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Inhalt:

B.

Jahrbücher

für

Alterthumskunde.


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I. Zur Alterthumskunde

im engern Sinne


1. Vorchristliche Zeit.

a. Zeit der Hünengräber.


Streitaxt von Remlin.

Zu Remlin bei Gnoyen ward eine erst kaum angefangene Streitaxt aus hornblendeartigem Gestein gefunden und von dem Herrn von Kardorff auf Remlin zu Gnoyen geschenkt. Der Stein ist ein ganz roher, noch nirgends bearbeiteter Block, 4 1/2" lang, 2" hoch und gegen 2" breit in der Mitte, ganz in der Form einer Streitaxt, sehr sorgfältig gewählt. Die Bohrung des Schaftloches ist an einer Seite in einer regelmäßigen, glatten, halbkugelförmigen Vertiefung von etwa 1/4" angefangen, an der entgegengesetzten Seite kaum sichtbar angelegt. Man sieht wiederum aus diesem Beispiele, daß man zu Streitäxten, wenn möglich, gerne Steine ungefähr von der Form der Streitäxte wählte, zuerst die Bohrung des Schaftloches ausführte und dann erst dem Aeußem die regelmäßige Form und Schleifung gab; vgl. die Streitaxt von Gottmannsförde, Jahrb. XVI, S. 255.

G. C. F. lisch.     

Streitaxt von Kankel.

Zu Kankel bei Schwaan ward im J. 1855 eine schon vollständig bearbeitete, aber noch nicht durchbohrte Streitaxt von Hornblende gefunden und von dem Herrn Burgemeister Daniel zu Schwaan erworben und dem Vereine geschenkt. Die Bohrung des Schaftloches ist erst an einer Seite 1/4" tief in einer halbkugeligen Höhlung angefangen.

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Streitaxt von Schwerin.

Auf dem Schelffelde bei Schwerin ward eine Streitaxt von gewöhnlicher Form, aus Hornfels oder Trapp, an den weniger harten Stellen sehr verwittert und ausgewaschen, von dem Maurergesellen Hering gefunden und erworben.

Streitaxt von Webelsfelde.

Zu Webelsfelde bei Gadebusch ward auf dem Felde beim Graben mehrere Fuß tief in der Erde eine kleine Streitaxt aus Hornblende, mit ovalem, sehr ausgebrochenen Loche und verwitterter und ausgewaschener Oberfläche gefunden und von dem Herrn Busch zu Webelsfelde dem Vereine geschenkt.

Keil von Gnoyen.

Ein Keil aus bräunlichem Feuerstein, 5" lang, 1" bis 1 1/2" breit, 7/8" dick, überall erst roh zugehauen und noch nirgends geschliffen, an Material und Arbeit dem kleinen halbmondförmigen Messer von Dölitz (vgl. S. 277) sehr ähnlich, gefunden zu Gnoyen, ward geschenkt von dem Herrn v. Kardorff auf Remlin zu Gnoyen.

Keil von Viecheln.

Ein Keil aus gelbweißem Feuerstein, 6" lang, 2 1/2" bis 3" breit, 1" dick, überall geschliffen, an der Schneide und am Bahnende vielfach abgesplittert und an der Schneide wiederholt nachgeschliffen, alfo offensichtlich viel gebraucht, gefunden zu Viecheln bei Gnoyen, ward geschenkt von dem Herrn v. Kardorff auf Remlin zu Gnoyen.

Keil von Remlin.

Ein Keil aus Hornblende, von dem größten Format, schon in alter Zeit in der Mitte halb durchgebrochen und nur noch in der untern, zugeschärften Hälfte vorhanden, gefunden zu Remlin bei Gnoyen, geschenkt von dem Herrn v. Kardorff auf Remlin zu Gnoyen.

Ein Keilsplitter,

von Feuerstein, 2" lang, 1 1/4" breit, von einem geschliffenen Keile abgesprengt, ward zu Friedrichshöhe bei Rostock gefunden und von dem Herrn Ritter auf Friedrichshöhe geschenkt.

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Feuersteindolch von Bartelshagen.

Ein Dolch von hellgrauem Feuerstein, 7" lang, mit künstlich gearbeitetem, kurzen Griffe, ward in einer 6 Fuß dicken Torfschicht zu Bartelshagen bei Teterow gefunden und von dem Herrn Pogge auf Bartelshagen dem Vereine geschenkt.

Feuersteindolch von Neu=Kalen.

Im Mai d. J. 1856 ward auf der Feldmark der Stadt Neu=Kalen nicht weit vom Cummerower See ein Dolch aus dunkelgrauem Feuerstein, 7 3/4" lang, beim Torfstechen mit der Torfmaschine 6 Fuß tief aus dem Torfmoore hervorgeholt und von dem Herrn Burgemeister Mau zu Neu=Kalen dem Vereine geschenkt.

Feuersteinerne Pfeilspitzen

aus dem Kegelgrabe von Dabel Nr. 1 aus der Bronze=Periode vgl. unten Kegelgrab von Dabel S. 282.

Pfeilspitze von Friedrichshöhe.

Eine Pfeilspitze aus Feuerstein, 1 1/2" lang, gut gearbeitet, fand der Herr Ritter auf Friedrichshöhe bei Rostock auf seinem Felde und schenkte sie dem Vereine.

Ein halbmondförmiges Messer

aus bräunlichem Feuerstein, klein und zierlich, 4" lang, 7/8" breit in der Mitte, an Material und Arbeit dem Keil von Gnoyen (vgl. S. 276) sehr ähnlich, gefunden zu Dölitz bei Gnoyen, geschenkt von dem Herrn v. Kardorff auf Remlin zu Gnoyen.

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Schleuderstein von Schwaan.

Zu Schwaan ward 1856 zwischen Straßenpflastersteinen ein abgerundeter Stein gefunden, welcher offenbar zu einem Schleudersteine oder zu einem Werkzeuge der Art, welche man bisher für Schleudersteine gehalten hat, vorbereitet, aber noch nicht vollendet ist. Der Stein besteht aus festem, quarzigem alten Sandstein, hat an zwei Seiten noch die natürlichen, rohen Schichtungsflächen, ist 2 1/2" dick, 4" im Durchmesser und rund umher durch Kunst fast ganz, mit Ausnahme weniger Stellen, völlig abgerundet. Der Stein ward durch die Fürsorge des Herrn Burgemeisters Daniel zu Schwaan entdeckt und von demselben dem Vereine geschenkt.

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Einen Spindelstein aus Sandstein,

mit rohen Verzierungen, gefunden zu Kadow bei Goldberg, schenkte der Herr Wiechmann auf Kadow.

Steincylinder

gefunden von einem Chausseewärter zwischen Gnoyen und Tessin, geschenkt von dem Herrn v. Kardorff auf Remlin zu Gnoyen. Es ist, wie es scheint, ein bräunlicher, kieselhaltiger Stein, in Gestalt eines völlig regelmäßigen und glatten Cylinders, der sich von 2 3/8" bis 2 1/8" im Durchmesser verjüngt, und 4" lang ist. Es ist noch nicht ermittelt, ob das Aeußere dieses Steines durch Kunst bearbeitet oder ob das Ganze durch Natur gebildet und vielleicht eine Versteinerung ist.


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b. Zeit der Kegelgräber.


Kegelgrab von Dabel Nr. 1.

In der an heidnischen Gräbern reichen Gegend von Sternberg stehen auf der Feldmark des Bauerndorfes Dabel bei Sternberg viele Gräber, von denen schon in früheren Zeiten mehrere theils absichtlich, theils zufällig abgetragen sind. Der Herr Pastor Böcler und der Herr Erbpächter Schmidt zu Gägelow beschlossen nun, eines von den noch vorhandenen Gräbern nach wissenschaftlichen Grundsätzen für den Verein für meklenburgische Geschichte aufzudecken, und brachten ihren Vorsatz am Ende des Monats October 1856 in drei Tagen zur Ausführung; der Herr Schmidt stellte mit großer Freigebigkeit alle nöthigen Arbeiter und trug alle Kosten, so daß das Ergebniß der Aufgrabung dem Vereine zum Geschenke geboten ward. Die beiden genannten Herren waren bei der mit großer Gewissenhaftigkeit und Sorgfalt geleiteten Aufgrabung gegenwärtig.

Das auf dem Acker des Hauswirths Schwarz zu Dabel stehende Grab war ein Kegelgrab erster Größe aus der Bronzeperiode. Das Grab stand auf einem mäßigen Hügel, an dessen Abhange ein zweiter, etwas kleinerer Grabhügel liegt und von welchem man noch eine ziemliche Anzahl anderer Heidengräber sehen kann, welche jedoch alle von geringerer Größe sind. Das aufgedeckte Grab hatte eine kegelförmige Gestalt, mit runder Basis, und war nur mit Rasen bedeckt, ohne im Aeußern irgend einen Stein zu zeigen; die Axenhöhe des Grabes war 12 bis 13 Fuß, der Umfang an der Basis ungefähr 230 Fuß. Auf dem Grabe stand ein alter, kräftiger Weißdornbusch, von einigen kleinern umgeben.

Der innere Bau des Grabes war also gestaltet. In einem länglichrunden Umfange von 10 Fuß Länge und 8 Fuß Breite war der Boden des Grabes auf dem Urboden mit kleinen, ziemlich flachen, genau an einander schließenden Steinen gepflastert; dieses Steinpflaster war von etwas größeren, aufrecht stehenden Steinen von 1 bis 1 1/2 Fuß Höhe begrenzt. Auf diesem Steinpflaster war das Begräbniß; dieses war mit einem kegelförmigen Steinhügel von kleinen Steinen bis zu einer Höhe von 4 bis 5 Fuß bedeckt, so daß dieser

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Steinkegel im Innern des Grabes über den Umfang des Steinpflasters hinüberreichte. Ueber diesen Steinkegel war 8 Fuß hoch Sand geschüttet, welcher die äußere, mit Rasen bedeckte Kegelgestalt des Grabes bildete. Man kann also sagen, daß der Rasenhügel im Innern einen Steinkegel barg, der das auf einem Steinpflaster auf dem Urboden befindliche Begräbniß bedeckte. Da der Rasenhügel in seinem Umfange im Laufe der Zeit abgepflügt war, so traten die Steine des Steinkegels beim Graben sehr bald zu Tage.

Nach allen Anzeichen waren in dem Grabe zwei Leichen bestattet: eines Mannes und einer Frau. Die Leiche des Mannes war unverbrannt beigesetzt, die Leiche der Frau verbrannt. Wenn auch diese Sache nicht ganz bestimmt zu Tage lag, so wird sie sich doch durch die folgenden Beschreibungen und Vergleichungen von selbst ergeben. Die Leichen waren unmittelbar auf dem den Urboden bedeckenden Steinpflaster beigesetzt und unmittelbar mit dem darauf ruhenden Steinkegel ohne Zumischung von Sand zuerst zugedeckt. Die Lage der Begräbnisse war folgende:

Lage der Begräbnisse

1. Lage der bronzenen Dose.
2. Lage der kleinen bronzenen Geräthe.
3. Lage der thönernen Urne.

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Die Aufgrabung ward im Osten des Grabes begonnen und gegen Westen hin fortgeführt.

Die Leiche des Mannes lag unverbrannt auf dem Steinpflaster, ungefähr in der Mitte der nördlichen Hälfte desselben, nach der nördlichen Seite hin, so daß der Raum von dem Gerippe bis nach der südlichen Begrenzung des Steinpflasters bedeutend größer war, als bis zur nördlichen Begrenzung, und an der rechten Seite dieser Leiche noch Raum für die Bestattung einer zweiten Leiche war. Die Leiche hatte mit dem Angesichte nach Osten geschaut. Von einem Schädel und den meisten Gebeinen des Oberleibes war nichts mehr zu finden. Die ziemlich festen Schenkelknochen mit Resten des Beckens lagen am Ostende. An den Steinen über der Leiche fand sich eine Menge röthlich aussehender, schmieriger Masse, deren Ursprung nicht zu erklären war, die aber vielleicht von der Umhüllung der Leiche herrührte.

An der rechten Hand der Leiche hatte ein goldener Fingerring gesteckt. Der Ring (ein Trauring) ist von spiralförmig gewundenem goldenen Doppeldrath, der an beiden Enden endlos verbunden ist, 2 1/2 Windungen hoch, auf einen starken Mannesfinger passend (wie der in Jahrb. IX, S. 336 abgebildete, in dem Kegelgrabe von Ruchow gefundene Ring, der sich nur dadurch unterscheidet, daß er eine Windung höher ist), durch das Tragen zusammengedrückt, nach der innern Seite der Hand hin mehr als nach außen, so daß die beiden Enden gegen die innere Fläche der Hand hin reichen, aus reinem Golde. Der Ring lag dort, wo die Hand des ausgestreckten rechten Armes gelegen haben mußte.

An der rechten Seite der Leiche lag ein Schwert aus Bronze, unmittelbar neben den Beinknochen, mit dem Griffe unmittelbar an oder über der rechten Hüfte. Das Schwert ist im Ganzen 2' 5" hamburger Maaß lang, die Klinge 2' 1" der kurze Griff 3" der Knopf 1" lang. Die Klinge ist zweischneidig, mit erhabenem, von Relieflinien begleiteten Mittelrücken, in der Mitte der Klinge etwas verbreitert. Die Griffstange ist mit 10 runden Queerscheiben besetzt, zwischen denen gleich große Zwischenräume liegen. Der Griffknopf ist rhombisch gestaltet und oben mit Kreisen verziert. Das Schwert gleicht ganz dem in dem merkwürdigen Kegelgrabe von Peccatel gefundenen, auf der Lithographie zu Jahrbüchern IX, Fig. 5, abgebildeten Schwerte. Das ganze Schwert ist ganz und unzerbrochen beigelegt gewesen, aber so stark oxydirt, daß von dem Metall im Innern sehr wenig übrig ist. Der Rost liegt überall sehr stark auf, zeigt

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nirgends einen edlen Rost mehr, hat das Metall überall gespalten und zertrümmert und das Ganze so mürbe gemacht, daß das Schwert beim Ausheben in vier Stücke zerbrochen ist. Der Griff hat in der halbmondförmigen Ueberfassung über die Klinge eine dünne Unterlage von Knochen.

Ueberhaupt bieten die Bronzen dieses Grabes die Erscheinung, daß sie alle vom Roste so sehr angegriffen sind, wie die Bronzen keines andern bisher aufgedeckten Grabes, so daß dieses Grab gewiß zu den ältesten Gräbern der Bronze=Periode gehört, die bisher bekannt geworden sind.

Diese Ansicht von dem sehr hohen Alter des Grabes wird durch folgenden sehr merkwürdigen Fund bestätigt. An der rechten Seite des Oberleibes, dort wo etwa die Armhöhlung unter der Schulter begonnen haben mußte, lagen fünf sehr sauber und zierlich gearbeitete Pfeilspitzen aus Feuerstein 1 1/4 bis 1 1/2 Zoll lang, wie die hieneben und im Friderico-Francisceum Tab. XXVII, Fig. 15 bis 17 abgebildeten Pfeilspitzen.

Pfeilspitze

Der Herr Pastor Böcler hat diese Pfeilspitzen mit eigenen Händen an der bezeichneten Stelle aufgenommen. An der einen Pfeilspitze saß noch etwas von dem gespaltenen hölzernen Schafte, welcher über die beiden breiten Seiten der Spitze so weit hinüberfaßte, daß die Spitze und die Schneiden des Steines frei lagen, sehr dünne und zierlich gearbeitet war und allmählig auf die Fläche des Steines überging (wie die Abbildung hieneben zeigt), so daß diese Schaffung des Steines dem Eindringen des Pfeiles in keiner Weise hinderlich war.

Pfeilspitze

Dieser Rest des hölzernen Schaftes zerfiel jedoch bald nach der Freilegung in Staub. Wenn auch manche steinerne Geräthe der Steinperiode in die Bronzezeit übergingen, so sind die Pfeilspitzen dieses Grabes, in Verbindung mit der sehr alten Bronze, eine Andeutung, daß dieses Grab der Steinperiode sehr nahe lag.

