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X.

Kritische Bemerkungen

zur Geschichte der Buchdruckerkunst

in Meklenburg,

vom Auditor Dr. Möhlmann zu Stade.


Erster Beitrag


D as außerordentliche Interesse, welches ich an der im vierten Theile der Jahrbücher enthaltenen, so sehr gelungenen Geschichte der Buchdruckerkunst in Meklenburg von dem Archivar Lisch genommen habe, glaube ich am besten dadurch zu bethätigen, daß ich die gemachten Bemerkungen, wie sich mir dieselben aufdrängten, dem geehrten Vereine rücksichtslos mittheile, überzeugt, daß dieselben die Forschungen Anderer anregen werden und die Sache selbst dadurch nur gewinnen kann, etwanigen Berichtigungen mit Vergnügen entgegen sehend.

1. Druckerei von Hermann Barkhusen.

Das Vaterland Barkhusens, obgleich (Bd. IV., S. 71, in d. Anmerk.) ein Zweifel dagegen ausgesprochen wird, scheint unbedingt die paderbornische (dem Range nach die zweite) Stadt Warburg, früher auch Wartburg und Wertburg genannt, zu sein, da er sich selbst Hermannum Barchusen alias Petri de Wertborgh Paderbornensis diocesis nennt und ein anderer Ort dieses Namens im Umfange des Paderbornischen Kirchensprengels nicht existirt.

Hinsichtlich seines Namens scheint mir eben so wenig ein gegründeter Zweifel obwalten zu können, da das alias Petri offenbar nichts anders als den Vornamen seines Vaters, also:

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anders genannt Peter's (Sohn) andeuten kann. - Indessen wird S. 69 Hermann von Emden für identisch mit demselben gehalten, wie daraus geschlossen wird, daß der Titel des folgenden Werkes lautet:

Liber missalis secundum ritum ecclesie Hamburgensis &c. Expensis Hermanni de Emden, opera Joa. Prüss Argentine impressus 1509.

und er 1505 (S. 66 - 68) zum Drucke eines hamburger Breviers sich verpflichtet hatte.

Nun ist zwar durch Herrn Archivar Lappenberg (Bd. X, S. 385) bereits nachgewiesen, daß zwei verschiedene Werke vorliegen, - wie meines Erachtens auch ohne allen weitern Beweis bereits die Benennungen Meßbuch und Brevier, als an sich schon deutlich genug, da das Brevier nur dem Meßbuche ähnlich ist, (Müllers Lexicon des Kirchenrechts und der katholischen Liturgie. Würzburg, 1830. I, S. 198) bezeugen; - wenn aber derselbe (Bd. V, S. 205) vermeint, das Meßbuch sei zu Emden gedruckt, so muß ich ganz entschieden anderer und zwar der Meinung sein, daß jene Stelle nur übersetzt werden könne: "Auf Kosten (d. h. im Verlage) von Hermann von Emden, gedruckt bei Johann Prüß zu Straßburg". - Es ist demnach weder von einem emdener, noch von einem rostocker Drucke die Rede, also auch nicht von Hermann Barkhusen, sondern von einem Buchhändler, der wahrscheinlich zu Hamburg wohnte; die Benennung von Emden deutet wenigstens an, daß er zwar aus Emden gebürtig war, nicht aber dort seinen Wohnsitz hatte. - Demnach ist (wie Bd. IV, S. 69, 81 und 91 angenommen wird) auch nicht einmal Barkhusen Verleger des Missals.

Was die Anlegung seiner Druckerei betrifft, so sind darüber sehr verschiedene Ansichten vorgetragen. Während Herr Archivar Lisch kein früheres Jahr als 1505 kennt (Bd. IV, S. 65), vermeinen die Herren Culemann und Grotefend (Jahrbücher XIV, S. 387) dargethan zu haben, daß bereits 1482 diese Druckerei zu Rostock gewesen sein müsse, weil die Type eines in diesem Jahre ohne Angabe des Orts und des Druckers gedruckten Buches denen Barkhusens ähnlich sei. - Allein selbst die vollkommenste Gleichheit der Type zugegeben, so würde daraus gar nicht folgen:

1) daß überall dieselbe Druckerei in Frage stände, da ja mehr als ein Drucker aus einer und derselben Schriftgießerei sich seine Typen gekauft haben könnte, die schwerlich jeder Drucker selbst wird gegossen haben;

