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VII.

Der

Zwist der evangelischen Prediger

zu Rostock im Jahre 1531

und

Johann Bugenhagen's Gutachten

darüber.

 

Mitgetheilt

von

Wiechmann = Kadow.


D ie Einführung der Reformation in Rostock ist in neuerer Zeit mehrfach ein Gegenstand wissenschaftlicher Forschung gewesen; Arndt 1 ), Serrius 2 ), Wiggers 3 ) und Krabbe 4 ) haben theils das Bekannte zusammengetragen, theils Neues hinzugefügt. Besonders ist es aber der hochverdiente Archivrath Lisch zu Schwerin, der in einer Abhandlung: Beiträge zur Geschichte der Reformation in Rostock und des Dom=Capitels daselbst im 16. Bande der Jahrbücher des Vereins für meklenburgische Geschichte, 1851, aus den Original=Urkunden dargethan hat, wie die Lehre Luthers 1531 zu Rostock siegreich durchgedrungen, und der erste


1) M. Joachim Schlüter, erster Eangelischer Prediger zu Rostock. Lübeck 1832, 8°.
2) M. Joachim Schlüter oder die Reformation in Rostock. Rostock, 1840, 8°.
3) Kirchengeschichte Meklenburgs. Parchim und Ludwigslust, 1840, 8°, S. 99 flgd.
4) Die Universität Rostock im 15. u. 16. Jahrhundert. Rostock, 1854, 8°, S. 364 flgd.
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April als der eigentliche Tag des Sieges anzusehen sei. Auf diese Abhandlung, so wie auf die genannten Schriftsteller verweise ich und bitte, daß es mir vergönnt sei, von einem Ereignisse zu reden, welches noch im Jahre 1531 die junge Kirche Rostocks heftig zu erschüttern drohte und den Rath daselbst in nicht geringe Besorgniß versetzte.

Schon Nicolaus Gryse erzählt in seiner Historia, Van der Lere, Leuende vnd Dode M. Joachimi Slüters, Rostock 1593, Bl. 71, daß die evangelischen Geistlichen Rostock's im Jahre 1531 darüber unter sich uneinig wurden, ob beim Gottesdienst allein deutsche, oder auch lateinische Lieder gesungen werden sollten. Slüter verlangte das Erstere, gab aber so weit nach, daß bei den größtentheils nur von den Schülern besuchten Metten und Vespern auch die älteren lateinischen Gesänge in Gebrauch blieben. Weiter berichtet Gryse über den Zwist Nichts. Die jüngeren Schrifsteller, denen der im Rostocker Etwas, Jahrg. 1, 1737, S. 705 flgd. und dann mehrfach gedruckte Brief von Luther und Melanchthon an den Rath zu Rostock (d. d. Wittenberg, den 10. November, 1531) vorlag, ersahen aus diesem, daß der Zwiespalt der Prediger noch andere Ursachen haben müsse, konnten jedoch keine nähere Auskunft ertheilen. So erwähnt z. B. Serrius (a. a. O., S. 74): "Daß aber auch noch andere Mißhelligkeiten unter den evangelischen Predigern vorgefallen sind, geht klar aus einem Briefe Luthers und Melanchthons an E. E. Rath zu Rostock anno 1531 hervor; jedoch wurde Alles beigelegt, so daß höchst wahrscheinlich nie spezielle Gegenstände davon zur Oeffentlichkeit gelangten, geschweige der Nachwelt überliefert worden wären", u. s. w.

Und dennoch sind außer dem erwähnten Briefe mehrere Actenstücke bis auf den heutigen Tag erhalten, welche nicht allein über den in Rede stehenden Streit willkommens Licht verbreiten, sondern auch durch verschiedene Einzelnheiten einen hohen Werth haben, nämlich zwei Gutachten, welche Johannes Bugenhagen und Urbanus Rhegius auf Bitte des Rathes zu Rostock über die Lehren der dortigen Geistlichen abgaben. Sie sind datirt: Lübeck, d. 24. November 1531 und: Celle, d. 8. November 1531 und befinden sich beide im rostocker Stadt=Archive 1 ). Als drittes Actenstück nenne ich eine von der Hand des Syndicus Dr. Johann Oldendorp herrührende Zusammenstellung derjenigen Lehrpunkte, über welche die


1) Herr Senator Dr. Crumbiegel in Rostock hatte die Güte, mir beide Gutachten mitzutheilen.
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Geistlichen uneins waren, mit der Aufschrift: Irrung vnb Zwispalt vnder den Evangelischen predicanten zu Rostock. Diese Zusammenstellung (ein Bogen in Folio) darf wohl als ein Entwurf des Berichtes angesehen werden, den der Rath an die genannten Coryphäen der Theologie sandte; sie wird durch die Gutachten fast entbehrlich 1 ).

Im Jahre 1531 trat zu Rostock ein evangelischer Prediger auf, der in seinen Lehren mehrfach von dem damaligen Dogma der lutherischen Kirche abwich, außerdem aber seine Amtsgenossen bei dem gemeinen Volke zu verdächtigen und dieses aufzuregen sich bemühte. Er verwirft die Privatbeichte als papistisch, ertheilt den Communicanten ohne Verhör die Absolution, indem er zugleich behauptet, daß die übrigen Prediger die Beichte nur des Beichtpfennings wegen in Schutz nehmen; er tadelt die eingeführten Ceremonien, will die lateinische Sprache gänzlich aus dem Gottesdienst entfernt wissen und verlangt, daß die katholischen Geistlichen, die Luther's Lehre angenommen, nicht zum Singen in der Kirche zugelassen werden sollen.

