zurück zur Metadatenansicht auf dem Dokumentenserver
zurück
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 101 zur nächsten Seite zur letzen Seite
Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

X.

Die

meklenburgischen Formschneider

des

sechszehnten Jahrhunderts.

Von

Wiechmann=Kadow


D ie Drucke der Michaelis=Brüder zu Rostock sind sehr arm an Holzschnitten Außer den Buchdruckerzeichen sind nur bekannt die Titeleinfassung der Schweriner Agende von 1521, den Bogen eines Portals darstellend 1 ), und ein Formschnitt in dem stralsundischen Missale, welches Mohnike in Jahrb. V, S. 184 flgd. ausführlich beschrieben hat Auf diesem Blatte, das zu dem eigentlichen Meßcanon gehört, sieht man den Heiland am Kreuze, zu dessen Seiten Maria und Johannes stehen, während mehrere Engel das Blut aus den Wunden des Erlösers in Kelche auffangen 2 ). Dann findet sich in der vor 1500 gedruckten Auslegung der zehn Gebote 3 ) eine Folge von zwanzig Holzschnitten, so daß zu jedem Gebote zwei gehören, von denen der erste die Uebertretung des Gebotes, der zweite dagegen die Strafe für die Sünde darstellt; H. 2 Z. 11 L. Br. 2 Z. 7 - 8 L. 4 ) Diese Formschnitte können nur roh genannt werden. Viel höher an Kunstwerth steht das große Buchdruckerzeichen der Brüder: der heil. Michael, den Lindwurm tödtend, H. 4 Z. 6 L., Br. 2 Z. 5 L. Das Signet, von dem in Jahrb. IV, Taf. 1, Nr. 5 ein Facsimile gegeben ist, wird von einem Meister der niederrheinischen Schule her


1) Vgl. Lisch in Jahrb. IV, S. 55.
2) Vielleicht nach Martin Schongawer's Kupferstich, Bartsch Nr. 25.
3) Vgl. Jahrb. XXII, S. 226.
4) Das angegebene Maaß ist das altfranzösische.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 102 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

rühren 1 ). Ein kleineres Zeichen, von Kosegarten in Jahrb. VI, S. 194 erwähnt, findet sich in der Mitte eines schön verzierten Holzschnitt=Initials V .

Nicht weniger arm an Formschnitten sind die Drucke aus der Officin von Hermann Barckhusen. Neben einigen unbedeutenden Vignetten sind die Holzschnitte der bambergischen Halsgerichts=Ordnung (1510) 2 ) zu berücksichtigen, welche als gegenseitige Copien der Abbildungen in den hochdeutschen Ausgaben von Hans Pfeyll zu Bamberg und Johann Schöffer zu Mainz (1507 und 1508) betrachtet werden können. Sie sind in 4°, der Titelholzschnitt: das Weltgericht, in Fol., ebenso eine sich mehrmals wiederholende Darstellung verschiedener Hinrichtungs= und Strafwerkzeuge, in welcher das Fähnchen auf dem Dache des Prangers (Kaak) mit dem Buchstaben r (auf Rostock deutend) versehen ist.

Mit den großartigen typographischen Unternehmungen der beiden Männer Nicolaus Marschalk und Ludwig Dietz beginnt um das Jahr 1515 die glänzende Periode für die Formschneidekunst in Meklenburg, und bietet sich uns von jener Zeit eine, wenn auch nur kleine Reihe von Künstlern dar, welche vortreffliche Werke hinterlassen haben und fast alle der sächsischen Schule angehören.

Es sind bis dahin folgende Meister bekannt, die den Formschnitt in Meklenburg ausgeübt haben:

Melchior Schwarzenberg,
Monogrammist P. B.,
Erhard Altdorffer,
Jacob Lucius,
Monogrammist D.


Melchior Schwarzenberg.

Es ist wohl nicht zu bezweifeln, daß Melchior Schwarzenberg durch den herzoglichen Rath Nicolaus Marschalk nach Meklenburg gekommen ist; wahrscheinlich brachte ihn dieser selbst mit aus Sachsen und beschäftigte ihn als Formschneider


1) Das Gesicht des Engels ist rundlich, die Nase kurz und stumpf. Man vgl., was Nagler im Künstlerlexicon, Bd. 15, S. 430 über die niederrheinische Schule sagt.
2) Vgl. Lisch in Jahrb. IV, S. 84 flgd.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 103 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

(vielleicht auch als Factor) für seine Buchdruckerei zu Rostock. Als Gehülfe Marschalks wird Schwarzenberg in den herzogl. Rechnungen erwähnt; leider nennt man ihn nach der Sitte der damaligen Zeit nur mit dem Vornamen, z. B.:

1516. II gulden Melcher, docter Marschalgks knechte, von eynem tittel zu schniten obber meiner g. hernn wappen am dienstage nach Lucie. Herz. Heinrich 1 ).

Im Jahre 1516 tritt der Künstler auch als Formschneider für die Officin des Ludw. Dietz auf, für den er mehrere Holzschnitte fertigte, die alle das Gepräge der altsächsischen Schule tragen. Es scheint aber, als ob Schwarzenberg nicht lange in Rostock verweilte, denn unter den vielen Formschnitten, welche die dietzischen Drucke nach 1520 zieren, wüßten wir nicht einen, der diesem Meister zugeschrieben werden könnte. Schon im Jahre 1532 findet man ihn an der Holzschnittfolge beschäftigt, welche zuerst in der 1534 von Hans Lufft zu Wittenberg gedruckten Bibel vorkommt und später in andere Bibel=Ausgaben übergegangen ist. Diese Holzschnitte sind nun freilich von bedeutend größerem Kunstwerthe, als diejenigen, welche Schwarzenberg in Rostock ausführte; aber warum dürfte man nicht annehmen, daß der Meister sich allmählig zu einer höheren Stufe hinaufgeschwungen habe, zumal da gerade damals in Sachsen die Schule Cranach's zu blühen begann? 2 ) Besonders schön ist in jener Bibel das Kinder=Alphabet von Schwarzenberg und dem Monogrammisten P. S., das durchaus in Cranach's Manier gehalten ist 3 ). Auch in Luther's Hauspostill, so wie in dessen Kirchenpostill, Nürnberg 1545, finden sich Blätter von ihm, theilweise nach Hans Brosamer, und endlich soll er nach Malpé's Angabe für Sigismund Feyrabend zu Frankfurt a. M. Titeleinfassungen und Vignetten geschnitten haben.


1) Vgl. Lisch in Jahrb. IV, S. 108.
2) Panzer (Gesch. der Bibelübersetzung Luther's, 1791, S. 306), der das Monogramm M S auf den bereits 1488 verstorbenen Martin Schön deutet, macht darauf aufmerksam, daß Christoph Walther, der Corrector Lufft's in seinem Berichte Von unterscheid der deutschen Biblten, Wittenberg 1563, ausdrücklich bemerkt, Luther habe für die Holzschnitte der Bibel von 1534 selbst angegeben, wie man sie hat sollen reissen oder malen.
3) Vgl. Rud. Weigel's altdeutsches Holzschnitt=Alphabet in Naumann's Archiv für zeichnende Künste, Jahrg. II, S. 217, wo der Initial P copirt ist.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 104 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Schwarzenberg's Monogramm besteht aus den verschlungenen oder neben einander stehenden Buchstaben M S;

Schwarzenbergs Monogramm 1 )

Ueber Schwarzenberg vergleiche man Malpé et Bavarel, Notices sur les graveurs, qui nous ont laissé des estampes marquées, 1808, 11, p. 216; Heller, Geschichte der Holzschneidekunst, S. 132 2 ); Brulliot. Dictionnaire des monogrammes, II, No. 1943 und 2049; Nagler's Künstlerlexicon, Bd. 16, S. 128.

