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Inhalt:

B.

Jahrbücher

für

Alterthumskunde.


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I. Zur Alterthumskunde

im engern Sinne.


1. Vorchristliche Zeit.

a. Im Allgemeinen.


Ueber Dornen auf den Heidengräbern.

In den Jahrbüchern XVI, S. 249 flgd., ist J. Grimm's Ansicht über die Dornen auf den heidnischen Gräbern von dem Hrn. Archivar Lisch auf eine richtige und mit meinen Erfahrungen bei Aufdeckung von Grabhügeln übereinstimmende Weise besprochen. Jedoch muß ich hier eine Erfahrung, die ich oft gemacht habe, hinzufügen. Es giebt nämlich auf einzelnen Hügeln, theils Grabhügeln, theils andern Hügeln, die wohl noch im Andenken der Bewohner irgend eine geschichtliche Bedeutung haben. Dornbüsche, von denen daß Volk behauptet: wer den Dornstrauch ausgrabe oder ausrotte, müsse bald hernach sterben, - so daß Niemand denselben auszurotten wagt. So steht z. B. auf der Dorfstelle von Michaelisberg (Gehlsberg, Cesemow), da wo die Kirche gestanden haben soll, ein solcher Dornbusch, an den sich Niemand wagt. Dieser Busch, sowie die übrigen mir vorgekommenen gehören aber dem Weißdorn (Crataegus oxyacantha) an. Demnach ginge aus dieser Beobachtung wenigstens das hervor: Der Weißdorn war ein heiliger Strauch zur Zeit der heidnischen Bewohner unseres Landes und wurde wahrscheinlich an heiligen Stellen absichtlich angepflanzt.

J. Ritter     


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b. Zeit der Hünengräber.


Wohnungen aus der Steinperiode zu Dreves=Kirchen.

Nachtrag zu Jahrb. XIX, S. 289.

In Jahrb. XIX, S. 289 flgd., ist dargestellt, daß sich auf dem Felde von Dreveskirchen auf einer Hügelkette in der Nähe der Ostsee 4 Fuß tief Ueberreste aus der heidnischen Vorzeit finden, welche ohne Zweifel auf alte, in die Erde gegrabene menschliche Wohnungen aus der Steinzeit deuten. - Der Her Koch auf Dreveskirchen hat bei Gelegenheit, als er diese Hügelkette weiter drainiren ließ, diesen Gegenstand weiter verfolgt und gefunden, daß sich auf der ganzen Hügelkette entlang noch viele solcher Ueberreste finden. Alle liegen gegen 5 Fuß tief und zwar immer da, wo Sandschollen auf dem Lehmboden stehen. - Vgl. den folgenden Artikel.

G. C. F. Lisch     

Wohnungen aus der Steinperiode zu Hinter=Bollhagen

bei Doberan, wurden, wie zu Dreveskirchen (man vgl. den vorhergehenden Artikel), von dem Herrn Burgwedel zu Hinter=Bollhagen, welches ebenfalls am Ostseestrande liegt, beobachtet. Es fand sich hier ein viereckiger Raum, 3 Fuß tief unter der Erdoberfläche, mit großen Steinen an den Wänden ausgesetzt und mit kleinen Steinen gepflastert, auf diesem Fußboden mit schmieriger Masse bedeckt. Wahrscheinlich ist auch dieser Raum eine Höhlenwohnung der ältesten Zeit gewesen, deren Dach auf dem sie umgebenden Erdboden stand.

G. C. F. Lisch     

Hünengrab von Vilz.

In einem Hünengrabe zu Vilz bei Tessin wurden zwei Lanzenspitzen (oder Dolche mit Griffzunge), dünne geschlagen, 7 1/2" lang, gefunden und von dem Herrn v. Koß auf Vilz dem Vereine geschenkt. Die Urnen waren zerfallen.

G. C. F. Lisch     

Lanzenspitzen.

Eine Lanzenspitze aus dunkelgrauem Feuerstein, 4" lang, gefunden zu Remlin bei Gnoyen, und

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eine Lanzenspitze aus hellgrauem Feuerstein, zerbrochen, gefunden zu Viecheln bei Gnoyen,

schenkte der Herr v. Kardorff auf Remlin zu Gnoyen.

Eine Lanzenspitze aus Feuerstein, 5 1/2" lang, gefunden zu Alt=Schwerin bei Malchow, schenkte der Herr Gastwirth Dalitz zu Malchow.

Feuersteindolch von Sülten.

Im Mai 1854 ward in einer Mergelgrube zu Sülten bei Brüel ein Feuerstein=Dolch mit viereckigem Griffe, 6" lang, gefunden und von dem Herrn Rector Dehn zu Brüel dem Vereine geschenkt.

Streitäxte.

Eine große Streitaxt aus Hornblende, gegen 8" lang, welche, auf dem Stadtfelde von Güstrow gefunden, in Güstrow als Gewicht an einer Thürschnur benutzt war, fand der Herr Ingenieur Beyer zu Güstrow und schenkte sie dem Vereine.

Zu Alt=Schwerin bei Malchow ward eine Streitaxt aus Hornblende, von der in Meklenburg am meisten vorkommenden Form, 5" lang, gefunden und von dem Herrn Gastwirth Dalitz zu Malchow geschenkt.

Auf dem Felde von Gr. Schwaß bei Rostock fand der Herr Pastor Ritter und schenkte dem Vereine eine angefangene und zerbrochene Streitaxt von großen Verhältnissen. Es ist ein dunkelgrauer, vulkanischer Stein, von der Gestalt der Hälfte einer großen Streitaxt, 2" dick, an einer Seite in der Wölbung angeschliffen; das Schaftloch ist zur Hälfte eingebohrt. Das Ganze ist aber nahe an dem Schaftloche queer durchgebrochen und nur in der einen, breiten Hälfte vorhanden.

Keile.

Ein Keil aus Feuerstein, in der ersten rohen Bearbeitung, noch nicht vollendet und in der Arbeit an einer breiten Seite verunglückt, ward gefunden zu Satow bei Cröpelin und geschenkt von dem Herrn Pastor Vortisch zu Satow.

Einen Keil aus dunkelgelbem Feuerstein, überall geschliffen, 8" lang, gefunden zu Benz bei Wismar, schenkte der Herr Dr. Crull zu Wismar. Die dunkelgelbe Farbe des Feuersteins rührt gewöhnlich von eisenhaltigen Quellen her; dies beweiset dieser Keil, da auf eine Fläche desselben an vielen Stellen viel Eisen niedergeschlagen ist.

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Ein an Gestein, Größe und Arbeit ungewöhnlicher Keil ward zu Schmakentin bei Wismar gefunden und von dem Herrn Dr. Crull zu Wismar für den Verein erworben. Der Keil ist von festem, grauen Thonstein, auf allen Flächen glatt geschliffen und 8" lang, 3 1/2" breit und 1 1/2" in der Mitte dick.

Einen Keil aus gelbgrauem Feuerstein, 6" lang, überall ganz regelmäßig zugehauen und noch gar nicht geschliffen, gefunden zu Rosendahl bei Wismar, schenkte der Hr. Dr. Crull zu Wismar.

Zu Manderow bei Wismar ward beim Drainiren ein Keil aus dunkelgrauem Feuerstein, 4 3/4" Zoll lang, fast überall geschliffen, mit spitzem Bahnende, von sehr seltener Beschaffenheit, gefunden und von dem Herrn Schullehrer Seitz zu Jassewitz dem Vereine geschenkt.

Ein Keil aus bräunlichem Feuerstein ward geschenkt von dem Herrn Dr. Crull zu Wismar.

Ein Keil aus gelbem Feuerstein, durchgebrochen und etwa zu 1/2 oder 2/3 vorhanden, sehr lang und dick, 1 1/2" dick, gefunden vor einigen Jahren zu Kalkhorst, ward geschenkt von dem Herrn Haupt zu Tressow.

Ein Keil aus hellgrauem Feuerstein, lang und dünne, 6 1/2" lang, gefunden zu Viecheln bei Gnoyen, und
ein Keil aus grauem Feuerstein, kurz und dick, 4" lang, gefunden zu Gnoyen:
Geschenke des Hrn. v. Kardorff auf Remlin zu Gnoyen.

Ein Keil aus bräunlichem Feuerstein, breit und dick, 6" lang, gefunden zu Gnoyen, Geschenk des Herrn Conrectors Wiggers zu Gnoyen.

Zu Basse bei Gnoyen ward ein schöner, breiter Keil von Feuerstein, hell= und dunkelgelb geflammt, überall geschliffen 5 1/2" lang, 3" breit, 1 1/4" dick, gefunden und von dem Herrn v. Kardorff auf Remlin zu Gnoyen dem Vereine geschenkt.

Ein Keil von bräunlichem Feuerstein gefunden zu Kustorf bei Hagenow, geschenkt von dem Gymnasiasten Hermann Jatzow zu Schwerin.

Zwei Keile aus bräunlich=gelbem Feuerstrin, 4" und 4 1/2" lang, wurden zu Alt=Schwerin bei Malchow gefunden und von dem Herrn Gastwirth Dalitz zu Malchow geschenkt.

Einen Keil aus Hornblende, überall geschliffen, 4 1/2" lang, gefunden zu Hinter=Bollhagen bei Doberan, schenkt der Herr Gutsbesitzer Burgwedel, Pächter von Hinter=Bollhagen.

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Pfeilspitzen.

Ein Feuersteinblock zur Pfeilspitze vorbereitet, 1 1/2" lang, gefunden auf dem Mahnkenberge bei Bützow, ward von dem Herrn Fr. Seidel zu Bützow geschenkt.

Der Herr Pastor Vortisch schenkte dem Vereine eine zu Satow gefundene, erst roh vorgearbeitete Pfeilspitze von Feuerstein.

Durchbohrte Sandsteinscheibe von Goritz (Depzow)

Der Herr Wirthschafter Prang zu Goritz bei Lage schenkte dem Vereine sine platte, durchbohrte Scheibe von grauem Sandstein, welche zwar wie ein alter Spindelstein geformt, aber viel größer ist, als die bisher in Meklenburg gefundenen: die Scheibe hat 2 1/2" im Durchmesser und ist 1/2" dick; das Loch ist unregelmäßig und mit Rillen gebohrt. Dies Scheibe ist an einer Stelle gefunden, wo früher die Fundamentsteine einer Kapelle ausgebrochen wurden, welche wahrscheinlich zu einem ehemaligen Dorfe Depzow, welches dort gelegen haben soll, gehört hat. Das Dorf Depzow war ein altes Lehn der von Preen und ging im vorigen Jahrhundert auf einige Zeit an die Familie v. d. Kettenburg über; jetzt existirt nur noch die "Depzower Mühle" und der "Depzower Damm". . Ein Patrimonialgerichtssiegel aus dem vorigen Jahrhundert hat noch die Umschrift: Gerichtssiegel von Goritz und Depzow. - Da die Stelle zu einem Wasserloche benutzt werden sollte, so ward sie ausgegraben und dabei der Fund gemacht. Es sind bei der Ausgrabung auch viele Gefäßscherben und Knochenreste gefunden.

G. C. F. Lisch     

Schleifstein von Friedrichshöhe.

Der Herr Ritter auf Friedrichshöhe bei Rostock fand daselbst auf dem Felde einen kleinen Schleifstein aus hartem, bräunlichen Sand=(?) Stein, 2" breit und 1" dick, ein quer durchbrochenes Bruchstück von 3" Länge, und schenkte denselben dem Vereine.

Wetzstein von Krakow.

Der Herr Haupt zu Tressow schenkte dem Verein einen bei Krakow gefundenen Wetzstein aus dunkelgrauem Thonschiefer. Derselbe hat eine kahn= oder weberschiffförmige Gestalt und ist ganz den Steinen gleich, mit denen noch jetzt in Süddeutschland ganz allgemein die Sensen und Sicheln gewetzt werden. Diesen Steinen ist daher nicht die Wichtigkeit beizulegen,

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welche ihnen früher zugeschrieben ist, da sie wahrscheinlich alle aus neuern Zeiten stammen. Vgl. Jahrb. XI, S. 350 flgd.

Schleudersteine aus Feuerstein von der Insel Rügen.

Der Herr Staatsanwalt Rosenberg zu Bergen auf Rügen schenkte dem Vereine 4 Paar "Schleudersteine" aus Feuerstein, welchen "in einer Graburne auf der Insel Rügen gefunden" sind. Diese "Schleudersteine" sind länglichrunde Scheiben aus Feuerstein, welche von größern, rundlichen Feuersteinblöcken abgeschlagen sind, alle ziemlich gleich an Größe und Gestalt, an der einen, abgeschlagenen Seite glatt und eben, an der andern Seite gewölbt und in der natürlichen Oberfläche des Feuersteins der obern, gewölbten Hälfte einer Auster ziemlich ähnlich, ungefähr 2 1/2 Zoll lang, 2 Zoll breit und 1 Zoll dick. Diese Scheiben gehören in die Classe der Späne und Splitter aus Feuerstein, welche bei Bearbeitung der Geräthe aus Feuerstein von den rohen Feuersteinblöcken abgeschlagen sind; diese rundlichen Stücke mögen allerdings zu "Schleudersteinen" ausgewählt und benutzt worden sein.

G. C. F. Lisch     


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c. Zeit der Kegelgräber.


Kegelgräber von Gr. Upahl.

Der Herr Amtshauptmann Seitz zu Güstrow machte mir die Mittheilung, daß auf dem Felde des Hofes Gr. Upahl bei Güstrow ein großer "Heidenkirchhof" liege, welcher urbar gemacht werden solle, sich jedoch erhalten lasse, wenn er für die Kunde der Vorzeit wichtig genug sei. Ich begab mich daher am 9. Mai 1854 nach Gr. Upahl, wo mich der Herr Pächter Dencker auf das Freundlichste aufnahm, und fand hier einen großen Begräbnißplatz, wie deren in Meklenburg gewiß nur sehr wenige, oder vielleicht gar keine mehr erhalten sind; dazu liegt der Platz in einer für die heidnische Vorzeit Meklenburgs sehr merkwürdigen Gegend, wo sich die meisten bedeutenden Denkmäler des Alterthums finden.

Die Feldmark von Gr. Upahl, welche viele große und weite Hügel hat, dacht sich gegen Norden von einer lang gestreckten Erhebung zu einer Vertiefung ab, in welcher die Chaussee von Sternberg nach Güstrow führt; rechts hat man Güstrow, links über Ruchow hinaus Sternberg: die Erhebung liegt ungefähr in grader Linie zwischen Güstrow und Sternberg. Auf der äußersten Erhebung, von welcher man eine weite, herrliche Aussicht genießt, liegt ein Platz von etwa 300 [ ] Ruthen oder 5 Scheffel Aussaat, welcher ganz mit großen Kegelgräbern besetzt ist, deren man über 20 unterscheiden kann. Gegen Westen steht ein Kegelgrab erster Größe; neben demselben stehen zwei etwas kleinere Gräber; weiterhin gegen Osten liegen gewiß noch 20 Gräber, welche grade nicht sehr hoch sind, aber doch eine weite Ausdehnung haben.

Dieser großartige Begräbnißplatz liegt recht im Zusammenhange mit vielen bedeutenden Erscheinungen. Zu den Füßen liegt die Feldmark des Hofes Tieplitz, die mit niedrigen Kegelgräbern, welche jetzt fast alle unter dem Pfluge liegen, bedeckt ist; man sieht links auf dieser Feldmark ganz klar 3 große Kegekgräber. Weiter hin links ragt auf der Feldmark von Ruchow ein bedeutendes Kegelgrab der ersten Größe hervor; auf derselben Feldmark stehen noch die Wände des bekannten, geöffneten großen Kegelgrabes. Grade gegenüber, an der andern Seite der sternberg=güstrower Chaussee, stehen in der tarnowschen Forst, nahe an der tieplitzer Grenze, die großen Kegelgräber, welche wohl die größten im Lande sind. Weiter

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nordwestlich liegen in der tarnowschen Forst die "Steintänze" von Boitin. Etwas rechts liegen viele Kegelgräber auf der Feldmark des Hofes Prützen. Dieses ganze Terrain überblickt man klar von dem erhaben liegenden großen Begräbnißplatze von Gr. Upahl, welcher für die Nachwelt erhalten und eingefriedigt werden wird.

Die Bedeutsamkeit dieser Gegend für die Alterthumskunde ist in den frühern Jahrgängen der Jahrbücher oft berührt; namentlich sind alle wichtigern Orte, zu denen noch Gr. Upahl kommt, im Jahresber. VI, S. 68 flgd., aufgeführt und in Verbindung gesetzt.

G. C. F. Lisch.     

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Kegelgrab von Wiek.

Zu Wiek bei Schwaan ward im J. 1852 ein Kegelgrab abgetragen und der Inhalt desselben von dem Herrn Erbpächter Schmidt, durch Vermittelung des Herrn Bürgermeisters Daniel zu Schwaan, welcher einem Theile der Arbeit beiwohnte, dem Vereine übergeben. Das Grab war ein in der Axenhöhe nur 4 bis 5 Fuß über die angrenzende Ackerfläche sich erhebender, unscheinbarer, ausgedehnter Hügel von sandiger Beschaffenheit, dessen künstlicher Auftrag nicht bemerkt werden konnte. Es war anscheinend kein Grab in dem Hügel zu vermuthen.

Die in dem weiten Hügel gefundenen Bronze=Alterthümer wurden scheinbar nicht in einer bestimmten Ordnung gefunden.

An der westlichen Abdachung des Hügels wurden zuerst folgende Alterthümer gefunden:

ein Schildnabel (?) oder sehr großer, flacher, runder Buckel 1 ) von Bronze, 4" im Durchmesser, auf der untern Seite mit einem Oehr, auf der Oberfläche mit einer kegelförmigen Spitze von 5/8" Höhe; um diese Spitze stehen fünf kleine, halbkugelige Erhebungen; der Buckel ist reich mit eingravirten Linien verziert: die Spitze und der Rand sind mit concentrischen Kreisen umgeben, eben so die fünf Erhebungen, welche durch geschlungene Bänder verbunden sind, so daß diese Verzierung aussieht, wie eine Verbindung von dem gewöhnlich vorkommenden Ornament der Spiralwindungen;

ein Paar Hütchen oder kleine Buckel mit hohen Spitzen, auf der Oberfläche ganz glatt, eine seltene Erscheinung;

eine Heftel mit zwei Spiralplatten von 1" Durchmesser, zerbrochen;


1) Im J. 1854 ward zu Hinter=Bollhagen ein ähnlicher Schildnabel von 3 1/2" Durchmesser gefunden, vgl. unten S. 285.
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drei Ringe von Bronze, wie Armringe, voll gegossen, nicht verziert, alle drei verschieden gearbeitet, eng, nur etwa 2" im innern Durchmesser, so daß es scheint, als seien es Beschlag= oder andere Ringe;

zwei Beschlagringe aus Bronze, von rundem Drath, unregelmäßig oval gebogen, 3" in der Länge und 2" in der Breite im Durchmesser haltend;

ein Beschlagring aus Bronze, von dünnem Drath, rund, 1 1/2" im Durchmesser;

Bruchstücke von kleinen Ringen aus Bronze.

Als der Herr Bürgermeister Daniel über die Abtragung hinzukam, legte man an der südöstlichen Seite des Hügels das Segment eines Steinkreises bloß, welches anscheinend auf dem Urboden lag. Zwischen und aus den einzelnen Steinen, welche 1 bis 6 Kubikfuß Inhalt hatten, fand der Herr Daniel folgende Alterthümer:

ein Paar Armringe aus Bronze, voll gegossen, flach, auf der Oberfläche beide ganz gleich mit gravirten Schrägelinien reich verziert; der eine Ring ist fast 1/8" schmaler, als der andere;

ein Paar Hütchen oder Buckel mit hohen Spitzen aus Bronze, auf der Oberfläche mit parallelen Reifen verziert, wie gewöhnlich;

drei gewundene Halsringe aus Bronze, ungefähr 5" im Durchmesser, alle drei von verschiedener Stärke, der dickste gut 1/8", der dünnste halb so dick.

Am Vorderrande des Hügels wurden mehrere Urnenscherben neben Kohlen und einigen zerbrannten Menschenknochen ausgegraben und dabei eine Urne mit zerbrannten Kinderknochen. Zwischen den Kinderknochen fanden sich die Krallenknochen eines Vogels, darunter eine an der Wurzel durchbohrte Kralle eines Raubvogels, wahrscheinlich eines Falken 1 ), und Bruchstücke von dünnen und engen Bronzeringen, wie sie sich sonst schon in andern Kindergräbern gefunden haben.

G. C. F. Lisch.     

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Kegelgrab von Boizenburg.