2) insofern wirklich dieselbe Druckerei, d. h. die Druckereigeräthschaften, als Typen etc. ., nachgewiesen werden könnten, so folgte daraus noch nicht, daß dieselbe damals schon (1482) zu

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Rostock vorhanden gewesen wäre, sondern der Besitzer könnte an einem ganz andern Orte gewohnt haben;

3) würde auch selbst, wäre dies nachgewiesen, nicht ohne Weiteres gefolgert werden dürfen, daß Barkhusen schon 1482 zu Rostock gedruckt habe, da ja die Druckerei von einem frühern Besitzer auf ihn übergegangen sein könnte.

Es zerfällt dieser Beweis, von welcher Seite auch man ihn betrachtet, in Nichts, und es leuchtet ein, daß bloß nach den Typen zu schließen, ein mißliches Ding ist.

Barkhusen erscheint zuerst als Notar zu Rostock 1502 (Bd. IV, S. 71) und druckte, so weit sich nachweisen läßt, zuerst 1505 (S. 65), es trieb aber auch derselbe, wenigstens noch 1508, buchhändlerische Geschäfte (S. 66 und 67). Wenn nun S. 76 gemeint wird, er habe seine Druckerei nie als Erwerbsquelle benutzt, weshalb auch nach S. 134 Ludwig Dietz der erste öffentliche Buchdrucker zu Rostock, der ein künstlerisches Gewerbe daraus machte, gewesen sein soll, so scheint dieses ohne allen Grund zu sein, da sogar (S. 65) ein Contract zwischen Barkhusen und dem hamburger Domcapitel über den Druck des Breviers mitgetheilt wird, was offenbar auf ein Buchdruckergewerbe hinweist, außerdem nach dem Contracte von 1508 (S. 66 flgd.) er auf seine Druckerei mehr verwandte, als sein Vermögen erlaubte und deshalb zur Verpfändung aller seiner Güter, beweglicher und unbeweglicher, und besonders dieser, sich genöthigt sah, woraus hervorgeht, daß er seine Druckerei habe vergrößern wollen, um dadurch größern Gewinn zu ziehen. Und was sollte auch wohl ihn haben bewegen können, seine Druckerei für sich nicht eben so nutzbar zu machen, als seinen Buchhandel, um so mehr, als die frühern Buchdrucker stets zugleich die Buchhändler mit abgaben ? Selbst die Brüder zum gemeinsamen Leben druckten ja des Gewinnes wegen.

Barkhusen scheint Anfangs bloß buchhändlerische Geschäfte gemacht zu haben, eine Meinung, auf die ich durch den undatirten Contract (S. 70 - 71) geleitet werde, da er das für irgend ein Capitel übernommene Brevier, wo es am besten geht, drucken lassen will. Mir ist es nicht wahrscheinlich, daß zur Zeit dieses Contractes Barkhusen selbst bereits im Besitze einer Druckerei gewesen sei, obgleich sich über die Sache streiten ließe: da aber ein anderes Beispiel, so lange seine Druckerei existirte, sich nicht nachweisen läßt, auch gar nicht anzunehmen ist, daß er das in seiner eigenen Druckerei zu Beschaffende in einer fremden hätte ausrichten lassen, so will mir scheinen, daß er eben durch diesen (vielleicht vortheilhaften) Contract auf die Anlegung einer eigenen Druckerei geführt sei, wie er denn dergleichen Contracte mehr

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mag geschlossen haben. Ich setze demnach diese Urkunde vor 1505. Jedenfalls aber trieb er bereits damals buchhändlerische Geschäfte, zu denen er sogar schon einen Gehülfen, den dort genannten Ludwig Dietz nöthig hatte.

Dies würde dann die S. 136 ausgesprochene Vermuthung, daß Ludwig Dietz 1504 nach Rostock kam, bestätigen; zugleich aber auch müßte ein noch größerer Verkehr Barkhusens angenommen werden, da er sodann wenigstens zwei Substituten gehabt hätte, weil als solcher 1505 außerdem noch Bernhard van dem Berge erscheint.