1. Das meklenburgische Wappen.

Der gekrönte Stierkopf mit Nasenring und heraußhangender Zunge in einem Schilde. Ueber dem Schilde die in Holz geschnittene Inschrift: Meckelnburgk. H. 7 Z. 4 L.; Br. 6 Z. 6 L. (ohne Ueberschrift.)

Dieser Formschnitt, von dem ein Exemplar im Großherzogl. Archive zu Schwerin vorhanden, ist ohne Zweifel derselbe, welcher in der oben mitgetheilten Stelle aus den fürstl. Rechnungen vom J. 1516 erwähnt wird (Jahrb. IV, S. 118).

Ein ähnliches Wappen (H. 2 Z. 8 L.; Br. 2 Z. 1 L.) findet sich in Marschalk's Institut. Reipubl. militar., 1515.

2. Titelholzschnitt zu: Der sele rychtestych Rostock, L. Dietz, 1515.

Kl. 4°. Christus am Kreuze, rechts von demselben Maria mit einem Schwerte in der Brust, links Johannes mit einem Buche. Am Fuße des Kreuzes das erste Monogramm.

In demselben Buche kommen noch zwei kleinere Holzschnitte in 8° vor, nämlich:

(Bl. 35 b.) der Schmerzensmann, im Grabe stehend, und
(Bl. 59 b.) die heil. Elisabeth (Anna?) und Maria mit dem Christkinde.


1) Das erste Zeichen findet sich in Jahrb. IV, Taf. IV, Nr. 2, das zweite in Naumann's Archiv II, S. 217, das dritte bei Heller und Brulliot, Nr. 2049, das vierte bei Brulliot nr. 2409. Bei den beiden letzten Monogrammen kommen die Jahreszahlen 1532 und 1534 vor.
2) Heller bemerkt: "Er lebte zu Wittenberg und soll auch für Feyerabend gearbeitet haben". Nagler bestimmt die Thätigkeit des Künstlers auf die Zeit von 1530 - 50 und erwähnt, daß seine Formschnitte in späteren Werken copirt sind.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 105 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Auch die Holzschnitt=Initiale dieses Druckes müssen erwähnt werden, z. B. der Buchstabe V, in dessen Mitte ein von einem Pfeile durchbohrtes Herz steht (Jahrb. IV, S. 143 flgd.).

3. Die Jungfrau Maria mit dem Rosenkranze.

Maria, das Jesuskind tragend, steht in eiuer Glorie auf der Mondsichel. Sie ist von einem Rosenkranze umgeben, in welchem auf größeren Blumen ein durchbohrtes Herz, so wie zwei durchbohrte Hände und Füße liegen. In den Ecken vier Medaillons mit den geflügelten Attributen der Evangelisten. H. 7 Z. 3 L., Br. 4 Z. 6 L.

Der gut gelungene Holzschnitt steht auf der Rückseite einer von L. Dietz gedruckten Aufforderung des Dominikaner=Ordens zum Eintritt in die Brüderschaft des Rosenkranzes 1 ) (Jahrb. IV, S. 173).

4. Die heilige Familie

In der Mitte des Blattes sitzt die heil. Anna auf einem verzierten Throne, in einem Buche lesend; vor ihr sitzt Maria mit dem Kinde, welches letztere einen Apfel in den Händen hält. Rechts vom Throne steht der heil. Jofeph mit einem Maaßstabe, links der heil. Joachim mit einem Rosenkranze. H. 7 Z. 5 L., Br. 5 Z. 4 L.

Dies Blatt. das ebenso wie die vorige Nr. unverkennbar von Schwarzenberg herrührt, findet sich in einigen Exemplaren des Ordinarius ecclesie Swerinensis, 1519, und scheint erst während des Druckes vollendet zu sein, da es Exemplare giebt, in welchen die betreffende Seite leer geblieben ist.

5. Folge von 45 Heiligenbildern.

Die kleinen Holzschnitte sind ursprünglich für den eben genannten Ordinarius bestimmt gewesen, wurden aber später für andere Drucke benutzt. Sie stellen außer der Geburt und der Auferstehung Christi, der Anbetung der drei Könige und der heil. Dreieinigkeit jeder einen Heiligen mit seinem Attribute dar. H. 1 Z. 7 - 8 L., Br. 1 Z. 2 L.


1) Diese Aufforderung halte ich jetzt für einen der ältesten Drucke aus der dietzischen Officin; die trefflichen großen Holzschnitt=Initiale, von denen sich auch hier einer findet, wandte Dietz nur in der ersten Zeit an.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 106 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

6. Das große Buchdruckerzeichen des Nicolaus Marschalk.

Ein Knappe mit Federbaret halt vor sich einen quer getheilten Wappenschild mit einer zweigeschwänzten gekrönten Sirene. H. 5 Z. 3 L., 3 Z. 9 L. 1 )

Wahrscheinlich ist das Signet von Schwarzenberg, wenngleich die unverhältnißmäßig großen Hände und Füße auf einen später zu erwähnenden Gehülfen Altdorffer's hindeuten.

Auch mehrere Formschnitte in marschalkschen Büchern werden Schwarzenberg angehören, z. B. könnte er an den Folgen der Institut. reipubl militar., 1515, und der Historia aquatilium, 1517 und 1520, Theil haben. Die erstgenannten Holzschnitte (je sechs auf einer Folioseite) habe ich bereits in Naumann's Archiv für zeichnende Künste, Jahrg. II, S. 129 erwähnt und bemerkt, daß sie als verkleinerte Copien der Abbildungen in der erfurter Ausgabe des deutschen Vegetius (1511) zu betrachten sind; sie sind alle sehr leichtfertig behandelt.

Ferner mag unser Xylograph einige Blätter nach Altdorffer's und anderer Meister Zeichnungen geschnitten haben. Zu solchen rechne ich das Schlußbild 2 ) der Institutiones, einen geharnischten Ritter auf seinem Turnierrosse darstellend; H. 9 Z., Br. 6 Z. Beachtenswerth und gewiß nicht ohne Bedeutung sind bei diesem Holzschnitte die Brille und das Ohr einer Schellenkappe, welche neben oder über einander auf dem Boden liegen 3 ). Vielleicht wäre dieser Formschnitt nach jener Zeichnung ausgeführt, von welcher Hermann Barckhusen


1) Ein Facsimile in Jahrb. IV, Taf. III, Nr. 3.
In Jahrb. IV. wird die Sirene nur als ein Buchdruckerzeichen, nicht als das Wappen Marschalk's betrachtet. Ohne dieser Ansicht entgegentreten zu wollen, bemerke ich, daß in meinem Exemplar der Institut. militar., in welchem die Holzschnitte alt colorirt sind, der quer getheilte Schild gespalten ist und oben ein schwarzes, unten ein gelbes Feld erhalten hat.
2) Auch das Schlußbild der kleinen marschalkschen Chronik: Ein aufzßog │ der Meckelnbur │ gischen Chro │ nicken - o. O. u. I. Fol. Jahrb. IV, S. 131.
3) In Naumann's Archiv, Jg. II, S. 180 ist das Blatt zu dem Werke Altdorffer's gezählt.
Der Zeit nach könnte das von Lisch in Jahrb. IV, S. 150 beschriebene Crucifix für die Carthäuser zu Marienehe ein Holzschnitt Schwarzenberg's sein. Es ist mir nicht gelungen, ein Exemplar aufzufinden.
Die späteren Holzschnitte, welche der Meister in Sachsen fertigte, durften hier nicht weiter berücksichtigt werden.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 107 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

in seinem bekannten Briefe an den Herzog Heinrich den Friedfertigen von Meklenburg vom J. 1510 sagt:

hebbe ok darupp alrede eynen forsten in einem harnsche offte Coritzen upp eynem Hinxte sittende dorch Henriche Juwer g. maler upp dat eerste blad mit anderen Juwer g. wapen etc. . entwerpen laten: u. f. w.