Die Lage des Schwertes und der Pfeilspitzen sprechen dafür, daß man der Leiche das Schwert mit der Spitze nach unten gerichtet und die Pfeile mit den Spitzen nach oben gerichtet in die rechte Hand gab.

Diese drei Gegenstände (der goldene Fingerring, das bronzene Schwert und die steinernen Pfeilspitzen) gehören nach der Lage ohne Zweifel der unverbrannten männlichen Leiche an.

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Nach der Größe des mit Steinen gepflasterten Raumes zur Rechten der unverbrannten Leiche und nach den übrigen im Grabe gefundenen Geräthen ist es nicht unwahrscheinlich, daß dieser Raum zur Beisetzung einer zweiten, verbrannten, wahrscheinlich weiblichen Leiche gedient hat, wenn auch die Spuren von der Art der Bestattung sehr undeutlich waren. Auch fehlte ein zweiter goldener Ring, der in andern Gräbern dieser Art gewöhnlich gefunden wird; ein zweiter Ring kann nicht gut übersehen oder unterschlagen sein, da die Aufgrabung sehr sorgfältig unternommen ist und die Arbeiter beständig unter der scharfen Aufsicht der dirigirenden Herren arbeiteten.

Vor der Beschreibung der übrigen in dem Grabe gefundenen Gegenstände muß aber noch eines zweifelhaften, merkwürdigen Geräthes gedacht werden, welches vielleicht noch zu der unverbrannten Leiche gehören kann. Rechts unmittelbar neben dem Schwerte lag nämlich ein sehr langer, runder, bronzener Stab oder eine "Nadel", wie Werkzeuge dieser Art bisher genannt sind. Diese Nadel ist ungefähr grade so lang, als das Schwert. Die letzte Spitze ist verloren gegangen; der übrige, beim Ausheben in 7 Stücke zerbrochene Theil ist noch 2' 2" hamburger Maaß lang. Das Ganze bildet eine schwere, massive, fast 3/8" dicke, unten zugespitzte Bronzestange, welche oben einen im rechten Winkel angesetzten, runden, flachen Knopf in Form einer Scheibe von 2" Durchmesser hat und unter dem Knopfe mit mehreren erhabenen, stark hervorragenden Reifen verziert ist. Der obere Theil grade einer solchen Nadel mit fast eben so starkem Roste, welche vielleicht eben so lang gewesen sein mag, ist im Frid. Franc. Tab. XXIV, Eig. 1, abgebildet. Die großherzogliche Sammlung besitzt noch eine solche fast eben so lange, 2 Fuß lange, jedoch dünnere Nadel, deren Knopf mit Goldblech belegt ist. In dem dem dabelschen Grabe so ähnlichen Grabe von Ruchow ward ebenfalls eine ähnliche Nadel von 19" Länge und eine zweite, gleiche von 9" Länge gefunden. Man muß anfangen zu zweifeln, daß diese langen "Nadeln" trotz ihrer Gestalt zu "Haarnadeln" bestimmt gewesen seien, da sie doch zu lang, vorzüglich aber zu schwer dazu sind; man wird durch die Lage neben dem Schwerte und durch die gleiche Länge mit denselben darauf geleitet, daß sie zur männlichen Waffenrüstung gehört haben können.

Die noch übrigen in dem Grabe gefundenen Gegenstände lagen zur rechten Seite der unverbrannten Leiche nach dem größern, von Alterthümern leeren, südlichen Raume des Steinpflasters hin und gehörten vermuthlich zu einer zweiten, ver=

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brannten, wahrscheinlich weiblichen Leiche, der Frau des unverbrannt beigesetzten Mannes. Innerhalb des mittlern Raumes dieser südlichen Abtheilung des Pflasters ward aber durchaus nichts Alterthümliches gefunden; überhaupt ward sowohl auf diesem Raume, als in dem ganzen Grabe außer der unverbrannten Leiche keine weitere Spur von Knochen gefunden.

Jedoch sind einige Anzeichen von einer zweiten Bestattung vorhanden.

An der rechten Seite des rechten Fußes der unverbrannten Leiche, etwas nach dem leeren Raume des Steinpflasters hin, fand sich ein Bruchstück einer gehenkelten, thönernen Urne, nämlich der Henkel mit dem dazu gehörenden Stücke des Oeffnungsrandes und des Bauches, neben einem etwas erhabenen, runden, an einer Seite geschwärzten Steine; ungeachtet alles Nachsuchens fanden sich jedoch keine Urnenscherben mehr und keine Knochensplitter.

Oben zur Rechten neben dem Kopfende der unverbrannten Leiche stand eine ebenfalls stark gerostete, runde Dose von Bronze, 1" hoch und 3 1/2" im Durchmesser, mit einem im Aeußern reich in Relief gearbeiteten flachen Boden und mit zwei Oehren auf dem Rande und mit einem flachen Deckel, der in der Mitte ebenfalls ein in gleicher Richtung liegendes Oehr hat. Durch die drei Oehre war ein dünner Riegel von 172" Breite zum Verschließen geschoben gewesen; die Gestalt des Riegels ist durch einen klaren Eindruck in den Rost oben auf dem Deckel von Oehr zu Oehr noch klar zu erkennen. Leider ist dieser sicher sehr verrostet gewesene Riegel verloren gegangen, da die Arbeiter die Dose zuerst fanden und unsanft berührt hatten, als sie dieselbe dem Herrn Schmidt hinreichten. In der Dose befand sich nichts, wie der Herr Pastor Böcler berichtet, der sie zuerst geöffnet hat; jedoch sind im Innern einige scharf bezeichnete Stellen sehr glänzend und andere Stellen mit hochblauem Rost bedeckt; vielleicht diente diese Dose zu einer Salbenbüchse, während die Dosen mit spitzem Boden, welche jedoch wohl jünger sind, gewöhnlich als Schmuckkästchen zur Aufbewahrung des Goldschmuckes dienten. Eine fast ganz gleiche Dose, abgebildet im Friderico-Francisceum Tab. XII, Fig. 4, besitzt die großherzogliche Sammlung. Eine sehr ähnliche Dose fand sich in dem ähnlichen Grabe von Ruchow und eine gleiche in dem zweiten merkwürdigen Grabe von Peccatel bei Schwerin (vgl. Jahrb. XI, S. 368).

Nahe an der Seite des rechten Armes der unverbrannten Leiche, etwas höher als der Schwertgriff, lagen zusammen

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mehrere kleine Alterthümer von Bronze, wie sie auch in andern Gräbern zusammen gefunden sind, nämlich:

ein sichelförmig gebogenes Arbeitsmesser aus Bronze, in der Klinge gegen 6" lang, in mehrere Stücke zerbrochen, wie Frid. Franc. Tab. XVII, Eig. 3, und Jahrb. IX, Lithographie, Fig. 7;

ein grades Arbeitsmesser aus Bronze, etwas kleiner, in mehrere Stücke zerbrochen, wie Frid. Franc. Tab. XVII, Fig. 1;

ein Hütchen aus Bronze, wie Frid. Franc. Tab. XXXIII, Fig. 10;

ein zierlicher, gut geschliffener Meißel aus Bronze, 3 1/2" lang;

ein Doppelknopf oder Hemdsknopf aus Bronze, wie Jahrb. XI, S. 378, zweite Abbildung;

ein dünner, breiter, in der Außenfläche gereifter Fingerring aus Bronze, grade wie der in dem Grabe zu Peccatel bei Schwerin gefundene, auf der Lithographie zu Jahrb. IX, Fig. 11 abgebildete Ring;

kleine Holzstücke von Griffen, wahrscheinlich der Messer.


Dieses große Kegelgrab von Dabel ist sowohl durch sich selbst, als durch die Vergleichung mit andern Kegelgräbern erster Größe sehr merkwürdig, mag man nun annehmen, daß eine Leiche oder daß zwei Leichen in denselben begraben sind. Besonders merkwürdig ist, daß die Heldenleiche in demselben unverbrannt beigesetzt war und daß das Grab so sehr alt zu sein scheint. Es ist dies das erste Mal, daß in Meklenburg mit Sicherheit steinerne Geräthe in einem Kegelgrabe der Bronzeperiode gefunden sind.

Die jetzt schon mögliche Vergleichung mit andern ähnlichen Gräbern wird zu bemerkenswerthen Ergebnissen führen.

Ungefähr eine halbe Meile von dem dabelschen Grabe stand auf der Feldmark von Ruchow eines der größten Gräber im Lande, welches der Fürst von Lippe=Schaumburg 1820/1 aufdecken ließ und dessen Aufgrabung ich öfter beiwohnte (vgl. Jahresbericht VI, S. 30 flgd.). Auch in diesem Grabe war die Heldenleiche unverbrannt beigesetzt und hatte ein Bronzeschwert und zwei goldene Spiralfingerringe bei sich. Neben dieser Leiche waren zwei verbrannte weibliche Leichen beigesetzt, von denen jede einen gleichen goldenen Fingerring und mehrere Bronzegeräthe, z. B. eine Dose, ein Messer, eine Nadel, einige Ringe etc. . bei sich hatte. Auch eine sehr lange bronzene Stange oder Nadel fand sich in diesem

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Grabe. Die Aehnlichkeit des Grabes von Ruchow mit dem ganz nahen Grabe von Dabel springt in die Augen, und aus dieser Aehnlichkeit habe ich geschlossen, daß in dem dabelschen Grabe zwei Leichen beigesetzt gewesen sind. Die Klinge des ruchowschen Schwertes ist der Klinge des dabelschen Schwertes ahnlich; das ruchowsche Schwert hat jedoch einen hölzernen Griff gehabt, da die Klinge nur eine bronzene Griffzunge hat. - Die Bronzen des ruchowschen Grabes sind nicht so stark gerostet, als die des dabelschen, und daher wohl jünger; es ist also, da beide Gräber so nahe an einander liegen, nicht unwahrscheinlich, daß die beiden Gräber zweien Helden, aus einer ältern und einer etwas jüngern Zeit, angehören.

Ein zweites Grab, welches hier zur Vergleichung kommt, ist das große Kegelgrab, der "Herrberg", bei Schwaan. Auch hier sind zwei Gräber zu einem Grabe verbunden. Der ältere Theil des sehr bedeutenden Grabes steht noch. Der angelehnte jüngere Theil ist aber abgetragen und zeigte dieselben Erscheinungen (vgl. Jahrbücher XIX, S. 297), wie das Kegelgrab von Dabel. Die Heldenleiche in dem Grabe von Schwaan war ebenfalls auf einem Steinpflaster, unter welchem acht Leichen hockten, unter einem Steinkegel unverbrannt beigesetzt und hatte ein Bronzeschwert zur Seite, welches dem dabelschen sehr ähnlich ist, jedoch einen ovalen Knopf hat. Das schwaaner Schwert scheint nach der ungewöhnlichen Stärke des Rostes mit dem dabelschen aus derselben Zeit zu stammen und ebenfalls zu den ältesten Bronzen Meklenburgs zu gehören.

Diese drei Gräber, von Dabel, Ruchow und Schwaan sind zugleich allein diejenigen Kegelgräber der Bronzeperiode, in denen unverbrannte Leichen, alle ungefähr von demselben Alter und unter denselben Verhältnissen, gefunden sind.

Wir sind freilich noch nicht so weit, um historische Schlüsse aus den Heidengräbern ziehen zu können, aber man ist verleitet zu glauben, daß die in diesen drei Gräbern bestatteten Männer einem einheimischen Geschlechte, das den Leichenbrand nicht übte, - die Frauen einem eingewanderten Geschlechte, das den Leichenbrand einführte, angehörten, oder umgekehrt.

Ein drittes Gräberpaar, das hier vielleicht zur Vergleichung gezogen werden könnte, sind die beiden nahe an einander stehenden, merkwürdigen Gräber von Peccatel bei Schwerin, welche ähnliche Erscheinungen zeigten, obwohl die Leichen in beiden verbrannt waren. In dem einen Grabe (vgl. Jahrb. IX, S. 369 flgd.), in welchem sich der Bronzewagen fand, ward ein bronzenes Schwert und ein bronzener Fingerring gefunden, beide den dabelschen Alterthümern

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ganz gleich. In dem nahe dabei stehenden Grabe (vgl. Jahrb. XI, S. 366 flgd.), in welchem sich der Altar fand, ward eine der dabelschen gleiche Dose aus Bronze gefunden.

Alle diese Gräber gehören sicher einer und derselben, sehr alten Zeit der Bronzeperiode an.

G. C. F. Lisch.     

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Kegelgrab von Dabel Nr. 2.

Vor mehreren Jahren trug der Schulze Dankert zu Dabel bei Sternberg mehrere kleine Kegelgräber ab und fand in denselben mehrere Bronzen, welche er im Jahre 1856 zu Händen des Herrn Pastors Böcler zu Gägelow dem Vereine übergab. Diese Bronzen sind folgende:

zwei voll gegossene, gravirte Armringe aus Bronze;

ein voll gegossener, glatter Armring aus Bronze;

eine Pfeilspitze aus Bronze, mit Schaftloch und Widerhaken.

G. C. F. Lisch.     

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Kegelgrab von Mühlengeez.

Im J. 1846 trug der Erbzinsmann Schwarz zu Keez=Mühlengeez bei Güstrow, unweit der Chaussee von Güstrow nach Sternberg, einen ungefähr 100 Schritte vom Hause entfernten, unmittelbar hinter dem vor Jahren abgetragenen alten Schulhause liegenden, sandhaltigen, großen Hügel ab, um die Fläche leichter beackern zu können. Nachdem er die Arbeit so weit beschafft hatte, daß die Erhöhung kein Hinderniß beim Ackern mehr darbot, also dem Urboden nahe gekommen war, fand er in der Mitte des Hügels mehrere Gebeine und

die Hirnschale von einem Menschen, so wie

ein Schwert,

welches aber in drei Stücke zerbrochen war und verloren gegangen ist; das Metall ist nicht mehr bestimmt in Erinnerung. Durch diesen Fund aufmerksam gemacht, setzte er seine Nachgrabungen fort und fand an einer "Abseite" des Hügels

zwei Handbergen aus Bronze (wie Jahrb. IX, S. 329),

von denen die eine ganz vollständig erhalten, die andere aber bis auf den Mittelring verloren gegangen ist;

zwei massive, mit Queerstreifen verzierte, gleiche Armringe aus Bronze, alles mit nur sehr leichtem Roste bedeckt.

Obgleich der Finder jetzt seine Aufmerksamkeit verdoppelte, so ward doch weiter nichts gefunden.

Wir verdanken die Erwerbung der Handbergen und des Armring=Paares, so wie die Aufgrabungs=Nachricht den Be=

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mühungen des Herrn Pastors Kossel zu Tarnow mit Hülfe des Herrn Hauslehrers Ladwig zu Keez=Mühlengeez.

Dieses Grab ist durch die Vergleichung mit andern Gräbern sehr merkwürdig. Die Auffindung einer ganzen Hirnschale und ganzer Gebeine, so wie der vollständige, unbeschädigte Zustand der gefundenen Alterthümer, namentlich der Handbergen (die Schwerter sind gewöhnlich zerbrochen ins Grab gelegt), beweist, daß in diesem Grabhügel die Leiche unverbrannt beigesetzt ward. Das Grab stimmt also seiner innern Beschaffenheit nach ganz zu dem im Vorstehenden beschriebenen nicht fernen Grabe von Dabel (vgl. oben S. 279) und dem nahen Grabe von Ruchow und andern ähnlichen Kegelgräbern. Der Held mit dem Schwerte lag unverbrannt in der Mitte des Grabes und zu seiner Seite war eine zweite Leiche bestattet.

Von großer Bedeutung ist die Frage: Woher kommt es, daß in der fruchtbaren Mitte des Landes öfter unverbrannte Leichen in Kegelgräbern der Bronze=Periode gefunden werden, während die große Masse der Todten in der Bronze=Periode verbrannt ward? War es ein besonderer, älterer Volksstamm, der sich hier erhalten hatte? Oder waren es alte, vornehme Geschlechter, welche den Leichenbrand nicht angenommen hatten? Die Kegelgräber der Bronze=Periode, in denen unverbrannte Leichen gefunden werden, sind immer große Gräber, welche der Ackercultur Jahrtausende hindurch widerstanden haben, und immer Heldengräber, da in der Mitte der Gräber immer eine Leiche mit einem Schwerte zur Seite beigesetzt ist.

