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XXVII, 2.
des
Vereins für meklenburgische Geschichte
und
Alterthumskunde.
Schwerin im Januar 1862.
I n der jüngsten Versammlung des Vereinsausschusses am 6. d. M. erstattete dessen Deputation für die Angelegenheit des meklenburgischen Urkundenbuches ausführlichen Bericht über den Fortgang dieses Unternehmens in dem abgewichenen Jahre. Es sind darnach zu den am Abschlusse des vorigen Quartals vorhandenen 2100 Urkunden des 13. Jahrhunderts abermals 270 hinzugekommen, so daß gegenwärtig 2370 Stück zum Drucke bereit liegen. Es fehlen nun noch die gesammten stargarder Urkunden dieser Periode, deren Bearbeitung der Herr Archivrath Pastor Masch zu Demern unter Händen hat, und welche ungefähr 180 Stück betragen werden. Die sonstige Nachlese wird aber voraussichtlich nicht mehr sehr ergiebig sein, so daß die Gesammtmasse aller meklenburgischen Urkunden dieser ältesten Periode sich etwa auf 2600 Stück belaufen wird, eine Zahl, die aber auch fast um 1/3 höher ist, als irgend jemand zuvor erwartet hat.
Auch für die künstlerische Ausstattung des Werkes, wodurch zugleich der wissenschaftliche Werth desselben wesentlich erhöhet werden wird, sind im Laufe des Quartales wiederum bedeutende außerordentliche Mittel gewonnen, namentlich durch die Liberalität unsers erhabenen Protectors, des diesseitigen Großherzoges K. H., welche dem Herrn Archivrath Dr. Lisch zu dem Holzschnitt aller Siegel der dem 13. Jahrhundert angehörigen meklenburgischen Fürsten eine Summe von 100 Thlrn. anzuweisen geruht haben, Außerdem haben auch
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die Klöster Dobbertin und Malchow, deren geehrte Vorstände das Unternehmen überhaupt auf jegliche Weise zu unterstützen stets bereit gewesen sind, die Holzschnitte ihrer Siegel verheißen, und zu den schon früher genannten adlichen Geschlechtern des Landes, v. Flotow, v. Behr, v. Maltzan und v. Voß, welche uns eine gleiche Verheißung rücksichtlich der ältesten Siegel ihrer Ahnen gemacht haben, ist nun auch noch das Geschlecht der v. Bülow hinzugekommen. Im hohen Grade erwünscht würde es sein, wenn sich auch die Magistrate der Städte, deren älteste, aus dem 13. Jahrhundert stammende Siegel sich erhalten haben, diesem Beispiel zu folgen entschließen mögten.
Der Druck dieses Werkes nach der in der Versammlung vorgelegten und genehmigten Schriftprobe wird ungefähr 3 Quartbände geben, wozu dann noch ein vierter Registerband kommt. Die Kosten des Werkes werden daher sehr bedeutend sein, und nur die Uuterstützung desselben durch die hohe Regierung und die Stände des Landes macht es möglich, den Preis desselben dessen ungeachtet so zu stellen, daß der wünschenswerthen Verbreitung des Werkes dadurch keine allzu enge Gränzen gesteckt werden. Ueberdies wird nach dem Beschlusse des Ausschusses der noch nicht definitiv festgestellte, aber möglichst niedrige Ladenpreis für die Mitglieder des Vereins und diejenigen Behörden und Privaten, welche das Unternehmen in anerkennnugs werther Weise unterstützt haben, auf die Hälfte herabgesetzt werden, worauf ich schon ietzt aufmerksam machen zu müssen glaube, da dieser Beschluß vielleicht manchen veran lassen mögte, dem Vereine noch vor Ausgabe des Werkes beizutreten, um ein Anrecht auf diese Prämie zu gewinnen.
Uebrigens wird grade die jetzt noch übrige Arbeit der letzten Hand voraussichtlich die mühsamste und zeitraubendste sein, da sich die in einheimischen Archiven aufbewahrten Urkunden, worauf sich das Augenmerk natürlich zunächst richtete, jetzt fast ohne Ausnahme im Besitze der Commission befinden, und eine Nachlese fast nur noch im Auslande zu hoffen ist, zu welchem Zwecke nach allen Seiten hin in der Nähe und Ferne, von Kopenhagen bis Rom Correspondenzen angeknüpft sind. Wenn daher auch anderer Seits durch die höchst erwünschte Anstellung des bisherigen Herrn Oberlehrers Dr. Wigger in dem hiesigen großherzoglichen Archive auch dies Unternehmen wesentlich gefördert werden wird, so kann doch der Druck nicht vor Ende dieses Jahres beginnen, und die Ausgabe des ersten Bandes steht daher nicht vor Ende des Jahres 1863 zu erwarten.
