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VIII.

Friedrich Hahn,

der erste Graf seines Geschlechts.

Eine Biographische Skizze,

von

G. C. F. Lisch.


F riedrich II. Hahn 1 ), der jüngste Sohn Friedrich's I. Hahn auf Basedow und Neuhaus, war einer der größten Männer des hahnschen Geschlechts und Meklenburgs; reich begabt, tief gebildet, edel, großherzig, im Besitze einer bedeutenden Gelehrsamkeit und eines scharfen Geistes, war er nicht allein einer der Ersten, welche die hohe wissenschaftliche Bildung der neuern Zeit im Lande repräsentirten und beförderten, sondern muß auch zu den größten Geistern seiner Zeit für ganz Deutschland, ja Europa gezählt werden. Nach den Berichten noch lebender Zeitgenossen und nach der Ueberlieferung, hatte er einen zarten Körperbau und war, wie sein ausgezeichneter Oheim Ludwig Achatz I. Hahn auf Diekhof, verwachsen; aber in der schwachen Hülle lebte ein großer Geist, der sich nach allen möglichen Richtungen hin mit Uebergewicht geltend machte. Es wird von ihm erzählt, daß sein entschiedenes, durchdringendes, aber doch edles und menschenfreundliches Auftreten überall Ehrfurcht einflößte und unbedingte


1) Die im Nachstehenden folgende Biographie Friedrich's II. Hahn ist freilich bereits in Lisch Geschichte und Urkunden des Geschlechts Hahn, Band IV, Schwerin, 1856, S. 255 - 319, gedruckt. Da diese Familiengeschichte aber sehr wenig verbreitet ist, so hat es angemessen geschienen, diese Biographie hier noch ein Mal abzudrucken, da sie für die neuere Zeitgeschichte von sehr großem Interesse ist.       D. Red.
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Ergebung erlangte; er herrschte überall durch sein bloßes Erscheinen, obgleich er ein so warmer Menschenfreund war, daß man ihn im Hauswesen den "guten Vater" nannte. Dennoch war sein ganzes Wesen immer groß und abgeschlossen, wie der Charakter aller bedeutenden Männer, die von der Mitwelt gewöhnlich nicht verstanden werden, in der Regel zu sein pflegt. Selbst allen seinen Familienmitgliedern, sogar den von ihm Bevorzugten, imponirte er, nach deren Mittheilungen, so sehr, daß sie sich einer gewissen "Scheu" vor ihm nicht erwehren konnten. Verbunden mit dieser Größe des Charakters war eine stete Gleichmüthigkeit und geistige Ruhe, die sich selbst durch schmerzerregende, aber unabwendbare Ereignisse nicht erschüttern ließ. Daher war ihm bei seiner großen Auffassung des menschlichen Geistes, nach einer Mittheilung von Zeitgenossen, z. B. auch die Trauer bei Todesfällen unlieb. In diesem Sinne gab er dem Prediger zu Basedow bei dem Begräbnisse seiner innig geliebten Gemahlin im J. 1801 die Weisung, nicht viel über fünf Minuten zu reden. Dagegen sind wieder die Inschriften, die er für den Sarg seines früh gestorbenen Sohnes Ferdinand entwarf, edel und tief empfunden. Friedrich II. Hahn scheint seinem ältern Zeitgenossen, dem großen Könige Friedrich II. von Preußen, mit dem er auch denselben Vornamen trug, in vieler Hinsicht sehr ähnlich gewesen zu sein. Feind aller Eitelkeit, lehnte Friedrich II. Hahn alle Aufforderungen zur Uebernahme hoher Staats= oder Hofämter beharrlich ab.

Im höchsten Grade verehrungswürdig ist dabei seine unablässige Sorge um das Wohl der Menschheit; seine Bemühungen um das Volksschulwesen, um das leibliche Gedeihen der niedern Stände, um Ackerbau und Fabrikwesen sind wahrhaft rührend. Es entging seinem großen Geiste nichts. Sehr treffend ist die Schilderung seines Haushofmeisters Nevermann, der ihn selbst zur Gruft brachte, wenn er, von dem Standpunkte eines Dieners, sagt: "Er war ein Mann von festem Charakter, dem sein Versprechen heilig war. Er lieh sein Ohr keinem Schmeichler oder Projectenmacher. Ernst und Würde umgaben ihn, wobei Recht und Hülfe den Bedrückten zu Theil ward. Die Gesundheit seiner Unterthanen lag ihm sehr am Herzen, deswegen hielt er ihnen einen Arzt, Chirurgen und freie Medicin; stündlich fragte er nach dem Befinden eines etwa kranken Dieners, und schien sichtbar erheitert, wenn er ihn wieder sah. Er gönnte jedem so gerne sein gutes Auskommen und möglichste Bequemlichkeit in Hinsicht der Wohnung u. s. w., und schmälerte nichts. Wittwen und Waisen hatten an ihm einen Versorger, und er ließ wahrlich Niemanden Brotes weinen; es war ihm eine

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Freude, wenn es Allen wohl ging, darum nannten ihn so viele ihren guten Vater. Er pflegte zu sagen, wenn Jemand in seiner Umgebung ihn zuweilen eine Aeußerung in Betreff der Zukunft hören ließ: Habt Ihr denn schon gesehen, daß ich Jemand verstoßen habe?" - So ehrwürdig er nun auch als Menschenfreund erscheint, so steht er doch als Mann der Wissenschaft fast höher und glänzender da, und er verdiente eine ausführlichere Beschreibung, als hier gegeben werden kann, zum Vorbilde aller kommenden Geschlechter. Leider fließen die Quellen sehr spärlich, da in unruhigen Zeiten wohl die meisten Papiere verloren gegangen sind. Was hier geboten wird, hat nur mit den größten Anstrengungen erforscht und zusammengestellt werden können.

Von großer Wichtigkeit für die Familiengeschichte ist es, daß Friedrich II. Stammhalter des ganzen Geschlechts und der erste Graf ward.

Friedrich II. ward am 27. Julii 1742 zu Neuhaus in Holstein geboren. Hier verlebte er seine Jugendjahre, da sein Vater bis zu seinem Tode seinen Wohnsitz zu Neuhaus hatte. Leider ist von seiner Jugendbildung fast gar nichts bekannt; ohne Zweifel wird er sie zum größten Theile in Holstein, zu Neuhaus und in Kiel, genossen haben. Als er 17 Jahre alt war, ward im J. 1759 sein hoffnungsvoller ältester Bruder Ludwig Kay im 25. Jahre seines Alters in einem Duell durch einen Raufbold zu Schleswig erstochen. In demselben Jahre fingen auch die Untugenden seines 23jährigen, geistesschwachen Bruders Dethlev in einem solchen Maaße an auszuarten, daß der Vater sich bald genöthigt sah, diesen seinen "ungerathenen Sohn" gerichtlich unter Curatel stellen zu lassen. So ward Friedrich II. in der Folge der einzige Sohn Friedrich's I., der nach des Vaters Tode Herr seiner Handlungen ward.

Von der größten Bedeutung ist Friedrich's II. Universitäts=Bildung. Nach der Matrikel der Universität Kiel (p. 273) ward er hier am 27. Februar 1760, unter dem Prorectorat des Professors Philipp Friedrich Hane, eines meklenburgischen Predigers Sohns von Belitz, im 18. Jahre seines Alters immatriculirt. Wenige Tage später ward Caspar von Buchwald von Seedorf, der spätere Gemahl einer Cousine Friedrich's II., Sophie Charlotte Hahn von Diekhof, immatriculirt. Die kieler Universitäts=Matrikel sagt:

Prorectore CLXXXIX.

Philippo Friderico Hane ss. theolog. D. et p. p. ord., histor. itid. p. p. et ordin. theolog. h. t. decano. -
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Anno MDCCLX.
Mens. Febr. XXVII. Fridericus ab Hahn eques Holsatus.
  Mart.  V. Maximus Baronowitz Ucraniensis.
    X. Caspar von Buchwaldt eques Holsatus.

Hier flößte ihm ohne Zweifel der Professor Friedrich Koes, oder lateinisch Kosius, der fast ein halbes Jahrhundert, von 1721 bis 25. Sept. 1766, Professor der Mathematik in Kiel war, die Liebe zu den Naturwissenschaften, namentlich aber zur Mathematik und Astronomie ein und legte den Grund zu seiner hohen und sichern wissenschaftlichen Bildung. Kosius muß, nach der bei seinem Begräbnisse erschienenen Gedächtnißschrift, ein bedeutender Mann gewesen sein. Er war in Schleswig geboren und reiste nach vollendeten Studien in England, wo er mit Newton, Flamsteed, besonders aber mit Halley bekannt ward, und darauf in Deutschland, wo er mit Leibnitz in Verbindung trat. Leibnitz sagt von ihm, daß er verdiene, nicht unbeachtet zu bleiben, da er einen ungewöhnlich tiefen Blick in die Analysis gethan habe und von ihm eine Erweiterung der Wissenschaft zu erwarten sei 1 ). Von dem stillen Wirken dieses gediegenen Mannes erhielt Friedrich II. Hahn ohne Zweifel seine gründliche Bildung.

Daß, nach dunkeln Ueberlieferungen, Friedrich Hahn auch in Göttingen studirt habe, ist nicht gegründet. Nach den sorgfältigen Nachforschungen des Herrn Professors Dr. Waitz zu Göttingen ist Friedrich Hahn in den Matrikeln der Universität Göttingen in der Zeit von 1750 bis 1766 nicht zu finden und in diesem Zeitraume überall kein anderer Hahn in Göttingen immatriculirt, als Friedrich Carl Philipp von Hahn aus Curland am 2. April 1766.

In seinem 24. Lebensjahre vermählte sich Friedrich II. Hahn am 3. Januar 1766 mit Wilhelmine Christine von Both, geb. 1744, der ältesten Tochter der damals verwittweten, zu Warin wohnenden Oberhauptmannin Anna Friederike von Both, geb. von Plessen, aus dem Hause Katelbogen, und des wailand


1) Der Professor Koes oder Kosius hat mehreres geschrieben, namentlich aber eine Schrift: "De analysi aequationum differentialium". - Leibnitz sagt von ihm in seinen Epistolis, ed. Kortholt I., ep. 206: "Hactenus dominum Koesium ignoravi, sed meretur profecto non ignorari. Videtur enim profundius solito in novam analysin inspexisse et credo, si huc intendat animum, posse ab ipso aliquid conferri ad augendam scientiam. Itaque plura de eo nosse gratum erit". - Die Nachrichten über die Immatriculirung Friedrich's Hahn zu Kiel und über den Professor Kosius verdanke ich der freundlichen Theilnahme des Herrn Etatsraths, Professors Dr. Ratjen zu Kiel.
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Oberhauptmanns Adolph von Both auf Rankendorf. Wilhelmine Christine soll sehr schön, zart und geistreich gewesen sein, aber von schwindsüchtiger Anlage. Am 15. März 1774 schrieb der berühmte königlich=großbritannische Leibarzt Dr. Zimmermann zu Hannover an Friedrich II.: "Die Krankheit Ihrer mitleidenswürdigen Frau Gemahlin ist Phtisis consummata und der Ausgang leider - was Ihr Arzt Ihnen gewiß wird gesagt haben". Obgleich Zimmermann im J. 1774 das Leiden der Frau für ausgebildete Schwindsucht erklärte, genas sie dennoch wieder vollständig, schenkte ihrem Gemahle seit dem J. 1776 fünf Söhne und starb erst am 14. Nov. 1801. Nevermann sagt von ihr: Sie war eine Stütze der Kranken und Nothleidenden und der Wittwen und Waisen; sie fühlte mit Bewußtsein in ihrem erhabenen Stande, daß sie von der Vorsehung mit zeitlichen Gütern zum Wohlthun gesegnet war, und machte davon würdigen Gebrauch". Der Ober=Consistorialrath Zöllner zu Berlin, welcher im J. 1795 Friedrich II. in Remplin besuchte 1 ), sagt: "Der Herr Landmarschall ist selbst ein Kenner der Wissenschaften und beschäftigt sich mit mehreren, vornehmlich mit Astronomie und Naturkunde, so eifrig, als wenn sie seine Naturstudien wären. Auch seine Gemahlin findet an gründlichen Kenntnissen Geschmack und hat sich deren sehr viele erworben. Wir haben heute beim Abendessen mit diesem glücklichen Paare, den beiden Söhnen und ihrem Hofmeister Herrn Hecker eine so interessante Unterhaltung gehabt, daß Geist und Gaumen in gleichem Maaße befriedigt wurden".

Bei seiner Vermählung vollendete Friedrich II. auch die von Claus Ludwig Hahn auf Remplin gegründete milde Stiftung für hülfsbedürftige Personen weiblichen Geschlechts, indem er 2000 Thaler Capital hinzuthat und das Stiftungscapital noch zu vergrößern beabsichtigte; er erreichte die landesherrliche Bestätigung der Stiftung am 20. Februar 1766.

Friedrich's II. Vater Friedrich I. starb am 1. Junii 1772, als Friedrich II. im 30. Lebensjahre stand. Am 8. Oct. 1772 setzten sich die beiden Brüder Dethlev und Friedrich in Grundlage des väterlichen Testamentes vom 6. August 1766 zu Kuchelmiß auseinander. Nach diesem Testamente sollte von den holsteinschen Gütern Dethlev das Gut Gr. Colmar, Friedrich die Güter Neuhaus c. p. und Lehmkuhlen erben; von diesen Gütern sollte


1) Zöllner's Reise ist herausgegeben unter dem Titel: "Joh. Friedr. Zöllner's, königl. preuß. Ober=Consistorialraths und Probstes in Berlin, Reise durch Pommern nach der Insel Rügen und einem Theile des Herzogthums Mecklenburg im Jahre 1795. In Briefen. Berlin, 1797". Ueber seinen Besuch in Remplin und die Gemahlin Friedrich's II. Hahn vgl. S. 412 flgd.
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Lehmkuhlen der Mutter bis zu ihrem Tode zum Genießbrauche bleiben; über die meklenburgischen Güter, von denen Basedow c. p. einen Theil und Kuchelmiß c. p. mit Hinzenhagen den andern Theil bilden sollte, sollten die beiden Brüder loosen. Beide Brüder erkannten bei der Auseinandersetzung das väterliche Testament an, entsagten aber der Kavelung über die meklenburgischen Güter, indem Dethlev die Güter Kuchelmiß c. p. und Hinzenhagen anzunehmen bereit war, womit Friedrich sich zufrieden erklärte. Friedrich gab außerdem seinem Bruder Dethlev, statt der 30,000 Thaler baaren Geldes, welche der künftige Besitzer von Basedow dem andern Theile auszahlen sollte, 50,000 Thaler und schenkte ihm außerdem noch 10,000 Thaler, um ihm die Kosten und Verwendungen zu erleichtern, welche zu "seiner persönlichen Befreiung aus der von Mevius'schen Vergewaltigung" verbraucht waren.

Dethlev erhielt also die Güter Kuchelmiß, c. p. Serrahn und Wilsen, das Gut Hinzenhagen und die genannten 50,000 Thaler Abfindung aus Basedow und 10,000 Thaler Geschenk. Dethlev zog nun nach Kuchelmiß. Das durch das Testament auf ihn vererbte Gut Gr. Colmar c. p. trat er seinem Bruder Friedrich II. ab, wogegen dieser ihm so viel Einkünfte aus Basedow, als die zehnjährige Aufkunft von Colmar gebracht hatte, und das Recht des Zurückkaufes einräumte. Friedrich II. verkaufte jedoch das Gut Gr. Colmar im J. 1783 an die Grafen von Holstein. Nach dem Tode seiner Mutter verkaufte er im J. 1793 auch das Gut Lehmkuhlen an den Hofrath Hinüber.

Dethlev überlebte unter Curatel seinen Bruder Friedrich fast 4 Jahre, bis in das J 1809.