Das Treiben dieses Irrlehrers, seine Anfeindungen mußten die Prediger mit gerechtem Unwillen erfüllen; es folgte ein heftiger Streit, der von beiden Seiten mit Erbitterung geführt wurde und dem Rathe der Stadt Rostock lebhafte Besorgnisse einflößte, besonders da der Anhang jenes Mannes nicht unbedeutend gewesen zu sein scheint. So sagt auch Oldendorp, daß der Prediger seine Amtsgenossen der Gemeinde verdächtig mache mit großer Bewegung und Aergerniß und das heilige Evangelium selbst in Verdächtigung bringe, und Rhegius erklärt ihn für einen Schwindelgeist, wie der Müntzer, Cartstadt, und was solcher aufrührerischer Clamanten sind. Der Rath wandte sich nun an die berühmten Theologen mit der Bitte, die Lehren beider Parteien zu prüfen und zu beur=


1) Den Entwurf, der mich zunächst zu weiterem Nachforschen anregte, besitze ich in einer kleinen Sammlung von Schriftstücken, welche sich auf verschiedene Verhältnisse der Stadt Rostock aus den Jahren 1531 - 1534 beziehen, als Notizen über einzelne Rathsverhandlungen, Verordnungen, Entwürfe von Briefen an die meklenburgischen Herzoge u. s. w. Die Stücke sind theils von Oldendorp selbst geschrieben, theils betreffen sie seine Angelegenheiten, so daß man glauben möchte, daß sie einst von ihm selbst gesammelt wurden, zumal da ein Blatt von seiner Hand mit der Bemerkung "tho myne ßake nha lubeke" versehen ist, und die Sammlung gegen das Ende des vorigen Jahrhunderts von Lübeck nach Rehna gekommen sein soll. Von den meisten Manuscripten besitzt das rostocker Archiv eine gleichzeitige Abschrift oder verbesserte Reinschrift.
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theilen, worauf denn die einstimmige Antwort erfolgte, daß der Sectirer, welcher die Beichte verwerfe, nicht ferner zu dulden sei.

Wer war aber jener Mann? Es ist wahrlich zu bedauern, daß sein Name, den der Rath "wohl um der Ehre willen" verschweigt, in den vorhandenen Actenstücken nicht vorkommt; auch Oldendorp übergeht ihn absichtlich und redet immer nur von dem "vorgedachten Predicanten". Bugenhagen spricht seine Vermuthungen aus und gelangt zu dem Gedanken, ob wohl Joachim Slüter , der gleichfalls gegen den Kirchengesang in lateinischer Sprache aufgetreten war, der "widerwillige Prediger" sei. Dann erzählt er ausführlich, wie Slüter zu ihm nach Lübeck gekommen sei, und er diesem wegen seines Eifers gegen die lateinischen Gesänge und des daraus entstandenen Zwistes harte Vorwürfe gemacht und ihn ernstlich ermahnt habe, worauf Slüter seine Ermahnungen mit Dank angenommen und ihm versprochen habe, Neuerungen und Zänkereien in jeder Hinsicht zu meiden und in Betreff der Ceremonien und Lieder so viel als möglich der lübischen Kirchenordnung zu folgen. Dann fährt Bugenhagen fort, er könne nach dieser Unterredung unmöglich glauben, daß Slüter derjenige sei, der jetzt zu Rostock seine Amtsbrüder wegen des Beichtpfennigs verdächtige und das arme Volk verführe. Indessen scheint es fast so, als ob Luther gleichfalls Slüter im Auge hat, wenn er in dem Briefe an den Rath sagt: "so möget Ihr ihn dennoch anzeigen, von mir Martino Luthero, daß ich ihn freundlich ermahne, als derjenige so nun lange Zeit das Predigtampt durch Gottes Gnade geführet vnd versuchet habe, wie ihn auch D. Pomeranus (d. i. Bugenhagen) zuvor vermahnet hat, daß er in geistlichen Sachen nicht zu kühn sey." Bugenhagen schließt seine Vermuthungen mit dem Ausspruche, daß der rostocker Irrlehrer ein Gefährte Never's und aus Wismar gekommen sein werde, denn dort würden ähnliche Reden vom Beichtpfennig geführt.

Es folgt nun das Gutachten Bugenhagen's, eine treffliche Denkschrift, die ohne Zweifel von des berühmten Mannes eigener Hand herrührt und vier und einen halben Bogen in Folio ausfüllt. Die letzte Seite des fünften Bogens enthält die Aufschrift:

Den Erbarn Ersamen wisen Heren Borgermeystern vnde Radtmannen der Stad Rostock, mynen gunstigen heren vnde frunden:

Die Einleitung mag hier wegfallen, In derselben spricht der

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Verfasser seine Freude darüber aus, wie das Evangelium auch in Rostock lauter verkündet werde, und bedauert dagegen, daß sich dort falsche Lehren, ein Werk des Teufels, einschleichen wollten. Er ermahnt zum reuigen Bekenntniß der Sünden, und daß man im eifrigen Gebete Gott um gute Seelsorger bitten solle, welche alsdann gebührend geehrt und gut gehalten werden müßten, damit sie nicht zum Fortgehen genöthigt würden, was leider oft geschähe. Dadurch werde Gottes Zorn gereizt, und schicke er den Undankbaren falsche Lehrer. Darauf geht Bugenhagen zu den einzelnen Lehrpunkten über.