Dieser bisher noch unbekannte Buchdrucker schloß Namens Barkhusen's im genannten Jahre mit dem verdener Domcapitel einen Vergleich über den Druck von 800 Exemplaren des Breviers ab. Das sehr verwahrlosete Original dieser Urkunde, deren Siegel abgefallen sind, findet sich in den Ueberresten des verdener Domarchives im königlichen Provinzialarchive für Bremen und Verden zu Stade und verdient wegen seines merkwürdigen Inhalts in den Jahrbüchern um so mehr eine Stelle, als die Vergleichung mit dem in Bd. IV. S. 70 - 71, abgedruckten Formular den Forscher unwillkührlich zur Vergleichung auffordert.

Maria.

Am Jare na godeßborth veffteynhundert vnde viue, Am Mandage na Assumptionis Marie, hebben sick de Werdigen Heren Er Heyneke van Mandelslo, Domdeken, vnde Er Bartold van Landesberge, Domheren to Verden, van wegen des Erwerdigesten In god fforsten vnde Herenn Ern Cristoffers, confirmeerden Coadiutors des ertzebisscoppdoms to Bremen vnde administrators des Stichtes to V[erde]n, to Brunswick vnde Luneborgh Hertogen etc. ., vordragen myt dem Erßamen vnde bescheden Bernardo van dem berge, beuelhebbere vnde Substituten des Erhafftigen He[rmanni] barchusen, des Ersamen Radts to Rostock Secretarien, vmme achtehundert boke effte breuiaria to druckende verdesches Stichtes, des de gnanten Heren willen eyn breuier offte eyn Exemplar gecorrigeret na den kercken to Verden, Bardewyk vnde Luneborgh vngesumeth maken lathen, vnde by den Werdigen Official to Luneborgh beteren twisschen duth vnde Natiuitatis cristi erstkomende, So dat de gnante Hermannus sodan exemplaer In dussem tokamende Wynachten by dem gedachten Officiale to Luneborgh vinden vnde entfangen schall,

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vnde wen he sodan exemplar aldar entfangen heft, Schall he van stunt anheuen, sodane achtehundert breuier . . . . . . . . . . . . . . .
dubbelder schrifft to drugkende, In mathen vnde formen, alze de vorgescreuen k. . . en eyne gedeelde proben by sick hebben, vnde bynnen eynem haluen [jare] na der entfanginge to endende, Jd enwere denne sake, dat dem gnanten Hermannus eyn set[te]r entghinge effte ander merklike echtenoth vorhinderde, sodane vorhindernisse schall he laten vorwitliken den gnanten Heren officiali, dan schall se eme nicht schedelick wesen, Sunder so fro he kan allikewoll sodan werck fullenbringen vpp gudt kleen des besten pappyrs de forme von achte colummen, Vnde wann he sodane boke den gnanten Heren upp des Stichtes Houe to Luneborgh leuert, denne willen se dem gnanten Hermanno, synen eruen effte fulmechtigen den Verndell der boke dar wol tor noge betalen, offte betalen laten dorch den Officiall edder vorwarer des Stichtes Houes bynnen Luneborgh, alße vor Ißlick bok vngebunden achtheyn schillinge lubisch, vnde wat he ene der myt gegrauenen clausuren vnde gebunden myt kappen vnde planeert leueren kan, willen vnde schullen se eme vor Ißlick stücke twe vnde twintich schillinge Lubisch betalen, Vnde de anderen dre deel schullen vnde willen se eme to dren terminen, alze to dren haluen Jaren dar negestkomende, gutlick vornogen, So dat he des lesten termyns schall deger all vnde wol betaldt werden, sunder list, vnde He schall neyn breuier mer drugken den vorgescreuen Heren to vorfange, dan sodan achtehundert, sunder offt he eyn stige blade Ißlikes druckes vngeuerlich, vmme caduke, defecte edder andernn vorlaren blade darmede to erfullende, uppleggende worde vnde derhaluen Jenige boke full worden, schollen alle den vorgenannten Heren vmme eynen redeliken pennigk ouergeuen werden. Vnde dyth alle Immathen bauengescreuen so to holdende, hebben de gemelten parth In beyden delen eyn dem anderen gheredt vnde gelauet In guden truwen sunder alle list wol to holdende. To merer tuchnisse der warheyt synt dusser nottelen twe eynes Ludes myt eyner Hant gescreuen, dorch den namen Maria uthgekeruet vnd myt beyder parth anhangenden Ingeßegelen, alß Hern Heyneken vnde Hern Bartoldes vorgedacht, upp de eyne, vnde Hermanni barchusen, van der anderen syden, beuestiget, Am dage vnde Iare wo bauengescreuen iss.