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Selbstverständlich wird aber inzwischen auch an der zweiten Abtheilung des Werkes, die schon jetzt ziemlich weit fortgeschritten ist , rüstig weiter gearbeitet, so daß der einmal begonnene Druck bis zur Beendigung des ganzen Unternehmens hoffentlich ununterbrochen fortgehen kann.
In der erwähnten Ausschußversammlung ward außerdem auch die vom Herrn Dr. Wedemeier geführte abgesonderte Berechnung der Einnahme und Ausgabe des besprochenen Unternehmens nach vorgängiger Revision durch die Ausschußdeputirten vorgelegt, und demnächst mit Bericht an das hohe Mini sterium des Innern, sowie dem E. A. der Ritter= und Landschaft eingesandt, worauf inzwischen von Seiten des hohen Ministerii bereits die Auszahlung der zweiten Rate der allerhöchst bewilligten 5jährigen Unterstützung verfügt worden ist.
Eine nicht minder lebendige Thätigkeit auf dem Felde der urkundlichen Geschichtsforschung herrscht gleichzeitig in unsern Nachbarländern jenseits der Elbe, aus welchen vor Jahrhunderten der Strom der deutschen Auswanderung in das diesseitige slavische Küstengebiet ausging, wodurch unsere Heimath in kurzer Zeit, wie durch Zauberschlag, aus einem slavisch=heidnischen in ein germanisch=christliches Land verwandelt ward. Jene Forschungen sind daher auch für uns von der größten Bedeutung, weßhalb ich hier durch Mittheilung des wesentlichen Inhalts eines von unserm ersten Secretair, Herrn Archivrath Dr. Lisch , in der letzten Ausschußversammlung gehaltenen Vortrages, auf die bezeichneten Unternehmungen aufmerksam zu machen mich verpflichtet fühle. Das Verdienst der ersten Anregung gebührt wesentlich dem im vorigen Jahre verstorbenen lüneburgischen Landschaftsdirector Freiherrn Wilh. v. Hodenberg zu Celle Exc., correspondirendem Mitgliede unsers Vereins, welcher die Hälfte seines Lebens und fast sein ganzes Vermögen der Forschung auf dem Gebiete der Geschichte seiner Heimath geopfert, und sich dadurch den Nachruhm eines ächten Patrioten gesichert hat. Die Früchte seiner verdienstlichen Arbeit liegen außer in einem Urkundenbuche seines eignen, uralten, zum hohen Adel zählenden Geschlechtes, namentlich in 12 starken Quartbänden verschiedener Urkundensammlungen vor. In den letzten Jahren war er vorzugsweise mit der Leitung des auf Kosten der Ritter=und Landschaft des Fürstenthums Lüneburg erscheinenden " Lüneburger Urkundenbuches" beschäftigt, von welchem bisher die Urkunden des Klosters Walsrode, so wie das erste Heft der Urkunden des S. Michaelis=Klosters zu Lüneburg nach der Bearbeitung des Bibliothek=Secretairs Dr.
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Böttger zu Hannover erschienen sind, und welches jetzt unter der Leitung des Syndicus v. Lenthe zu Celle fortgesetzt werden wird. Die Einrichtung dieses hochwichtigen Werkes befriedigt alle Erwartungen der Wissenschaft durch Umsicht und Kritik und zeichnet sich namentlich durch gewissenhafte Erfüllung der Hauptbedingung derartiger Unternehmungen, nämlich durch Vollständigkeit der mitgetheilten Urkunden vortheilhaft aus; denn in Urkundenbüchern, welche Bibliotheken ersetzen sollen, ist nothwendig die möglichste Vollständigkeit zu erstreben, da sonst der Zweck verfehlt wird. Auch die dem Texte beigegebenen Erläuterungen und die in Holzschnitten eingedruckten zahlreichen Abbildungen von Siegeln der alten lüneburger Adelsgeschlechter und geistlichen Stiftungen sind eine sehr dankenswerthe Beigabe. Wünschenswerth wäre dagegen die Durchführung der in den meisten Urkundenbüchern eingeführten modernen Interpunction, und die Auszeichnung der Namen und des Anfangs eines neuen Satzes durch große Buchstaben gewesen.
Hieran schließt sich sodann das schon früher angezeigte, auf Kosten der königlichen Regierung zu Hannover herausgegebene hannöversche Urkundenbuch von dem Archivsecretair Dr. Sudendorf in Hannover, wovon im vorigen Jahre der 2. Band ausgegeben worden ist, so wie das Urkundenbuch der Stadt Braunschweig, wovon bei Gelegenheit des 1000jährigen Jubelfestes der Gründung dieser alten Hansestadt im vorigen Jahre das durch den dortigen Archivverein bearbeitete erste Heft erschienen ist.
