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III.

Bischof Nicolaus Böddeker von Schwerin.

Von

D. C. W.


B ischof Hermann III. von Schwerin starb am 3. Januar 1444 mit dem Nachruhme einer tüchtigen Verwaltung der weltlichen Güter seiner Kirche, der ihm freilich streitig gemacht und für einen seiner Vorgänger in Anspruch genommen worden ist. Gewiß wird aber sein, daß er einen Schatz an Büchern und Werthgegenständen hinterließ, welcher ansehnlich genug war, um das Dom=Capitel zur Abfassung eines Statuts zu veranlassen, nach dem jene Sachen ohne des Capitels Einwilligung nicht veräußert werden sollten 1 ). Gleichzeitig erweiterte oder erneuerte man die bei der Wahl des verstorbenen Bischofs aufgesetzte Capitulation vom 6. Julii 1429 2 ) und erhob alsdann den M. Nicolaus Böddeker, nachdem derselbe die Capitulation beschworen, auf den bischöflichen Stuhl. Am 17. März 1444 wurde ihm die Confirmation ertheilt.

Bischof Nicolaus I. war aus Wismar gebürtig 3 ). Sein Vater hieß ebenfalls Nicolaus, seine Mutter Alheidis. Ersterer hatte einen Bruder, Namens Jacob, welcher Priester


1) A. Krantzii Metrop. L. XI, c. 33. Hederichs Verzeichn. d. Bisch. z. Schwerin in Gerdes Nützl. Sammlung. S. 453 und N. b. ebendort.
2) Verhältn. zw. d. Hgth. Mecklenburg u. d. Bisth. Schwerin, Beil. III.
3) Ueber Herkunft u. s. w. vgl. Schröders Pap. Mecklenb. S. 2020 ff.
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war, und die Mutter wird eine Schwester des Pfarrherrn zu U. L. Frauen zu Wismar Johann Sadelmann gewesen sein 1 ), welche Verwandtschaft wohl Anlaß gab, daß nicht allein der ältere Sohn, Nicolaus, sondern auch der Bruder, Konrad, beide sich in den geistlichen Stand begaben. Uebrigens war die Familie Böddeker (Böttcher) keineswegs eine hervorragende, denn was die Personen anlangt, welche der Sammlerfleiß als zu ihr gehörig verzeichnet hat, so darf man unbedenklich die Hälfte derselben für wirkliche Faßbinder halten, und daß gar das vermeintliche Geschlecht einer Straße in Wismar den Namen gegeben haben sollte, entbehrt vollends aller Begründung; es läßt sich sogar urkundlich nachweisen, daß grade viele Böttcher von je in der platea dolificum, doliatorum, der Bottichmacher= oder Böttcher=Straße, gewohnt und ihr Handwerk getrieben haben.

M. Nicolaus soll zuerst 1425 und zwar als Pfarrherr zu S. Marien in Wismar genannt werden, aus welchem Umstande man wohl mit Recht geschlossen hat, daß seine Geburt in das vorletzte Jahrzehend des vierzehnten Jahrhunderts falle; die Pfarren in den größeren Städten waren Stellen von Bedeutung, die man schwerlich einem eben erst geweiheten Priester, ohne Verbindungen und unerprobt, gegeben haben wird. Jedenfalls aber bekleidete M. Nicolaus jenes Amt am 14. März 1429 und war zugleich Decan des minderen Kalands, in welcher Eigenschaft er eben an jenem Tage einen Priester zu einer erledigten Vicarie präsentirte. Er war auch Mitglied des großen Kalands, doch ist es nicht sicher (wenn es auch wahrscheinlich ist), ob er dies als wismarscher Pfarrherr war, da die Matrikel der Brüderschaft mit ihm beginnt und ihn als bereits Bischof bezeichnet. Uebrigens tritt M. Nicolaus als Pfarrherr nicht weiter hervor, und man könnte muthmaßen, daß er sich die Zeit über zu Hamburg für gewöhnlich aufgehalten, wo er, unbekannt wann, Domscholasticus gewesen ist 2 ), wenn nicht eben seine Stellung als Kalandsdecan, so wie, wenn man will, eine später von ihm als Bischof erlassene Verordnung 3 ) Grund zu glauben gäben, daß er sein Amt in Person verwaltete. Ein Andenken, welches alle Verwüstungen der sogenannten "Renovationen" glücklich überstanden, hat er sich dadurch gestiftet, daß er eine der Chor=


1) Jener, als Vatersbruder verbürgt, wird "Vetter", dieser "Oheim" des Bischofs genannt. S. Urk. Samml. Nr. XV.
2) S. Urk. Samml. Nr. XIV.
3) Stat. synod. d. a. 1444, §. 16, in Westph. Mon. ined. T. IV, p. 1068.
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schranken in derselben und zwar die südöstlich hinter dem Altare befindliche verfertigen ließ, wie sein darauf angebrachtes Wappen beweis't; dasselbe zeigt einen Schwan im blauen Felde, welcher nach einem Bande (außerhalb des Schildes!) schnappt, auf dem das Wort fides gelesen wird. Wie lange M. Nicolaus Pfarrherr zu Wismar war, muß dahin gestellt bleiben; sein nächst genannter Nachfolger war Gerd Schröder, 1446 1 ). Erst 1435 im October erscheint M. Nicolaus wieder und zwar als Domherr von Lübek in Magdeburg, wo er einen silbernen Becher erwarb, der seinem Oheim Johann Sadelmann, vormals Canonicus daselbst 2 ), gehört hatte 3 ). Als dann 1439 der "gelehrte und erfahrene" Decan zu Lübek M. Nicolaus Zachow zum Bischofe daselbst erwählt worden war, wird M. Nicolaus Böddeker der unmittelbare Nachfolger desselben in seinem Amte geworden sein, da er bereits 1440 als Inhaber desselben bezeichnet wird 4 ). Als lübischer Decan kaufte er auch am 13. Januar 1441 vom Rathe zu Lüneburg 50 Fl. Lübisch Rente für 800 Fl., in welcher nicht unbedeutenden Summe wohl ein Theil der väterlichen Erbschaft entstammte, über die er sich im Vorjahre mit seinem Bruder Konrad, dem schwerinschen Scholasticus, geeinigt hatte. Auch von Johann Wolters, Cantor zu Schwerin und Canonicus zu Lübek, wird M. Nicolaus 1441 Decan genannt 5 ), und endlich wird diese seine Würde durch das lübische Memorialbuch bestätigt 6 ), während für die eines Domherrn von Schwerin, welche ihm beigelegt ist 7 ), ein urkundliches Zeugniß bisher nicht vorliegt. Mag M. Nicolaus nun aber in diesem engeren Verhältnisse zum schwerinschen Dome gestanden haben oder nicht, jedenfalls war er dem Cantor bekannt und der Scholasticus wird es nicht haben fehlen lassen, dem Bruder das Wort zu reden, dessen Befähigung ohnehin der Nähe Lübeks wegen leicht dem Capitel zur Kunde kommen konnte. Außer diesen beiden Personen haben muthmaßlich an der Wahl Theil genommen der Decan Hermann Robin, Hinrich Raven, Archidiaconus zu Tribsees, Woldemer Moltke, Archidiaconus zu Waren, Johannes Wendland, Johannes Erd=


1) Schröder a. a. O. S. 2037.
2) Ebd. S. 1704.
3) S. Urk. Samml. Nr. I.
4) Schröder a. a. O. S. 2022.
5) S. Urk. Samml. Nr. II.
6) Jahrb. XXI, S. 178.
7) Hederich a. a. O. S. 453.
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wan, Hinrich Plote und Johannes Werner, die wenigstens im September 1444 als Capitularen genannt werden 1 ).