Ueber den Maler Heinrich fehlt jede weitere Kenntniß.


Der Monogrammist P. B.

Wichtiger als Schwarzenberg ist uns dieser, dem Namen nach noch unbekannte Künstler, der nur für LDietz zu Rostock thätig gewesen zu sein scheint. Die Monogramme 1 ), mit denen er seineWerke bezeichnete, sind aus den beiden Buchstaben P und B zusammengesetzt.

Monogramm

Einmal, und zwar auf einer Titeleinfassung, die dem Meister durchaus nicht abzusprechen ist, findet sich folgendes Zeichen

Monogramm

in welchem man die Buchstaben Lrebp erkennt.

Durch diese Monogramme sind mehrere Kunstkenner zu der Vermuthung gelangt, daß der Formschneider P. B. und der Maler Peter Bökel aus Antwerpen eine und dieselbe Person sein könnten 2 ). Es ist indessen zu erwägen, daß Bökel, der 1563 beim Schloßbau zu Schwerin als Maler beschäftigt war, noch im J. 1582 für den Herzog Ulrich (zu Wismar) Bildnisse meklenburgischer Herzoge fertigte, also schwerlich schon um 1520 in Meklenburg war, da er dann 1582 ein achtzigjähriger Greis gewesen sein müßte. Auch berichtet Lisch (Jahrb. V, S. 54), daß Bökel im J. 1563 drei "gemalte Bilder" für die herzogliche Capelle aus den Niederlanden mitbrachte und also erst in diesem Jahre nach Meklenburg kam 3 ).


1) Der von dem Herrn Archiv=Registrator Glöckler in Jahresber. XXII, S. 46 erwähnte Holzschneider P. G. kann nur unser Monogrammist P. B. sein.
2) Auf Bökel's Siegel stehen die Buchstaben P. B. V. A.
3) Vgl. Jahrb. V, S. 54 flgd., IX, S. 203 und Jahresber. XXII, S. 37.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 108 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Was des Meisters Kunstweise anbetrifft, so sind seine Arbeiten größtentheils wohlgelungene Nachahmungen der schönen Metallschnitte, welche wir in den französischen Heures (Gebetbücher) aus dem Ende des 15. und dem Anfange des 16. Jahrhunderts bewundern; sie haben wie jene gewöhnlich einen schwarzen Grund mit weißen Punkten (punktirter Grund, manière criblée) 1 ) und sind gleichfalls Metallschnitte. Wenn auch die Zeichnung mitunter etwas schwach ausfällt und die Schwierigkeiten, welche das Schneiden in Metall bietet, nicht immer so glücklich überwunden sind, wie dies der Schule Holbein's gelang, so gehören dennoch die vielen Blättchen unsers Künstlers zu den besten Leistungen in jener Manier. Besonders gelungen sind die Randleisten aus dem J. 1522, bei denen nicht allein der reichen Phantasie des Meisters freier Lauf gelassen ist, sondern auch die saubere, minutiöse Ausführung so viel Geschmack und Eleganz zeigt, daß der verstorbene Mohnike nicht zu weit geht, wenn er diese Zierleisten zu den schönsten jener Zeit zählt 2 ).

1. Folge von zwölf Vignetten zum Kalender.

Zu jedem Monate gehört ein Blatt, das in drei Felder getheilt ist. Das eine Feld stellt die landwirthschaftliche oder häusliche Verrichtung des Monats, das andere das Bild des Thierkreises dar; das mittlere enthält eine Arabeske, einmal (für den Junius) auch das Wappen des Ludw. Dietz an einer Weinranke hangend. Das zweite Monogramm ist zweimal, das dritte und vierte einmal vorhanden. Br. 2 Z. 4 L., H. 1 Z. Diese niedlichen Blättchen kommen in den Kalendern bes Breviarium Hamburgense, 1522, und der dietzischen Gebetbücher von 1526 und 1530 vor 3 ).

Sehr gute Copien (in Hozschnitt) findet man in dem von Hans Walther zu Magdeburg gedruckten Gebetbuche (v. J. 1534?) 4 ).


1) Man nennt diese Kunstweise auch: Manière de Bernard Milnet, Style of the Mazarine Crucifixion und älteste geschrotene Arbeit mit weißen Punkten und Strichlagen. Vgl. den Artikel Bernard Milnet in Naglers Künstlerlexicon, Bd. 9, S. 299.
2) Vgl. Jahrb. V, S. 173.
3) Vgl. Lappenberg, Gesch. der Buchdruckerkunst in Hamburg, 1840, S. 121, Jahrb. XXII, S. 244, Wackernagel, Bibliographie des deutschen Kirchenliedes, Nr. 227, und Jahrb. XXII, S. 247 und 250.
4) Vgl. Scheller's Bücherkunde der niederdeutschen Sprache, Nr. 872.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 109 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

2. Zierleisten aus dem J. 1522.

Die Randleisten, welche zuerst in dem Gebetbuche des Ludw. Dietz von 1522 1 ) vorkommen, dann aber vielfach angewendet wurden und mit den dietzischen Lettern an Stephan Möllmann übergingen, wechseln neunmal. Für beide Seiten H. 4 Z. 5 L., Br. 5 L.; unten Br. 2 Z. 5 L.; H. g L.; oben Br. 2 Z. 2 L., H. bis 4 L. Nur einige der unteren Leisten sind mit einer Randlinie eingefaßt. Diese Zierleisten zeigen ein phantastisches Gemenge von Figuren, Thiergestalten, architektonischen Verzierungen und Arabesken: Indianer, die einen Vogel in die Höhe halten, auf langen Hörnern blasende Engel, einen Mann und eine Frau, beide ein menschliches Haupt auf einem Schwerte tragend, Bogenschützen, Sphinxe, Eidexen, Hunde mit Schneckenhäusern, eine Hasenjagd, Säulen von Männern getragen und mit Laubgewinden und Mascarons geziert u. s. w. Die Bordure mit der Frau, die ein menschliches Haupt trägt, hat das erste Zeichen 2 ); die Jahreszahl 1522 findet sich mehrmals. Ferner sind noch die in den unteren Leisten vorhandenen Devisen zu erwähnen, namlich:

DORHEIT. MACHT. ARBEIT.
AMOR. OMNIA. VINCIT.
ALLE. VOGEL. NEIDEN. VNS.

Der letzte Spruch steht zwischen drei Eulen 3 ).

3. Zierleisten.

a. Zierleiste mit zwei Hunden, die um einen Knochen streiten. Br. 2 Z. 10 L., H. 7 L. Dieselbe Darstellung findet sich auch auf einer der unter 1. besprochenen Leisten. In: Datnye schip van Narragonien, 1519, und: Eyne


1) Vgl. Lisch in Jahrb. IV, S. 164.
2) Eine ganz ähnliche Leiste sieht man in den Heures des Thielmann Kerver zu Paris.
Copien der Randleisten sind in Drucken von Joh. Balhorn zu Lübeck und auf dem Titel der niedersächsischen Ausgabe von Luther's Betbüchlein, o. O. 1525 (Scheller a. a. O. Nr. 673) bemerkt worden.
3) Man begegnet nicht selten Holzschnitt=Vignetten aus dem 16. Jahrh., auf welchen Eulen von anderen Vögeln geneckt dargestellt sind, z. B. in einer von Martin Landsberg zu Leipzig benutzten Einlassung, wo ein Band mit den Buchstaben M. H. A. V., d. h. Mich Hassen Alle Vögel, beigefügt ist. Diesen Holzschnitt beschreiben Strobel in den neuen Beyträgen z. Litteratur, Bd. 2, St. 1, S. 110 und Wackernagel in seiner Bibliographie des deutschen Kirchenliedes, Nr. 138 und 140.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 110 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

prophetie vā dem nyen erwelten Römischē köninge, 1519 1 ).

b. Rankende Pflanzen mit Blumen, zwischen diesen ein Vogel. H. 4 Z. 9 L., Br. 11 L. Diese schöne Arabeske kommt in dem Ordinarius Swerinensis, 1519, vor.

c. Zwischen Blumen und Blätterwerk sitzt ein Mann, dessen Kopfbedeckung in eine Blume ausläuft, und hält einen gebogenen Speer in den Rachen eines Lindwurms; weiter unten ein Löwe mit menschlichem Gesichte. H. 5 Z. 6 L., Br. 5 L. Die Leiste wurde in dem Fragmente eines dietzischen Druckes gefunden.

d. Ein Stab, um den sich Laubwerk windet. H. 5 Z. 5 L., Br. 7 L. In der unter a. zuletzt genannten Schrift, welche auch kleinere Zierleisten mit Blumen enthält.

