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I.

Der heilige Erpho von Meklenburg,

Bischof zu Münster,

von

G. C. F. Lisch.


V or dem S. Mauritii=Thore der Stadt Münster, eine halbe Stunde von der Stadt entfernt, steht im freien Felde die alte, ehrwürdige Kirche zum H. Mauritius, und neben derselben jetzt ein Kloster zum guten Hirten für die barmherzigen Schwestern mit einem Kranken= und Waisenhause. Ich war nicht wenig überrascht, als ich an einem frühen Herbstmorgen 1854 in der westlichen Kapelle der Kirche eine Verehrung fand, die offenbar einen besondern Heiligen galt, und als ich auf einem erhöheten Grabdenkmale in der Mitte der Kapelle das meklenburgische Wappen sah und in lateinischer Sprache die Worte las:

Der Heilige Erpho von Meklenburg.

Wenn ich auch aus Rudloff's meklenburgischer Geschichte den münsterschen Bischof Erpho dem Namen nach kannte, so war mir doch seine Bedeutsamkeit in der katholischen Kirche völlig unbekannt und Veranlassung genug, möglichst genaue Forschungen anzustellen. Die jetzt in kritischen Ausgaben eröffneten Geschichtsquellen des Bisthums Münster leiten auf sichern Wegen zum Ziele.

Erpho war der 17. Bischof von Münster, welcher 1085 bis 1097 auf dem bischöflichen Stuhle saß, der Nachfolger und Neffe des Bischofs Friedrich I., eines Markgrafen von Meißen aus dem Hause Wettin. 1 )


1) Vgl. Regesta Historiae Westfaliae von Dr. Erhard: Bd. I, S. 186, Nr. 1095; S. 201, Nr. 1215; S. 226, Nr. 1438.
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Der Hauptgegenstand der gegenwärtigen Untersuchung ist die Frage, woher man weiß, daß Erpho ein Meklenburger war.

Die schriftlichen Nachrichten sind nicht sehr alt: eine Hauptquelle ist die Ueberlieferung, welche den Bischof seit länger als 400 Jahren einen Meklenburger nennt.

Jedoch sind auch die geschriebenen Nachrichten nicht zu verachten, welche, wenn sie auch nicht sehr alt sind, doch gewiß aus alten Quellen fließen. Urkunden, welche die Herkunft Erpho's beweisen könnten, giebt es nicht. Die münsterschen Chroniken sind nicht sehr alt. "Bis auf das Jahr 1424 giebt es nur eine selbstständige münstersche Chronik des Bischofs Florenz von Wevelinghoven (1364-1379), der von unbekanten Händen die Leben der Bischöfe Potho, Heidenrich und Otto IV. zugesetzt wurden. Alle anderen münsterischen Chroniken sind bis zu jener Zeit nur Erweiterungen, Umarbeitungen oder Uebersetzungen dieser Chronik". In dieser Chronik (1364-1379) wird der Bischof Erpho ein Meklenburger und ein Neffe seines Vorgängers Friedrich genannt. Die in neuern Zeiten von Dr. Julius Ficker herausgegebene Chronik 1 ) sagt:

"XVII. Erpo, natus de Mekelenborch, nepos Frederici. Hic dedit fratribus Romoldinchof, unde datur talentum et molles casei XIIII diebus. Et cum Odone episcopo Leodiensi et Godefrido duce de Bolyun et quam pluribus aliis ad predicacionem et adhortacionem pape Urbani secundi ultra mare transiit. Et Anthiochiam et Jherusalem ceperunt. Quibus tunc sanctus Turpinus, qui cum Karolo vivus fuit, in omnibus laboribus apparuit et se esse dixit et ipsos confortavit et exitum rei bonum predixit. Et mortuus ductus est ad sanctum Mauricium et ibidem cum nepote suo Frederico honorifice sepultus."
     Excellens merito vivat venerabilis Erpo.
     Mente pia Christe Rumoldinchof dedit iste.