Van der lere ouerst der predicanten by Iw vnde des eynen, de alleyne twedracht dar wedder maket, alse I. E. scrifft, antwerde ick also, dat de predicanten van der bicht vnde Ceremonien vnde tungen 1 ) na allen wörden, alse I.E. to my de lere vortekent gesand hefft, recht vnde Christlick leren, vnde weddervm dat de eyne, den I. E. nicht nömet, de wedder prediget, alse I. E. ock vortekent to my gesand hefft, mit sulker wise nicht to duldende is, wen he sick nicht wil beteren vnde Gade syne ehre vnde Christo syne warheyt laten; wente he leret jn den stucken nicht alleyne vnrecht, sunder bruket ock mit synem vnchristliken haderende nicht anders wen freuel motwillen; wente id schynet, dat he snlkes nicht vth vnwetenheit deyt.

Int erste van der bicht.

Dat de predicanten de bicht lauen vnde maken doch nicht darvth Conscientien stricke mit ertellinge aller sunden, jn sunderheit de Absolutie to halende vth Gades worde, dar dohn se sere Christlick anne, alse wy dat in vnsen scrifften vth Gades worde so bewiset hebben, dat sunder twiuel Christene lüde dar anne eyn wolgevallen hebben vnde vor vnrecht bekennen, dat me de Christlike bicht scholde alse vnchristlick vorwerpen. Rad vth Gades worde vnde des geliken trost der Conscientien schal io nemand vorachten, wor me de men halen kan. Me kan ouerst rad vnde trost in vnser bicht halen.dar anders neyn rad werd gegeuen den vnvorstendigen, wen vth Gades worde dar ock anders neyn trost werd gegeuen den bebröueden vnde angevechten Conscientien, wen vth Gades worde. Darvm werd dar ock dem, de Gades worde löuet, eyne vullenkamen Absolutie mit dem Euangelio Christi gespra=


1) Sprachen. Hier ist besonders die lateinische Sprache gemeint.
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ken: "Dyne sunden sind dy vorgeuen, Ga hen vnde sundige nicht mehr". Dat ordel geyt vp erden vnde mot jm hemmele gelden. Mit der eddelen gaue hefft Christus syne Christenheit geehret, Matth. rvj. rviij. Jo. rr. Dar tho hebbe ick dat vordehl, dat ick frylick tom Sacramente ga, wen myn prediker na vorhörder conscientie to my spreckt: "Ga tom Sacramente jn Gades namen", vnde richtet mit dem worde, dat my arme sundere dat Sacramente togehöret, vnde wo wol ick ane sulke vormaninge, "Ga tom Sacramente etc. .", mach dat Sacramente nehmen na rechter pröuinge der Conscientien, so nehme ick doch sulks ock mit alse eyn word, dat Christus mit my redet. Wente ick twiuele nicht, wat de prediker Christi mit my apenbar edder heymelick redet vam Euangelio edder van der vorgeuinge der sunden vnde van den Sacramenten, vns van Christo bevalen, dat sulk alles Christus suluest mit my redet dorch den mund des predikers. Paulus secht ij. Corin. v: "Alle dink jn Christo hebbe wy van Gade, de vns sich suluest vorsönet hefft dorch Christum, vnde hefft vns gegeuen dat Ampt der vorsöninge, vnde Got was jn Cristo vnde vorönede sick suluest de werld, dar mid dat he en nicht torekent ere sunden, vnde hefft in vns gesettet dat word der vorsöninge, darvm bruke wy vnser legatie edder bödeschop jn Christus stede, also dat Got dorch vns vormanet etc. ." Wy hebben ok vele andere tröstlike tosagen. Christi, Matth. rviij vnde anderswor bescreuen, dar vp ick wol darff mynem predicanten edder vorstendigen brodere bichten; wo wol se alleyne vp de bicht nicht gesecht sind, so sind se doch ock war jn vnser Christliken bicht.

Dat me öuerst mit sulker wise nicht mochte meynen, dat sulke gnade alleyne were gebunden an de heymelike bicht, so leren jwe predicanten ock, alse I. E. scrifft, de gemeyne Absolutie, de me entfenget vth der gemeynen predikye des Euangelij, so me der gelöuet, alse Christus secht: "De myne worde höret vnde löuet dem, de my gesand hefft, de hefft dat ewige leuent". Querst is dat war, wen my Gades word jm hnuen vorkundiget werd, worvm scholde id my nicht vele mehr angan, wen id my besundergen alleyne wedder myne sunderge sunde vnde noth vorkundiget werd?