Auf der Feldmark der Stadt Boizenburg, 3/4 Stunde von Boizenburg, liegt eine erhöhete Ackerfläche, welche in den Contracten Wortenberg, in der Volkssprache Wörtenberg genannt wird. Auf diesem Felde war auf einem dem Hrn. Gastwirth Mau gehörenden Ackerstücke, welches "Zum breiten


1) Falkenkrallen fanden sich auch unter den zerbrannten Gebeinen in einer bei Ludwigslust gefundenen Urne; vgl. Frid. Franc. Erläut. S. 161.
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Stein" genannt wird, eine Erhöhung, welche durch die Bebauung des Ackers immer niedriger ward. Zuletzt wollte der Pflug nicht mehr fort und gerieth; auf Steine. Dies bewog den Eigenthümer, solche im Anfange des Jahres 1854 ausgraben zu lassen; es wurden viele regelmäßig aufgehäufte Steine (5 "Bank") gefunden und das Ganze zeigte sich durch den Erfolg der Abgrabung als ein großes, wenn auch nicht hohes Kegelgrab. Der Herr Goldarbeiter und St. Jürgenstiftsberechner Sevecke, welcher von der Abtragung Kunde erhielt, bemühete sich sehr um die Erforschung des Grabes und die Bergung der Alterthümer und gab dem Vereine nicht allein genaue Nachricht von der Aufgrabung des Grabes, sondern verschaffte demselben auch die darin gefundenen Alterthümer als ein Geschenk des Herrn Mau. Nach des Herrn Sevecke's Beobachtung hat der länglich runde Hügel zwei Begräbnisse oder Steinhaufen in der Richtung von Norden nach Süden neben einander enthalten, so daß die breite Seite des ganzen Hügels, und eines jeden Begräbnisses, nach Osten und Westen gerichtet war. Dies erwies sich auch durch die eingesandten Alterthümer als richtig, indem die meisten Gegenstände doppelt vorhanden waren.

Es wurden in diesem Grabe folgende Alterthümer gefunden:

I. in der einen Abtheilung:

1) eine Urne von hellbraunem Thon, glatt, ganz zerfallen;

2) ein kurzes, zweischneidiges Schwert von Bronze, mit Griffzunge, in der Klinge 16 Zoll lang, schmal, mit erhabenem Mittelrücken, der an beiden Seiten von einer Relieflinie begleitet ist, in 6 Stücke mit oxydirten Bruchenden zerbrochen;

ferner als höchst wahrscheinlich zu diesem Begräbnisse gehörig:

3) ein Paar massiv gegossene Oberarmringe von Bronze, von denen der eine wohl erhalten und 3 1/2" weit, der andere zerbrochen ist;

4) ein Paar flache, gravirte Handringe von Bronze, beide erhalten;

5) ein gravirter Kopfring von Bronze;

6) ein Paar kleine Handbergen von Bronze, deren Spiralplatten nur 2 1/2" im Durchmesser halten;

II. in der andern Abtheilung:

7) ein Paar innen hohl gegossene, gravirte Oberarmringe von Bronze, von denen der eine auseinander gebogen, der andere zerbrochen ist;

8) ein Paar flache, gravirte Handringe von Bronze, deren einer zerbrochen ist;

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9) ein Stück von einem gewundenen Halsringe oder Kopfringe von Bronze;

10) eine kleine Handberge von Bronze, deren Spiraplatten nur 1 1/2" im Durchmesser halten;

11) eine kleine gegossene Bronzeplatte, auf deren Oberfläche eine elliptische Verzierung gravirt ist, wahrscheinlich ein Buckel oder Beschlag, in drei Bruchstücken;

beim Abräumen ward noch

12) ein goldener (Geld?) Ring gefunden, ein einfacher Golddrath, zu einer Rundung von 1" Durchmesser zusammengebogen, ungefähr 1 1/3" Thaler pr. Cour. werth; diesen Ring hat der Herr Mau zurückbehalten;

III. auf dem breiten Ende des Grabes ward

13) eine Lanzenspitze von Bronze gefunden, etwa 5" lang, zerbrochen, mit Holzresten im Schafte.

G. C. F. Lisch.     

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Kegelgrab von Vorder=Bollhagen.

In einem niedrigen, von einem Steinkreise eingefaßten Kegelgrabe zu Hinter=Bollhagen bei Doberan wurden folgende Alterthümer gefunden:

ein Schild (?)=Nabel von Bronze, rund, 3 1/2" im Durchmesser, auf der untern, nicht polirten Seite mit einer Oese, auf der obern Seite in der Mitte mit einer kegelförmigen Spitze und am Rande umher mit seinen Parallelreifen und Punkten verziert (vgl. den etwas größern bronzenen Schildnabel von Wick, oben S. 282), und

ein Diadem von Bronze, mit Parallelreifen verziert, geschenkt von dem Herrn Burgwedel zu Hinter=Bollhagen auf Weitendorf.

Vor mehrern Jahren waren auf dem ganz flachen Felde von Hinter=Bollhagen viele niedrige Kegelgräber, welche gewöhnlich mit einem Kreise von mäßig großen Steinen eingefaßt waren, hinter welchen die Urnen standen. Die Steinkreise sind jedoch zu Haus= und Straßenbauten längst ausgebrochen und die Erhöhungen verschwunden.

G. C. F. Lisch.     

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Kegelgrab von Alt=Schwerin.

Von den in den Jahrb. XVII, S. 367, beschriebenen, in einem Kegelgrabe zu Alt=Schwerin bei Malchow gefundenen Armringen von Bronze schenkte der Herr Gastwirth Dalitz zu Malchow noch drei, die letzten in seinem Besitze befindlichen.

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Bronzeschwert von Redentin.

Am 19. Mai 1854 ward im Torfmoore der Dorffeldmark Redentin bei Wismar beim Torfstechen 4 Fuß tief ein schönes Schwert von Bronze gefunden, von dem Herrn Forstmeister Plüschow zu Wismar eingefordert und am 1. Junii Sr. Königl. Hoheit dem Großherzoge überreicht. Das Schwert ist ohne Rost und Beschädigung, vollkommen wie neu, zweischneidig, den übrigen Schwertern der Bronze=Periode ähnlich, jedoch ohne Verbreiterung der Klinge in der Mitte; die Klinge ist 2 Fuß 3 Zoll lang; der Griff ist 3 Zoll lang und ohne Metallbekleidung. Interessant ist dieses Schwert dadurch, daß das zur Anbringung einer Holz= und Lederbekleidung des Griffes dienende bronzene Gerüste mit der halbkreisförmigen Ueberfassung über die Klinge vollständig erhalten ist, was sich sehr selten findet.

G. C. F. Lisch.     

Framea von Wismar.

Eine bronzene Framea mit Schaftrinne, von der gewöhnlich in Meklenburg vorkommenden Form, ohne Rost, ward auf dem Stadtfelde von Wismar von dem Geldgießer Herrn Kalderach zu Wismar gefunden und von diesem durch den Herrn Dr. Crull wieder für den Verein erworben.

Framea von Schwerin.

Eine Framea aus Bronze, voll gegossen, mit Schaftrinne und großen, überfassenden Lappen an der Schaftrinne, mit einem Oehr an der Seite, gefunden bei der Stadt Schwerin, schenkteder Herr Dr. Crull zu Wismar.

Lanzenspitze von Alt=Schwerin.

In einem Kegelgrabe zu Alt=Schwerin bei Malchow ward eine wohl erhaltene Lanzenspitze aus Bronze, mit 2 Nagellöchern, 5 1/2" lang, gefunden und von dem Herrn Gastwirth Dalitz zu Malchow geschenkt.

Armringe von Alt=Schwerin.

In einem Kegelgrabe zu Alt=Schwerin ward ein Paar Armringe von Bronze, mit edlem Rost, dünne, voll gegossen, geöffnet, mit halbkugeligen Erweiterungen an den Enden, gefunden und von dem Herrn Gastwirth Dalitz dem Vereine geschenkt.

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Armringe von Langen=Trechow.

Im Sommer 1853 ward zu Langen=Trechow bei Bützow (wo auch die bekannte schöne Krone von Bronze gefunden ist) beim Ausmodden eines Ackerteiches ein Paar gleiche Armringe von Bronze gefunden. Die Ringe, für den Unterarm passend, sind dick, voll gegossen, rund, glatt, nach den beiden Enden spitz auslaufend, ohne alle Verzierungen und ohne Rost, deuten also wohl nach ihrer Beschaffenheit auf eine sehr alte Zeit. Den einen dieser Ringe erwarb Herr Friedrich Seidel zu Bützow und schenkte ihn dem Vereine, der andere ist in eine Privatsammlung gekommen.

G. C. F. Lisch     

Armringe von Wilmsdorf.

Im Torfmoore zu Wilmstorf, Amts Grevesmühlen, wurden zwei halbe Armringe von Bronze gefunden und von dem Herrn Ihlefeld auf Friedrichsdorf dem Vereine geschenkt. Die Ringe sind aus dünnem Bronzeblech halbrund getrieben und zur Hälfte mit unregelmäßigen Rauten von gravirten Parallellinien auf schlechte Weise verziert. Die Ringe sind zerbrochen und wieder zusammen genietet gewesen; gebohrte Löcher und Niete sind noch vorhanden. Von jedem der beiden Ringe fehlt eine Hälfte. Dieses Zusammennieten ist ein Zeichen eines ärmlichen Zustandes. Aehnliche, jedoch gegossene Armringe wurden bei Ludwigslust gefunden; auch diese waren zerbrochen und die Enden zum Zusammenbinden gebohrt (vgl. Jahresber. II, S. 46).

G. C. F. Lisch.     

Eine Bernsteinperle.

unregelmäßig, fast cubisch, 3/4 Zoll im Quadrat in der Grundfläche, 1/2" Zoll hoch, durchbohrt, ward gefunden zu Ivendorf, Amts Doberan, im Moor und von dem Herrn Ingenieur Beyer geschenkt. Die Perle hing noch an einer Schnur, an welcher ein "Schloß" von gelbem Metall gesessen haben soll; die Schnur war jedoch so mürbe, daß sie beim Herausholen der Perle zerriß und mit dem "Schloß" wieder versank.

Doppelbecher von Steffenshagen in der Prignitz.

Der in Jahrb. XIX, S. 308, beschriebene und abgebildete, in einem Kegelgrabe der Bronze=Periode gefundene thönerne Doppelbecher ist nicht das einzige, bisher bekannt gewordene Exemplar. In der königl. preuß. Sammlung zu Berlin befinden sich mehrere Exemplare. Ein Doppelbecher ward bei Eggermühlen in Westphalen gefunden, jedoch ohne Angabe der

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Form des Grabes; vgl. v. Ledebur Das Königliche Museum vaterländischer Alterthümer zu Berlin, 1838, S. 169, und Tab. V, wo derselbe abgebildet ist. Von zwei andern Exemplaren ward das eine bei Buckau in der Provinz Sachsen, das andere bei Pförten in der Povinz Brandenburg gefunden (vgl. v. Ledebur a. a. O. S. 147 und 78); von denselben ward jenes nach allen Andeutungen in einem Kegelgrabe der Bronzeperiode, dieses aber mit Eisen zusammen gefunden. Der Doppelbecher von Steffenshagen hat dadurch besondere Wichtigkeit, daß er gewiß in einem Kegelgrabe der Bronzeperiode gefunden ist.

G. C. F. Lisch.     

Quetschmühle von Hinter=Bollhagen.

In einem Steinhaufen neben vielen, von Steinkreisen eingefaßten niedrigen Kegelgräbern, also wahrscheinlich auch in einem Kegelgrabe, dessen innerster Kern ein Steinkegel war, zu Hinter=Bollhagen bei Doberan ward von dem Herrn Burgwedel selbst eine vollständige Quetsch= oder Reibmühle gefunden, welche sowohl durch ihre Beschaffenheit, als durch den Fundort höchst merkwürdig ist. Der untere Mühlstein ist, wie gewöhnlich, ein länglicher, nicht bearbeiteter, röthlicher Granitblock, ungefähr 2 Fuß lang, 1 1/4 Fuß breit und 3/4 Fuß dick. Die Oberfläche dieses Steines ist muldenförmig und glatt, jedoch noch nicht tief concav ausgeschliffen, nicht so tief, wie die übrigen bisher gefundenen Quetschmühlen. Dicht neben diesem größern Steine lag der dazu gehörende Reibstein, ein kleinerer, ebenfalls unregelmäßiger Granit, von derselben Farbe und Beschaffenheit, ungefähr 1 Fuß lang und breit und 3/4 Fuß dick, auf der untern Seite glatt und so convex abgeschliffen, daß er überall und grade in die Höhlung des untern Steins paßt. Es ist dies das erste Beispiel eines vollständigen Quetschmühlen=Apparates und das fünfte Beispiel einer in einem Kegelgrabe gefundenen Mühle; vgl. Jahrb. XVIII, S. 250. Der Herr Burgwedel zu Hinter=Bollhagen, auf Weitendorf, hat die große Freundlichkeit gehabt, die Steine nicht nur der Sammlung zu schenken, sondern sie auch nach Schwerin zu bringen

G. C. F. Lisch.     

Kornquetscher von Göthen.

Der Herr Pastor Willebrand zu Gladow bei Crivitz schenkte dem Vereine einen zu Göthen bei Crivitz auf dem Felde gefundenen Stein, welcher gewiß als Reibstein zu einer halbmuldenförmigen Quetschmühle gebraucht worden und dem Kornquetscher von Doberan (vgl. Jahrb. XIX, S. 319) ganz

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gleich ist. Der Stein ist von feinkörnigem Granit, fast rundlich, 3 1/2 ? hoch und 4 1/2" im Durchmesser und rund umher in vielen, sanft in einander verlaufenden Flächen abgerieben.

G. C. F. Lisch.     

Quetschmühlen

aus Granit von halbmuldenförmiger Gestalt liegen zu Pinnow und auf dem Hofe zu Gädebehn, wo beide als Tröge für die Kettenhunde benutzt werden, ein dritter vor dem Wohnhause zu Gädebehn.

Kladow.

Willebrand.     

Kegelgräber von Kläden.

Nachtrag zu Jahrb. XVI, S. 258.

Quetschmühle.

In den im J. 1850 abgetragenen Kegelgräbern von Kläden fand sich unter den in einem Grabe zur Bedeckung der Steinkiste aufgehäuften Steinen auch eine Quetschmühle in Form eines halbmuldenförmig ausgehöhlten, an einer Seite geöffneten Granits; der Stein ist nach Dobbertin gebracht und vor die Pumpe auf dem Bauhofe gelegt. Ich verdanke diese Entdeckung dem Herrn Postmeister Wiese zu Dobbertin. Dies ist jetzt die fünfte Quetschmühle, welche sicher in einem Kegelgrabe in Meklenburg gefunden ist; vgl. Jahrb. XVIII, S. 250.

G. C. F. Lisch.     

Kornquetscher von Schwan.

Einen Kornquetscher oder Mühlenreibstein, zu einer halbmuldenförmigen Handmühle gehörig, in Form eines in sehr vielen kleinen Flächen abgeriebenen, kugeligen Granits von etwa 3 1/2", Durchmesser, 1853 ungefähr 11 Fuß tief in einem der städtischen Torfmoore der Stadt Schwaan gefunden, schenkte der Herr Burgemeister Daniel zu Schwaan.

Interessant dürfte es sein, daß sich in demselben Moore in gleicher Tiefe neben vielen über einander gestürzten Tannen= und Birkenstämmen einige vollständig erhaltene "Torfsoden" gefunden haben, deren ursprüngliche Form, nach Versicherung mehrerer glaubhafter Arbeiter, unverkennbar gewesen sein soll.

Kornquetscher von Wismar.

Ein überall abgerundeter Granitstein, von länglicher Gestallt, 5 1/2" lang, 4 1/2" breit, 3 1/2" dick, ward bei Wismar gefunden und von dem Herrn Dr. Crull geschenkt. Man könnte

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diesen Stein auch für eine mittelalterliche Kanonenkugel halten, wenn er nicht zu oval und zu flach wäre.

G. C. F. Lisch.     

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Ueber Bronzewagen.

Durch den zuerst zu Peccatel bei Schwerin in Meklenburg sicher in einem Kegelgrabe der Bronze=Periode im J. 1843 gefundenen Wagen aus Bronze (vgl. Jahrb. IX, S. 373) ist die Forschung über eine lange Reihe von Denkmälern eröffnet, von denen man bis dahin keine Ahnung hatte. Einige Jahre darauf ward bei Frankfurt a. O. ein ähnlicher, höchst interessanter Bronzewagen gefunden, welcher in die Sammlung des wail. Grafen v. Zieten auf Wustrau bei Ruppin kam und in unsern Jahrb. XVI, S. 261, beschrieben und abgebildet ist. Kurz vorher wurden bei Friesack zwei Bronzeräder, zusammen mit andern Bronzen, gefunden und ebenfalls von dem wail. Grafen v. Zieten erworben. Alle diese Wagen und Räder, so wie mehrere gravirte Wagen und Räder sind in unsern Jahrbüchern XVI, S. 261 flgd., beschrieben, untersucht und mit einander verglichen.

In den Jahrbüchern XVIII, S. 253, ist über die in Ungarn gefundenen, so wie über die in Frankreich vorhandenen Bronzeräder berichtet.

Hierauf ist eine höchst interessante Entdeckung in Steyermark bei Judenburg gemacht. Nicht weit von Judenburg ward auf einem alten Begräbnißplatze neben vielen Alterthümern auch ein Bronzewagen gefunden, welcher jedoch eine eigenthümliche Einrichtung hat; der Fund ist in den Mittheilungen des historischen Vereines für Steiermark, drittes Heft, Gratz, 1852, S. 67 flgd., beschrieben und auf den beigegebenen Tafeln abgebildet. Auf den Achsen des Wagens, der, wie der peccatelsche, vor= und rückwärts dieselbe Gestalt hat, ruht ein Bronzeblech; an den vier Ecken stehen kurze Thierköpfe, Pferdeköpfen ähnlich, welche wohl als Handhaben gedient haben; ähnliche Handhaben sind an den beiden schmalen Seiten des Wagens von Peccatel und ähnliche vogelartige Gestalten auf dem Wagen von Frankfurt. In der Mitte des Bleches oder Bodens steht eine hohe weibliche Figur, welche die Hände über den Kopf hält, um ein Gefäß zu tragen; gleiche Bestimmung hat auch der Wagen von Peccatel. Umher stehen viele Figuren. Neben der Hauptfigur in der Mitte stehen an jeder Seite zwei Reiter mit Schild und Speer. An den beiden Enden steht ein Hirsch, den zwei Männer am Geweih halten; dahinter stehe eine männliche Figur mit einem Beile in der Hand und eine

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weibliche Figur. Die Räder des Wagens sind achtspeichig, sonst ganz so groß und so gestaltet, wie die norddeutschen Bronzeräder. Neben dem Wagen wurden viele Alterthümer gefunden, Stücke von Urnen, eine Framea (Celt) mit Schaftloch, viele Bruchstücke von bronzenen Gefäßen, Gürtelblechen u. s. w., bronzene Ringe, eiserne Pferdegebisse und Lanzenspitzen, zwei Spiralfingerringe von doppelten, parallelen Golddräthen u. s. w. Nach allem diesem scheint dieser höchst merkwürdige Fund aus etwas jüngerer Zeit zu stammen, als die norddeutschen Wagen. Eine große Bronze=Schale, welche getrieben ist, mag die Figur aus dem Wagen getragen haben, wie auch der peccatelsche Wagen eine sehr große Bronze=Schale mit 4 Henkeln trägt. Die Bestimmung des Volkes und des Gebrauches dieses Wagens ist natürlich noch sehr dunkel, jedenfalls aber ist dieser Fund, in Vergleichung mit den übrigen ähnlichen Funden, von der größten Bedeutung. Nach vielen Bronzen, namentlich aber nach den goldenen Fingerringen zu schließen, welche denen der norddeutschen Bronzeperiode ganz gleich sind, möchte der Fund aus der Bronzeperiode stammen, d. h. von Celten oder Germanen. Das Vorkommen des Eisens in beschränktem Maaße dürfte in so südlicher Gegend nicht auffallend sein, da das Eisen im Süden früher auftritt, als im Norden.

Von dem höchsten Interesse ist eine neue Bekanntmachung in den Mittheilungen des historischen Vereines für Steiermark, Viertes Heft, Gratz, 1853, S. 235 flgd. Im Jahre 1830 ward aus der Ziegelei der Stadt Radkersburg ein sehr bedeutender Fund von Bronze=Alterthümern gemacht, von denen viele sich gegenwärtig im Besitze des Herrn Grafen v. Platz zu Freudenau befinden. Leider sind weder die Gegenstände des Fundes, noch die Verhältnisse, unter denen sie gefunden sind, gleich beschrieben, so daß die noch vorhandenen Bronzen selbst der alleinige Gegenstand der Forschung sein können. Unter den im Besitze des Herrn Grafen v. Platz befindlichen Alterthümern befinden sich nun auch die Reste eines Bronzewagens, dessen Hauptstücke in den steiermärkischen Mittheilungen a. a. O. abgebildet sind. Es wurden vier Räder gefunden, von denen zwei noch durch eine Achse verbunden sind; von der Verbindung zwischen den Vorder= und Hinterrädern ist keine Spur mehr vorhanden. Die Räder haben 5 1/3" Zoll im Durchmesser und sind, nach der Lithographie zu urtheilen, den in Norddeutschland gefundenen Rädern sehr ähnlich. Nach der Meinung des Berichterstatters in den steiermärkischen Mittheilungen, der die meklenburgischen Jahrbüchcr nicht gekannt zu haben scheint,

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"möchte der Wagen dazu gedient haben, irgend eine Schale oder Vase zum Trankopfer zu tragen; dafür sprechen die an den Achsen angenieteten gedreheten Bronzestäbe, welche die Bestimmung gehabt haben, das Geschirr zu unterstützen". - Außer diesen Rädern befindet sich unter den Bronzen dieses Fundes "noch ein merklich kleineres Rad, wodurch es sich herausstellt, daß hier zwei Wagen beisammen gewesen sind". - Diese Wagen gehören sicher der reinen Bronzeperiode an, da die mit denselben gefundenen Bronze=Alterthümer, namentlich ein kurzes Bronzeschwert mit kurzem Bronzegriff und eine Framea (oder Celt) mit Schaftloch, mehrere Lanzenspitzen u. a. m. für diese Periode reden. - Das unter Nr. 7 abgebildete Instrument gehört vielleicht zu dem Wagen und dürfte der Endbeschlag der hölzernen Deichsel sein, an welcher der Wagen geführt ward. Einen entfernt ähnlichen Beschlag hat auch der frankfurter Wagen.