Eine zweite Quelle ist das sogenannte "Rothe Buch (Liber rubeus) des Collegiatstifts S. Mauritz vor Münster, eine sehr reichhaltige Sammlung von Urkunden, Güterverzeichnissen u.s.w., eine Pergamenthandschrift um das Jahr 1492 von Bernhard Tegeler, Scholastor des genannten


1) "Geschichtsquellen des Bisthums Münster, herausgegeben von Dr. Julius Ficker, Bd. I, Münster, 1851, p. 17-18."
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Stifts, gefertigt". 1 ) Dieses nennt auch den Erpho einen Meklenburger, indem es sagt:

"Huic (Friderico) successit secundus collegii fundator, diuus Erpho, Magnopolensis, dicti Friderici cognatus, Hic suscepto crucis signo et secum Ludolphus tunc prepositus huius ecclesiae cum multis nobilibus et principibus, quorum duces et primicerii erant Hugo Magnus Philippi Francorum Regis frater et duo Roberti, quorum alter Normandiae, alter Flandriae comes, et item Godefridus, Eustachius et Balduinus cognomento Boliani, Galitiae comites, profecti sunt anno salutis 1084 in expeditionem Hierosolymitanam contra Turcas et Saracenas, vbi in sancta terra Ludolphus prepositus occisus est".

Aus den Urkunden und Chroniken des Bisthums Münster hat Albert Boichorst, Syndicus des Dom=Capitels und des Collegiat=Stiftes zu S. Mauritz, im J. 1649 eine Lebensbeschreibung des H. Erpho herausgegeben. 2 ) Daraus, daß Erpho ein Meklenburger und ein Neffe Friedrichs von Wettin genannt wird, so wie aus der Zeit, schließt Boichorst, daß Erpho ein Sohn des meklenburgischen Fürsten Buthue (1066 - 1074) gewesen sei und gewesen sein müsse, und bildet folgenden Stammbaum:

Stammbaum

1) Vgl. Regesta Historiae Westfaliae von Dr. Erhard, Bd. I., Münster, 1847, S. IX.
2) Vita s. Erphonis Mimigardefordensis, nunc Monasteriensis episcopi, ab Alberto Boichorst, J. U. D., capituli cathedralis ecclesiae Monasteriensis, necnon collegii s. Mauritti extra muros syndico. Monasteri Westphaliae, 1649, in 4to, 95. pag.
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Dieser Stammbaum hat viel Wahrscheinliches für sich, jedoch wird er sich in keinem Stücke urkundlich beweisen lassen. Diese Herstammung ist auch in die Gedächtnißtafel in der S. Mauritii=Kirche übergegangen.

Diesem münsterschen Geschichtsschreiber folgt Rudloff in seiner meklenburgischen Geschichte I, S. 62, wenn er sagt:

"Man hat ihm (Buthue) des H. Ordulfs Schwester Hildegard zur Gemahlin gegeben und von dieser ihm einen Sohn Erpho zugeeignet, der mit seiner Mutter in dem Schooße ihres väterlichen Hauses geflüchtet und nachher an ihres Mutterbruders Friedrichs Stelle, vielleicht auch durch dessen Beförderung, Bischof zu Münster geworden und nach seinem Tode unter die Heiligen aufgenommen ist".

Rudloff beruft sich nur auf das Buch des Boichorst 1 ) und nennt keine andere Quelle.

Wenn sich nun auch keine urkundliche Gewißheit über Erpho's Herkunft erlangen läßt, so läßt es sich doch beweisen, daß er im Bisthume Münster schon vor 500 Jahren, wie heute, für einen meklenburgischen Fürstensohn galt.

Es wird daher nicht unwillkommen sein, die Grundzüge seines Lebens, seiner Stiftungen und seines Begräbnisses hier mitzutheilen.