So erhielt Friedrich II. im J. 1772: in Holstein die Güter Neuhaus c. p., Gottesgabe, Hof Köhn, Mühlen, Warderhof, Morrehm, Giekau, Dransau, Engelau, Emkendorf, Dorf Köhn, Gleschendorf und Pülsen, ferner Gr. Colmar und die Anwartschaft auf Lehmkuhlen c. p.; in Meklenburg die Güter Basedow c. p., Wargentin, Langwitz, Jessin, Schwinkendorf, Wendischhagen und die Lehne auf Bristow und Grube. Er blieb einstweilen auf Neuhaus in Holstein wohnen und verkehrte viel in Kiel.

Er behauptete seinen Entschluß, nicht in Hofdienste zu treten, bis zu seinem Tode, konnte es aber nicht abwenden, daß er im J. 1773 zum dänischen Kammerherrn und am 4. Sept. 1783 zum Ritter des Dannebrog=Ordens ernannt ward. Er fürchtete den Hofdienst so sehr, daß er die Residenzen mied und nicht nach Kopenhagen reisen wollte, so gerne er dies schon längst gethan hätte. Der Graf Leopold Friedrich von Stolberg

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suchte ihn im J. 1779 von dieser Furcht zu befreien, indem er ihm schrieb: "Der Graf Bernstorf wird der einzige sein, welcher wünschen wird, Sie in Diensten zu sehen; aber ich stehe Ihnen dafür, daß er, Ihren Wunsch, frei zu bleiben, wissend, Ihnen keinen Antrag thun wird. Der Hof ist lange gewohnt, Leuten, welche Ihre moralischen Antipoden sind, seine Dienste anzubieten. Fürchten Sie nichts !" Dies hatte die Folge, daß der Graf Stolberg ihm am 1. Jan. 1780 in Kopenhagen Zimmer bestellen wollte.

Die übrigen Häuser der Linie Basedow eilten um diese Zeit ihrem Aussterben entgegen. Im J. 1771 war Ludwig Staats II. auf Diekhof gestorben und hatte seine Güter so sehr mit Schulden belastet hinterlassen, daß nach seinem Tode Concurs ausbrach und die diekhöfer Güter alle von der hahnschen Familie kamen. Von der rempliner Linie war Alexander auf Salow im J. 1763 jung gestorben; seine Güter wurden für seinen geisteskranken Bruder Claus Ludwig durch eine Curatel verwaltet, in welcher auch Friedrich II. nach dem J. 1771 mitwirkte.

Da trat das für die Familie große Ereigniß ein, daß 1779 - 80 die rempliner Linie ausstarb. Am 6. Sept. 1779 starb der letzte männliche Sproß der rempliner Linie, der unter Curatel stehende geistesschwache Erblandmarschall Claus Ludwig auf Remplin, als Friedrich II. grade zu Salow mit der Aufnahme der Curatel=Rechnungen beschäftigt war, und alle meklenburgischen Lehngüter der rempliner Linie fielen an Friedrich II. und seinen Bruder Dethlev. Am 30. April 1780 starb Anna Hedwig von Geusau, geb. Hahn, die ("furiosa") Schwester des Claus Ludwig auf Remplin, und schon am 3. Julii 1780 folgte ihr ihr einziges sie überlebendes, wahnsinniges Kind, Wilhelm von Geusau. Beide waren kurz hinter einander Erben der seeburger Güter, welche, da sie als Allodialgüter angesehen wurden, mit einer großen Geld= und Mobiliarverlassenschaft nach kurzem Processe auch der hahnschen Familie verloren gingen.

Nach dem Tode des Erblandmarschalls Claus Ludwig Hahn auf Remplin nahm Friedrich II. sogleich die reiche meklenburgische Lehnserbschaft in Besitz. Die Güter, welche Claus Ludwig hinterließ, waren aus dessen eigenem Besitze: die meklenburg=schwerinschen Güter: Remplin, Lipen, Panstorf, Dempzin, Faulenrost, Wendischhagen, Retzow, Hungerstorf, Rittermannshagen, Pampow c. p. und die Lehnrechte an Bristow c. p., Moltzow und Baumgarten, ferner die meklenburg=strelitzschen Güter, welche Claus Ludwig von seinem Bruder Alexander geerbt hatte, nämlich Pleetz, Roga, Salow, Ramelow, Bassow, Schwanebek, Bresewitz und Arensberg c. p.

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Die Mutter fand den Schritt ihres Sohnes Friedrich II. bedenklich und suchte sogleich eine Auseinandersetzung anzubahnen. Man wußte sehr wohl, daß Dethlev nicht im Stande war, ein Vermögen zu verwalten, und daß er überreichlich Vermögen hatte, um seinen Unterhalt zu bestreiten. Dennoch mußte seines dereinstigen Allodialnachlasses halber eine rechtliche Auseinandersetzung getroffen werden. Am 30. Oct. 1779 ward ein landesherrlich bestätigter Vergleich zwischen Friedrich II. und der Curatel Dethlev's geschlossen, nach welchem Friedrich II., so lange Dethlev zur Verwaltung seines Vermögens unfähig sei, die von Claus Ludwig angeerbten Lehngüter ("Remplin, Bristow, Faulenrost, Dempzin, Lipen, Arensberg, Salow, Pleetz, Bresewitz und Ramelow, alle c. p.") zum Besitz und alleinigen Eigenthum erhielt, wogegen er sich verpflichtete, der Curatel Dethlev's die Hälfte der reinen Einkünfte der rempliner Güter, welche, nach Abzug der Abgaben, Lasten, Verbesserungen, Bauten, so wie der von Claus Ludwig ausgesetzten Pensionen, schließlich auf 5204 Thaler 44 Schill. auf das Jahr berechnet ward, jährlich auszuzahlen.

Mit den in Meklenburg=Strelitz gelegenen Gütern ererbte Friedrich II. im J. 1779 auch das Erblandmarschallamt des Landes Stargard. Er führte das Amt aber nicht selbst, sondern ließ es in den letzten Jahren seines Lebens durch einen Vice=Landmarschall verwalten. In einem an den Engern Ausschuß der Ritter= und Landschaft gerichteten Vortrage vom 18. April 1785 zeigte Friedrich II. an, daß er durch den weiten Umfang seiner Geschäfte und durch Reisen, welche theils seine außerhalb Landes liegenden Güter, theils andere Verbindungen nothwendig machten, an der Erfüllung seiner Obliegenheiten als Landmarschall behindert sei und daß er daher "mit Genehmigung Serenissimi Strelitzensis", welche jedoch nicht zu den Acten gekommen ist, dem von Genzkow auf Jatzke seine Stellvertretung im Kreise übertragen habe. Da der Engere Ausschuß mit dieser "willkührlichen Substitution" nicht einverstanden war, auch von 1786 bis zum 2. Nov. 1792 von Friedrich Hahn Schreiben vorliegen, welche sein Ausbleiben aus den landständischen Versammlungen, größtentheils wegen dringender Geschäftsreisen nach seinen Gütern in Holstein, und nur ein Mal wegen "Unpäßlichkeit" entschuldigen, so wird die Bestellung des von Genzkow auf Jatzke zum Vice=Landmarschall nicht zu Stande gekommen sein. Aber auf dem Landtage von 1791 ward am 9. November ein Rescript des Herzogs Adolph Friedrich von Meklenburg=Strelitz vom 3. Nov. 1791 vorgelegt, nach welchem der von Oertzen auf Kotelow beauftragt ward, den Land=

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marschall Hahn auf Remplin für diesen Landtag zu vertreten, und am 4. Jan. 1792 erging ein herzoglicher Erlaß, nach welchem, auf den Vorschlag des an der Verwaltung des Landmarschallamtes behinderten Erblandmarschalls Hahn, der von Oertzen auf Kotelow zum Vice=Landmarschall ernannt ward. Da nun auch der von Oertzen auf Kotelow bald durch Krankheit an der Verwaltung des Amtes verhindert ward, so ward auf dem Landtage des J. 1793 für die Dauer desselben der Rittmeister von Rieben auf Ihlenfeld mit Genehmigung der strelitzschen Landtags=Commissarien von der Ritter= und Landschaft des stargardischen Kreises erwählt. Auf dem Landtage des J. 1794 ward am 25. November zu Protocoll gegeben, daß dringende Geschäfte den Erblandmarschall Hahn vom Landtage abgerufen hätten und von der Landtagsversammlung dem von Genzkow auf Rossow die Verwaltung des Amtes während dieses Landtages übertragen sei. Nach dem am 13. Oct. 1796 erfolgten Tode des Vice=Landmarschalls von Oertzen auf Kotelow ward nach einem Erlasse des Herzogs Carl von Meklenburg=Strelitz vom 5. April 1797 auf Ansuchen des Erblandmarschalls Hahn der von Oertzen auf Lübberstorf zum Vice=Landmarschall des stargardischen Kreises bestellt. Nach dem am 9. Oct. 1805 erfolgten Tode des Erblandmarschalls Friedrich II. Hahn ward der von Oertzen auf Lübberstorf am 6. Nov. 1805 von dem Herzoge von Meklenburg=Strelitz seines Amtes als Vice=Landmarschall entbunden, nachdem Friedrich's II. Hahn Sohn Carl erklärt hatte, daß er das Erblandmarschallamt des stargardischen Kreises selbst verwalten wolle.

So befand sich Friedrich II. Hahn am Ende des J. 1779 in einem reichen und reizenden Besitze, der so bedeutend war, wie wohl seit drei Jahrhunderten kein Hahn einen ähnlichen besessen. Friedrich verlegte nun seinen Wohnsitz von Neuhaus nach Remplin, welches an Reichthum und Reiz Neuhaus sehr ähnlich ist, aber größere Gebäude hatte, näher dem Herzen Deutschlands und mehr in der Mitte aller Besitzungen Friedrich's lag. Seitdem er in Remplin wohnte, entfaltete er auch mehr nach außen hin die wissenschaftliche Thätigkeit, welche den Glanzpunkt seines Lebens bildet.

Friedrich II. gehört zu den größten Geistern des deutschen Volkes; er stand mit den großen Männern jener Zeit, welche eine höhere Bildung heraufführten, in der innigsten, freundschaftlichsten Verbindung, wie es großen Geistern eigen ist, und Deutschland verdankt ihm einen bedeutenden Theil seiner Erhebung über die Versunkenheit des flachen Franzosenthums. Zwar waren Mathematik und Naturkunde, vorzüglich aber Astronomie, seine Lieblingsstudien; ehe er aber gereift war und thätig in den

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Aufschwung der Astronomie eingriff, lebte er auch mit Freude den philosophischen Studien. Und in dieser Richtung traf er schon früh mit Herder, welcher mehr als einer den Umschwung der allgemeinen Bildung in Deutschland bewirkte und bezeichnet, auf gleichem Wege zusammen. Beide waren ungefähr gleich alt (- Herder war nur zwei Jahre jünger als Hahn -) und stimmten in den höchsten Ansichten überein; sie wurden daher bald die innigsten Freunde. - Nachdem Herder im J. 1769 sein Amt in Riga aufgegeben hatte und auf Reisen gegangen war, erhielt er am 11. Nov. 1769 zu Paris den Antrag, den Prinzen Peter Friedrich Wilhelm, Sohn des Fürstbischofs Herzogs von Holstein zu Eutin, als Instructor und Reiseprediger drei Jahre lang auf Reisen zu begleiten. Er nahm den Antrag an und ging im Anfange des J. 1770 über Holland und Norddeutschland nach Kiel, wo sich der junge Prinz aufhielt. Hier war es, wo Friedrich Hahn die persönliche Bekanntschaft Herder's machte, die sich gleich zur innigsten Freundschaft ausbildete. Herder's Frau schreibt 1 ): "Der holsteinsche Adel, wohlhabend und human, gesellt sich mit dem Gelehrten und dem Staatsdiener, schätzt wissenschaftliche Vorzüge und erwirbt sich deren selbst. Herder fühlte sich in diesen Verhältnissen, nach seiner eigenthümlichen Neigung, gern als Patriot, und war in dem liberalen Umgang mit solchen Männern in diesem schönen Lande ganz einheimisch. Zu Kiel war der durch Wissenschaft und edlen Charakter ausgezeichnete Graf von Hahn sein besonderer Freund. An diesen großen Astronomen ist die Ode Orion gerichtet, worin Herder ihm Hochachtung und Liebe für seine edelmüthige Freundschaft nach Jahren noch darbringt. Die schöne Natur, noch mehr der Umgang mit vielen edeln und guten Menschen ließen die angenehmsten Eindrücke in ihm zurück, an die er sich immer gerne erinnerte".

Am 15. Julii 1770 hielt Herder die Abschiedspredigt in Eutin und trat mit dem Prinzen und dessen Oberhofmeister, dem Herrn von Cappelmann, die Reise an. In Straßburg, wo der Prinz sich den Winter aufhalten sollte, bat Herder um seine


1) Das Leben Herder's und seine Beziehungen zu Friedrich II. Hahn sind geschildert in den

Erinnerungen aus dem Leben Joh. Gottfrieds von Herder, von Maria Caroline von Herder, geb. Flachsland, herausgegeben von Joh. Georg. Müller, Erster Theil,

in

J. G. v. Herder's Sämmtlichen Werken. Zur Philosophie und Geschichte. Zwanzigster Theil. Stuttgart und Tübingen, bei Cotta. 1830.

Die hier in Betracht kommenden Ereignisse in dem Leben Herder's sind in dieser Ausgabe geschildert S. 130, 133, 153 flgd., 159, 247, 251. Die Beziehungen zu Friedrich Hahn sind geschildert S. 151 - 62 und S. 255.
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Entlassung, da er einen Ruf des Grafen Wilhelm von Bückeburg als Hauptpastor und Consistorialrath angenommen hatte. Im Mai 1771 kam er in Bückeburg an und verheirathete sich am 2. Mai 1773 zu Darmstadt. Am 8. April 1775 erhielt er die Superintendentur im Bückeburgischen.

Aus dieser Zeit sind noch einige höchst interessante Briefe Herder's vorhanden, welche 1855 im hahnschen Archive zu Neuhaus entdeckt sind. Leider sind es nur wenige, und es scheint keine Hoffnung vorhanden zu sein, daß noch mehr erhalten sind; es muß ein großer, reicher Briefwechsel untergegangen sein; aber diese wenigen sind von so großer Bedeutsamkeit, daß die weniger wichtigern im Auszuge, die bedeutsamsten vollständig am Schlusse dieser Lebensbeschreibung mitgetheilt sind. Diese Briefe, welche die tiefsten Ansichten Herder's berühren, sind um so wichtiger, als sie in die Blüthenzeit Herder's fallen. Unter den vielen Briefen an Friedrich Hahn, selbst den von seinen nächsten Verwandten, sind allein die von Herder ohne alle Förmlichkeit geschrieben. - Als Herder im J. 1774 seine "Philosophie der Geschichte der Menschheit", sein wichtigstes Werk, geschrieben hatte, schickte er am 5. Aug. 1774 Friedrich Hahn das Werk mit der Bitte: "Ich bin äußerst begierig, Ihre, meines ersten Philosophen, Meinung zu hören. Ich bitte Sie nochmals bald, bald um Ihre Meinung". Herder macht bei dieser Gelegenheit folgende merkwürdige und interessante Aeußerung: "Mir fehlt, wie ich mündlich sagte, der Gebrauch der höhern Mathematik, in der, wie ich wittre, wenigstens vortreffliche Gleichnisse liegen müssen, in der Philosophie höher zu steigen, bisher habe ich aber noch nicht in das Zauberland kommen können, wer weiß auch je. Die Lampe meines Geistes brennt von gar zu nassem Feuer: sie hat immer Oel der Leidenschaft nöthig, und das ist so grob und wäßrig, - daher denn alles, was ich schreibe und denke, dampft. Ihre Flamme wird und muß reiner brennen: muntern Sie sich ja dazu auf".

Man sieht klar, wie hoch Herder seinen Freund Hahn schätzte, namentlich wegen dessen mathematischer Gelehrsamkeit, die Herder so hoch stellte und doch nach der Eigenthümlichkeit seines Geistes nicht erringen konnte.

Hahn und Herder hatten sich kurz vorher gesprochen. Am 20. Junii 1774 war Friedrich Hahn mit seiner Frau und seinem Schwager v. Blome in Hannover und wollte am andern Tage nach Pyrmont reisen, wohin auch der hannoversche Leibarzt Zimmermann zu gehen beabsichtigte.

