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11.
Belehnung durch Antastung des Hutes.

Die Belehnung durch den Hut oder die Mütze (auch Barret), welche der Lehnsherr dem Vasallen darreichte und dieser antastete, ist ein alter Lehnsgebrauch, welcher sich bis um das J. 1700 in Norddeutschland verfolgen läßt. J. Grimm hat in seinen Rechtsalterthümern Th. I, S. 148 flgd. diesen Gegenstand behandelt und gefunden, daß "der Gebrauch dieses Symbols sich vorzüglich in Sachsen (Schleswig, Holstein, Lauenburg, Pommern, Hoya, Braunschweig, Hildesheim bis nach Obersachsen hin), nicht in den übrigen Theilen des Reichs zeigt". Aus Meklenburg war bisher noch kein Beispiel dieses Lehnsgebrauches bekannt.

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In den ältesten Zeiten ward in Meklenburg der Vasall durch Ring und Kuß belehnt. Die in Jahrb. VIII, S. 221 mitgetheilte Urkunde vom J. 1276 giebt eine klare Ansicht von der Form dieser Belehnung.

In jüngeren Zeiten ward der Vasall in Meklenburg auch durch Darreichung des Hutes belehnt.

Der Gebrauch der "Antastung des Hutes" bei der Belehnung kommt in den Acten des Lehngutes Wendisch=Lipze, A. Boizenburg, noch sehr spät zwei Male vor.

Am 4. Januar 1604 berichtete der Lehnmann des Erzstiftes Magdeburg, Busse von der Schulenburg zu Angern, an das magdeburger Dom=Capitel,

"daß er von weilandt dem durchlauchtigen hochgebornen Fürsten vnd Herrn Herrn Johann Albrecht Herzogen zu Meckelnburgk etc. . den 3 Martij Ao. 67 laut der copeylichen Beilage mit dem gutt Wendischen Lipze, imgleichen auch von S. F. G. Herrn Brudern Hertzogen Vlrichen christmilder gedechtniß in der Perfohn mit ausgesprochenen wortten, auch darreichung vnnd handtastungk derMutzen beliehen worden".

Am 25. Sept 1674 leistete der Oberst Jacob von Bülow auf Gudow dem Herzoge Gustav Adolph von Güstrow den Lehneid für dasselbe Gut Wendisch=Lipze, worüber folgendes Protocoll niedergeschrieben ward:

"Den 25. 7br. 1674 hat der H. Oberste Bülow in Ihrer Durchl. gemach in gegenwardh Ihro Durchl. des H. Cantzlers, H. Marschalls, Graffen vnd des H. Cammer=Junckern Major Vieregken diesen Lehneid mit aufflegung der finger auff Ihrer Durchl. Hut, den ihm der H. Cammer=Juncker vorgehalten, abgeleget".

Merkwürdig ist, daß diese Hutantastung beide Male an dem güstrowschen Hofe vorkommt.

Diese Beispiele von dieser Form der Belehnung mögen zu den jüngsten gehören. Es steht zur Frage, wie weit sich diese Form rückwärts verfolgen läßt. Es ist bisher nur noch ein Beispiel vorgekommen: als der Herzog Magnus, postulirter Bischof von Schwerin, die Administration des Stiftes selbst antrat, nahm er am 18. Sept. 1532 die Huldigung der Stiftsvasallen entgegen und belehnte sie von neuem mit ihren Lehngütern. Es sind bei dieser Huldigung 1 ) mehrere Acte


1) Vgl. Urkunden=Sammlung.
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klar zu erkennen: 1) die Vasallen gelobten dem Lehnherrn Treue durch Ableistung eines Eides mit aufgehobenen Fingern ("erectis duobus versus celum digitis"); 2) der Lehnherr belehnte die Vasallen durch Darreichung des Hutes, welchen die Vasallen berührten ("per ostensionem sive porrectionem pilei domini et tactum pilei ejusdem per ipsos vasallos"); 3) der Lehnherr bewilligte hierauf den Vasallen Lehnbriefe ("litteras decrevit et concessit").

Aus Holstein ist noch ein Beispiel aus älteren Zeiten bekannt. Am 26. Sept. 1438 belehnte der Bischof von Lübeck den Grafen Adolph VIII. mit der Grafschaft Holstein und dem Fürstenthum Stormarn durch Darreichung des Hutes ("gab dem Herzoge den Hut in die Hände"); vgl. P(eter) H(ansen) Nachricht von den Holstein=Plönschen Landen, Plön (1759), S. 21. Vgl. Lackmann dissertatio de symbolica investiendi ratione per pileum p. 17 sq., wo das Notariats=Instrument über diesen Fall eingeschaltet ist.

Auch in dem an Meklenburg grenzenden rügen=pommerschen Landestheile war dieser Gebrauch herrschend. In einem vor dem Reichskammergericht von der Familie v. Behr gegen die Herzoge von Pommern über den Anfall des Gutes Bärenwalde siegreich geführten Processe heißt es im J. 1529: "Seit unvordenklichen Jahren sei es im Lande Baeth Gewohnheit und Gebrauch gewesen, daß, wenn ein Geschlecht von Adel, so der Lehnherr gestorben, von dessen Erben ihre alten Lehne hätten empfangen wollen, alle Personen des Geschlechts erschienen seien und um Belehnung nachgesucht hätten, welche allein mit Angreifung eines Hutes oder Birrets vollzogen sei".

G. C. F. Lisch.