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2. Alterthümer des christlichen Mittelalters und der neuern Zeit.


Messingene Taufbecken von Dambeck.

Am 30. Juni 1857 wurden im Torfmoore von Dambeck bei Röbel, beim Bau der Chaussee von Plau nach Röbel, auf dem von der Chausseebau=Direction für die Chaussee erkauften Boden zwei große messingene Schalen gefunden. Unter der Einbildung, daß sie von Gold seien, ward Anfangs viel Aufhebens davon in den Zeitungen gemacht, bis sich sehr bald, wie zu erwarten stand, herausstellte, daß das vermeinte Gold nichts weiter als Messing sei. Dennoch fanden sich Kaufliebhaber, bis Se. Königliche Hoheit der Großherzog die beiden Becken für einen ziemlich hohen Preis für das großherzogliche Antiquarium anzukaufen befahl, nachdem die Chausseebau=Direction auf ihre Ansprüche verzichtet hatte Die wesentlichsten Verdienste um die Festhaltung und Erwerbung der Schalen hat der Herr Burgemeister Dr. Klitzing zu Plau, Mitglied der Direction.

Die beiden Schalen sind von der bekannten, weit und viel verbreiteten Art, mit der räthselhaften, viel besprochenen Inschrift. Im Allgemeinen haben diese Schalen keinen besonderen Werth, da sie sich, auch in Meklenburg, häufig als Taufbecken in den Kirchen finden. Man hätte daher gar kein besonderes Gewicht auf diese Schalen zu legen brauchen, um so weniger, als sie gerade keinen hohen Kunstwerth haben, wenn nicht die eine Schale eine ganz besondere Verzierung trüge und zur Bestimmung dieser viel besprochenen Geräthe beitragen könnte.

Das eine Becken ist von gewöhnlicher Gestalt und Größe, wie sich oft dergleichen finden und auch die Sammlung des Vereins für meklenburg. Geschichte ein Exemplar besitzt. Es hat einen Durchmesser von 22 Zoll im Ganzen. Auf dem Boden ist im Innern der englische Gruß (Ave Maria) in getriebener Arbeit dargestellt und umher die bekannte Inschrift mit einem Stempel eingeschlagen; auf dem Rande sind laufende Hirsche in getriebener Arbeit dargestellt. Dieses Becken ist also ganz gewöhnlich.

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Das andere Becken ist aber größer und anders eingerichtet. Es hat einen Durchmesser von 27 Zoll im Ganzen; der Boden hat 16 Zoll im Durchmesser. Der Rand ist gegen 4 3/4 Zoll breit. Der Boden hat in der Mitte eine getriebene Rundung, welche von der besprochenen Inschrift und diese wieder mit einem Rande von laufenden Hirschen umgeben ist; der Rand ist ebenfalls mit laufenden Hirschen geschmückt: den Rand mit den Hirschen auf dem Boden hat dieses Becken vor andern voraus und daher ist es auch größer, als die meisten. Was dieses Becken jedoch besonders auszeichnet, ist die Verzierung der innern Rundung des Bodens, welche ein rundes Wappen von 7 1/2 Zoll Durchmesser darstellt. Es ist der doppelte, gekrönte Reichsadler mit einem Wappen auf der Brust, welches jedoch der Untersuchung bedarf. Das Wappen 1 ) hat eine Haupteintheilung, deren Bilder sich je zwei und zwei (1 und 4, 2 und 3) wiederholen, und jedes Viertheil ist wieder in vier Felder getheilt.

Haupteinteilung des Wappens

1) Ich erfreue mich bei der Erklärung des Wappens des Beistandes meines kundigen Freundes Masch.
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Man sieht, daß die Felder 4 nicht den Feldern 1 entsprechen, sondern in jedem Hauptviertheile verschieden sind. Alles Uebrige läßt sich wohl erklären, wenn sich auch kleine Bedenken regen mögen, so ist z. B. das Wappen I, 4 (Sicilien) im Andreaskreuze in vier Theile getheilt und hat in dem obern und untern Viertheile vier Pfähle und in den beiden Seitenviertheilen eine Kugel, statt Adler. Ferner haben die Felder II, 2 und III, 2 nur drei Lilien, statt daß das Feld eingefaßt und mit Lilien bestreut sein sollte. Jedoch sind die mit Oesterreich correspondirenden Felder II, 4 und III, 4 in der Heraldik der fürstlichen Häuser nirgends zu finden: das Feld II, 4 hat drei Schilde 1 3 2 grade so wie das bekannte Maler=Wappen; das Feld III, 4 hat ein Haus mit einer Thür und mit einem runden Dache, wie ein modernes Schilderhaus.

Die Hauptelemente dieses Wappens sind die Wappen, welche die deutschen Kaiser seit Carl V. führten, denn erst unter diesem Kaiser kamen die spanisch=burgundischen Wappen in den kaiserlichen Schild. Es läßt sich also mit Sicherheit annehmen, daß dieses Becken nicht vor Carl V. gefertigt sein kann. Aber auch nach diesem Kaiser wird es nicht gemacht sein, da Ferdinand mehr deutsche Wappenbilder in seinen Siegeln führte. Das Becken wird also unter dem Kaiser Carl V. gemacht sein. Dennoch läßt sich nicht sagen, daß Carl V. grade ein solches Wappen führte; die vielen bekannten Wappen und Siegel Carls V. sind alle anders angeordnet, wenn sich auch auf allen einige Elemente von dem Wappen des Taufbeckens finden.

Man kann also nur annehmen, daß das Wappen des Beckens eine decorative Fiction, vielleicht der Nürnberger ist, wenn das Wappen in Nürnberg getrieben ist, wie denn die Nürnberger zu allen Zeiten viel Decoration gemacht haben, die grade nicht strenge historisch ist.

Zu dieser Annahme stimmen denn auch die Felder II, 4 und III, 4. Das Feld II, 4 mit den drei Schilden im Schilde soll sicher das Maler=Wappen sein (vgl. unten zur Kunstgeschichte) und das Feld III, 4 mit dem Hause muß auf irgend eine, noch unbekannte Stadt, Zunft oder Person (Künstler oder Fabricant) sich beziehen. Man wollte also durch das Wappen wohl darstellen, wie nahe die Maler oder Künstler dem Fürstenhause Oesterreich standen. Vielleicht war diese Schale zu einer Eßschüssel irgend einer Künstlerzunft bestimmt; diese Schalen sind früher und werden noch jetzt auch zu Eßschalen benutzt.

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So viel scheint durch dieses Becken festgestellt zu sein, daß die Becken dieser Art noch in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts unter dem Kaiser Carl V. als Fabrikwaare angefertigt wurden. Darauf deutet denn auch der Umstand hin, daß beide Becken denselben Fabrik= oder Handelsstempel RS mit den kleinen lateinischen Unzialen des 16. Jahrhunderts tragen.

G. C. F. Lisch.