Die Wagenräder von Radkersburg scheinen in der Technik und Größe ganz den norddeutschen Rädern gleich zu sein; nur sind die Räder von Radkersburg achtspeichig, wie die Räder des Wagens von Judenburg, während alle norddeutschen Räder vierspeichig sind. Dennoch läßt sich nicht leugnen, daß der ganze Fund der norddeutschen und skandinavischen reinen Bronzeperiode sehr ähnlich und in den Hauptsachen gleich ist; jedoch scheinen die norddeutschen Bronzen einfacher und älter zu sein.

Der Berichterstatter, Eduard Pratobevera, ist zweifelhaft, ob der Ort, wo die Antiken von Radkersburg gefunden wurden, eine Gießstätte oder ein Grabhügel gewesen sei. Ich möchte mich bestimmt für eine Begräbnißstätte entscheiden, vorzüglich weil das Schwert in drei Stücke zerbrochen ist, deren Enden oxydirt sind, so daß das Schwert schon zerbrochen der Erde übergeben sein muß. Der Berichterstatter wünscht Aufklärung darüber, ob man "die kostbarern Grabgeschenke absichtlich zerbrochen habe". Diese Frage kann wohl nur auf die Schwerter Anwendung finden, da nur diese vor der Beilegung zerbrochen sind. In Norddeutschland sind aber die in Gräbern gefundenen Schwerter immer zerbrochen, und die Zahl der sichern Funde geht in die Hunderte. Außerdem wurden "einige Fragmente von Gelenkköpfen langröhriger Knochen ohne Spur von Verbrennung" gefunden. - Dies Alles scheint darauf hinzudeuten, daß der Radkersburger Fund aus einer Begräbnisstätte stamme.

Was die Hauptsache betrifft, so scheint mir der Radkers=

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burger Fund nicht römisch 1 ) zu sein; alle Vergleichungen reden für einen heimischen Ursprung, mag man nun denselben für celtisch oder germanisch halten, was sich wohl jetzt noch nicht entscheiden läßt.

G. C. F. Lisch.     

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Das bronzene Heerhorn von Lübzin,

welches im Jahresber. I, S. 14 - 15, und im Frid. Franc., S. 117 - 118, beschrieben ist, hat Veranlassung zu einer sehr interessanten Aufklärung gegeben. Der Her James Yates zu London, welcher vor mehrern Jahren unsere Alterthümer=Sammlungen besuchte, war sehr überrascht von diesem merkwürdigen Stücke des Alterthums und versicherte sogleich, daß er durch dasselbe die berühmte Statue des sterbenden Fechters im Museo Capitolino zu Rom erklären könne. Herr James Yates hat hierüber am 1. August 1851 zu Bristol eine Vorlesung gehalten, welche im englischen Archäologischen Journal 1854 (?), S. 99 - 108, gedruckt und von einer Abbildung des lübziner Horns begleitet ist. Er erklärt jetzt in dieser Abhandlung den bisher so genannten "sterbenden Fechter" oder Gladiator für einen Hornbläser (cornicen) aus einem nicht römischen Volke. - Bei dieser Gelegenheit erlaube ich mir meine bessere, schon dem Herrn J. Yates mitgetheilte Ansicht von der Haltung des Hornes mitzutheilen. Im Jahresber. und Frid. Franc. war ich der Ansicht, daß das Horn so gehalten werden müsse, daß es vom Munde unter den linken Arm durchgehe und sich über die rechte Schulter lege, so daß die Schaftmündung am rechten Ohre stehe. Ich bin jetzt jedoch einer andern und, wie ich glaube, richtigern Ansicht, indem das Horn eine so bestimmte, gefällige Richtung hat, daß man kaum irren kann, wenn diese Richtung gefunden ist. Wenn man das Horn an den Mund setzt und nach unten hin richtet, so geht es unter dem linken Arme, mit dem man es an den Mund hält, hindurch und windet sich genau und anschließend über den Rücken, indem die Schallmündung sich seitwärts an der rechten Lende, etwas noch oben hin gerichtet, lehnt, so daß man das Horn in der Gegend der Schallmündung grade und bequem mit der Hand des ganz nach unten gesenkten rechten Armes faßt.

G. C. F. Lisch.     


1) Vgl. Ginzrot Die Wagen und Fuhrwerke der Griechen, Römer und anderer Völker, 2 Bände, mit vielen Kupfern, München, 1817.
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d. Zeit der Wendengräber.

Wendenbegräbniß von Neuburg.

Der Herr Forstmeister Plüschow zu Wismar schenkte die in Jahrb. XVIII, S. 262. beschriebenen, zu Neuburg gefundenen Alterthümer aus der Eisenperiode. Diese bestehen aus einer schwärzlichen, nach unten spitz zugehenden Urne mit zwei kleinen Henkeln, einem Bruchstücke von einer röthlichen Urne, einem eisernen Messer und zwei bronzenen Hefteln von gleicher Gestalt. Diese Helften haben eine eigenthümliche Verzierung und sind dadurch ganz neu in der Alterthumskunde. Die Hefeln haben die gewöhnliche Einrichtung der Hefteln in den Wendenbegräbnissen: eine Queerstange mit einer cylindrischen Drathfeder, von welcher die Nadel ausgeht, und einen senkrecht stehenden Bügel, am Ende mit einer Scheide, in welche sich die Nadel legt. Die beiden Hefteln haben nun an jedem Ende der Queerstange und am untern Ende des Bügels zur Verzierung eine bronzene hohle Halbkugel (jede Heftel im Ganzen also 3 Halbkugeln) von 7/8" Durchmesser; unter der Halbkugel am Ende des Bügels ist dünner Bronzedrath wie zu einer Schleife gebogen. Diese ganze Verzierungsweise ist noch nicht beobachtet.

Wendenbegräbniß von Hinter=Bollhagen.

Zu Hinter=Bollhagen bei Doberan wurden ganz schwarze, mit Punktlinien in Mäanderform verzierte und andere hellbraune Urnenscherben, ganz im Charakter der Urnen der Eisenperiode, ausgepflügt und von dem Herrn Burgwedel zu Hinter=Bollhagen auf Weitendorf geschenkt.

G. C. F. Lisch.     

Spindelsteine.

Einen Spindelstein von gebranntem Thon, gefunden zu Satow bei Cröpelin, schenkte der Herr Pastor Vortisch zu Satow.

Einen Spindelstein, gefunden zu Remlin bei Gnoyen, schenkte der Herr v. Kardorff auf Remlin zu Gnoyen.

Zwei Spindelsteine aus gebranntem Thon, gefunden zu Tressow, schenkte Herr Haupt zu Tressow.

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Einen Spindelstein aus Thonschiefer, mit rohen Verzierungen auf der Oberfläche, gefunden beim Eulenkruge zwischen Schwerin und Gadebusch, und

einen Spindelstein aus gebranntem Thon

schenkte der Herr Hofschlosser Duve zu Schwerin.

Einen Knopf von gebranntem weißen Thon, von der Größe eines Spindelsteins, flach, wenig gewölbt, 1 3/4" im Durchmesser, gefunden zu Gerdeshagen bei Cröpelin, schenkte der Herr Pastor Vortisch zu Satow.

 


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2. Alterthümer des christlichen Mittelalters und
der neuen Zeit.


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Ueber die bischöfliche Burg zu Bützow.

(Nachtrag zu Jahrb. XIX, S. 338.)

Auf dem Burgplatze der mittelalterlichen bischöflichen Burg zu Bützow ward im Jahre 1854 ein neues Criminalgerichtsgebäude gebaut; im April und Mai ward der Platz geebnet und der Grund zu den Fundamenten ausgegraben. Der Herr Fr. Seidel zu Bützow begab sich täglich auf den Bauplatz, um die Ausgrabungen zu beobachten, und sammelte dabei folgende mittelalterliche Alterthümer, die er dem Vereine schenkte:

1) einen kurzen eisernen Sporn mit großem Rade auf kurzer Radstange;

2) ein eisernes Messer mit Schale aus Hischhorn;

3) drei eiserne Pfeilspitzen;

4) einen aus einem Hirschhorn gesägten regelmäßigen Keil von 3" Länge, dessen Gebrauch nicht zu ermitteln ist;

5) folgende Münzen:

a) einen Wittenpfennig der Stadt Wisby, Av. mit einer ganzen Lilie, Rev. mit einem Agnus Dei, mit verstümmelter Inschrift, aus dem 14. Jahrh.,

b) einen lübischen Sechsling aus dem 14. - 15. Jahrh.,

c) einen meklenburgischen Sechsling aus dem Anfange des 16. Jahrh.,

d) einen stralsunder Sechsling aus dem Anfange des 16. Jahrh.,

e) einen mittelalterlichen kupfernen Rechenpfennig,

f) einen meklenburg=güstrowschen Schilling von 1689.

Ferner ward

6) ein alter Siegelstempel gefunden, dessen Siegelplatte von Messing, dessen Griff von Eisen ist. Die Siegelplatte enthält eine Bischofsmütze (ohne Krummstäbe) mit der Umschrift:

SIGILLVM . PRAEFECTVRAE . BUTZOVIENSIS.

Dies ist ein Siegel des Amtes Bützow, welches wohl aus der ersten Hälfte des 17. Jahrh. stammt. Am 3. März 1640 berichtete der bützowsche Stiftshauptmann Friedrich Hobe:

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"Vndt weiln auch zu weilen Ampts=Pässe, Wen E. f. g. Schute nach Rostock gehet, auch sonsten mussen ausgegeben werden, dieselben päße aber nicht alzeit wollen respectiret werden von den officirern, weiln kein Ampts=Siegel darunter, Als habe ich auch in vnterthenigkeit zu vernehmen, ob E. f. g. in Gnaden friedlich, das man solch ein Ampts=Siegel, wie fur diesem da beym Ampte gewesen vnd aber wegkkommen, wieder machen laßen vndt desselbigen beim Ampte sich gebrauchen solle".

Der Herzog bestimmte hierauf am 2. April 1640:

"Ein Ambts=Siegel sol wiedervmb, wie eß vor diesem gewesen, verfertiget werden".

Das jetzt gefundene Siegel ist wahrscheinlich das vor 1640 verloren gegangene Siegel des Amtes Bützow.

Dieses Siegel ist von der Bauverwaltung an die großherzogliche Sammlung eingereicht worden.

Außerdem hat der Herr Seidel nach den vielen Scherben der hier gefundenen mittelalterlichen, schwarzblauen Krüge von einem Töpfer einen Krug drehen und brennen lassen und dem Vereine geschenkt.

Bei fortgesetzten andern Ausgrabungen auf dem Schloßplatze im Sommer 1854 fand der Herr Seidel noch folgende Alterthümer und sandte sie an den Verein:

7) einen großen eisernen Schlüssel;

8) eine kleine eiserne Scheere, wie eine Schaafscheere gestaltet;

9) eine eiserne Scheere in moderner Form;

10) einen langen Kamm von Knochen, vielleicht zu Bandarbeiten gebraucht;

11) einen einseitigen Kupferpfenning aus dem Mittelalter mit einem A (Arosia, Westeraes?);

12) einen messingenen Siegelstempel aus dem Mittelalter, wahrscheinlich aus dem 15. Jahrh. stammend. Das runde Siegel hat auf dem Schilde eine geflügelte Pferdebremse (eine Figur, wie eine Zange, einer antiken Scheere ähnlich, an jeder Seite mit einem Flügel); die Umschrift lautet:

Umschrift

Wahrscheinlich gehört dieses Siegel dem Gerhard von Brüsewitz, welcher im J. 1431 Secretair und Notar der Herzogin Katharine war (vgl. Jahrb. VII, S. 304). Nach dem Wappen gehörte er zu der adeligen Familie von Brüsewitz, deren Stammvater, der Ritter Nicolaus von Brüsewitz, schon

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im J. 1236 genannt wird (vgl. Lisch Meklenb. Urk. II, S. 19). Die Familie war späterhin, schon seit 1255, in Pommern ansässig, wo sie noch existirt; die pommerschen v. Brüsewitz führten dasselbe Wappen (vgl. Bagmihl Pommersches Wappenbuch I, Taf. XXIV). Die Familie führt noch heute dasselbe Wappen, freilich sehr entstellt, da aus der beflügelten Zange ein beflügeltes Dreieck mit Ringen und Flammen gemacht ist, und Bagmihl hat ohne Zweifel Unrecht, wenn er S. 53 meint, daß die alten Siegel von den neuern "ganz abweichend" sind.

G. C. F. Lisch.     

Eine Knopfform.

aus weichem, grauen Sandstein, mit 7 Formen, gefunden auf dem Felde zu Lübow, geschenkt von dem Herrn Pastor Albrand zu Lübow. Die Formen gleichen den mittelalterlichen Münzen des 15. Jahrh.: zwei haben ein Kreuz und einen gestrahlten Rand; hiernach dürfte die Form auch aus dem 15. Jahrh. stammen.

G. C. F. Lisch.     

Einen Topf

aus dem 14. - 15. Jahrh., aus braunem Thon, fest gebrannt, gefunden im Lüneburgischen, schenkte der Herr Pächter Fratscher zu Boitin.

Ofenkacheln.

Zwei Ofenkacheln aus dem 16. Jahrh., gefunden zu Wismar, schenkte der Herr Dr. Crull zu Wismar.

Acht glasurte Ofenkacheln aus dem 16. Jahrh., mit Bildwerk, verschiedener Art, gefunden zu Wismar, schenkte der Herr Dr. Crull zu Wismar.

Der Herr Oberforstmeister v. Lehsten zu Rehna schenkte dem Vereine eine zu Rehna gefundene schwarz glasurte Eckkachel aus dem 17. Jahrh., in der Hauptansicht mit dem Brustbilde des Königs Gustav Adolph von Schweden, in der Seitenansicht mit dem Bilde eines Türken.

Löffel von Nütschow.

Auf der Feldmark des Gutes Nütschow bei Gnoyen liegt von dem jetzigen Hofe sehr entfernt auf Forstgrund eine Ackerfläche von etwa 1100 [ ] Ruthen, welche "Der alte Hof" genannt wird; die Sage geht, daß hier vor Zeiten ein Hof gestanden habe. Es wird hier noch Bauschutt von großen mittelalterlichen Ziegeln und Kalk, Fensterwindeisen u. dgl. gefunden. Noch vor 40 Jahren standen hier Eichen, welche von dem da=

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maligen Gutsherrn als Schiffsbauholz verkauft wurden; damals soll derselbe hier auch Nachgrabungen haben anstellen lassen und Schutt und alte Gewölbe gefunden haben. Im J. 1854 ward hier beim Ackern ein silberner Löffel mit rundem Blatt und dünnem Stiel, ohne Reliefverzierungen, gefunden und von dem Herrn Geh. Amtsrath Koch zu Sülz für die großherzogliche Sammlung angekauft. Auf der untern Seite sind zwei Wappenschilde (ohne Helme) mit zwei Buchstabem über jedem Schilde also eingravirt:

H. M.  A. P.
Wappen der v. Moltke       Wappen der v. Passow   

Diese Anfangsbuchstaben der Namen bezeichnen ohne Zweifel Helmold von Moltke und Anna von Passow, dessen Gemahlin, Helmold von Moltke lebt im ersten Drittheil des 17. Jahrhunderts auf Nütschow, Amts Gnoyen, und Kl. Belitz, Amts Bukow; er lebte noch im J. 1634, war aber im J. 1639 todt, starb also wahrscheinlich in dem traurigen Jahre 1637; damals wird auch der alte Hof verwüstet worden sein. Seine Frau, welche öfter genannt wird, war Anna v. Passow, welche schon 1639 Wittwe war und 1654 noch lebte.

G. C. F. Lisch.     

Ein Ringhalter

ward zu Viecheln bei Gnoyen gefunden und von dem Herrn v. Kardorff auf Remlin zu Gnoyen geschenkt. Er stellt eine junge Dame im Brautschmuck dar, mit Kranz, Schleier und Gebetbuch, 3" hoch, an den Schultern an jeder Seite mit zwei Haken zum Aufhängen der Ringe. Die Figur, welche aus Kupfer gegossen und versilbert ist, ist sehr hübsch gearbeitet und stammt wohl aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts.

G. C. F. Lisch.     

Ein Medaillon

mit einem kleinen Portrait aus dem vorigen Jahrhundert, geschenkt von dem Herrn Senator Demmler zu Rehna, gefunden in dessen Garten.

Eisernes Hufeisen von Ziesendorf.

Auf der Feldmark des ritterschaftlichen Gutes Zisendorf, Amts Schwaan, ist ein Berg, welcher der "Reuterberg" genannt wird. An demselben werden häufig Hufeisen gefunden. Der Herr Burgemeister Daniel zu Schwaan schenkte dem Vereine ein Exemplar der dort gefundenen Hufeisen, welche, nach dem Roste zu urtheilen, ziemlich alt zu sein scheinen.

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Denkstein bei Eversdorf.
(Vgl. Jahrb. XI, S. 483.)

Der auf dem Denkstein befindliche Name des Getödteten wird nicht Morellenburch zu lesen sein, sondern Mozellenburch , und zwar nach Maßgabe zweier Stellen in dem 1328 angefangenen kleinen Wismarschen Stadtbuche. Hier heißt es zum Jahre 1344 nach Jacobi:

Omnis dissensio et discordia, que fuit inter Copekinum (et Nicolaum) de Sunde, ciues nostros, ex vna, et Hinricum Moselingheborghe et Petrum, filium eius, parte ex altera, in omni amicicia composita etc.

Und ferner 1398 Marci und Marcelliani:

Heyno Spalkehauere et vxor sua Abele habuerunt in hereditate quondam Mozelenborges L marcas etc.

Dies wird denn wohl der Lüdeke Moselenborg sein, dem jenes Denkmal wegen seiner 1391 geschehenen Ermordung gesetzt ward.

C. D. W.     

 

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II. Zur Baukunde.

1. Zur Baukunde der vorchristlichen Zeit.


Wendischer Burgwall von Gr. Wolterstorf.

Auf der Charte der Feldmark Gr. Wolterstorp, Parrochie Proseken, fand sich eine Localität als "Wall" bezeichnet. Eine aus diesem Grunde vorgenommene Untersuchung, welche um so mehr Interesse bot, als im Lande Bresen noch kein Wall bekannt ist, gab folgendes Resultat. Das Dorf Gr. Wolterstorp, an einer großen Wiesenfläche gelegen, die sich vom Seeufer her bei S. Jacob vor Wismar in verschiedener Ausdehnung bis nach Barnekow u. s. w. hin zieht grenzt westwärts mit diesem Gute an Stoffersdorf. Links vom Wege, der nach diesem Dorfe hinführt, am Rande der Wiesenfläche, liegt der erwähnte "Wall", Derselbe ist von unregelmäßig runder Form, verläuft jetzt an seinem äußeren Rande in das im umgebende Terrain, ist in der Mitte gesenkt. Sein Umfang, auf der Höhe der Umwallung abgeschritten, ergab gegen 500 Schritt; die Höhe der Umwallung mag 12 - 16 Fuß betragen. Der Wall selbst war umgebrochen, und diesem Umstande war es wohl zu danken, daß sich vier Scherben von Gefäßen fanden, von denen zwei, und zwar verschieden, verziert waren. Auf sie gestützt, kann es nicht bedenklich sein, den Wall für einen slavischen zu erklären. Die Scherben haben die Beschaffenheit der heidnischen Gefäße und sind mit wellenförmigen Linien verziert. Zur Zett des ratzeburger Zehntenregisters (1230) war Wolterstorp noch von Wenden bewohnt.

Gleichzeitig ward in Wolterstorp selbst ein anscheinend mittelalterlicher Wohnplatz (Burgwall) entdeckt. Im Garten des Erbzinsmanns Geitmann, südlich im Dorfe, in mehr hügeligem Terrain, ist ein runder, von einem Wall und tiefem Graben umzogener Hügel, dessen Umfang an der tiefsten Stelle

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etwa 140 Schritt beträgt, während die Höhe des Hügels von dort gemessen 16 Fuß sein mag. Das umgebende Land ist nach zwei Seiten fast gleich hoch; an der dritten stößt, durch einen Weg jetzt getrennt, eine Wiese daran, indem ohne Zweifel dort die Umwallung niedergelegt ist. Vor Jahren sollen dort Mauersteine ausgebrochen sein.

C. D. W.     

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Wendische Burgwälle von Weberin und Wendorf.

Der Herr Pastor Willebrand zu Cladow hat im ritterschaftlichen Amte Crivitz wieder zwei wendische Burgwälle, zu Weberin und Wendorf, entdeckt, welche, wenn auch die Geschichte noch nichts über sie sagt, von Interesse sind, weil sie östlich vom Schweriner See, zwischen Pinnow und Sternberg, in einer Gegend liegen, in welcher noch keine alte Burgwälle bekannt geworden sind. Der Herr Pastor Willebrand berichtet Folgendes:

Wendischer Burgwall von Weberin.