Die Confirmation des Bischofs Nicolaus I. soll, wie bereits angegeben, am 17. März 1444 erfolgt sein, während derselbe erst am 27. August desselben Jahres seinem Metropolitan seine eidliche Verpflichtung im Schlosse zu Bützow ausstellte 2 ).

Mag nun Bischof Nicolaus die weltlichen Güter seiner Kirche mehr oder minder gut in Stande gefunden haben oder nicht, die Zucht und Ordnung unter der Geistlichkeit seines Bisthums befand sich offenbar in einem keineswegs tadellosen Zustande und dies veranlaßte ihn ohne Zweifel, daß er noch im Herbste desselben Jahres, in welchem er den bischöflichen Stuhl bestieg, eine Synode nach Bützow einberief, deren Beschlüsse alle offenbar darauf hinausgehen, den bestehenden Schäden der Geistlichkeit Abhülfe zu leisten und dem eingerissenen Unwesen in den Sitten und der kirchlichen Ordnung einen Damm zu setzen, wie sich aus folgendem Auszuge der Beschlüsse 3 ) ergiebt.

§ 1. Rechtsverletzungen sollen innerhalb 30 Tagen, nachdem sie ruchbar geworden, zur Untersuchung gezogen werden. - § 2. Des Gottesdienstes soll bei Nacht und bei Tag, öffentlich wie im Hause, fleißig gewartet werden. - § 3. Alles kirchliche Geräth und Geschmuck soll sorgsam und nicht von Weibern, sondern von den Ministranten gereinigt werden. - § 4. Wer Kirchen, Kapellen oder Altäre inne hat, soll keinen Geistlichen oder Priester eines fremden Sprengels ohne höhere Erlaubniß als Stellvertreter anstellen bei Strafe von 10 Mark. - § 5. Niemand soll ohne bischöfliche Confirmation ein Lehn übernehmen. - §. 7. Wenn ein Unberechtigter sich mit der Handhabung eines solchen abgiebt, so


1) Westphalen I. c. p. 1067.
2) Schröder (a. a. O. S. 2035) und Beehr (Rer. Meclb. L. IV. p. 519) setzen beide, wahrscheinlich nach Leibnitz (Scr. rer. Brunsv. T. II, n. 23, p. 257), den letzterer anzieht, die Eidesleistung in das Jahr 1445, während Rudloff (Mecklenb. Gesch. Th. II, S. 767) das Jahr 1444 angiebt, Da eine so späte Ableistung des Juraments jedenfalls höchst auffallend sein und man in Beihalt von Decret. Greg. h. II, t. XXIV, c. IV., wohin auch Beehr a. a. O. weis't, annehmen muß, daß jener eidliche Revers nichts anderes ist, als der Eid, welchen alle Bischöfe der bremischen Erzdiöcese zu leisten hatten, auch Rudloffs Autorität die gewichtigere ist, so schien es gerathen, diesem hier zu folgen.
3) Westphalen I. c. p. 1063 seq. Dorther ist die Eintheilung der Paragraphen beibehalten.
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soll, wenn er auf dreimalige Aufforderung nicht davon abläßt, der Gottesdienst in dem Kirchspiele gelegt werden. - § 8. Die Eucharistie soll frei ausgestellt, die Fünte unter Verschluß gehalten und sie, wie die übrigen Sacramente, umsonst gespendet werden. - § 9. Die Absolution einer Sünde wegen soll kein Priester, welches Standes und Ranges derselbe auch immer, dem anderen oder sonst wem ertheilen, ohne besondere Erlaubniß vom apostolischen Stuhle, dem Bischofe oder dem Ortsgeistlichen in geringeren, oder vom apostolischen Stuhle oder dem Bischofe in bischöflichen Fällen zu haben. In den Pönitenzkammern soll nur in Nothfällen das Sacrament gereicht werden. - § 10. Der bischöflichen Absolution unterliegen folgende Fälle: Excommunication durch das Gericht oder die Synode, Lästerung Gottes und der Heiligen, heimliche oder gegen das Verbot der Kirche eingegangene Ehen, Brandstiftung, Sacrilegium, Zauberei, Ketzerei, Nothzucht, Ehebruch, Mord, Waisenbedrückung, Fälschung, Meineid, Mißhandlung der Eltern, Sodomiterei und Sünden wider die Natur. - § 11. In Erneuerung des unter Vorsitz des Cardinal=Legaten Guido (1266) gefaßten Provinzialsynoden=Beschlusses soll keiner weder bei sich noch sonst wo eine Beischläferin haben; dem dawider handelnden soll sein kirchliches Beneficium genommen und einem anderen zugetheilt werden. - § 12. Geistliche, welche kein Beneficium haben, sollen wegen des gedachten Vergehens von ihren Oberen nach Maaßgabe des Delicts und der Person gestraft werden; für die Beurtheilung des Thatbestandes ist das Decret des Baseler Concils maaßgebend. - § 13. Geistliche sollen für Völlerei und Trunkenheit außer der gesetzlichen Strafe einer Buße von 5 Mark Lüb. unterliegen. Kein Geistlicher soll außer auf der Reise Krüge besuchen; sie sollen mäßig trinken und in keinen anderen dringen, daß er trinke, sonst sollen sie außer der Strafe des Ungehorsams eine Pön von 5 Mark zu tragen haben. Auch soll die Geistlichkeit durch die Beichte gegen das Saufen bei Hoch und Gering unter den Laien zu wirken suchen und hartnäckigen Trunkenbolden das Sacrament verweigern. - § 14. In Grundlage der allgemeinen Vorschriften und Beschlüsse des constanzer Concils wird verboten: kein Geistlicher soll in scheinenden oder schmutzigen Kleidern, grüner oder rother Farbe, durch Kürze oder Abgetragenheit auffällig, einhergehen; keiner soll goldene oder silberne oder auch nur messingene Hefteln oder Gürtel tragen, herunter hangende Aermel oder geschlitzte Röcke oder umgekrämpte Säume, alles außer der gewöhnlichen Strafe bei Buße von 3 Markt. Nur Domherren