Wy vormanen ock dat volk ane dwanck vnde ane conscientien stricke to der bicht vnde nehmen dar mede neynen ringen arbeid an vns, dem volke to sunderge vnder=

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richtinge vnde den angevechteden vnde beswarden conscientien to sundergem troste vnde Absolutien, alse gesecht. Vnde leren, dat se alleyne scholen ehre sunderge noth klagen, de se dach vnde nacht sunderlick drucket vnde wat se allermeyst anvechtet, alse ere sunderge noth vohr droch de Cananeische frowe van erer besetenen dochter, vnde de blinde sprack: "Id feylet my an dem gesichte, jck wolde gerne sehn etc. ." Id kumpt ock to tiden, dat etlike lüde jn sulke anvechtinge vnde jamer kamen, dat se gantz nicht to freden konen werden, ock wen se de gemeynen prediken hören. De dünel behenget ere herte mit nide, hate, opinien edder vortwiuelinge. Dem sulk wedder varet, de kan nicht beter dohn, wen dat he nicht lange dat vür so heymelick late by sick bernen, id mochte ein mal to grot werden, sunder he spreke: "Kum düuel, wy willen beyde alleyne vor mynes salichmakers richte stul gan, du scholdest dy benögen laten an gemeynem landrechte, dat is an der gemeynen predikye, dat du van my wekest, de wile du neyn recht hest an eynem mynschen, de in Christum gedöpet is; ouerst de wile du mit my mit gewalt varest, so kum vor dat Euangelion, vnse predicante schal dy vnde my eyn ordel spreken vth dem Euangelio." Dar spöret me ersten, wo sick de düuel wehret. Du ouerst, leue Christen, vare vorth vnde klage dem predicanten jn Christus stede dyne noth mit ernste, he werd dy in Christus stede eyn gnaden ordel sprekende, dat dem düuele nicht wol werd gevallen. Dat nym an vnde dancke Gade dorch Christum. De nicht bichten wil, de late id; du ouerst vorsüme nicht sulken trost etc. . Ick bün ock nicht an de heymelike bicht gebunden, doch wil ick to tiden sulke gnade nicht vorachten, sunder bruken.

Dar na, alse I. E. scrifft, leren ock jwe predicanten also. Wen Jemand rede 1 ) nichts sunderges to bichtende hedde, so scholde he doch kamen to dem predicanten vor der Sacrament entfanginge vnde bekennen, wat he löuet vnde wor vm he wil tom Sacramente gan, dat se weten, wen se tom Sacramente scholen heten gan, edder dar van bliuen; wente vnrüwige sundere edder schwermere willen se dar nicht heten togan, so lange dat se sich beteren. Kamen se gelike wol, dat sta vp erer kappe; lopt ock eyn heymelick Judas dar mede, dar sehe he vp. Sulk alle is so recht vnde Christlick, dat id my wundert dar ane


1) bereits, schon.
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to twiuelende, de wile me ock to dissem Sacramente brod vnde wyn mot hebben vor de jennen, de dar willen communiceren. Vnde wy konen by disser tid neyne andere Excommunicatio holden wedder de freuel schandsunders, ock is dat eine gute wise, eynen jeweliken to wernende, dat he werdich tom Sacramente ga etc. . Den armen sundern, de sick betern willen vnde löuen vorgeuinge der sunden jn Christo, höret dat Sacramente tho.

Hyr wedder, alse I. E. scrifft leret eyn van den Euangelischen predicanten, dat sulke bicht papistisch sy, vnde de so leren sind hüchelere vnde söken den bichtpenninck. Tom ersten. Ick hebbe tovorn bewiset, dat se Christen is vude Euangelisch; schal se ouerst papistisch syn, war sind denne de satisfactiones, aflates breue, vegevüres Missen, formae semel in vita et semel in mortis articulo etc. .? Sulke dinck hören tor papistischen bicht mit dem bylouen, dat dy dyne sunden vorgeuen werden darvm, dat du se altomale sechst etc. . Tom andern. Id ist wunder, dat dat hüchelers scholen syn, de de lüde gerne annehmen to lerende, to tröstende, to vormanende vnde vorderen se to sich sunderlick antonemende mit Gades worde. Id sind io nicht monneke herten, de sick wech sluten, wen se dat glas vp dem predickstole vmme gekeret hebben, dat dar na nemand erer gebetert is. So höre ick wol, dat to Rostock möten hüchelers heten, de mit sulker Christliker moye dorch dat Evangelion den armen lüden raden willen. Tom drudden. Dat he secht, se söken den bichtpenninck, dat redet he sunder twiuel nicht vth guder meyninge vor dem volke, dat nu gerne de hand toslut vnd gifft noch den predicanten, noch den armen: darvm hefft he dat volk van den andern guden predicanten gut aftowisende mit sulken lögen wörden. Neen, lewe düuel, wen me so dat Euangelion heymelick vnde apenbar leret, so volget noch bichtpenninck, noch offerpenninck, edder votinen. Querst van sulkem erlagenen bichtpenninge wil ick jnt ende mehr seggen.

