im J. 1691 ward er Assessor und 1707 Vice=Präsident des Hof= und Land=Gerichts, welches im J. 1708 von Parchim nach Güstrow verlegt ward, nachdem er sich 1693 mit Jlsabe Agnete v. Bennighusen aus Holstein

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verheirathet hatte. Am 18. Sept. 1716 ward er in den Adelsstand erhoben. Er starb in Güstrow am 14. Dec. 1722.

In allen Nachrichten über sein Leben ist nun von geschichtlichen Bestrebungen mit keiner Sylbe die Rede und der Hoinckhusensche Nachlaß zeigt auch nirgends die geringste Spur davon.

Dagegen trieb er als Nebenbeschäftigung bis zu seinem Tode seine Lieblingswissenschaft, die Mathematik, und brachte durch dieselbe ein großes Werk zu Stande, nämlich die erste genaue und umfassende

Karte von Meklenburg.

Ueber diese bedeutende Arbeit kann ich keine bessere Auskunft geben, als die Nachricht, welche der sorgsame Geheime=Rath J. P. Schmidt in seiner handschriftlichen Erd= und Staatsbeschreibung der Herzogtümer Meklenburg darüber hinterlassen hat, indem er zugleich die beim Tode Hoinckhusens erschienene Lebensbeschreibung desselben darin verarbeitet. Schmidt schreibt:

"Allen Mängeln abzuhelfen, ist dahero der Bertram Christian von Hoinckhusen, vormahliger Vice-Praesident bey dem Herzogl. Mecklenburgischen Hoff= und Land=Gericht, schon vor mehr alß 50 Jahren rühmlichst bemühet gewesen, zu welchem Behuf er eine gantz neue Charte von Mecklenburg gezeichnet hat, welche den vorzüglichsten und ersten Rang ohnstreitig verdienet."

Von diesem von Hoinckhusen steht eine kurze Nachricht in dem 2. St. des Mekl. Gelehrten Lexici, p. 55 und eine umständlichere nette Lebens=Beschreibung in den Annalibus literariis Mecklenburgensibus, p. II, vom Jahre 1722, Cap I. n. V, p. 30 seq., worinnen dasjenige, was diese Landkarte betrifft, wörtlich also lautet: "Durch Hülfe der mathematischen Wissenschaften hat der wohlseel. Herr Vice-Praesident ein noch wichtigeres Werk unternommen, wovon es nicht unangenehm sein kann, wenn wir die uns davon communicirte Nachricht hiemit zu erst publiqve und den Liebhabern geographischer Wißenschaften bekanndtmachen. Es hat sich der Sehl. Mann eine unbeschreibliche Mühe gegeben, eine recht vollkommene und accurate Landkarte von Mecklenburg zu entwerfen, welche er auch nach 35jähriger Arbeit noch endlich bey seinem Leben völlig zum Stande gebracht. Das Werck bestehet eigentlich in folgendem. Erstlich ist es eine general-Charte des gantzen Landes. Nachgehends eine

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eigene und besondere über jedes Amt, und wenn es groß ist, wohl zwei von einem Amte. In diesen Special-Charten werden nicht allein die Wege, Moräste, Hölzungen, Wind= und Wassermühlen, Zölle etc. . bemercket, sondern auch durch gewiße signa wird am Tage geleget, wo Fürstliche Höfe, Rathhäuser, Adeliche Höfe, Kirchen, Capellen; wo Prediger und wo keine; auch: ob adeliche Höfe in dem Kirchdorfe seyn? Nächst diesem sind bey jedem Amte Tabellen von der Größe wie die Charten, darauf zu sehen, was in jedem Amte vor Fürstl. Domainen, Adeliche Güter, auch andere Dörfer vorhanden; wohin sie gehören und zu Hofe dienen müßen; wo Pfarren und was dahin gehöret; auch: wer das Jus patronatus besitzet. Welche Arbeit dann ihre gäntzliche Richtigkeit bekommen und nach accurater Dimension ins Reine gezeichnet worden. Nach absolvirtem diesem Wercke hat der Sehl. Mann auch noch die Mühe auf sich genommen, ein accurates Register über alle Dörfer dieses Landes zu machen, welches der vorigen Arbeit hinzugefügt werden sollen; damit aber ist er nicht über die Helffte gekommen, hat aber solche Bewandniß, daß es in etlichen Monathen auch gar leicht zur Vollenkommenheit gebracht werden kann.

Die Ausbeßerungen sind nach den rechten Vermeßungs=Charten der Domanial=Stücke und einiger anderer Güther in diesen Landen allmählig geschehen. Auf einmahl hätte auch noch die ganze See=Kante von Travemünde bis zum Fischlande rectificirt werden können, wenn hierzu die bey der Directorial-Vermeßungs-Commission adhibirten Landmeßer, welche zwei Jahr hindurch müßig gelegen und doch ihre Wartgelder gezogen haben, wären gebrauchet worden. Allein da die Herzogliche Cammer auf das dieserwegen an sie ergangene Rescript dennoch eine so geringe Zulage hat ersparen wollen, so ist immittelst solches gönstiges Tempo nunmehro aus Händen gegangen.