Auch die "Aelteste Urkunde des Menschengeschlechts" schickte Herder am 5. August 1774 an Friedrich Hahn zur

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Beurtheilung mit den Worten: "Gefiels Ihnen, in die älteste Urkunde zu sehen, so halten Sie sich, bitt' ich, an den ersten Theil und ans Register; überschlagen Sie alles, was nicht für Sie ist, und suchen Goldkörner im Sande. - - Leben Sie wohl, liebster Freund; ich liebe Sie herzlich; ewig der Ihrige".

Am 28. August 1774, an seines "ältesten Buben Geburtstage", schrieb Herder wieder an Hahn mit der merkwürdigen Enthüllung, die sein ganzes Streben entfaltet: "Es muß einen Punkt geben, wo Zeichen, Wort und Bedeutung zusammenfallen. Ja, Liebster, nach dem Punkte suche ich toll und wild und wieder sorgsam und lechzend, ohne ihn noch recht zu haben. Was Sie mir einst in Pyrmont sprachen, schien mir in Ihrer Seele große Aussicht, die ich aber nicht umfassen konnte: es war für mich, wie aus einem andern Lande. O hätten Sie Herz und Lust, hierin Leibnitz zu werden!" Aehnlich schreibt Herder am 24. Dec. 1774: "Hätte ich die höhere Mathematik inne, so ahndets mich, hätte ich für mein unerschöpfliches Meer vom Hauptgedanken: Sinnlichkeit ist nur Phänomen, Bild, Formel von Gedanken, objectiv und subjectiv betrachtet, vortreffliche Data und Gleichnisse finden müssen. Ich besitze sie aber leider nicht".

Im Junii 1775 erhielt Herder von der Akademie der Wissenschaften zu Berlin den Preis für die Schrift: "Ueber die Ursachen des Geschmackes bei den verschiedenen Völkern". Er hatte am 24. Dec. 1774 die Abhandlung, "wie er sie der Akademie eingesandt und wie sie den Preis nicht bekommen wird, soll und darf", auch an Friedrich Hahn geschickt, "zu sehen, ob ers troffen; es ist eine allweite herrliche Frage". Friedrich Hahn hatte auch über die Preisfrage gearbeitet, und Herder erbat sich dessen Abhandlung dagegen mit der Bitte: "Meine Abhandlung schicken Sie mir nicht zurück ohne Anmerkungen. Zeigen und sagen Sie keinem Menschen von meiner Abhandlung. Es ist Schande, vor unsrer honnetten Welt, zu laufen und nicht zu siegen. Aber vor Ihnen hab' ich keine Schande".

Im J. 1774 schenkte Friedrich Hahn an Herder Bolingbrocke's Werke; am 5. August 1774 schrieb Herder: "Wärs nicht möglich, daß ich Ihren Bolingbrocke bekäme? - - Könnte ich zu Ihnen fließen, Sie und Ihre Bibliothek zu genießen, für die Plastik dazu die Bibliothek Ihres Schwagers! Schon aus meiner ungeselligen Einöde zu entkommen, wäre ein Schatz: alles Uebrige, daß man doch für Etwas da ist, und das, was man soll, zu sein und zu werden doch aufs beste streben muß, ungerechnet". - Am 24. December 1774 schrieb

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Herder: "Dank Ihnen für Bollingbrock, edler Mann! Er ist mir ein Denkmal Ihrer Freundschaft und bringe viel Früchte". Aus diesem Geschenke entstand Herder's kurze, aber treffende Betrachtung über Bolingbrocke in seiner Adrastea. In Friedrich's Hahn Bibliothek befindet sich noch ein Exemplar von "The works of Bolingbroke in five volumes. London, 1754".

Bald eröffneten sich für Herder glänzende Aussichten. Am 12. Dec. 1775 erhielt er durch Göthe eine vorläufige Anfrage, ob er die Stelle eines General=Superintendenten in Weimar annehmen wolle, und er sagte mit frohem Herzen Ja, - "schon um aus seiner geselligen Einöde in Bückeburg zu kommen". Es fehlte ihm aber an Geld zum Umzuge. Am 7. Aug. 1776 schrieb er an Friedrich Hahn: "Sie werden wissen, daß ich jetzt nach Weimar soll zur Stelle des Ober=Consistorial=Raths und General=Superintendent. Ich habe keine Schulden, aber auch keinen Vorrath. - - Ich hoffe Sie in Pyrmont zu sehen". Friedrich Hahn schickte ihm sogleich 300 Thaler. Am 2. Oct. 1776 kam Herder in Weimar an und begann hier im Vereine mit den größten Männern Deutschlands seine große Laufbahn, gewiß zur hohen Freude seines Freundes Friedrich Hahn. In einem Briefe vom 21. Junii 1778 mahnt Herder sich selbst an seine Schuld. Friedrich Hahn hat aber mit zartem Sinne diese Stelle aus seinem Briefe herausgeschnitten und als losen Zettel beigelegt; er ließ Herdern das Geld als Geschenk von Freundes Hand. Herder's Frau schreibt 1 ): "Herr Graf von Hahn, den Herder in Holstein kennen gelernt, erwies sein Wohlwollen gegen ihn durch ein ansehnliches Reisegeschenk besonders thätig".

Am 21. Junii 1778 schickte Herder an Friedrich Hahn seine Schrift: "Vom Erkennen und Empfinden", die er 1778 in den Druck gab. Das Thema war von Anfang an zwischen den beiden Freunden das Hauptthema gewesen. Schon am 5. August 1774 schrieb Herder an Hahn: "Den med. terminus aber der beiden Sätze, die ich, wie sie, für identisch halte ("erkennen und genießen"), habe ich bis jetzt noch nicht anders als im Wesen eines Geistes, eines eingeschränkten, sich vervollkommenden Geistes finden können. Wozu genössen Sie, wenn Sie nicht erkennen wollten?" Zugleich schickte Herder am 21. Junii 1778 "die Plastik" welche er in diesem Jahre auch herausgab, und welche Hahn schon "dem Anfange nach kannte". Herder war dazu gewiß schon früh in Holstein


1) Ueber das Reisegeld nach Weimar, welches Friedrich Hahn Herdern schenkte, vgl. daselbst S. 255.
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und durch Hahn dazu angeregt, da Hahn eine bedeutende Bibliothek und sein Schwager v. Blome auf Saltzau, nach Ueberlieferungen, eine sehr gute Sammlung von Kupferstichen und andern Kunstwerken besaß. Daher schreibt Herder schon am 5. August 1774 an Hahn: "Könnte ich zu Ihnen fließen und Ihre Bibliothek genießen, für die Plastik dazu die Bibliothek Ihres Schwagers!" Herder schrieb an Hahn bei der Uebersendung beider Werke am 21. Junii 1778: Damit Sie, hochgeschätzter, lieber Freund, nicht denken, daß ich ganz aus der Welt bin, so sende ich Ihnen hiemit ein Schriftchen, das Sie aus dem Entwurf bereits kennen und das ich Ihnen gar dedicirt hätte, wenn die Dedicationslaune die meinige wäre. Auch ein anderes Ding, mit Namen Plastik, das Sie dem Anfange nach kennen, kommt hiebei. Ich wünsche, daß beides Ihnen wohlthue. Und darf ich bitten um Antwort und Ihre Meinung, die mir statt hundert ist, wie Sie wissen". Man sieht, daß beide Freunde sich ihre Arbeiten vor der Herausgabe mittheilten.

So weit läßt sich der Verkehr Friedrich's Hahn mit Herder aus geringen Bruchstücken verfolgen. Vielleicht gelingt es, nach dieser Anregung in der Zukunft mehr zu entdecken, namentlich Briefe Friedrich's Hahn, an denen es ganz fehlt.

Aber auch mit andern jüngern Männern jener Zeit stand Friedrich Hahn in Verbindung. Boie, ein Holsteiner, der in Göttingen seit 1770 den Musen=Almanach herausgab und im J. 1772 einen Dichterverein, den Hainbund, gestiftet hatte, dem so viele ausgezeichnete Männer angehörten, wie der Meklenburger Johann Heinrich Voß und die Brüder Christian und Friedrich Leopold Grafen v. Stolberg, Holsteiner, gab am 14. Januar 1773 seine lebhafteste Freude und Dankbarkeit zu erkennen, daß Friedrich Hahn die dürftigen Umstände eines aufkeimenden dichterischen Talents, Namens Thomsen, gemildert hatte (vgl. unten die Briefsammlung). Moses Mendelssohn schätzte Friedrich Hahn als scharfsinnigen Philosophen so hoch, daß er bekannte, nie einen geistreichern Mann gesehen zu haben. Der berühmte hannoversche Leibarzt und Schriftsteller Zimmermann, den Friedrich Hahn auch als Arzt gebrauchte, schreibt am 6. Dec. 1774: "J'écris à Monsieur de Hahn, le philosophe, l'homme de génie, l'esprit transcendant, dont Mendelssohn m'a dit que pour la force de l'abstraction metaphysique il n'avoit jamais vu son égal".

Mit den Brüdern Grafen von Stolberg stand Friedrich Hahn ebenfalls in Verkehr. Der Graf Friedrich Leopold schreibt (vgl. unten die Briefsammlung) am 6. Julii 1779:

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"Mein Bruder wünscht sehr das Glück Ihrer Bekanntschaft, und Sie wissen, hoffe ich, wie viel Ihr Umgang zum Glück meines Lebens beitragen würde".

Auch bei großen Staatsmännern stand Friedrich Hahn in hoher Achtung. Der dänische Minister Graf von Bernstorf hätte Friedrich Hahn gerne in Staatsdiensten gesehen, glaubte es aber nicht wagen zu können, bei den Zuständen des Hofes ihm einen Dienst anzubieten. Der preußische Minister von Herzberg schrieb am 13. Julii 1779 die vertraulichen Worte: "Es ist mir überaus angenehm gewesen, zu ersehen, daß Sie sich meiner Freundschaft erinnern und mir von dem jüngst (13. Mai 1779 zu Teschen) geschlossenen Frieden (nach dem baierschen Erbfolgestreit) einiges Verdienst zuschreiben. Ich habe freilich einigen Antheil daran gehabt; er hat auch seinen Werth, ist aber nicht im ganzen so ausgefallen, wie ich es gewünschet und auch möglich erachtet habe".

Dies sind einige Grundzüge, aus denen die große Bedeutsamkeit Friedrich's Hahn für die Entwickelung der deutschen Bildung sehr klar zu erkennen ist. Möchte es gelingen, noch mehr, als das Wenige, was hier geboten ist, zu entdecken 1 ). Das Gemälde könnte so reizend werden, wie wenige andere.

Mit dem am 6. Sept. 1779 erfolgten Tode des Erblandmarschalls Claus Ludwig Hahn auf Remplin, durch den die Lehngüter der rempliner Linie an Friedrich Hahn fielen, änderte sich die ganze Scene. Friedrich Hahn, der jetzt seinen Wohnsitz von Neuhaus nach Remplin verlegte, fand in Remplin nicht allein größere Räumlichkeiten und ein größeres Vermögen, sondern hatte auch bis dahin seine eigentlichen Studien so weit vorbereitet, daß er mit Erfolg thätig wirken konnte. Er beschäftigte sich von jetzt an vorzugsweise mit der Astronomie, ohne die übrigen Wissenschaften, namentlich die Naturwissenschaften, zu vernachlässigen.

Wundemann stellt den Erblandmarschall Friedrich Hahn in seinem Werke: "Meklenburg in Hinsicht auf Cultur, Kunst und Geschmack, 1800", I, S. 125, unter den gelehrten Adeligen Meklenburgs oben an.

Hahn stand mit den größten Astronomen Europa's in Verbindung, namentlich mit Herschel, durch welchen er viele ausgezeichnete astronomische Instrumente und seltene Bücher bezog.


1) Die Entdeckung der hier mitgetheilten und benutzten, wichtigen culturgeschichtlichen Briefe verdanke ich der freundlichen Theilnahme des Herrn Grafen Ferdinand Hahn auf Neuhaus, in dessen Archive dieselben unter den Papieren aufbewahrt werden, die noch aus dem Nachlasse seines großen Großvaters gerettet sind. Ich hatte im Sommer des J. 1855 Gelegenheit, die freundliche Güte des Herrn Grafen in Neuhaus, und später, zu verehren.
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Vorzüglich trat er aber mit dem berühmten deutschen Astronomen Bode in innigen, dauernden Verkehr. Bode, ein Hamburger, geb. 1747, war nur 5 Jahre jünger als Friedrich Hahn und trat mit diesem gewiß schon sehr früh in Verbindung. Schon im J. 1768 gab Bode sein berühmt gewordenes, allgemein verbreitetes Werk: "Anleitung zur Kenntniß des gestirnten Himmels" heraus, das in vielen Auflagen noch heute seinen großen Werth behauptet. Im J. 1772 ernannte ihn die berliner Akademie zu ihrem Astronomen; als solcher gab er seit 1774 seine wichtigen astronomischen Jahrbücher und im J. 1801 einen neuen Himmelsatlas heraus, in welchem 12,000 Sterne mehr, als früher, verzeichnet sind. An diesen großen Werken hat Friedrich Hahn nicht allein einen bedeutenden Antheil, sondern er hat auch großes Verdienst um die Herausgabe des Himmelsatlas.

Ein anderes inniges Verhältniß entspann sich zwischen Friedrich Hahn und dem würdigen Hecker, Professor der Mathematik an der Universität Rostock. Hecker war im J. 1747 geboren, also grade so alt als Bode; er war 1778 zum Professor an die neue herzogliche Universität Bützow berufen und 1788 bei der Verlegung dieser Universität nach Rostock gegangen. Seit dieser Zeit entspann sich die Freundschaft zwischen Friedrich Hahn und Hecker, welcher in alten Freundschaftsverhältnissen zu Bode stand. Hecker stand nicht allein in lebhaftem Briefwechsel mit Friedrich Hahn, sondern ward auch zugleich mit Bode von diesem häufig nach Remplin eingeladen, wo diese ausgezeichneten Männer in dem angenehmsten wissenschaftlichen Verkehr mit einander lebten. Friedrich Hahn hat das Verdienst, daß durch Hecker die Lage und die Temperatur Rostocks festgestellt ward, indem Hahn die dazu nöthigen Instrumente nach Rostock gab. Als Zöllner im J. 1797 Remplin besuchte, war Hecker's Bruder Hofmeister der Söhne Friedrich's Hahn, namentlich Ferdinand's, und lebte bei Friedrich in angenehmen wissenschaftlichen Verhältnissen 1 ), in welchen er ihm auch hülfreiche Hand


1) Die Nachricht über die Verhältnisse des Professors Hecker in Rostock zu Friedrich II. Hahn sind enthalten in der Festschrift, welche die Universität Rostock bei der 50jährigen Amtsjubelfeier Hecker's am 12. December 1828 herausgab: "Seni venerando Petro Johanni Heckero per quinquaginta annos professori publico die 12 mens. Decembris anni 1828 Academia Rostochiensis". Die Universität sagt p. VIII zu Hecker: "Eodem fere tempore (1788) aut non multo secus inter mareschallum comitem de Hahn, qui vir mathesin assiduo et prospere coluit, Teque notitia contracta est, quae postea in firmam amicitiam coaluit. Quocirca ille non modo crebris literis a Te edoctus est, sed etiam quum Te et magnum illum Bodium, Berolinensem, quocum Tibi vetus fuit consuetudo, in villas suas suburbanas crebro invitasset, eum convenisti tempusque utilissimis sermonibus consumsistis. Ejusdem viri amicitiae debetur, quod acceptis ab eo machinis situm urbis nostrae, poli (  ...  )
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leisten konnte. Hecker lebte späterhin mit einer hanschen Pension von 500 Thalern in Malchin.

Bald darauf, seit dem J. 1798, war auch ein anderer meklenburgischer Gelehrter, der als Naturforscher bekannte Candidat Zylius, welcher mehrere Preise gewann und gekrönte Preisschriften herausgab, Hauslehrer zu Remplin und blieb auch bei Friedrich Hahn als Gehülfe einige Jahre, nachdem Hecker mit Hahn's Söhnen auf die Universität Greifswald gegangen war 1 ). Der Hofmeister des jüngern Sohnes war eine Zeit lang Voigt, welcher späterhin mit einer hahnschen Pension von 400 Thalern ebenfalls in Malchin wohnte.