Erpho's Vorgänger und Oheim, Bischof Friedrich von Münster, gründete das Collegiat=Stift und die Kirche zu S. Mauritii vor Münster ("in suburbio") für zwölf Domherren. Die Thürme und der ältere Theil der Kirche, das jetzige Schiff, sind jetzt die ältesten Baudenkmäler Münster's. Bischof Friedrich starb am 18. April 1084 und ward in der S. Mauritii=Kirche begraben, in welcher ihm Gedächtnißfeiern gehalten wurden. Am 25. Mai 1576 öffnete man sein Grab und fand seine Gebeine, mit Kelch, Patene und Ring; es war die Inschrift: Frithericus episcopus, eingegraben.

Friedrichs Nachfolger war sein Neffe Erpho 2 ), welcher nach langer Sedisvacanz im J. 1085 den bischöflichen Sitz


1) Boichorst sagt pag. 18: "Ideo Butheo Obotritorum Wandaliae ducem principem Christianum s, Erphonis patrem fuisse, non levibus ad id permotus rationibus existimo matremque Hiltegardem, Saxoniae principem, Frederici Mimigardefordensis episcopi sororis Gertrudis, Ortholphi Saxoniae principis et dynastae Luneburgii uxoris, filiam, atque ita ejus proximam agnatum.
2) Der gleichzeitige, erste Abt Erpho (1074) von Siegburg kann, nach Mooyers Mittheilung, nicht dieselbe Person mit dem Bischofe Erpho sein, da der Abt Erpho am 3. Junii, der Bischof Erpho am 9. Nov. starb, die beiden Erpho also zwei verschiedene Personen sein müssen. (  ...  )
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einnahm 1 ). Seine erste Urkunde 2 ), über das Stift Freckenhorst, ist vom 30. Dec, 1085 datirt:

"Actum Mimigardeford in camera episcopi, anno dominice incarnationis millesimo octogesimo sexto, indictione VIIII a , III. kal. Januarii, anno vero ordinationis domni Erphonis episcopi primo".

Da er bei seiner Wahl zum Bischofe wenigstens 30 Jahre alt sein mußte, so muß er vor dem Jahre 1055 geboren sein.

Erpho nannte sich 1192 zuerst Bischof von Münster. Der alte Name der Stadt ist Mimigardeford. Auf seinem Siegel, auf welchem sein Brustbild dargestellt ist, 3 ) nennt er sich noch Bischof von Mimigardeford:

Siegelinschrift

Jedoch blieb der Name Mimigardeford noch längere Zeit im Gebrauche. Münzen sind vom Bischofe Erpho nicht bekannt, obgleich unter ihm zu Münster geprägt ward 4 ).

Der Bischof Erpho führte eine thätige, segensreiche Regierung. Besonders sorgte er für die Vollendung des von seinem Vorgänger gegründeten Collgiat=Stiftes S. Mauritii und wird daher als der "zweite Gründer" des Stiftes angesehen; dies wird in dem Rothen Buche 5 ) wiederholt anerkannt:

"Huic (Friderico) successit secundus collegii fundator et ampliator diuus Erpho Magnopolitanus, Friderici cognatus"

und

"Memoria beati Erphonis, huius sedis episcopi, qui fuit secundus ecclesiae nostrae fundator"

Im J. 1091 unternahm der Bischof Erpho eine Wallfahrt nach Jerusalem zum Heiligen Grabe. Seit dem Jahre 1000, "in welchem die abendländischen Christen vergeblich des Heilandes Wiederkunft erwartet hatten", ward das Wallfahrten nach dem Heiligen Grabe zur weit verbreiteten Sitte. 6 ) Und so kann es nicht auffallen, daß ein so thätiger