Ane dit, so scrifft I. E. ock van dem suluigen predicanten, dat he de Communicanten nympt vnde spreckt en ane vorhöret eyne Absolutie to samende. Dat benympt em werlick vele moye vnde scheldet de wile de andern, de eren schapen trüwelick reden vnde laten sich nicht vordreten. Querst wat is sulker Absolutien van nöden? Wente, wen me jnt gemeyne an der Absolutien sick benögen laten wil, so wet ick neyne beter Absolutie, wen de ge=

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meyne predikye des Euangelij: "De dar gelöuet, de is salich; de ouers nicht löuet, de is vordömet." Also hefft Christus jnt gemeyne geprediget dat Euangelion; de dem löuede, de hedde eyne gude absolutie, nomelick dat ewige leuent; de dar löuede, de krech. Querst sunderlick tröstede he vnde absoluerede, de sunderlick to em quemen. Id were denne, dat disse predicante nicht dat Euangelion predikede, sunder brachte de stunde tho alleyne mit sulkem haderende van den fryen Cerimonien, so bedrafften syne schölere werlick wol eyne betere absolutie. Ick fruchte, dat he vnnodige nygeringe gerne socht to ergernisse vnde lichtverdicheit des volkes; dat is mi van herten leyd. Wen de predicante Got fruchtede vnde dede sulks jn erdome, so wolde wy alle to syner beteringe helpen mit bedende vnde vormaninge etc. .

Tom andern, van den fryen
Ceremonien vnde tungen.

I. E. scrifft, dat de predicanten leren, jn den fryen Cerimonien ergernisse der swaken to vermidende, vnde dat mit tungen reden vth der hilgen scrifft, schal vnvorbaden syn, j. Cor. riiij, so verne dat dat Volk mit Gades worde düdesch vnderrichtet werde vnde ordentlick ock mit Christlikem düdeschen sange Got lauen. Der wegen se ock dat Testament Christi düdesch holden vnde dudesch döpen. Sulk is alle recht, alse ick van den Cerimonien jn der lubeschen ordeninge 1 ) vnde noch mehr jn dem boke vth den dren ordeningen 2 ) bescreuen hebbe, vnde is wunder, dat ehn Christen dar wedder schelden moge. Noch scrifft I. E., dat de genante prediker ane vnderlat


1) Der Kayser | liken Stadt Lübeck | Christlike Ordeninge, | tho denste dem hilgen | Euangelio, Christliker | leue, tucht, frede vende | enichyt, vor de y oe get | yn eyner guden Schole | tho lerende. |Vnde de Kercken denere vnd | rechten armen Christlick | tho vorsorgende. | Dorch Jo. Bugen. Pom. | beschreuen. 1531.
Am Ende: Gedrucket yn der Key = | serliken Stadt Lubeck | dorch Johan Balhorn | M. D. XXXI. - 8°. - 96 Bl.
2) Van menni = | gerleie Christliken sake | tröstlike lere, genamen | vth der Lübeker, Ham | borger vnde der Brune | siviker Ordenininge || Dorch Joannem | Bugenhagen Pomern. || M. D. XXXI.
Am Ende: In der Keyserliken Stadt Lübeck by | Joan Balhorn (by der Abtekenn wa = | nende) gedrücket, jm jar na Chri | sti vnses heilandes | gebort. | M. D. XXXI. - 8°. - 276 Bl.
Eine hochdeutsche Ausgabe (34 Bogen in 4°) erschien in Wittenberg, 1531.
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dar wedder hadert, bespottet de bunte Misse, alse he se nömet. Id were beter, dat he syn volk mit dem Euangelio lerede, wen dat he so hadert vmme syne sunderge ehre, alse id schynet. Worvmme dat he ock de papen nicht hebben will by sulken fryen Cerimonien, de sick bekeren to dem Euangelio Christi, dat kan ick nicht vorstan. Ock is nicht vnchristlick jwe ordeninge vam dageliken sange, dat etlike psalme latinisch vnde düdesch, responsoria de tempore, Te deum etc. . werden gesungen, latinische vnde düdesche lectien dorch de jungen vth der biblie gelesen. Noch scrifft I. E., dat he dar wedder scryet; Ick weth nicht worvm.

Van den tungen, dat is dat me redet vth der hilgen scrifft vnde lest vnde leret myt anderen tungen, wen mit düdescher, segge ick vp dit mal also. Do Got wolde, dat dat Euangelion Christi ersten scholde vthgan jn de gantze werld, do gaff he dar tho mennigerleye tungen, Act. ij, de wile me mennigerleye tungen prediken scholde. Nu ouerst jn dissen letsten tiden, do Got wolde dat Euangelion Christi wedder klar an den dach bringen, gaff he vns wedder de spraken, dar mede de hilge scrifft gescreuen is, nomelik de hebreische vnde de grekische: de hebreische tom olden Testamente, de grekische tom nyen Testamente. Ock gaff he vns wedder de reyne latinische sprake, dat wy latinischen deste beth mit der latinischen sprake sulke scrifft den latinischen konden vohrholden. Sulk is nu so sere am dage, dat me sick des vorwunderen mach; vorlöchenen kan me id nicht. Gades gauen sind id, to denste dem Euangelio vorschaffet vnde geschencket, so wol alse de druckerye. De nu sulke tungen nicht liden kan, de schendet Gade syne gauen, hatet dat Euangelion vnde wil, dat dat Euangelion nicht lange bliuen schal. So werd denne eyn jewelick swermer lerende, wat he wil, wen nemand krefftich mit Gades worde wehret. Sulke haderers konen alle dinck vorwerpen, ouerst wen noth hyr an kumpt mit kettertye, so weten se nichts; ja se fragen dar ock nicht vele na, se laten wol dat water ouer berch vnde böme gan. So moten denne de tungen vnde eddelen Gades gauen, de wile wy se noch hebben, hervohr treden etc. .