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der Kathedralkirche, Magister, Doctoren und Licentiaten dürfen mit Buntwerk oder Seide gefutterte Kleider tragen, und niemand darf einen Ring führen, wenn ihm nicht derselbe von früher her gestattet ist, alles bei vorhin genannter Strafe. - § 15. Die Notare müssen vom Bischofe, dem Official oder dem schwerinschen Kapitel zur Ausübung ihres Amtes autorisirt sein bei Strafe von 10 Mark. - Wer ein Lehn hat und auf die Dauer seiner Abwesenheit keinen Stellvertreter hält, soll während der Zeit die Einkünfte des Lehns nicht genießen. - Jeder Beneficiat soll innerhalb dreier Monate eine Copie des Stiftungsbriefes seiner Commende in das Meßbuch eintragen, wenn derselbe zu haben ist, damit man daraus ersehen kann, was stiftungsmäßig zu leisten ist, bei Strafe von 1 Mark Lübisch. § 16. Alle, denen Pfarrkirchen oder Beneficien verliehen sind, welche persönliche Verwaltung fordern, sollen sich binnen sechs Monaten bei denselben einfinden und dabei bleiben. Beneficiaten, welche die Weihen noch nicht haben, sollen sich in derselben Frist solche ertheilen lassen, bei Strafe von Einziehung der Aufkünfte des Lehns. - §. 17. Der alte Gebrauch in Bezug auf Todtschläger soll aufrecht erhalten werden, nämlich daß ihnen das Betreten der Kirche und kirchliches Begräbniß vorenthalten bleibt, wenn sie nicht die Absolution des Bischofs erlangen, was durch dessen oder des Curaten Attest darzuthun ist. - § 18. In Betreff der Nonnen werden die allgemeinen und besonderen Bestimmungen in Erinnerung gebracht, so wie auch, § 19, der Legaten Bischofs Johannes von Tusculum und Guido's, Cardinal=Priesters zu S. Lorenz, und der früheren Bischöfe Statuten überhaupt erneuert worden. - § 20. Jeder Pfarrherr soll sich innerhalb sechs Wochen eine Abschrift dieser Beschlüsse anschaffen und dieselbe an dem Versammlungsorte seines Klerus anschlagen bei Strafe von 1 Mark.

Die Synode wurde am 15. September 1444 geschlossen, wobei die schon oben erwähnten schwerinschen Domherren, mit Ausnahme des Cantors und des Scholasticus, als anwesend genannt worden. Bischof Nicolaus legte diese Statuten später dem Legaten Nicolaus von Cufa, Cardinal=Priester zu S. Peter in Banden zu Rom, zur Bestätigung vor, der solche am 26. September 1451 vollzog und noch in Sonderheit bestimmte, - § 21 - daß, wenn ein Weltpriester von seinem Lehn abwesend sei, er einen Priester derselben Kirche zu seinem Stellvertreter zu nehmen und diesen auf seine Kosten zu unterhalten habe 1 ). Uebrigens waren diese Statuten nicht alle


1) Westphalen I. c. p. 1069. Die Bezeichnung "von Cufa" giebt dem Legaten Rudloff a. a. O. S. 767.
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jetzt erst festgesetzt, wie zum Theil auch ausdrücklich bemerkt wird, sondern rührten vielmehr auch von Vorgängern des Bischofs her, wie die Einleitung besagt, während nach derselben aber offenbar die Geldstrafen neu waren, von denen Bischof Nicolaus klagt, daß sie mehr empfunden würden, als andere. Wenige der Statuten beziehen sich unmittelbar auf die Laien, während eine zweite Synode, die 1452 zu Bützow abgehalten wurde, sie mehr berücksichtigte. Beschlossen wurde dort folgendes.

§ 22. Kebsweiber, welche in der ihnen bestimmten Zeit dem sträflichen Umgange nicht entsagen, sollen excommunicirt werden, und, wenn sie verstorben, soll ihnen kirchliches Begräbniß versagt sein. - § 23. Die unteren Prälaten sollen gegen Idolatrie zu wirken suchen. - § 24. Es soll binnen einem Monate eine Uebersicht über die verbotenen Grade, welche publicirt wird, in allen Kirchen angeschlagen werden bei Strafe von 1 Mark Lübisch. - § 25. Die Pfarrherren sollen in ihren Predigten ihre Gemeinden über die verbotenen Grade unterrichten. - § 26. Wegen Schuld soll kein Interdict ausgesprochen werden, ausgenommen bei Zehnten und kirchlichen Renten und bei solchen, die ein Jahr excommunicirt sind und denen die Entschuldigung der Armuth nicht zur Seite steht. - § 27. Ein Gebet für den Pabst soll gesprochen und Ablaß dafür gewährt werden. - § 28. Testamentsvollstrecker sollen ihre Obliegenheiten als solche binnen einem Jahre zu Ende führen; wo nicht, so werden der Bischof oder seine Unterprälaten, wenn kein gegründetes Hemmniß vorhanden, die Sache in die Hand nehmen. Auch sollen sie über ihre Verwaltung Buch führen. - § 29. Wegen Güterabtretungen von Laien an Geistliche oder zu frommen Zwecken in betrügerischer Absicht wird sowohl für den Cedenten wie für den Cessionar bei Güterabtretungen ein vorgeschriebener Eid angeordnet. - §§ 30. 31. enthalten nähere Instruction deswegen für die Richter, um sie abzuhalten, daß sie sich zu bereitwillig auf derlei Sachen einlassen. - § 32. An Sonn= und Festtagen soll außer mit der täglichen Leibesnahrung kein Handel getrieben werden und haben die Pfarrherrn dies in ihren Kirchen zu verbieten. - § 33 Das Statut des Bischofs gegen Meineid und gegen Wucher wird in Erinnerung gebracht. - § 34. Das Statut wird erneuert, nach dem Weiber, die ihren Männern entlaufen sind und in Ehebruch oder Concubinat verharren, binnen zehn Tagen zu ihren Männern zurück kehren, und die Männer ihre Kebsweiber in derselben Frist wegschicken und keine wieder nehmen sollen, bei

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Strafe der Excommunication. - § 35. Kein Pfarrherr oder Priester soll in Fällen, die dem Bischofe vorbehalten sind, die Absolution ertheilen, ohne dazu vom Bischofe oder dessen Bevollmächtigten Erlaubniß erhalten zu haben, bei Strafe der Excommunication. Bei gleicher Strafe sollen letztere über betreffende Gesuche Register führen. - § 36. Niemand soll sich vor Beendigung der Synode ohne Erlaubniß des Bischofs oder seines Secretärs entfernen, bei Strafe der Excommunication. - Bei gleicher Strafe soll jeder für seine Kirche eine Copie dieser und aller anderen Statuten von dem Secretär nehmen 1 ).

Diese Synode wurde im Chore der Kirche zu Bützow am 10. März 1452 geschlossen. Ob der Bischof noch öfter Diöcesansynoden versammelt, muß dahin gestellt bleiben; Nachricht von solchen hat sich nicht weiter erhalten, und während die §§ 33. 34 dafür sprechen, scheinen doch dem Legaten 1451 nur die Beschlüsse der ersten Synode vorgelegen zu haben.

So wie der Bischof nun in solcher Weise die Ordnung in der Kirche herzustellen und die Zucht unter der Weltgeistlichkeit zu heben suchte, so ließ er auch die Klöster nicht außer Acht, wie im Allgemeinen oben § 18 und in Sonderheit seine für die Cistercienser=Nonnen zum h. Kreuz in Rostock am 19. März 1453 erlassenen Verordnungen lehren, mittelst welcher die eingerissene laxere Beobachtung der Regel und unstatthafte Gewohnheiten beseitigt werden sollten. Diese Verordnungen wurden am Schlusse einer Visitation des Klosters gegeben und waren bei derselben zugegen der Prior der Karthäuser von Marienehe, der doberansche Kellner Johannes Wilkens, D. Hinrich Bekelin, Andreas Wulf und Peter Brandt, Domherren beziehentlich zu Schwerin und Bützow 2 ).