Auf der Feldmark von Weberin liegt am Frauensee ein heidnischer Burgwall, welcher in Weberin der "Burgwall" genannt wird. Derselbe erhebt sich etwa 60 Fuß hoch über den an seinem Westabhange liegenden Frauensee und ist von SW. gegen NO. 170 Schritte lang und von NW. gegen SO. 140 Schritte breit. Da der Westabhang des Plateaus gegen den Frauensee ziemlich steil ist, so fehlt hier jede künstliche Umwallung. Von der Nordwestecke des Burgwalles aber, wo sich auch die Auffahrt befand, läuft eine künstliche Umwallung auf dem Rande des Plateaus umher bis zur Südwestecke, wo der steile, zum See abfallende Abhang wieder beginnt. Diese Umwallung hat eine Höhe nach außen hin von etwa 12 Fuß, nach innen von 5 bis 6 Fuß. An der innern Seite dieser künstlichen Umwallung läuft, parallel mit derselben, eine Vertiefung umher, so daß die Umwallung eine Art von Brustwehr bildet, hinter welcher ein Mann aufrecht stehen kann, ohne von außen gesehen zu werden. Im N., O. und S. fällt der ganze Burgwall mehr oder minder steil in den umher liegenden sandigen Acker ab.

Auf dem Plateau des Weberiner Burgwalles, namentlich auf solchen Stellen, die von den Weberiner Bauern beackert werden, finden sich nun viele Gefäßscherben und vom Feuer geröthete Lehmklumpen mit Stroheindrücken; hin und wieder finden sich auch am Rande umher und an andern Stellen noch Scherben, jedoch nur selten. - Die auf dem Burg=

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walle gesammelten Gefäßscherben sind ohne Ausnahme heidnisch, d. h. aus Thon, mit Granitgrus oder Sand vermengt, und haben eine bräunliche Farbe. Einige wenige Scherben haben auch die bekannten wellenförmigen Verzierungen unter den Gefäßrändern, wodurch sich bekanntlich die jüngsten wendischen Gefäße charakterisiren.

Ungefähr 5 Minuten weit nordöstlich von dem Burgwalle steht auf einem Berge zwischen dem Frauensee und dem Viersee ein Kegelgrab, neben welchem ein verkümmerter Weißdornstrauch steht.

Wendischer Burgwall von Wendorf.

Eine Viertelmeile von dem weberiner Wallberge gegen ONO. liegt auf der Hälfte des Weges zwischen Weberin und Wendorf, aber schon auf dem Gebiete von Wendorf, ein zweiter Burgwall, welcher der "Hexenberg" genannt wird. Der ganze Burgwall hat eine länglichrunde Form und einen Durchmesser von etwa 150 Schritten von N. gegen S. Dieser Burgwall liegt auf der Ostspitze einer Landzunge, die im N. und S. von Wiesen, im O. von einem Bache begrenzt wird, der aus der Glambek, einem See bei Weberin, kommt, die wendorfer und müsselmower Mühlen treibt und dann in die Warnow fällt. Im Westen, wo auch die Auffahrt war, hängt die Landzunge mit dem Ackerlande zusammen. Auch dieser Wall ist auf dem Rande umher von einer künstlichen Umwallung umgeben. Nach außen hin hat der Wall eine Höhe von 6 bis 12 Fuß; nach innen findet sich hinter dem Walle rings umher, wie beim Burgwall am Frauensee, eine Vertiefung von 3 bis 6 Fuß. Gegen Süden senkt sich der Burgwall etwas, und hier fand sich an einer brunnenartigen Vertiefung, außer rothen Johannisbeeren (wovon sich auch außerhalb des Baches am Walle eine Gruppe findet), auch ein Strauch mit sehr saftigen, weißen Johannisbeeren.

Auch auf diesem Burgwalle finden sich viele heidnische Gefäßscherben aus Thon mit Granitgrus durchknetet, und keine andere. Die Scherben von diesem Burgwalle sind aber größer und schöner und, wie es scheint, edler geformt und heller an Farbe, hellbraun, als die Scherben von dem weberiner Burgwall. Der Burgwall von Wendorf scheint also älter, als der Burgwall von Weberin zu sein. Jedoch fanden sich auch ein Paar Scherben mit den wellenförmigen Randverzierungen, so daß es keinem Zweifel unterliegt, daß auch dieser Burgwall zur wendischen Zeit benutzt ward. - Auch fanden sich auf dem Burgwalle viele zerschlagene Feldsteine von jüngern

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Steinarten, welche auf mehrern Flächen so stark verglaset sind, als wenn sie mit einer dicken (weißlichen oder grünlichen) Glasur überzogen sind.

Auf der großen Schmettau'schen Karte von Meklenburg führen die Wiesen nördlich vom Hexenberge den Namen: "beim alten Hofe".

Sagen knüpfen sich weder an den wendorfer, noch an den weberiner Wallberg.


Von der wendorfer Mühle ward jedoch dem Herrn Pastor Willebrand folgende Sage erzählt:

Es war einmal zu Wendorf ein Müller. Als er starb, hatte er noch etwas auf dem Herzen behalten, was er gerne den Seinigen offenbart hätte. Er hatte daher keine Ruhe und nach seinem Tode war es nicht richtig in der Mühle. Oft knarrte es Nachts und drehte sich etwas in der Mühle, und wenn der Geselle aufstand, konnte er nichts finden. Da baten die Leute den Pastor, sie von diesem Geiste zu befreien. Der betete den Geist auch in das Ofenrohr. Als der Geist darin war, hielten sie einen Sack davor und fingen ihn darin. Da bat der Geist kläglich, ihm zu seiner Beschäftigung doch etwas mitzugeben; und sie steckten ihm ein Pfund Wolle in den Sack, die er bei seinen Lebzeiten gerne gepflückt hatte, und trugen den Sack nach dem Moor, das auf dem Wege von Weberin nach Jülchendorf liegt. Hier pflegen nun die Leute noch heutiges Tages sich leicht in dem Holze zu verirren, namentlich des Nachts, und man sagt dann von ihnen: "em hett woll de "Wullplücker möt't".


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Der Burgwall,
großer, mittlerer und kleiner Rumsegen
bei Muchow * ).

Bei dem Kirchdorfe Muchow (eine Meile südlich von Neustadt) entspringen etliche Quellen, die in einen Bach zusammenfließen. Dieser Bach, das eine Ende des Dorfes durchschneidend, zieht sich von da südlich mitten durch eine lange Wiesenniederung hinab in die Priegnitz. Auf der linken Seite des


*) Wir geben von einem längern Aufsatze des jetzigen Herrn Pastors Kossel zu Tarnow hier nur die Local=Angaben, da das Ganze für unsere Jahrbücher und den Gegenstand eine zu große Ausdehnung hat.
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Baches, der hier noch Wiesengraben, aber um eine Meile weiter schon Löcknitz heißt, liegt die Floot, ein Bruchrevier, ehemals mit Ellern, Birken, Buchen und mächtigen Eichen bestanden, jetzt nichts mehr darbietend, als Ellerngebüsch und Weidestrecken, die größtentheils nach und nach aus dem Sumpfe hervorgetreten sind. Sie hat die Form eines Dreiecks, dessen Hypotenuse an die Wiesenniederung grenzt, und ist ungefähr 1/8 Quadratmeile groß. Hier in der Floot, findet man die vier oben genannten Oerter. Der Burgwall liegt in dem vordern oder obern Winkel, etwa 250 Schritte vom Dorfe entfernt und 106 Schritte von dem Wiesengraben. Der große Rumsegen, eine Aue (viretum) von etwa 300 Schritten in ihrer größten Ausdehnung, liegt quer über dem untern Winkel, jedoch also, daß er von Osten nach Westen gehend von der Wiesenseite noch etliche hundert Schritte weiter entfernt bleibt, als von dem jenseits nahe vorüberlaufenden Grenzgraben der Möllenbecker Scheide; er ist gegen 980 Schritte von dem Burgwall entfernt. Geht man von hier aus aufwärts an diesem Grenzgraben entlang, so kommt man nach einer Strecke von etwa 330 Schritten zu dem mittlern Rumsegen, einem Platze, der dem vorigen ähnlich ist. In derselben Richtung fortgehend hat man noch ungefähr 430 Schritte bis zum kleinen Rumsegen, der jetzt, nachdem ein Theil des Bruchs durch einen Graben abgesondert worden ist, den Kathetenwinkel des Dreiecks ausfüllt.

Noch vor dem Jahre 1820 war die Floot ganz anders, als sie nun nach 30 Jahren ist. Damals schien sie in einem stabilen Zustande zu sein und, alle Einwirkungen von außen her zurückweisend, eine Existenz auf eigne Rechnung zu führen. Wenn auch wie aus einer unerschöpflichen Fundgrube jahraus jahrein und besonders zur Winterzeit, wo man die Kolke unter der Eisdecke weniger zu fürchten hatte, viel Holz hinweggenommen wurde, so war das nur Hinwegräumung des Ueberflusses, wie man die Wasserreiser von dem Obstbaume wegschneitelt; und wenn auch zu Zeiten Jagd darin angestellt und in trocknen Sommertagen die Viehheerde des Dorfes darin geweidet wurde, blieb doch die Floot immer dieselbe, ein Revier, welches mit den Fortschritten der veränderlichen Gegenwart nichts zu thun haben wollte. - Im Jahre 1820 trat eine Vermessung der Feldmark ein. Der obere Theil der Floot wurde als Wiese und Ackerland den kleinen Leuten zum Anbau überwiesen, und da durch Abzugsgräben dieser neue Acker trocken gelegt werden mußte, so hat zugleich auch der untere Theil des Bruches viel von seinem frühern Ansehen verloren. Dazu kam noch, daß in demselben Jahre ein großer Theil des Dorfes niederbrannte; die Floot

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mußte als nächste Waldung zum Wiederaufbau ein Bedeutendes an Baumaterial liefern. Mit diesem Jahre wurde die von nun an fast ununterbrochen fortgehende Fällung der Bäume bemerkbar, und ein Decennium später, nachdem noch die runde Zahl von funfzig alten Eichbäumen, zum Aufbau der Villa Gustava in Ludwigslust bestimmt, hinweggeräumt worden war, hatte die Floot fast ein solches Ansehen, wie sie jetzt hat. Früher gab es darin mehrere unzugängliche Stellen, selbst im heißen Sommer unzugänglich, nun aber ist alles so trocken, daß dem Plane, die ganze Floot als Tagelöhner= und Büdneracker zu parceliren, nichts im Wege steht.

Der Burgwall

hatte eine auffallende Aehnlichkeit mit der Ravensburg bei Neubrandenburg. Wenn man den Plan derselben, wie er im V. Bande unserer Jahrbücher vorliegt, betrachtet, so glaubt man einen Plan von dem Muchowschen Burgwalle zu sehen. Nur hatte dieser nicht drei Theile wie jene Burg, sondern zwei, nämlich den eigentlichen ringförmigen Burgwall und den Wall einer Vorburg. Die Größe der beiden Wälle, ihre Form, ihr Verhältniß und ihre Lage zu einander sind wie nach der Ravensburg zugeschnitten. Der Diameter der nicht ganz kreisförmigen Fläche des Burgwalls betrug ungefähr 98 Schritte; dieser Diameter, verlängert durch die Vorburg hindurch bis zum Außenwall, hatte 198 Schritte. Die Messung läßt sich jetzt noch bequem anstellen, denn obgleich der Ringwall von der einen Seite, nämlich dem Dorfe zu, schon vor Jahren abgetragen und urbar gemacht worden ist, hat er doch an der gegenüberliegenden Seite eine ziemlich scharfe Abrundung behalten, und die Richtung beider Wälle, des Ringwalls und des der Vorburg, läßt eine Vertiefung an der Stelle des alten Wallgrabens noch deutlich erkennen. Will man für den Rand, der durch das Abtragen rings herum etwas hinausgeschoben worden, etliche Schritte abrechnen, so kommen statt 98 Schritte des längeren Durchmessers ungefähr 90 heraus. Aus der Ferne angesehen, ragte er an der erhabensten Seite hier auch, wie bei der Ravensburg, der Einfahrt meistens gegenüber, gegen 12 bis 16 Fuß hoch hervor. Die Oberfläche war gegen die Mitte etwas gesenkt, fast schalenförmig, schwach mit Rasen bewachsen, und hatte weiter keine Sträucher oder Bäume, als eine große Buche ganz nahe am Ausgange, welcher Ausgang auch zugleich der einzige war. Des Walles Höhe läßt sich nicht genau mehr angeben, auch nicht die Breite des Grabens, der stellenweise durch das an seinen beiderseitigen Ufern hervorgewachsene Ellerngebüsch eingeengt wurde. Seine Tiefe war so bedeutend, daß er niemals austrocknete; im

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Winter bot er den Schlittschuhläufern eine vortreffliche Bahn dar. - Weit niedriger, als der Ringwall, war der Wall der Vorburg. Auf dem innern Raume derselben standen fast überall große Ellern; außerhalb des Walles aber standen als nächste Umgebung rings herum nicht allein Ellern und dichtes Gebüsch, sondern auch große Eichen. Allein die Westseite war frei, da die oben genannte Wiesenniederung sich hier anschließt. Die Einfahrt, beinahe im Südosten, hatte eine "Zugbrücke"; so wenigstens erzählen alte Leute, welche sie noch in ihren Ueberresten gekannt haben wollen. Und diese Erzählung ist auch nicht unwahrscheinlich, da man vor etlichen Jahren noch alte Pföste an dieser Stelle wahrnehmen konnte. - Zu bemerken ist hier, daß mitten durch die Floot ein Erddamm führt, der, von der Zugbrückenstelle anfangend, seine Richtung aus den großen Rumsegen nimmt und von da nach Möllenbeck hinüberweis't, einem Dorfe, das etwa eine Stunde von Muchow entfernt sein mag. Bei Möllenbeck lag ehedem an einem zweiten Bache der Löcknitz, welcher am Fuße der Runer Berghöhe entspringt, die Müggenburg. Zwischen dieser und dem Burgwalle soll der Erddamm eine mit Fleiß gebauete Verbindungsstraße gewesen sein. So weit die Floot geht, läßt er sich verfolgen, allein auf dem Möllenbecker Felde nicht mehr, weil dort schon längst alles Holz hinweggeräumt und das Feld von der Flugschaar geebnet ist. Unwahrscheinlich ist es nicht, daß dieser Damm eine Straße abgab zwischen zwei Burgen, die beide innerhalb des Winkels der Löcknitzbäche lagen und von beiden Seiten nach außen hin durch Wälder und Sümpfe geschützt wurden. Die Richtung des Dammes trifft mit der Stelle zusammen, welche man noch als die Müggenburg bezeichnet und die vor etwa 20 Jahren noch das Ansehen eines solchen Ringwalles hatte, wie der Muchowsche war. - Außer diesem Damme scheint noch ein zweiter Weg zur Burg geführt zu haben. An der gegenüberliegenden Seite nämlich ging eine Reihe von Steinen queer durch die Wiesenniederung, welche, zum Theil mit Rasen überwachsen, einem versteckten Fußsteige nicht unähnlich war.

Nachgrabungen sind bisher aus dem Burgwalle noch nicht vorgenommen. Einige behaupten, daß man ehemals Stücke von Ziegelsteinen, auch andere Steine und Reste von Baustoffen auf demselben gefunden habe; Andere hingegen meinen, daß er stets nackt und kahl gewesen sei. Von Alterthümern, z. B. Waffen, Urnen u. dgl., weiß man nichts zu sagen; das einzige Stück, welches man gefunden hat, war ein großer Schlüssel, den man einmal zufällig beim Graben herausscharrte. Von der nähern Beschaffenheit des Schlüssels weiß man nichts mehr, auch nicht, ob derselbe noch vorhanden.

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Nach der Sage von einer Verbindung mit der Müggenburg scheint der Burgwall ein Product des Mittelalters zu sein. Es giebt aber noch eine andere Sage, die von einer spätern Zeit redet. Darnach ist er zur Zeit des dreißigjährigen Krieges entstanden. Damals lag das Dorf Muchow mehr westlich, und zwar auf der Stelle der jetzigen Feldmark, die noch heute "Alt=Muchow" heißt, an der von Parchim nach Grabow führenden Landstraße.

Der große Rumsegen oder Ruhmsegen.

Davon wissen wir nur wenig zu sagen. Er ist, wie schon zu Anfang bemerkt, eine Aue, ein Anger, ein Brink: ein Langrund, das ehedem, als noch stolze, mächtige Eichen rund herum standen, auffallend regelmäßig erschien und in seiner größern Ausdehnung von Osten nach Westen etwa 300 Schritte betrug (vielleicht auch mehr, was sich jetzt nach Hinwegräumung der Eichen nicht genau bestimmen läßt), eine Fläche, fast ganz eben und überall mit Gras bewachsen. Sein Graswuchs ist üppig, wo nicht filzartig, wie auf einer fetten Wiese. Wenn er fruchtbarer ist, als jede andere Weidestelle der Floot, so kommt dieses vielleicht daher, daß er in neuerer Zeit, als diese Gegend schon wegsamer wurde, den Hirten ein Lieblingsort geworden ist, welche mit ihren Viehheerden nicht selten ihre Mittagsrast darauf hielten. So hoch wie der Burgwall liegt er bei weitem nicht, er gehört aber mit zu den erhabeneren Stellen der Floot und bleibt selbst bei hohem Wasserstande trocken. Daher finden sich auf ihm auch nirgends solche Bruchstellen, wie auf flachen Auen so leicht bei nasser Witterung von Viehheerden getreten werden. Auf dem Platze selbst standen wie zur Ausschmückung etliche diese Bäume, meistens Eichen; Steine aber fand man nicht darauf und will auch niemals darauf einen Stein gesehen haben. Rund herum standen eben so große Bäume, aber ziemlich dicht, so daß sie mit dem zwischendurch brechenden Gebüsch eine schöne Wandung bildeten. In gewissen Jahreszeiten machte die Schönheit dieses Rumsegens einen ganz eigenthümlichen Eindruck auf das Gemüth. Wer ihn einmal gesehen hatte, kehrte gern noch oft dahin zurück, als ob er ihn noch einmal mit prüfendem Blicke betrachten müßte, um eine Bedeutung herauszubringen; und wenn man ihn verließ, so war man freilich gewiß, kein bloßes Kunstproduct gesehen zu haben, aber eben so wenig konnte man sich überreden, das Ganze für ein Werk der Natur zu nehmen. Es giebt manche interessante Waldplätze, aber ein solcher Hain, wie dieser Rumsegen zur Zeit seiner Pracht und Schönheit war, gehört mit zu den Seltenheiten.

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Der mittlere Rumsegen.

Seine Größe steht zu der des vorigen ungefähr in dem Verhältniß wie 1 zu 2, und wenn man den längeren Durchmesser des großen zu 300 Schritten annimmt, so kann man den des mittleren zu 150 Schritten rechnen. Wir müssen hier das Wörtchen "ungefähr" betonen, denn so markirt wie die Grenze des großen scheint die des mittleren nie gewesen zu sein. Man vermißte an ihm das Ebene, Geräumige, Salonartige des vorigen; er hatte vielmehr das Ansehen eines luftigen Haines, da die Eichen um denselben auch nicht viel dichter standen, als auf demselben. Bei jenem wurde der Wanderer überrascht und er fragte nach dem Namen, wenn er eintrat; bei diesem hingegen merkte er nicht eher, daß er darauf sei, als bis man's ihm sagte. Er ist zwar ein Oblongum und auch von Osten nach Westen gehend, aber nicht so regelmäßig und schön abgerundet, wie jener war. Die Grenze machte sich hier nicht, wie bei dem großen, durch die Reihe der rundum stehenden Bäume bemerkbar, sondern vielmehr durch das dichte Ellerngebüsch der ihn umgebenden Niederung und durch die Erhabenheit des Bodens, der, wenn bei Regenwetter die Niederungen in Sumpf verwandelt wurden, doch als ein fester, trockener Brink hervorragte. Bei dem großen Rumsegen lag am Rande nur ein einziger unbedeutender Stein, vielleicht beim Ausroden der Bäume erst dahin geworfen, auf diesem mittleren hingegen hoben sich mehrere große Granitblöcke wie aus einem Lager von Gestrüpp und Windhalmen hervor. Sie lagen zerstreut, ungefähr wie Steinblöcke, die man vorläufig zum Bau zusammengefahren hat. Gewiß hatten sie hier schon lange ihre Stelle, da sie, mehr oder weniger in den Rasen eingenestelt, mit dickem Moose bewachsen waren. Es muß bemerkt werden, daß die Floot zwar noch mehr Stellen hat, welche eben so erhaben liegen wie dieser Rumsegen, daß sich aber auf keiner andern Stelle Steine fanden, am allerwenigsten so große. Nur hier und auf dem kleinen Rumsegen lagen Steine. Später wurden diese Steine herausgehoben, fast alle gesprengt und zum Bau von Häusern und Mauern verwendet.