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Ueber dieses verdener Brevier 1 ) ist mir zwar nichts Näheres bekannt geworden: es kann aber gar keinem gegründeten Zweifel unterliegen, daß dasselbe wirklich gedruckt sei, da beiden Theilen dem obigen Contracte zufolge sehr viel daran lag.

Was sonst von den landsmannschaftlichen Beziehungen zu Nicolaus Baumann, S. 71 - 72, 75, Anmerk. 2, und abermals S. 204 - 205 gesagt wird, ist jedenfalls schon aus dem Grunde unhaltbar, weil Barkhusen erwiesenermaßen der paderborner Diöcese angehörte, die Stadt Emden aber, - wäre sie die Heimath Baumanns, - in der münsterschen, außerdem auch sehr entfernt von Warburg, endlich aber letzteres in Westphalen, ersteres in Friesland lag, Ländern, die sich ganz entschieden feindlich gegenüber standen und noch jetzt eine gewisse Eifersucht gegen einander nicht abgelegt haben. Die Frage aber, ob Baumann ein Emdener gewesen sei, will ich jetzt nicht näher untersuchen.

Wie lange Barkhusen lebte, ist nicht angegeben, nur wird S. 64 gesagt, er sei bis 1526 Stadtsecretair gewesen; nach einer Notiz in Bd. VII, S. 199, Anmerk. 1, indeß muß man annehmen, daß er bis 1535 gelebt habe.

Wie lange Barkhusen druckte? - In der Buchdruckergeschichte ist man sehr bemüht gewesen, zu zeigen, daß er etwa erst 1514 oder 1515 (m. s. z. B. S. 76) oder bereits 1513 (S. 136) seine Druckerei an L. Dietz abgetreten, bis dahin selbstständig dem Geschäfte vorgestanden habe. Hiernach allein schon müßte der Druck des Reineke de Voß von 1517, der S. 90 als vielleicht von ihm herrührend angegeben wird, wegfallen: indessen haben mich auch die vorgetragenen Gründe keinesweges überzeugen können, daß selbst nur bis 1513 Barkhusen's Druckerei fortbestanden habe.

Zwar 1510 noch hat er nach seiner eigenen Angabe (S. 73) die Halsgerichtsordnung gedruckt: aber nach dieser Zeit finde ich keine Beweise mehr für seine typographische Thätigkeit. Ausdrücklich heißt es in dem nun folgenden Werke von 1512: "a Ludovico Dytze chalcographo solerti expressum" (S. 87). Zwar wird nun S. 76 und 88 kurzweg dies dahin erklärt, daß das Werk in Barkhusen's Officin durch dessen geschickten Drucker L. Dietz gedruckt sei, und S. 135, das Lob eines geschickten Druckers habe dem Dietz wohl Barkhusen beigelegt, da der Betheiligte das wohl nicht gut selbst habe schreiben können: allein es wäre unerhört und wohl ohne Beispiel, daß als Drucker der


1) Während des Druckes gehen die Zusätze und der Zweite Beitrag (S. 161 und 163) von dem Herrn Verf. ein, auf welche hierdurch verwiesen wird.      D. Red.
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Gehülfe statt des Meisters genannt würde, daher nicht zu vermuthen, und mit dem eigenen Lobe nahmen es die ältern Buchdrucker wahrlich nicht eben genau, worüber ich zur Vermeidung aller Weitläuftigkeit nur auf Gerkens bekannte Reisen (4 Theile) verweise. Demnach kann ich dieses Werk von 1512 nur der Officin des Dietz und nicht der des Barkhusen zuschreiben und folgeweise auch das 1509 gedruckte Lübische Recht (S. 81), da Dietz selbst sich als den Drucker angiebt (S. 82 - 83). Die Einwendungen (S. 75 und 81), Barkhusen sei zur Herausgabe vorzüglich befähigt gewesen, es seien die Barkhusenschen Lettern, der Rath zu Rostock möge sich wegen der Appellationen nach Lübeck gescheut haben, den Gesetz=Codex herauszugeben, scheinen mir sämmtlich unerheblich, da die Unfähigkeit des Dietz nicht allein nicht nachgewiesen ist, sondern sogar S. 135 von ihm gerühmt wird, daß er so sehr in den wissenschaftlichen Geist seines Herrn eingegangen sei, daß dieser ihn habe vorschieben können, wie denn auch S. 142 ihm das wohlverdiente Lob gezollt wird. Was den von den Lettern hergenommenen Grund betrifft, so habe ich darüber bereits oben mich als nichtssagend erklärt und die Scheu des rostocker Rathes vor dem Publiciren eines Rechtsbuches, auf das er und mit ihm so viele andere Städte von Amt und Pflicht wegen, somit im eigenen Interesse, zur Erhaltung der städtischen Gerechtsame halten mußte, leuchtet mir um so weniger ein, als die Appellationen nach Lübeck nach wie vor jedem unbenommen blieben, die auch schon zur Ertheilung des lübecker Stadtrechtes bedingt waren, somit für den Rath kein unübersteigliches Hinderniß abgeben konnten.