Nachdem Friedrich Hahn nach Remplin gezogen war, richtete er seine reiche Bibliothek geschmackvoll ein, welche auf ungefähr 12,000 Bände seltener, großer und prachtvoller Werke,


(  ...  ) altitudinem, naturam loci maximeque rationem, quae ei cum maris superficie intercedit, penitius explorare Tibi licuit". - Ueber Hecker's Bruder vgl. Zöllner's Reise durch Pommern etc. ., 1797, S. 413 und 388; vgl. Eschenbach's Annalen VIII, 1798, Stück II, S. 9 flgd., wo S. 11 auch Hecker's Beobachtungen der Barometerhöhe in Rostock mitgetheilt sind.
1) Johann Dietrich Otto Zylius, Sohn eines Predigers zu Sietow bei Röbel, aus einer alten meklenburgischen Predigerfamilie, war ein Mann von großen Kenntnissen in der Physik (vgl. Neue Monatsschrift von und für Meklenburg, 1795, Supplement, Stück 4, zum Monat December, S. 128, und Eschenbach's Annalen der Rostockschen Academie VI, 1796, S. 142). Er war, als Candidat der Theologie, 1794 Hauslehrer bei dem Dr. Oerthling zu Rostock. Hier schrieb er in Gren's Journal der Physik, Bd. VI, Heft 2, ein Schreiben über einige vom Herrn H. R. Lichtenberg gemachte Einwürfe gegen das antiphlogistische System und gegen die Auflösung des Wassers in der Luft, und Heft 22 ein Schreiben über de Luc's Lehre von der Verdunstung und dem Regen (vgl. Eschenbach's Annalen, 1794, Stück 3, August, S. 24. und Stück 13, November, S. 104; Meusel's Gelehres Teutschland, Bd VIII, S. 726). Im J. 1795 war Zylius Hauslehrer bei dem Leibarzt Dr. Graumann zu Bützow. Hier gewann er den von der physikalischen Classe der Akademie der Wissenschaften zu Berlin für das Jahr 1794 ausgesetzten Preis (eine goldene Medaille von 50 Ducaten) über de Luc's Theorie vom Regen; die Preisschrift erschien gedruckt unter dem Titel: "Herrn Zylius Prüfung der neuen Theorie des Hrn. de Luc, vom Regen und seiner daraus abgeleiteten Einwürfe gegen die Auflösungstheorie. Eine von der königl. preuß. Akademie der Wissenschaften zu Berlin gekrönte Preisschrift. Berlin 1795". gr. 8. Die Schrift war die einzige, welche zur Preisbewerbung eingegangen war, aber die Akademie bezeugte, daß sie Genüge geleistet habe (vgl. Meusel a. a. O., Eschenbach's Annalen Bd. V, 1795, Stück 47, September, S. 369, Monatsschrift a. a. O.). Seit dem J. 1798 war Zylius Hauslehrer und Gehülfe bei dem Erblandmarschall Friedrich Hahn zu Remplin (vgl. Meusel a. a. O.). Der Candidat Hecker, welcher 1797 sicher Hauslehrer in Remplin war, begleitete Friedrich's Hahn Söhne auf die Universität Greifswald, und Zylius blieb Gehülfe Friedrich's Hahn bei dessen gelehrten Forschungen. Im J. 1802 lebte Zylius in Goldberg. Hier gewann er wieder einen Preis (eine goldene Preismedaille) von der Teylerschen Stiftung in Holland für eine "Abhandlung über den gegenwärtigen Zustand unserer Naturkenntniß von den wässerichten Lufterscheinungen, von Johann Diederich Otto Zylius in Goldberg im Mecklenburg=Schwerinschen". Diese Abhandlung erschien 1804 gedruckt nicht allein in der deutschen Urschrift, sondern auch in einer holländischen Uebersetzung mit der Bemerkung: "Aan wien door Directeuren en Leden van Teylers Stichting in den jare 1802 de gouden Eerpenning is toegewezen". (Vgl. Eschenbach's Annalen Bd. XIII, St. 32, S. 255.)
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vorzüglich aus den Fächern der Astronomie, Mathematik, Philosophie, Naturgeschichte, Geschichte, Geographie, Alterthumskunde, Patristik, Philologie, der neuern schönen Literatur u. s. w., anwuchs. "Die Bibliothek zeichnete sich nicht so sehr durch Menge von Bänden, als durch kostbare und große Werke aus: sie war an mathematischen und physikalischen Werken reich und enthielt die vollständigen Sammlungen der Schriften der gelehrten Gesellschaften und die classischen Werke der Philosophie älterer und neuerer Zeit" 1 ). Die Bibliothek ist ein Beweis der Weite des Gesichtskreises Friedrich's Hahn. Außerdem enthält sie viele Bücher, welche ihm von den Verfassern als Zeichen der Verehrung zugeschickt sind.

Nach Friedrich's II. Tode blieb die Bibliothek zuerst in Remplin. Hier ward sie bald zuerst aus dem Marmorsaale in das Gartenhaus versetzt, wo sie bis zum J. 1816 blieb. Im J. 1816 ward sie nach Basedow gebracht, wo sie, gewiß nicht mehr in einem vollkommenen Zustande, im Schlosse als gemeinschaftliches Eigenthum der Erben Friedrich's II. aufgestellt ward. Nach erfolgter Auseinandersetzung darüber erwarb sie Friedrich's II. Enkel, der Graf Friedrich Wilhelm Adolph auf Basedow, zum alleinigen Eigenthum, und dieser ließ nun den größern Theil im J. 1830 nach Faulenrost versetzen und in dem dortigen Schlosse aufstellen; die werthvollsten Bücher und Prachtwerke blieben jedoch in Basedow und sind in einem von dem Geheimen=Ober=Baurath Stüler neu erbaueten Bibliotheksaale neben dem Schlosse aufgestellt, während der Graf im Schlosse noch eine Handbibliothek hat. Wahrscheinlich sind in Remplin mit manchen Büchern auch die werthvollen wissenschaftlichen Correspondenzen Friedrich's II. verloren gegangen, da sie sich in den von Remplin nach Basedow im J. 1816 ausgelieferten Acten nicht haben finden lassen. Auch zu Neuhaus und Faulenrost hatte Friedrich II. Bibliotheken zum Handgebrauche.

Da Friedrich II. die höhern Naturwissenschaften liebte und pflegte und alle seine Beobachtungen auf die Erkenntniß des Weltlebens zurückzuführen suchte, so hatte er zu Remplin auch ein chemisches Laboratorium, eine vortreffliche Elektrisir=Maschine mit vollständigem elektrischen Apparat, eine Luftpumpe, eine gute Mineraliensammlung, und außerdem viele andere


1) Ueber die Bibliothek Friedrich's II. Hahn vgl. Zöllner und Wundemann a. a. O. Die letzten Nachrichten sind von M. Droysen in den Greifswalder kritischen Nachrichten, 1804, Stück 50; vgl. Eschenbach's Annalen der Rostockschen Academie, XII, St. 48, S. 379. - Nach Friedrich's II. Tode ward die Bibliothek zuerst nach Basedow, dann nach Faulenrost und von dort in neuern Zeiten zum Theil wieder nach Basedow versetzt, nachdem hier ein Bibliotheksaal neu gebauet war.
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Sammlungen für die Naturwissenschaften, auch für die Kunst, z. B. große Vorräthe von Wedgewood=Geschirren u. s. w. "Und alle diese Dinge waren nicht zur Schau ausgestellt, sondern im und zum Gebrauche."

Endlich ließ er im Garten zu Remplin eine schöne, "unerschütterliche" Sternwarte, die erste in Meklenburg, bauen, welche die vortrefflichsten astronomischen Instrumente enthielt: eines der größten und achtungswerthesten Werke seines Lebens. Im J. 1791 machte er mit seinem Freunde Bode eine Reise nach Magdeburg, dem Harz, Göttingen, Kassel, Gotha, Jena, Halle und Dessau, um Erfahrungen zur Einrichtung der Sternwarte zu sammeln und die Bibliotheken zu benutzen; vorzüglich mochten ihn die Sternwarten zu Göttingen und Gotha anziehen, und dazu traf er auf dieser Reise Männer, wie Zach zu Gotha, Kästner zu Göttingen, Klügel zu Halle, u. A., welche Mitarbeiter an Bode's astronomischen Jahrbüchern und dessen und Hahn's Correspondenten und Freunde waren. Im J. 1793 war die Sternwarte eingerichtet. Im Sommer (Julii bis August) 1794 lud Friedrich Hahn seinen Freund Bode nach Remplin ein, um seine Freude mit ihm zu theilen. Bode gab in dem 1794 herausgegebenen astronomischen Jahrbuche für das Jahr 1797 ein "Verzeichniß der vorzüglichsten in dem astronomischen Salon des Herrn Erblandmarschal von Hahn zu Remplin befindlichen Instrumente" 1 ). Friedrich Hahn verschaffte sich nach und nach viele astronomische Instrumente, 50 an der Zahl, von denen folgende die wichtigsten und ausgezeichnetsten sind: ein siebenfüßiges Herschelsches Spiegel=Teleskop, ein (ganz vorzügliches) fünffüßiges achromatisches Fernrohr von Dollond (noch in Basedow befindlich), ein dreieinhalbfüßiges achromatisches Fernrohr von Dollond, ein zweifüßiger Sternaufsucher von Dollond, ein kleines vierfüßiges Dollondsches Handfernrohr, ein dreifüßiges Handfernrohr von Ramsden, ein Kometensucher von Nairne und Blunt, ein sehr schönes und berühmtes Dollondsches Universal=Aequatorial=Instrument (eine ausgezeichnete "kleine tragbare Sternwarte"), ein vierfüßiges Dollondsches Mittagsfernrohr oder Transitinstrument (auf Granitsäulen ruhend), eine parallatische Maschine mit einem sechsfüßigen Fernrohr von Lincoln, ein zwölfzölliger und ein sechszölliger Spiegelsextant von Dollond, ein Vollkreis von Cary, drei künst=


1) Die Nachricht über die erste Vollendung der Sternwarte zu Remplin mit einer Beschreibung aller Instrumente giebt Bode in seinem Astron. Jahrbuche für 1797, Berlin 1794, S. 240 flgd. Ueber das erste Riesenteleskop vgl. Astron. Jahrbuch f. 1796, Berlin 1793, S. 191.
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liche Horizonte, ein zehnzölliger Quadrant von Nairne und Blunt, eine astronomische Secundenpendeluhr von Klindworth in London und eine andere von Höschel in Augsburg, eine andere von Möllinger in Berlin, ein kostbarer Taschen=Chronometer (in Gestalt einer goldenen Taschenuhr) von Arnold in London, ein Declinatorium von Nairne und Blunt in London, ein Repetitionskreis von Ramsden (eines der gelungensten Instrumente), Erd= und Himmelsgloben von Senex in London, eine Mondkugel von Russel in London und viele andere kleinere Instrumente 1 ). Ein Passage=Instrument von Brandes und Höschel war im J. 1806 noch nicht ausgepackt. - Neben der Sternwarte standen die Riesenteleskope unter freiem Himmel. Zuerst hatte Friedrich Hahn nur Ein zwanzigfüßiges herschelsches Spiegelteleskop, mit einem Metallspiegel von 12 englischen Zoll Durchmesser und vierzig Pfund Gewicht; dieses erwartete er, nach einem Briefe vom 16. Junii 1793, nächstens, da Herschel schon einen Uranustrabanten dadurch wahrgenommen hatte; es stand, nach Bode's Bericht, in Remplin schon im Sommer 1794. Das Rohr ward in Remplin gebauet und wog 230 Pfund. Mit der Zeit, als der Spiegel anfing etwas dunkel zu werden, ließ Friedrich Hahn ein zweites zwanzigfüßiges herschelsches Spiegelteleskop erbauen mit einem Spiegel von 18 Zoll Durchmesser. Die beiden Spiegel waren von Herschel selbst in großer Vollkommenheit. Das zweite Riesenteleskop ließ Friedrich Hahn im Sommer 1801 bauen, als Bode bei ihm zum Besuche war, welcher die Sternwarte im besten Zustande fand 2 ). Der ganze sinnreiche Mechanismus zur Bewegung dieser Teleskope war von Friedrich Hahn selbst erfunden und entworfen, von seinem einsichtsvollen und anstelligen Gärtner gezeichnet und von seinem geschickten Schlosser zu Remplin, der ihm viel zur Hand war und der auch selbst Secundenuhren machte, unter seiner Leitung gebauet. (Vgl. Bode's Astron. Jahrbuch für 1797, S. 252.) "Wer die Schwierigkeiten bei der Errichtung eines solchen In=


1) Fernere Nachrichten über die Sternwarte zu Remplin finden sich in Eschenbach's Annalen der Rostockschen Academie, Bd. IV, 1793, St. 7, S. 55; Zöllner's Reise durch Pommern, 1795, S. 413 flgd.; Wundemann's Meklenburg in Hinsicht auf Kultur, Kunst und Geschmack, Th. I, 1800, S. 396 flgd.; Bode's Astron. Jahrbuch, 1793, S. 248; Krey's Beiträge zur Meklenburgischen Kirchen= und Gelehrtengeschichte, Bd. II, 1821, S. 147 flgd. Die letzten Nachrichten über die Sternwarte und den gelehrten Apparat Friedrich's Hahn giebt Droysen, Professor der Mathematik und Physik zu Greifswald, in den Greifswalder kritischen Nachrichten, 1804, St. 50; vgl. Eschenbach's Annalen der Rostockschen Academie, XII, 1805, St. 48, Mai, S. 377 flgd. Vgl. (Dietz) Mecklenb. Journal, Bd. I, 1805, S. 165.
2) Ueber die Erbauung des zweiten Riesenteleskops berichtet Bode in seinem Astron, Jahrbuch für 1804, Berlin 1801, S. 266.
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struments kennt, muß es bewundern, wie sehr es dem Grafen gelungen ist, demselben den Grad der Vollkommenheit zu geben, den es erhielt".

Nach Friedrich's II. Tode nahm der Dr. J. Droysen, Professor der Mathematik und Physik an der Universität zu Greifswald, am 28. Mai 1806 ein Verzeichniß sämmtlicher Instrumente auf und schätzte sie, freilich sehr niedrig, zu 8896 1/3 Thalern. Im J. 1809 kaufte Bode 8 Instrumente, nämlich den Kometensucher, den Vollkreis, das Mittagsfernrohr, das Universal=Aequatorial=Instrument, drei Sextanten und eine Sternenuhr für 2125 Thaler und im J. 1813 das größte Spiegelteleskop für 1274 1/3 Thaler, wie es heißt, für die Sternwarte zu Königsberg. Was von den Instrumenten im J. 1816 sonst noch übrig war, ward mit der Bibliothek nach Basedow versetzt und wird bei derselben aufbewahrt.

Im Schlosse hatte Friedrich Hahn andere große Sammlungen von ausgezeichneten mathematischen und physikalischen Instrumenten, 94 an der Zahl, z. B. eine Elektrisirmaschine von Nairne und Blunt in London, eine andere große Elektrisirmaschine, eine Luftpumpe von Dollond, galvanische Batterien, ein Mikroskop von Dollond, seltene Barometer und Thermometer, Magnetnadeln zur Beobachtung der Declination und Inclination, z. B. einen magnetischen Apparat von Nairne und Blunt, seltene Globen, einen schönen Apparat zur Optik, einen Apparat zur Bestimmung des specifischen Gewichts der Körper von Nairne und Blunt, Mikroskope, Brennspiegel, Regenmesser von Höschel, einen Hygrometer von Saussure und viele andere Instrumente.

Bode sagt in seinem Astronomischen Jahrbuche für 1793, S. 248: "Herr Landmarschall von Hahn ist ein großer Verehrer und nicht gemeiner Kenner der Mathematik, Astronomie und Physik. Er wendet einen Theil seines ansehnlichen Vermögens auf eine ruhmwürdige Art zur Anschaffung einer kostbaren Bibliothek, einer vorzüglichen Sammlung natürlicher Seltenheiten und physikalischer und astronomischer Instrumente, wie ich denn im vorigen Jahre auf seinem Rittersitze Remplin unter andern ein von ihm angeschafftes siebenfüßiges herschelsches Spiegel=Teleskop zu sehen und zu gebrauchen Gelegenheit gehabt habe."