Der kleine Rumsegen

ist etwa halb so groß - oder besser, er steht zu dem mittleren wie der mittlere zum großen, alle drei wie 2, 4, 8, in geometrischer Proportion - und hat seine größte Ausdehnung eben so wie die beiden vorhergehenden, d. h. von Osten nach Westen. Er ist höher gelegen, als die beiden andern, und hatte daher

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auch nicht einen so üppigen Graswuchs. Der Boden übrigens ist hier mehr lehmig als dort und auf dem Burgwalle, der - nachträglich gesagt - weder Lehm, noch Moorerde, noch Kiessand ist, sondern ein Gemisch zu sein scheint, wie ausgelaugte, abgenutzte Dammerde. Fast überall zerstreut standen mächtige Eichen und ziemlich gleichmäßig, da der eine Baum so dick und groß war wie der andere. Am östlichen Ende ragte im Schatten der Eichen ein großes Hünengrab hervor. Dieses war dem Aeußern nach fast wie das Hünengrab bei Prieschendorf. Die Beschreibung desselben, wie sie im II. Jahrgange der Jahrbücher vom Herrn Pastor Masch gegeben worden, wiederholt sich hier in den meisten Punkten. Es lag, wie jenes, bedeutend erhaben; der Ring der ziemlich regelmäßig aufgesetzten Steine hatte mehr die Form eines langen Rechtecks, als die einer Ellipse, von Osten nach Westen gehend. Wie viel dieser Steine waren und in welcher Entfernung von einander sie standen, läßt sich nicht mehr mit Gewißheit sagen; allein so weit die Erinnerung bei denen, die dieses Grab oft genug besehen haben, entscheiden kann, war es hier wie bei dem zu Prieschendorf. In dem Rechteck lag ein großer Stein, der sich durch seine breite Fläche vor allen übrigen, die mehr ihre Spitze nach oben kehrten, auszeichnete. Nicht weit davon ließen sich rund umher noch mehrere Steine wahrnehmen, größtentheils ziemlich tief in den Rasen eingenestelt, die sich aber durch ihre bemoos'ten Häupter hinlänglich als Coätaneen der ewigen legitimirten und durch ihre Stellung ihr Trabantenverhältniß nicht undeutlich zu erkennen gaben.

Besondere Nachgrabungen sind, wie man sagt, hier niemals vorgenommen worden. Auch hat man auf beiden Rumsegen bei dem Ausgraben der Steine, die größtentheils gesprengt und zur Winterzeit abgefahren sind, nichts Merkwürdiges gefunden. . Vielleicht findet man aber noch etwas, denn der größte Stein des Grabes ist noch nicht ganz hinweggeräumt, er liegt (dem Vernehmen nach) noch zur Hälfte in der Erde und ist vorläufig erst gesprengt. Auf andern Stellen der Floot hat man freilich schon verschiedene Sachen des Alterthums gefunden, aber nicht auf dem Wege besonderer Nachgrabungen, sondern ganz zufällig. Wir wollen die Nachricht davon hier als eine beiläufige Bemerkung einschalten. Als nämlich etliche Jahre nach der Ackerregulirung (nach 1820) ein Graben durch den obern Theil der Floot gezogen wurde, fand man eine Framea aus Bronze; weiterhin ein durchbrochenes Schwert aus Eisen, schon halb von Rost verzehrt; an einer dritten Stelle ein merkwürdigeres Stück eine Perle, ein geringeltes

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Kügelchen von der Größe einer Haselnuß: sie kam beim Spalten eines großen Eichenstammes zum Vorschein und war so in dem Holze verwachsen, daß sie, als man sie heraushob, eine runde Höhlung als Zeichen ihrer Lagerstätte zurückließ. Der damalige Prediger, Namens Bardey, nahm diese Sachen an sich und ließ sie dem Professor Schröter zu Rostock einhändigen. Bei der Einhändigung äußerte derselbe, daß die drei verschiedenen Gegenstände auch ganz verschiedenen Zeitaltern angehörten. Die Perle - Kunstproduct eines fremden Volks und durch den Handel zu uns gebracht - sei wahrscheinlich als Kleinod neben andern Schmucksachen in einer Urne beigesetzt und habe sich, widerstrebend der Gewalt des Wachsthums der Eiche, welche die weichere Urne zermalmt und sie mit ihrem Inhalt allmählig an sich genommen, vermöge ihrer Härte bis auf unsere Zeit erhalten.

Von dem Burgwalle weiß man wenig zu erzählen, aber bei den Rumsegen fehlen historische Notizen ganz. In dem Munde der Dorfbewohner wird gewöhnlich die zweite Sylbe stark betont, die erste hingegen so unbestimmt gelassen, daß man bald Rumsegen, bald Ruhmsegen, auch wohl Rumpsegen zu hören meint. Wenn man fragt nach Entstehung und Bedeutung des Namens, so ist die Antwort, daß man's nicht wisse, und daß diese Oerter von jeher so genannt worden seien.

Der Unterschriebene hätte zwar, da er mehrere Jahre (von Michaelis 1820 bis Ostern 1824) in Muchow verlebte und in Begleitung des damaligen Predigers, bei welchem er in Pension war, oft genug diese Oerter sah und betrachtete, leicht eine genaue Messung derselben vornehmen können, er ist aber zu säumig gewesen. Als eine Reise in den Hundstagen d. J. ihn wieder nach Muchow führte, besah er auch zugleich die Floot. Er bereuete jetzt, daß er nicht schon längst eine topographisch=historische Dartstellung dieser interessanten Stelle gegeben, und kam auf den Gedanken, das Versäumte so gut als möglich nachzuholen. Was ihm daher von Erinnerungen und Notizen aus früheter Zeit, wo er es keineswegs an Erkundigungen fehlen ließ, noch übrig ist, und was jetzt die Localität und neu angestellten Nachforschungen darbieten, hat er in dem Vorstehenden zusammenzufassen sich bemüht.

Lübow, im Decembcr 1849.

Carl Kossel, Cand. d. Theol.     


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2. Zur Baukunde des christlichen Mittelalters.

Kirchliche Bauwerke.


Der Dom zu Ratzeburg
(vgl. Jahrb. XI, S. 420)

wird von v. Quast "Zur Charakteristik des älteren Ziegelbaues etc. ., Berlin 1850, S. 18", eine mit den für den Ziegelbau "nothwendigen Abänderungen versehene, fast wörtliche Kopie des S. Blasien=Doms zu Braunschweig, der bekanntlich erst 1172 gegründet und 1194 geweihet wurde", genannt. Diese Beobachtung ist durchaus richtig und sehr zutreffend. Bei einer Untersuchung des braunschweiger Domes, die ich im J. 1854 anzustellen Gelegenheit hatte, war auch für mich die Gleichheit beider Bauten im höchsten Grade überraschend und es leidet keinen Zweifel, daß der ratzeburger Dom nach dem Plane des braunschweiger Domes erbauet ist, allerdings gewiß schon sehr früh. In der Anlage weicht der Dom zu Braunschweig dadurch ab, daß nicht allein das Mittelschiff, wie in Ratzeburg, sondern auch jedes Seitenschiff eine Apsis hat, was bei dem ratzeburger Dome nicht der Fall ist. Die Thurmanlagen sind ganz verschieden, wie häufig.

G. C. F. Lisch.     

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Ueber die Bemalung der alten Kirchen.

Die Kunstwissenschaft, weit entfernt an ihrem Ziele zu sein, macht fast täglich neue Fortschritte, seitdem einmal die Augen geöffnet sind; daher ziemt sich in der Verfolgung des Zieles weit mehr ein offenes, redliches Forschen, als eine vornehmthuende Abschließung und Selbstüberschätzung.

In den Jahrbüchern XVI, S. 286, ist die Bemalung der Kirchen zur Untersuchung gezogen und eine Reihe von Kirchen aufgeführt, welche noch alte Bemalung zeigen. Dort ist die ziemlich allgemein geltend gemachte Ansicht, daß die Alten die Ziegelkirchen im Rohbau ließen, zur Sprache gebracht, aber schon vielfach durch Beispiele modificirt, welche ein Abputzen der Wände zeigen. Ich glaube, die Richtung der alten Kunst in dieser Hinsicht jetzt näher bestimmen zu können.

Es steht wohl fest, daß in den Ländern, in denen man aus Gebirgssteinen, z. B. Sandstein, bauete, die Steine in den ältesten Zeiten kleiner sind und im Fortschritte der Zeit größer

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werden; man bauete in den älteren Zeiten des romanischen oder Rundbogenstyls mit kleinern Bruch steinen, in den Zeiten des gothischen oder Spitzbogenstyls mit größern oder Hau= oder Werksteinen. Natürlich kann dies nur allgemeine Ansicht sein und nicht als Regel ohne Ausnahme gelten. Man war in den ältern Zeiten also gezwungen, zur Verhüllung der Unebenheiten die Wände abzuputzen, die man dann häufig bemalte. Daher findet man sehr häufig die Wandflächen der Rundbogenkirchen geputzt und bemalt, - während die Wandflächen der Spitzbogenkirchen, welche wegen der großen Fenster und der Dienste weniger Flächen bieten, in der Regel im Rohbau stehen und nicht bemalt sind. Es ward daher, wenn auch keine Nothwendigkeit vorlag. Styl, die Rundbogenkirchen zu putzen und zu bemalen, und dieser Styl pflanzte sich in die Zeit des Ueberganges fort.

Daher sind denn auch häufig die Ziegelkirchen des Rundbogen= und Uebergangs=Styls ganz geputzt und gemalt, wie die Kirchen zu Minzow und Alt=Röbel (Jahrb. XVI, S. 290), die Heil. Bluts=Kapelle zu Doberan (Jahrb. XIX. S. 373), die Kirchen zu Gadebusch und Büchen (vgl. unten).

Dagegen haben die Ziegelkirchen des Spitzbogen=Styls gewöhnlich im Rohbau gestanden, sind jedoch gewiß oft, ohne Putz, roth getüncht, mit weißen Fugenstrichen. Allerdings finden sich in den Kirchen des Spitzbogenstyls auch häufig Wandmalereien, jedoch mehr nur in den Gewölben und Gurtbogen und auf kleinern Flächen, welche dazu eigens geputzt wurden. Durchgehende Malereien finden sich aber auch in Spitzbogenkirchen, z. B. in der Dominikaner= und in der Marienkirche zu Wismar (Jahrb. XVI, S. 289), in der Bülowen=Kapelle der Kirche zu Doberan (Jahrb. XIX, S. 378 flgd.), in der Sakristei der Kirche zu Steffenshagen (Jahrb. XIX, S. 396). Ein glänzendes Beispiel geben die Gewölbe in dem Katharinenkloster zu Lübek, jetzt Bibliothek. Jedoch glaube ich kaum, daß sich Spitzbogenkirchen finden, welche ganz geputzt sind.

G. C. F. Lisch.     

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Die Wandmalerei der Kirche zu Gadebusch.

Die in den Jahresber. III, S. 124 flgd., beschriebene Kirche zu Gadebusch, welche durch die letzte Restauration recht gründlich entstellt ist, ist bekanntlich eine der merkwürdigsten Kirchen im Lande. Sie besteht aus zwei ganz verschiedenen Theilen; der westliche Theil, welcher die alte Kirche bildet, ist ein Rundbogenbau von drei gleich hohen Schiffen und stammt aus dem

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Ende des 12. Jahrhunderts; der östliche Theil, welcher an den westlichen Theil angebauet ist, ist ein ziemlich geschmacklos aufgeführter Spitzbogenbau ungefähr vom J. 1400.

Von großem Interesse ist die Entdeckung, welche ich im Julii 1854 mit dem Herrn Baumeister Krüger zu Schwerin machte. Die ganze Kirche ist oft überweißt, wie alle Kirchen Meklenburgs; aber es zeigte sich, daß unter der Kalktünche eine Malerei steckt, welche wahrscheinlich noch mehr Schönes enthält, als jetzt zu entdecken ist. Die Wände des Rundbogenbaues sind fein, dünne und sehr hart abgeputzt; dieser Putz, welcher aus der Zeit der Erbauung stammt, ist mit einem schönen, leuchtenden Roth bemalt, welches durch gemalte Fugenstriche von gelblicher Farbe zur Nachahmung der Ziegelsteine quadrirt ist. Jedoch sind diese gemalten Ziegel viel größer gehalten, als die natürlichen; dieselbe Erscheinung bemerkt man auch an andern Kirchenmalereien aus derselben Zeit. Mehr läßt sich für den Augenblick ohne große Störung nicht entdecken. Wahrscheinlich sind die Gewölbe und Gurtbogen mit Figuren bemalt; auch die Säulenbündel, welche die Gewölbe tragen, werden nach einem bestimmten System mehrfarbige Malerei getragen haben, da hin und wieder blaue Farbe durchzuschimmern scheint.

Ganz gleich war der Chor der Kirche zu Alt=Röbel aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts bemalt; eben so sind die nicht mit Figuren bemalten Flächen der achteckigen Heil. Bluts=Kapelle vor der Nordpforte der Kirche zu Doberan, eben so die Seitenflächen der Gurtbogen des alten Theils der Kirche zu Büchen (vgl. unten S. 317), alle aus derselben Zeit, bemalt.

Es leidet also jetzt keinen Zweifel, daß der eigentliche Styl der Decorirung der älteren Kirchen wieder entdeckt und vollständig und sicher festgestellt ist. Der Weg zu Restaurationen ist nun vorgezeichnet und in Alt=Röbel durch den Herrn Baumeister Krüger, wenn auch ohne Gewölbemalerei, mit Glück betreten.

Der östliche, jüngere Spitzbogenbau der Kirche zu Gadebusch ist nicht geputzt und nicht gemalt gewesen und hat vor der Ueberweißung im Rohbau gestanden.

G. C. F. Lisch.     

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Der Bau und die Wandgemälde der Kirche zu Büchen.

Nicht weit von der südlichen Grenze des Herzogthums Sachsen=Lauenburg zwischen Lauenburg (und Artlenburg), Boizenburg und Mölln, am Thale der Stekenitz, liegt in einer angenehmen Lage das Dorf Büchen, dem Dorfe Pätrau auf dem andern Thalufer gegenüber. Büchen ist sicher eine alte Anlage,

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der Ort der landschaftlichen Versammlungen, an der alten Heerstraße Heinrich's des Löwen in die Wendenländer, der diesseit der Elbe zu Pätrau sein erstes Nachtquartier genommen haben soll; gegenwärtig ist bei Büchen (und Pätrau) ein großer Bahnhof am Vereinigungspunkte der berlin=hamburger und büchen=lübecker Eisenbahnen. Die Kirche zu Büchen, welche ein alter, berühmter Wallfahrtsort zur Mutter Gottes war, ist im höchsten Grade merkwürdig und verdient die besondere Beachtung im Interesse der ganzen norddeutschen Kunstgeschichte.

Die Kirche zu Büchen, welche jetzt mit der Pfarre zu Pätrau verbunden ist, ist ungewöhnlich groß; sie ist ganz gewölbt und hat, außer der gewölbten Altartribune, 6 Gewölbe Länge und zwei gewölbte Seitenschiffe in der ganzen Länge. Ohne Zweifel besteht die Kirche aus zwei Kirchen; die westliche Hälfte ist die alte Kirche, die östliche Hälfte ist eine jüngere Verlängerung, welche jetzt vorzüglich die Kirche bildet, obgleich sie mit der westlichen Hälfte durch einen offenen Bogen in Verbindung steht.

I. Die westliche Hälfte der Kirche ist die alte Kirche von Büchen. Sie bildet ein Oblongum von drei gleich hohen Gewölben Länge und hat 4 Pfeilerstellungen, welche die Gewölbe des Mittelschiffes und der beiden Seitenschiffe tragen. Die Ringmauern der Kirche sind von glattflächigen oder gespaltenen Feldsteinen (oder Granitblöcken) gebauet, die Thür= und Fensteröffnungen sind mit Ziegelsteinen ausgemauert. Der Styl dieser Kirche ist der Uebergangsstyl oder älteste Spitzbogensyl; alle Thüren, Fenster und Bogen sind spitzbogig; unter jedem Gewölbe ist eine spitzbogige Nische, in welcher immer zwei schmale, leise gespitzte Fenster, die durch einen Pfeiler getrennt sind, neben einander stehen: die alte Kirche hat also 6 Paar Fenster im Uebergangsstyle. Die Pforte in der Südwand und die jetzt zugemauerte und fast verschüttete Pforte im Westgiebel (im Thurmgebäude) sind einfach spitzbogig. Dieser lauenburgische Styl unterscheidet sich von dem meklenburgischen durch seine große Einfachheit; alle Thür= und Fensteröffnungen sind rechtwinklig, ohne Verzierungen und Gliederungen, ohne Wulste, Capitäler etc. . Wenn auch die Pfeiler im Innern auf ein hohes Alter hindeuten, so fehlen doch im Aeußern alle Andeutungen an den romanischen Styl, der sich so häufig an Kirchen des Uebergangsstyls findet, es fehlen Gesimse, es fehlt der Rundbogenfries, es fehlen Lissenen etc. ., kurz das ganze Aeußere der Kirche hat das Gepräge der allergrößten Einfachheit.

Ganz anders verhält es sich mit dem Innern der alten Kirche, welches eine erhabene Construction, reichen Schmuck

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und das Gepräge eines hohen Alters hat. Die 4 Pfeiler, welche die 9 Gewölbe (je 3 im Mittelschiffe und 3 in jedem Seitenschiffe) tragen, sind Säulen= und Pfeilerbündel, welche auf einer einfachen, viereckigen Platte stehen und große, ernste, alte Würfelcapitäler tragen. Die Säulen= und Pfeilerbündel sind umschichtig verschieden. Von dem westlichen Pfeilerpaare ist der südliche Pfeiler ein Bündel von 4 runden Säulen, der nördliche Pfeiler ein Bündel von 4 achteckigen Pfeilern 1 ). Das östliche Pfeilerpaar ist entgegengesetzt anders construirt, indem der südliche Pfeiler ein Pfeilerbündel, der nördliche ein Säulenbündel ist. Alle Säulen und Pfeiler tragen aber Ziegelwürfelcapitäler mit der dreiseitigen Vorderseite. An den Seitenwänden ruhen die Gurtbogen zwischen Mittel= und Seitenschiffen auf eben so construirten, aus der Mauer hervorragenden Consolen (ohne Pilaster), welche einen dreiseitigen Höhendurchschnitt haben. Gegen Osten ist dieser alte Theil mit einer Wand abgeschlossen, welche durch eine im alten Spitzbogen gewölbte Oeffnung von der Größe der Gurtbogen des Mittelschiffes gegen den neuern Theil der Kirche hin geöffnet ist. Die Wand zu jeder Seite dieser Bogenöffnung, am Ende jedes Seitenschiffes, hat eine sehr schmale, spitzbogig gewölbte Fensteröffnung, welche viel kleiner ist, als die Fenster in den Seitenwänden. Diese Wand ist ohne Zweifel die ehemalige östliche Hauptwand der alten Kirche. Hinter der Bogenöffnung, in derselben Breite, stand gegen Osten hin einst ohne Zweifel die Altartribune, wahrscheinlich noch in Halbkreisform, welche zu den beiden kleinen Fenstern in der Ostwand in Verhältniß stand. Man sieht an der östlichen Außenwand noch, wie die Mauern dicht an der Bogenöffnung roh abgehauen sind; die beiden kleinen Fenster, welche jetzt innerhalb der Kirche liegen, gingen einst nach außen hin. Ein fernerer Beweis liegt in den Resten der alten Construction unter dem Bogen der Oeffnung. An jeder Seite der Bogenöffnung, nach der alten Kirche hin, steht in der Wand eine aus Stuck geformte, ganz niedrige Säule mit einem Würfelcapitäle, auf welchem eine Platte ruhet, welche noch in das Innere der alten Kirche hineingeht; sicher stand diese Säulenstellung mit der Gewölbeconstruction der Altarnische in Verbindung. - Als man den neuern Theil der Kirche anbauete,


1) Ganz dieselbe Bauweise zeigt die Kirche zu Plau (vgl. Jahresber. VIII, S. 119). Die Kirche hat ebenfalls 4 solcher Pfeilerstellungen aus schwarz glasurten und rothen Ziegeln, mit Würfelcapitälern. Nur stehen in Plau 2 Säulenbündel und 2 Pfeilerbündel neben eineinder, und nicht schräge gegenüber, wie in Büchen.
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brach man die Altartribune ab, ließ aber die ganze übrige Construction unberührt.

Von der größten Bedeutung ist die Verzierung der alten Kirche, da sie noch zum großen Theile in ihrem alten Schmucke steht und eine der wenigen Kirchen ist, welche noch ihre alte Decoration bewahrt hat.

Die Säulen= und Pfeilerbündel mit ihren Würfelcapitälern stehen noch in dem ursprünglichen Schmucke, indem dieselben nicht übertüncht sind und aus verschiedenfarbigen Schichten von Ziegeln aufgeführt sind: die Schichten der Ziegel sind abwechselnd hellroth gebrannt und dunkelgrün glasurt. Der Eindruck ist in hohem Grade würdig und wohlthuend.

Von der größten Wichtigkeit ist aber der Schmuck der 9 Gewölbe. Die Gurtbogen und die Gewölbe sind im ältesten Spitzbogenstyle aufgeführt; die Gewölbe haben einfach profilirte Rippen. Alle Gewölbe, Gurtbogen und Rippen sind mit alten Malereien 1 ) bedeckt, welche im höchsten Grade beachtenswerth sind. Jede Gewölbekappe trägt ein großes, reiches Gemälde mit Figuren, welches die ganze Kappe füllt; der Styl ist großartig und ernst. Im Mittelschiffe bemerkte ich in dem östlichen Gewölbe drei Kreuzigungen (namentlich die Kreuzigung des Apostels Petrus) und in dem westlichen Gewölbe sehr erhabene und reich gemalte Gestalten. Die Gurtbogen sind in der untern Laibung mit sich durchschlingenden Ranken bemalt, welche runde Medaillons 2 ) einschließen, auf welche theils Brustbilder, theils Rosetten gemalt sind. Die Seitenflächen der Gurtbogen sind wie Ziegel gemalt, eben so die überfassenden Kanten der untern Flächen, so daß die Gurtbogen nicht bis an die Kante geputzt erscheinen, sondern der Putz (hier scheinbar) einige Zoll vor der Kante aufhört. Den Sinn und den Zusammenhang aller dieser Malereien zu enträthseln, fehlte es mir an Zeit und Rüstwerk; es wäre aber sehr zu wünschen, daß ein Kenner den Malereien längere Zeit widmete, um wenigstens eine genaue Beschreibung zu liefern. Wie es scheint, enthält die Malerei auch das Marthyrium der Apostel.