4. Titeleinfassung zu dem Gebetbuche des Ludwig Dietz vom Jahre 1560, 12°.

Die aus vier schmalen Leisten zusammengesetzte Einfassung zeigt zu beiden Seiten verzierte Säulen mit mehreren kleinen Figuren, darunter ein Narr mit der Schellenkappe, ein Affe und eine Schnecke. Unten befindet sich das dietzische Wappen zwischen Diestelpflanzen; oben runde Bogen mit anderen Verzierungen. Die Leiste auf der rechten Seite ist mit jenem Monogramme versehen, das aus den verschlungenen Buchstaben L r e b p besteht. Die ganze Einfassung ist 3 Z. 6 L. hoch und 2 Z. 4 L. breit; sie wird schon früher benutzt sein.

5. Ein Stammbaum mit den Graden der geistlichen Verwandtschaft, welche die Ehe hindern (Arbor casibus cognationis spiritualis) in dem Ordinarius Swerinensis, 1519 2 ).

Ein mit Blättern und Blumen verzierter Baum trägt zu beiden Seiten mehrere Tafeln, auf denen die Grade der Verwandtschaft (mit Lettern) gedruckt sind. Um die Wurzeln schlingt sich ein Band mit den Worten:

Stammbaum Arbor cognatiōis spūalis.

Mit wagerecht schattirtem Grunde. H. 7 Z. 4 L., Br. 4 Z. 11 L.


1) Vgl. Jahrb. IV, S. 155, u. XXII, S. 213.
2) Vgl. Lisch in Jahrb. IV, S. 159.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 111 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Wenngleich unten in der linken Ecke ein sehr undeutliches Monogramm steht, in welchem man den Buchstaben S zu erkennen meint, so glaube ich dennoch, diesen Formschnitt dem Künstler P. B. zuschreiben zu müssen, da namentlich die Blätter und Blumen durchaus seine Kunstweise zeigen. Vielleicht rührt die Zeichnung von einem anderen Meister (Schwarzenberg?) her.

6. Das sogenannte Wappen Jesu Christi mit der Inschrift: REDEMPTORIS. MUNDI. ARMA.

Der Wappenschild enthält in der Mitte ein Kreuz mit der Dornenkrone und den Buchstaben I. N. R. I. Zur Linken des Kreuzes ein Hammer, ein Speer, das Gewand des Herrn und drei Würfel; rechts eine Zange, das Rohr mit dem Schwamme, das Haupt des Judas mit zwei Rollen Geld und einem Geldbeutel, eine Laterne und ein Schwert. Das Kreuz steht in einem Grabe. Ueber dem Schilde befindet sich ein Helm mit einer Säule, an welcher Ruthen, Peitschen und Stricke angebracht sind; oben auf der Säule ein Hahn. Oben in der Ecke links das erste Zeichen, mit wagerecht schattirtem Grunde. H. 3 Z. 1 L., Br. 2 Z. 3 L. In Slüter's Gesangbuch, 1531 1 ), und Stüblinger, Eyn kleyn nödich stücke vam Predigampt, 1553 2 ).

7. Buchdruckerzeichen des Ludwig Dietz.

a. Buchdruckerzeichen mit einem getheilten Kreise, in welchem die Buchstaben L D stehen. Aus dem Kreise geht eine Stange in die Höhe, deren Spitze in einem sechsstrahligen Stern endet. In den Winkeln R│O│S│T│O│K│. Um die Stange fliegt ein Band mit den Worten: τελος id est FINIS. H. 2 Z. 9 L., Br. 1 Z. 5 L. Ein Facsimile in Jahrb. IV, Taf. IV, Nr. 1 b. . 3 ).

b. An einem Weunstamme hängt ein Schild mit der getheilten Kugel, aus welcher eine Stange mit dem Andreaskreuze geht. Diesen Schild halten zwei aufrecht stehende Löwen. Am Fuße des Baumes, auf einem Bande, der Name L. DIETZ . H. 2 Z. 9 L., Br. 2 Z. 4 ).


1) Vgl. Jahrb. XXII, S. 27.
2) Vgl. Scheller a. a. O. Nr. 972.
3) Dasselbe Buchdruckerzeichen von derselben Größe kommt auch ohne die Inschrift des Bandes vor. Ein kleineres Zeichen mit derselben Darstellung (H. 1 Z. 8 L., Br. 1 Z.) ist ebenfalls in Jahrb. IV, Taf. IV, Nr. 4 abgebildet.
4) Vgl. Jahrb. V, S. 199.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 112 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

c. Ein sitzender Greif hält mit den vier Pranken einen Schild mit dem bei a. und b. beschriebenen dietzischen Wappen. Oben ein Band mit der Inschrift: DORHEIT. MAKET. ARBEIT; unten ein zweites mit: LVDOVICVS DIETZ. Zu beiden Seiten Blumen. Mit wagerecht schattirtem Grunde. H. 1 Z. 11 L., Br. 1 Z. 6 L. 1 ).

8. Das kleinere Buchdruckerzeichen des Nicolaus Marschalk.

Die zweigeschwänzte gekrönte Sirene in einem quer getheilten Wappenschilde, der mit Laubwerk und Troddeln verziert ist. Mit schwarzem Grunde. H. 2 Z. 4 L., Br. 1 Z. 11 L. Ein Facsimile findet sich in Jahrb. IV, Taf. III, Nr. 5.

Dies Signet wird von einem anderen Künstler gezeichnet sein 2 ).

9. Verzierte Initiale.

Die trefflichen Initiale, von denen der Meister eine große Menge geschnitten hat, gehören zu seinen besten Arbeiten. Sie sind fast alle Nachahmungen der gemalten Initiale in alten Handschriften, enthalten phantastische Blumen, Früchte, Arabesken, selten Thiere, und haben alle punctirten Grund. Die größten und wahrhaft prachtvollen Buchstaben kommen in dem Donat von 1518, in Brunswyck's Wundenartzstedye, 1518 und einzeln in anderen Drucken aus Dietzens erster Periode vor. H. 2 Z., Br. 1 Z. 11 L. 2 Z. Das zweite Alphabet (im Ordinarius Swerinensis, 1519) mißt 11 Linien im Durchmesser; dann folgen andere Buchstaben von 7 und 6 L. im Durchmesser, die in den meisten Büchern aus der dietzischen Officin benutzt sind. Auch der in Jahrb. IV, S. 152 beschriebene Initial T mit einem Crucifix, so daß der Buchstabe das Kreuz bildet, verdient besonders genannt zu werden.