(  ...  ) Mooyer hatte früher gemutmaaßt, daß der Abt Erpho später Bischof von Münster geworden sei; vgl. Erhard und Gehrken Zeitschr. VII, S. 58; Erhard Regesta S. 202; Böhmer Fontes III, S. 359.
1) Vgl. Erhard Regesta a. a. O. I, S. 202, Nr. 1224, und Boichorst a. a. O. p. 79.
2) Vgl. Erhard Regesta, Codex dipl. I, p. 129, Nr. CLXIV.
3) Erpho's Siegel ist abgebildet in Erhard Regesta historiae Westfaliae T. I, Lithogr. Nr. 6.
4) Vergl. Grote's Münzstudien Nr. II, 1856, S. 177 flgd.
5) Vgl. Boichorst a. a. O. p. 45 und 51.
6) Vgl. Wilken Geschichte der Kreuzzüge, I, S. 32 flgd.
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und unternehmender Mann, wie Erpho, auch diese religiöse Pflicht zu erfüllen strebte. Nachdem er am 2. Nov. 1090 die nach einem Brande wiederhergestellte Domkirche zu Münster unter Beistand des Erzbischofs Hermann von Cölln und des Bischofs Heinrich von Lüttich neu eingeweihet hatte 1 ), trat er seine Wallfahrt am 12. Febr. 1091 an; er selbst giebt diesen Tag in einer Urkunde 2 ) an ("quo etiam die poenitentes in ecclesiam induxi, utpote insequenti die Hierosolymam iturus"). Sicher ist, daß ihn der Propst Ludolf von S. Mauritii begleitete. Wevelinghovens münstersche Chronik und das Rothe Buch von S. Mauritii geben ihm, nach den oben mitgetheilten Stellen, andere, vornehme Begleiter, namentlich die Herzoge Gottfried von Bouillon und Robert von der Normandie und den Grafen Robert von Flandern, und schreiben Ihnen die Eroberung von Jerusalem zu. Dies ist aber offenbar unrichtig und die Chroniken haben den ersten Kreuzzug in die Wallfahrt Erpho's hineingetragen. Auch war seit 1091 Otbert 3 ) Bischof von Lüttich und nicht Odo, der auch diese Wallfahrt mit Erpho mitgemacht haben soll. Peter von Amiens unternahm seine Wallfahrt erst in den Jahren 1093 und 1094, aus welcher der erste Kreuzzug im J. 1096 hervorging. Erpho erreichte glücklich sein Ziel. Aber sein Begleiter, der Propst Ludolf ward im Heiligen Lande erschlagen ("in sancta terra Ludolphus praepositus occisus es", nach dem Rothen Buche); der Gedächtnißtag des Propstes Ludolf ward in der Mauritii=Kirche am 8. Nov. gefeiert (nach dem Rothen Buche). Die Wallfahrt des Bischofs Erpho ward aber von großer Bedeutung, indem er auf seiner Rückreise zu Rom und sonst überall die Bedrückung der Christen im Heiligen Lande lebhaft geschildert und den ersten Anstoß zu den Kreuzzügen gegeben, oder dieselben doch vorbereitet haben soll. Am 4. Januar 1092 war er zu Mantua 4 ) bei dem Kaiser, wo er vergeblich versuchte, die Trennung Mährens von dem Bisthume Prag zu verhindern. Erpho kehrte glücklich nach Münster heim und brachte 27 Reliquien mit; auch ein seltenes, kunstreich gearbeitetes Kreuz, das er nach Jerusalem mitgenommen hatte, brachte er in die Mauritii=Kirche wieder zurück, wo es noch heute bewahrt und gezeigt wird.


1) Erhard Regesta p. 207, Nr. 1254.
2) Vgl. daselbst Nr. 1255.
3) Vgl. Dr. Ficker Anmerkungen zu Wevelinghoven's Chronik, S. 17 bis 18, nach welchen über eine Wallfahrt des Bischofs Otbert von Lüttich nichts bekannt ist.
4) Vgl. Erhard Regesta I, p. 207, Nr. 1259.
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Erpho starb am 9. Novbr. 1097 nach dem Rothen Buche und dem Todtenbuche des Mauritii=Stiftes. 1 )

"In festo Theodori martyris 9. Novemb. obiit Erpho, istius sedis, intelligo Mimigardefordensis, episcopus, nostrae ecclesiae fundator secundus, quatuor solidos de campo Richberti, nunc de domo subdiaconi, et peragetur ista memoria, vt in nota inferius signata."

und:

"Memoria beati Erphonis huius sedis episcopi, qui fuit secundus ecclesiae nostrae fundatur, peragetur circa festum b. Martini, cantabuntur vigiliae in capella ejusdem" etc.