Auch in anderer Weise finden wir Bischof Nicolaus den Gottesdienst fördernd. So weihete er ein Bild der h. Jungfrau der Mutter Gottes in deren Kirche zu Wismar zum Besten der Brüderschaft U. L. Frauen und S. Gertrudis daselbst und ertheilte unter Voraussetzung der Genehmigung des Diöcesans, welche auch am 3. Juni 1445 erfolgte, am 1. December 1444 allen denen Ablaß, welche vor diesem Bilde ihre


1) Westphalen I. c. p. 1070. Eine wörtliche Uebersetzung dieser Synodalstatuten würde, abgesehen von ihrem Umfange, schon des schlechten Textes wegen unthunlich gewesen sein, und eine Verarbeitung dürfte an diesem Orte zu weit von dem eigentlichen Gegenstande abgeführt haben, weshalb eine Billigung der Mittheilung durch Auszüge hoffentlich nicht entstehen wird.
2) Ibid. p. 1073.
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Andacht verrichten würden. Am 1. Februar 1449 gab er zu Bützow einen Ablaßbrief zum Besten der S. Jürgens=Kirche zu Wismar, und am 20. Julii 1450 einen solchen für alle die, welche im Laufe des Jahres die Kirche zu Doberan und die Kapelle an der Pforte derselben, so wie die Kapelle zu Althof besuchen und mit Gaben bedenken würden 1 ). Am 28. August 1446 bestätigte er die von dem Priester Nicolaus Kummerow für sein und seines Vaters Seelenheil in der S. Jürgens=Kapelle vor Bützow gestifteten Almissen 2 ) und am 12. März 1455 eine erneuerte Vicarie am Altare des h. Kreuzes in der Kirche zu Plau 3 ), so wie in demselben Jahre eine dritte, welche der Probst zum h. Kreuz in Rostock Nicolaus Sukow und der Pfarrherr zu Frauenmark Arnold Plawe fundirt hatten 4 ).

Wie überhaupt in der Zeit, wo Bischof Nicolaus auf dem Stuhle von Schwerin saß, bedeutendere Ereignisse das Land nicht bewegten, so wurde auch das Leben in der Kirche nicht durch wichtigere Vorgänge gestört. Anders freilich würde es gewesen sein, wenn Herzog Heinrich seinen (übrigens ziemlich unverbürgten) Plan, in Rostock ein Domcapitel zu errichten, ausgeführt hätte, ein Plan, dem Bischof Nicolaus, in dessen erstes Regierungsjahr derselbe gesetzt wird 5 ), nicht fremd geblieben sein möchte, da das Verhältniß zu dem herzoglichen Hause überhaupt ein freundliches war. Die Herzogin Dorothea sowohl als ihr Gemahl Herzog Heinrich fanden wiederholt bei ihrem "Gevatter" dem Bischofe Hülfe in ihren Verlegenheiten, und während jene denselben beschenkte 6 ), räumte der Herzog ihm die Wedem zu S. Nicolaus in Rostock sammt dem Rechte die Pfarre zu besetzen auf Lebenszeit ein 7 ), von welcher Erlaubniß der Bischof aber nur einen beschränkten Gebrauch gemacht haben wird, da seine bekannten Urkunden sämmtlich aus dem Schlosse zu Bützow datirt sind. Während der Regierung des Bischofs Nicolaus, 1449, wurde dem Herzoge eine Tochter, Elisabeth, geboren, die er zum Dienste der h. Clara weihete. Dieselbe wurde dreijährig 1452 im Julii von dem Vater mit großem Gepränge nach Ribnitz ins Kloster gebracht und dort zwei Jahre später am 15. September 1454


1) Jahrb. XIX, S. 141.
2) Schröder a. a. O. S. 2038.
3) Jahrb. XVII, S. 344.
4) Schröder a. a. O. S. 3147.
5) Ebd. S. 2028.
6) S. Urk. Samml. Nr. V, VII, VIII, XI und XII.
7) Gerdes a. a. O., N. c.
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in Gegenwart vieler vornehmen Geistlichen und Laien von Bischof Nicolaus unter Assistenz seines Weihbischofs des Augustiners Heinrich, Bischofs von Sebaste 1 ), eingekleidet 2 ).

Man könnte glauben, daß das gute Einvernehmen zwischen dem Bischofe und dem Schirmvogte des Stiftes von jenem nur im Interesse der Sicherheit gesucht, von diesem in seiner Gutmüthigkeit nicht gestört worden sei, aber es war in der That das Bestreben des Bischofs überall auf ein gutes Verhältniß zwischen der Pfaffheit und den Laien gerichtet, wie nicht allein seine eigenen Worte bezeugen 3 ), sondern auch die freundlichen Beziehungen, in denen er zu seinen Lehnleuten und Nachbaren stand. Als Otto Vieregge an den Hof nach Schwerin will, fragt er an, ob er beim Herzoge Schritte thun solle, damit der Bischof die ihm zu Warnow entwendeten Pferde wiederbekomme 4 ), und er sowohl als Hinrich v. Bülow zu Zibühl, wie auch dessen Hausfrau, erhalten wiederholt vom Bischofe Geld angeliehen 5 ). Mit dem letztgenannten hatte der Bischof übrigens einen Streit wegen des Feldes zum Dretze, des parumschen Sees u. s. w., der jedoch durch Schiedsrichter ausgeglichen zu sein scheint 6 ). Händel, welche das Dom=Capitel zu Schwerin mit Heinrich v. Stralendorf und dessen Brüdern zu Crivitz wegen des Dorfes Brahlstorf zu seiner Zeit hatte 7 ), berührten den Bischof nicht näher.

Wenn nun Bischof Nicolaus bei diesen Verhältnissen von seinen Nachbaren nichts Uebeles zu befürchten hatte, so verabsäumte er doch keineswegs solche Maaßnahmen zu treffen, welche ihm und seinem Stifte gehörige Sicherheit zu geben versprachen vor allen Anfechtungen, wie sie bei jenen geschwinden Zeitläuften im Schwange waren. Inschriften und Wappenziegel, theilweise auch urkundliches Zeugniß 8 ) haben uns berichtet, daß er in den Jahren 1447 und 1448 die Festigkeit des Schlosses zu Bützow durch einen Thurm verstärkte 9 ), wie nicht minder in denselben Jahren unter Leitung des Probstes


1) S. Urk. Samml Nr. XVI.
2) Slaggerti Chron. Riben. ap. Westph. I. c. p. 872. Uebrigens wimmelt diese Stelle in Bezug auf die dort angeführten Personen von Unrichtigkeiten.
3) Stat. synod. I. c. p. 1072, § 29.
4) S. Urk. Samml. Nr. IV.
5) S. Urk. Samml. Nr. VI. und IX.
6) Schröder a. a. O. S. 2069.
7) Hist. Nachr. v. d. Verfaß. d. Fstth. Schwerin, Beil. O.
8) S. Urk. Samml. Nr. XXVIII.
9) Francks A. u. N. Meklenb., Buch VIII, S. 69. Bütz. Ruhest., Th. III, S. 6.
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Heinrich das bischöfliche Schloß zu Warin wieder in guten Stand setzen und dasselbe durch einen mächtigen Bau noch erweitern ließ 1 ), und schließlich auch für die Festigkeit der Stadt Bützow sorgte 2 ). Die Streifereien und Raubzüge im südlichen und westlichen Meklenburg erstreckten sich freilich nicht in die Stiftslande, wohl aber mochten die verstärkten Burgen demselben bei den bald ausbrechenden Fehden zwischen den meklenburgischen und pommerschen Herzogen das Gefühl der Sicherheit und zuverlässiger Stützen geben.