Gesetzt aber, dieser habe Grund gehabt, die Publicirung zu hintertreiben, so wäre sein Zweck doch schon durch die 1509 herausgegebene Schrift vereitelt, und ging der zwar die öffentliche Autorität ab, so blieb das Resultat doch dasselbe. Sollte indeß auch dieses nicht sein, so würde ich doch nicht zugeben können, daß, hätte sich der Stadtsecretair Barkhusen als Herausgeber sowohl als Drucker genannt, das Werk dadurch ein officielles geworden wäre, da Barkhusen hier nicht einmal als Stadtsecretair, sondern als Buchdrucker auftritt, sodann aber auch dazu es eines besondern Auftrages des Rathes bedurft hätte.

Somit bleibt denn nichts weiter übrig, als dem Dietz die Ehre der Herausgabe sowohl als des Druckes zu lassen, und es folgt, daß er bereits 1509 selbstständig zu Rostock druckte, 1510 aber auch noch Barkhusen, endlich, daß, wie die Typen zeigen, Anfangs ein Theil der Druckerei des Letztern, später der ganze übrige Rest in den Besitz des Erstern überging. Noch 1516 z. B. druckte er mit den schon 1505 von Barkhusen gebrauchten

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deutschen Lettern (S. 146) und 1533 noch wurden Barkhusen's Missallettern gebraucht (S. 178).

Endlich ist es mir unwahrscheinlich, daß die S. 90 aus der Rentereirechnung von 1510 mitgetheilte Stelle, nach welcher dem Nicolaus Baumann für das Abschreiben einer Chronik 2 Gulden bezahlt sind, mit der sternberger Juden=Historie in Verbindung stehe, da eine deutsche Uebersetzung schwerlich einen viel größern Raum als das nach S. 87 nur fünf Bogen starke lateinische Original erfordert haben würde, darnach aber der Schreiberlohn ein ganz unverhältnißmäßig hoher gewesen wäre, außerdem aber auch dieser Posten in der Rentereirechnung nochmals hätte aufgeführt werden müssen, nämlich wegen der Kosten des Druckes, zu denen nach S. 72 - 73 der Herzog sich geneigt erklärt haben sollte.

2. Druckerei des Ludwig Dietz.

Nach obiger Ausführung druckte derselbe bereits 1509 zu Rostock. 1524 (S. 137 steht wohl durch Druckfehler M. D. XIIII) suchte derselbe nach Lübeck überzusiedeln und druckte dort wirklich 1531 die Bibel. Nichts desto weniger ist S. 137 der Versuch gemacht, zu beweisen, er habe sich nie nach Lübeck übergesiedelt, da er später wieder zu Rostock und zwar bis an sein Ende wohnte. Anerkannt wird aber daselbst, es müßten die Drucke entscheiden, und da nun von 1525 - 1533 fortwährend viele Flugschriften und Plakate aus Dietz's Druckerei ausgegeben seien, die sich auf rein rostockische oder meklenburgische Händel beziehen, außerdem nur undatirte oder aus Rostock datirte Drucke erschienen, so wird daraus der Schluß gezogen, er habe nur, "um ausgebreitetern Verkehr zu gewinnen, auf kurze Zeit eine Filial=Anstalt zu Lübeck für einige größere Werke begründet.