Darvmme de eyn Euangelisch prediker wil jn eyner Stad syn vnde sorget nicht mit groten vlite vor de arme jöget, dat gude kynder Scholen wedder werden vpgerichtet, dar vth wy mögen krigen mit der tid gelerde lüde tom werliken vnde geistliken regimente - de is eyn sachte

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leuent vnde nicht eyner bonen werd vnde deyt groten schaden, wente dar na wil eyne grote vnwetenheit vnde düsternisse kamen, to vordunckerende dat Euangelion Christi. Ick swige nu, wo grot sulke ere egene eselye vnde vnvorstand an den dach geuen, wen se so vnbescheydich vor dem armen volke darwedder plapperen. Ick wolde en raden, dat se sick recht vnderrichten leten vnde dat se leten andere lüde seggen van sulken saken, dar se nicht van weten.

Sulck antwerde ick I. E. vp I. E. scrifft van beyderleye predicanten jwer Stad tom besten vnde, alse ick höpe, ock dem jrrigen predicanten tor beteringe, so he anders God mehr leff hefft, wen syne egene ehre. Wen he sick ouerst nicht wolde beteren van synem vnchristliken haderende vnde twedracht jn jwer Stad to makende, so moste me en slicht affetten, alse Christus leret vam oge, dat vns ergert etc. .

Ouerst Ersamen, wisen heren, de wile gy velichte vmme ehre willen den wedderwilligen predicanten nicht hebben genömet, hebbe ick mennige gedanken gekregen. Wente ick kenne men twe predicanten by jw, de hyr by my sind geweset; de eyne het Er Valentin Cordman 1 ), dar hefft me newerlde sulks van gefecht hyr by vns, vnde id stund darop, dat me en hyr gerne hedde gehat to einem predicanten. De andere het Magister Jochim 2 ), van dem is hyr wol gesecht tovorne des geliken, alse I. E. scrifft. Ouerst dar na quam he suluest hyr hehr to my, vnde ick nam en jn myne slapkamere vnde redede en an so groff mit aller mate, alse van em gesecht was. Van sulken worden klagede he, dat em etlike vnrecht weren ouergesecht; etlike ouers bestund 3 ) he etliker mate vnde na Christliker vnde fruntliker vormaninge sede he my tho, dat he vnnödige nygeringe edder twedrechtige nicht wolde maken, sunder latin laten singen, wen de leyen nicht vorhanden weren, to öuinge der hilgen scrifft, ock latin vnde düdesch vorordenen helpen to singende vnde Got to lauende vnde, wor dat by jw deenstlick wurde syn, der lubeschen Ordeningen na tho volgende, wo he id denne mit den andern predicanten ouer eyn queme vnde


1) Bugenhagen nennt Valentin Korte (Prediger zu St. Marien) wohl nur durch ein Versehen Cordmann.
2) Daß mit "Magister Jochim" Joachim Slüter gemeint ist, wird schwerlich Jemand bezweifeln können.
3) bestehen = gestehen. Vgl. Grimm's deutsches Wörterbuch, Bd. 1, S. 1672.
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sick wol schicken wolde; ock mit allem vlite vnde rade vnde so vele by em vprichten, dat de jöget nicht so schendich wurde vorsümet, vnde namals ock mochten lüde syn, de der werld mochten denen. Item der bicht haluen was he vns mit neynem worde enjegen, ock bekande he, dat he id des Sacramentes haluen mit den Sacramentesschenderen nicht heelde; he wuste ock wol, dat em her haluen nemand wurde schuld geuende. Van der ouericheit handelde ick ock mit em, vnde he lauede, sich richtig darjnne toholdende; wat geschehn were, dat hedde de noth des Euangelii jnt erste gevordert. Summa, he was mit my na syner bekentnisse jn dissen genömeden stücken eyndrechtich vnde nam mit dancke alle myne vormaninge alse Christlick an, besundergen dat he sich vnnütten scheldendes gerne wolde entholden vnde nicht alleine sick slan mit den wüluen, sunder ock gedencken syne schape vlytich to weydende, dem vorholden dat gesette, de sunde to erkennende, dat Euangelion to troste vnde to vorgeuinge der sunden. Dar na nam ick en alse mynen leuen broder vnde medehulper der Euangelij to mynem dische vnde was frölick ouer sulker sake vnses Heren Christi. Sulk alles werd he sunder twiuel so mit my bekennende, he wet wol, dat ick hyr ane nicht vnrechts segge. Wol is denne de wedderwillige predicante? Ick achte io, dat Magister Jochim na sulker fruntliken vnderrede vnde tosage nicht so giftig scholde wedder vns reden der bicht haluen, dat he vns ock vohr holden scholde den bichtpenninck wedder vnse schuld. Ick holde, wen he id van eynem anderen hörede, he wurde vns dar jnne vordegedingen vnde schelden en vor eynen vnvorschemeden lögener. Wente wat jwe predicanten leren van der bicht na I. E. scriuende, dat is na allen worden vnse lere, vnde geyt vns an, wat der haluen jwen predicanten ouer dem stucke weddervaret. Darvm make ick gissinge 1 ) (ick mochte ock wol feylen), dat de wedderwillige predicante sy to Iw gekamen van der Wismar vnde sy Neuers geselle; dar gan sulke worde vam bichtpenninge wedder vns, alse ick I. E. tor warninge klagen wil. Tor Wismar is de Stad vul lesteringe Gades des Sacramentes haluen. Wat Christus ia secht, dat seggen se neyn vnde sind der wegen vthermathen geistlick. Vnde wy möten fleschlick syn, de wy Christum ehren vnde syne warheit bekennen jn synen wor=