Der Thurm ist ein neues Gebäude, da er mit einem Theile des Dorfes vor mehrern Jahren abbrannte.

Es hätte nicht viel gefehlt, daß der ganze, große Schatz untergegangen wäre. Als nach Vollendung des Thurmes die


1) Ich gedenke hier der von dem Herrn Professor Dr. Deecke zu Lübek vor Kurzem entdeckten und frei gelegten herrlichen Wandgemälde in den Gewölben des Vorsaales der Bibliothek im S. Katharinenkloster, welche zu den schönsten Malereien gehören, die man sehen kann.
2) Aehnlich war der Hauptgurtbogen im Chor der Kirche zu Alt=Röbel, ähnlich sind die Gurtbogen im Dominikanerkloster zu Wismar bemalt.
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Kirche gesäubert und "renovirt" werden sollte, wollte der Landbaumeister Lindemann zu Lauenburg die ganze alte Kirche ausweißen lassen! Schon waren sämmtliche Wände ganz überweißt, schon reichte der Kalkquast in die untern Räume der Gewölbe hinein, da reis'te der König Christian VIII. zufällig durch Büchen. Beim Anblicke des neuen Thurmes, zu dem er auch beigesteuert hatte, stieg er beim Posthause aus, um Thurm und Kirche zu besetzen, und fand die Arbeiter mit dem Ausweißen beschäftigt. Entrüstet über die Barbarei jagte der erhabene Kunstfreund und Kenner die Arbeiter zum Tempel hinaus, und so steht die angefangene Ueberweißung da als ein Denkmal der gröbsten Verirrung und Geschmacklosigkeit. An den Seitenwänden umher sind unten die Gewölbekappen schon überweißt, jedoch noch nicht so weit, daß man nicht den Zusammenhang sollte erkennen können.

Ob die Seitenwände bemalt waren, läßt sich schwerlich bestimmen. Uebrigens ist der alte Putz auf den feuchten Granitwänden an vielen Stellen schon so sehr verwittert und gewiß schon so oft erneuert, daß von alter Malerei wohl nicht viel mehr übrig gewesen ist.

Von Bedeutung ist die Bestimmung des Alters dieser Kirche. Der durchgehends in Anwendung gebrachte alte Spitzbogen in allen Wölbungen, der gänzliche Mangel an Rundbogenornamenten, die in Rippen aufgeführten alten Spitzbogengewölbe deuten auf den sogenannten Uebergangsstyl. Die Säulen und Würfelcapitäler geben noch Erinnerungen an den Rundbogenstyl; jedoch läßt sich nicht leugnen, daß die Construction der Säulen= und Pfeilerbündel schon etwas Manierirtes hat. Aus allen diesen Gründen möchte ich aber die Kirche für eine der ältesten Bauten des Uebergangsstyles halten und den Bau in das erste Viertheil des 13. Jahrhunderts setzen.

Die Bestimmung des Alters der Malereien ist schwieriger. Ich glaube nicht, daß sie aus der Zeit der Erbauung der Kirche stammen; dafür sind sie zu reich und kunstvoll ausgeführt. Jedoch sind sie jedenfalls alt. Da die Buchstaben der Beischriften, so viel ich hin und wieder bemerken konnte, mittelalterliche Unzialen sind, so mögen die Gemälde spätestens aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts stammen. Jedoch wage ich nicht, ein Urtheil zu geben, da ich den Gemälden nicht nahe genug kommen konnte, um genaue Untersuchungen anzustellen.

In der Mitte der alten Kirche steht ein altes Tauffaß (eine "Fünte") aus Kalkstein, von großem Durchmesser, mit ein=

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fachen, rundbogigen Verzierungen, wie sie sich oft finden. Dies ist das einzige Stück von altem Mobiliar in der ganzen Kirche.

II. Die östliche Hälfte der Kirche ist ein neueres Gebäude, welches an den Ostgiebel der alten Kirche angebauet ist; wahrscheinlich ward die alte Kirche mit der Zeit zu klein und man verlängerte sie nach Osten hin, so daß man die alte Altartribune abbrach, die Ostwand mit dem Scheide= oder Triumphbogen stehen ließ und eine Verlängerung an diese Wand ansetzte. Diese neue Kirche ist groß genug, daß sie wohl allein Raum für die Gemeinde haben dürfte. Sie hat ebenfalls 3 Gewölbe Länge im Mittelschiffe und in den gewölbten Seitenschiffen und außerdem eine gewölbte, dreiseitige Altartribune so daß die Gewölbe dieses Theiles auf 3 frei stehenden Pfeilerpaaren ruhen, während in der alten Kirche das dritte Säulenpaar an die Wände des Scheidebogens gelehnt ist. Die ganze Kirche hat also, wenn man die Säulen in dem Scheidebogen mitrechnet, 6 Pfeilerpaare. Die neue Kirche ist meiner Ansicht nach in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts gebauet. Sie ist von Ziegeln gebauet, hat sehr starke Strebepfeiler, große Fenster und rundbogige Thüren. Im Innern sind die Pfeiler und andere Theile sehr reichlich mit denselben Ziegeln verziert, welche schmale, gewundene Bänder darstellen und an Wohnhäusern des 16. Jahrhunderts in den ältern großen Städten vielfach angebracht erscheinen; diese Ziegel sind in der neuen Kirche ohne Wahl und Geist angebracht, bald in perpendiculairer, bald in horizontaler Stellung, bald in Bogenconstructionen. Diese neue Kirche hat gar kein Interesse.

Die Kirche zu Büchen bewahrt noch einige Denkmäler des herzoglichen Hauses Sachsen=Lauenburg, welche zum Theil auch für Meklenburg von Interesse sind.

Begräbniß des Herzogs Gustav Rudolph von Meklenburg.

Im Kirchspiele Pätrau stand ein herzoglich=lauenburg. Schloß Franzhagen, auch wohl Franzgarten genannt, welches zuweilen Residenz von Nebenlinien war. Die Herzogin Marie, Gemahlin des Herzogs Franz II., ließ im J. 1608 bei dem Schlosse eine Hofkirche bauen und legte dazu die Kirche zu Pätrau nebst den Dörfern Witzetze und Bartelsdorf. In Franzhagen wohnte ihr Sohn Franz Heinrich, welcher auch dort 1658 starb und wahrscheinlich begraben ward. Franz Heinrich hinterließ zwei Töchter: Erdmuth Sophie, welcher an des Herzogs Adolph Friedrich I. von Meklenburg Sohn Gustav Rudolph, und Eleonore Charlotte, welche an den Herzog Christian Adolph von Hol=

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stein=Sonderburg († 1702), der den Wissenschaften zu Franzhagen lebte, vermählt ward. Der Herzog Gustav Rudolph starb im J. 1670 zu Tempzin und ward einstweilen in der dortigen Kirche beigesetzt. Seine Gemahlin Erdmuth Sophie starb am 18. August 1689 bei ihrer Schwester zu Billwerder und ward einstweilen in der Kirche zu Franzhagen beigesetzt. Bei dieser Gelegenheit kam die Fürstengruft in Franzhagen zur Sprache und es ward die Restauration derselben beschlossen. Nach Vollendung der Restauration ward die Leiche des Herzogs Gustav Rudolph von Meklenburg nach Franzhagen gebracht und im Herbste 1690 mit der Leiche seiner Gemahlin in der dortigen fürstlichen Begräbnißkapelle beigesetzt. Als nach dem Aussterben des herzoglichen Hauses Sachsen=Lauenburg das Schloß im J. 1716 abgebrochen und die Kapelle dadurch sehr schadhaft ward, wurden "fünf Leichen" aus der Kapelle zu Franzhagen in die Kirche zu Büchen 1 ) versetzt, also ohne Zweifel auch die Leiche des Herzogs Gustav Rudolph. An der Stelle des Schlosses Franzhagen steht jetzt ein Forsthof, welcher Franzhof genannt wird. Nach den fünf fürstlichen Leichen sucht man jetzt in der Kirche zu Büchen vergebens. Der Küster berichtete mir, die Särge hätten in einem Gewölbe in der Südostecke des Seitenschiffes, also an der Scheidewand der alten Kirche gestanden; bei der jüngsten Restauration sind aber alle Gewölbe gefüllt und der Fußboden ist mit dem übrigen Theile der Kirche mit Ziegeln gleich abgeflurt, so daß jetzt kein äußeres Merkmal des Begräbnisses mehr vorhanden ist.


Aus Franzhagen ist auch das jetzige Altarbild der Kirche zu Büchen. Das gute Oelgemälde stellt eine Kreuzigung dar. Im Vordergrunde knieen der Herzog Franz II. († 1619) und seine Gemahlin Maria von Braunschweig († 1626). Hinter dem Herzoge knieen 8 Söhne, hinter der Herzogin 4 Töchter; vor dem Herzoge knieet ein Sohn, Johann Georg († 1601), vor der Herzogin eine Tochter, Sabine Katharine († 1591), welche beide in dem ersten Jahre ihres Lebens starben. - Auch das Chor neben dem Altare ist von Franzhagen nach Büchen versetzt.

G. C. F. Lisch.     



1) Vgl. v. Kobbe Gesch. des Herzogth. Sachsen=Lauenburg, III, S. 267.
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Die Kirche zu Hagenow
und
die Stadt Hagenow.

Die Kirche zu Hagenow besteht aus einem oblongen Chore mit grader, rechtwinklig angesetzter Giebelwand, einem mit einer Balkendecke überlegten Schiffe ohne Seitenschiffe und einem Thurmgebäude. Der Chor ist im Uebergangsstyle gebauet, das Schiff im Spitzbogenstyle; die Architektur des noch festen Thurmes hat durch neuere Bauten viel gelitten. So ist der Bau jetzt beschaffen; er war aber früher ganz anders, und in den äußerst geringen Ueberresten eines alten Baues liegen die einzigen historischen Ueberreste der alten Geschichte von Hagenow.

Das mit einer Balkendecke überlegte, einschiffige Schiff der Kirche in seinem gegenwärtigen Zustande ist im Spitzbogenstyle mit weiten Fenstern, etwa in dem Anfange des 15. Jahrhunderts, hergestellt. So war die Kirche aber in alter Zeit nicht. Sie war in ältester Zeit niedriger; man sieht deutlich an dem Format der Ziegel, daß sie bei der Ausführung des weiten Spitzbogenstyles etwas erhöhet worden ist. Im Innern finden sich nun auch noch Spuren einer ältern Kirche, so daß es ohne Zweifel ist, daß in dem jüngern Spitzbogenbau ein alter Bau steckt; dieser alte Bau war ohne Zweifel im romanischen oder Rundbogenstyl ausgeführt.

An den innern Seitenwänden des Schiffes stehen nämlich überall zwischen den Fenstern Reste von Pilastern (oder Diensten) von halbkreisförmigem Queerdurchschnitte von etwas über 1 Fuß Durchmesser, welche einst wohl dazu gedient haben, Kapitäler und Gewölbe zu tragen. Diese Pilaster sind oben und unten abgehauen und es sitzen an der Wand überall nur noch kurze Enden; oben sind sie wohl bei der Erhöhung der Kirche, unten in neuern Zeiten bei der Einrichtung der Kirchenstühle für den protestantischen Gottesdienst vernichtet. Wahrscheinlich hat das Schiff auch keinen Granitsockel; jedoch ließ sich dies augenblicklich nicht bestimmen, da der Kirchhof umher sehr hoch aufgetragen ist. Die Strebepfeiler sind auch jüngern Ursprunges; einige Mauervorsprünge an den Ecken deuten auf alte Lissenen.

Es leidet daher wohl keinen Zweifel, daß in der Kirche ein alter Rundbogenbau steckt, welcher wahrscheinlich noch aus dem 12. Jahrhundert stammt.

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Die Kirche und Pfarre zu Hagenow ist sehr alt und wird schon früh genannt. Nach einer in Westphalen Mon. Ined. II, p. 2048 gedruckten Urkunde des Bischofs Isfried von Ratzeburg (1180 - 1204), welche zwar nicht datirt ist, aber mit Recht in das Jahr 1183 gesetzt wird (vgl. Masch Bisth. Ratzeburg, S. 89, Not. 6), kam der Bischof Isfried mit dem Grafen Heinrich von Danneberg "in Hagenow" zusammen, um sich über die Germanisirung und die Zehnten des Landes zwischen der Walerow und Elde zu vergleichen. Schon damals war Hagenow ein Hauptort dieser Gegend und hatte eine Burg und eine Kirche. Unter den Zeugen dieser Urkunde werden der Priester Wilhelm und der Ritter Friederich in Hagenow aufgeführt:

"Testes: - - Wilhelmus sacerdos in Hagenow, Fridericus miles in Hagenow."

Der Ritter Friederich zu Hagenow ist wohl der Stammvater der Familie von Hagenow, welche also von der Stadt Hagenow ihren Namen hat. Diese Familie war mit den Familien von Klenow (nach dem Dorfe Klenow, jetzt Ludwigslust), von Pinnow und Wagel stammverwandt; alle führten zwei Adler= oder Greifenklauen im Schilde und eine Rose dazwischen, und auf dem Helme eine Klaue zwischen zwei Federn.

Die Burg lag neben der Kirche, und es ist aus dem Wasserlaufe die Lage der ehemaligen Burg noch jetzt zu erkennen. - In einer Urkunde des Bischofs Isfried vom J. 1194 wird die Pfarre Hagenow wieder genannt, eben so in dem Zehntenregister des Bisthums Ratzeburg vom J. 1230.

Es ist also sehr wahrscheinlich, daß das Schiff der Kirche, so weit ein alter Bau darin steckt, schon im 12. Jahrhundert erbauet ist, um so mehr da der auch alte Chor aus jener, wenn auch aus etwas jüngerer Zeit stammt.

Uebrigens war Hagenow zu jenen Zeiten und noch lange ein Dorf; daher ist die Kirche auch nur klein.


Der Chor der Kirche ist im Uebergangsstyle gebauet, welcher vorzüglich in der östlichen Wand hinter dem Altare zu erkennen ist. Diese hat drei schmale, mit glatter Leibung schräge eingehende, leise zugespitzte Fenster, welche sehr schön construirt und gemauert und durch glasurte Ziegel verziert sind, wenn auch die ganze Wand mit Kalk überschmiert ist. Der Giebel ist durch Pilaster und Bogen in demselben Style verziert. Der Chor ist also wohl um die Zeit von 1225 erbauet.

Die Geschichte des alten Baues wird sich also wohl so verhalten, daß etwa um das Jahr 1180 das Schiff der Kirche im

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Rundbogenstyle mit einer halbkreisförmigen, kleinen Altartribune gebauet, diese aber um das Jahr 1225 abgebrochen und dafür ein größerer Chor im Uebergangsstyle angebauet ward.

Der Chor wird in den nächsten Zeiten vielleicht einen Umbau erleiden, da die Kirche zu klein ist. Das Schiff erhielt aber seine Umbildung in den Spitzbogenstyl wahrscheinlich um das Jahr 1400, bald darauf, als Hagenow eine Stadt geworden war.


In älteren Zeiten war Hagenow ein Dorf neben der Burg, welche eine Hauptburg jener Gegend war. Noch im J. 1326 war Hagenow ein Dorf, als die Gräfin Merislave von Schwerin das zu ihrem Leibgedinge gehörende "dorp tu Haghenowe" ihrem Vetter, dem Grafen Heinrich von Schwerin, überließ. Wahrscheinlich ward Hagenow zur Stadt erhoben, nachdem der Herzog Albrecht von Meklenburg im J. 1359 die Grafschaft Schwerin erworben hatte. Im J. 1363 war Hagenow ein Leibgedinge der Herzogin Euphemia, Gemahlin des Herzogs Albrecht ("Haghenowe dat use lifghedingh was"); in einer Urkunde hierüber wird aber der Name Hagenow durch keinen Zusatz bezeichnet. Dagegen wird schon am 16. Junii 1370 Hagenow ausdrücklich als Stadt aufgeführt. In diesem Tage stiftete nämlich, nach der Original=Urkunde im großherzoglichen Archive, der Herzog Albrecht zum Gedächtnisse seiner Gemahlin Euphemia und seiner Schwiegertochter Ingeburg, welche damals beide schon gestorben waren, im Dome zu Schwerin eine Vikarei mit 50 Mark lüb. Pf. jährlicher Hebung aus dem Schoß oder der Orbör der Stadt Hagenow ("de redditibus siue censu aut quocunque alio fructu opidi nostri Haghenowe"). Zur größern Sicherheit bestätigten diese Stiftung auch die Rathmänner der Stadt Hagenow durch Anhängung ihres Siegels an die Urkunde ("sigilla consulum opidi Hagheneuwe"). Die Sache wird dadurch noch sicherer, daß auch die Rathmänner und das (jetzt fehlende) Rathssiegel der Stadt genannt werden.

Seit dieser Zeit wird Hagenow öfter als Stadt genannt, namentlich bei Verpfändungen der städtischen Abgabe der Orbör, so z. B. im J. 1420, aus welchem eine Urkunde der "borghermestere, radmanne unde gantze menheyt der stad to Haghenowe" über die "orbare in deme rade to "Hagenow" und die "orbare uth dem schate to Haghenowe" existirt. Im Laufe des 15. Jahrh. wird über die Orbör noch einige Male verhandelt.

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Jedoch blieb Hagenow auch als Stadt wohl noch lange unbedeutend, da es in dem Landestheilungsregister vom J. 1520 noch ein Dorf genannt wird.


Eine Pforte, welche vom Thurme in die Kirche führt, ist aus abwechselnd 3 Wulsten und 3 Hohlkehlen im Spitzbogenstyle construirt; eine gleiche Pforte hat die Kirche zu Grabow im Thurme.

An Alterthümern hat die Kirche zu Hagenow nichts weiter als einen alten geschnitzten Altar, welcher aber so schlecht ist, daß man ohne Bedenken einen neuen an seine Stelle setzen kann. Dieser Altar hat im Mittelstücke:

Christus.               Maria.

in größern Figuren, und daneben in kleinern Nischen kleinere Figuren, immer zwei über einander:

links rechts
oben:
einen Heiligen, einen Heiligen
eine Bischofsmütze vor der       mit einem Schwerte in der Rech=
Brust haltend  ten und einem offenen Buche in
der linken Hand (Paulus).
unten:
den Ap. Jacobus, den h. Antonius 
mit Pilgerstab und mit einem offenen Buche
Muschel. rechten Hand und einem Schweine
neben sich.

In den Flügeln stehen:

die Apostel.

Die Gemälde auf den Rückseiten der Flügel sind in neuern Zeiten neu und schlecht gemalt.

G. C. F. Lisch.     

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Die Kirche zu Toitenwinkel.

Die Kirche zu Toitenwinkel ist eine große und für eine Landkirche ungewöhnlich reich angelegte Kirche, welche jetzt freilich sehr verunstaltet ist. Die Kirche ist ein hoher Bau im Spitzbogenstyle, aus der Zeit von ungefähr 1350 bis 1400, mit hohen, wenn auch schmucklosen Fenstern. Die eine Glocke ist vom J. 1402 und trägt die Inschrift:

Inschrift
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Zwischen den Hunderten und den Einern der Jahreszahl ist eine rostocker Münze mit dem Greisen abgedruckt.

Der Chor ist ein Oblongum von zwei Gewölben Länge, mit grader Altarwand, in deren Mitte ein großes dreifach getheiltes Fenster steht.

Das Schiff hat ein Mittelschiff von 3 Gewölben Länge, zwei eben so lange Seitenschiffe und ein von der Mitte der Seitenschiffe an jeder Seite um eine Gewölbe=Länge ausladendes Kreuzschiff. Dem ganzen Schiffe fehlt alle Wölbung.

Das Mittelschiff ist höher als die Seitenschiffe und ist ursprünglich so gebauet, daß es durch noch vorhandene kleine Doppelfenster über den Arkadenbogen eigenes Oberlicht erhalten sollte, indem für die Seitenschiffe eine eigene Bedachung bestimmt war. Leider ist alles dies nicht zur Ausführung gekommen. Das ganze Schiff, in Mittel =, Seiten= und Kreuzschiffen, ist nicht gewölbt. Das Mittelschiff ist mit einer Balkendecke belegt. Die Seitenschiffe aber haben gar keine Decke, so daß man das rohe Ziegeldach in dem Innern der Kirche sehen kann. Dazu sind Mittel= und Seitenschiffe unter ein und dasselbe steile Dach gelegt und dadurch die obern Fenster des Mittelschiffes wirkungslos gemacht.

Bei einer dereinstigen größern Dachrestauration würden vor allen Dingen zuerst die ursprünglich beabsichtigten Dachconstructionen wieder herzustellen und die Seitenschiffe selbstständig zu bedecken sein.

Das Mauerwerk der Kirche ist ohne allen architektonischen Schmuck.