Bald nach der Einrichtung der Sternwarte fing Friedrich Hahn an, einige Ergebnisse seiner Beobachtungen und Gedanken nach und nach auf schriftstellerischem Wege zu veröffentlichen; er legte, mit wenigen Ausnahmen, seine schriftstellerischen Arbeiten in Bode's Astronomischen Jahrbüchern nieder. Seine schriftstellerischen Arbeiten sind in chronologischer Reihe folgende:

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1786. Briefwechsel mit Witte über den Ursprung des Irrthums u. s. w.; Anhang in Witte's Versuch über die Bildung der Völker zur Vernunft.
1791. Beobachtungen und Bemerkungen über die Streifen des Jupiter und deren Veränderungen, in Bode's Astronomischem Jahrbuch für das Jahr 1794, Berlin 1791, S. 241 flgd.
1792. Bemerkungen über die Neigungsnadel, in den Schriften der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin (auch unter dem Titel: Beobachtungen und Entdeckungen aus der Naturkunde etc. .), Band X, Stück 3, Berlin 1792, S. 355. (Vgl. S. XXXIV, wo Friedrich Hahn unter den Mitgliedern der Gesellschaft aufgeführt ist.)
1792. Gedanken über die Sonne und ihr Licht, in Bode's Astron. Jahrb. für 1795, Berlin 1792, S. 226.
Diese Abhandlung erschien hier nur in einem Auszuge. Vollständig gedruckt ist sie in den Schriften der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin, Bd. XI, St. 1, Berlin 1793, S. 20 - 32. - Der in Bode's Astron. Jahrb. mitgetheilte Auszug ist auch wieder abgedruckt in Voigt's Magazin für das Neueste der Physik, Bd. X, St. 2, Gotha 1795, S. 123.
1793 Bemerkungen an der Venus, Beschreibung einiger merkwürdigen Sonnenflecke und astronomische Nachrichten, in Bode's Astron. Jahrb. f. 1796, Berlin 1793, S. 188.
1794. 1. Einige mit einem vorzüglichen fünffüßigen Dollondischen Fernrohr angestellte Beobachtungen (vorzüglich über einige größere Sterne) in Bode's Astron. Jahrb. f. 1797, Berlin 1794, S. 155.
2. Mehrere Beobachtungen, daselbst S. 250.
1795.  1. Gedanken über die Ursachen der Lichtabwechselungen veränderlicher Sterne, in Bode's Astron. Jahrb. f. 1798, Berlin 1795, S. 224.
2. Beobachtungen (über das Licht der Sterne) das. S. 240.
1796. Gedanken über den Nebelfleck im Orion, in Bode's Astron. Jahrb. f. 1799, Berlin 1796, S. 235.
1797. in der Mitte des Monats Julii reiste Friedrich Hahn nach Berlin, um den Meridian von Remplin zu bestimmen. Er hatte zu diesem Zwecke den Gang seines Arnoldschen Chronometers auf der Sternwarte in Remplin genau geprüft und reiste mit demselben nach Berlin, um auf der dortigen Sternwarte am 10., 11, und 12.
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  Julii zu Mittag die rempliner Zeit mit der berliner zu vergleichen. Vgl. Bode's Astron. Jahrb. f. 1800, Berlin 1797, S. 249.
1798. 1. Beobachtungen und Gedanken über die Gegend des gestirnten Himmels beim nördlichen Flügel der Jungfrau, in Bode's Astron. Jahrb. f. 1801, Berlin 1798, S. 178.
2. Ueber die Bahn der veränderlichen Sterne, das. S. 240. 
1799. 1. Einige Beobachtungen bei der totalen Mondfinsterniß vom 3. bis zum 4. Dec. 1797, nebst Bemerkungen über die Beschaffenheit des Mondes, in Bode's Astron. Jahrb. f. 1802, Berlin 1799, S. 204.
2. Ueber den planetarischen Nebelfleck bei μ Wasserschlange, das. S. 231.
1800. Einige Beobachtungen über Mira Ceti, über die Nebelflecke in der Leyer und der Hydra, ingleichen eine neue Entdeckung des Herrn Dr. Herschel's, den Wärmestoff betreffend, in Bode's Astron. Jahrb. f. 1803, Berlin 1800, S. 106.
1801. Beobachtung eines kleinen beweglichen Sterns, sehr nahe bei dem veränderlichen Stern Mira am Halse des Wallfisches, in Bode's Astron. Jahrb. f. 1804, Berlin 1801, S. 195.
(Das Astronomische Jahrbuch für 1805, welches 1802 herausgegeben ward, enthält keinen Beitrag von Friedrich Hahn, da seine Gemahlin am 14. November 1801 starb.)
1803. Bemerkungen über die Sonnenflecken, bei Gelegenheit der beim Durchgang des Merkurs am 9. Nov. 1802 auf der Sonne sich gezeigten merkwürdigen Fleckengruppen, in Bode's Astron. Jahrb. f. 1806, Berlin 1803, S. 215.
1804. Ueber die Stoffe im Weltraume und eine Wahrnehmung am Saturn (am 20. April und 13. Mai 1804 eingesandt), in Bode's Astron. Jahrb. f. 1807, Berlin 1804, S. 152 und 157.

Außer den eigentlichen astronomischen Beobachtungen erstrecken sich Friedrich's Hahn Forschungen am Himmel immer auf die Beschaffenheit der Welt und das Wesen der Weltkörper; er verfolgte mit seinen vortrefflichen Instrumenten vorzüglich die unbekannten Gegenden des Himmels, die Nebelflecke, die veränderlichen Sterne, das Licht und den Lichtwechsel der Planeten und deren Trabanten, die Atmosphären; Magnetismus, Elektricität, Licht

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und Wärme erkannte er schon als die großen Hebel des Lebens der Welt und der Weltkörper. Daher schließt auch Herder seine Ode "Orion" auf Friedrich Hahn, den "Lichterwecker", in und aus dessen Geiste mit den achtungsvollen Worten:

"Was regt und treibt und beseelet,
Wodurch sich alles bewegt
Und lebt und fühlt und genießet
Und denkt und strebet, ist Licht!"

Nach vielen Jahren setzte Herder seinem Freunde Friedrich Hahn in seiner Adrastea 1 ) in dem Abschnitte: "Newton's Teleskop" ein ehrendes Denkmal und in der schönen Ode "Orion, An den Erblandmarschall von Hahn". Die in der Ode berührten Sternbilder beziehen sich auf einige wissenschaftliche Arbeiten, welche Hahn in Bode's Astronomischen Jahrbüchern bis 1802 herausgegeben hatte (vgl. oben S. 102 flgd.). Herder's Frau berichtet über diese Ode 2 ): "Zu Kiel war der durch Wissenschaft und edlen Charakter ausgezeichnete Graf von Hahn "(nachheriger Erblandmarschall) Herder's besonderer Freund. An diesen großen Astronomen ist die Ode Orion gerichtet, worin Herder ihm Hochachtung und Liebe für seine edelmüthige Freundschaft nach Jahren noch darbringt".

Herder sagt in der Adrastea:

"Newton's Teleskop.

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- Herschel, Schröter, von Hahn haben über diese "Lichtregionen, über das Licht der Sonne, über die planetarischen Weltkörper, die sich ihrer Ausbildung zu nähern scheinen u. f., Beobachtungen gemacht und so allgemein umfassende, tief eingreifende Gedanken geäußert, daß man sich fast auf dem Wege zur rechten ersten Kosmogonie glaubt. Insonderheit hat letzterer von manchen seiner Beobachtungen, z. B. den Landschaften in der Sonne, der dunkeln und hellen Region im Orion u. f., in wenig Worten so mahlerische Beschreibungen


1) Ueber Friedrich Hahn als geistreichen Astronomen redet Herder, neben dem Abdruck der Ode Orion, in seiner zwischen 1801 und 1803 geschriebenen Adrastea, Begebenheiten und Charaktere des achtzehnten Jahrhunderts, herausgegeben von Johann von Müller, Tübingen, bei Cotta, 1809, S. 438 flgd. und 449, oder: Herder's Sämmtliche Werke: Zur Philosophie und Geschichte, XII. Theil, Stuttgart und Tübingen, bei Cotta, 1829, S. 60 flgd.
2) Ueber Herder's Orion vgl. Erinnerungen aus dem Leben J. G. v. Herder, von Maria Caroline v. Herder, geb. Flachsland, herausgegeben von Joh. Georg Müller, I. Theil. S. 152, in Herder's sämmtlichen Werken: Zur Philosophie und Geschichte XX. Theil, Stuttgart und Tübingen, bei Cotta, 1830. - Unter den in Th. I, S. 261, und Th. III, S. 243 flgd. aufgeführten Freunden Herder's ist dagegen Friedrich Hahn nicht aufgeführt. - Vgl. (Dietz) Mecklenburg. Journal, Bd. I, 1805, September, S. 161.
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gegeben, daß man sie in Farben gezeichnet zu sehen wünschet. Sein und anderer Gedanke, daß die Sonne aus dem Weltraume den glänzenden Stoff abscheide, und sich theils ihn selbst zueigne, theils andern kleinern Weltkörpern zusende, kann zu großen Aufschlüssen führen. Auch dessen letzte Nachricht von Herschel's Entdeckung, daß die Sonne uns außer dem Licht auch unsichtbare Wärmestrahlen zusende, erregt alle Erwartung."

"In welch einem merkwürdigen Zeitpunkt leben wir! Nicht leicht fand sich in allen gebildeten Ländern Europa's eine so zusammenstimmende Bemühung beobachtender, denkender, forschender Geister, als jetzt über den Himmel wachen, insonderheit seit Herschel's gefundenem Reflektor. Bode's Astronomisches Jahrbuch, von Zach's Correspondenz sind davon Zeugen."

"Außer den bekannten Astronomen Frankreichs find Herschel, Maskelyne, Piazzi, Oriani, in Deutschland Bode, Schröter, Olbers, Triesnecker, von Hahn , u. f., nicht minder die holländischen, dänischen, schwedischen, russischen Astronomen in gemeinschaftlicher Wirkung."

" Orion.

An den Erblandmarschall von Hahn.

In welchem Streife der Welten
Weilt jetzt Dein forschender Blick?
Am hohen Flügel der Jungfrau?
Wie oder am glänzenden Schwan?

Im Wallfisch oder der Hydra?
Oder an der Leyer Apolls?
Am flammenden Schwert des Orion
Und seiner furchtbaren Nacht?

O Du, der Quelle der Welten
Nachspähender, forschender Geist,
Der, Prunk der Höfe verachtend,
Am Himmel droben enthüllt

Des Weltalls wirkende Kräfte,
Den Streit des Lichts und der Nacht,
Die Geburt der Strahlen im Aether,
Den Quell lebendigen Seyns,

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Und wandelt still in den Thälern
Der Sonne, lieblich umschirmt
Von Lauben himmlischen Lichtes,
Die allem Seele verleihn.

O dringe weiter in jenen
Ambrosisch leuchtenden Quell,
Und gib Gesetze dem Weltall,
Gesetze des werdenden Seyns.

Du Lichterwecker! Orion
Winkt Dir mit flammendem Schwert,
Es tönt die Leyer Apollo's,
Es singt der himmlische Schwan:

"Was regt und treibt und beseelet,
Wodurch sich alles bewegt,
Und lebt und fühlt und genießet,
Und denkt und strebet, ist - Licht!" "


Eine der wichtigsten Unternehmungen, welche Friedrich Hahn beförderte, war der große Himmelsatlas (oder: Uranographie), den Bode im J. 1801 herausgab. Bode faßte im J. 1796 den Plan, die Sternbilder des Himmels in großem Format herauszugeben, um alle neuen Entdeckungen in die Karten einzutragen; im September 1796 erließ er die Ankündigung des Werkes (vgl. Astronom. Jahrb. für 1799, Berlin 1796, S. 249). Friedrich Hahn, welcher, bei der Freundschaft zu Bode, nicht geringen Antheil an der erweiterten Kenntniß des gestirnten Himmels und den Entdeckungen Bode's hatte, ergriff den Plan mit Begeisterung; er schoß die Kosten dazu zinsenfrei her und machte nur die Bedingung, aus dem Ertrage der Subscriptionsgelder nach und nach sein Capital zurückzunehmen. Friedrich Hahn ließ die 20 Kupferplatten in großem Folio=Format, über 2 und 3 Fuß groß, in England für 6000 Thaler Gold stechen und mußte ein Parlaments=Patent zur Uebersendung der Platten erwirken, da die Ausfuhr von Kupfer wegen des Krieges verboten war. Er schenkte darauf seinem Freunde Bode die Kupferplatten und überließ ihm den Gewinn, den er daraus ziehen könnte. Bode dedicirte das Werk seinem Freunde Hahn, dem "erleuchteten Beschützer der Sternkunde" auf folgendem Titel;

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Joa. Elerti Bode Uranographia sive astrorum descriptio, viginti tabulis aeneis incisa, ex recentissimis et absolutissimis astronomorum observationibus, sumtus commodante illustrissimo astronomiae patrono, generosissimo equite Megapolitano Friderico de Hahn, dynasta Remplini. Berolini MDCCCI, apud auctorem.

In der Vorrede sagt Bode: "Nata mihi est ao. 1796 cogitatio, novas coeli icones forma maxima delineandi, quibus deligentius, apertius, plenius cuncta in coelo stellato inventa effingerem. Quam rem arduam, quaeque magnos requirat sumtus, ut susciperem, adductus sum insigni humanitate illustrissimi de Hahn Remplini, viri de astrorum cognitione meritissimi. Qui generosissimo animo vir, quo studia haec insigniter adjuvaret meque amicitiae ornaret documento, non dubitavit, impensas huic operi maximas suppeditare, idque sine usura, addiditque, si debitam hanc ipsi pecuniam ex operis venditione redactam reddidissem, permissurum se mihi tabulas aeneas quaeque inde reditura sunt emolumenta. Quam eximiae in me benevolentiae rarissimique in litterarum commoda studii significationem aperui astronomiae studiosis, ne ignorarent, quantum in hoc opere tandem perfecto viro huic esset tribuendum".

Nach seinem Tode schrieb Bode in seinen Astronomischen Jahrbüchern: "Am 9. Oct. 1805 starb zu Remplin in Meklenburg der Erblandmarschall Friedrich Graf von Hahn. Er war ein eifriger Verehrer und Beförderer der Sternkunde, verwandte rühmlichst einen Theil seiner großen Glücksgüter zur Anschaffung einer auserlesenen Bibliothek und kostbarer astronomischer Instrumente und hat sich dadurch, wie durch Betrachtungen und Abhandlungen in meinen Jahrbüchern seines Namens Gedächtniß ehrenvoll gestiftet. Er war mein vieljähriger Freund und Gönner".