Ebenso setzt das Nekrologium des Klosters Liesborn den Gedächtnißtag auf den 9. Nov. Das Nekrologium der Domkirche zu Münster setzt seine Gedächtnißfeier auf den 11. Nov. 2 ), das Nekrologium der Liebfrauenkirche in Ueberwasser Münster auf den 10. Nov.

Erpho ward neben der S. Mauritii=Kirche, dicht am Westende derselben, auf dem Kirchhofe begraben. Späterhin ward über seinem Grabe eine Kapelle gebauet und mit der Kirche verbunden. Diese Erpho=Kapelle stand schon im J. 1347. Am 4. Mai 1347 3 ) bestätigte das Mauritii=Capitel die Verbesserung des Lehns des Diakonats der Kirche, nachdem der Priester Gottfried, der Besitzer des Lehns, 2 Mark, und der münstersche Bürger Bruno von Calmere 52 münstersche Pfenninge Renten dazu geschenkt hatten, unter der Bedingung, daß in der Kapelle ein neuer Altar errichtet werde zu Ehren des heiligen Apostels Bartholomäus, der Heiligen Drei Könige und des heiligen Erpho Bischofs ("in honorem beati Bartholomaei apostoli et sanctorum Trium Regum et beati Erphonis episcopi") 4 ) Dieser Altar ward auch im J. 1347 errichtet; in dem Rothen Buche 5 ) heißt es:

"Anno domini 1347 erectum est altare in sacello diui Erphonis episcopi, fundatoris collegii nostri secundi, et consecratum in honorem beati


1) Vgl. Erhard Regesta, p. 210, Nr. 1279, und Boichorst p. 45 und 51.
2) Vgl. daselbst, S. 210, Nr. 1279.
3) In einem kleinen (authentischen) Buche: Merkwürdigkeiten der Stadt Münster, den Mitgliedern des Gesammtvereins der deutschen Geschichtsforscher gewidmet. 1854", S. 22, wird die Erbauung der Erpho=Kapelle in das Jahr 1371 gesetzt.
4) Boichorst a. a. O. p. 75.
5) Vgl. Boichorst a. a. O. p. 76.
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Bartholomaei apostoli, sanctorum Trium Regum et Erphonis" etc.

Auf diese Weise kamen die beiden verwandten Bischöfe Friedrich und Erpho, Gründer des Mauritii=Stiftes, in derselben Kirche zu liegen.

Erpho ward nicht kanonisirt, d. h. nicht förmlich heilig gesprochen, aber von dem Volke seit Jahrhunderten als Heiliger verehrt, und die Kirche hat es unter den Augen eines Bischofs gerne zugelassen, ja durch die Bulle 1 ) des Papstes Urban VIII. vom 4. April 1625 gut geheißen. Sicher seit dieser Zeit wird er immer der heilige Erpho genannt und als solcher verehrt.

Im J. 1492 ward über seinem Grabe ein Denkmal errichtet. Aber (am 5. Januar) 1534 in der Nacht stürmten die Wiedertäufer die Kirche zu S. Mauritii und verwüsteten alles. Auch der Leichenstein des Bischofs Friedrich und das Grabdenkmal des Bischofs Erpho wurden zertrümmert. In der Erpho=Kapelle blieb nur ein Bruchstück eines alten Steines zu den Häupten des Grabes übrig mit den Inschriftworten: "Sanctus Erpho"; man sah hierin ein wunderbares Zeichen. Wenn auch nach dem Sturze des Wiedertäuferregiments die volle Ordnung wieder hergestellt ward, so ward doch erst im J. 1620 das Denkmal gesetzt, welches noch jetzt das Grab Erpho's ziert.

Die Erpho=Kapelle ist gegenwärtig also eingerichtet 2 ).

In der Mitte der Kapelle ist das Grab des H. Erpho.