Der Altarschrein ist ein sehr großer, in der Vorderseite aus Eichenholz geschnitzter Flügelaltar mit doppelten Flügeln, etwa aus der Mitte des 15. Jahrhunderts, im Schnitzwerk von ziemlich guter Arbeit und ziemlich gut erhalten. Die Mitteltafel, von der Breite des alten Altartisches, welche noch die alte Kalksteinplatte mit den Weihkreuzen trägt, enthält in der Mitte eine Darstellung der Kreuzigung, zu beiden Seiten derselben die 12 Apostel in zwei Reihen über einander. Diese Darstellung kann erhalten werden. Jeder der beiden Flügel enthält in der Vorderseite 10 Heiligenbilder in zwei Reihen übereinander. Die Rückwände der Flügel sind mit Darstellungen aus der Geschichte Christi bemalt, aber schon sehr verfallen und nicht zu restaurieren. Die Predelle enthält ein jetzt nicht sichtbares Gemälde auf Kreidegrund, wird aber, wie gewöhnlich, durch eine schlecht gemalte Darstellung des Abendmahls aus dem vorigen Jahrhundert fest bedeckt.

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An den Ecken der Altarschranken stehen zwei geschnitzte Wappen mit Namen und Wahlsprüchen unter denselben:

heraldisch rechts:
GEBERHART MOLTKE.
GOT HILF ALLE ZEIDT.

darüber das Moltke'sche Wappen;
links:
ANNA V. VALSLEVEN.
HILF GOT MIT GNADEN.

darüber das v. Walsleben'sche Wappen

mit 3 Hifthörnern. - Diese Schranken stammen also aus der Zeit von 1596 bis 1604 (vgl. unten) und gehören zu den ältesten datirten Altarschranken in Meklenburg.

Auf dem Altare liegt unter einer dicken, verblichenen Sammetdecke eine äußerst schön durchbrochen, aus weißem Zwirn gewirkte Altardecke, noch gut erhalten, ein wahres Prachtstück von großem Werthe, welche wohl eine sorgsame Bleiche und Reinigung und ein Hervorziehen aus der Dunkelheit verdient. (Die Kirche zu Dreveskirchen besitzt einen ähnlich gearbeiteten Spitzenbesatz von großer Schönheit.)

Die Kanzel ist von Sandstein gebauet. Sie trägt unter dem Pulte ein Christusbild mit der Unterschrift: SALVATOR MVNDI , und zu den Seiten die 4 Evangelisten. Außerdem trägt die Kanzel an einer sechsten Seite noch folgende Inschrift:

ANNO 1601 HAT DER EDLE UND ERNVESTE IVRGEN MOLTKE ERBGESESSEN ZU TOITENDORP DISEN PREDIGSTUEL ZU GOTTES EHREN MACHEN UND SETZĒ LASĒ.

Darunter stehen zwei Wappen, das moltke'sche und das v. schwerin'sche mit einer Raute, mit den Unterschriften:

IVRGEN MOLTKE. │ MARGRETA SWERIN.

Vgl. die folgende S. 327.

Die Denkmäler der Kirche zu Toitenwinkel beziehen sich alle auf die Familie vv Moltke, welche seit uralter Zeit dieses Gut, das bis in das 17. Jahrhundert Toitendorf hieß (vgl. Jahrb.VI, S. 75), als ihren "Hauptsitz und ihr uraltes Stammlehn" besaß, und zwar aus einer Zeit, welche für die v. moltkesche Geschichte und das Land nicht ohne Interesse ist.

Die ältesten Denkmäler beziehen sich auf die letzten Glieder der auf Toitenwinkel gesessenen, sogenannten alten strietfeldischen

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Linie während des 16. Jahrhunderts, welche am Ende dieser Periode ausstarb.

Der folgende, aus Acten, Stammbäumen und den Leichensteinen zu Toitenwinkel entworfene Stammbaum wird die Beurtheilung der Denkmäler erleichtern helfen.

Stammbaum

Von diesen drei letzten Brüdern dieser Linie starben die beiden älteren früh ohne männliche Erben; Heinrich hinterließ nur eine Tochter Henrike, welche an v. Krakewitz auf Diwitz in Pommern verheirathet war. Der Lehnsnachlaß dieser beiden Brüder ging auf den jüngern Bruder Jürgen über. Dieser war aber theils kein guter Wirth, theils waren die Güter mit Schulden belastet. Um nun das alte Stammgut in der Familie erhalten und dasselbe antreten zu können, mußte er seine Güter Samow und Strietfeld erblich, Neuenkirchen aber unterpfändlich veräußern. Aber auch Toitenwinkel konnte er nicht halten, sondern mußte es 1598 an die Stadt Rostock verpfänden. Im J. 1601 ließ er mit seiner Frau noch die Kanzel in der Kirche zu Toitenwinkel bauen.

Da Jürgen Moltke am Ende seines Lebens auch keine Kinder am Leben hatte, so verkaufte er das Eigenthum des Gutes Toitenwinkel, um dasselbe in der Familie zu erhalten, im J. 1610 an den Landrath Gebhard Moltke auf Tützen und Neuenkirchen, welcher aus einer alten Linie Strietfeld stammte, und das Gut von der Stadt Rostock wieder einlös'te; vgl. S. 330.

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Die alten Leichensteine in der Kirche zu Toitenwinkel finden in dem vorstehenden Stammbaume ihre Erklärung.

In der Mitte vor dem Altare war wohl das alte Hauptbegräbniß der Moltken. Jetzt liegen dort nur mehrere kleine Fliesen, welche wohl vom Kirchhofe hineingebracht sind.

1) Etwas zur Seite vor dem Altare liegt ein großer Leichenstein von Kalkstein, in dessen Mitte heraldisch rechts das moltke'sche, links das hahn'sche Wappen steht, mit der Inschrift umher:

Inschrift

Fortsetzung im Felde über den Wappen:

Inschrift

Unter den beiden Wappen steht:

Inschrift

In den 4 Ecken stehen 4 Ahnenwappen:

der von Bassewitz, der von Plessen,
der (von Lehsten ?),           der von Oertzen.

Es war von Johann Moltke bisher keine Gemahlin bekannt. Nach diesem Leichensteine hatte er drei Frauen, von denen die dritte Katharine Hahn hieß. Dies geht auch aus den Ahnen seines Sohnes Carin hervor, dessen Mutter eine geborne Hahn war.

2) Daneben südlich liegt ein großer Leichenstein von Kalkstein, welcher jedoch jetzt von dem ungewöhnlich großen und schweren Armenkasten, der ohne besondere Veranstaltungen nicht gehoben werden konnte, zur Hälfte bedeckt ist. In der Mitte des Steines stehen zwei große Wappen: heraldisch rechts (v. Moltke) von dem Armenkasten bedeckt, links ein Schild mit einem Halbmond (v. Halberstadt). Hiernach liegt hier Johann's Sohn, Carin Moltke, da dieser nach den Lehnacten die Elisabeth v. Halberstadt zur Frau hatte, welche nach

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den Acten im J. 1569 Wittwe war. Von der Inschrift ist, so viel von dem Armenkasten nicht bedeckt ist, zu lesen:

Inschrift

Fortsetzung im Felde über den Wappen:

Inschrift

An den 4 Ecken stehen 4 Ahnenwappen:

der Hahn, der Hahn,
(unkenntlich),           der v. Bassewitz

3) Weiter abwärts, im Mittelgange vor der Kanzel, liegt im Fußboden eine eigenthümliche Begräbnißbezeichnung. Das Grab ist von 4 in den Fußboden eingelassenen, eichenen Balken eingefaßt, in welche die Inschrift erhaben aus vertieftem Grunde, in Messingschnittmanier, mit großen Buchstaben eingeschnitten ist; das Feld innerhalb dieser Balkeneinfassung ist mit gewöhnlichen Ziegeln gefüllt. Die Inschriften der 4 Balken und die Wappen sind folgende:

Inschrift

Dies ist die Ruhestätte eines historisch merkwürdigen Mannes. Gebhart Moltke war ein Sohn Balthasar's Moltke auf Wesselsdorf, Tützen und Neuenkirchen und ein Enkel Gebhard's Moltke, welcher der einzige Stammhalter seines Geschlechts war. Er war am 25. October 1567 geboren und studirte viele Jahre zu Rostock, Jena und Ingolstadt. Im J. 1596 verheirathete

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er sich mit Anna von Walsleben, welche jedoch schon im J. 1604 starb, nachdem sie ihm zwei Söhne, Balthasar und Otto, und 2 Töchter geboren hatte. Nachdem er im J. 1608 Landrath geworden war, kaufte er im J. 1610 von Jürgen Moltke das Gut Toitenwinkel, welches nun sein Hauptgut ward. In demselben Jahre heirathete er die Anna v. Rotermund, Wittwe des Joachim v. Stralendorf auf Greven, welcher im J. 1608 gestorben war. Sie war im J. 1580 geboren und eine Tochter des Godislaus v. Rotermund, pommerschen Rathes und Hauptmannes zu Franzburg, welcher mit Johannes Caselius zusammen in Italien studirt hatte. Im J. 1614 ward ein Caspar v. Rotermund des Herzogs Johann Albrecht II. zu Güstrow Hofmarschall, Rath und Hauptmann des Amtes Stargard. Am 15. December 1622 schenkte Anna v. Rotermund, des Landraths Gebhard Moltke auf Toitenwinkel Gemahlin, in Gemeinschaft mit ihrem Manne, der Kirche zu Toitenwinkel 1 400 Gulden. Unter der wallenstein'schen Regierung gelangte Gebhard Moltke zu dem höchsten Ansehen. Unter Wallenstein's Regierung ward er im J. 1628 Kammerrath, dann Kammer=Director. Nachdem Wallenstein im Julii 1628 selbst nach Meklenburg gekommen war, setzte er einen Geheimen=Rath ein, dessen Präsident Gebhard Moltke ward und dadurch die höchste Würde im Lande bekleidete. Er war vorzüglich die Seele der Bewegung, durch welche die Ritterschaft den neuen Herrn im Lande empfing und, "um viel Böses zu verhindern", sich mit seinen Freunden, als wahrhaftige, treue Patrioten, an die Spitze der Verwaltung stellte, mit dem Vorsatze, Recht und Wahrheit zu wahren. Kaum hatte aber der Gewalthaber das Vaterland verlassen, so traf diese Männer, die sich für das Vaterland aufgeopfert hatten, vorzüglich auf das heftige Drängen des Schwedenkönigs Gustav Adolph, ein hartes Schicksal: alle hochgstellten Männer der wallenstein'schen Regierung wurden als Verräther ihrer Güter beraubt und aus dem Lande gejagt. Im J. 1631 confiscirte der Herzog Johann Albrecht II. Gebhard's Moltken Lehngüter Toitenwinkel und Wesselstorf und belehnte damit zuerst den schwedischen General Achatius Tott und darauf den schwedischen Obersten Ramsey. Gebhard Moltke flüchtete im J. 1631 nach Lübek, wo er 14 Jahre im Exile lebte. Im J. 1637 setzte ihn zwar der Herzog Adolph Friedrich I. wieder in seine Güter ein; wegen des Kriegsgetümmels verzögerte sich aber seine Rückkehr ins Vaterland. Am 6. Mai 1641 starb seine Frau Anna Rotermund zu Lübek und ward dort in der Marienkirche begraben. Sie hatte ihrem Gemahle drei Söhne und eine Tochter geboren, von denen jedoch

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nur ein Sohn, Joachim Friedrich, die Aeltern überlebte. Am 15. October 1643 kehrte Gebhard Moltke nach Rostock zurück, wo er ein Haus hatte, jedoch alt, im 76. Jahre, und gebeugt. Er starb zu Rostock am 29. November 1644.

Von diesem Gebhard Moltke und seiner ersten Frau Anna v. Walsleben († 1604) stammen die Altarschranken. Bei Lebzeiten dieser Frau war Gebhard Moltke noch nicht Besitzer von Toitenwinkel; wahrscheinlich hat er aus Liebe zu seinem altväterlichen Stammlehen bei irgend einem Familienfeste, vielleicht bei seiner ersten Hochzeit, diese Schranken geschenkt.

Das oben beschriebene Begräbniß, welches seinen und seiner beiden Frauen Namen und die Jahreszahl 1621 trägt, ist aber nicht ein Begräbniß allein für eine von diesen Personen, da die erste Frau des Landraths Gebhard Moltke längst todt war und er und seine zweite Frau noch lange lebten. Gebhard Moltke ließ dieses Begräbniß zum Familienbegräbniß, wahrscheinlich beim Tode seiner Kinder, bei seinem und seiner zweiten Frau Leben im J. 1621 einrichten und setzte seinen und seiner beiden Frauen Namen darauf. Am 30. Junii 1619 starb ein am 10. Februar 1619 gebornes Söhnlein des Landraths Gebhard Moltke auf "Toitenwinkel", Namens Gebhard Gützlof, welcher hier in der Kirche zu "Toitendorf" 1 ) begraben ward. Seine zweite Frau ist in Lübek begraben und vielleicht ruhet seine erste Frau auch nicht in Toitenwinkel.

Außerdem liegen noch viele kleine Leichensteine (quadratische Fliesen) in der Kirche, von denen die meisten wohl vom Kirchhofe hineingebracht sind. Einige von diesen kleinen Leichensteinen stammen noch aus dem 15. Jahrhundert und tragen einige, jetzt unklare Buchstaben in gothischer Schrift.

Im Chore der Kirche sind an der Wand mehrere Epitaphien der Familie von Moltke, welche ohne Zweifel Beziehung auf die Nachkommen Gebhard's Moltke haben. Diese Epitaphien stellen an der Nordwand des Chores, der gewöhnlich zum Eingange benutzten Thür gegenüber.

1) Rechts neben dem Altar über dem Beamtenstuhle ist hoch an der Wand ein großes, gutes Gemälde, eine Kreuzigung Christi darstellend, jedoch sehr verfallen; neben dem Bilde sind 32 Ahnenwappen der Familie v, Moltke, gut gemalt.

2) Daneben hängt ein gut gearbeitetes v. moltke'sches Wappen mit Unterschrift.


1) Noch um diese Zeit wird also der Name "Toiten dorf" für das Hauptgut, der Name "Toiten winkel" für alle zu dem Hauptgute gehörenden Güter gebraucht.
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3) Daneben, der Thür gegenüber, ist ein großes steinernes Epitaphium, aus Sandstein und Alabaster, mit einem Mittelstück, wie es scheint die Auferstehung oder Himmelfahrt Christi darstellend, zu beiden Seiten mit v. moltke'schen Ahnenwappen.

4) Diesem gegenüber, an der südlichen Wand, über der Pforte, soll ein ähnliches Epitaphium gestanden haben, welches jedoch abgebrochen ist. Unter dem Altare liegen noch einige alabasterne Kapitäler und unter der Orgel einige Engel von diesem Epitaphium.

Endlich hat die Kirche noch große Bilder von drei Predigern.

Das Gestühl der Kirche ist werthlos.

G. C. F. Lisch.     


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Die Kirche zu Gr. Upahl

ist ein gewöhnlicher Kirchenbau im Uebergangsstyle, aber durch moderne Restaurationen so gründlich verdorben, daß der alte Bau schwer wieder zu erkennen ist; die Pforte und die Fenster sind rund überwölbt, die Wände sind abgeglättet und überweißt und der ganze Kirchenraum mit einer weiß geputzten Decke belegt, so daß das Ganze wie ein moderner Gesellschaftsaal aussieht. Eine alte Glocke hat die Inschrift:

Inschrift

und ein Gießerzeichen. Der Fehler pacem für pace ist mir hier zum ersten Male vorgekommen.

G. C. F. Lisch.     


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Die Kirche zu Pinnow

bei Schwerin hat durch eine vor etwa 20 Jahren bewerkstelligte abscheuliche sogenannte Restauration, bei welcher sie auch ein flaches dorn'sches Dach und einen Putz auf den Außenwänden erhalten hat, so sehr gelitten, daß von einem Styl nicht die Rede sein kann; dies ist im ganzen Lande bekannt.

Alt ist noch eine Kanzel mit der Jahreszahl 1592 und den Wappen der von Raben, von der Lühe und von Pederstorf. Vor dem Altare liegt ein Leichenstein auf dem Grabe des Levin Ludwig von Pederstorf († 1734) und) seiner Gemahlin gebornen von Halberstadt, mit den Wappen der von Pederstorf und von Halberstadt.

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Der alte geschnitzte Altar und einige alte geschnitzte Figuren haben keinen besondern Werth; der Altar ist im J. 1853 durch ein Christusbild von dem Maler Herrn Flohr, ein Geschenk des Herrn Lancken jun. zu Gneven, ersetzt.

Die eine große Glocke von 1494 ist vortrefflich und hat die Inschrift:

Inschrift

(=O rex gloriae Christe veni cum pace . Anno domini MCCCCXCIV . Jesus . Maria . Anna .)

Die Zwischenräume sind mit hübschen kleinen Relieffiguren geziert.

G. C. F. Lisch.     


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Ueber

die Kirche, den Hochaltar und das Kloster zu Rehna,

von

G. C. F. Lisch
und
G. M. C. Masch

Ueber den Hochaltar der Kirche zu Rehna ,

von

G. C. F. Lisch.

Der Altar der Kirche zu Rehna (vgl. Jahrb. XV, S. 296), welcher in Schwerin während der Restauration der Kirche im J. 1851 auch restaurirt ward, gehört zu den bessern Kunstwerken des 15. Jahrhunderts im Lande, wenn auch grade nicht zu den ausgezeichnetsten, und hatte namentlich mehrere interessante Malereien, welche leider so sehr gelitten hatten, daß sie schwer restaurirt werden konnten. Auch die geschnitzten Figuren sind aus der Vergoldung ungewöhnlich reich mit feinen, gemalten Ornamenten bedeckt, welche alle sorgfältig wieder hergestellt sind, nachdem von ihnen vorher eine getreue Copie genommen war. Die Restauration gab Gelegenheit zur genaueren Untersuchung des Altars.

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Der Altar besteht aus einem Mittelstück mit Doppelflügeln, welche auf beiden Seiten verziert sind, in der Hauptansicht mit Schnitzwerk, rückwärts mit Gemälden:

1) Die Hauptansicht mit Schnitzwerk, und zwar:

das Mittelstück enthält in der Mitte die Kreuzigung. Unten steht ein Faß, in welches ein Kriegsknecht einen Schwamm taucht; auf dem Fasse steht: [ A L]PH A . ONT A , d. i. ALPH A , OMEG A , wovon der ungebildete Vergolder das OMEG A in ONT A verdreht hat. Ein anderer Kriegsknecht reicht einen Schwamm aus einem Rohr hinauf.

Neben dieser Darstellung, noch auf dem Mitteltheile, stehen 4 weibliche Heilige an jeder Seite 2 über einander, unter Baldachinen.

Oben (in der Ansicht) links: die H. Katharine: gekrönte Heilige, in anschließendem Gewande, mit einer Schmuckkette um den Hals; unter ihren Füßen liegt der Kaiser Maximin, welcher mit dem Kopfe unter dem Saume ihres Gewandes hervorschauet; die beiden Hände mit dem Attribute, welches hier nur ein Schwert gewesen sein kann, waren abgebrochen. Eine Inschrift war ursprünglich weder auf dem Saume des Kleides, noch auf der Console, auf welcher die Figur steht.

Oben rechts: die H. Margarethe. Gekrönte Heilige, mit einem offenen Buche im rechten Arme; die Linke hat das Attribut, ein Schwert, gehalten. Eine Inschrift hatte nie auf der Console gestanden. Auf dem Saume des Mantels steht:

O . S A NC[TA . M] A RG A RET A . OR A . PRO . NO .

Unten links: die H. Dorothea. Ungekrönte Heilige, welche mit der rechten Hand einen Korb hält und mit der linken etwas (eine Rose? ) gehalten zu haben scheint. Auf dem Saume des Mantels stand nur noch:

O . S A NCT A . . . . . .

Auf der Console stand auf blauem Grunde:

Inschrift

Unten rechts: die H. Barbara. Gekrönte Heilige, welche mit der Linken einen Thurm umfaßt und mit der Rechten ein offenes Buch vor sich hält. Auf dem Saume des Mantels steht:

O . S A N[CT A . B A ]R[img src="gif_images/symbol_A_14x13.gif" alt="A" type="float"/>R A . OR A .] P[RO .] ONBIHE (Sic!)

Auf der Console steht auf blauem Grunde:

Inschrift
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Auf den Flügeln stehen in Schnitzwerk die 12 Apostel, mit Inschriften zu den Füßen.

Oben (in der Ansicht) links:

s 9 . petrus. Mit krausem, dunkelbraunen Haar und Bart und kahlem Scheitel, barfuß, einen Schlüssel mit beiden Händen haltend

s 9 . iohannes. Ohne Bart, barfuß, den Kelch segnend.

s 9 iacobus. Mit langem, wallenden Haar, Pilgerhut und Pilgerstab, barfuß, die linke Hand gesenkt und geöffnet.

Oben rechts:

s 9 . andreas. Mit langem, grauen Haar und Bart, barfuß, ein offenes Buch in der rechten und ein Andreaskreuz mit der linken Hand haltend.

[s 9 . thomss] . Die Inschrift war ganz abgefallen. Mit jugendlichem Gesichte, ohne Bart, beschuhet, im linken Arme ein offenes Buch haltend; mit der rechten Hand, welche abgebrochen ist, hat er wohl eine Lanze gehalten. - Diese Figur war mit der zweiten unten links (S. Matthäus) verwechselt.

s 9 . bartolomeus. Mit krausem, dichten, schwarzen Haar und Bart, beschuhet, mit der linken Hand ein Messer haltend.