Die hohe Verehrung, welche sich Friedrich Hahn in den Kreisen der Wissenschaft erwarb, kann am besten dadurch bezeichnet werden, daß die neuesten, ausgezeichneten Selenographen Beer und Mädler, ohne alle persönliche Veranlassung, zu Ehren und zum Andenken Friedrich's Hahn auf der von ihnen 1834 - 36 herausgegebenen, vortrefflichen, gewiß für alle Zeiten unvergänglichen Mondkarte ein bedeutendes Ringgebirge des Mondes mit dem Namen Hahn belegt haben. Dieses Ringgebirge gehört zu den bedeutendern; die Größe und Augenfälligkeit der Ringgebirge, die den Namen berühmter Männer erhalten haben,

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ist aber als ein Maaßstab für das Ansehen dieser zu betrachten. Die genannten Selenographen haben die früher eingeführten und bereits gebräuchlich gewordenen Namen beibehalten, jedoch mehreren noch unbezeichneten Kratern und Ringebenen neue Namen gegeben, welche von Astronomen, Mathematikern und Naturforschern der neuern und zum Theil auch der ältern Zeit hergenommen sind. Zu diesen gehört auch das Mondringgebirge Hahn. In der Selenographie von Beer und Mädler, Berlin 1837 1 ), §. 175, ist es genauer beschrieben:

"In. N. erstreckt sich ein mit niedrigen Hügelketten durchzogenes, nirgend steile Parthien zeigendes Terrain bis zum Hahn, unter + 32° 19' B. und 70° 55' L., ein Ringgebirge von 10 Meilen Durchmesser und nahe kreisförmig. Sein aus vielen Gipfeln bestehender westlicher Wall hat gegen 59° Böschung, und darf man von diesem von den gegenüberliegenden (optisch überhängenden) schließen, so muß einem beträchtlichen Theile seiner innern Fläche die Erde stets unsichtbar sein. Im Innern steht ein großer Centralberg und einige niedrige Bergarme gehen von den Wallgipfeln ab. α liegt 1516 t über der innern Vertiefung. Im Vollmonde ist Hahn eben so wenig sichtbar, als der benachbarte Berosus R. Dieser Name steht auf Riccioli's Karte neben zwei Ringgebirgen, deren eine wahrscheinlich Hahn, der andre dieser Berosus ist. Man unterschied sie später durch die Bezeichnungen borealis und australis. Beide Ringflächen sind sehr ähnlich, nur ist der Centralberg des Berosus viel niedriger. Ganz isolirt in einer großen und hellen Ebene zeigt sich Hahn A unter + 30° 3' und 68° 5', ein sehr augenfälliger Krater." - So glänzt auch Friedrich's Hahn Name am Himmel auf ferne Zeiten.

Beer und Mädler erwähnen auch der hahnschen Forschungen an andern Stellen ihrer Selenographie S. 139 bis 141: "So lange der Erdschatten nur einen Theil des Mondes bedeckt, erscheint der volle Schatten in grauer Farbe ohne merkliche Modificationen einzelner Stellen. Die Flecken des Mondes verschwinden entweder gleich beim Eintritte in den Schatten völlig, oder es bleibt noch eine kurze Zeit hindurch eine schwache und ungewisse Spur zurück. Sobald aber der größte Theil des Mondes bedeckt ist, folgt dem grauen Schatten allmählig ein


1) Ueber das Mondringgebirge Hahn vgl. man: "Der Mond nach seinen kosmischen und individuellen Verhältnissen, oder allgemeine vergleichende Selenographie , mit besondrer Beziehung auf die von den Verfassern herausgegebene Mappa Selenographica, von Wilhelm Beer und Dr. Johann Heinrich Mädler. Berlin, Verlag von Simon Schropp & Comp., 1837, §. 175, S. 201." - Ueber die selenographischen Ansichten Hahn's vgl. daselbst §. 95 und 96, S. 140 - 141.
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rother Schimmer, der bei totalen Sonnenfinsternissen sich über den ganzen Mond verbreitet und oft eine ungemein lebhafte Röthe annimmt. - - - - - - - -
Mit der zunehmenden Lebhaftigkeit der rothen Farbe erscheinen nach und nach die verdeckten Mondflecke wieder. Mehrere Beobachter bemerken allerdings ausdrücklich, daß sie weder mit bloßem, noch mit bewaffnetem Auge im verfinsterten Monde Flecken gewahr werden konnten. Dagegen haben Helfenzrieder, Schröter, Hahn und andere Beobachter theils nur die hellsten Flecken, theils alle sonst im Vollmonde gut sichtbaren während der Finsterniß gesehen. - - - - - - -
Ob übrigens, wie einige vermuthet haben, eine eigenthümliche Lichtentwickelung des Mondes zu dieser Zeit vor sich gehe, zumal das Roth sich immer erst nach einiger Zeit blicken läßt, wagen wir nicht zu entscheiden. Hahn nimmt eine Phosphorescenz an, die in hoher Beleuchtung einer Mondgegend stets stattfinde, aber nur während der Finsterniß von uns wahrgenommen werde, und glaubt den Grund darin zu finden, daß die Oberfläche des Mondes ein weit größeres Quantum von Licht und ein weit geringeres von Wärme, als die Erde, von der Sonne empfange. Das letztere kann als wahrscheinlich zugegeben werden, ohne daß daraus das erstere nothwendig folgt".

Doch nicht allein in den weiten Räumen der Wissenschaft wirkte Friedrich Hahn, auch auf dem Felde praktischer Thätigkeit suchte er seine Kenntnisse anzuwenden und nützlich zu machen, und zugleich das Leben zu verschönern. Er unterhielt zu Remplin herrliche Gärten und ausgedehnte Treibhäuser, in denen er auch, unter der Aufsicht eines geschickten Kunstgärtners, Liebnau, der ihm auch bei seinen astronomischen und physikalischen Unternehmungen zur Hand ging, viele seltene und kostbare fremde Pflanzen zog 1 ), damit, durch Hülfe einer guten Bibliothek, das Studium der Botanik gefördert und zugleich das Leben verschönert werde. Im J. 1804 war ein geordneter "botanischer Garten" zu Remplin. Auch den Ackerbau und die Viehzucht beförderte er mit Eifer, namentlich durch Einführung holsteinscher Kühe in Meklenburg 2 ). In Anerkennung dieses Strebens erwählten ihn am 7. Junii 1781 die meklenburgische physikalische Gesellschaft zu Rostock, am 27. Julii 1790 die Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin, am 1. Mai


1) Das Schloß Remplin mit den dortigen Gärten ist geschildert in Zöllner's Reise durch Pommern, S. 412 flgd., und in Wundemann's Meklenburg, I, 1800, S. 377 - 407, der Garten besonders S. 404 flgd.
2) Ueber die Beförderung der Viehzucht durch Friedrich Hahn vgl. Wundemann a. a. O. I, S, 102.
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1798 die märkische okonomische Gesellschaft zu Potsdam, am 14. Junii 1799 die braunschweig=lüneburgische Landwirthschafts=Gesellschaft zu ihrem Mitgliede und am 7. Januar 1801 die physikalische Gesellschaft zu Rostock zu ihrem Ehrenmitgliede.

"Die von Hahnschen Güter zeichneten sich durch die Schönheit der Wirthschaftsgebäude und durch das gute Ansehen der Dörfer auffallend aus, und die großen, sorgfältig geschonten Waldungen gaben ihnen einen vorzüglichen Wert."

Auch das Fabrikwesen beförderte er mit Lebhaftigkeit. Bei den bedeutenden Waldungen, die früher die Höhen bei Remplin noch mehr bedeckten, legte Friedrich Hahn im J. 1781 zu Remplin mit großen Kosten eine Fabrik von weißem Glase an. Es wurden tüchtige Meister und geschickte Glasschleifer, zum Theil mit Familie, aus Böhmen und Thüringen geholt; Modelle wurden aus England verschrieben. Es wurden kostbare geschliffene Sachen angefertigt. Das Unternehmen war so großartig, daß selbst der hochselige Großherzog Friedrich Franz I. mit Hochdessen Gemahlin es in Augenschein nahm. Als aber die Magazine sich füllten und der Absatz stockte, ein Monopol nicht zu erreichen war, die Holzverwüstung bedenklich ward und die Kosten sich vermehrten, ohne daß ein nennenswerther Ertrag herauskam, hob Friedrich Hahn dieses achtungswerthe Unternehmen auf.

Bei allen diesen ernsten Beschäftigungen, zu denen die große Last der Verwaltung ausgedehnter Güter und eines bedeutenden Vermögens sich gesellte, verschmähete Friedrich Hahn nicht die Reize der Geselligkeit und der Kunst, wie er treu an der Natur hing und den Acker= und Gartenbau liebte. Er unterhielt eine Musik=Capelle, deren Mitglieder er zum größten Theile von Claus Ludwig übernommen hatte, und hatte in dem Schlosse zu Remplin einen schön ausgestatteten Musiksaal. Auch war er ein Freund der Malerei und beschäftigte den damals berühmten Maler und Director Bernhard Rode zu Berlin mit sehr bedeutenden Aufträgen. Im J. 1780 ließ er von Rode sehr viele große Gemälde aus der alten Mythologie malen, welche noch die Wände des Saales zu Neuhaus schmücken. Für das Schloß zu Remplin malte Rode drei historische und sechs allegorische Bilder 1 ). Friedrich Hahn zeichnete selbst gerne. In seiner Bibliothek finden sich von ihm noch zwei Foliobände Handzeichnungen, meistentheils nach der Antike, ein Denkmal seines Fleißes, seiner Sauberkeit und seines Geschmacks.

Den wahren Schlußstein seines ganzen Strebens, das im


1) Ueber die Rodeschen Gemälde zu Remplin vgl. Wundemann a. a. O. I, S. 383 flgd., und Zöllner's Reise, S. 419.
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höchsten und edelsten Sinne des Wortes Humanität war, bildete aber sein eifriges Bemühen um die Verbesserung des Volksschulwesens, das ihm, namentlich in Holstein, unendlich viel verdankt; ja man kann ihn mit Recht einen der ersten und vorzüglichsten Beförderer des Volksschulwesens nennen.

Es giebt eine ausführliche Beschreibung der neuhäuser Schulen von dem Prediger Sieverts zu Gikau 1 ), aus welcher sich die ganze Entwickelung klar verfolgen läßt. Um sein Ziel zu erreichen, fand Friedrich Hahn zur Verbesserung des Volksschulwesens wesentlich nothwendig: 1) zweckmäßige Schulhäuser, 2) tüchtige Lehrer, 3) erforderliche Lehrmittel, 4) eine allgemeine Schulcasse, 5) einen geordneten Schulvorstand, 6) öffentliche Schulprüfungen. Friedrich Hahn hielt dafür, daß vor allen Dingen für gesunde, anständige, freundliche und gehörig große Schulhäuser gesorgt werden müsse, und dann für tüchtige, ihrem Fache ganz gewachsene Lehrer, welche so gestellt werden müßten, daß sie nicht mit Nahrungssorgen zu kämpfen oder ihr Brot außer dem Hause oder durch Nebengeschäfte zu suchen nöthig hätten, sondern mit Lust und Freudigkeit ihr Amt verwalten und sich selbst ein gutes Buch, angenehmen Hausrath und anständige Kleider verschaffen könnten; dann hielt er für nothwendig, daß nicht von den Aeltern unmittelbar an den Lehrer das Schulgeld bezahlt, sondern Schulcassen errichtet würden, an welche jedes Haus nach Verhältniß seinen bestimmten Beitrag zu zahlen habe; auch wollte er jedem Schullehrer zwei Schulväter zur Seite setzen, welche gemeinsam die Zucht und Schulordnung aufrecht erhalten sollten. Alles dies und noch vieles Andere, was eine totale Reform des Schulwesens beförderte, ward scharf durchdacht und endlich ausgeführt; es ward ein vollständiger Plan entworfen und endlich von Friedrich Hahn angenommen. Als im J. 1789 in Holstein die Leibeigenschaft und der persönliche Hoftag aufhörten und die Vermessung der Gutsländereien und die Einkoppelung derselben nöthig wurden, ward der Inspector Voigt zu Neuhaus von seinem Herrn beauftragt, einen Plan zur Einrichtung der neuhäuser Güter zu entwerfen und dabei auf die Schulverbesserung Rücksicht zu nehmen. Voigt war, wie sein Herr, ein sehr wohldenkender und umsichtiger, aber auch sehr entschiedener Mann, der das volle Vertrauen seines Herrn besaß


1) Die Nachrichten über die Schulverbesserung durch Friedrich Hahn sind enthalten in den "Schriften der Schleswig=Holsteinschen patriotischen Gesellschaft", Zweiten Bandes, Heft III, Zweite Abtheilung, Altona, 1820, in der Abhandlung: "Beschreibung der Neuhauser Schulen. Ein Beitrag zur Verbesserung des Schulwesens, von J. J. Sieverts, Prediger zu Giekau". Vgl. auch Krey Beiträge etc. . Bd. II, S. 147.
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und auf dessen holsteinschen Gütern "allmächtig" war, so daß er noch heute dort bekannt ist. Nachdem die Güter einigermaßen geordnet waren, ward bereits in den Jahren 1798 und 99 bei Friedrich's Hahn Pfarre zu Gikau ein glücklicher Anfang mit der Verbesserung des Schulwesens gemacht. Friedrich Hahn begann dieselbe mit dem Bau eines neuen Schulhauses zu Gikau. Um dieses Haus, dessen Bau eigentlich der Gemeinde oblag, ganz dem beabsichtigten Zwecke und seinen Wünschen gemäß einrichten zu können, schoß er die ganze Bausumme, welche sich auf 1600 Thaler belief, ohne Zinsen so lange her, bis sie von dem Kirchenvermögen allmälig wieder abgetragen werden könnte. Jetzt mußte Voigt einen Riß zu dem Schulhause zu Gikau entwerfen, der, nach einigen Abänderungen und Verbesserungen durch Friedrich Hahn, zum Muster für die übrigen zu erbauenden Schulhäuser dienen sollte, und noch in demselben J. 1798 ward der Bau in Angriff genommen und im J. 1799 größtentheils vollendet. Mit Ernst ward jetzt zur vollständigen Ausführung des ganzen Schulplans geschritten. Friedrich Hahn erhöhete nun nicht allein die gutsherrlichen Beiträge an die Schulcasse und den Lehrergehalt, sondern regelte und vergrößerte auch die Schulländereien, so daß er jeder Schulstelle, außer Land zu einer Baumschule, 29 1/2 Tonnen à 240 Quadratruthen beilegte. So setzte Friedrich Hahn zu Gikau seinen Plan vollständig durch. Am 19. Julii 1802 gab er eine ausführliche Erklärung sowohl über das, was er bereits zur Verbesserung seiner Schulen gethan, als auch über das, was er künftig noch für dieselben zu thun Willens sei. In der That ward die Schule zu Gikau, eine ganz neue Erscheinung, eine Musterschule, welche ganz "den Geist ihres edlen Begründers athmet und spricht deutlich genug seine höhern Ansichten vom Schulwesen in der gesammten äußern und innern Verfassung aus". Und wahrlich ist das Schulhaus zu Gikau, natürlich massiv gebauet, neben dem großartigen Predigerhause, von solcher Größe und Freundlichkeit, daß es wohl zu keiner Zeit besser gebauet werden kann, ein würdiges Denkmal des edlen Stifters. Zwar ward im Lande viel darüber gesprochen; man fand das Haus zu groß, zu schön, aber Friedrich Hahn erreichte doch sein Ziel, indem er durch das gegebene Beispiel eine allgemeine Verbesserung der Schulen hervorrief. Friedrich Hahn beabsichtigte nun, die übrigen Schulen auf seinen Gütern eben so einzurichten. Um das J. 1801 trieb er Voigt an, die übrigen Bauten auf den Gütern eifrig zu betreiben, damit man zu dem Bau der Schulhäuser kommen könne. Aber er erlebte nicht die vollständige Ausführung seines Planes. Die übrigen Schulhäuser, so wie das Predigerhaus zu Gikau, sind zur Zeit der Communion der

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neuhäuser Besitzungen, zwischen 1805 und 1829, gebauet. "Sieht man", sagt Sieverts, "auf die von Friedrich Hahn erbaueten Schulgebäude, auf ihre äußere und innere Verfassung und Beschaffenheit, so sagen sie uns nach des edlen Begründers Tode, wie er von Schulhäusern, Schulkindern und Schullehrern dachte; wie er Schulhäuser als die ersten und vorzüglichsten Gebäude im Dorfe betrachtete, wo das innere geistige Leben des jungen Menschen aus seinen Keimen entwickelt und selbst seine physische Natur und Beschaffenheit ihre erste Gestaltung und Bildung erhalten sollte; wie er Schulkinder als die edelsten und wichtigsten Pflanzen ansah, für deren Wartung, Pflege und Erziehung nicht zu sehr gespart und geknickert werden müsse, um sie zu gesunden und fruchtbaren Bäumen aufzuerziehen, die einst ihre Stelle würdig ausfüllen und Segen und Gewinn für Aeltern und Vaterland sein sollen."

Dies sind die Grundzüge des Charakters und Strebens Friedrich's Hahn, den man einen edlen und wahrhaft großen Mann zu nennen wohl berechtigt ist. Möge er zum Nutzen und Frommen der Nachwelt einen Lebensbeschreiber finden, der mit ausgedehntern Forschungen, wenn diese noch möglich sein sollten, ihm allein seine Mußestunden so widmen kann, wie er es verdient.