1) Vermuthung. Holländisch giffen; englisch to guess.
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den vnde bevehle vam Sacramente. Neuer de leret se, wen me de worde Christi "Dit is myn liff, dit is min blut" vorsteyt alse se luden, so is id Litera occidens, de dödende bockstaff; wen me ouerst Christo wedder blerret "Neen Christe, id is nicht dyn liff, id is nicht dyn blut, sunder id is men eyn betekent liff vnde blut", so is id Spiritus viuificans, de leuendichmakende geist. Dat is nicht alleyne lesteringe, sunder ock graue eselye; solke esele scholde me ersten tor Scholen vören, dat se lereden, wat litera vnde wat Spiritus sy, vnde bereden ersten Got fruchten, ehr se so hervth varen mit mynschen dancken, de armen lüde to vorvörende. Dar na breckt he sick mit groter kunst vnde gedencket, wor he Christus liff henne sette jm hemmele, dat syn liff vns io nicht hyndere jm Sacramente, alse sulkes alles na wiset syn egene bökeken 1 ), van sulker kunst vnde lesteringe vt andern tohope geslagen. Ick vermanede en mit eyner latinischen scrifft vth Hamborch 2 ); id halp nichts. Ere egene ehre vnde kop is den lüden so leeff, Gades ehre mach bliuen, wor se kan. Dar tho, nu nicht lange vorgan, reyseden twe Magistri


1) Gedruckte Schriften Never's waren bis dahin nicht aufzufinden, auch weiß man nicht, ob die beiden in Schröder's Kirchen=Historie des Evangelischen Meklenburgs, S. 153 erwähnten Abhandlungen über das Abendmahl und die beiden Naturen Christi durch die Presse verbreitet wurden. Daß aber Ludwig Dietz zu Rostock ein Werk Never's gedruckt hat, geht aus einem Schreiben hervor, welches die Herzoge Heinrich und Albrecht von Meklenburg am 6. Mai 1530 an den Rath der Stadt Rostock richteten. In demselben machen die Herzoge dem Rathe die Anzeige:

wie Er Heinrich Never zur Wißmar ein newes Buchlein widder das heilige Hochwirdigk Sacrament des fleisches vnnd blutes Cristi itzt gemacht, des willens, solches jn druck offentlichen außgehen zu lassen. Dweil dan vns, als der obrigkeit, dasselb also zu dulden vnd zutzesehen nicht getzimen noch gepuren wil vnd wir vns befaren, das er solich buchlein Ludwigen Dietz (der jme in selben sachen vorhin auch gedient) oder sunsten bey euch zu trucken zustellen mocht, Szo haben wir Ludwigen Dietz, auch den fratribus zu sant Michel hirbey jnliegendes lauts geschrieben, Begern derwegen gutlich, Wollet Ine solich vnser schreiben behendigen, mit Ernste befehlen, das angetzeigte buchlein, ob sie es bekomenn werden, oder andere materj in der heiligen schrifft, zuvor vnd ehe sie vns, als der obirkeit, soliches zu besichtigen zugestelt, nicht trucken u. s. w.