Es soll hier noch ein Holzschnitt mit folgendem Zeichen erwähnt werden:

Verzierte Initiale

Derselbe (kl. 4°) ziert den Titel der von Jacob Lucius zu Rostock gedruckten meklenburg. Schäfer=Ordnung von 1578,


1) Vgl. Lisch in Jahrb. IV, S. 183.
2) Es war mir zweifelhaft, ob dieses Buchdruckerzeichen zu dem Werke des Meisters P. B. gezählt werden könne; einige Kunstkenner, welche mich bei meiner Arbeit unterstützten, erklärten sich entschieden dafür.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 113 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

4°, und stellt einen Schäfer dar, der neben seiner Heerde den den Dudelsack bläst 1 ). Diesen Holzschnitt, welcher schon früher vorkommen soll, hat der ältere Meister P. B. nicht geschnitten, wie früher als wahrscheinlich angegeben wurde, vielmehr könnte er von dem oben besprochenen Maler Peter Bökel 2 ) herrühren; auch mag der Schnitt des Blattes Jacob Lucius beizumessen sein.


Erhard Altdorffer

Wie es mitunter vorkommt, daß zwei Forscher zu gleicher Zeit einen und denselben Gegenstand verfolgen, dabei aber von verschiedenen Gesichtspunkten ausgehen, so geschah es kürzlich in Bezug auf Erhard Altdorffer, dessen Name und Wirksamkeit als Maler am Schweriner Hofe von meinem verehrten Freunde, dem Archivrath Lisch im XXI. Bande der Jahrbücher 3 ) gerade zu der Zeit besprochen ward, als ich in Naumann's Archiv für zeichnende Künste die erste Mittheilung über die Holzschnitte des meklenburgischen Formschneiders E. A. machte. Auf jene Nachrichten in Jahrb. XXI. verweisend, bemerke ich hier nur, daß Altdorffer Hofmaler des Herzogs Heinrich des Friedfertigen war, bei diesem in großer Gunst gestanden zu haben scheint, ihn auf die Reise zur Vermählung der Prinzessin Katharine (des Herzogs Schwester) mit dem Herzoge Heinrich von Sachsen=Freiberg begleitete, bei dieser Gelegenheit in Wittenberg verweilte und um 1550 den Titel eines Baumeisters führte. Die herzoglichen Rechnungen nennen ihn in der Zeit von 1512 bis 1550; von seinen Gemälden ist nichts erhalten, und eins seiner Hauptwerke, der Altar in der heil. Bluts=Kapelle zu Sternberg 4 ) (1516), wurde 1741 durch eine Feuersbrunst zerstört.


1) Vgl. Jahresber. XXII, S. 37.
2) Vgl. Naumann's Archiv, Bd. II, S. 252. Das zwischen den beiden Buchstaben stehende Zeichen könnte des Künstlers Hausmarke sein.
3) Vgl. Jahrb. XXI, S. 298. Man vgl. ferner Jahrb. V, S. 22, und XII, S. 222 und 268.
4) Der Contract über das Gemälde, welches die Hostienmißhandlung durch die Sternberger Juden und das Leiden Christi darstellte und auf Goldgrund ausgeführt war, ist in Jahrb. XII, S. 268 mitgetheilt. Die Herzoge Heinrich und Albrecht schenkten den Altarschrein, den Altdorffer für 150 Goldgulden in fünfviertel Jahren vollenden wollte.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 114 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Für die Annahme, daß der Formschneider E. A. identisch mit Erhard Altdorffer sei, werden folgende Gründe angeführt.

  1. Das aus den Buchstaben E und A bestehende Monogramm, also gestaltet 1 ):
Monogramm
  1. Die große Zahl der Holzschnitte, welche der Meister für die rostocker Buchdruckereien von Nicolaus Marschalk und Ludwig Dietz fertigte
  2. Das Costum, welches besonders bei den Frauen auf dem unter Nr. 1 beschriebenen Blatte: das Turnier, das der Hansestädte Lübeck und Rostock ist.
  3. Die Benutzung des marschalkschen Buchdruckerzeichens, der zweigeschwänzten Meerjungfer, als Helmzierde.
  4. Die sehr naturgetrelle Auffassung der Weide, jenes Baumes, dessen eigentliches Vaterland Meklenburg und Vorpommern ist 2 ).

Die Holzschnitte aus der ersten Zeit des Künstlers weisen ihn der altsächsischen Schule zu, während die späteren Arbeiten den Einfluß Cranach's deutlich zeigen. Es ist also mehr als wahrscheinlich, daß Altdorffer sich längere Zeit in Wittenberg aufhielt und in Cranach einen Lehrer fand. In der Behandlung des Architektonischen kommt er häufig dem Erhard Schön nahe. Auch muß noch auf ein eigenthümliches Verfahren aufmerksam gemacht werden, welches sowohl unser Meister, als besonders Gottfried Leigel, ein Schüler Cranach's, bei Bäumen anwandte, indem sie die Zweige von Gewächsen, namentlich im Hintergrunde, durch neben einander gelegte Linien bezeichnen, wodurch der Baum häufig die Gestalt einer Trauerweide erhält.

Ein Theil von Altdorffer's HolzschnittWerk ist bereits in Naumann's Archiv, Jahrg. II, S. 132 - 134 und 179 - 181 beschrieben, der Vollständigkeit wegen werden jene Blätter noch einmal in das folgende Verzeichniß aufgenommen.


1) Bartsch (Peintre Graveur, VIII, p. 67. No. 71) beschreibt bei dem Werke Albert Altdoffer's eine radirte Landschaft mit einem Zeichen, das dem ersten Monogramme des Erhard Altdorffer fast gleichkommt. Nagler (die Monogrammisten Bd. 1, Nr. 46) hat das Zeichen abgebildet und bemerkt, daß diese Landschaft im Style an Albert Altdorffer erinnert. Sollte unser Erhard nicht ein Bruder oder Verwandter Albert's sein?
2) Vortrefflich gelungen ist die geborstene Weide auf dem Holzschnitte zu S. Jacob's Epistel in der lübecker Bibel.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 115 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

1. Das Turnier, 1513.

Der aus drei einzelnen Blättern bestehende schöne Formschnitt stellt ein großes Turnier dar. Auf den beiden äußeren Blättern sieht man zwei Gruppen Ritter mit der Lanze und dem Schwerte kämpfen, während das mittlere Blatt ein großes Haus zeigt, aus dessen mit Teppichen geschmückten Fenstern Damen zuschauen, wie zwei Ritter die Lanzen brechen. Merkwürdig sind die Helmzierden, z. B. ein Storch mit Hut und geschultertem Rechen, eine Storchfamilie auf dem Neste, ein hockender Affe, der in einen Spiegel sieht, eine Kanne mit einem Spieß voll Bratwürste, die zweigeschwänzte Sirene u. s. w. Der Kampfplatz ist durch eine Schranke begrenzt, vor welcher sich eine Bande Musikanten, Knappen, Bürger, Frauen und Kinder befinden; auch auf das Dach eines Erkers am Hause sind Schaulustige gestiegen. In der Mitte steht das erste Monogramm auf einer kleinen Tafel, auf dem äußeren Blatte rechts die Jahreszahl, 1513. Jedes Blatt ist 11 Z. 3 L. breit und 8 Z. 5 L. hoch 1 ).

Es ist nicht unwahrscheinlich, daß dieser Holzschnitt als Andenken an ein bestimmtes Turnier gedient hat. So macht auch Lisch darauf aufmerksam, daß der Herzog Heinrich den Altdorffer zu dem großen Turnier am 23. - 28. Februar 1512 in Ruppin mitnahm.

2. Titeleinfassung zu Marschalk's Institut. reipubl. militar., 1515, und Annales Herulorum, 1521.

Oben eine Frau mit einem Kinde auf einem geflügelten Rosse, ihr gegenüber ein Teufel, auf einem Ungeheuer mit Elephantenkopf reitend; zu beiden Seiten Säulen, Waffen und Arabesken; unten zwei nackte Kinder, mit Ungeheuern kämpfend. H. 10 Z., Br. 6 Z. 5 L. (N. A., S. 180.)