Zugegeben also wird, daß die Drucke entscheidend seien. Da ist nun gewiß, daß Dietz noch 1526 zu Rostock druckte (S. 171), aber 1527 heißt es bloß: "Gedrucket to Rozstock"; durch wen denn aber? (S. 172 - 173); Lettern von Dietz, was will das sagen? wie bereits angeführt. - 1528 Vertheidigung etc. . (S. 174) "mit den ältern Lettern von Ludwig Dietz zu Rostock gedruckt". Das steht auf den beiden Bogen nicht, sondern es ist Ansicht des Herrn Verfassers. Sind aber dies die ältern Lettern, so liegt es nahe, daß Dietz diese durch neuere bessere zu ersetzen suchte, daher die ältern an einen Andern veräußerte, besonders bei einem etwanigen Umzuge.

Darnach ist es mir zweifelhaft, wer von 1527 - 1529, wo Dietz zu Rostock wieder erscheint, gedruckt habe, ob Dietz oder

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ein Anderer. Hat Dietz irgendwo sonst besser unterzukommen gemeint, so ist er gewiß zu Rostock nicht geblieben, von wo er ja schon 1524 sich wegsehnte. Es müßte aber auch der neu gewählte Ort seinen Erwartungen nicht entsprochen haben, wenigstens nicht auf die Dauer, weil er nach Rostock zurückkehrte. Der Einwand, rostockische und meklenburgische Flugschriften und Plakate seien während der Zeit aus Dietz's Druckerei hervorgegangen, scheint mir nicht durchgreifend, denn es steht nicht fest, daß sie aus Dietz's Druckerei herstammen, da der Drucker nicht genannt ist, "gedruckt zu Rostock", aber offenbar nicht ohne weiteres heißen kann bei Dietz, sondern bei N. N. - Hätte aber Dietz sie gedruckt, so konnte das zu Lübeck oder wo sonst eben so gut geschehen, und es lag nahe, an ihn sich zu wenden, weil man ihn kannte.

Von 1529 (S. 174, 175 und 177) bis 1531 war Dietz unbestritten zu Rostock, vielleicht noch 1531 (S. 178), in diesem Jahre aber zog er nach Lübeck, denn es existiren Drucke dieses Jahres, sowohl aus Rostock als Lübeck datirt (S. 178), nur nehme ich an, daß das zu Rostock gedruckte Buch älter ist als das zu Lübeck, wo er auch 1533 die Bibel druckte und den Psalter besonders (S. 180). Von da bis 1538. wo es wieder heißt: "Rostock by Ludw. Dietz" (S. 181) ist eine Lücke, so daß man bis auf Weiteres es dahin gestellt sein lassen muß, wie lange er in Lübeck gewesen sein mag.

Hiernach aber erscheint mir die Behauptung, er sei stets zu Rostock geblieben, sehr gewagt, da ich im Gegentheil annehmen möchte, Dietz habe 1527 - 29 einen andern Wohnort gehabt und sei abermals 1531 von da weg nach Lübeck gezogen, wo er bis nach 1533 blieb, sicher aber 1538 wieder nach Rostock zurückgekommen war. Die Meinung, er habe für größere Werke dort bloß eine Filialanstalt errichtet, würde jedenfalls besser umzukehren sein, da zu größern Werken offenbar ein bedeutenderer Apparat gehört, außerdem aber dieses eine Officin von einem Umfange voraussetzen, wie wan sie zwar in unsern Tagen kennt, die in jener Zeit aber wenigstens zu den größten Seltenheiten gehört haben würde. Dietz's Buchdruckerei gehörte aber wohl schwerlich zu diesen, da er noch 1558 klagt, daß er zu Rostock nur eine geringe Nahrung habe (S. 139), woraus sich denn auch sein häufiges Hin= und Herziehen erklärt.

Wegen seiner Drucke habe ich noch hinzuzufügen, daß die S. 158 aufgestellte Vermuthung, durch die Worte:

Dar druckt men denne nedden vnder
Eynen affgod effte eyn meerwunder,

werde auf die Michaelisbrüder und Marschal gezielt, da erstere

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den Erzengel Michael, letzterer eine Meerjungfer als Druckerzeichen gebrauchten, wenigstens bei erstern nicht zutrifft, da 1519, wo das Buch gedruckt ward, zu Rostock noch Alles katholisch war, selbst Joachim Slüter erst 1523 daselbst protestantisch zu predigen begann, folglich von dem Erzengel gewiß nur mit der größten Verehrung gesprochen wurde, sodann auch, weil der Erzengel kein Abgott war, wie mir denn auch kein Beispiel bekannt ist, daß selbst der eifrigste Protestant den Erzengel zum Abgott gestempelt haben sollte, welchen Ausdruck vielmehr die Zeloten nur von wunderthätigen Bildern gebrauchten, insofern nicht die ursprüngliche Bedeutung gemeint ist.


