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I m J. 1838 ward im Dorfe Söndervissing in Jütland, zwischen Horsens und Skanderborg, ein merkwürdiger Runenstein entdeckt, welcher von einer Frau Tufa, Mistivis Tochter und Haralds Gormssohns Frau, errichtet ist. Die Ansicht, daß diese Frau eines obotritischen Fürsten Mistevoi Tochter gewesen sei, sprach sich bald nach der Entdeckung von allen Forschern aus und hat sich bis heute ungeschwächt erhalten.
Bald nach der Entdeckung erschien im J. 1839 zu Kopenhagen über diesen Runenstein von dem Unterbibliothekar Thorsen in Kopenhagen eine Schrift unter dem Titel:
Beskrivelse og Forklaring af den söndervissingske Runesten, af P. G. Thorsen, Cand. theol., Underbibliotekar ved Universitetsbiblioteket, Kjöbenhavn, 1839,
welche in einer Uebersetzung von unserm verstorbenen correspondirenden Mitgliede A. G. Masch zu Neu=Ruppin in unsere Jahrbücher XII, S. 123 flgd., mit einer Abbildung des Steines, aufgenommen ist, unter dem Titel:
Beschreibung und Erklärung des söndervissingschen Runensteins, von P. G. Thorsen, Candidaten der Theologie und Unterbibliothekar an der Universitäts=Bibliothek zu Kopenhagen, Kopenhagen, 1839.
Späterhin machte auch der erfahrene General=Conservator der alterthümlichen Denkmale Dänemarks Worsaae das Denkmal in seinem Buche über "Dänemarks Vorzeit", 1844, S. 96 flgd., zum Gegenstande seiner Untersuchungen und stimmt in Folge derselben mit den übrigen Forschern überein (vgl. Jahrb. XVI, S. 173).
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In den neuesten Zeiten hat der dänische Geschichtsforscher, Etatsrath und Professor Rafn zu Kopenhagen, diesen Stein wieder zum Gegenstande seiner Forschungen gemacht und denselben fester zu bestimmen gesucht. In der Antiquarisk Tidsskrift der nordischen Alterthums=Gesellschaft, 1852 - 1854, Kiöbenhavn, 1854, S. 278, ist eine Abhandlung in dänischer Sprache von Rafn über die Runensteine aus Harald Blaatands Zeit:
Runestene fra Harald Blaatands Tidsalder, ved Carl C. Rafn,
und in derselben auch S. 289 - 298 eine Abhandlung über den söndervissingschen Runenstein erschienen, welche auch in einem Separatabdrucke unter dem Titel:
Bemaerkninger om en Runesteen i Danmark over en Obodritisk Fyrstinde, af Carl Christian Rafn, Kjöbenhavn, 1854,
ausgegeben ist.
Ein Auszug aus dieser Abhandlung in englischer Sprache ist auch in den Mémoires de la société royale des antiquaires du Nord, 1848 - 1849, Copenhague, 1852, p. 329, erschienen.
Da nun die Forschungen über diesen Stein für Meklenburgs Geschichte von großer Bedeutung sind, so habe ich mich nach Kräften bemüht, auch die erwähnte Abhandlung Rafn's den Freunden meklenburgischer Geschichte zugänglich zu machen. Es ist mir nicht allein gelungen, von einem gelehrten Freunde dieser Forschungen eine wissenschaftliche deutsche Uebersetzung der Abhandlung Rafn's zu gewinnen, sondern die königlich dänische Gesellschaft der nordischen Alterthumsforscher zu Kopenhagen hat auch die große Freundlichkeit gehabt, unserm Vereine die Runentypen zur Herstellung der Inschrift in großen Runen nach Rafn's Darstellung zu leihen. Unser Verein theilt daher, mit diesen Hülfsmitteln ausgerüstet, die neuesten Forschungen im Folgenden mit und giebt im Nachstehenden
1) einen wiederholten Abdruck der Darstellung des söndervissingschen Runensteins, wie er in Thorsen's Abhandlung zuerst bekannt gemacht und in unsern Jahrbüchern XII, S. 129 wiedergegeben ist, und
2) eine Uebersetzung der Abhandlung Rafn's mit einer Darstellung der Runeninschrift in den kopenhagener Runentypen.
G. C. F. Lisch.