Das im J. 1492 auf dem Grabe errichtete und 1534 von den Wiedertäufern zerstörte Denkmal hatte folgende von dem damaligen Propste Johann Edlen von Bronkhorst verfaßte Inschrift 3 ):

"Sanctus Erpho multis largitionibus in pauperes, religiosas virgines et ecclesiam affectus multisque virtutibus dum vixit praeclarus."

Das jetzt in der Kapelle auf dem Grabe Erpho's stehende, gut gearbeitete Denkmal ist im J. 1620 von dem Stifts=


1) Vgl. §. IV. "Declarans, quod per suprascripta praejudicare in aliquo non vult, neque intendit iis, qui per communem ecclesiae consensum vel immemorabilem temporis cursum aut per patrum virorumque sanctorum scripta vel longissimi temporis scientia ac tolerantia sedis apostolicae vel ordinarii coluntur." Vgl. Boichorst a. a. O. p. 13.
2) Von den folgenden Beschreibungen verdanke ich vieles der Theilnahme des Herrn Dom=Vikars Bahlmann zu Münster.
3) Vgl. Der Stadt Münster äußere Umgebung im Mittelalter, von Alb. Wilkens, Pfarrkaplan zu Nottuln, S. 13.
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scholasticus Jodocus von Werne († vor 1648) errichtet und aus seinem baumberger Sandstein (dem sogenannten "inländischen Marmor") verfertigt. Auf einer Tumba ruhet die volle, lebensgroße Gestalt des Bischofes, in bischöflichem Gewande, unter demselben mit einem reichen Harnische gerüstet, mit der Bischofsmütze auf dem Haupte und dem Bischofsstabe im rechten Arme, die Hände über der Brust gefalten, den rechten Fuß über den linken gelegt. Am Fußende steht der Name

S. ERPHO

Am Kopfende steht das Wappen: ein vierfach getheilter Schild, an der 1. und 4. Stelle ein rother Querbalken im goldenen Felde, das Wappenzeichen der Stadt Münster, an der 2. und 3. Stelle ein schwarzer Stierkopf mit goldener Krone im goldenen Felde wegen Meklenburg; hinter dem Schilde Bischofsstab und Schwert, über dem Schilde die Bischofsmütze. Auf dem Rande der Tumba steht in zwei Reihen folgende Inschrift:

IN HONOREM OMNIPOTENTIS │ DEI ET S. ERPHONIS, MEGOPOLITANAE FAMILIAE COMITIS, PRAESULIS MONASTERIENSIS AC 2DI HUIUS │ COLLEGII FUNDATORIS, CUIUS S│ACRUM CORPUS HIC REQUIESCIT, DE NOVO EREXIT ET PONI CURAVIT AO. MDCXX │ REVERENDUS AC NOBILIS DOMINUS JODOCUS │ A WERNE, HUIUS ECCLESIAE SCHOLASTICUS, MAUSOLEUM HOC, OLIM MAGNIFICE EXSCULPTUM, │ SED PER DIRAM ANABAPTIST │ARUM RABIEM ANTE HAC DIRUTUM. RENOVATUM ANNO MDCCLXIX Inschriftskreuz

Ueber der Pforte der Kapelle nach der Kirche steht auf einer großen Votivtafel von Holz folgende Inschrift:

                     D.O.M.
SANCTO ERPHONI EPISCOPO MONASTERIENSI
       SECUNDO HUIUS ECCLESIAE FUNDATORI. │ DER HEILIGER ERPHO VOM VATTER BUTHUE UNDT MUTTER HILDEGARDE AUS DEM HOHEN GE│SCHLECHTE MECKLENBURG GEBOREN IST NACH FRUHEZEITIGEM ABSTERBEN SEINER ELTERN │ VON SEINEM GROSSMÜTERLICHEN BRUDER FRIDERICO, 16 TEN BISCHOF DIESES HOCHSTIFFTS MÜN│STER UNDT 1 STEN FUNDATORE DIESER KIRCHEN UNDT CAPITULI, IN ALLEN GEISTLICHEN TUGENDTEN │ UNDT WISSENSCHAFFTEN SO ERZOGEN, DASS SELBER NACH DESSEN ABSTERBEN ANNO 1086 DES-│