3. Ein Krieger mit Schwert und Hellebarde.

Dies Blatt, das nach Altdorffer's Zeichnung geschnitten sein wird, kommt in dem unter Nr. 2 zuerst genannten Buche vor und stellt einen Landsknecht dar, der sich auf seine Hellebarde stützt. Er trägt ein Baret, und der mit vielen Federn gezierte Hut ist auf den Rücken hinabgesunken. H. 5 Z. 3 L., Br. 3 Z. 7 L. (N. A., S. 180.)


1) In Naumann's Archiv, S. 132 ist das Maaß nach einem zusammengefügten und etwas beschädigten Exemplare nicht ganz richtig angegeben.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 116 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

4. Holzschnitt zur Ankündigung des rostocker Glückshafens, Pfingsten 1518 1 ).

Der Holzschnitt in Querfolio ist in mehrere Felder abgetheilt, von denen das oberste (4 Z. 6 L. hoch) die Ziehung des Glückshafens darstellt. In der Mitte sitzt ein Jüngling, welcher aus zwei neben ihm stehenden Urnen die Loose nimmt; diesem zur Seite befinden sich die Geschwornen und ein Schreiber, der das Ergebniß der Ziehung in ein Buch einträgt; auf der anderen Seite stehen Spielleute, um das Treffen eines Gewinnes dem Volke durch Musik kund zu geben. Dann folgen drei Leisten mit Abbildungen der 24 Gewinne, aus silbernen Bechern und Schalen, Pelzwerk, Tuch und Damast bestehend. Das treffliche Blatt gleicht in der Kunstweise dem Turnier. Das einzig bekannte Exemplar befindet sich in der Universitäts=Bibliothek zu Rostock (N. A., S. 179).

5. Ein geharnischter Ritter.

Der geharnischte Ritter mit aufgeschlagenem Visir ist als Kniestück dargestellt. Mit der Linken hält er ein Schwert, mit der Rechten einen Wappenschild, worauf ein Kreuz befindlich. H. 2 Z. 11 L., Br. 2 Z. 7 L. Zweimal in:

Eyne prophecie va dem nyen erwelten Römesche köninge, Rostock, L. Dietz, 1519.

6. Schlußbild der Annales Herulorum von Marschalk, 1521.

Ueber einem verzierten Portale steht ein tartarischer Chan in ganzer Figur. Fol. Lisch bemerkt (Jahrb. IV, S. 128), daß diese Figur nach den im 16. Jahrh. gemalten Bildern zu Doberan und Neustadt das Bild des meklenburgischen Fürsten Niclot sein soll.

7. Titeleinfassung zu Marschalk's hochdeutscher Chronik v. J. und zu Mons Stellarum, 1522 2 ).

In einer dichten Verschlingung von Zweigen, Blättern und Blumen hängt links ein Helm mit Federn, rechts mehrere Waffen, Köcher, Schwert und Schild; unten sitzt in einer größeren BIume ein geflügelter Engel. Fol.


1) Vgl. Lisch in Jahrb. IV, S. 149 und von Auffeß, Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit, 1856, Sp. 233 flgd.
2) Vgl. Lisch in Jahrb. IV, S. 130 und 161.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 117 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

8. Die Holzschnitte der lübecker Bibel von 1533/34.

Die Holzschnitte der lübecker Prachtbibel bilden das Hauptwerk Altdorffer's, durch welches sein Talent als Zeichner und Formschneider glänzend beurkundet wird, so daß ihm wahrlich kein geringer Rang unter den altdeutschen Xylographen anzuweisen ist. Des Künstlers beide Zeichen kommen jedes einmal vor, und ist nicht zu bezweifeln, daß er einen Theil des schon im J. 1530 begonnenen Werkes eigenhändig geschnitten hat; die Holzschnitte selbst sprechen dafür. Doch werden auch andere Künstler dabei Hülfe geleistet haben. So hat man die Buchstaben D. K. N. 1 ), welche sich von der JahreszahI 1530 begleitet auf der Bl. VIII b. dargestellten Arche Noah finden, für das Monogramm eines Formschneiders angesehen, was leicht möglich ist 2 ). In dem vorliegenden Exemplare hat eine gleichzeitige Hand die genannten Buchstaben in De Kasten Noä umgewandelt. Die Stöcke waren Dietzens Eigenthum, und er benutzte sie nicht allein für die lübecker Bibel, sondern auch für das Neue Testament von 1539 - 1540 und die dänische Bibel von 1550.

a. Der Titelholzschnitt zum ersten und sechsten Theil. - Der schöne Formschnitt, welcher das Wesen des alten und neuen Bundes versinnlicht, ist durch einen Baum in zwei Hälften getheilt. Dieser Baum trägt an einem Zweige die Tafel mit dem Titel und hat auf der rechten Seite dürre, auf der linken belaubte Aeste. Rechts oben empfängt Moses die Gesetztafeln, darunter der Sündenfall und weiter unten ein Grabmal, auf dem ein Gerippe liegt; im Hintergrunde das jüdische Lager mit der ehernen Schlange. Links die Verkündigung Mariä, dann Christus am Kreuze, daneben ein Lamm mit der Siegesfahne, darunter der aus dem Grabe auferstehende Erlöser, welcher mit dem Stabe der Oriflamme den auf der Erde liegenden Tod vernichtet; im Hintergrunde verkündet ein Engel den Hirten die Geburt Christi. In der Mitte des Blattes sitzt am Fuße des Baumes ein nackter Mensch mit verzweiflungsvoller Miene und ängstlichen Geberden; neben diesem stehen ein orientalisch gekleideter Mann (nach Goeze ein jüdischer Gesetzlehrer) und Johannes der Täufer, welche beide auf den am Kreuze hangenden Erlöser


1) Die auf einem Holzschnitte in Luther's Betbüchlein, Wittenberg 1545, fl. 8°, Bl. 228b., dargestellte Arche hat die Aufschrift: DER KASTE NOE.
2) Vgl. Rud. Weigel's Kunst=Catalog, Nr. 8517.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 118 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

hinweisen. H. 10 Z. 3 L., Br. 7 Z. 4 L. Dieser Holzschnitt ist sehr viel und mit verschiedenen Abänderungen copirt worden.

b. Holzschnitt auf dem Titel des zweiten Theils. - Josua in Harnisch, in der Rechten ein großes Schwert, in der Linken den Helm haltend, sitzt auf einem Felsen. Zur Seite stehen der Schild und die Streitaxt; im Hintergrunde eine bergige Landschaft Br. 7 Z. 1 L., H. 6 Z. 9 L. Dies Blatt erinnert an Lucas Cranach den Aelteren, von dem ein ähnlicher Holzschnitt bekannt ist 1 ).

c. Die Titel des dritten und vierten Theils sind gleichfalls in Holz geschnitten, bestehen jedoch nur aus großen, zum Theil reich verzierten und mit Fracturzügen ausgestatteten gothischen Buchstaben; der vierte Titel enthält in dem verschlungenen Zuge am Ende das erste Monogramm 2 ). Es kommen in der Bibel auch einige schöne Initiale vor, z. B. die Buchstaben L D (Ludwig Dietz) im Anfange des Propheten Jesaias.

d. Das Paradies 3 ). - Adam sitzt unter dem Baume des Lebens und hält die vor ihm knieende Eva bei der Hand. Diese weis't nach dem Baume, in dessen Zweigen zwei Affen einander Früchte zureichen, und scheint Adam die Begierde des lüsternen Weibes abzuwehren. Rechts befinden sich verschiedene Thiere, dem Vordergrunde zu ein schöner Damhirsch; links hinter dem ersten Menschenpaare fließt ein Strom, an dessen Ufer Störche gehen. Oben Gott Vater aus einer Wolke, darüber die Sonne; links in der Ecke die Mondsichel mit Sternen. H. 10 Z. 4 L., Br. 7 Z. 4 L. (N. A., S. 134) 4 ).