"Der Seelen Trostspegel. - Tho Rostock dorch Ludowick Ditz. Anno 1519." - Dieses weder in der Buchdruckergeschichte, noch in den Nachträgen erwähnte Werk führt Nicol. Gryse in seinem "Spegel des Antichristischen Pawestdoms vnd Luttherischen "Christendoms etc. . Rostock dorch Steffen Müllman, 1593", wiederholt an, z. B. Bogen Ji und Oo.


Zusatz 1.

Ob trotz des 1505 abgeschlossenen Vertrages wegen des verdener Breviers (vgl. oben S. 157) dieses zu Stande gekommen sei, muß weiterer Forschung anheimgestellt bleiben (vgl. S. 163). Jedenfalls hätte die Zahl der Exemplare nicht ausgereicht, und das wäre freilich bei dem großen Umfange der verdener Diöcese nicht auffallend. Das aber steht fest, daß das Brevier 1516 zu Basel aufgelegt ist, von welcher Ausgabe der Generalsuperintendent Pratje (vgl. sein "Altes und Neues aus Bremen und Verden", I, S. 109) die zweite Hälfte besaß. Der Titel ist: "Enchiridion seu breviarium secundum morem insignis ecclesie Verdensis nec non totius diocesis novissime impressum, emendatum" etc. . - Am Schlusse: "Basilee in officina Magistri Jacobi Pfortzensis etc. ., Anno etc. . Milles. quingent. dec. sexto".


Zusatz 2.

"Rosarium Mariae tho Rostock gedrucket Anno 1517". - Durch wen? steht zu näherer Untersuchung. In der Buchdrucker=

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geschichte so wenig, wie in den Nachträgen ist dieses Werk aufgeführt. Gryse a. a. O., Bogen Rr, hat aber bei Anführung einer Stelle daraus obige Nachricht.


3. Buchdruckerei der Michaelisbrüder.

Die (Bd. XII, S. 503) aufgestellte Vermuthung, in dem Buche von "den drei Strengen" seien die Anfangsbuchstaben vielleicht in Folge des Sturmes, der über dasselbe gleich bei seinem Erscheinen hereinbrach, unausgefüllt geblieben, ist eine irrige, da ich dieselbe Erscheinung auch in vielen Exemplaren älterer Kirchenväter, selbst in den unschuldigsten Missalen gefunden habe. Es ist also lediglich Nachlässigkeit des Besitzers der Grund davon.


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Nachtrag

vom

Archivar Dr. G. C. F. Lisch.


Die Buchdruckerei der Michaelisbrüder zu Rostock.

ist nach der Aufhebung des Klosters wahrscheinlich in Rostock geblieben. Noch im J. 1572, also 50 Jahre später, hat eine wahrscheinlich in Rostock nachgedruckte Flugschrift:

Ein bewechliche Demonstration zu lob v n mit Querstrich ehrn des durchleuchtigsten Hochgebornen F ue rsten vnd Herrn Wilhelm, Princen zu Oranien u. s. w.

am Schlusse mit der Bezeichnung:

Gedruckt vth eynem Gedruckten exemplar, dat gedruckt ist gewest tho Nedder Wesel am Ryn.

auf der letzten Seite das zu Jahrb. IV, S. 44, und Lithographie I, 5, abgebildete große Druckerzeichen der Michaelisbrüder, einen großen Holzschnitt, den H. Michael auf einer Weltkugel darstellend, wie er mit Kreuzstab und Schwert den Drachen überwindet. Der Holzschnitt ist zwar schon etwas abgenutzt, aber doch noch immer kräftig und deutlich.


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Zweiter Beitrag

vom

Auditor Dr. Möhlmann.


Eines der seltensten, vielleicht nur in dem einzigen mir vorliegenden Exemplare erhaltenen Werke sind die:

Statuta sy
nodalia diocesis Ver-
densis innouata et con-
firmata per Reuerendissimum ac illu-
strem et altigenitum Principem et d n mit Querstrich m
d n mit Querstrich m Cristophorū sctē Breme n mit Querstrich Archi-
episcopū, et Verde n mit Querstrich ecclesiarū admini-
stratorē perpetuū Brunswice n mit Querstrich et Lu-
neburge n mit Querstrich ducatuum ducem. etc. de
consensu Capituli sui dicte
Verdensis ecclesie.