G. C. F. Lisch.     

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Schwert von Zahrenstorf.

In der Nähe des Häven'schen Sees ward von einem Arbeiter zu Zahrenstorf bei Brüel beim Steinbrechen, angeblich in einem "Hünengrabe", ein Schwert von Bronze gefunden, welches der Herr Postmeister und Lieutenant a. D. Pries zu Brüel erwarb und dem Vereine schenkte. Das Schwert ist in der Klinge 1 3/4 Fuß lang, mit Griffzunge für einen Griff von Holz und Leder, wie gewöhnlich die Schwerter der Bronze=Periode gestaltet, völlig wohl erhalten, ohne Bruch, jedoch stark verbogen, und ohne allen Rost. Es ist daher wohl als gewiß anzunehmen, daß das Schwert nicht in einem Grabe, sondern an einer wässerigen oder moorigen Stelle gefunden ist.

G. C. F. Lisch.     

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Framea von Brüel.

Eine Framea von Bronze, voll gegossen, mit Schaftrinne, breit in der Schneide, ohne allen Rost, ward bei Gelegenheit des Chausseebaues vor mehreren Jahren von einem Tagelöhner in der Gegend von Brüel gefunden und an einen Kaufmann in Brüel verkauft, von dem sie der Herr Postmeister und Lieutenant a. D. Pries in Brüel erwarb, um sie dem Vereine zu schenken.

Framea von Schwerin.

Auf der schweriner Stadtfeldmark, auf der Feldmark des untergegangenen Dorfes Turow, nahe am neumühlenschen See, ward eine Framea aus Bronze, mit Schaftrinne und breiter Schneide, mit hellgrünem, edlen Roste bedeckt, wahrscheinlich an der Stelle eines abgepflügten Kegelgrabes zwischen Steinen ausgepflügt und von dem Herrn Hofschlosser Duve erworben und dem Vereine geschenkt.

Framea von Wismar.

Eine Framea, mit Schaftloch und Oehr, von Bronze, 4" lang, ohne Rost, wahrscheinlich auf dem Stadtfelde von Wismar gefunden, ward von dem Herrn Dr. Crull zu Wismar geschenkt.

Sichel von Pastin.

Zu Pastin bei Sternberg ward vor mehreren Jahren in einem Torfmoore eine völlig erhaltene Sichel ans Bronze, ganz von der gewöhnlichen Form und Größe, von einem Arbeiter gefunden und durch den Herrn Pastor Böcler zu Gägelow aus zweiter Hand für den Verein erworben.

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Miniatur=Schwert von Proseken.

Auf dem Pfarracker zu Proseken bei Wismar ward neben dem auf diesem Acker liegenden großen Kegelgrabe ein Miniatur=Schwert von Bronze, das vielleicht zu dem Grabe in Verbindung gestanden hat, ausgepflügt und von dem Herrn Pastor Brockmann zu Proseken dem Vereine geschenkt. Das Schwert ist von antiker Bronze, mit nicht tiefem, hellen Rost überzogen und nur 3 1/4 Zoll lang. Die Klinge, 2 1/4 Zoll

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lang, ist breit und zweischneidig. Der Griff, im Verhältniß etwas länger, als sonst bei den Schwertern der Bronze=Periode, und, nach Weise der Bronze=Periode, am Ende mit einem runden Knopfe verziert, ist 1 Zoll lang. Die Parierstange, welche dieses Schwertchen hat, ist 1 1/2 Zoll lang, also sehr lang. Der lange Griff und die Parierstange, eben so auch die kurze Klinge deuten allerdings auch auf das frühe Mittelalter, etwa auf das 11. oder 12. Jahrhundert. Der Fundort und das Metall, auch die Gestalt der Klinge, verweisen aber auf die heidnische Zeit. Aehnliche kleine "Säbel", von der Länge eines kleinen Fingers, wurden in Schlesien bei Massel in einer Urne gefunden; vgl. Klemm Handbuch der germanischen Alterthumskunde, S. 368. Klemm hält solche kleine Nachbildungen für Amulete oder simulacra, und führt Pomponius Mela II, 1, und Solinus c. 20 an, wornach die Scythen dem Kriegsgotte Schwerter weiheten und Schwerter als Bilder dieses Gottes verehrten ("Populis illis deus Mars est, pro simulacris enses colun"). Diese bei Massel gefundenen Schwertchen, welche auch bei Klemm Taf. XXIII, Fig. 1, abgebildet sind, gleichen aber breiten, krumm gebogenen Türkensäbeln oder kleinen Arbeitsmessern der Bronze=Periode, und haben mit den Schwertern der Bronze=Periode nichts zu schaffen.

Es läßt sich nicht leugnen, daß diese ganze Angelegenheit noch sehr im Dunkeln liegt, und daß selbst die Zeit, in welche diese kleinen Nachbildungen fallen, noch ganz unbestimmt zu sein scheint.

Die von Klemm zur Vergleichung angeführten, aus den angeblichen Alterthümern von Prilwitz stammenden kleinen "Säbel", welche in Masch Gottesdienstl. Alterthümern der Obotriten, Fig.39, abgebildet sind, sind kleine, genaue Nachbildungen von Infanteristen=Degen (sogenannten "Käsemessern") aus dem vorigen Jahrhundert und machen, wie alle übrigen sogenannten prilwitzer Alterthümer, keinen Anspruch auf Alterthum und Aechtheit.

G. C. F. Lisch.     

Einen Knopf aus Thonstein,

der nicht durchbohrt ist, gefunden zu Brusow bei Kröpelin, schenkte der Herr Pastor Masch zu Demern.

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Vogelgestalten von Vietgest.

Zu Vietgest wurden im J. 1834 viele Hütchen aus Bronze gefunden, welche auf der Spitze mit der Gestalt eines

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Vogels, muthmaßlich eines Schwans, verziert waren und in Jahrb. XV, S. 265-269 beschrieben und abgebildet sind. Späterhin ward bei Frankfurt a. O. ein kleiner Wagen aus Bronze gefunden, auf dessen Deichsel ebenfalls kleine Vögel stehen; vgl. die Beschreibung und Abbildung in Jahrb. XVI, S. 261-268. Diese Vogelgestalten aus der Bronze=Periode sind ohne Zweifel sehr merkwürdig und fordern zur weitern Forschung auf.

Im J. 1854 wurden nun in Böhmen zu Swijan bei Jungbunzlau in einem Steinbruche aus einer mit Lehm gefüllten Spalte etwa 20 Bronzegegenstände ausgegraben, von denen 13 kleine hohle Vogelgestalten von 2 bis 5 Zoll Länge, in Gestalt eines "Schwans oder einer Ente" darstellen; diese Vogelgestalten dienten wahrscheinlich zu Endbeschlägen von Geräthen, welche an Gürtelbändern hingen, wie die Ringe an dem Schnabel einiger Figuren beweisen. Die meisten dieser Figuren sind in das Museum zu Prag, einige in das Museum zu Wien gekommen. Diese böhmischen Vogelgestalten, welche aus antiker Bronze bestehen, sind den von Vietgest sehr ähnlich, haben aber eine andere Bestimmung gehabt, also auch eine andere Einrichtung. Der Fund ist von Seidl beschrieben und abgebildet im Archiv für Kunde österreichischer Geschichts=Quellen, herausgegeben von der k. Akademie der Wissenschaften zu Wien, Bd. XV, Heft II, 1856 S. 281.

G. C. F. Lisch.     

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Goldene Geldringe.

In Meklenburg und Dänemark sind wiederholt unregelmäßig und mehr dreieckig gebogene, offene Ringe aus Metallstangen, am häufigsten aus Gold, gefunden, welche nach der Ansicht neuerer Forscher als Geld gedient haben. Ein solcher großer, goldener Ring und ein zerhackter zweiter wurden zuletzt in einer bronzenen Schmuckdose zu Sukow bei Plau gefunden und sind in Jahrb. XVIII, S. 256 beschrieben und abgebildet. - In den österreichischen Staaten sind in den neuesten Zeiten auch solche goldene Ringe aufgefunden. In Siebenbürgen zu Bistritz wurden im J. 1854 mehrere Urnen und "eine goldene "Kette von plumper Arbeit, aus 9 ungeschlossenen, nach beiden Enden zu abnehmenden Ringen bestehend", gefunden. Diese Ringe wurden vom k. k. Münzamt zu Karlsburg für 68 Gulden 34 Kreuzer C. M. tarifmäßig eingelöset und der "unkünstlerischen, rohen Form wegen zum Einschmelzen bestimmt". Die Thongefäße scheinen der jüngsten Zeit der

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Bronze=Periode anzugehören. Dieser Fund ist von J. G. Seidl im Archive für Kunde österreichischer Geschichtsquellen, herausgegeben von der k. Akademie der Wissenschaften zu Wien, Bd. XV, Heft II, 1856, S. 356 flgd. beschrieben. - Im J. 1855 ward zu Doszu bei Neu=Szadowa im Militairgrenzlande wieder eine solche "Kette aus 9 Gliedern bestehend, ohne eigentliche Spur von Bearbeitung, sondern Gußdrath von Gold, gefunden. Die einzelnen Glieder differiren im Gewichte von 70 Gran durch die Abstufungen von 140, 150, 158, 160, 208 Gr. bis 1 Loth 60 Gran. Sie ist vom reinsten Golde". Dieser Fund ist beschrieben und abgebildet von J. G. Seidl im genannten Archive a. a. O. S. 330. Die einzelnen Glieder erscheinen nur als ohne Wahl in einander gehängte Geldringe, wie sie sonst schon beobachtet sind. Seidl bemerkt a. a. O. S. 277 bei der Beschreibung und Abbildung von alten Goldmünzen, welche auf einer Seite das Bild eines goldenen Ringes mit halbkugelförmigen Enden (eines "Eidringes") tragen und welche früher "Regenbogenschüsseln" genannt wurden, jetzt für celtischen Ursprungs gehalten werden, daß diese Münzen "sich als Beleg für den häufigen Gebrauch der Metallringe von selbst erläutern".

G. C. F. Lisch.     

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Bronzener Schwertgriff von Preetz.
in Pommern.

Zu Preetz bei Stralsund ward vor mehreren Jahren in einem heidnischen Grabe ein kunstreich und geschmackvoll gearbeiteter Schwertgriff, ganz aus Bronze, gefunden, der einen rhombischen Knopf hat und in manchen Eigenthümlichkeiten von den meklenburgischen Schwertgriffen abweicht. Der Herr Kaufmann Dumrath in Rostock, in dessen Hände dieses Alterthumsstück gelangte, hat dasselbe unserm Vereine geschenkt.


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c. Zeit der Wendengräber.


Bronce=Figur von Gnoyen.

Der Herr v. Kardorff auf Remlin zu Gnoyen fand bei einem Kupferschmiede ein Fragment einer kleinen bronzenen menschlichen Figur und erwarb dieselbe, um sie dem Vereine zu schenken. Es sind von der Figur nur noch Kopf, Brust und Fragmente von den Armen vorhanden; das Uebrige ist, nach dem Rost zu urtheilen, schon in alter Zeit abgebrochen. Die Figur ist von alter Bronze und voll gegossen und mit glattem, grünen Rost bedeckt; jedoch scheint der Rost, da er nicht sehr tief liegt, nicht über die wendische Zeit hinauszugehen. Die Figur gehört zu jenen rohen Figuren, welche schon vielfach berührt und erwähnt sind und von denen Klemm in seinem Handbuche Tat. XIX bis XXI mehrere hat abbilden lassen. Die Figur hat die Arme grade ausgestreckt gehabt; der Kopf ist sehr groß und mit einer runden Kappe bedeckt, deren Rand nach hinten übergeschlagen ist; die allein sehr sorgfältig gebildeten Haare hangen in den Nacken hinab. Der Oberleib ist verhältnißmäßig klein und platt; auf der Brust ist die Kleidung, wie ein dreieckiger Latz, durch vertiefte Linien angedeutet. Leider ist auch von dieser Figur, wie von allen übrigen, nicht bekannt, daß sie in einem Grabe gefunden ist und in welcher Art von Gräbern. Jedoch ist es von dieser Figur nach Metall, Rost und Bildung unzweifelhaft, daß sie alt und ächt ist.

Figuren dieser Art erhalten jetzt ein erhöhetes Interesse durch den bei Judenburg in Steyermark gefundenen Bronzewagen, auf welchem viele kleine Figuren stehen, welche der hier beschriebenen an Gestalt und Stellung ähnlich sind (vgl. Jahrb. XX, S. 290).

G. C. F. Lisch.     

Spindelsteine.

Ein Spindelstein aus Sandstein und

zwei Spindelsteine aus gebranntem Thon, gefunden zu Viecheln bei Gnoyen, wurden von dem Herrn v. Kardorff auf Remlin zu Gnoyen geschenkt.

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Ein Amulst ?,

gefunden zu Remlin bei Gnoyen auf einem Hünengrabe, ward von dem Herrn v. Kardorff auf Remlin zu Gnoyen geschenkt. Es ist ein kleiner, flacher Sandstein, von länglicher Gestalt, 2" lang, 1 1/2" breit, 5/8" dick, an einer breiten Seite abgerundet und geschliffen, an der andern breiten Seite mit dicht stehenden, kleinen Vertiefungen verziert, wie oft Spindelsteine verziert sind; an einem Ende ist ein Loch durchgebohrt. Das Ganze ist nur ein Ende einer größern Bildung und ist einem Fischkopfe nicht unähnlich. An den schmalen Seiten ist eine offenbar jüngere Rille eingegraben.

G. C. F. Lisch.     

Alterthümer von der Gehmlitz bei Golssen
in der Nieder=Lausitz.

Von den auf der genannten Stelle gefundenen, in dem Neuen Lausitzischen Magazin, Bd. XXXII, Heft 1, S. 83 und an andern Stellen, beschriebenen Alterthümern einer wahrscheinlich wendischen Wohnstätte, schenkte der Herr Apotheker Schumann zu Golssen dem Vereine:

1) eine Menge von Feuersteinsplittern,

2) eine Menge von "eisensandsteinernen Röhren und Cylindern",

3) mehrere Schlacken und Glasscherben,

4) mehrere Bruchstücke von Blitzröhren.


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d. Vorchristliche Alterthümer gleich gebildeter europäischer Völker.


Hausurne vom Albanergebirge.

Von der in unsern Jahrbüchern XXI, S. 252 abgebildeten, am Albanergebirge gefundenen und im königlichen Museum zu Berlin aufbewahrten Hausurne schenkte der Herr Geheimerath Dr. von Olfers, als General=Director der königlich=preußischen Museen, unserm Vereine einen Gypsabguß, während unser Verein dem königl. Museum eine Gypsform von unserer zu Kiekindemark gefundenen, in den Jahrb. a. a. O. S. 247 abgebildeten Hausurne zur weitern Verbreitung zusandte.

G. C. F. Lisch.     


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2. Alterthümer des christlichen Mittelalters und der neuern Zeit.


Schachfigur.

Im J. 1856 kaufte ich für die großherzoglichen Sammlungen bei einem Trödler in Parchim eine mittelalterliche, große Schachfigur, welche im hohen Grade merkwürdig ist. Woher diese Figur stammt und wie sie in die Hände des letzten Besitzers gekommen ist, ist nicht zu ermitteln gewesen; wahrscheinlich hat sie sich seit Jahrhunderten als Seltenheit fort und fort vererbt, bis sie endlich aus einem ärmlichen Nachlasse zur Versteigerung gekommen und für einen geringen Preis losgeschlagen ist. - In jüngern Zeiten hat die Figur wohl zur Verzierung irgend eines Gerätes gedient, da in die untere Fläche des Bodens 5 Löcher in einer Linie eingebohrt sind, von denen 4 ausgebrochen sind. Vielleicht hat diese Verwendung die Erhaltung der Figur befördert.