e. Die Holzschnitte im alten Testament sind von verschiedener Größe. Br. 5 Z. 7 bis 9 L., H. 4 Z. 8 L. bis 5 Z. 4 L. Andere Blätter sind 5 Z. 8 L. hoch und


1) Vgl. Schuchardt, Leben und Werke Lucas Cranach's des Aelteren, 1851, Bd. II, S. 193, Nr. 3.
2) Vgl. Göze, Historie der niedersächsischen Bibeln, 1775, S. 212, und Jahrb. XXII, S. 254.
3) Der Holzschnitt bildet entweder das zweite oder das sechste Blatt des ersten Theiles.
4) Göze sagt über dies Blatt (a. a. O. S. 210): "Dieser Holzschnitt ist ein Meisterstück in seiner Art. Die Zeichnung, die Ausarbeitung, die Stellungen der Menschen und der Thiere sind so schön, so natürlich, so vortrefflich ausgedrückt, daß ich mich wenigstens nicht satt an denselben sehen kann, und den Meister desselben bewundern muß, aber auch zugleich wünsche, daß er uns ein Merkmal möchte hinterlassen haben, aus welchem man ihn bestimmen könnte".
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 119 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

4 Z. 10 L. breit. Der Formschnitt auf Bl. XXXVII b., die Bundeslade im Tempel, trägt das zweite Zeichen. (N. A. S. 133).

Die Holzschnitte des neuen Testaments sind 5 Z. hoch und 4 Z. 4 L. breit.

9. Titelholzschnitt zu dem Neuen Testamente, Rostock, L. Dietz, 1539/40, 8°.

Der Titel steht in einer Säulenhalle, an deren Basen und Kapitälern sich die Symbole der Evangelisten befinden; unten Christus am Kreuze zwischen den beiden Schächern; im Hintergrunde die Auferstehung. H. 5 Z. 8 L., Br. 3 Z. 10 L. Sehr schöner Holzschnitt (N. A., S. 180) 1 ).

10. Bildniß des Herzogs Heinrich des Friedfertigen von Meklenburg.

Dieses Bildniß in Folie, das in jeder Hinsicht ausgezeichnet sein soll, erwähnt Lisch in Jahrb. XXI, S. 299.

11. Buchdruckerzeichen des Ludwig Dietz.

Das runde Druckerzeichen stellt einen sitzenden Greif mit ausgebreiteten Flügeln und vier Adlerklauen dar; er hält vor sich einen Wappenschild mit dem öfter beschriebenen Zeichen. Im Rande die Inschrift: CANIS LAPIDEM SEQVITVR OMISSO JACTORE. Durchmesser 2 Z. 3 L. (Jahrb. IV, S. 183).

12. Folge zu Reineke Fuchs.

Die Folge, aus 36 Holzschnitten 2 ) und einer Titeleinfassung bestehend, kommt in den rostocker Ausgaben des Reineke Fuchs von 1539 - 1592 vor und ist nach Altdorffer's Zeichnungen ausgeführt 3 ). Br. 3 Z. 9 L., H. 3 Z. 2 L. Die Titeleinfassung stellt die Bude eines Narren dar, der Fuchsschwänze und spitze Mützen feil bietet; der Titel selbst, über welchem ein Fuchs liegt, steht zwischen zwei Säulen mit


1) Vgl. Jahrb. V, S. 200.
2) Mehrere Blätter wiederholen sich, so daß die Ausgaben 44 Abbildungen enthalten.
3) Die Holzschnitte der rostocker Ausgabe von 1517 sind von geringerem Werthe. Nach einer Mittheilung des Herrn Geh. Medicinalraths Choulant zu Dresden ist der auf dem Titel befindliche Formschnitt nicht nur besser gezeichnet, sondern auch sorgfältiger geschnitten, als die übrigen.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 120 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

nackten Figuren. Der Holzschnitt ist wahrscheinlich nur theilweise von Altdorffer, denn die obere Hälfte fällt weit roher aus, als die untere. H. 6 Z. 7 L., Br. 4 Z. 10 L. Die Folge, von welcher es gegenseitige Copien giebt 1 ), darf den Vergleich mit den fast gleichzeitigen Holzschnittwerken von Jobst Amman 2 ) und Virgilius Solis 3 ) nicht scheuen; auch macht Frenzel darauf aufmerksam, daß Aldert von Everdingen Altdorffer's Holzschnitte für seine herrlichen Radirungen zur Fabel des Reineke Fuchs benutzt hat 4 ).

13. Titeleinfassung zu Georg Schmaltzing's Psalter, Rostock 1543, 8°.

Dieser Titelholzschnitt wird von Altdorffer gezeichnet sein und stellt Scenen aus dem Leben des Moses dar: der Zug durch das rothe Meer, der Mannaregen, der Empfang der Gesetztafeln, die Anbetung des goldenen Kalbes, die Aufrichtung der ehernen Schlange u. s. w. H 4 Z. 6 L., Br. 3 Z.


Die nicht unbedeutende Zahl der Holzschnitte Alttdorffer's, so wie die verschiedenartige technische Behandlung derselben beweisen hinlänglich, daß der Meister solche nicht alle eigenhändig geschnitten hat; er hatte mehrere Gehülfen zur Hand, über welche nichts Näheres zu bestimmen ist. Jedoch ist einer dieser Gehülfen, den man einen Schüler des Meisters Erhard nennen möchte, durch die unverhältnißmäßige Größe der Hände und Füße seiner Figuren leicht zu erkennen. Vergleicht man das erste Bild des Schapherderf Kalender, Rostock, 1523 (eine der besten Xylographien des Künstlers) 5 ) mit Holzschnitten von Altdorffer, so wird die zwischen beiden herrschende Aehnlichkeit der Technik leicht ins Auge fallen. Die übrigen Blätter des genannten Buches, freie Copien nach dem 1519 bei Hans Arndes zu Lübeck gedruckten nygen kalender, haben die erwähnten Zeichnungsfehler häufig in hohem Grade; man beachte nur den Fuß der Venus auf Bl. 34 a . Auch in anderen dietzischen Drucken finden sich Formschnitte dieses


1) In den frankfurter Folio= und Quart=Ausgaben des Reineke. Vgl. Grimm, Reinhart Fuchs, 1834, S. CLXXIX.
2) Vgl. Becker, J. Amman, Zeichner und Formschneider u. s. w., 1854, S. 43, Nr. 5.
3) Vgl. R. Weigel's Kunst=Catalog, Nr. 18396 und 20810.
4) Vgl. Naumann's Archiv. Jahrg. I, S. 116
5) Ein orientalischer Gelehrter, auf der Weltkugel messend. Br. 4 Z. 1 L., H. 3 Z. 4 L.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 121 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Meisters, z. B. in der niedersächsischen Uebertragung des Narrenschiffes, 1519, und in Brunswyck's Wundenartzstedye, 1518. Ferner ist der Titelholzschnitt des Donat aus dem J. 1518 1 ), die Darstellung einer Schule, von ihm.


Jacob Lucius.

Jacob Lucius (Siebenbürger, Sövenbörger, Transylvanus), gebürtig aus Kronstadt in Siebenbürgen, war nicht allein einer der thätigsten Formschneider aus der sächsischen Schule Cranach's, sondern auch ein unternehmender Buchdruder, der nach einander eine Officin zu Wittenberg, Rostock und Helmstedt besaß. Nach Rostock zog er im J. 1564 und übernahm dort die neu errichtete Universitäts=Buchdruckerei, wie es scheint, mit sehr geringen Mitteln, indem der bekannte herzogliche Secretair Simon Leupold die Papierlieferung für ihn besorgte und den Verlag seiner Drucke erhielt 2 ). Später druckte Lucius für eigene Rechnung; sein Hauptwerk ist die niedersächsischeBibel vom J. 1580.