Mit derselben Strenge und Gewissenhaftigkeit, mit der er für das Wohl der Menschheit und das Gedeihen der Wissenschaft wirkte, sorgte er auch für die Verwaltung seiner zahlreichen Güter, die er als musterhafter Hausvater nicht nur bedeutend verbesserte, sondern auch ansehnlich vermehrte. Er erwarb nach und nach folgende Güter:

1779 wurden Bristow c. p. und ein Theil von Faulenrost eingelöset.
1783 wurden Hinrichshagen und Levenstorf mit Antheil in Lupendorf für 36,000 Thaler eingelöset, laut Contracts vom 22. October 1783.
1785 ward Baumgarten eingelöset.
1787 ward Pantschenhagen für 20,000 Thaler wieder angekauft, laut Contracts vom 9. Junii 1787.
1788 ward Tressow, welches in alten Zeiten zu den hahnschen Gütern gehört hatte, von Heinrich Gottfried von Wendland als Bauerdorf für 29,000 Thaler angekauft, laut Contracts vom 23. Febr. 1788, und neu aufgebauet.
1790 ward Grabowhöfe mit der Pertinenz Sommerstorf für 93,750 Thaler angekauft, laut Contracts vom 16. Oct. 1790, und angemessen eingerichtet. Das Gut Grabowhöfe, welches noch in der ersten Hälfte des
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  18. Jahrhunderts nur Grabow hieß, führte bereits in der Mitte des 18. Jahrh. den Namen Grabowhöfe und bestand aus zwei Höfen, welche zwei verschiedene Besitzer hatten.
1796 wurden Klenz, Gehmkendorf und Kl. Markow für 165,000 Thaler gekauft, laut Contracts vom 6. December 1796.
1797 ward Lansen mit der Pertinenz Schwarzenhof für 146,500 Thaler gekauft, laut Contracts vom 6. December 1797.

Diese bedeutenden neuen Erwerbungen, welche zum Theile für die Abrundung der basedower Güter von großer Wichtigkeit waren, betrugen (außer Bristow und Baumgarten) über 35 1/2 katastrirte ritterschaftliche Hufen, wofür 490,250 Thaler bezahlt wurden.

Zwei andere, wenn auch kleinere Besitzungen sind für die Geschichte Friedrich's II. von Interesse:

1796 kaufte er das freie adelige Rittergut in der Ortschaft Heldenbergen bei der freien Reichsstadt Friedberg in der Wetterau für 55,000 Gulden, um durch den Besitz ein Mitglied der reichsunmittelbaren Ritterschaft der Wetterau bei Friedberg zu werden, ehe er die Grafenwürde erwarb. Er bauete das Gut aus und nannte es Neuburg und bestimmte es, wie Neuhaus, zum Majorat. Nachdem aber die politische Wichtigkeit des kleinen Gutes durch Aufhebung der deutschen Reichsverfassung verloren gegangen war, war der Werth desselben von keiner Bedeutung und die Verwaltung bei der großen Entfernung von den Wohnsitzen der Familie sehr lästig und kostspielig. Friedrich's II. Nachkommen fanden es daher angemessen, so lange dieses Majoratsgut noch in Communion war, diese Besitzung im J. 1833 für 22,000 Thaler zu verkaufen.

1790 kaufte Friedrich II. Hahn von dem Rittmeister von Meyenn auf Vielist die Eldenburg bei Waren, am Ausflusse der Müritz, eine Pertinenz des Allodialgutes Vielist, aus Vaterlandsliebe, um die Schiffbarmachung der Elde zu erleichtern, welche gleich darauf, seit dem J. 1792, der Regierungsrath von Brandenstein mit dem größten Eifer betrieb. Die Sache kam auch seit dem J. 1797 in Gang. Nachdem der Zweck erreicht war, verkaufte der Graf Friedrich Wilhelm Adolph Hahn auf Basedow am 31. Dec. 1833 die Eldenburg für 6000 Thaler wieder an die Elden=Schiffbarmachungs=Actien=Gesellschaft, um dem Strombau mehr Freiheit zu gewähren.

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Zu seiner Annehmlichkeit kaufte Friedrich II. Hahn:

1792  ein großes Haus in Hamburg, welches er auch ausbauete, und noch
1805  ein großes Haus in Rostock.

Friedrich II. Hahn zahlte also über eine halbe Million Thaler für neu erworbene Güter.

Alle seine Güter setzte Friedrich II. Hahn in einen vortrefflichen Zustand und führte auf allen viele neue Gebäude auf. Außer seinem prachtvollen Wohnsitze Remplin vollendete er namentlich mehrere Güter durch neue Bauten und Anlagen ganz. Zuerst brachte er Faulenrost zu einem schönen Zustande. Der Erblandmarschall Claus Ludwig hatte dort seit dem J. 1760 ein neues, schönes Wohnhaus zu seinem Sommersitze erbauen lassen, er vollendete aber den Ausbau nicht, da er bald in Tiefsinn verfiel. Friedrich II. brachte nun den Bau zu Ende und legte ausgezeichnete Gärten und Treibereien bei demselben an. Zöllner sagt in seiner Reise durch Pommern etc. ., 1797, S. 426: "Zu Faulenrost hat der Landmarschall Hahn seit kurzem ein sehr schönes Wohnhaus erbauet und einen Garten angelegt: die Kanäle, welche den Garten durchschneiden, die ausländischen Bäume, Gesträuche und Pflanzen, die schönen, freien Grasplätze, das Ananas= und Gewächshaus, worin viele Seltenheiten gezogen werden, und der Geschmack in der Vertheilung des Ganzen: dies alles giebt diesem Landsitze eine große Annehmlichkeit". - Seit dem J. 1800 bauete er das im J. 1788 erkaufte Gut Tressow auf, welches er zuerst seinem jüngern Sohne Carl zum Bewohnen gab. - Auch das Gut Grabowhöfe bauete er aus und gab es zuerst seinem ältern Sohne Ferdinand. - Im Anfange dieses Jahrhunderts ließ er auch zu Basedow den alten Flügel des Schlosses, rechts am Aufgange, abbrechen und ein neues Wohnhaus mit Thurm aufführen. Dieser Flügel ist gegenwärtig das herrschaftliche Wohngebäude und unter dem jetzigen Grafen durch den Geheimen=Ober=Baurath Stüler aus Berlin, welcher auch alle andern neuen Gebäude in Basedow aufgeführt hat, erhöhet und geschmackvoll ausgebauet und eingerichtet. - Endlich ließ Friedrich II. die Kirche zu Bristow mit einem neuen Thurm zieren und die Orgel in der Kirche zu Basedow wieder herstellen.

Höher aber als alle diese großen Unternehmungen steht das Glück, welches Friedrich II. über alle seine Unterthanen verbreitete; daher schreibt in der Seele derselben sein Kammerdiener Nevermann: "Auf allen Gütern und Dörfern entstanden neue Gebäude, aus denen Wohlstand und froher Anblick bei den Einwohnern hervorleuchtete, denn sie hatten ihr gutes Aus=

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kommen und ihr hoher Protector erfreuete sich ihres Wohlstandes".

Bei so großen Verdiensten und einer so bedeutenden Stellung erhob der Kaiser Franz II. ihn und seine Nachkommen am 7. Sept. 1802 in den Grafenstand, der am 15. Dec. 1802 von Meklenburg anerkannt ward. Der Wappenschild blieb unverändert: ein rother Hahn im silbernen Schilde. In dem Grafendiplome ist das volle Wappen folgendermaßen bestimmt.

"Silberner Schild, worin ein rother Hahn, mit schwarzem Schnabel, Füßen und zwo derlei Federn im Schwanze, gehen erscheint. Auf dem Schilde ruht die reichsgräfliche Perlenkrone, auf dieser aber ein gekrönter, freyadelicher, offener, blau angeloffener und roth gefutterter, mit goldenen Halskleinodien und roth und silberner Decke behängter Turnierhelm, auf dessen goldener Krone der im Schilde beschriebene rothe Hahn wiederholt erscheint. Schildhalter endlich sind auf jeder Seite ein ganz geharnischter Mann mit roth und silberfarbenem Federbusche, mit der einen Hand den Schild haltend und die andere auf ein blankes Schwert gestützt".

Friedrich II. Hahn war zu erhaben gesinnt und stand zu frei, um ehrgeizig sein zu können. Man erzählt sich aber, er habe um die Grafenwürde deshalb nachgesucht, weil ein Pächter, Otto Conrad Hahn 1 ), Pächter des Domanialgutes Eldena


1) Der Pächter Otto Conrad Hahn ward am 6. Dec. 1788 geadelt und erhielt zum Wappen einen "queer getheilten Schild, in dessen oberer goldener Theilung ein Hahn in natürlicher Farbe zur Rechten schreitend, die untere aber mit Schwarz und Silber geschacht ist. Zur Rechten mit Gold und Schwarz, zur Linken mit Silber und Schwarz herabhangende Helmdecken. Auf dem Helme zwischen zwei mit der Mündung auswärts gekehrten und schwarz und gold queer gewechselten Büffelhörnern ein Hahn auf die im Schilde beschriebene Art wiederholt". - Sein Vater war Johann Conrad Hahn, der als königl. großbritannischer Oberamtmann 42 Jahre auf dem Amte zu Medingen gestanden hatte; seine Vorfahren sollten angeblich aus dem Geschlechte der Hahn in Liefland und Curland stammen. Otto Conrad Hahn hatte sich von Preußen den Titel eines Hof=Kammerraths verschafft. Er hatte das meklenburgische Domanialgut Eldena in Pacht und die ehemaligen alten hahnschen Lehngüter der Linie Damerow, nämlich Carow, Damerow, Gr. Poserin, Hahnenhorst und Mathiashorst gekauft. Durch Vorbringung dieser Gründe ward ihm auf seinen Antrag am 6. Dec. 1788 der Adel verliehen, der am 4. März 1789 von Meklenburg anerkannt ward. Er trieb in der Folge großen Güterhandel. Im J. 1793 hatte er z. B. Gr. Grabow und Gresse. Um dieselbe Zeit kaufte er auch das Gut Grube bei Krakow, von dem die uralte, schon im 14. Jahrh. ausgestorbene Familie von Grube, welche auch dem Dorfe Grubenhagen den Namen gab, ihren Namen trug; späterhin war das Gut Grube ein Lehn der alten, auch schon längst ausgestorbenen Familie v. Cölln auf Gr. Grabow und Cölln, an Grube grenzend. Im J. 1793 ließ der Kammerrath Otto Conrad v. Hahn den Namen des Gutes Grube in Charlottenthal umwandeln, um die Verwechselung mit dem alten hahnschen Gute Grube, bei Bristow, in der Nähe des malchiner See's, zu vermeiden. (  ...  )
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in Meklenburg, der von Preußen mit dem Titel eines Hofkammerraths begnadigt war, sich am 6. December 1788 hatte adeln lassen; dieser gab vor, aus der curländischen Linie der Hahn zu stammen, kaufte damals die ehemaligen alten hahnschen Güter Damerow, Carow, Gr. Poserin, Hahnenhorst und Mathiashorst, trieb in der Folge großen Güterhandel und wohnte zuletzt auf Charlottenthal bei Krakow. Theils um nicht mit diesem Manne, der sich die Herkunft aus dem alten hahnschen Geschlechte hatte aneignen wollen, gleich zu stehen, theils um häufige Verwechselungen zu verhüten, soll Friedrich II. Hahn die Grafenwürde zu suchen veranlaßt worden sein.

Von den hohen fürstlichen Personen erhielt Friedrich Hahn stets die Beweise der ehrendsten Aufmerksamkeit. Wie schon oben erwähnt ist, schenkte der hochselige Großherzog Friedrich Franz I. mit Hochdessen Gemahlin ihm in Remplin die Ehre eines Besuches. Im J. 1796 hatte er auch die Ehre, den damaligen Kronprinzen, nachmaligen König Friedrich Wilhelm von Preußen mit Höchstdessen Gemahlin Louise, als dieselben in Strelitz zum Besuche waren, bei sich zu empfangen; Wundemann erzählt (S. 405), daß die Kronprinzessin Louise ihre besondere Freude an den Gärten und Treibhäusern bezeigt und, außer mehreren Blumen und Früchten, auch einige Bambusrohre zum Andenken mitgenommen habe. "Es war Friedrich's Hahn größtes Vergnügen, seine ganze Ergebenheit zum Empfang dieser hohen königlichen Gäste an den Tag zu legen. Noch nach seiner Gemahlin Tode genoß Friedrich Hahn zu drei oder vier Malen zur Herbstzeit bei den von ihm angestellten Jagden das hohe Glück, den Herzog Carl von Meklenburg=Strelitz, Höchstdessen Bruder den Prinzen Ernst und Sohn den Erbprinzen, den jetzt regierenden Großherzog Georg, in Remplin aufnehmen zu dürfen. Dieser Besuche gewürdigt zu sein, war ihm eine große Freude, und die edle Denkungsart des Herzogs Carl mit edler Seele achtend, widmete er demselben seine ganze Aufmerksamkeit, wozu er auch alle seine Untergebenen aufforderte, um so viel als möglich seinem herzoglichen Freunde, wie er den Herzog nannte, den Aufenhalt angenehm zu machen. Gegenseitig erhielt er auch verschiedene Einladungen an den Hof zu Strelitz, wo ihm, wie in seinem eigenen Hause, die größte Bequemlichkeit bereitet ward, so daß er sich dieser Aufnahme gar


(  ...  ) Von dem alten Lehn Grube bei Krakow ist noch das Vorwerk See=Grube bei Krakow übrig. Der Kammerrath Otto Conrad von Hahn machte zuletzt auf Charlottenthal Concurs; das "Hahn=Charlottenthaler Debitwesen" war lange Zeit sehr bekannt. Er liegt auf dem Kirchhofe zu Eldena begraben und hat sein Geschlecht in männlicher Linie nicht fortgepflanzt.
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oft mit Heiterkeit lebhaft zu erinnern pflegte." (Nevermann's handschriftl. Bericht.)

Auf dem Gipfel seines reichen Glückes verlor Friedrich II. Hahn am 14. Nov. 1801 seine Gemahlin, nachdem er mit ihr 34 Jahre lang im innigsten Einverständniß eine glückliche Ehe geführt hatte; sie starb an der Wassersucht und ward in der Kirche zu Basedow begraben. Obgleich die Gesundheit der Frau in den ersten Jahren ihrer Ehe sehr schwach gewesen war, so daß der berühmte Arzt Dr. Zimmermann ihren frühen Tod an der Schwindsucht befürchtete, so erstarkte sie doch allmählig, so daß sie ihr Alter bis über 56 Jahre brachte und ihrem Manne noch fünf Söhne gebar, und zwar die ersten drei sehr rasch nach einander, nachdem die Ehe zehn Jahre lang unfruchtbar gewesen war.

Friedrich II. Hahn hatte fünf Kinder:

1) Friedrich Ludwig, geb. 9. September 1776, gestorben 6. Sept. 1779;

2) Friedrich Adolph, geb. 5. März 1778, gestorben 21. Junii 1782;

3) Ferdinand, geb. 28. Febr. 1779, gest. 12. Jan. 1805;

4) Carl Friedrich, geb. 18. Mai 1782;

5) Christian Ulrich Friedrich, geb. 7. August 1789, gest. 19. Januar 1790.

Von diesen fünf Söhnen starben drei in jungen Jahren, und es waren bei der Mutter Tode nur zwei am Leben, Ferdinand und Carl.

Nachdem Friedrich II. Hahn diese beiden Söhne, nach vollendeter Jugendbildung im väterlichen Hause, zu Hamburg zu den Studien hatte vorbereiten lassen, schickte er sie mit ihrem Hofmeister auf die Universität Greifswald, wo sie beide ihre künftigen Gemahlinnen kennen lernten. Nachdem die Familie am 7. September 1802 in den Grafenstand erhoben war, vermählte sich am 22. April 1803 der ältere Sohn Graf Ferdinand mit Louise Johanna Hedwig von Wolfradt, des Landraths Bleichart von Wolfradt auf Lüssow in Pommern Tochter, und am 14. Sept. 1804 der jüngere Sohn Graf Carl mit Sophie Louise von Behr, einer Tochter des Landesdirectors Felix Gustav von Behr auf Vargatz und Dönnie in Pommern, Geschwisterkind mit des Grafen Ferdinand Gemahlin, da deren Mutter eine Schwester des Landesdirectors Felix Gustav v. Behr war.