Die Figur ist sehr schön und in reinem Style kunstreich gearbeitet und trägt ganz strenge den Stempel einer bestimmten Zeit. Sie ist 3 1/2" (hamburger Maaß) hoch, 2" breit in der Vorderansicht und 1 1/8" dick, so daß sie mit der Faust zu fassen ist, und ist an Größe und Gestalt den übrigen, bekannten, nordischen Schachfiguren ähnlich. Sie ist nach dem Urtheil erfahrner Kenner aus Wallroßzahn geschnitzt, nicht wahrscheinlich, wie es den Anschein hat, aus Elfenbein; jedenfalls ist sie nicht aus Hirschhorn 1 ). Die untere, dickere Hälfte ist von den Seiten her ausgehöhlt.

Eine Schachspielscene aus alter Zeit ist dargestellt in v. d. Hagen's Bildersaal altdeutscher Dichter, Berlin, 1856, Atlas Tat. V, aus der Handschrift der Manesseschen


1) Im Kataloge des germanischen Museums zu Nürnberg werden einige alte Schachfiguren aus Hirschhorn aufgeführt; daß unsere Figur nicht aus Hirschhorn ist, steht nach dem Urtheil erfahrener Kenner fest. Schon das specifische Gewicht spricht gegen Hirschhorn.
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Sammlung (um das J. 1300). Der brandenburgische Markgraf Otto IV. mit dem Pfeile (1266-1308) und seine Gemahlin sitzen anf einer Bank und spielen Schach; beide haben das große Schachbrett zwischen sich auf der Bank stehen. Aus den Schachfiguren, welche beide in den Händen haben, läßt sich ungefähr ermessen, daß dieselben so groß sein sollen, als die bisher erhaltenen alten Schachfiguren.

Unsere Figur stellt den König (?) dar und giebt dadurch ziemlich feste Anhaltspunkte zur Bestimmung. Der König mit Scepter und Krone sitzt auf einem antiken Throne und an jeder Seite bedient ihn eine knieende Figur.

Der niedrige, breite Thron ist ganz im ausgebildeten, feinen, romanischen Baustyle gehalten. Die Rückwand, welche sehr sauber geschnitten ist, bildet ein Quadrat von 2" und ist mit sehr schönen, durchbrochenen romanischen Ranken= und Blattornamenten verziert. Die Lehnen stellen Pforten im romanischen oder Rundbogenstyle dar und sind oben mit romanischem Laubwerk gekrönt.

Der König sitzt auf dem Throne. Er ist mit einem faltigen, bis auf die Füße reichenden Untergewande und mit einem weiten Mantel bekleidet, der unter den Armen und über den Knieen zusammengenommen ist. Vom Haupte hängt auf Schultern und Rücken hinab ein Schleier in fein gruppirten Falten. Auf dem Haupte trägt er eine Lilienkrone, welche einen Reif mit vier niedrigen Lilien darstellt. In der rechten Hand trägt er ein Lilienscepter, welches verhältnißmäßig sehr groß ist; der Stab ist kurz und dick, die Lilie auf dem Stabe sehr groß. In der linken Hand hält er einen runden Becher. Einen Bart hat das lange Gesicht der Figur mit den starken Gesichtszügen nicht; jedoch ist die untere Kinnlade etwas rauh gehalten, so daß man aus der Ferne ein männliches Gesicht zu sehen glauben kann.

Zu den Seiten knieen mit einem Beine zwei Knabengestalten 1 ), ein Schenke und ein Spielmann, mit unbedecktem Kopfe, mit lockigem Haar und mit einem kurzen, bis an die Kniee reichenden, faltigen, gegürteten Gewande bekleidet, welches einer römischen Tunica gleicht. Die Figur zu des Königs rechter Hand, ein Schenke, hält den Deckel zu dem runden Becher, oder einen leeren Becher, welcher auf die Seite gelegt dem Könige auf dem rechten Kniee liegt, also


1) Schon in dem Schachspiele Carls des Großen stehen zu den Seiten des Königs und der Königin zwei jugendliche Gestalten (vgl. Maßmann Taf. IX.)
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nicht einen credenzten Becher darstellen kann. Beide Attribute, die Becher, sind gleich gestaltet und das in der linken Hand des Königs kann nicht einen Reichsapfel darstellen 1 ). Die Figur zur Linken, der Spielmann, spielt auf zwei Pfeifen, wie Dudelsackpfeifen oder Clarinete gestaltet.

Die Anordnung ist reich, die Zeichnung rein, die Ausführung fein und sauber. Das Ganze weiset unverkennbar auf die Zeit des ausgebildeten romanischen Baustyls hin. Ich nehme keinen Anstand, diese Figur in die erste Hälfte des zwölften Jahrhunderts zu setzen; darauf weiset auch in Vergleichung der Münzen jener Zeit die Gestalt der Krone und des Scepters hin. Ein in Siegeln und Münzen erfahrener Freund rief beim Anblick der Figur unwillkürlich aus: "Das ist ja Lothar von Sachsen" (1125-1137). Vielleicht ist die Figur ein Jahrhundert älter; die allerjüngste Zeit aber, aus welcher die Figur stammen kann, ist die zweite Hälfte des 12. Jahrhunderts, die Zeit des Kaisers Friedrich I Barbarossa und die Zeit des Sachsenherzogs Heinrich des Löwen. In Beihalt anderer Kunstwerke scheint diese Figur aus den altsächsischen Ländern zu stammen; es ist nicht unwahrscheinlich, daß sie unter Lothar von Sachsen geschnitten und durch Heinrich den Löwen nach Meklenburg gekommen ist.

An Größe, Form und Material gleicht die Figur ganz den übrigen bekannten Schachfiguren. Ich beziehe mich im Allgemeinen auf die gelehrte "Geschichte des mittelalterlichen, vorzugsweise des deutschen Schachspiels, von H. F. Maßmann, Quedlinburg und Leipzig, 1839", welche sich freilich mehr mit der Literatur, als mit den bildlichen Darstellungen beschäftigt, jedoch an Abbildungen und Nachweisungen doch das Nothwendigste giebt; auf das Alter der vermiedenen alten Schachfiguren geht er jedoch nicht ein.

Die ältesten Schachfiguren sind wohl die, welche der Kaiser Carl der Große vom Kalifen Harun al Raschid geschenkt erhalten haben soll und die noch jetzt im Museum zu Paris aufbewahrt werden (vgl. Maßmann S. 24 u. Taf. IX). Die Figuren scheinen nach den Abbildungen wirklich der Zeit Carls des Großen anzugehören; die Architektur ist altromanisch, die Darstellung der Figuren ist zum Theil noch ganz


1) Nach alten deutschen Beschreibungen sfoll (nach Maßmann S. 119):

der künec sizzen in sînem palas; ein krône sal er haben ûf sînem houbet, in der tenkenen hant sal er haben ein guldinen apfel, in der gerechten hant sal er haben ein zepter".

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römisch. An einen orientalischen Ursprung der Figuren wird aber wohl nicht zu denken sein. Diese Schachfiguren haben einen ganz andern, viel strengern Charakter, als unsere Figur.

Bekannter sind die nordischen Schachfiguren, von denen einige Figuren im "Leitfaden zur Nordischen Alterthumskunde, Kopenhagen, 1837", S. 67 flgd., und in andern ähnlichen dänischen Werken abgebildet sind. In Kopenhagen werden einige Spiele und einzelne Figuren aufbewahrt. Nach den Ornamenten gehören diese Figuren der romanischen Periode an, sind aber alle plump im Styl, und viel plumper, roher, unnatürlicher und einfacher, als unsere Figur, und tragen ganz den Charakter anderer skandinavischer Kunstwerke jener Zeit.

Völlig identisch, selbst in Kleinigkeiten übereinstimmend mit den nordischen Schachfiguren sind die 67 Schachfiguren, welche von einem nordischen Handelsschiffe an der schottischen Insel Lewis gestrandet sein sollen und hier 1832 gefunden wurden (vgl. Maßmann S. 25, 26 und 221 und Taf. I bis VIII). Die Abbildungen bei Maßmann und die im Leitfaden zur Nordischen Alterthumskunde stimmen merkwürdiger Weise bis auf das kleinste überein, so daß die auf Lewis gestrandeten Figuren ohne Zweifel skandinavischen Ursprungs sind.

Diese nordischen Schachfiguren mögen aus derselben Zeit stammen, aus welcher unsere Figur stammt. Das Schachspiel soll im 11. oder 13. Jahrh. in England eingeführt worden sein.

Eine ähnliche Schachfigur besitzt der Herr Kaufmann Dumrath in Rostock. Diese Figur, aus Bein geschnitzt, hat theils mit unserer Figur, theils mit den nordischen Figuren viel Aehnlichkeit. Sie ist etwas größer, als unsere Figur und stellt einen Bischof dar, welcher auf einem Stuhle sitzt, die rechte Hand zum Segnen erhebt und in der linken Hand einen Bischofsstab hält; das Haupt ist von einer niedrigen Bischofsmütze bedeckt und die Füße und das Untergewand sind sichtbar. Zu seinen Seiten knieen zwei Knabengestalten, von denen der zur Rechten ein aufgeschlagenes Buch, der zur Linken einen Stock hält und den Kopf auf die linke Hand stützt. Die Hinterwand und die Seitenwände des Thrones sind mit romanischen Ranken verziert, welche in den Verschlingungen und den Enden ganz den Verzierungen auf dem Throne unserer Figur gleich sind. Dem Style und der Anordnung nach hat die rostocker Figur viel Aehnlichkeit mit unserer Figur, obwohl sie lange nicht so sauber und regelmäßig geschnitzt ist, als diese. Jedoch ist sie auch nicht so plump, wie die nordischen Figuren. Die Verzierungen des Thrones, die beiden Knabengestalten, die Falten der Gewänder reden viel mehr für eine Aehnlich=

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keit mit unserer Figur, als mit den nordischen Figuren. Ich möchte daher auch die rostocker Figur für eine deutsche halten, um so mehr, da sie zunächst aus Lübeck stammt.

Im Museum zu Berlin 1 ) werden auch mehrere alte Schachfiguren aus Bein aufbewahrt. Zu unserer Figur stimmen an Zeit, Styl und Größe namentlich zwei Bischofsfiguren (jetzt: Läufer), welche freilich im Ornament der Stühle viel einfacher gehalten sind, als unser Thron, aber eine sehr geschmackvolle und verständige Darstellung des Ganzen zeigen; sie stammen dem Anscheine nach mit unserer Figur aus derselben Zeit. Aelter sind ohne Zweifel zwei größere Figuren, eine Königin, auf einem weiten, großen, mit romanischen Ornamenten bedeckten Throne sitzend, und ein König, mit dem aufgerichteten Schwerte in der rechten und einen Falken auf der linken Faust, hinten von 13 bewaffneten, stehenden Männern umgeben, welche große, spitze Schilde tragen. Jünger sind dagegen wohl zwei Figuren, welche einen Ritter zu Roß (jetzt: Springer) darstellen. Die eine dieser Figuren, einen Ritter mit einem Helme mit spitzem Visiere darstellend, umgeben von 10 Bogenschützen, ist ungefähr von der Größe der übrigen bekannten Figuren, 4" hoch. Die andere Figur, einen Ritter, mit offenem Helme, mit Schild und Schwert, darstellend, von 19 Bogenschützen umgeben, ist viel größer, 6" hoch. Diese Figuren scheinen dem 14. oder 15. Jahrh. anzugehören.

Die Figuren im Antiquarium zu Regensburg (bei Maßmann Taf. X) scheinen ebenfalls dem 15. Jahrhundert anzugehören.

Auch alle diese Figuren scheinen von deutscher Arbeit zu sein, da sie im Styl mit den nordischen Figuren nichts gemein haben.

Man könnte wohl glauben, daß unsere Figur eine Königin darstellen sollte. Dafür könnte der Schleier reden und die kaum bemerkbare Andeutung eines gescheitelten Haares in den Schläfen. Dagegen redet aber nicht allein die ganze strenge Haltung der Figur, in der nichts Weibliches liegt, der Charakter der starken Züge des Gesichts, namentlich der Nase und des Kinnes, die Krone und der Scepter, der Becher und der Spielmann. Die ganze Darstellung erscheint mir so wenig weiblich und mittelalterlich zart, daß ich mich nur durch sehr triftige Gegenbeweise dazu entschließen kann, die Figur für eine Königin anzunehmen.


1) Der Herr Geheimerath und General=Director Dr. von Olfers zu Berlin hat die große Freundlichkeit gehabt, den schweriner Sammlungen vortreffliche Gypsabgüsse von den berliner Figuren mitzutheilen.
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Eine höchst merkwürdige Aehnlichkeit mit unserer Figur giebt das Bild des Königs Wenzel von Böhmen aus der Handschrift der Manesseschen Liedersammlung (um das J. 1300) in v. d. Hagen's Bildersaal altdeutscher Dichter, Berlin, 1856, Taf. III, mit Erläuterung S. 18 und 101 flgd. Der König Wenzel II. von Böhmen (1270-1305) sitzt auf einem Throne (ohne Lehne), mit der Lilienkrone auf dem Haupte und dem Lilienscepter in der rechten Hand, umgeben von seinem Hofstaat in 4 Personen, von denen 3 hier nicht weiter in Betracht kommen. Zu seiner Linken steht eine Figur, welche mit beiden Händen einen umgekehrten Becher hält, den der König mit der linken Hand anfaßt. Diesen Becher deutet v. d. Hagen S. 18 und 103 also, daß er das damalige Reichsschenkenamt Böhmens bezeichne. Zu den Füßen des Königs knieen außerdem noch zwei Knabengestalten, Spielleute, von denen der zur Rechten eine Pfeife, wie ein Clarinet, der andere eine Fidel hält. - Der Mitteltheil dieser Darstellung gleicht fast ganz der Darstellung unserer Schachfigur, und es geht hieraus hervor, daß Darstellungen dieser Art zu jener Zeit Sitte waren. Die Bilder der Manesseschen Sammlung (um 1300) sind aber offenbar jünger, als unsere Schachfigur, was aus dem ganzen Style und allen Einzelnheiten deutlich ersichtlich ist, wenn auch das Bild manche Ueberlieferung aus älterer Zeit haben mag. Das Bild des Kaisers Heinrich VI. von Hohenstaufen, mit Lilien=Scepter und Krone, bei v. d. Hagen Taf. I, ist dem Bilde des Königs Wenzel ähnlich und ebenfalls jünger, als unsere Schachfigur.

Aus dieser Darstellung ergiebt sich, daß wenn auch einige Figuren des "Schachspiels Carls des Großen" und des berliner Museums einen höhern Werth haben und vielleicht schöner sein mögen, als unsere Figur, es doch vielleicht außer Zweifel ist, daß unsere Figur schöner ist, als die meisten übrigen bekannten Figuren, und, im ausgebildeten deutschen Style des Mittelalters gehalten, sicher eine deutsche Figur ist, welche durchweg die größte Feinheit zeigt und allen alten deutschen Elfenbeinschnitzereien an die Seite gestellt werden kann.

G. C. F. Lisch.     

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Spange von Rostock.

In Rostock ward beim Fundamentgraben eine kreisrunde Spange von Messing, 1 1/4" im Durchmesser, gefunden und an

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das Universitäts=Museum gegeben, welche auf einer Seite zwei Male mit denselben Buchstaben verziert ist:

ACN (? oder h?) LVNC

Der dritte Buchstabe ist ein N , könnte aber auch allenfalls für ein sehr verkürztes h oder für ein D angesehen werden. Die beiden letzten Buchstaben fehlen in der einen Reihe. Die Bedeutung ist mir nicht klar. In der großherzogl. Sammlung zu Schwerin befindet sich eine ähnliche, etwas größere Spange, mit der klaren Inschrift AVE MARIA ; vgl. Friderico-Francisceum Tab. XXXII, Eig. 4, und Erläut. S. 155.

G. C. F. Lisch.     

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Steinerne Knopfform von Drevskirchen.