Die Briefe befinden sich im Archive zu Rostock.
2) Bugenhagen hielt sich vom 9. October 1528 bis zum 9. Juni 1529 in Hamburg auf. - Die hier in Rede stehende Schrift erwähnt Jäncken im Leben Bugenhagens (Gelehrtes Pommer=Land), 1734, S. 138. Nr. XLII. also: Jo. Bugenhagius contra Lib. Henr. Never ad Wismar. fratres. 1529. 8°. citatur in Biblioth. Mayeri p. 768. Nr. 4.
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van hyr vth der lübeschen Scholen na der Wismar, de wolden mit Neuer reden vnde en vnderrichten; he hedde nicht de tid, se konden nicht mit en tor saken kamen. De eyne Magister is Erasmus, by jw wol bekand, geleret jn synen kunsten vnde artibus, dar tho eyn gud Theologus vnde bekenner der warheit. Wat scholde wy dem Neuer mehr dohn? Ad propositum. Do de beyden Magistri jn eyner gemeinen herberge weren, vnde wurd wat gudes van framen lüden gesecht van vnsem Euangelio, dar hoff an de werd vnde lesterde mit gruweliken worden wedder vns, vnde manck andern worden loch he unvorschemet disse vnvorschemede lögene: "Me plach twe penninge to bichtende geuen, nu möt me den predicanten to lübeke jn der bicht suluerne bekere vnde suluerne lepele geuen". Dar öuer redede de hilge man so gruwelick, dat de beyden Magistri Gade danckeden, dat se vth der lesteringe wech quemen. Worvmme lücht me vns sulke vnvorschemede lögene ouer wedder alle wetent der lüde? Alleyne darvm, dat wy nicht mit en willen Sacramentschendere syn. Se sehen wol, dat ere vulen Argumente wedder dat Sacramente Christi nicht helpen willen, so sind nu sulk storment vnde vnvorschemede lögene ere besten argumente; ick hape, id scholen ock de lesten syn. Ick hebbe hyr sulke lögene to lubeke vp dem predickstole apenbare dem volke geklaget, wo sulke lögene tor Wismar van vns werde apenbar gesecht vam bichtpenninge vnde suluernen geschencken jn der bicht, dat arme volk van vnsem Euangelio aftowendende, vnde hebbe der wegen der lögene trotz gebaden, dat eyn mynsche mochte kamen vnde seggen, ick hedde eynen scherff van em genamen, ick swige denne mehr; dat kan Got sy gelauet nemand dohn. Sulk klage ick I. E. ock, wente ick sehe vnde vorsta, dat sulke lögene to jw ock gekamen is. Mynent haluen wolde ick sulke lögene wol laten vor öuer gan, wente Got is richter, öuerst vmme des armen volkes willen, dat vorvöret werd, schal ick nicht swigen. Ach Here Got, kan nemand der guden Stad Wismar helpen edder raden? Wente Got kan io tom lesten sulke motwillige lesteringe synes bevehles vam Sacramente nicht liden. Neuer mit synen Scholeren lestert, de papen hebben jn dissen jare ere vegevöres Missen dar wedder jngebracht vnde lesteren ock, dat kan Neuer wol liden. Got wende io aff sulken erdom vnde alles böses van der Stad! Ick vorsehe my, dat dar ock io borgere vnde lüde sind, de Christum mit synem reynen

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Euangelio leeff hebben, den sunder triuel sulke lesteringe leyd is vnde bidden Got dar wedder vnde vmme gnade. Ick bidde alle dage vor se, wente wen sulks nicht gebetert wurde, so mochte de gantze Stad ock jn leffliken vordarff dar ouer kamen; jck drage eyn hertlick medelident mit en, alse mit vnsen leuen nabers. Christus schende de motwilligen tor beteringe vnde erlüchte de errigen, de id nicht beter weten, Amen. J. E. holde my dissen anhanck to gude, wente ick wolde so gerne dar den errigen helpen, alse by Jw den twedrechtigen na der gnade Gades dorch Jesum Christum, vnsen Heren, Amen. Christus sy mit jw jn ewicheit. Screuen to lübeke Mdxxxj. xxiiij. Nouebr.

J. E. Willige

Joannes Bugenhagen,    
Pomer.                   

Das Gutachten des Urbanus Rhegius nimmt vier Bogen in Folio ein; nur die letzte Seite hat der Verfasser selbst geschrieben. Rhegius stimmt in seinem Urtheil über die Lehren der Rostocker Prediger ganz mit Bugenhagen überein, so daß es unnöthig erscheint, das Gutachten vollständig mitzutheilen. Als Probe mag jedoch ein kurzer Abschnitt hier eingeschaltet werden.

Von Sprachen.

Paulus 1. Cor. 14 spricht: "Lieben brüder, vleissigt ench des weissagens vnd weret nicht mit zungen reden". Das ist des heiligen geists ordnung, der wil die sprachen in der gmein gebrucht haben, doch das man sie zur besserung vslege. Weil nun die Biblj in lateinische sprach verfast ist, sol man die latinische sprach in der kirchen gebruchen vnd nit verpieten, dan die diener das Euangelij werden dodurch geübet, das si zur vßlegung vnd leer dester geschickter werden. Eur prediger ist frilich ein Teutscher here, den solten jer gen Rhodis schicken, Dan er kan villeicht des lateins nit vil. Last den Blindenfierer gehn!

Schließlich soll noch darauf aufmerksam gemacht werden, ob die im Jahre 1531 erfolgte Suspension Matth. Eddeler's


1) Bei dem Abdruck des Gutachtens habe ich die nöthige Interpunction hinzugefügt, die Abkürzungen aufgelös't, dabei aber die durch die Auflösung entstehende Verdoppelung der Consonanten am Ende eines Wortes weggelassen.

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zu Rostock 1 ) vielleicht mit dem Zwiste der Rostocker Prediger in Verbindung steht. Auch über den Ausgang des Streites vermag ich eben so wenig Nachricht zu geben, als über den Namen des Mannes, der ihn ins Leben rief. Den Wunsch, daß ein anderer Forscher hierin glücklicher sein möge, werden meine Leser theilen; denn man begehrt mit Recht zu erfahren, in welcher Beziehung jener Mann, den alle Meklenburger verehren, zu dem Kampfe der rostocker Geistlichen gestanden hat, - ich meine Joachim Slüter.

Vignette

1) Man vgl. rostocker Etwas, 1740, S. 345, und Wiggers, Geschichte u. Urkunden der Stadt Gnoyen, 1855, S. 121 flgd.