Diese Fehden werden denn auch Anlaß gewesen sein zu dem Verbündniß, welches die Geistlichkeit des Archidiaconats Tribsees am 28. October 1454 in der Pfarrkirche zu Richtenberg abschloß 3 ), falls nicht etwa Verhältnisse vorhanden und Ereignisse vorgefallen waren, die eine Spannung mit dem Bischofe herbeigeführt hatten. Eine Kunde von solchen hat sich aber nicht erhalten und wenn man aus den gegebenen Zügen überhaupt einen milden Sinn bei dem Kirchenfürsten erkennen will und weiterhin Beweise von dem guten Einvernehmen zwischen dem Bischofe und seiner Geistlichkeit finden wird, so nöthigt auch der Laut jenes Vertrages nicht schlechterdings zu der Annahme, daß derselbe grade gegen ihn errichtet worden sei.

Nachrichten über seine Regierung der Stiftslande sind kaum vorhanden, höchstens daß man sagen kann, der Bischof habe für ihre Sicherheit und gehörige Rechtspflege Sorge getragen, insofern er die Gerichte überall zur Thätigkeit aufforderte 4 ) und im Besonderen am 3. Januar 1449 mit Zustimmung des Capitels die Jurisdictionsverhältnisse in Bützow ordnete 5 ). Ein concretes Beispiel seiner Thätigkeit in Bezug auf die Justiz hat sich in den Urfehden erhalten, welche die von ihm wegen Raubes und Mordes in Redewekestorp festgehaltenen Hartig und Hans Gebrüder Bouseke und Märten Preen dem Bischofe Johannes III. von Ratzeburg und dessen Capitel am 17. Junii 1456 schwören mußten 6 ). Ganz besonders hervortretend erscheint aber die Tüchtigkeit des Bischofs Nicolaus in der Verwaltung des weltlichen Gutes. Bereits


1) Jahresb. III, S. 166. IV, S. 87. Eine Abbildung befindet sich in Lisch's Meklenb. i. Bildern.
2) Bütz. Ruhest., Th. XX, S. 7.
3) Schröder a. a. O. S. 2080.
4) Stat. synod. I. c. § 1.
5) Bütz. Ruhest., Th. XX, S. 7.
6) Im ratzeburgischen Archive nach gefälliger Mittheilung des Hrn. Pastors Masch.
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im ersten Jahre seines Pontifikates löste er mit eigenen Mitteln das von seinen Vorgängern dem sundischen Rathmanne Bernd Zutfeld versetzte, zur bischöflichen Tafel gehörende Bischofsdorf bei Stralsund für 1400 Mark dortiger Münze wieder ein 1 ). Er konnte weiter seiner Freundschaft in Wismar ansehnliche Summen zuwenden 2 ), konnte drei Termine seiner beim Rathe zu Lüneburg gekauften Rente entbehren und zum Hauptstuhle schlagen lassen, und allein bei geistlichen Körperschaften für ungefähr 800 Mark Renten dazu kaufen. Dann erwarb er ferner zu Wismar ein Haus neben dem Thorwege der S. Jürgens=Wedem, welches aber nicht auf seinen Namen zu Stadtbuch geschrieben wurde, für 250 Mark 3 ), that daneben eine Summe von 1000 Fl. aus, kaufte verschiedene Renten aus den Stiftsgütern am schweriner See und in der Vogtei Bützow zurück, verwendete bedeutende Gelder auf die bischöflichen Schlösser und unternahm endlich noch die Einlösung des bischöflichen Tafelgutes Pennewitte 4 ). Dazu scheint Bischof Nicolaus es verstanden zu haben, tüchtige Männer zu wählen, welche seinem Willen gute und gewissenhafte Ausführung geben mochten. Der spätere Bischof Werner Wolmers war Anfangs sein Secretair, Peter Brandt sein Notar 5 ). Nachdem jener zum Probst zu Schwerin erwählt worden war, wird dieser Secretair und Arnold Mesen bischöflicher Notar geworden sein. Peter Brandt erscheint denn später anscheinend auch bei Bischof Gottfried, sicher bei Bischof Werner ebenfalls als Secretair 6 ) und Arnold Mesen als sein Nachfolger in diesem Amte 7 ). Hat nun diesen Bestellungen keine hergebrachte Sitte oder feste Ordnung zum Grunde gelegen, was doch nicht wohl anzunehmen ist, so kann man daraus, daß der Secretair zum Domprobst und dann zum Bischofe gewählt wurde, und daß die neuen Bischöfe die Diener ihres Vorgängers beibehielten, wohl mit Zuversicht schließen, daß Bischof Nicolaus es verstand, sich der rechten Leute zu bedienen.

Bei der Eifersucht und dem Unfrieden aber, welche so häufig zwischen den Bischöfen und den Capiteln herrschten, liegt der beste Beweis für das Vertrauen, welches der Charakter und die Verwaltung des Bischofs genoß, in der Will=


1) S. Urk. Samml. Nr. III.
2) Schröder a. a. O. S. 2022.
3) S. Urk. Samml. Nr. XXII.
4) S. Urk. Samml. Nr. XXVIII.
5) S. Urk. Samml. Nr. VI und XI.
6) Schröder a. a. O. S. 2133.
7) Ebd. S. 2190.
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fährigkeit, mit dem das Capitel seinen Wünschen entgegen kam. Dasselbe ertheilte ihm nämlich bereits am 18. Mai 1446, als er Bischofsdorf, wie gemeldet, wieder eingelöst hatte, die Erlaubniß, Zeit seines Lebens des bereits eingelösten sowohl, als auch des etwa noch einzulösenden oder neu anzukaufenden Gutes frei zu genießen, sogar dann, wenn er das Bisthum verließe oder desselben in irgend einer Weise verlustig ginge, wie auch darüber zu frommen Zwecken für die schwerinsche Kirche frei Verfügungen zu machen, welche gültig und unangefochten bleiben sollten selbst für den Fall, daß sie der gesetzlichen Form entbehrten, nur bedingend, daß den Nachfolgern des Bischofs die Macht bleibe, die eingelösten Güter für die von ihm gezahlten Summen wieder an sich zu bringen 1 ). Gleiches Vertrauen bewiesen ihm nicht minder seine Nachfolger, Bischof Gottfried, welcher diese vorstehende Erlaubniß am 2. August 1457 einfach bestätigte 2 ), und Bischof Werner, der sammt dem Capitel dieselbe am 21. August 1459 umfänglich erneuerte 3 ). Aber ein noch glänzenderes Zeugniß hat das Capitel seinem Oberhirten dadurch gegeben, daß es auf dessen wiederholtes Andringen am 3. Januar 1449 nicht allein seine Einwilligung gab, daß derselbe sein Bisthum resignire, sondern auch zugleich ihm anheim gab, für die schwerinsche Kirche zu sorgen 4 ). Ein Beschluß von solcher Wichtigkeit konnte unmöglich anders gefaßt werden, als bei unverkennbarer Einsicht und zweifelloser Trefflichkeit des Charakters.