Es werden häufig kleine Sand= oder Thonsteinplatten gefunden, in welche Formen zu bleiernen Knöpfen eingegraben sind. Die Zeit dieser Knopfformen ist sehr unbestimmt. Der Herr Koch auf Dreveskirchen hat nun eine Platte gefunden und geschenkt, welche einen festern Anhaltspunkt giebt. Auf der einen Seite sind 4 Formen eingegraben, welche scharf und geschmackvoll und vielleicht im Mittelalter oder im 16. Jahrhundert verfertigt sind; 2 Knöpfe zeigen Rosetten, 1 einen bärtigen Kopf. An der andern Seite sind 4 Formen eingegraben, welche nur eine leichtfertige, niedere Arbeit zeigen. Auf den Rand der Platte ist eingegraben:

DETLOF HINRICH KROGER ANNO 1743

Die eine neuere Knopfform zeigt auch die Buchstaben D. H. K., also den Namen des letzten Besitzers dieses Steines.

G. C. F. Lisch.     

Eiserne Messer.

Drei große eiserne Messer wurden im J. 1856 bei der Rectificirung der Mildenitz zwischen dem abgelassenen Serrahn= und dem Goldberger See im Torfgrunde, ungefähr 2' tief unter der Sohle des alten Flußbettes, gefunden und von dem Herrn Ingenieur K. Beyer dem Vereine geschenkt.

Ein Schleifstein

aus Sandstein, vielseitig, gefunden zu Friedrichshöhe bei Rostock, ward geschenkt von dem Herrn Ritter auf Friedrichshöhe.

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Ein Mauerziegelrelief,

nach Kachelart geformt, mit einem Silenkopfe, im Frühling 1856 bei dem alten Schlosse, jetzt Criminalgebäude zu Bützow bei Legung eines Dammes 2 Fuß tief gefunden, schenkte Herr Friedrich Seidel zu Bützow.

Töpferarbeiten.

Der Herr Dr. Crull zu Wismar schenkte dem Vereine drei interessante, zu Wismar gefundene Fragmente von Töpferarbeiten aus gebranntem Thon aus dem 16. Jahrhundert:

einen kindlichen Doppelkopf, hohl, aus zwei Abdrücken aus derselben Form zusammengesetzt, ohne Glasur;

eine Eva, 9" hoch, grün glasurt, von einem Ofen;

ein Bruchstück eines fein gearbeiteten, weiß und blau glasurten Kruges, mit der Jahreszahl 159 ?

Glasmalereien.

Der Herr Hofglaser Beckmann zu Doberan schenkte dem Vereine zwei in schwarz gemalte Fensterscheiben, welche derselbe in einem Bauerhause gefunden und erworben:

eine viereckige Fensterscheibe mit einem Wappen und der Unterschrift:

L C. HASSE.
1726.

und eine kleine rautenförmige Fensterscheibe mit Namen und Jahreszahl:

ANNA. LABVNS.
1646.

Glasmalereien.

Der Herr Pächter Haupt zu Tressow schenkte dem Vereine folgende Glasmalereien aus dem 17. und 18. Jahrhundert:

1 Glasgemälde mit den Wappen des Adam Schotte und der Anna Wackerbarts, von einem Glaser in Wismar gekauft;

1 Glasgemälde mit dem Wappen des Adam Schepel;

1 Glasgemälde mit dem Wappen des Zacharias Hartwig 1713 und

1 Glasgemälde in gleichem Styl mit dem Wappen des Asmus Suhr,

beide aus einem Bürgerhause in Rehna;

1 Glasgemälde, einen Mann mit Frau und Kind darstellend, aus einem Bauerhause in Boienhagen;

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1 Glasgemälde mit einem Hochzeitswagen und der Unterschrift: Chrisan Warman, schon undeutlich, aus einem Bauerhause in Warnkenhagen bei Klütz.

Ein geschnitztes Medaillon

aus Perlemutter, 2 1/2" im Durchmesser, mit dem Brustbilde eines Ritters oder eines asiatischen Kriegers, gefunden zu Friedrichshöhe bei Rostock, ward geschenkt von dem Herrn Ritter auf Friedrichshöhe.

Ein Bild aus gespaltenem Stroh.

Vom J. 1719, die Kreuzigung darstellend, aus dem Besitze der Maria Francisca Therese von Kurzrock, ward geschenkt von dem Herrn Senator Demmler zu Rehna.


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II. Zur Baukunde

des Mittelalters.


1. Weltliche Bauwerke.


Der Burgwall bei Franzensberg
bei Neu=Kalen.

Auf der Hälfte des Weges zwischen Neu=Kalen und Pisede, in der franzensberger Forst, nahe an der Feldmark Gülitz, ungefähr 100 Ruthen rechts von der Chaussee von Neu=Kalen nach Pisede, liegt ein Burgwall, "Schloßberg" genannt, von bedeutendem Umfange, 420 []Ruthen groß. Obgleich die ganze Gegend sehr hoch gelegen ist und der Burgwall auf der Höhe steht, so liegt er doch mitten in einem Sumpfe. An der Nordseite liegt ein See, der "Schwarze See" genannt, welcher früher wohl den Burgwall unmittelbar bespült hat, jetzt aber von diesem durch einen Moorrand getrennt ist. Das Plateau bildet ungefähr ein längliches Viereck und ist am Rande von einem Erdwall umgeben. Um den Burgwall ist ein Wallgraben, 24' breit und 4-6' tief. Außerhalb läuft am Wallgraben ein äußerer Wall von 3-4' Höhe umher. Gegen Osten ist die einzige Auffahrt, vor welcher ein Raum festen Bodens, die Vorburg, im Moore liegt. Zu beiden Seiten dieser Auffahrt stehen Erhöhungen aus Lehmerde, welche offenbar dorthin geschafft sind. In diesen Erhöhungen befanden sich mehrere große Steine, welche zum Chausseebau ausgegraben sind. Außerdem wurden nur noch ziemlich große Holzkohlen gefunden. An der nordwestlichen Ecke, gegen den Schwarzen See hin, ist eine zweite Erhöhung (Thurmfundament?) von 6-8' hoch, durch welche der Burgwall hier eine Ausbiegung von der graden Linie er=

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halten hat. Im Burghofe, namentlich auf dem innern Walle und am Burggraben liegen große Steine umher, von denen mehrere zum Chausseebau genommen sind. Die ganze Fläche ist mit schönen, hundertjährigen Eichen besetzt.

Wir verdanken die Entdeckung und die Beschreibung dieses Burgwalles dem Herrn Burgemeister Mau zu Neu=Kalen, welcher während des Chausseebaues zu wiederholten Malen bei dem Steinbrechen gegenwärtig gewesen ist, aber bis jetzt noch nichts weiter hat entdecken können.

Aus welcher Zeit dieser Burgwall stammt, ob aus der Wendenzeit, ob aus der deutschen Ritterzeit, läßt sich bis jetzt nicht bestimmt ermitteln. Ich möchte aber glauben, daß er aus dem deutschen Mittelalter stammt, da er mit Wällen und Graben umgeben ist und sich viele große Granitblöcke (von den Fundamenten) auf demselben finden, was sich alles bei wendischen Burgwällen nicht zu finden pflegt. Es ist möglich, daß dieser Burgwall die Burgstätte der Linie von Moltke ist, welche im Anfange des 14. Jahrhunderts auf dem ganz nahen Gute Schlakendorf saß, zu welchem die jetzige franzensberger Forst damals ohne Zweifel gehörte, wenn auch zu bedenken ist, daß Gülitz näher liegt.

Der Herr Burgemeister Mau wird darnach trachten, durch Nachgrabungen über das Alter des Burgwalles Sicher heit zu gewinnen.

G. C. F. Lisch.     

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2. Kirchliche Bauwerke.


Die Kirche zu Wittenburg.

ist zwar in den Jahrb. VI, 1841, S. 80 flgd. von Ritter beschrieben, jedoch nicht mit Entschiedenheit in die Kunstgeschichte Meklenburgs eingereiht und fest bestimmt, wie denn vor 15 Jahren eine sichere kunstgeschichtliche Anschauung noch sehr wenig verbreitet war. Die Kirche ist aber für die Kunstgeschichte Meklenburgs von so großer Bedeutung, daß ich mich veranlaßt fühle, die Ergebnisse einer kurzen Untersuchung hier niederzulegen.

Die Kirche besteht aus einem Chor und einem Schiffe, und hat kein besonderes Thurmgebäude, auch nie eins gehabt. Der Chor ist oblong gestaltet, mit rechtwinklig angesetzter, grader Altarwand, und zwei Gewölbe lang, ohne Nebenbauten. Das Schiff ist drei Gewölbe lang und hat ein Mittelschiff und zwei Seitenschiffe.

Die Kirche ist, nach dem Aeußern zu urtheilen, in Einem Gusse aus Ziegeln fertig geworden. Die Außenflächen der Ringmauern von Chor und Schiff sind ganz gleichmäßig gebauet, einfach, ohne Granitsockel und Strebepfeiler. An den Ecken von Chor und Schiff laufen Lisenen empor, welche einen Rundbogenfries tragen, der gleichmäßig rund um die ganze Kirche läuft. Auch der Ostgiebel des Schiffes ist an den Rändern mit einem stehenden Rundbogenfriese und mit Nischen verziert. Der Westgiebel des Schiffes und der Ostgiebel des Chores stammen dagegen aus jüngern Zeiten und sind schlecht, wie das aus Brettern angefertigte, entstellende junge Gesimse unter dem Dache.

Die Kirche hat durch Umbauten und Brand, zuletzt im J. 1657, viel gelitten. Daher sind die meisten Fenster auf die mannigfaltigste Weise entstellt. Erhalten sind nur noch die 3 Fenster in der Altarwand und die beiden Fensterpaare in den beiden Seitenwänden des westlichen Gewölbes des Chors. Diese Fenster sind im Uebergangsstyle gebauet, sehr schmal, mit glatter Laibung schräge eingehend und leise gespitzt. Alle übrigen Fenster sind in ältern und jüngern Zeiten auf die verschiedenartigste Weise vergrößert, erweitert und verziert, so daß sich gar kein System darin erkennen läßt.

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Im Innern hat der 48' lange und 32' breite Chor, außer den Fenstern, nichts Merkwürdiges mehr. Er ist mit zwei Sterngewölben aus jüngern Zeiten bedeckt.

Das Schiff dagegen ist sehr merkwürdig. Es ist drei Gewölbe, nach Ritter 96 Fuß, lang und hat ein breites Mittelschiff von 32 Fuß Breite und zwei schmale Seitenschiffe von 16 Fuß Breite. Alle drei Schiffe haben jedoch gleiche Höhe, nach Ritter von einigen 40 Fuß; die Kirche ist also eine sehr regelmäßig angelegte, sogenannte "Hallenkirche". Die Gewölbe ruhen auf "Säulenbündeln" oder auf Pfeilern, an welche an jeder Seite eine Halbsäule vorgelegt ist. Diese Halbsäulen haben hohe, etwas unfertige Würfelkapitäler aus Ziegeln. Zwischen den Halbsäulen liegen drei Dienste, welche die Gewölberippen und die die Gewölbe an den Gurtbogen begleitenden Wulste tragen. Die auf den Würfelkapitälern ruhenden Gurtbogen zwischen dem Mittelschiffe und den Seitenschiffen, so wie in der Mitte des Schiffes sind im reinen Rundbogen construirt. Dagegen sind der Gurtbogen zwischen Chor und Schiff und der westliche Gurtbogen des Mittelschiffes im Spitzbogen construirt, also jünger. Alle Gurtbogen der schmalen Seitenschiffe sind ebenfalls spitzbogig. Alle Gewölbe des Schiffes haben einfach gegliederte Gewölberippen, die des Mittelschiffes dünnere, die der Seitenschiffe stärkere. - Unter dem Westgiebel steht eine große, mit Wülsten aus verschiedenfarbigen Ziegeln construirte, vielfach verzierte Hauptpforte, welche jedoch schon etwas baufällig ist. Es hat also an der Westseite der Kirche kein Thurmgebäude gestanden. Dagegen sind, nach Ritter, "die Gurtbogen am westlichen Gewölbe des Mittelschiffes bedeutend breiter, weil aller Wahrscheinlichkeit nach über diesem Gewölbe der fühere Thurm der Kirche stand". Der jetzige Westgiebel ist sehr breit und schmucklos. - In der Südwand der Kirche ist wahrscheinlich auch noch eine Pforte gewesen. Diese ist aber dadurch vernichtet, daß schon im Mittelalter an dieser Seite ein Queerschiff im Spitzbogenstyl an die Kirche angebauet ist.

Dies sind die Hauptkennzeichen des merkwürdigen Baus. Wenn man auch von den jüngern Veränderungen und Entstellungen absieht, so deuten doch die Lisenen und der Rundbogenfries, die Säulenbündel mit den Würfelkapitälern und die runden Gurtbogen auf den romanischen Baustyl, - die gespitzten Fenster, die grade Altarwand, die spitzbogige Hauptpforte, die Gewölberippen, vielleicht auch die gespitzten Gurtbogen der Seitenschiffe, wenn sie alt sein sollten, auf den

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Uebergangsstyl. Man muß daher die Kirche in die allerfrüheste Zeit und den Anfang des Uebergangsstyls setzen; wahrscheinlich ist sie eines der ersten, vielleicht das erste Werk des Uebergangsstyls in Meklenburg.

Die Kirche zu Wittenburg stammt ohne Zweifel aus der Zeit der Gründung der Stadt. Die Stadt Wittenburg ist aber alt, wenn die Stadt auch keine sehr alte Urkunden mehr besitzt. Es läßt sich jedoch das Alter der Stadt aus mehrern Andeutungen annähernd bestimmen. Das Land Wittenburg lag im Bisthume Ratzeburg und gehörte zuerst eine Zeit lang den Grafen von Ratzeburg; seit dem J. 1226 gehörte es aber den Grafen von Schwerin (vgl. Arndt Ratzeburg. Zehntenregister S. 5), welche es schon im Anfange des 13. Jahrh. eine kurze Zeit besessen hatten. Die Stadt Wittenburg, welche späterhin ein Hauptsitz einer Linie der Grafen von Schwerin ward, wird also schon in sehr frühen Zeiten gegründet sein. Die Stadt Wittenburg wird auch schon sehr früh genannt. Als der Kaiser Friedrich II. im Junii 1226 der Stadt Lübeck die Reichsfreiheit schenkte, verlieh er derselben auch den freien Verkehr mit Hamburg, Ratzeburg, Wittenburg, Schwerin und dem ganzen Lande Borwins und seines Sohnes (vgl. Lübecker Urkundenbuch I, S. 47); es geht hieraus unzweifelhaft hervor, daß schon damals Wittenburg eine ansehnliche und ausgebildete Stadt war, wie noch heute die Reste der Burg, der Mauern, Thore und Thürme für eine ganz achtungswerthe Ausbildung in alter Zeit reden. In dem Ratzeburger Zehntenregister, ungefähr vom J. 1230, wird die Stadt Wittenburg ("ciuitas Wittenburg") ausdrücklich genannt.

Man wird daher kein Bedenken tragen dürfen, die Kirche zu Wittenburg in den Anfang des 13. Jahrhunderts, oder gar noch in das Ende des 12. Jahrh. zu stellen, und man kann das Gründungsjahr vielleicht am sichersten in das Jahr 1200 setzen. Man braucht sich nicht zu scheuen, die Erbauung der Kirche bald nach der Vollendung des alten Theils der allerdings ältern Kirche zu Gadebusch zu setzen. Die Kirche zu Wittenburg hat mit der nahen Kirche zu Gadebusch eine auffallende Aehnlichkeit, wenn auch die alte Kirche zu Gadebusch eine ganz und rein romanische Kirche ist. Beide Kirchen sind "Hallenkirchen" mit drei gleich hohen Schiffen, beide haben Säulenbündel mit Würfelkapitälern und halbkreisförmige Gurtbogen, beide haben kein Thurmgebäude, sondern einen sehr breiten, schmucklosen Westgiebel, der an beiden Kirchen auffallend ähnlich ist. Es ist wahrscheinlich, daß beide

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Kirchen von demselben Baumeister oder derselben ratzeburger Bauschule gebauet wurden, während die Kirchen der "Länder Borwins" ohne Zweifel Baumeister aus andern Gegenden hatten. - Die Kirche zu Wittenburg ist jedenfalls ein gutes Theil jünger, als die Kirche zu Gadebusch, dagegen etwas älter als die sehr ähnlichen Kirchen zu Büchen und Plau, mit den wechselnden Säulen= und Pfeilerbündeln, und als die Marienkirche zu Parchim, welche alle wohl bald nach dem J. 1218 erbauet sind.