Allen diesen mit großer Energie begonnenen Unternehmungen ist ein ununterbrochener gedeihlicher Fortgang dringend zu wünschen.
An literarischen Unternehmungen in Meklenburg, die dem Kreise unserer Forschungen angehören, ist hier noch des Abrisses der meklenburgischen Landeskunde von dem auf dem Gebiete der Naturkunde wie der Geschichte des Vater laudes gleich rührigen und bewanderten neubrandenburger Gelehrten Ernst Boll zu erwähnen. Die von der Hinstorfschen Hofbuchhandlung zu Wismar in zwei Heften ausgegebene interessante Arbeit umfaßt in 7 Abschnitten die Geographie oder Bodenkunde, die Hydrographie oder Wasserkrude, die Klimathologie oder Witterungskunde, die Flora oder das Pflanzenreich, die Fauna oder das Thierreich, die Geschichte des Landes und seiner Bevölkerung und die Topographie oder Ortsbeschreibung. Die Geschichte ist verhältnißmäßig am kürzesten behandelt; auf nicht voll 5 Bogen wird uns eine über
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sichtliche Darstellung der Ereignisse bis in die jüngste Zeit gegeben.
Die in dem letzten Quartale eingegangenen wissenschaftlichen Arbeiten des Vereines beschränken sich auf folgende, meistens kleinere Abhandlungen und Berichte :
1) F. W. Cretschmar zu Berlin, correspondirendes Mitglied, über einen für das königliche Münzcabinet erworbenen Münzfund, bei welchem sich 8 seltene meklenburgische Goldgulden aus dem Anfange des 17. Jahrhunderts befinden.
2) E. Boll, über die heidnischen Quetschmühlen.
3) Archivrath Dr. Lisch, über einen Burg=oder Tempelwall zu Dobbertin.
4) Derselbe, über ein romanisches Gebäude zu Dobbertin.
5) Derselbe, über den Kreuzgang zu Dobbertin.
6 - 8) Derselbe, über die Glocken zu Rosenow bei Stavenhagen, zu Brütz bei Goldberg und zu Below bei Dobbertin.
9) Archiv=Registrator Dr. Wigger, des Bischofs Boguphal Nahrichten über Meklenburg.
Der regelmäßige Verkehr mit fremden Vereinen und Instituten ist durch Anknüpfung des Austausches der gegenseitigen literarischen Arbeiten mit der Bibliothek der Ritter= und Landschaft des Herzogthums Lüneburg und dem Archiv=Verein der Stadt Braunschweig erweitert. Die erstgedachte Corporation giebt außer dem oben besprochenen Urkundenbuche seit mehren Jahren durch ihren Syndicus v. Lenthe auch ein Archiv für Geschichte und Verfassung des Fürstenthums heraus, wovon bisher 8 Bände erschienen und uns zugesandt worden sind. - Außerdem ist hier zu erwähnen, daß der akademische Leseverein zu Wien uns um Mittheilung unserer Publicationen ersucht hat. Der Ausschuß glaubte diesem Wunsche durch Zusendung unserer Jahrbücher, so weit der Vorrath es gestattet, entsprechen zu können.
Auf der Generalversammlung der verbundenen historischen Vereine, welche unter dem Vorsitz Sr. Erlaucht des Herrn Grafen Wilhelm v. Würtenberg am 16. bis 20. Septbr. v. J. zu Altenburg statt fand, waren von den 56 verbundenen Vereinen nur 17 vertreten, unter welchen sich der unsrige dies Mal leider nicht befand. Die sonstige Theilnahme beschränkte sich größten Theils auf Sachsen und Thüringen, wie sich denn auch die wissenschaftlichen Verhandlungen vorzugsweise auf die Geschichte dieser Länder bezogen. Unter
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den Beschlüssen der Versammlung ist hervorzuheben, daß künftig zur Hebung des Correspondenz=Blattes für zweckentsprechende Beiträge, welche vorzugsweise anregenden Inhalts sein sollen, ein Honorar von 10 Thlrn. pr. Quartbogen bewilligt ist. Zugleich wurden die einzelnen Vereine wiederholt ersucht, die Redaction durch Zusendung von Berichten und Aufsätzen zu unterstützen, und wenn möglich einen besondern Berichterstatter aus ihrer Mitte zu bestellen. Letzteres wird indeß unsrer Seits weniger nöthig sein, da durch Zusendung unsrer Quartalberichte derselbe Zweck so ziemlich erreicht werden dürfte. Die Geschäfsleitung ist für das nächste Jahr wiederum dem würtembergischen Alterthumsverein zu Stuttgart übertragen. Die nächste General=Versammlung im Herbste d. J wird in Reutlingen sein.