Weshalb Bischof Nicolaus sein Amt niederzulegen wünschte, ist nicht zu ermitteln. Ob Verhältnisse vorhanden waren, denen er sich nicht gewachsen fühlte, ob Leibes Schwachheit ihn, welcher damals bereits 60 bis 70 Jahre zählen mußte, zu diesem Schritte bewog, oder ob er dem Treiben dieser Welt entsagend, seinen Geist ausschließlich dem Jenseits zuzuwenden wünschte: jene Gründe mochten mitbestimmend wirken, aber die Sorge für sein Seelenheil scheint dem Prälaten vorzugsweise am Herzen gelegen zu haben. Einen Beweis hiefür finden wir darin, daß er seit der Zeit, als er die beregte Erlaubniß erhalten hatte, anfing, bei geistlichen Körperschaften, besonders solchen, zu denen er in näherem Verhältnisse gestanden hatte oder noch stand, Renten zu kaufen, welche er nach seinem Tode zu Memorien und Seelenmessen für ihn, für


1) S. Urk. Samml. Nr. III.
2) S. Urk. Samml. Nr. III.
3) S. Urk. Samml. Nr. XXVIII.
4) S. Urk. Samml. Nr. X.
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seine Aeltern, seine Blutsfreunde bestimmte. So kaufte er am 13. November 1451 vom hamburgischen Dom=Capitel, dessen Scholasticus er gewesen, eine Rente von 7 Mr. 1 ), am 31. December 1453 von dem Kalande des Landes Bresen zu Wismar, als dessen Mitglied er aufgeführt wird, 2 1/2 Mr. Rente 2 ), am 11. November 1454 von dem Klerus zu S. Peter in Lübek, welche Pfarre er, wahrscheinlich als lübischer Canonicus, besessen hatte, 3 Mr. Rente 3 ), am 13. November 1455 vom Dom=Capitel zu Güstrow, mit dem er durch seine Residenz zu Bützow in Beziehungen getreten sein mochte, 4 Mr. Rente 4 ), 1456 Ende März von der Geistlichkeit zu S. Nicolaus zu Wismar 7 1/2 Mr. Rente, in demselben Jahre am 19. April von der zu S. Jürgen daselbst 8 1/2 Mr., am 10. Mai von dem Kloster Tempzin 4 Mr. 5 ), am 27. Julii vom minderen Kalande zu Wismar 2 1/2 Mr. Lübisch und endlich am 21. December vom Collegiatstifte zu Bützow 20 Mr. 16 Wt. Stralenmünze 6 ), und gewann so gleichzeitig Gebete für das Heil seiner Seele und ein freundliches Andenken bei der ihm einst verbundenen Geistlichkeit. Im Dome zu Lübek 7 ), dessen Decan er gewesen, in seiner ehemaligen Pfarrkirche zu U. L. Frauen in Wismar und bei dem Capitel seiner Kathedralkirche sorgte er für sein Gedächtniß theils durch eine gleiche Stiftung, theils auf andere schon oben angegebene Weise.

Bischof Nicolaus erhielt also 1449 die Erlaubniß zum Resigniren, aber er benutzte dieselbe nicht etwa alsogleich "zur Ruhe eilend", sondern fuhr fort seinem Amte sorglich vorzustehen, da "er es vor dem Allerhöchsten verantworten wollte und mußte", und konnte erst im Sommer 1456 zu ernsten Verhandlungen über die Abtretung seines bischöflichen Stuhles gelangen. Es war der D. D. Gottfried Lange, Domherr zu Lübek und Vicar zu Lüneburg 8 ), ein Sohn des Bürgermeisters Heinrich Lange daselbst, welcher zur Uebernahme des Hirtenstabes der schwerinschen Kirche geeignet erschien, und mit dem


1) S. Urk. Samml. Nr. XIV.
2) S. Urk. Samml. Nr. XV.
3) S. Urk. Samml. Nr. XVII.
4) S. Urk. Samml. Nr. XVIII.
5) S. Urk. Samml. Nr. XIX.
6) S. Urk. Samml. Nr. XXIII.
7) Dort dotirte er seine Memorie mit 11 Mr. Rente. Jahrbb. XXI, S. 178.
8) Büttner, Geneal. d. Lüneb. patr. Geschl., Lüneb. 1704, nennt ihn auch Domherrn zu Schwerin, Chemnitz bei Gerdes a. a. O. S. 455, N. Domherrn zu Lüneburg.
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und dessen Vater, welchen er seit länger kannte, Bischof Nicolaus, unter Beistand des Decans zu Lübek Nicolaus von der Mölen, dem lüneburgischen Geschlechte vermuthlich angehörend, und des schwerinschen Probstes M. Werner Wolmers, am 9. August des gedachten Jahres folgenden dahin gerichteten Vertrag abschloß.

Erstlich schickt Bischof Nicolaus mit D. Gottfried Lange einen seiner Kapellane nach Rom, um die schwerinsche Kirche in die Hände des Pabstes zu resigniren, von. welchem D. Gottfried sie auf eigene Kosten wiedergewinnen mag.

Zweitens weist D. Gottfried Lange dem Bischofe Nicolaus eine Hebung von 200 Fl. im Stifte Schwerin an und zwar in der Weise, wie der lübische Decan, M. Werner Wolmers und D. Gottfried's Vater es für recht halten.

Drittens leiht Bischof Nicolaus dem D. Gottfried bei Antritt der Reise 1000 Fl. Rh. oder 1437 Mr. 8 Sch. Lüb., für welche letzterer mit seinem Vater gute Sicherheit bestellen soll. Stürbe nun D. Gottfried auf der Reise oder zu Rom, ehe er die Kirche erhalten, und vor der Resignation, so zahlt der Vater die 1000 Fl. zurück; stirbt D. Gottfried jedoch nachdem, aber bevor er in sein Stift gekommen, so braucht Heinrich Lange nur 500 Fl. zurückzugeben. Uebrigens soll Bischof Nicolaus denselben mit der Zahlung im ersten Jahre nicht drängen. Gelangt D. Gottfried aber zum Besitze der schwerinschen Kirche, so soll er seinem Vorgänger im ersten Jahre 437 Mr. 8 Sch. Lüb. und den Rest dann in den nächsten fünf Jahren, jedes Jahr mit 200 Mr., abtragen 1 ).

Außer den oben genannten Personen war beim Abschlusse dieses Vertrages auch Peter Brandt zugegen, der als Notar fungirte. Der Ort, wo der Vertrag abgeschlossen wurde, ist nicht bekannt, doch muß es wohl irgendwo auf dem Lande und man überhaupt nicht vollständig darauf vorbereitet gewesen sein, da der Vertrag - man pflegte sonst eben nicht mit Pergament zu geizen - auf Papier geschrieben ist, ebenso wie die gleichzeitig ausgestellte Schuldurkunde D. Gottfrieds und seines Vaters, aus welcher erhellt, daß letzterer als Sicherheit einen Brief auf eine halbe Pfanne Herrschaft im Hause Ditmering auf der Sülze zu Lüneburg bei dem lübischen Decan zu treuer Hand niederlegte 2 ).