Der Vater gab bei der Vermählung dem ältern Sohne Ferdinand das wohl eingerichtete Gut Grabowhöfe und dem jüngern Sohne Carl das neu aufgebauete Gut Tressow zum Wohnsitze.

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So schien ein glückliches Alter das Leben Friedrich's II. krönen zu wollen, als ein harter Schlag seine Kraft untergrub. Am 12. Januar 1805 starb zu Remplin der ältere Sohn Graf Ferdinand, kaum 26 Jahre alt, als er mit seiner Gemahlin von einem Besuche aus Pommern zurückgekommen war, und hinterließ eine junge Wittwe und einen unmündigen Sohn Friedrich Wilhelm Adolph; eine Tochter Louise Wilhelmine erblickte nach des Vaters Tode am 3. Junii 1805 das Licht der Welt. Der so frühe und unvermuthete Hintritt dieses hoffnungsvollen jungen Mannes versetzte nicht allein das ganze gräfliche Haus in die tiefste Trauer, sondern beugte auch den Grafen Friedrich II. tief, so standhaft bei seiner hohen Bildung auch die Tröstungen waren, mit denen er allen voranging. Er machte zu seiner Zerstreuung eine Reise nach Hamburg, kam aber kränkelnd von dort zurück und beschloß am 9. October 1805 um Mitternacht zu Remplin sein thatenreiches, glückliches und beglückendes Leben in einem Alter von 63 Jahren; er ward unter großem Leidwesen und aller seiner Verwandten und seiner Unterthanen, denen er ein "guter Vater" gewesen war, am 16. October in der Kirche zu Basedow neben seiner Gemahlin in der ersten Begräbnißgruft rechts vor dem Altare begraben. In Basedow wird noch seine Marmorbüste aufbewahrt, welche ein denkendes, geistreiches Antlitz zeigt.

Auf seinem Sarge stehen unter andern folgende Inschriften:

Hier schlummert im Tode der hochgeborne Herr Graf Friedrich von Hahn, Erblandmarschall des Herzogthums Mecklenburg=Strelitz, Ritter des Dannebrog=Ordens, Mitglied der unmittelbaren freien Reichsritterschaft, Erb= und Gerichtsherr auf Remplin, Neuhaus etc. ., geboren den 27. Juli 1742, vermählt mit Fräulein Wilhelmine von Both, gestorben den 9. Octbr. 1805.


Dem Edlen
der mit gründlicher Kenntniß bereichert
voll unermüdeter Wissbegierde
in die geheimsten Werkstätten
der Natur auf Erden
und in die Tiefen des Himmels drang.

Friedrich II. Hahn hatte am 30. Mai 1801 ein Testament gemacht und nach dem Tode seines Sohnes Ferdinand am

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16. Februar 1805 einen Nachtrag hinzugefügt. Nach diesen Verfügungen sollte haben:

1) sein Enkel Graf Friedrich: Basedow c.p. Jessin, Langwitz, Christinenhof, Schwinkendorf und Wendischhagen Antheil, Faulenrost c. p. Dempzin, Lipen, Rittermannshagen und Hungerstorf, Lansen mit Schwarzenhof, Grabowhöfe c. p., Sommerstorf, Baumgarten, Pantschenhagen, Eldenburg, Arensberg mit Hartenland;

2) sein Sohn Graf Carl: Remplin c. p. Panstorf, Retzow und Pampow, Bristow mit Glasow, Grube und Wendischhagen Antheil, Hinrichshagen c. p. Levenstorf, Pantschenhagen und Lupendorf Antheil, Tressow, Klenz mit Gehmkendorf und Kl. Markow, Pleetz, Salow und Ramelow mit dem Erblandmarschallamt des stargardischen Kreises.

Die Fideicommißgüter Neuhaus c. p. in Holstein und Neuburg (früher Heldenbergen) in der Wetterau blieben bis zum J. 1829 in Communion.

Friedrich's II. schwachsinniger Bruder Dethlev starb erst am 25. März 1809, im 73. Jahre seines Alters, und erst nach dessen Tode fielen seine Güter Kuchelmiß, Serrahn, Wilsen und Hinzenhagen an Friedrich's II. Erben zurück.

Der Graf Carl verlegte nach des Vaters Tode seinen Wohnsitz nach Remplin und übernahm das Erblandmarschallamt. Für den Grafen Friedrich auf Basedow zu Grabowhöfe waltete "die von Hahn=Grabowhöfer Vormundschaft" zuerst in den Personen des Kammerherrn von Wickede auf Gorschendorf und des Legationsraths Hansen zu Güstrow, unter der Obervormundschaft des Hof= und Landgerichts zu Güstrow.


Briefsammlung zu dem Leben
Friedrich's II. Hahn.


1. Boie an Friedrich Hahn.

Die Großmuth, mit welcher Ew. Hochwohlgeboren angefangen haben, den ländlichen Dichter zu unterstützen, der unserm Vaterlande so viel Ehre macht, und Sie allein darin als einen

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thätigen Beschützer und Gönner gefunden hat, macht einen zu großen Eindruck auf mich, als daß ich meinen Dank zurückhalten könnte. In einer Zeit, wo man allenthalben die edelsten Gesinnungen höret und lieset und so selten eine That sieht, die der Menschheit Ehre macht, muß dem, der Gefühl für das, was edel und gut ist, hat, nothwendig das Herz glühen, und daß sie im Stillen geschehen. Es war einer der schönsten Tage meines Lebens, wie mir Herr Thomsen in Ausdrücken der überfließenden Dankbarkeit und des innigsten Gefühles Nachricht von dem Edelmuth gab, mit welchem Ew. Hochwohlgeboren seine dürftigen Umstände so sehr gemildert. Unabhängig, wie Sie wissen, daß ich meiner Lage und meiner Denkungsart nach bin, kann es Ihnen nicht Schmeicheley scheinen, wenn ich Ihnen meine lebhafte Freude über die Handlung und darüber bezeuge, daß ich das Glück habe, den edlen Mann kennen zu lernen, der ihrer fähig gewesen ist. Ich habe sogar nichts von unsrer andern Aussicht mit dem guten Dichter gehört, der, ihn zum Landmesser, wo möglich, zu machen. - - Es wäre doch Schade, wenn ein Genie, wie das seinige, in einer Dorfschule verrosten und unbrauchbar bleiben sollte.

Göttingen, 14. Januar 1773.

H. Boie.     

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2.
Herder an Friedrich Hahn.

Hier, mein hochgeschätzter Freund, ist mein Buch, bei dem Sie weder Namen noch vielleicht Zweck nennen müssen. Ersteren will ich nicht hergeben, letzteren weiß ich vielleicht selbst nicht. So viel auch selbst gegen das Licht zu sagen wäre, daß und wie mans ausbreitet, so hat sich mein Schriftlein doch nur auf Eine Seite geworfen und gefragt: macht das Licht glücklich? Ich bin äußerst begierig, Ihre, meines Ersten Philosophen, Meinung zu hören. Daß große Gallflecken im Buche sind, will ich nicht läugnen, und wenn bei einem, wünschte ich bei diesem bald eine neue Ausgabe, der Aufhellung und anderer Richtung wegen, die insonderheit das 3te Stück bekommen sollte. Ich bitte Sie nochmals bald, bald um ihre Meinung.

Glücklich angekommen sind Sie doch? Wie stehts mit Ihrer Gesundheit? etc. .- - - - - - - - - - - -
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Eben an dem Tage, da ich mit Ihnen aß, bekam ich 2 Stunden vor der Mahlzeit Nachrichten, die mich 3 Klafter tief in die Erde schlugen etc. . - - - - - - - - - - - - -
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Was ich an die Preisfragen bisher gedacht, ist nicht der Rede werth: den med. terminus aber, der beiden Sätze, die ich, wie Sie, für identisch halte (erkennen und genießen), habe ich bisher noch nicht anders als ein Wesen eines Geistes, und wie ichs hier entwickeln werde, eines eingeschränkten, sich vervollkommnenden Geistes finden können. Mir fehlt, wie ich mündlich sagte, der Gebrauch der höhern Mathematik, in der, wie ich wittre, wenigstens vortreffliche Gleichnisse liegen müssen, in der Philosophie höher zu steigen, - bisher habe ich noch nicht in das Zauberland kommen können, wer weiß auch je. Die Lampe meines Geistes brennt von gar zu nassem Feuer: sie hat immer Oel der Leidenschaft nöthig und das ist so grob und wässrig, - daher denn alles, was ich schreibe und denke, dampft. Ihre Flamme wird und muß reiner brennen: muntern Sie sich ja dazu auf. Wozu genössen Sie, wenn Sie nicht erkennen wollten.

Wärs nicht möglich, daß ich Ihren Bolinbrock bekäme? Sie könnten sich ja immer den andern, wie Sie wollten, verschreiben. Oder sind Sie frauenzimmerlich mit Ihrer Bibliothek, daß Sie keine Lücke wollen? Könnte ich zu Ihnen fließen, Sie und Ihre Bibliothek genießen, für die Plastik dazu die Bibl. Ihres Schwagers! Schon aus meiner ungeselligen Einöde zu entkommen, wäre ein Schatz: alles Uebrige, daß man doch für Etwas da ist, und das was man soll, zu sein und zu werden doch aufs beste streben muß, ungerechnet. - - Gefiels Ihnen, in die älteste Urkunde zu sehen, so halten Sie sich, bitt ich, an den Ersten Theil und ans Register: überschlagen Sie alles, was nicht für Sie ist, und suchen Goldkörner im Sande. Schreiben Sie mir bald und wo möglich mit Bolinbr. Viele Empfehlungen von mir und meiner Fr. an Ihre Frau Gemalin und für Sie guten Segen der Brunnenkur! Leben Sie wohl, liebster Fr.; ich liebe Sie herzlich, ewig.

Bückeb. d. 5. Aug. 774.

Der Ihrige                       
Herder.     

Original im gräflich=hahnschen Archive zu Neuhaus.


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3.
Herder an Friedrich Hahn (1774).

Der beste Dank, lieber Theurer, ist stumm, und so sage ich Ihnen auch Dank für Ihre willige, schnelle, stille und edle Güte. Meine Frau ist glücklich mit einem Sohne nieder: ich wünsche Ihrer Gemahlin ein Gleiches: nun solls bald mit dem Reisen gehen und Ihr zufriedener Blick dahin ist mir auch gutes Omen.

"Es muß einen Punkt geben, wo Zeichen, Wort und Bedeutung zusammenfallen", ja Liebster! nach dem Punkt suche ich toll und wild und wieder sorgsam und lechzend, ohne ihn noch recht zu haben. Was Sie mir einst in Pyrmont sprachen, schien mir in Ihrer Seele große Aussicht, die ich aber nicht umfassen konnte; es war für mich, wie aus einem andern Lande. O hätten Sie Herz und Lust, hierin Leibnitz zu werden.

Gott gebe Ihnen viel Gesundheit, Ruhe und Freude, auch für die Freude, die Sie mir recht als Pathengeschenk gaben. Bückeb. den 28. Aug. an meines ältesten Buben Geburtstage.

H.     

Ich schicke Ihnen bald etwas in Palingenesie zu.

Original im gräflich=hahnschen Archive zu Neuhaus.


4.
Herder an Friedrich Hahn.

Hier haben Sie, edler Freund, meine Abhandlung, wie ich sie der Akademie eingesandt und wie sie den Preis nicht bekommen wird, soll und darf. Dazu ist sie selbst zu kurz und vermuthlich wirds ein Franzose, der am 3ten Theil à la Helvetius viel gelabbert hat, erhaschen. Auf den 3ten Theil scheint auch der Concipient (der, in Parenth. zu sagen, nichts von der Frage verstanden zu haben scheint,) meist angesehen, und den bin ich fast übergangen, - ich kann also nichts kriegen.

Aber Ihnen schicke ich doch die Abhandlung, zu sehn, ob ichs troffen? und wenn Sie gearbeitet, schicken Sie mir auch das Ihre. Es ist eine allweite herrliche Frage. Hätte ich die höhere Mathematik inne, so ahndets mich, hätte ich für mein unerschöpfliches Meer vom Hauptgedanken: Sinnlichkeit ist nur Phänomen, Bild, Formel von Gedanken, objectiv und subjectiv betrachtet, vortreffliche Data und Gleichnisse finden müssen. Ich

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besitze sie aber leider! nicht, nur bin ich noch von meinem Thema, wie La Fontaine vom Buch Baruch so voll, daß ich glaube, die ganze Philosophie ruhet in ihm.

Zeigen und sagen Sie keinem Menschen von der Abhandlung. Es ist Schande für unsrer honnetten Welt, zu laufen und nicht zu siegen. Dank Ihnen für Bollingbrock, edler Mann! Er ist mir ein Denkmal Ihrer Freundschaft und bringe viel Früchte. Ich weiß nicht, ob ich Ihnen schon gemeldet, daß meine Frau mir den 28. Aug., drei Tage nach meinem Geburtstage, einen braven, muntern, starken Buben gebracht, der von Tage zu Tage an Gottesgabe zunimmt und mein Bild seyn soll. Wenigstens hangt er ganz an mir. Gebe Ihnen Gott auch bald die Freude! die gottähnlichste auf der Erde. - Halten Sie nur hübsch Diät und baden Sie sich und trinken kalt Wasser und vermeiden das warme entnervende Getränk, das Zeug, worin der Teufel unsers falschen ermatteten Jahrhunderts schwimmet.

Meine Abhandlung schicken Sie mir nicht zurück ohne Anmerkungen. Ich bilde mir ein, daß man bei ihr prostabilirte Harmonie und all das Zeug nicht mehr braucht und daß man mit ihr einst wunderbare Aufschlüsse im Geister= und Körperreich thun könne.

Tausendmal umarmt Sie ganz

Der Ihrige                       
Herder.     

Bückeb. d. 24. Dec. 774.

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5.
Zimmermann an Friedrich Hahn.

Monsieur.

Je ne vous écris pas cette fois en médecin, car je sçai que vous n'aimez pas ces gens là: - et moi non plus.

Mais j'écris à Monsieur de Hahn, le philosophe, l'homme de génie, l'esprit transcendant, dont Mendelssohn m'a dit que pour la force de l'abstraction métaphysique il n'avoit jamais vu son égal. - - - - - - - - - - -
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C'est à vous, Monsieur, de juger d'un ouvrage tel que celui dont je vous presente l'annonce. - - - - - - -
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Hannover, 6. Dec. 1774.

J. G. Zimmermann.     

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6.
Graf Friedrich Leopold von Stollberg an
Friedrich Hahn.

Meinberg, den 6. July 1779.     

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Ihre Gemahlin sagt, eine der Ursachen, welche Sie abhielten nach Kopenhagen zu kommen, ja die Hauptursache, wäre die Furcht, daß man suchen würde, Sie zu nöthigen, in würckliche Dienste des Königs zu treten. Ich kann Ihnen mit Gewißheit sagen, daß Sie das nun nicht zu fürchten haben. Zum wenigsten wird man nicht in Sie dringen; was man Ihnen vielleicht von der Art sagen würde, wäre nichts als Compliment. Der Graf Bernstorff wird der einzige sein, welcher wünschen wird, Sie in Diensten zu sehen, aber ich stehe Ihnen dafür, daß er, Ihren Wunsch frey zu bleiben wissend, Ihnen keinen Antrag thun wird. Der Hof ist lange gewohnt, Leuten, welche Ihre moralischen Antipoden sind, seine Dienste anzutragen, fürchten Sie nichts!

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Mein Bruder wünscht sehr das Glück Ihrer Bekanntschaft, und Sie wissen, hoffe ich, wie viel Ihr Umgang zum Glück meines Lebens beitragen würde.

F. L. Graf zu Stolberg.     

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