Außer dem sehr schön gegossenen bronzenen Taufkessel vom J. 1342, dessen Inschrift von Ritter a. a. O. S. 83 ganz richtig gelesen ist, hat die Kirche kein alterthümliches Geräth mehr.

Zu bemerken ist, daß die Kirche zu Wittenburg ganz dicht vor der Burg liegt, eine Lage, wie sie auch die Kirche zu Hagenow zu haben scheint; auch die Kirche zu Gadebusch liegt nahe vor der Burg. Von der alten wittenburger Burg, welche auf einem in einem Wiesenplane liegenden heidnischen Burgwalle stand, ist nur noch der untere Theil des alten Thorthurmes übrig. Bis gegen den Burgwall hin reicht die alte Stadtmauer, welche noch mehrere interessante Mauerthürme einschließt, von denen einige sehr hübsch und beachtenswerth sind.

G. C. F. Lisch.     

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Die Kirche zu Stück

bei Schwerin, welche gegenwärtig einer Restauration unterliegt, ist bei dieser Gelegenheit genauer zur Untersuchung gekommen und verdient in mancher Hinsicht eine genauere Beschreibung, wenn auch schon in Jahrb. VI, S. 86, einige Andeutungen gegeben sind.

Die Kirche besteht aus einem viereckigen Chor, einem oblongen Schiffe und einem viereckigen Thurmgebäude.

Der Chor ist viereckig, mit grader Altarwand, von einem Kreuzgewölbe bedeckt. Er hat im Aeußern eine gegliederte, theilweise mit glasurten Ziegeln verzierte Basis, Ecklisenen und einen einfachen Fries von einer Schicht übereck gelegter Ziegel gebildet. Die Altarwand hat ein Fenster, welches durch zwei ungewöhnlich starke Pfeiler in drei Theile geschieden ist,

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oder vielmehr sind es drei gekuppelte Fenster. Aehnlich ist das Fenster in jeder Seitenwand durch einen starken Pfeiler in zwei Theile geschieden. Diese Construction ist sehr derbe und selten. Die schmalen Fensteröffnungen sind im Uebergangsstyle construirt. Die Pforte in der Südwand ist spitzbogig und mit glasurten Steinen verziert; der Triumphbogen zwischen Chor und Schiff ist ebenfalls spitzbogig. Der Bau des Chores fällt daher in die letzte Zeit des Uebergangsstyl s. Der Bau, aus sehr großen Ziegeln, ist dauerhaft.

Das Schiff, ein Oblongum, ist im Spitzbogenstyle, ungefähr im Anfange des 15. Jahrh., ziemlich roh erbauet. Die nicht breiten Fenster sind durch einen graden Pfeiler, der in die Spitze der Wölbung der Fensternische reicht, auf nicht schöne Weise in zwei Theile getheilt, deren jeder von einem Spitzbogen gewölbt ist. Beim Ausräumen fand sich das Schiff in den Fundamenten so baufällig, daß ein Neubau der Seitenwände beschlossen werden mußte, wie denn überhaupt sehr viele Bauten des 15. Jahrhunderts sehr leicht und leichtfertig fundamentirt sind.

Für diesen zweifachen Bau zeugen auch im Chor die doppelten, geputzten, runden Schilder an den Wänden des Chors zur Aufnahme der bischöflichen Weihkreuze; es stehen nämlich im Chore immer ein größeres und ein kleineres Schild unter einander, wahrscheinlich weil die Kirche zwei Male geweihet ist.

Die innern Wände der ganzen Kirche haben früher im Rohbau gestanden. Alle Laibungen haben aber einen festen, grauweißen Kalkputz. Man sieht dies noch sehr deutlich an dem Scheidebogen zwischen Chor und Schiff. Die senkrechte Wand steht, nachdem die junge weiße Kalktünche entfernt war, im Rohbau, die Bogenlaibung ist grau geputzt; an der Stelle aber, wo die senkrechte Wand und der Bogen zusammenstoßen, das Mauerwerk also wohl nicht rein und sauber war, ist durch Bemalung mit rother Farbe nachgeholfen, um den Rohbau der Wand bis scharf an den Bogen dem Auge darzustellen. Auf den Chorwänden finden sich auch Spuren von einer Art Malerei, indem hin und wieder hellere senkrechte Linien auf den Rohbau auf getragen sind, wahrscheinlich um gewisse Felder abzugrenzen.

Der Altar ist ein geschnitzter und bemalter, einfacher Flügelaltar von mittelmäßigem Kunstwerth, jedoch nicht schlecht, und ziemlich gut erhalten. Die Rückwände der Flügel haben die alte Malerei verloren und sind in jüngern Zeiten überstrichen. Die geschnitzten Figuren der Vorderseite haben einen

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rein biblischen Inhalt. Mitteltafel und Flügel sind queer getheilt; die Mitteltafel ist der Länge nach wieder in 3 Abtheilungen getheilt. Die Mitteltafel enthält in der Mitte oben die Kreuzigung Christi und in den 4 Abtheilungen zu den Seiten: das Gebet Christi am Oelberge, die Geißelung, die Dornenkrönung und die Kreuztragung Christi. In der Mitte unten steht eine sehr gut geschnitzte Figur des H. Georg zu Roß, wie er den Lindwurm tödtet, und daneben eine Figur Christi aus einer Dornenkrönung. Beide Figuren passen nicht zusammen und zu dem Altare und sind ohne Zweifel später hineingesetzt. Der H. Georg scheint einer der besondern Schutzheiligen der Kirche gewesen zu sein, da er auch in den Glasmalereien erscheint. Die Flügel enthalten in jeder Abtheilung 3 Apostel.

Aufteilung

Die Predelle ist jung. Auf den Altar ist in jüngern Zeiten ein ungethümlicher Aufsatz mit einem nicht mehr zu erkennenden Gemälde aufgesetzt.

Einen besonderen Werth haben die noch erhaltenen 9 Glasmalereien, welche zu den besten ihrer Art im Lande gehören und in einer kleinen Dorfkirche schwerlich so gut im Lande gefunden werden dürften. - In dem Bogen über der südlichen Eingangspforte des Schiffes steht ein großer Christuskopf, ungefähr in halber Lebensgröße, nach dem Muster des sogenannten Urbildes auf dem Schweißtuche der Veronika, von kunsthistorischem Werthe. Hinter dem Altare ist eine Tafel mit dem stehenden Bilde des H. Georg von sehr guter Arbeit und eine Kreuzigung. Die übrigen Malereien befinden sich in den nördlichen Fenstern des Schiffes. In dem mittlern Fenster ist eine Tafel mit einer Kreuzigung; darüber steht eine Tafel mit zwei Heiligen: einem Bischofe mit Stab und Buch (der H. Nikolaus?), und einem Heiligen, welcher ein Crucifix in der einen Hand und ein Buch im andern Arme hält. In dem östlichen Fenster daneben steht eine Tafel mit den zwei Nothhelferinnen: der H. Katharina

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mit Schwert und Rad und der H. Barbara mit einem Deckelkelche in der Hand. Diese Glasmalereien sind alle sehr gut und stammen aus dem 15. Jahrb., vielleicht aus verschiedenen Zeiten; der Christuskopf und der H. Georg scheinen älter zu sein, da sie in kräftigern Farben gehalten sind; die übrigen Gemälde sind gleichzeitig.

Neben dem Altare liegt ein großer Leichenstein, mit dem Reliefbilde einer liegenden, betenden Frau, der Anna Hahn, Gemahlin des Jürgen Raven auf Stück und Steinfeld († 1603), welche am 21. Jan. 1573 starb. Die Inschrift in zwei Zeilen lautet:

DE. EDLE. VND. VE │ LE. DVGETSAME. AN │ NA. HANEN. JVRG │ EN. RAVEN. ELICHE. HU │ SFRVWE. IS. CESTORVEN. │ ANNO. 1573. │ DĒ. 21. JANVARII. DE. GOT. GNAD.

Dann folgen Bibelsprüche. In den 4 Ecken stehen die Wappen der Ahnen:

(Hahn.) (v. Plessen)
Bild
der
Anna
Hahn.
(v. Penz. (Sperling.)

Nach v. Gamm's Stammtafeln war Anna Hahn aus dem Hause Kuchelmiß. Sie ist als Gemahlin des Jürgen Raven aber nicht bekannt. Im J. 1564 wird eine Anna Hahn als noch nicht verheirathet genannt (vgl. Lisch Gesch. des Geschl. Hahn, II, S. 223); diese war aber eine Tochter des Wedege Hahn und hatte andere Ahnen. Eine andere Anna Hahn, eine Tochter Otto's auf Kuchelmiß, war jedoch an Matthias v. Passow auf Zehna verheirathet gewesen und vor 1582 gestorben. Die ganze Genealogie ist daher dunkel. Die Ahnen sind bisher erforscht nach folgender Darstellung, wobei zu bemerken ist, daß die daneben gestellten Ahnen des Jürgen Raven nach den v. Gammschen Stammtafeln aus denselben Familien stammen.

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Stammtafeln

In der Kirche fand sich eine sehr große, romanische Säulenbasis aus der Zeit des Rundbogenstyls, wohl noch aus der Zeit vor dem J. 1200; sie ist sehr niedrig und hat wohl als Basis eines Taufsteins gedient.

Beim Ausbrechen der sehr losen Fundamente eines Strebepfeilers an der Eingangspforte des Schiffes fand sich ein heidnischer, halbmuldenförmiger Mühlstein eingemauert, wie sich solche im Lande in sehr großer Anzahl finden. Vielleicht ist derselbe früher als Weihkessel benutzt gewesen.

Von den Glocken ist die zweite größere sehr alt. Sie hat eine Inschrift aus sehr großen, verzierten, mittelalterlichen Majuskel=Buchstaben, stammt also noch aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Leider hangen die Glocken zu hoch im Thurme, als daß sich ohne besondere Vorrichtungen die Inschrift sollte lesen lassen können. Es schien mir aber, als wenn ich an einer Stelle das Wort OSI A NN A lesen konnte.

G. C. F. Lisch.     

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Die Kirche zu Bernitt.

Eine Meile nördlich von Bützow liegt das durch seinen Obstbau und seinen Markt bekannte Dorf Bernitt, dessen Kirche ein würdiger alter Bau ist, verwandt den benachbarten Kirchen von Neuenkirchen, Satow u. s. w.

Das Material derselben besteht durchweg aus geschlagenem Granit, nur die Laibungen der Fenster und

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Pforten, die Gewölbe und Bogen im Innern, so wie die Giebel des Thurms sind in Ziegeln ausgeführt.

Der niedrige Chor bildet ein Rechteck. Er ist mit einem Gewölbe bedeckt, dessen diagonale und Scheidebogen=Rippen von unverzierten, schwachen, rechtwinklig=tutenförmigen Vorkragungen, die sehr tief angebracht sind, aufsteigen, und sammt den vier Rippen, welche die nebeneinanderliegenden Kappen trennen, von einem Kreise aufgenommen werden, welcher das Relief=Brustbild des H. Petrus enthält. Das Profil der Rippen ist durchaus rechteckig. In der Altarwand sind zwei niedrige, im Innern im Rundbogen geschlossene Fenster angebracht, und ebenso in der südlichen Wand; nördlich führt eine jetzt vermauerte Pforte in die "Garvekamer", wie hier die Sacristei noch heute gut deutsch genannt wird, eine zweite nach Süden. Der Triumphbogen ist ohne Gliederung und im Bogen des Uebergangsstyles gewölbt.

Das Schiff, welches breiter und höher als der Chor ist, zerfällt in zwei Rechtecke, die durch einen Bogen getrennt sind, der zwar nicht so weit vorspringt wie der Triumphbogen, aber viel breiter ist als dieser. Jedes Rechteck ist mit einem Gewölbe überspannt, dessen Rippen aber nicht in einem Kreise sich vereinigen, sondern einen einfachen kleinen Schlußstein haben; auch fehlen hier die Rippen, welche die nebeneinander liegenden Kappen trennen: es sind einfache Kreuzgewölbe. Jedem Gewölbe entspricht auf beiden Seiten ein Fenster, welches im Spitzbogen geschlossen und rechtwinklig durch die Mauer gebrochen ist. Auch an der Thurmwand sieht man das vermauerte Fenster des alten Westgiebels, welches aber mit einem Rundbogen geschlossen ist, während die die Pforten aufnehmenden Blenden sogar den gedrückten Bogen zeigen.

Die äußere Architektur anlangend, so hat der Chor weder ein Sockelsims, noch ein Dachsims, während ein Fries allerdings vorhanden ist, der aus Ziegeln gebildet gestürzte Treppengiebel mit Putzgrund dazwischen zeigt. Dieser Fries zieht sich auch quer über den östlichen Giebel hinüber, welcher eigenthümlich ornamentirt ist. Während nämlich dieser Fries die Basis des Giebeldreiecks bildet und ein Paar Deckschichten gleich weit mit ihm an den Schenkeln desselben vorspringen, zieht sich an diese sich schließend der gewöhnliche Rundbogenfries (mit dem verlängerten einen Schenkel) bloß in flach aufgetragenem Putz dargestellt bis zur Spitze hinauf, eine Eigenthümlichkeit, welche sonst im Lande noch nicht bemerkt ist. Beide Bogenreihen vebindet

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etwa in der Mitte des Giebels ein ebenfalls geputztes Band, welches einem ausgesparten Krückenkreuze als Basis dient, während wiederum eine geputzte Scheibe den Raum zwischen dem Queerbande und der Basis des Giebeldreiecks einnimmt. Die beiden Fenster dieser Wand sind im äußern Bogen der Laibung nicht wie im Innern im Rundbogen gewölbt, sondern zeigen den Bogen des Uebergangsstyls; ebenso die Fensteröffnungen der südlichen Wand und die in einem in Ziegeln ausgeführten, treppenförmig abgeschlossenen Vorsprunge angebrachte Pforte, deren Laibung durch mehrere einfach rechts eckige Absätze gegliedert ist, welche einen Viertelstab als Fußgesims und einen birnenförmigen Stab als Kämpfer haben.

Der westliche Theil des Schiffes springt etwas weiter vor als der an den Chor stoßende, ohne Zweifel weil man die Mauern nicht für stark genug hielt. Die Pforten des Schiffes sind ebenfalls in Vorsprüngen gleicher Art wie der am Chore angebracht. Die südliche Pforte ist in ihrer Laibung mit Ziemlich reicher Gliederung durch Hohlkehlen und Rundstabbündel ornamentirt; ein Kämpfer findet sich nicht, der aber an der nördlichen Pforte da ist und die Vermittelung zwischen den Gliedern der Wangen und den schwereren des Bogens bildet. Der Bogen der westlichen Pforte besteht aus vier rechtwinkligen schlichten Absätzen; die beiden gleichgeformten Glieder der Wangenlaibung gehen unmittelbar in jene über, während die Vermittelung der beiden Viertelsäulen der letzteren mit ihnen durch ein Kapital hergestellt ist, was von sehr guter Wirkung ist. Die Fenster sind, wie oben angegeben, im Spitzbogen gewölbt und haben keine Gliederung. Sie sind oder waren vielmehr durch einen ebenfalls ungegliederten Pfosten in zwei Compartimente zerlegt, deren spitzbogige Schlüsse einen Zwickel zwischen sich ließen, welcher durch ein wahrscheinlich blindes Rundfenster ausgefüllt wurde. Das Fenster an der westlichen Wand erscheint aber nicht so an der Außenseite, sondern wie zwei schmale Fenster neben einander und ohne Rose dazwischen: die alten Meister wußten sehr wohl, wie sehr man auf den feindlichen Einfluß des Wetters zu achten habe.

