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Die Kirche zu Wattmanshagen

ist eine der schönsten und merkwürdigsten Bauten im ganzen Lande. Wenn die Kirche auch in Jahrb. XII, S. 467, beschrieben und charakterisirt ist, so verdient sie doch einer nochmaligen Untersuchung nach neuern Entdeckungen.

Der Chor ist ein quadratischer Feldsteinbau im Uebergangsstyle, wie er sich sehr häufig im Lande findet.

Ausgezeichnet ist aber das auf einem granitenen Sockel aus vortrefflichen Ziegeln musterhaft ausgeführte Schiff der Kirche. Dieses ist nämlich eines der ältesten Beispiele des Spitzbogenstyls im ganzen Lande und als solches höchst charakteristisch. Zwar hat die Kirche noch keine Strebepfeiler, sondern noch Lissenen, als Andeutung an die alte Bauperiode. Aber die großen und schönen Verhältnisse, die im reinsten und

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ernstesten Spitzbogenstyle gewölbten Pforten, Fenster, Gurtbogen und Gewölbe sind redende Beweise von der Aufnahme des gothischen Styls. Besonders merkwürdig sind die Fenster. Diese sind schon hoch und weit, mit Stabwert versehen und ganz im großen, gothischen Style construirt, aber die mit einem Rundstabe eingefaßten Laibungen sind noch glatt und schräge eingehend, als Erinnerung an den so eben überwundenen romanisirenden Uebergangsstyl; sie erinnern lebhaft an die obern Fenster des Chores des Domes zu Schwerin, welche im Anfange des 14. Jahrhunderts vollendet sind. Die Pforten sind vortrefflich und schon in Jahrb. a.a.O. beschrieben. Die Pforten an der Nordseite sind sehr gut. Besonders schön ist aber die a.a.O. schon beschriebene Thurmpfort, welche sehr reich mit erhabenem Laubwerk aus gebranntem Thon verziert ist. Zu diesen Pforten kommt noch eine Pforte an der Südseite des Schiffes, welche bis jetzt von innen zugemauert ist und von außen durch ein vorgebauetes, verschlossenes Grabgewölbe verdeckt war, aber jetzt nach dem Abbruche desselben bei der Restauration der Kirche wieder ans Tageslicht gekommen ist. Diese Pforte ist ebenfalls sehr reich mit erhabenem Laubwerk geschmücket und ganz vortrefflich und wie neu erhalten. Die Pforten der Kirche gehören zu den schönsten, reinsten und ältesten Denkmälern des Spitzbogenstyls und noch einer Zeit an, in welcher das Ornament noch reines Laubwerk in natürlichen Formen bildete, und noch nicht architektonischen Gebilden umgeschaffen war. Ich erinnere mich nicht, irgendwo im Lande so schönes und reiches Ornament in gebranntem Thon gesehen zu haben.

Wahrscheinlich läßt sich auch die Zeit des Baues bestimmen. Da die Familie Ketelhot in den Jahren 1277 und 1278 die Kirche und Pfarre reich bedachte (vgl. Lisch Gesch. des Geschl. Hahn I, A, S. 33), so ist es sehr wahrscheinlich, daß das Schiff der Kirche auch in dieser Zeit erbauet ward und daher der Anfang des Spitzbogenstyls in Meklenburg, in diese Zeit fällt.

Nach mehreren Spuren ist Chor mit Kalk geputzt und roth mit grauen Fugen bemalt gewesen, das Schiff aber im Rohbau geblieben, jedoch an Pilastern u.s.w. bemalt gewesen. Der Fortschritt der Restauration wird ohne Zweifel die ursprüngliche Decoration enthüllen.

Schwerin, im April 1859.

G. C. F. Lisch.