1) S. Urk. Samml. Nr. XX.
2) S. Urk. Samml. Nr. XXI.
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Wann D. Gottfried seine Reise über Berg antrat, ist nicht zu ermitteln, wahrscheinlich aber war es im Herbste desselben Jahres. Begleitet wurde er von dem bevollmächtigten Kapellan des Bischofs, dem mehrgedachten bützowschen Domherrn Peter Brandt, und Nicolaus v. d. Mölen, dem lübischen Decan. Am 26. Mai 1457 war D. Gottfried bereits consecrirt, aber noch nicht heimgekehrt. Außer anderen Zögerungen, welche eingetreten sein mögen, fand man auch, daß man die Kosten zu niedrig angeschlagen hatte, denn unter dem 28. Mai desselben Jahres bat Heinrich Lange den Bischof um ein weiteres Darlehen von 4 - 500 Fl., da sein Sohn noch 1000 Fl. bedürfe, indem er zu Rom 600 Duc., jeden zu 37, oder wie er ein ander Mal schreibt, 39 Sch. gerechnet, zahlen müsse 1 ), was Bischof Nicolaus übrigens ablehnte. Auch schuldigte der neue Bischof seinen Freunden 150 Duc. und der Vater klagte, wenn er gewußt hätte, daß die Kosten sich zu solcher Höhe belaufen würden, so würde er sich in keiner Weise auf die Sache eingelassen haben; sein Sohn, der lübische Decan und Peter Brandt hätten sich zu Rom bei Strafe der Excommunication verpflichtet, binnen zwei Monaten die 600 Ducaten zu zahlen, und solle diese vermieden werden, die ihnen Hohn und Schande bringen würde, so müsse er sich jetzt auf das Aeußerste anstrengen 2 ).

Am 28. Julii d. J. war Bischof Gottfried, auf dem kürzesten Wege - er reiste über das Kloster Walkenried am Harz - zurückkehrend, wahrscheinlich schon in sein Stift eingezogen, da der Bürgermeister den Bischof Nicolaus zu einer Unterredung mit seinem Sohne auffordert und ihn als gewesenen Bischof bezeichnet 3 ). Diese Unterredung sollte die Versorgung des Bischofs Nicolaus mit einem geistlichen Amte zum Gegenstande haben, welche sich gewissermaßen vernothwendigen mochte, da es nicht wohl schicklich erschien, für den ehemaligen Oberhirten ohne ein solches zu leben. Bereits bei Abschluß des Contractes wegen Uebertragung des Bisthums war auch dieser Punkt schon zur Sprache gekommen, und man hatte sich auch dahin geeinigt, daß D. Gottfried seine Präbende zu Lübek auf des Bischofs Kosten für diesen vom Pabste erwerben solle, doch wurde dieser Artikel sofort wieder gestrichen 4 ), da Bedenken wegen Aufnahme desselben in den


1) S. Urk. Samml. Nr. XXIV.
2) S. Urk. Samml. Nr. XXV.
3) S. Urk. Samml. Nr. XXV.
4) S. Urk. Samml. Nr. XX.
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Vertrag entstehen mochten, und derselbe bloß durch Verabredung festgestellt, ebenso wie, daß Johannes Lange, der jüngere Sohn des Bürgermeisters, die Vicarie seines Bruders zu S. Johannes in Lüneburg erhalten solle. D. Gottfried und der Bevollmächtigte des Bischofs konnten jedoch für dies Abkommen die Einwilligung des h. Stuhles nicht gewinnen, vielmehr wurde bestimmt, daß Bischof Nicolaus die lüneburgische Vicarie haben solle 1 ). Dies war aber dem Interesse beider Theile nicht entsprechend, und, während wahrscheinlich Bischof Nikolaus die Vicarie Johannes Lange überließ, gelang es die Präbende Bischof Gottfrieds ihm zu erwerben. Bischof Nicolaus ging also nach Lübek, wo er früher längere Zeit eine hervorragende Stellung bekleidete und namentlich noch 1449 bei der Consecration des Bischofs Arnold functionirt hatte 2 ), und bezog dort einen frei gewordenen Hof auf der Ecke im Vegevür am Kirchhofe 3 ), wo er sein Leben in Ruhe und Zurückgezogenheit zu beschließen gedachte. So schien also diese Angelegenheit zu Aller Zufriedenheit zu Ende geführt und geordnet. Es kam aber anders noch, als man vorgesehen hatte. Bischof Gottfried erkrankte in den ersten Tagen des Julii 1458 und starb am 8. desselben Monats. Umsonst fast hatte also der Vater die Kosten seines Studiums zu Erfurt und Bononien getragen, umsonst die lübische Präbende erworben und sich mit einer Schuldenlast von 1000 Fl. Rh. und 1580 Mr. Lüb. beladen 4 ).

Durch den Tod des Bischofs Gottfried vernothwendigte sich eine neue Wahl und jetzt erkor das Capitel den Domprobst M. Werner Wolmers zum Oberhirten der schwerinschen Kirche. Gleich seinem Vorgänger bestätige dieser, wie oben schon gemeldet, am 21. August 1459 seinem ehemaligen Herrn die freie Disposition über das von demselben eingelöste Kirchengut und zwar in ausgedehntester Weise, nachdem bereits im Vorjahre unter dem 28. December Bischof Arnold von Lübek dem ehemaligen Kirchenfürsten und nunmehrigen Domherrn, der die Annäherung des Todes fühlen mochte, die Erlaubniß ertheilt hatte, über sein kirchliches und weltliches Gut zu testiren und sein Testament zu erneuern oder abzuändern, wann und so oft er wolle 5 ). Die Bestätigung des Bischofs Werner erfreute noch die letzten Stunden des Greises und so konnte


1) S. Urk. Samml. Nr. XXV.
2) Masch, Gesch. d. Bisth. Ratzeb., S. 346.
3) Jahrb. XXI, S. 178.
4) S. Urk. Samml. Nr. XXVI.
5) S. Urk. Samml. Nr. XXVII.
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derselbe als ein getreuer Knecht Gottes in Hoffnung auf die Gebete seiner Priester in Frieden entschlummern. Er starb 1459 am 3. September. Man begrub ihn im Dome zu Lübek in einer Kapelle ostwärts der Gerbekammer, wo noch heute ein Leichenstein mit seinem Bilde das Andenken an den Verstorbenen bewahrt 1 ).

Das Testament des Bischofs Böddeker hat sich nicht erhalten. Gewiß ist aber, daß er in demselben Marien=Zeiten zu S. Jürgen in Wismar fundirte, zu denen er außer den beim Rathe zu Lüneburg gekauften Renten die 1000 Fl., welche er Bischof Gottfried vorgestreckt hatte, und die einjährige Hebung aus dem schwerinschen Stifte bestimmte. Ueber das Zustandekommen dieser Marien=Zeiten konnte jedoch Bischof Nicolaus bei seinem Absterben nicht vollkommen beruhigt sein, da er selbst es für nöthig hielt, die Verlassenschaft seines Nachfolgers mit Arrest zu belegen. Der Vater desselben schickte im Mai 1459 den Priester Johann Wandsleve an Peter Brandt mit dem Ersuchen sich bei Bischof Werner bemühen zu wollen, daß er die Bücher, das Tafelsilber - 80 Mr. an Gewicht - und anderes Geräth, welches sein Sohn von ihm geliehen, zurückerhalte; er habe längst nach Lübek zu Bischof Nicolaus wollen, um mit ihm zu reden, nur daß das Interdict, mit welchem Lüneburg seit 1453 belegt war, ihn daran hindere. Der Bürgermeister kam aber nicht zu dieser Reise, da Bischof Nicolaus bereits vor Aufhebung des Interdictes verstarb. Nach Eröffnung seines Testamentes wendeten sich nun die Vollstrecker desselben, der lübische Decan Nicolaus v. d. Mölen, der lübische Domherr M. Albert v. Rethem, M. Gerd Werkmann, Pfarrherr zu S. Jürgen in Wismar, M. Conrad Böddeker, des Verstorbenen Bruder, und Peter Brandt mit der Aufforderung an Heinrich Lange, die seinem Sohne vom Bischofe Nicolaus vorgeschossenen 1000 Fl. und die rückständigen 200 Fl. Hebung aus dem Stifte ihnen auszuzahlen. Während aber Heinrich Lange früher bei Lebzeiten seines Sohnes sich gegen M. Peter Brandt wenigstens in Beziehung auf die