Auf den Formschnitten des Jacob Lucius finden sich verschiedene, größtentheils aus den Buchstaben J. L. C. und J. L. C. T. (Jacob Lucius Corona Transylvanus) bestehende Monogramme, welche im 1. und 2. Bande von Brulliot's Dictionnaire des Monogrammes zusammengetragen sind. Es ist jedoch mehrfach bemerkt worden, daß nicht alle jene Zeichen diesem Künstler, sondern theilweise auch dem sächsischen Meister Johann Thüfel angehören; dagegen wird das bei Brulliot I., Nr. 3195 besprochene Monogramm Lucius zuzuschreiben sein, wenn man nicht annehmen will, daß es einem Formschneider gehöre, der ihn stets begleitete.

Es sollen hier nur die wichtigsten von den Holzschnitten beschrieben werden, welche Lucius während seines Aufenthaltes in Rostock fertigte, und verweise ich seiner ferneren Leistungen wegen auf die Kunstschriftsteller, als Brulliot I, Nr. 1342, 2721, 3197 a ., 3267, und II, Nr. 1570, 1708 b .; Heller, Geschichte der Holzschneidekunst, S. 134; Nagler's Künstlerlex., Bd. 3, S. 117, und Bd. 18, S. 281; Naumann's Archiv, II, S. 251; R. Weigel's Kunst=Catalog, Nr. 8521, 9948, 18335, 20118.


1) Vgl. Lisch in Jahrb. IV, S. 150 - 155.
2) Vgl. Lisch in Jahrb. V, S. 154 flgd.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 122 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

1. Der Stammbaum des meklenburgischen Fürstenhauses vom J. 1578.

Dies vortreffliche, nur in wenigen Exemplaren erhaltene Formschnittwerk besteht aus sieben Stöcken und ist 70 Zoll 2 Linien lang und 20 Zoll 4 Linien breit. Die Ueberschrift (in fünf Zeilen) lautet:

Der Durchleuchtigen Hochgebornen Fürsten vnd Herrn, Der Hertzogen zu Meckelnburg, Fürsten zu Wenden, Graffen zu Schwerin, der Lande Rostock vnd Stargard Herrn, GENEALOGIA oder Stamm Register, aus bewerten vrkunden vnd documenten, von ANTHYRIO biß auff den jetzigen Reqierenden Landesfürsten HERTZOG ULRICHEN zu Meckelnburg, zusamen verfasset vnd gezogen.

Die Stammtafel ist von einer etwa zwei Zoll breiten Einfassung umgeben, in welcher Kriegsrüstungen, Trophäen, Symbole, Namenszüge u. dgl. sehr sauber ausgeführt sind; oben in der Randleiste befindet sich das meklenburgische Wappen mit den beiden Greifen als Schildhaltern. Links unten in der Einfassung:

Corneliusi Cromenei pinxit. 1 )

rechts unten:

Jacobus Lucius Tranr. sculpsit,

dann die Unterschrift:

Gedruckt zu Rostock, durch Jacobum Kucium Siebenbürger.

Ein Exemplar ist im großherzogl. Archive zu Schwerin 2 ), ein zweites auf der Regierungs=Bibliothek daselbst.

2. Bildniß des Herzogs Ulrich von Meklenburg vom J. 1582.

Der Holzschnitt, welcher höchst wahrscheinlich von Lucius herrührt, stellt den Herzog mit Hut und Mantel als Brustbild dar und ist vortrefflich gelungen. Als Ueberschrift:


1) Ueber den Hofmaler Cornelius Krommeny, einen Niederländer; vgl. man Lisch in Jahrb. XXI, S. 306, und Naumann's Archiv, Jahrg. II, S. 132.
2) Vgl. Jahresber. XX, S. 47, und Naumann's Archiv, Jahrg. II, S. 131.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 123 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Von Gottes Gnaden Vlrich Hertzog zu Meckelnburgk, Fürst zu Wenden, Graff zu Schwerin, der Lande Rostock vnnd Stargard Herr.

Unten:

15 E. 82. H. G. V. V. G. 1 )

H. 7 Z. 11 L., Br. 6 Z. 5 L. (ohne Ueberschrift).

Exemplare im Großherzogl. Archive zu Schwerin und in der Bibliothek der Ritter= und Landschaft zu Rostock 2 ).

3. Die Wappen der wendischen Städte Lübeck, Hamburg, Rostock, Stralsund, Wismar und Lüneburg.

Die Wappen der genannten sechs Städte stehen zusammen auf der Rückseite des Titels der 1580 von Lucius gedruckten niedersächsischen Bibel. Der saubere Holzschnitt in 4° ist mit dem bei Brulliot I, Nr. 3195 erwähnten Monogramme versehen und hat die Ueberschrift:

INSIGNIA SEX CIVITATUM VANDALICARUM 3 ).

4. Das meklenburgische Wappen.

Das gut geschnittene Wappen kommt häufig in den bei Lucius gedruckten Verordnungen vor. H. 3 Z. 7 L., Br. 3 Z. 4 L.


Der eben erwähnte Formschnitt von Lucius ist eine veränderte Copie des größeren meklenburgischen Wappens, welches zusammen mit einem kleinen Wappen im J. 1552 nach Zeichnung des jüngeren Cranach 4 ) in Wittenberg in Holz geschnitten und zuerst in der meklenburgischen Kirchenordnung desselben Jahres angewendet wurde. Das kleine Wappen, von zwei sitzenden Löwen getragen (H. u. Br. 2 Z. 11 L.), steht unter dem Titel; das größere (H. 5 Z. 6 L., Br. 3 Z. 11 L.) befindet sich auf der zweiten Seite. Das letztere hat in der


1) Des Herzogs Wahlspruch:
Herr Gott verleih vns Gnade.
2) Vgl. Jahresber. XX, S. 47, und Naumann's Archiv, Jahrg. II, S.132.
3) Vgl. Göze, Historie der niedersächsischen Bibeln, 1775, S. 364.
4) In Naumann's Archiv, Jahrg. II, S. 130 sind die beiden Wappen irrthümlich dem älteren Cranach zugeschrieben. Dieser hielt sich aber im J. 1552 bei dem gefangenen Churfürsten Johann Friedrich von Sachsen in Augsburg auf.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 124 zur ersten Seite zur vorherigen Seite

linken Ecke unten das Zeichen der geflügelten Schlange. Die Berechnung der Ausgaben für die Zeichnung und den Schnitt ist in Jahrb. V, S. 228 mitgetheilt.

Eine nur rohe Copie des großen meklenburgischen Wappens findet sich in der 1572 von Johann Stöckelman und Andreas Gutterwitz zu Rostock gedruckten kurländischen Kirchenordnung.


Der Monogrammist D.

Von diesem unbekannten Künstler, dem Gehülfen des Jacob Lucius, kennt man bis dahin nur eine aus 51 Holzschnitten bestehende Folge in dem Buche: Imaginum et Meditationum sacrarum Libri III. Nathan Chytraeus. Rostochii per lacobum Lucium. Anno M. D. LXXIII. Die Holzschnitte enthalten Darstellungen aus dem alten und neuen Testamente, beginnen mit der Schöpfung und endigen mit dem Weltgericht. H. 3 Z. 9 L., Br. 2 Z. 7 L. Das Monogramm D findet sich auf Bl. 29: Christus wäscht den Jüngern die Füße.

Auch Lucius wird an dieser Folge Theil haben.

 

Vignette