Die neuen Erwerbungen für die Sammlungen unsers Vereins sind folgende:
A. Für die Alterthumssammlung.
1. Aus der Steinzeit.
1) Geschenke Sr. Exc. des Herrn Staatsministers a. D. v. Lützow auf Boddin:
1 Keil aus bräunlichem Feuerstein, roh zugehauen und noch nicht geschliffen, 6 Zoll lang; 1 kleiner viereckiger Block von altem Sandstein, 3 Zoll lang und ungefähr 2 Zoll dick, vielleicht ein Hammer; 1 Kugel von feinkörnigem röthlichem Granit, fast eiförmig, 2 3/4 und 2 1/2 Zoll im Durchmesser, und 1 Spindelstein aus Sandstein, alles in der Gegend von Gnoien gefunden.
2) Geschenk des Herrn Försters Prestin zu Letschow,
durch Vermittlung des Herrn Pastors a. D. Ritter zu
Friedrichshöhe:
3 halbmondsteinförmige Messer
oder Sägen aus Feuerstein, gef. im Rambser Torfmoore
bei Schwaan.
2. Aus der Bronzezeit.
Geschenk des Gürtlers Herrn Günther zu Schwerin:
1 abgebrochene Schwertspitze aus Bronze, 6 Zoll lang, mit erhabenem Mittelrücken, gef. in der Gegend von Schwerin, und von dem Geber für den Verein angekauft.
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3. Aus der Eisenzeit.
Geschenk des Herrn Rectors Dehn zu Brüel:
1 Heftel aus Bronze, 2 Zoll lang, und Scherben mehrer beim Ausgraben zerbrochner Urnen, in welchen sich außer der Heftel nur Asche und ein Stück Eisenblech befand. Gefunden in Brüel beim Neubau zweier Häuser am Markte und an der blankenberger Straße.
4. Aus dem christlichen Mittelalter.
1) Geschenk des Gürtlers Herrn Günther zu
Schwerin:
1Löffelstiel aus Messing in den
Grundformen eines idealisirten Fußes eines wilden
Thieres, aus dem 14. oder 15. Jahrhundert, gef. in
der Gegend von Schwerin.
2) Geschenk der Frau Käding zu Wismar:
1 großer
Reliefspiegel, gef. zu Wismar.
3) Geschenk des Herrn Wichmann=Kadow:
1
Gypsabguß einer in München befindlichen alten
Schachfigur des Königs aus dem 14. Jahrhundert.
1 ) Geschenke des Herrn Friedrich Seidel zu
Bützow:
1 Dütchen der Stadt Rostock 1627, 1
Dütchen des Erzbisthums Bremen 1641, 1 Sechling der
Stadt Goslar 1715, 1 schwedischer Kupfer=Dreier,
alle bei Bützow gefunden; ferner 2 russische Silbermünzen.
2) Geschenk des Buchhändlers Herrn Otto in
Schwerin:
die Denkmünze auf die 22. land= und
forstwirthschaftliche Versammlung zu Schwerin 1861.
(Nach dem Berichte des Herrn Oberlehrers Dr. Schiller.)
I. Allgemeine Geschichte.
II. America.
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III. Russische Ostsee=Provinzen.
IV. Frankreich.
V. Belgien.
VI. Die Schweiz.
VII. Allgemeine deutsche Alterthumskunde.
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VIII. Oesterreich.
IX. Bayern und Würtemberg.
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X. Nassau und Frankfurt a. M.
XI. Schlesien.
XII. Niedersachsen.
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D. Für die naturgeschichtliche Sammlung.
Geschenk des Herrn Friedr. Seidel zu Bützow:
1
Hundeschädel und 3 dünne Beinknochen von einem
Rinde, von denen einer anscheinend künstlich
gespalten und zugespitzt ist, gef. auf der Sühring,
einem Moore bei Bützow.
An Personalien sind nur der Tod des Advocaten Beselin zu Rostock, ordentlichen Mitgliedes des Vereins seit dem 15. Jan.1835, der Austritt der Herren Pastor Kollmann zu Toitenwinkel, Oberstallmeister a. D. v. Boddin zu Görlitz und Geh. Regierungs=Rath v. Bassewitz zu Schwerin, so wie der Beitritt der Herren Senator Beyer zu Parchim und Amtsverwalter Oldenburg in Schwerin zu melden.
Die Aufsicht über die durch den Tod des Archivregistrators Glöckler verwaiseten Bildersammlung hat auf den Wunsch des Ausschusses der Herr Architect Stern hieselbst bis zu der statutenmäßig in der Generalversammlung zu treffenden Wahl interimistisch zu übernehmen die Güte gehabt.
W. G. Beyer,
Dr., Archiv=Secretair,
als zweiter Secretair des Vereins.
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