1) Jahrbb. X, S. 195. XVI, S. 175, XXI, S. 178. Auch im Dome zu Schwerin legte man ihm einen Stein, dessen Inschrift aber etwas anders gefaßt wurde, als die auf dem Steine zu Lübek. Vgl. Hederich ap. Westphalen I. c. T. III, p. 1714. Uebrigens war das Legen eines Grabsteins Sache der Angehörigen eines verstorbenen Bischofs, nicht etwa des Stiftes. Dies erhellt theils aus der Erwähnung der Großnichte Bischofs Böddeker und ihres Ehemannes auf beiden Steinen, theils aus der Bitte Hinrich Lange's an Peter Brandt, einen solchen für seinen Sohn zu besorgen.
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1000 Fl. für verpflichten erklärt hatte, bestritt er jetzt wiederholt, daß er aus dem mit Bischof Nicolaus errichteten Vertrage jene Summen schuldig sei. Man hielt deswegen am 21. Julii 1460 in S. Jürgen=Kirche zu Wismar eine Besprechung, zu welcher Heinrich Lange den M. Johann Maler, D. D., als seinen Bevollmächtigen gesendet hatte, doch kam man zu keinem Resultate und verabredete eine neue Tagefahrt auf den 30. August d. J., um mit Hülfe des Bischofs von Lübek, des lübischen Syndicus M. Simon Batz, I. U. D., und des D. Heinrich v. Hachede eine Einigung herbeizuführen. Diese Zusammenkunft wird aber nicht stattgefunden oder doch nicht den beabsichtigten Erfolg gehabt haben, denn sowohl unter dem 24. November d. J., wie auch am 6. Februar 1461 fordert der Bürgermeister wiederholt die Aufhebung des Arrestes von den Testamentarien; er sei kein Vorflüchtiger (profugus), sein Grundbesitz habe mehr Werth als 1000 Fl., die Forderung sei auf diese, nicht auf die arrestirten Sachen gerichtet, und der Brief auf die halbe Pfanne Herrschaft liege noch bei dem lübischen Decan zu treuen Händen. Auch schrieb er unter dem 9. August d. J. durch den halberstädter Official Johannes Retzkow an Bischof Werner und erklärte sich zu einem in Lübek abzuhaltenden Schiedsgerichte bereit, wobei er schließlich dem Bischofe eine Forderung an das Stift Schwerin von 1580 Mr. insinuirte, welche er in den Nutzen desselben, nämlich für die Confirmation und Consecration seines Sohnes, diesem vorgestreckt, und für welche letzterer ihm am 14. August 1457 eine Obligation auf sich und seine Nachfolger, abzutragen binnen sechs Jahren, ausgestellt habe. Mittlerweile scheint ein Theil der Testamentarien gestorben und zurückgetreten zu sein, nämlich die außerhalb Wismar wohnhaften, da außer den genannten M. Gerd Werkmann, M. Conrad Böddeker, jetzt auch Hartwig Bone, Vicar zu U. L. Frauen, Marquard Langediederik, I. U. B. und Rathmann, und Johannes Munt, Vicar zu S. Nicolaus in Wismar, den Vertrag zwischen Bischof Nicolaus und den Lange, so wie die Obligation auf die 1000 Fl. von dem bischöflichen Official zu Wismar Gerd Swengel transsumiren ließen 1 ). Auch gegen diese erklärte Heinrich Lange sich zu einem Compromisse bereit, wenn vorher der Arrest aufgehoben würde. Darnach wird die Sache an den römischen Hof gebracht sein, da der päbstliche Auditor Johannes de Ceretanis am 24. Mai 1465 in derselben becretirte, aber auch dort muß sie keinen Fortgang ge=


1) S. Urk Samml. Nr. XXIX.
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nommen haben, da Herzog Heinrich, der auch mit den Testamentarien Geldgeschäfte gemacht und ihnen die Orbör zu Rostock versetzt hatte 1 ), am 2. Mai 1466 ein Vorschreiben an den Rath zu Lüneburg wegen dieser Angelegenheit ausfertigen ließ. In diesem Jahre starb nun aber der Bürgermeister vor beendigter Sache, von welcher erst im Jahre 1469 wieder Kunde ist, da am 29. Julii die bischöflichen Testamentarien Johann Weitendorp, Vicar zu S. Nicolaus in Wismar, und und M. Marquard Langediederik, einerseits, und der lübische Domherr M. Johannes Lange und Conrad Lange von Lüneburg, als Erben des Bürgermeisters, andererseits, auf den lübischen Probst D. Diederik v. Calven, den Domherrn D. Conrad Loste, D. Johannes Stamel und D. Arnold Samervot als Schiedsrichter compromittirten. Ob durch diese eine Einigung erreicht und die Angelegenheit zu Ende gebracht wurde, ist nicht sicher, doch scheint es so, da in demselben Jahre der bischöfliche Official Arnold Thewes die ordnungsmäßige Wahl dreier Testamentsverweser attestirt und die Rentenkäufe für die Marien=Zeiten bald nachher begonnen haben.

Mindestens zehn Jahre nach Bischofs Nicolaus Tode also, nach vielem Hader und Streit, nach großen Mühen und nicht geringem Schaden wird diese Stiftung zu S. Jürgen in Wismar in der Kapelle nordwärts am Thurme ins Leben getreten sein, freilich nur um bereits nach zwei Menschenaltern sammt fast allen übrigen frommen Stiftungen in Wismar ein schleuniges Ende zu nehmen. Was aus dem Vermögen der Marien=Zeiten geworden, läßt sich natürlich nicht mehr nachweisen. Die Kapelle hat ihre Einrichtung nicht mehr; eine alte kaum bekannte Inschrift nur bewahrt, fast verblichen, das Andenken an Bischof Nicolaus und seine Stiftung, mit welcher er sich in freundlicher Erinnerung in seiner Vaterstadt zu erhalten gedachte. Statt der Hymnen und frommen Gebete schallt dort die Axt und kratzt der Hobel des Zimmermanns, der auch sein Vaterunser längst vergessen hat, kurz nichts ist übrig von dem Ganzen als eine moderige und verstäubte Rumpelkammer: eine unter den tausend und aber tausend Proben, wie es mit der Sicherheit ewiger Stiftungen und testamentarischer Verfügungen bestellt ist.

Vignette

1) S. Urk. Samml Nr. XXX.