Der Thurm ist ein Bauwerk späteren Datums, wahrscheinlich wohl, wie die meisten Thürme der Landkirchen, im 15. Jahrhundert vorgelegt. Uebrigens sind die Giebel ungewöhnlich reich und mit Aufwand, wenn auch nicht durchaus angemessen, mit Blenden geschmückt.

Von Wandmalerei habe ich nichts auffinden können, doch glaube ich in Bezug auf die alte Decoration mit Sicherheit behaupten zu können, daß mit Ausnahme der Gewölbekappen

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und der Thür= und Fenster=Bogenflächen alle Ziegel klar vorlagen, während das aus Granit bestehende Mauerwerk abgeputzt war; ob der Putz außerdem noch bemalt war, weiß ich freilich nicht.

An altem Mobiliar findet sich noch ein geschnitzter Flügelaltar, der ziemlich wohl erhalten ist und der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts angehören dürfte. Die beiden Flügel enthalten jeder in zwei Reihen sechs Heilige, also in Summa wohl die zwölf Apostel, während die Mitteltafel von den Standbildern der HH. Erasmus, Maria, Katharina und Georg, welches die Patronen der Kirche sein mögen, eingenommen wird. Die Rückseite der Flügel enthält jede zwei mäßig erhaltene Temperabilder mit heiligen Darstellungen.

Im Thurme findet sich noch ein altes Becken aus Granit mit einem glockenförmigen Fuß.

Glocken sind drei vorhanden. Die eine der beiden größeren hat die gewöhnliche Inschrift:

Inschrift

und in Conturen die Darstellungen der H. Jungfrau und der H. Katharina. Die andere hat am oberen Rande bloß die Buchstaben A O. Auf der dritten, der kleinsten, steht ebenfalls wieder:

Inschrift

und das Gießerzeichen.

C. D. W.     

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Die Kirche zu Passee.

Die frühgothischen Baudenkmäler sind bei uns selten, und daher ist die Kirche zu Passee bei Neu=Buckow, so ruinos und schlicht sie auch ist, doch immer von Interesse. Der Chor ist rechteckig geschlossen; die östliche Wand hat ein dreipfostiges Fenster, ebenso die Seitenwände, während das mit zwei Gewölben überdeckte breitere Schiff an jeder Seite zwei Fenster hat. Alle sind sie gleich gebildet: die Laibung ist um einen Stein eingetieft und schräge und glatt. Die sehr einfachen Pfosten sind vielleicht erst aus später Zeit, doch läßt sich dies sehr schwer feststellen. An der südlichen Wand des Chores ist eine gut gebildete, mit Stabwerk ornamentirte Pforte und ebenso an der des Schiffes, deren Stabwerk mit Blättern verzierte Capitäle hat. Das Dachgesims scheint einfach durch Ueberkragung der drei letzten Schichten gebildet gewesen zu sein. Die Giebelschräge des östlichen Schiffgiebels war von Blenden

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begleitet. Besonders die Aufmerksamkeit anziehend ist die westliche Giebelwand des Schiffs, welche frei liegt, da kein Thurm vorhanden ist. Die Pforte in derselben ist einfach durch rechteckige Auskragung gebildet. Darüber ist die Anordnung aber die, daß in der Mitte eine weite Blende ausgespart ist, welche mitten inne ein großes Rundfenster enthielt und zu beiden Seiten ein Paar schmale Blenden hat. Da die Spuren des Rundfensters im Innern ebenfalls sichtbar sind, so wird es auch offen gewesen sein, und spricht dasselbe neben der gadebuscher Fensterrose sehr deutlich dafür, daß man bei uns die westliche Erleuchtung der Kirchen sehr wohl kannte und zu schätzen wußte, und daß die luxuriösen Orgelbauten an jener Seite erst eine unglückliche Erfindung der neueren Zeit sind. In den größeren Kirchen, wo zwei Orgelwerke waren, war das größere immer seitlich angebracht, das kleinere in der Thurmseite. Ausnahmen finden sich natürlich auch hier, sind aber nur aus besonderen Umständen zu erklären, oder originiren aus späterer Zeit.

C. D. W.     

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Die Kirche zu Kröpelin.

Wie die meisten Pfarrkirchen aus der Zeit des Uebergangs= und des frühgothischen Styles besteht die Kirche zu Kröpelin aus einem rechteckigen Chor und einem breiteren und höheren Langhause. Diesem ist ein Thurm vorgelegt.

Der Chor ist in seinem unteren Theile von Granit erbaut. Er zerfällt in zwei Gewölbe, welche durch einen starken Gurtbogen getrennt werden. Die Dienste sind säulenartig gebildet und haben einen zierlichen Fuß und ein sauber gebildetes Kapitäl. Die Rippen kreuzüber haben ein rechtwinkliges Profil und laufen in einem Kreise zusammen, während diejenigen, welche die Schildbogen einfassen, stabförmig sind. In der Altarwand befindet sich ein weites, zweipfostiges Fenster und beiderseits unter jedem Gewölbe ein einpfostiges, d. h. es sind die drei Fenster der Altarwand und die vier Fensterpaare der Seitenwände, wie man sie in der rechten Uebergangsperiode anzuordnen pflegte, hier von je einem Bogen zusammengefaßt und die dadurch entstehenden Zwickel durch ein Rundfenster ausgefüllt. Die Laibung der Fenster ist schräge eingehend und durch einen starken Rundstab eingefaßt. Das Pfostenwerk ist einfach, aber sehr fein gegliedert, wie besonders klar das west=

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liche Fenster auf der Südseite, welches durch einen späteren Anbau fast verdeckt wird, erkennen läßt.

Der Triumphbogen ist kräftig und mit einem Rundstabe umspannt.

Das Langhaus hat drei Gewölbe, mithin an jeder Seite drei Fenster; von Norden und Süden führen je eine Thür hinein. Die Dienste werden hier von zierlichen Rundstabbündeln gebildet und ihre Kapitäle sind von polyedrischer Grundform und ohne Laubwerk, die Rippen feiner detaillirt und die Gurte den Rippen durchaus gleich gebildet; auch findet keine Vereinigung zu einem Kreise statt und sind die Gewölbe einfach Kreuzgewölbe. Die Fenster sind rechtwinklig durchgebrochen und die Ecken abgerundet; sie sind hoch, weit, zweipfostig und anscheinend mit dem Spitzbogen des gleichseitigen Dreiecks geschlossen.

Die äußere Altarwand ist auffallend ungefällig, indem die Mauermasse gegen das Fenster außerordentlich überwiegt. An dem Giebeldreieck steigen von den Ecklisenen Rundbogen hinauf, deren Schenkel auf kleinen Kragsteinen ruhen. Die Mitte des Giebels nimmt eine kreisrunde Blende ein. Das wohlgebildete Dachgesims der Seiten des Chores ist mit einem Fries gestürzter Treppengiebel geschmückt, die Spitze der letzteren aber ausnahmsweise consolenartig behandelt. Die Gliederung der Fenster ist wie im Innern. An der Südseite befindet sich eine mit reichem Ornament (theilweise sehr frei stehend) versehene schöne Pforte von vortrefflicher Arbeit, welche selbst vor den Augen der Tüncher Beifall gefunden haben muß, da sie, obschon im Innern des Leichhauses gelegen, nicht übergeschmiert ist.

Die Pfeiler des Schiffes sind schichtweise auf den Ecken mit glasierten Steinen geschmückt, ebenso die Fenster in ihrer Einfassung. Die Gliederung der Fensterlaibungen besteht aus Stabwerk. Die Pfosten, ebenfalls in einem Rundstabe bestehend, hatten Kapitäle, über denen das Profil dann gewechselt zu haben scheint, wenigstens ist es so in dem besterhaltenen, dem östlichen Fenster der Nordseite. Die südliche Pforte hat eine sehr reich detaillirte, trefflich gearbeitete Schmiege, während die der nördlichen Pforte viel einfacher gehalten ist und einen älteren Charakter trägt. Das steinerne Kämpfergesims der Südpforte ist leider beinahe ganz zerstört.

Der obenerwähnte kleine Anbau vor der südlichen Chorpforte hat einen vortrefflichen Giebel ganz in der Weise der rostocker Profanbauten. Er wird aus dem 15. Jahrhundert stammen und ebenso der Thurm, der einfach, aber recht gut

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mit Luken und Blenden geschmückt ist. Uebrigens hat derselbe ein Walmdach ohne Dachreiter, was die ganze Kirche etwas unansehnlich macht.

Das vorige Jahrhundert hat die Kirche zu einer neuen Möblierung verholfen und das 19. will darin fortfahren; möchte es bessere Rathgeber haben als diejenigen, welche den Orgelprospekt und die Orgelbühne angegeben haben. Vor dem Altare liegt noch ein alter Leichenstein mit dem Bilde eines Priesters, und in der Sacristei steht eine bronzene Fünte von tüchtiger Arbeit, welche im Jahre 1508 von Andreas Riwen gegossen ist; mehr gestattete die Finsterniß in der Sacristei nicht von der Inschrift auf derselben herauszubringen.

C. D. W.     

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Die Kirche zu Bentwisch.

Die Kirche zu Bentwisch bei Rostock ist eine von Ziegeln anfgebauete Kirche im alten Spitzbogenstyle. Der Chor, welcher einen dreiseitigen Abschluß hat, ist in diesem Abschluß und in dem nächsten noch zum Chore gehörenden Raume gewölbt; die Dienste, auf welchen die Gewölberippen stehen, sind einfache, runde Halbsäulen, also im Halbkreisprofil, ohne begleitende Gliederungen. Das etwas breitere Schiff von zwei Gewölben Länge ist nicht gewölbt, hat aber die Ansätze zur Einsetzung der Gewölbekappen. Das Schiff hat viertheilige, die Seitenwände des Chores haben zweitheilige Fenster, die Wand hinter dem Altare hat ein dreitheiliges Fenster. Das Schiff hat an jeder Seite eine gute, mit flachen Lilien ans Ziegeln, ohne Profilirung, eingefaßte Spitzbogenpforte. Die große Pforte im Westgiebel ist sehr gut construirt und profilirt. Der Westgiebel, die Strebepfeiler und die Fensternischen sind in frühern Zeiten mit Kalk übertüncht und haben deshalb in den neuesten Zeiten wieder übertüncht werden müssen.

Die Kirche stammt nach dem Baustyle aus der Mitte des 14. Jahrhunderts, mag aber im Chorbau etwas älter sein.

Die Kirche ist in neuern Zeiten restaurirt und hat, außer dem Altare, keine alte Kunstwerke mehr.

Der Altar ist aber von großer Bedeutung. Der Altar ist nämlich ein großer Flügelaltar mit zwei Flügeln von ungewöhnlich großer Ausdehnung, und vielleicht der größte mittelalterliche Altar von allen Altären in den Dorfkirchen des ganzen Landes. Die Arbeit ist vortrefflich, der Styl in

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Construction, Figuren und Baldachinen ausgezeichnet und noch ziemlich ernst, wahrscheinlich aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts stammend. Leider ist der Altar vor ungefähr 6 Jahren in Rostock restaurirt und die Restauration zwar in der Vergoldung ziemlich gut ausgeführt, aber in den Attributen der Heiligen oft verfehlt, so daß sich der innere kirchliche Zusammenhang der Darstellung nicht ganz mehr erkennen läßt. Die vordere Ansicht besteht aus Schnitzwerk mit hohen, schönen Figuren unter Baldachinen. Die Mitteltafel enthält in der Mitte die Kreuzigung Christi und an jeder Seite vier Heilige in zwei Abtheilungen über einander, also an jeder Seite zwei über einander. Oben stehen an jeder Seite zwei weibliche Heilige mit einer Krone auf dem Haupte; die eine zur äußersten Rechten hat ein braunes Thier, wie einen Löwen, auf dem Arme, eine andere zur äußersten Linken hat ein Lamm auf dem Arme (die H. Agnes ?); die andern beiden haben jetzt dasselbe Attribut, ein bei der Restauration vom Drechsler gedrehtes Ding, wie eine Spindel, in der Hand, lassen sich also nicht erkennen; vielleicht sollen es zwei Nothhelferinnen, etwa die H. Catharine und die H. Margarethe sein. Unten stehen zur Rechten zwei weibliche Heilige mit Schleier, die eine mit einem Teller mit Fischen und die andere mit einem Kreuze in der Hand, vielleicht Maria und Maria Magdalene; zur Linken stehen zwei männliche Heilige. In den Flügeln stehen in zwei Reihen über einander die 12 Apostel und an jedem Ende in jeder Reihe ein heiliger Bischof, also im Ganzen 4 Bischöfe mit einer Bischofsmütze auf dem Haupte und einem Bischofsstabe in der Hand; der eine oben zur Rechten hat außerdem eine Bischofsmütze auf dem linken Arme (der H. Achatius ?). Es ist klar, daß sich der innere Zusammenhang der Darstellung durchaus nicht mehr mit Sicherheit erkennen läßt; jedoch ist doch die Absicht der Darstellung im Allgemeinen klar.

Die Rückseiten, welche früher ohne Zweifel mit Gemälden geschmückt waren, sind bei der Restauration mit brauner Oelfarbe überstrichen, ohne Zweifel weil sie sich ohne bedeutende Kosten nicht restauriren ließen.

G. C. F. Lisch.     

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Die Kirche zu Volkenshagen.

Die Kirche zu Volkenshagen bei Rostock ist, wie die nahe Kirche zu Bentwisch, im alten Spitzbogenstyle des 14.

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Jahrhunderts erbauet. Sie bildet ein Oblongum von 4 Gewölben Länge, mit grader Altarwand, und ist im Innern gewölbt. Die Mauern sind von Feldsteinen aufgeführt; die Fenster und Pforten haben Einfassungen von Ziegeln. Die Kirche besteht aus zwei gleich großen Theilen, welche zu verschiedenen Zeiten erbauet sind und von denen die östliche Hälfte den Chor, die westliche Hälfte das Schiff bildet; das Schiff ist an jeder Seite um etwa 1 Fuß breiter, als der Chor. Der Chor hat keine Strebepfeiler und hat Einfassungen von rothen Ziegeln. Das Schiff hat Strebepfeiler und Fenstereinfassungen von gelblichen Ziegeln. Pforten und Fenster sind gut construirt, jedoch nicht besonders kunstreich; die kleine Pforte in dem Chor unter der Vorhalle ist sehr gut profilirt.

Zwischen Chor und Schiff steht im Triumphbogen auf einem Queerbalken ein Crucifix, mit Maria und Johannes zur Seite, von ziemlich guter Arbeit.

Der Schlußstein des Gewölbes über dem Crucifix trägt noch ein altes, aus Eichenholz geschnitztes, rundes Gewölbeschild, aus dem 14. Jahrhundert, mit Weinlaub, in dem Styl der doberaner Arbeiten.

Altar und Kanzel sind im Rococostyl aus den letzten Jahren des 17. Jahrhunderts und ohne Werth; die Kanzel trägt die Jahreszahl 1696.

Beachtenswerth ist die große Glocke vom J. 1584, da dieselbe noch plattdeutsche gereimte Inschriften trägt.

Oben an dem Helme steht:

     oben in einer Zeile:
H. DAVID. WOLTER. BIN. ICK. GENANT.
EIN. DIENER. GADES. BIN. ICK. DAT. BIN ICK.
WOL. BEKANT.

     darunter in einer Zeile:
JACOB. DVVEL. HANS. SAGER. CLAS. KALL.
ANDREAS. HALLEER.
DAT. SIN. DIE. KARKSWAGERE. VERE.

     darunter in einer Zeile:
(Gießerzeichen.) M. (Gießerzeichen.) HARMEN. HOGEHVS. 1584.

Unten um die Mündung steht in einer Zeilen

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WIR. DANCKEN. GODT. VON. HARTENGRVNT.
VND. LAVEN. EN. MIT. VNSER. MVNT.
NICHT. ALLEIN. MIT. PREDIGEN. VND. GESANGE.
BESVNDEREN. AVCH. MIT. LVDEN. VND. KLOCKENKLANGE.