Gar sehr wäre es zu wünschen, daß diese Charte, welche des jetzt Regierenden Herzogs Friederichs Durchl. noch als Erbprinz von den Erben des Verfaßers für eine ansehnliche baare Vergeltung von 100 Reichsthalern käuflich an sich gehandelt haben, schon lange ediret seyn möchte, oder mit denen allmählig hinzugekommenen Ausbeßerungen nun annoch nächstens zum öffentlichen Stich hinausgegeben würde.

Diese durch die Unterhandlung des Amtmanns Streubel gekauffte Charte haben der Herzog vielfach abzeichnen

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laßen. Sie ist auch durch freundschafftliche Communication in die Hände des Svedischen Generals Lantinghausen und des Dänischen Generals Comte St. Germain gekommen. Auch ist sie durch andere privat Abzeichnungen in verschiedener Privatorum Hände gerathen."

Am 14. Nov. 1728 bot Hoinckhusens Sohn, Johann Heinrich v. Hoinckhusen, durch einen noch in der Bibliothek des Landraths v. Negendanck auf Zierow auf der landständischen Bibliothek zu Rostock befindlichen Brief an diesen die Charte "dem Lande für eine convenable Discretion" an, erreichte jedoch seinen Zweck nicht. Bei dieser Gelegenheit beschreibt der Sohn das große Werk seines Vaters und nennt darin zuerst:

"1) eine generale Mecklenb. Land=Carte 5 Fuß lang und 3 breidt, auff pargament.
Nachfolgendes ist von ordinairer Land=Cartengröße.
Der erste Bogen enthält das fürstl. Meckl. mit Farben gezeichnete Wappen."
Der andere eine generale Mecklenb. Land=Carte."

Dann werden 22 Special= Karten mit dazu gehörenden Beschreibungen aufgezählt.

Von diesem Kartenwerke hat, wie der Geheime =Rath Schmidt oben berichtet, der Herzog Friedrich die General=Karten gekauft. In Nettelbladt's Succincta notitia wird

"v. Hoingshusen Bertr. Christ. General=Charte vom ganzen Lande Mecklenburg"

aufgeführt, und der Geheime =Rath J. P. Schmidt bemerkt noch ein Mal hiezu handschriftlich:

"Diese mit der Feder gezeichnete Charte haben der Herzog Friedrich von den Erben für 100 Rthlr. gekaufet und selbige nachher wegen der befundenen Accuratesse häufig auf Atlass übertragen lassen."

Diese General=Karten sind also in fürstlichen Besitz übergegangen und werden hoffentlich noch zu finden sein.

Die sämmtlichen Special=Karten mit den dazu gehörenden Beschreibungen haben sich aber in dem von dem Herrn von Engel auf Breesen im J. 1860 geschenkten v. Hoinckhusenschen Nachlasse gefunden und das ganze Werk ist, mit Ausnahme der großen und der kleinen General=Charte, vollständig; es scheint nur ein Bogen von der Beschreibung des Amtes Grevismühlen zu fehlen.

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Wenn nun diese Landes=Karte auch für den praktischen Gebrauch keinen Nutzen mehr hat, so ist sie doch geschichtlich von großem Werth und kann einst über manche dunkel gewordene Stelle willkommenen Aufschluß geben.

Von großen geschichtlichen Ausarbeitungen des Vice=Präsidenten von Hoinckhusen ist aber nirgends die Rede. Es sind freilich Spuren davon vorhanden, daß er sich auch mit geschichtlichen Gegenständen, namentlich mit Heraldik, beschäftigte, indem er nach seiner Lebensbeschreibung in den Annal. lit. Meckl. II., S. 40, bei der Einführung der Assessoren des Hof= und Landgerichts, z. B. 1709 über das Wappen der Familie v. Plessen, 1709 über das Wappen der Familie v. Lehsten, 1712 über das Wappen der Familie v. Bülow, 1712 über den Namen Sibeth Einführungsreden hielt, auch seinen Sohn durch Mittheilung von Urkunden aus der Hof= und Land= Gerichts=Registratur unterstützte; aber geschichtliche Arbeiten sind von ihm nicht vorhanden. Dies beweisen schon die Handschriften, indem sämmtliche geschichtliche Arbeiten in dem hoinckhusenschen Nachlasse von der sicher ermittelten Hand des Sohnes sind und mit der Handschrift auf den Karten nicht übereinstimmen. Der Vice=Präsident v. Hoinckhusen muß also aus der Reihe der meklenburgischen Genealogen ausscheiden und für ihn sein Sohn eintreten.