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SEN SUCCESSOR MERITIRET. SELBER HAT VIELE KIRCHEN UNDT ALTÄREN IN DIESEN HOCHSTIFTT │ CONSECRIRET, DIESE KIRCHEN UNDT CAPITUL ALsO GLÜCKLICH REGIERET, DASS BEI SEINER REGIE│RUNG KEIN EINZIGE SECTA SELBIGES BEUNRUHIGET, NACHMAHLEN 1095 MIT DAMAHLIGEN PROBSTEN LU │ DOLPHO UNDT VIELEN ANDEREN BISCHÖFFEN NACH JERUSALEM, UM DAS HEILIGE GRAB VON DEN TÜR│KEN ZU EROBERN GEREISET, NACH GLÜCKLICHER EROBERUNG A° 1100 WIEDERUM DAHIE ANGELANGET, DEN │ PROBSTEN LUDOLPHUM ABER AUSGELASSEN, FOLGENTS DIESES STIFFT NOCH EINIGE JAHR GLÜCK│LICH REGIERET, GESTORBEN UNDT ALHIE BEGRABEN, AUCH DURCH GROSSE MIRACULN BERÜHMET WOR│DEN, DASS ÜBER DESSEN GRAB VOR MEHR ALS 300 JAHR DIESE CAPELL GEBAWET, ZU DESSEN GRAB SEHR │ VIELES OPFFER GEBRACHT UNDT DIE LEUTHE VON IHREN KRANKHEITEN BEFREIET WORDEN, ALSO DASS │ NICHT ZU ZWEIFFELN, DASS DURCH DESSEN VORBITT SEHR VIEL ZU ERHALTEN SEY UNDT DURCH EIN │ ANDÄCHTIGES GEBETT ANGERUFFEN WERDEN KÖNNE.
     OMNIBUS ASSISTENS SUCCURRE FIDELIBUS ERPHO
     ET DEFENDE TUUM SANCTE PATRONE GREGEM
TABULAM HANC ANNO MDCCXIII A LUBERTO DE TINNEN, ECCLESIAE HUIUS DECANO ET BENEFACTORE MUNIFICENTISSIMO, REDINTEGRATAM VETUSTATE CORROSAM CAPITULUM RENOVARI CURAVIT.
                     ANNO MDCCLIV.

Es leuchtet auf den ersten Blick ein, daß der Inhalt dieser Gedächtnißtafel aus neueren Schriften, namentlich aus Boichorst, zusammengetragen ist.

Im J. 1847 ist die ganze Erpho=Kapelle restaurirt und dabei zugleich auf die Votivtafel erneuert worden.

Der Bischof Erpho bleibt eine sehr merkwürdige und wichtige Erscheinung in der Geschichte, vorzüglich dadurch, dass er ohne Heiligsprechung seit uralter Zeit zu dem Rufe eines Heiligen gelangt ist, ohne Zweifel ein Beweis für seine

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vielen und großen Verdienste. Noch heute wandern viele Andächtige nach St. Mauritii hinaus, um an dem Grabe des heiligen Erpho ihre Andacht zu verrichten. Ueber die gegenwärtige Stimmung mögen folgende Worte aus dem Briefe eines münsterschen Domgeistlichen an mich reden: "Erpho ist nicht kanonisirt; aber selbst jetzt noch wird sein Name von Allen mit Ehrfurcht genannt, wenn er auch nicht mehr als Fürsprecher bei Gott dem Herrn angerufen wird. Ja, seine 1371 erbauete Kapelle bleibt stets ein Lieblingsplätzchen, besonders für alle die, welche gerne in der Stille sich der Andacht hingeben. Daß aber Jemand, wie Erpho, vom Volke als Heiliger verehrt wird, duldet die Kirche, ja sie sieht es sogar mit Wohlgefallen, wie wir ein Beispiel haben an der Johanna von Portugal, der man Kirchen, Kapellen und Altäre weihet".

 

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