David Wolter ist der Prediger zu Volkenshagen im J. 1584 und daher steht H d. i. HER , vor seinem Namen. David Wolter war schon 1574 Prediger zu Volkenshagen; er ward 1625 emeritirt und erhielt seinen Sohn, auch David Wolter genannt, zum Nachfolger. Die 4 folgenden Personen sind die "Kirchschwornen" oder Juraten, wie sie jetzt genannt werden; die Inschrift hat wohl nur aus Versehen die Form KARKSWAGERE (Kirchschwäger), statt KARKSWARENE (Kirchschworne); es ist wohl nicht anzunehmen, daß man aus Liebe zum Gleichklange: karckswagere, auf hans sager reimend, absichtlich gewählt haben sollte. Die Familie Hallier existirt noch in der Gemeinde, wie Grabinschriften auf dem Kirchhofe bezeugen. Auch die Familie Düwel soll noch existiren. Auch im J. 1574 bei der Visitation waren Jacob Düvel, Hans Kroge und Carsten Haller Kirchen="Vorstender" zu Volkenshagen. Hermann Hogehus ist der Name des Gießers; deshalb steht vor seinem Namen zwischen zwei Gießerzeichen oder Hausmarken der Buchstabe M d. i. MEISTER . Der Name Hogehot (Hochhut) kommt in alten Zeiten in Rostock und Sülz öfter vor; ob Hogehus (Hochhaus) der Name Hogehot sein soll, ist schwer zu bestimmen.

G. C. F. Lisch.     

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Die Kirche zu Slate.

Die Kirche zu Slate bei Parchim ist ein um den Anfang des 15. Jahrhunderts aus Ziegeln erbauetes Oblongum mit dreiseitigem Chorschluß. Der Chorschluß und der erste Gewölberaum neben demselben sind gewölbt; der übrige Raum der Kirche von zwei Gewölben Länge, das Schiff, ist mit Balken und Brettern überdeckt. Die Fenster sind weit und kurz und nach der ursprünglichen Anlage durch zwei mit Ziegelkapitälern gekrönte Stäbe, welche drei Spitzbogen tragen, in drei Theile getheilt gewesen. Alle Fenster sind aber im Laufe der neuern Jahrhunderte auf die verschiedenartigste und willkürlichste Weise verbauet; nur das Fenster hinter dem

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Altare, welches aber halb zugemauert ist, hat noch Reste der ursprünglichen Bauweise und muß zur Norm für die übrigen Fenster dienen. Die ganze Kirche ist sowohl im Mauerwerk, als im Gestühle und sonst sehr verfallen.

Der Altar ist ein ziemlich gutes, aber sehr verfallenes Schnitzwerk aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrh., von kleinen Maaßen, den kleinen Verhältnissen der Kirche angemessen. Der Altar hat an jeder Seite zwei Flügel. Die Vorderseite ist mit vergoldetem Schnitzwerk, die Flügel sind mit Malereien verziert.

In der Vorderseite steht in Holzschnitzwerk:

in der Mitte: die Jungfrau Maria, mit dem Christkinde auf dem Arme, in einer Glorie;

zur Rechten: die Anbetung der Heil. Drei Könige;

zur Linken: die Darstellung Christi im Tempel (purificatio Mariae).

Auf der Rückseite stehen in Malerei auf den ersten Flügeln die Verkündigung Maria (anuunciatio Mariae), und zwar:

zur Linken die Jungfrau Maria, mit einem Spruchbande: Ecce ancilla domini, fiat michi etc.;

zur Rechten der dazu gehörende Engel mit einem Spruchbande: Ave Maria.

Die zweiten Flügel enthalten:

zur Linken: den Täufer Johannes,

zur Rechten: die H. Katharine.

Die Rückseiten der zweiten Flügel sind nicht bemalt. Die Malereien sind gut gemalt und ziemlich gut erhalten. Von dem Schnitzwerke sind Vergoldung und Farben häufig abgefallen.

Von der Predelle ist die Malerei ganz abgefallen.

Um den Altar über die Verhältnisse der Kirche hinaus zu verbreitern, hat man ungefähr im 17. Jahrhundert an jede Seite der alten Flügel einen neuen breiten Flügel aus rohem Eichenholze, ohne alle Malerei und sonstige künstlerische Verzierung, angesetzt; diese Flügel sind als große Geschmacksverirrung jedenfalls zu entfernen.

Die Kanzel ist aus rohem Eichenholz aus dem Ende des 16. Jahrh. und für eine Landkirche nicht schlecht. Sie ist größtentheils mit Bibelsprüchen verziert; jedoch finden sich auch zwei Inschriften mit Nachrichten über die Erbauung der Kanzel:

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ANNO 594 DIE 4 MART. INSTINCTV M. ANTONII BOC. SVPERINT.

und darunter:

SIMON MVCHO PASTOR HVIVS ECCLIÆ HOC SVGGESTVM FIERI CVRAVIT.

daneben:

IOACHIM SCHVLTE DER KRÜGER . PALM DREWES DIACONI. FRIEDERICH BARTELS AEDITVVS.

Die große, hölzerne Taufe mit einem großen Deckel ist als baufällig und veraltet zurückgesetzt; sie hat keinen besondern Werth, da sie aus neuern Zeiten stammt, jedoch ist sie mit einem Relief aus gebranntem Thon, die Kreuzigung darstellend, verziert.

Die Hauptpforte hat einen alten, eisernen Beschlag, dessen Hespen an den Enden in große, geschmackvoll gezeichnete Lilien auslaufen; dieser Beschlag stammt ohne Zweifel aus der Zeit der Erbauung der Kirche. Auch der eiserne Griff ist alt und gut gearbeitet.

In den Fenstern sitzen viele Schilde mit Glasmalerei aus dem 17. und 18. Jahrhundert.

Das Thurmgebäude, aus Feldsteinen mit Ecken aus gebrannten Ziegeln, ist ziemlich gut erhalten.

Die Glocken haben keine Inschriften.

G. C. F. Lisch.     

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Die Glocken der Kirche zu Woserin.

Auf dem Thurme der im Uebergangsstyle einfach erbaueten Kirche zu Woserin bei Sternberg hangen drei Glocken, von denen die größte seit langer Zeit gesprungen ist, und eben jetzt umgegossen werden soll, weshalb ich einen Besuch bei meinem Schwager, dem Pastor Hartmann daselbst, benutzte, um dieselbe zu besehen, und die mir als sehr merkwürdig bezeichnete Inschrift zu copiren. Meine Erwartung ward jedoch in Betreff dieser Glocke durchaus getäuscht, denn die Inschrift enthält in der gewöhnlichen gothischen Mi=

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nuskel des 15. Jahrhunderts nichts anders als den sehr häufig vorkommenden Glockenspruch:

Inschrift

Dieselbe Inschrift findet sich z. B. ohne Datum, aber in den gothischen Unzialen der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts, auf den Glocken zu Lewetzow von 1304 1 ), zu Camin bei Wittenburg 2 ) und zu Satow 3 ); ferner so wie hier in der jüngern Minuskel auf den Glocken zu Russow von 1404 4 ), zu Brüel von 1457 5 ) zu Alt=Gaarz von 1460 und 1480 6 ), zu Alt=Kalen von 1490 7 ), zu Jördenstorf von 1497 8 ) und zu Dargun ohne Jahreszahl 9 ). Unter der Inschrift findet sich die Hausmarke des Glockengießers, ein Kreuz mit zwei Streben am Fuße.

Wichtiger sind die beiden kleineren Glocken, deren Inschrift noch kürzlich von einem gebornen Woseriner, welcher seit vielen Jahren in Petersburg ansässig ist, für russisch erklärt ward und auf den ersten Anblick von dem, der die russische Schrift nicht genauer kennt, in der That leicht dafür gehalten werden kann. Beide Inschriften stehen nämlich verkehrt; im Spiegel gelesen enthält aber die auf der größern dieser beiden Glocken in den gothischen Unzialen der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts den lateinischen Spruch:

Inschrift

(= Tibi sit gloria laus et honor.)
(= Dir sei Preis, Lob und Ehre.)

die auf der kleinsten Glocke dagegen in derselben Schrift den Spruch:

Inschrift

(= Rex Christe redemptor.)
(= König Christus, Erlöser!)


1) Vgl. Jahrb. XII, S. 490.
2) Vgl. Jahresber. II, S. 120.
3) Vgl. Jahrb. X, S. 310.
4) Vgl. Jahrb. X, S. 314.
5) Vgl. Jahresber. VII, S. 78.
6) Vgl. Jahrb. X, S. 312- 313.
7) Vgl. Jahrb. XII, S. 461.
8) Vgl. Jahrb. XII, S. 465.
9) Vgl. Jahrb. XII, S. 471.
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Aehnliche Inschriften sind bisher, gleichfalls ohne Jahreszahl, aber mit denselben Schriftzügen, auf den Glocken zu Neuburg bei Wismar 1 ) und Reinshagen bei Güstrow 2 ) beobachtet, welche beide denselben Spruch enthalten (Consolor viva. Fleo mortua. Pello nociva). Auch auf diesen kleinern woseriner Glocken findet sich die Hausmarke des Gießers, jedoch nicht erhaben, wie auf jener größern, sondern mit einem Stempel eingeschlagen. Die Figur ist nicht ganz klar; jedoch sieht man deutlich im doppelten Kreise unten ein Kreuz und darüber einen Queerbalken oder Halbkreis, vielleicht Abguß von Bracteaten, wie in der Kirche zu Rosin? (vgl. Jahrb. XII, S. 478).

Das Visitations=Protocoll von 1541 enthält unter dem Namen Woserin nur die Bemerkung: "Der Pastor ist dreymal vorbotschaft, aber allewege aussen geblieben". Es fand daher keine Visitation daselbst statt.

Das Protocoll von 1653 dagegen enthält ein Inventarium über die Kirche daselbst, worin es heißt: "Im Thurm sind 3 Glocken, und über dem Chor eine Betglocke".

W. G. Beyer.     

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Die kleine Glocke der Kirche zu Klinken.

Die kleine Glocke in der Kirche zu Klinken hat um den Helm folgende Inschrift in gothischer Minuskelschrift:

Inschrift

Die Wörter tu und in sind mit dem voraufgehenden und dem folgenden Worte verbunden. Diese Inschrift kommt zwar häufig vor; bei der Glocke zu Klinken ist es aber merkwürdig, daß die Inschrift verkehrt gegossen, also recht modellirt ist. Auf Glocken mit Majuskelschrift, also vor der Mitte des 14. Jahrhunderts, ist dies nicht sehr selten; bei Glocken mit Minuskelschrift dürfte dies aber sehr selten vorkommen. Statt


1) Vgl. Jahresber. VII, S. 73-74.
2) Vgl. Jahresber. X, S. 311.
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der Punkte sind große und kleine Bracteaten mit gestrahltem Rande mit dem Löwen der Stadt Lüneburg in die Form gedrückt. Nach allen diesen Zeichen dürfte die Glocke in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts in Lüneburg gegossen sein.

G. C. F. Lisch.     

 


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III. Zur Münzkunde


1. Vorchristliche Zeit.


Römische Münzen.

Die Thatsache, daß nach Meklenburg die Münzen der Römer Wege gefunden haben, ist bereits durch eine nicht mehr unbeträchtliche Anzahl der in den verschiedensten Gegenden zu Tage gekommenen Stücke festgestellt, und es wird nun bald möglich sein, den bestandenen Verkehr durch die verschiedenen Zeiten hindurch zu verfolgen. In dieser Hinsicht hat die Bekanntmachung jedes einzelnen Fundes seine Bedeutung, wenn er auch grade keine numismatische Seltenheit bietet.

Bei Rehna, auf dem Töpferacker, ist vor kurzem ein silberner Denar des Kaisers Lucius Aurelius Verus (161-180 n. Chr.), in einer nicht grade unbekannten Form (S. Molan. Boehm. I, S. 118. 3) und sehr gut erhalten, gefunden worden, 17 Millimeter groß, 3/16 Loth schwer.

HS.  Der links gekehrte bloße Kopf des Kaisers.
          IMP L AVREL VERVS AVG.

RS.  Eine rechts gewendete stehende weibliche Figur, in der ausgestreckten rechten Hand eine Kugel, in dem linken Arme ein Füllhorn haltend.
          PROV DEOR TR P COS II.

G. M. C. Masch.     


Der Herr Dr. Hüen zu Marlow schenkte dem Verein eine römische Bronze=Münze, welche vor vielen Jahren zu Blengow bei Neu=Buckow gefunden ist. Die Münze ist eine Münze des Kaisers Domitian (81-96 n. Chr.); von

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der Umschrift ist auf der Vorderseite um den Kopf des Kaisers noch zu erkennen:

— —[O]MIT AVG G . . . . . . . XV C . . S —

auf der Rückseite neben einer stehenden weiblichen Figur:

S — C.

G. C. F. Lisch.     

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2. Mittelalter.


Ueber einen alten meklenburgischen Bracteaten.

Im Mai 1840 wurden zu Dalie in Hedemarken in Norwegen gegen 5000 Münzen, meist aus dem 12. Jahrh., gefunden, welche im Anfange des 13. Jahrh. (nicht später als 1220) vergraben sein müssen. Diese Münzen beschreibt der Professor C. A. Holmboe zu Christiania in seiner Schrift: De prisca re monetaria Norwegiae, Christianiae, MDCCCLIV, in einer zweiten Auflage, nachdem er dieselben schon früher in einem Universitäts=Programme bekannt gemacht hatte. In diesem Funde befinden sich auch zwei Bracteaten desselben Gepräges, welche Holmboe für meklenburgische hält; er hat sie a. a. O. p. 47, Nr. 7, beschrieben und auf Tab. IV, Nr. 193, abgebildet:

Ueber einem Mauerbogen, in welchem ein Stierkopf, steht ein Heiligen=Brustbild, in der rechten Hand einen Bischofsstab, in der linken einen Kreuzstab haltend.

("7. Pone murum cum porta protome, d. pedum episc. (?), sinistra scipionem crucig.; in porta caput bovis; p. h. 14 1/2 ass. 2 expll."
          Megalopolitanus esse videtur.")

G. C. F. Lisch.     


Der Herr F. W. Kretschmer, Custos des königlichen Münz=Cabinets zu Berlin, schenkte dem Vereine meisterhafte Zeichnungen von 4 seltenen meklenburgischen Bracteaten aus dem 13. und 14. Jahrhundert.


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Der Herr F. W. Kretschmer zu Berlin schenkte dem Vereine saubere Zeichnungen von 5 seltenen Münzen aus dem 15. Jahrhundert aus einem zu Cladow bei Landsberg a. d. W. gemachten Münzfunde.

 

3. Neuere Zeit.


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Münzfund von Basedow.
1856.

Auf der Feldmark von Basedow bei Malchin ward im J. 1856 ein Münzfund gemacht, der folgende Münzen enthielt:

Thaler 37 Stück
I Marck Danske des Königs Christian IV. 34 "
VIII Danske Skilling desselben 50 "
Norddeutsche Dütchen verschiedener Art 44 "
Norddeutsche Groschen, Schillinge und Sechslinge verschiedener Art 181 "
---- -------
346 Stück.

Diese Münzen sind während des dreißigjährigen Krieges vergraben worden; die jüngsten Münzen des Fundes sind nämlich ein rostocker Thaler und ein meklenburgischer Groschen vom J. 1632. Mit Ausnahme mehrerer Thaler sind alle diese Münzen sehr bekannt und kommen sehr häufig vor, so daß sie keinen numismatischen Werth haben. Der Herr Graf Hahn auf Schloß Basedow hat die seltenern Münzen dieses Fundes, nämlich 8 Thaler und 14 kleinere Münzen, den Sammlungen des Vereins überwiesen; unter den seltenern Thalern befinden sich z. B. 1 siebenbürgischer Thaler von 1590, 1 lübecker Thaler von 1597, 1 hildesheimischer Stadt=Thaler von 1627, 1 braunschweigischer Stadt=Thaler von 1630 u. a.

G. C. F. Lisch.     

 

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