Am Schlusse:

Impressum Rostochii per
Ludouicum Dietz, sub anno a Natiuitate
d n mit Querstrich i M. CCCC XXIII . Die vero. XXVIII .
Mensis Augusti.

Auf der letzten, sonst leeren Seite steht das in Jahrb. IV, S. 183 - 184 beschriebene Druckerzeichen, mit der Umschrift:

Canis lapidem etc. . - Das Ganze enthält 7 1/2 Bogen, da der letzte Bogen G anderthalb enthält und deshalb bis zu Gv bezeichnet ist; das Format ist 4 to , nicht, 8 vo ,wie irrig in (Pratjes) Altem und Neuem aus den Herzogth. Bremen und Verden, Stade, 1769, I, S. 111, angegeben wird, obgleich der Verfasser selbst hinzusetzt: "Dis kenne ich blos aus der Anführung in Just. Joh. Kelpens Anmerk. über einen Ablasbrief. [Hannover 1723.] S. 63". - Bis pag. 28 incl. ist Alles paginirt, sodann folgt noch ein 4 Seiten langes Register.

In dem vorliegenden Exemplare fehlt der Bogen F., der handschriftlich ergänzt ist, und ist aus dem Nachlasse des bremischen Geschichtsfreundes, des Predigers Schlichthorst, in die seit 1838 durch den Herrn Generalsuperintendenten Köster begründete Predigerbibliothek zu Stade gekommen.

Den Anfang bildet - und zwar schon auf der Rückseite des Titels - ein Publicationspatent: "Cristophorus etc. . - -

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Uniuersis" etc. .: Es seien zwar von seinen Vorgängern allerlei Synodalgesetze gegeben, indessen "non absque multis incommodis nec sine animarum periculis in contemptum et desuetudinem venerunt" etc. . In der Fürsorge für das Seelenheil seiner Untergebenen habe er daher diese mit Einwilligung des Domcapitels erneuert und nach den Zeitbedürfnissen verbessert, "ac denuo arte impressoria excussa, per nostram diocesim vbilibet publicandas. - - Et vt nullus eorundem ignorantiam pretendere, et per hanc se excusare possit. Similiter volumus et mandamus sub excōmunicatiōis et decē florenorum penis. Quas premissa tamen duodecim dierum monitione canonica pro omni dilatione, rebelles et cōtrauenientes incurrere decernimus per psentes ipso facto, quatenus intra eosdem duodecim dies a die publicatiōis presentium computandos oēs, et singuli quarūlibet collegiatar. vel parrochialium Ecclesiarum in nostra Diocesi consistentiū Prelati et pastores curam animarum habentes, debeant, et quilibet eorum debeat. Exemplum aliquod dictarum constitutionum Impressum, ab Officiali nostro ad hoc in oppido Luneburgensi residenti (precio eciam tolerabili per nos statuendo) sibi comparasse et emisse etc. . - - - Datum et actum in Luneburgo in monasterio Minorum de obseruantia. Anno d n mit Querstrich i Millesimoquingentesimo vigesimotercio".

Sodann folgen die Statute unter der Anrufung der heiligen und ungetheilten Dreieinigkeit, Vaters, Sohnes und heil. Geistes, "ac tocius Curie celestis triumphalis Amen", schon früher publicirt von Bischof Johann (wahrscheinlich dem 3ten, † 1472), und sodann unmittelbar darauf von Johann III. der Befehl, daß die Statute in allen Kirchen der Diocese stets vorhanden sein sollen, (habeantur conscripti vel impressi, et in choro seu sacristia iaceant, sic vt patere possint cuilibet legere vel videre volenti).

Uebrigens sind die Statute der verschiedenen Bischöfe in ein gewisses System gebracht und bei der Ueberschrift auch diejenigen genannt, von denen sie ausgehen.

Sonst gehen die Statute bis p. 20, wo "Copia statutorum Karoli imperatoris quarti" anfängt; p. 21 folgt: "Confessio in vulgari" (d. i. plattdeutsch), dann p. 23: "Casus papales und p. 27 Casus episcopales".