Unten links:

[s 9 . iac]ob 9 . minor. Mit dunkelbraunem, getheilten Bart, barfuß, mit der Hand eine Walkerstange haltend.

s 9 . matheus. Mit langem, gespaltenen, braunen Bart, mit einer Regenkappe, welche über Stirne und Schultern fällt, barfuß, die Rechte hoch haltend und mit dem Zeigefinger hinabzeigend, mit der gesenkten Linken eine Hellebarde haltend, welche jedoch abgebrochen ist. - Diese Figur, welche mit der des S. Thomas, oben rechts in der Mitte, verwechselt war, gehört hierher, wie Gestaltung und Inschrift anzeigt.

s 9 . philippus. Ohne Bart, alt, dick, mit Glatze, barfuß, im rechten Arme ein geschlossenes Buch, mit der linken Hand den Stamm des Doppelkreuzes haltend, das jedoch abgebrochen war.

Unten rechts:

s 9 . simon. Mit spitzem, schwarzen Bart, barfuß, ein geschlossenes Buch in der Linken, die Säge mit der Rechten haltend. - Diese Figur war mit der folgenden verwechselt; Attribut und Inschrift weisen sie jedoch in diese Nische und die hier stehende in die folgende.

s 9 . iudas . tadeus. Mit langem, rothen Bart, barfuß, mit einem Hut (?) auf den Rücken geschnallt, mit beiden Händen die Keule haltend.

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[s 9 ] M[athias] Mit gespaltenem, braunen Bart und kahlem Kopfe, barfuß, mit einer Tasche am Gürtel, ein Beil haltend.

Das Mittelstück mit der Kreuzigung (ohne die weiblichen Heiligen zur Seite) ragt einen Fuß hoch über die Flügel hinaus. Neben dieser Erhöhung sind über den Nischen, in welchen die weiblichen Heiligen stehen, zur Füllung kleine Flügel 1 ) von ungefähr einem Fuß Quadrat Größe angebracht, in deren jedem ein geschnitztes Brustbild von ungewöhnlicher Größe steht, so daß es beinahe den ganzen kleinen Flügel füllt. Diese bärtigen Brustbildfiguren, welche sehr charakteristisch sind und nach dem Leben gebildet zu sein scheinen, sind mit einem Pelzwams bekleidet und haben eine Mütze, um welche eine Lilienkrone liegt, auf dem Kopfe. Diese Figuren mögen wohl die beiden zur Zeit der Erbauung des Altars regierenden Herzoge, Herzog Heinrich II. d. ä. von Meklenburg=Stargard (1423 † 1466) und Heinrich III d. j. von Meklenburg=Schwerin (1436 † 1477) darstellen sollen. Die Brustbilder sind sehr gut gearbeitet und in ihrer Art sehr selten.


Die ersten Flügel enthalten in Malerei einen Cyclus von Darstellungen aus den Freuden der Jungfrau Maria. Wenn die ersten Flügel zugeschlagen sind, so erblickt man 4 große Tafeln, welche ein Mal queer getheilt sind. Jede dieser 8 Abtheilungen enthält ein Bild und man erkennt klar einen chronologischen Fortschritt in der Reihenfolge der Begebenheiten von der linken nach der rechten Seite, und zwar so, daß die obere Reihe allein auf Maria, die untere Reihe zugleich auf das Christkind Beziehung hat. Es folgen nämlich von der linken Seite nach der rechten:

oben:

1) Mariä Darstellung im Tempel: Maria, als dreijähriges Kind die Stufen des Tempels allein hinaufsteigend, eine bekannte, apokryphische Darstellung. Das Kind, mit einem vergoldeten Heiligenscheine um das Haupt, ist in ein langes, weibliches Gewand gekleidet, hat sehr langes, wallendes, gelbliches Haar und trägt eine brennende Kerze in der Hand. Es ist offenbar ein junges Mädchen. Man könnte sonst an die Dar=


1) Aehnliche kleine Flügel hat der schöne Altar von Blaubeuren; in dem einen steht Georg Säurlein, der Meister des Altars, in dem andern der Bischof Otto von Constanz, in dessen Diöcese Blaubeuren lag. Vgl. C. Heideloff Der Hochaltar zu Blaubeuren, Nürnberg, 1846, S. 15 und 16.
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stellung denken, wie Jesus als Knabe sich im Tempel verliert. Von den Altarstufen sind nur 8 angedeutet. Im Hintergrunde steht, neben einer weiblichen Figur ohne Heiligenschein, eine weibliche Heilige mit Heiligenschein, wahrscheinlich Mariens Mutter, Anna, und Joseph, welcher sowohl durch seine herkömmliche Gestalt und den rothen Rock, vorzüglich aber durch den bezeichnenden Krückstock als solcher zu erkennen ist.

2) Die Vertrauung der Maria mit Joseph. . Unter den Anwesenden stehen: im Hintergrunde eine ganz weiß gekleidete Nonne mit weißem Kopfschleier (Weihel) und weißem, Brust, Hals und Kinn bedeckenden Vortuch (Wimpel), offenbar mit Anspielung auf die Prämonstratenser= Tracht, jedoch ohne ein rothes Kreuz auf der Stirne, und eine Jungfrau in ganz rothem Gewande und weißem Kopftuch, jedoch mit bloßem Halse, offenbar eine Darstellung,der damals üblichen Tracht der patricischen Jungfrauen Lübecks.

3) Die Verkündigung Mariä; der Engel trägt ein Spruchband mit Ave Maria etc.

4) Die Heimsuchung Mariä.

unten:

5) Christi Geburt, Christus in der Krippe liegend.

6) Christi Beschneidung.

7) Christi Anbetung durch die Heil. Drei Könige.

8) Christi Darstellung im Tempel.

Die kleinen Flügel oben, welche über die großen Brustbilder klappen, haben eine Reihe untergeordneter, kleiner Bilder:

9) Josephs Schatzung in Bethlehem: Joseph geht von einem Tische, auf welchem ein Priester Geld einstreicht; an der Wand des Gemaches hängt ein Bild auf Goldgrund mit schwarzen Umrissen gemalt, Jsaak's Opferung darstellend.

10) Christi Verkündigung an Joseph (Matth. 1, 20).

11) Maria in Wehen, von Joseph umfaßt und geführt (Luc. 2, 6).

12) Christi Reinigung: das neugeborne Christkind soll gebadet werden; Maria liegt im Bette; mehrere Weiber sind mit der Bereitung des Bades und um Maria beschäftigt.


Die zweiten Flügel enthalten in Malereien die besonderen Heiligen der Kirche. Die Kirche ist vorzüglich der Heil. Elisabeth und an erster Stelle der Jungfrau Maria geweihet (vgl. Jahrb. XV, S. 297). Es mußte nun allerdings auffallen, daß die geschnitzte Hauptansicht des Altars keinen besondern Heiligen der Kirche enthält; dieselbe enthält Christum

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in der Kreuzigung, die 12 Apostel und 4 viel verehrte jungfräuliche Heilige von denen 3: Katharine, Margarethe und Barbara, zu den Nothhelfern gehören; die vierte ist nach der Inschrift sicher die H. Dorothea, obgleich man sie auch mit der H. Elisabeth verwechseln könnte.

Die nächst folgende zweite Darstellung auf den ersten Flügeln enthält Begebenheiten aus dem Leben der Jungfrau Maria, der Hauptpatronin der Kirche.

Nun erst folgen in der letzten Darstellung auf den zweiten Flügeln (und der Rückseite der zugeklappten ersten Flügel) die Heiligen der Kirche. Dies wird durch die in der Reliquienurne beim Abbruche des Altares im J. 1851 aufgefundene, unten (S. 344) mitgetheilte Weihungsurkunde vom J. 1456 glänzend bestätigt. Diese bischöfliche Urkunde giebt an, daß der Altar und die Kirche geweihet sei zu Ehren der Heiligen: Michael, Eustachius, Candidus, Victor, Lambert, Benedict, Gertrud, (Romana) Agnes und Elisabeth.

Die 4 Flügel sind der Länge nach durch Malerei getheilt und enthalten 8 Heilige fast in Lebensgröße, von der Linken zur Rechten in folgender Ordnung:

1) Der H. Candidus, ein Ritter im Harnisch, mit einem aufgerichteten Schwerte in der Hand; in dem Heiligenscheine steht:

S . C A NDIDVS.

2) Der H. Lambertus, ein Bischof, mit einem Bischofsstabe im rechten und einem ausgerichteten Schwerte im linken Arme; in dem Heiligenscheine steht:

S . L A MPERTVS.

(Nur die 4 Heiligen aus den äußern Tafeln haben Namen im Heiligenscheine, die 4 innern nicht.)

3) Der H. Michael, Erzengel, mit dem Schwerte in der einen und der Wage in der andern Hand.

4) Die H. Agnes (Romana Agnes), eine schöne Jungfrau mit dem Christkinde, welches mit einem Rosenkranze spielt, auf dem Arme. Nach der Weihungsurkunde kann diese Heilige keine andere, als die H. Agnes sein, welche hier als eine Braut Christi dargestellt wird. Die H. Gertrud ist im Heiligenscheine genannt und die H. Elisabeth sonst erkennbar.

In der Weihungsurkunde ist gesagt, daß die Kirche und der Altar auch geweihet seien zu Ehren

"Ghertrudis Romane Agnetis virginum ac Elizabeth vidue".
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Die H. Gertrud ist in einem andern Gemälde (8) als solche bezeichnet; die H. Elisabeth Wittwe (9) ist an dem Schleier erkennbar. In dem zur Beurtheilung stehenden Bilde (4) ist die H. Agnes dargestellt. Es ist die Frage, wozu das Wort Romana gehöre. Ein Beiname der H. Gertrud kann es nicht sein, da diese keine Römerin war. Das Wort Romana kann also nur entweder zu Agnes gehören, oder eine eigene Heilige Romana bezeichnen. Die H. Agnes war eine Römerin und es könnte daher der Beisatz wohl gelten zur Auszeichnung von andern Heiligen gleiches Namens, deren Verehrung vielleicht jünger war. Die Originalurkunde hat keine Interpunction zwischen den Namen, jedoch steht der Name Romana ziemlich dicht vor Agnes. Es ist aber vorzüglich zu bemerken, daß auf der Altartafel keine andere weiblichen Heiligen dargestellt sind, als die Gertrud, Agnes und Elisabeth (vgl. 10). - Dagegen läßt sich vielleicht geltend machen, daß ein landschaftlicher Name vor einem Heiligennamen, wie hier: "die Römerin Agnes", ganz ungewöhnlich sei und man deshalb zur Annahme einer Heiligen Romana sich entschließen müsse, um so mehr, da es viele Heilige giebt, die den Namen Romana führen. Dies mag immerhin alles wahr und richtig sein; gegen eine solche Annahme spricht immer der Umstand, daß eine H. Romana auf den Altartafeln nicht abgebildet ist, während doch alle andern in der Urkunde genannten Heiligen dargestellt sind.

Ich muß daher diese Angelegenheit unentschieden lassen. - Die H. Agnes ist sicher da; die Verehrung einer Heil. Romana in Rehna läßt sich jedoch nicht mit Sicherheit eher behaupten, als bis vielleicht eine Urkunde entdeckt wird, in welcher dies ausdrücklich ausgesprochen ist.

5) Der H. Eustachius, Nothhelfer, mit einem Palmzweige in der linken Hand, neben ihm ein Hirsch, der ein Crucifix zwischen dem Geweih trägt.

6) Der H. Benedict, Abt, in der schwarzen Tracht der Benedictiner, mit einem Bischofsstabe im Arme, indem er mit der rechten Hand ein idealisirtes, durchsichtiges, grünes Kraut, Disteln und Dornen, mit drei grünen Knospen (Distelköpfen?), segnet, welches er mit der linken Hand hält. Nach der Weihungsurkunde muß dieser Heilige der Benedict sein, indem für ihn keine andere Stelle übrig bleibt.

7) Der H. Victor, im Harnisch, hält eine Fahne mit beiden Händen; in dem Heiligenscheine steht:

S A TVS . VICTOR.

8) Die H. Gertrud, in Klostertracht, mit einem Palm=

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zweige in der rechten Hand und einem Hospital=Modell im linken Arme; das Hospital ist ziegelbraun, mit einem ziegelrothen Dache und einem Dachreiter; in dem Heiligenscheine steht:

S . GERTRVD.

Die beiden kleinen Flügel haben keine zweiten Flügel.

Auf der Rückseite der ersten Flügel sind aber zwei Brustbilder gemalt:

rechts in der Ansicht:

9) Die H. Elisabeth, Wittwe, Brustbild, eine weibliche Heilige, in einen weißen (Wittwen=) Schleier gehüllt. Dies ist ohne Zweifel die H. Elisabeth (Elisabeth vidua), die Hauptheilige der Kirche, da am ganzen Altare keine andere Figur die H. Elisabeth sein kann.

Dies wären also die 9 Heiligen, welche die Weihungsurkunde nennt.

Neben der H. Elisabeth steht, links in der Ansicht, auf der Rürkseite des kleinen Flügels:

10) ein Ecce homo, von welchem zwar das Gesicht fast ganz abgefallen, aber doch noch an den Umrissen an einer Seite als ein Ecce homo zu erkennen ist, sicher mit nacktem, männlichem Oberleibe, rothem Mantel auf den Schultern, langem Haar, einer Dornenkrone, wie es scheint, auf dem Haupte, die rechte Hand erhoben; das Gesicht fehlt jedoch ganz.

Eine H. Romana (vgl. zu 4) kann dies nicht sein, da das Brustbild offenbar eine männliche, nackte Brust zeigt.

Die Predelle oder Altarstaffel, auf welcher der Flügelaltar steht, war mit einem jungen, schlechten Gemälde bedeckt. Als dieses abgenommen ward, zeigte sich ein schönes, interessantes Gemälde aus der Zeit der Erbauung des Altars. In der Mitte sitzt die thronende Jungfrau Maria, welche den Mantel ausbreitet. Zu beiden Seiten knieen hinter einander anbetend Personen aus allen Ständen, zu ihrer Rechten die Geistlichen, zu ihrer Linken die Laien, in folgender Ordnung:

Altarstafel
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Altarstafel

Man sieht in dieser Darstellung offenbar die gleichzeitigen Personen, von denen die mit { bezeichneten neben einander knieen.

Der Altar ist im J. 1456 geweihet und daher gehören die Personen in diese Zeit. In dem Kaiser, der den Reichsapfel der Maria zu Füßen gelegt hat, ist auf den ersten Blick der Kaiser Friedrich V. (1440 † 1493) zu erkennen. Die drei ersten weltlichen Männer tragen Ordensketten. In 1., 2. und 3. ist wohl der Kaiser mit seiner Familie, vielleicht auch noch ein anderer Reichsfürst, dargestellt, in 4. ein Ritter mit Frau, in 5. Patricier (vielleicht aus Lübek), in 6. lübeker patricische Frauen und Jungfrauen, wie die rothen Mäntel ("Hoyken") und weißen, auch rothen Kleider und die weißen, spitzen Mützen ("Witt Tipp") andeuten, welche auf alten lübeker Gemälden aus dem Ende des 15. und Anfange des 16. Jahrhunderts als eigenthümliche Patriciertracht in Lübek oft vorkommen. Diesen correspondiren: 1. der Papst, 2. ein Cardinal, 3. ein Erzbischof und Bischof, 4. zwei Priester (dem Ritter an Range gleich), 5. ein Benedictiner=Abt, in schwarzer Tracht, da das Kloster zuerst Benedictiner=Ordens war, und ein Prämonstratenser=Propst mit weißem Mantel, 6. zwei Prämonstratenser=Nonnen, da das Prämonstratenser=Kloster Rehna viele Lübekerinnen beherbergte, die hier ihren weltlichen Schwestern gegenüber knieen.

Nach diesen Zeichen scheint der Altar in Lübek gemacht zu sein.


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Ueber den Bau des Chores der Kirche zu Rhena,

von

G. C. F. Lisch.


Aus der aufgefundenen, unten mitgetheilten Weihungsurkunde vom 10. October 1456 ergiebt sich nun auch die Sicherheit der in den Jahrbüchern XV, S. 295 - 296, niedergelegten Forschungen, nämlich daß der Chor der Kirche zu Rehna in der Zeit 1441 - 1450 erbauet sei. Zwar ist der Altar und mit demselben die neu eingerichtete Kirche erst am 10. October 1456 geweihet worden; aber nach den erwähnten Forschungen mußten die Ringmauern und die Chorstühle schon im J. 1454 fertig sein; vielleicht verzögerte sich die Vollendung des Altars bis in das Jahr 1456.


Ueber die Erhöhung des Schiffes der Kirche zu Rehna,

von

G. C. F. Lisch.


Die 4 Wappenschilde auf den Consolen im Schiffe der Kirche zu Rehna (Jahrb. XV, S. 292 - 293) sind folgende, nachdem man ihnen durch Erbauung eines neuen Chores hat näher kommen können. Zwei, schräge gegenüber stehende Schilde haben ein geschachtes Andreaskreuz, in dessen oberm Winkel ein bärtiger Kopf steht (das Wappen der lübeker Patricierfamilie von Darzow: Jahrb. XV, S. 256); das dritte hat einen geästeten Zweig mit zwei Blättern und darüber zwei Rosen (das Wappen der lübeker Patricierfamilie von Lüne? Jahrb. a. a. O.), das vierte einen Löwen.


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Ueber die Heiligthümer des Hochaltars zu Rehna,


von

G. M. C. Masch.


Bei dem Ausbau der Kirche in Rehna (vgl. Jahrb. XV, S. 287 ff.) ward der Altarschrein abgehoben, und die Umschrift des alten Leichensteines, welcher als Decke des Altartisches benutzt ward und dessen Bilder, zwei den Kelch weihende Priester, bereits a. a. O. S. 298 beschrieben sind, ist nun völlig lesbar geworden. Die Inschrift lautet vollständig, wie unten folgt, nach meiner Lesung und der Lesung meines Freundes Lisch (S. 345).

In einer Höhlung im Gemäuer des Altartisches an der rechten Seite fand sich das bei der durch den Bischof Johann von Ratzeburg am Sonntage nach Dionysii (10. October) 1456 vollzogenen Weihe eingelegte Gefäß.

Dieses ist 4 Zoll hoch und 3 1/4 Zoll weit, aus hellgrünem, fast weißem und sehr dünnem Glase, in Form einer bauchigen Urne; der oben 1 1/2 Zoll hohe, sich nach unten verengende Rand ist glatt, der Bauch des Glases ist mit 12 aufgelegten keulenförmigen Rippen, deren jede mit 6 blauen Punkten besetzt ist, verziert. Es war mit einem Deckel von Wachs, wie die Schale eines Siegels gestaltet, bedeckt.

In dem Glase 1 ) befanden sich:

1) vier Körner Weihrauch von Bohnengröße und ein Stückchen Bernstein;

2) ein unregelmäßig geformtes, zusammengebogenes Bleistück, welches in sich 12 in seidene Läppchen eingewickelte Reliquien, ohne weitere Bezeichnung, einschloß. Das Seidenzeug, welches seine frische Farbe verloren hat und jetzt gelblich aussieht, ist bei 5 Stücken sehr dick und der Einschlag ist von rother Farbe, 2 Stücke sind mit grünen Zacken bezeichnet, von damastartigem Gewebe, 3 Stücke sind schleierartig, sehr zart, 1 Stückchen ist in eine schwere, rothe Kante gewickelt und das zwölfte Stück ist in ein braunes Läppchen in einen Knoten geschlagen. Die Reliquien sind Knochensplitter, meistens ganz klein, andere ein wenig größer, bis zu 1/2 Zoll Länge;

3) die Weihungsurkunde des Bischofs Johann von Ratzeburg, 5 1/2 Zoll lang und 2 3/4 Zoll breit, zusammengefaltet


1) Die Reliquienurne mit ihrem Inhalt ist von den Vorstehern der Kirche zu Rehna dem großherzogl. Antiquarium überwiesen.
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3 Zoll groß. Das Siegel ist von der Urkunde, an welcher es an einem Pergamentbande hing, getrennt. Die Urkunde lautet folgendermaßen:

Der Bischof Johann III. Preen von Ratzeburg weihet den Altar und die Kirche des Klosters Rehna.

D. d. Rehna 1456, Oct. 10.

Nach dem jetzt im grossherzoglichen Antiquarium zu Schwerin aufbewahrten Originale.

Johannes dei gratia episcopus Raceburgensis presentibus publice protestamur, quod de anno domini M°CCCC°L sexto, dominica proxima post festum beati Dyonisii martiris, presens altare et hanc ecclesiam in honore omnipotentis dei sueque gloriose matris virginis Marie et in commemoratione sanctorum Mychaelis archangeli, Eustachii, Candidi et Victoris, Lamb[erti], martirum, Benedicti abbatis, Ghertrudis, Romane Agnetis, virginum, ac Elizabeth vidue dedicando consecrauimus, cooperante nobis gratia saluatoris. In cuius rei testimonium secretum nostrum presentibus est appensum.

Nach dem im Hochaltare der Kirche zu Rehna in der Reliquienurne im J. 1851 gefundenen Originale auf Pergament, welches etwas durch Moder gelitten hat. An einem Pergamentstreifen hing das jetzt abgerissene runde Secretsiegel des Bischofs Johann III. Preen (1454 - 1461) von Ratzeburg, mit einem Marienbilde in halber Figur mit dem Christkinde im Arme, unter einem gothischen Baldachin, darunter mit einem rechts gelehnten Schilde mit drei Pfriemen vor einem aufgerichteten Bischofsstabe, mit der Umschrift:

Umschrift

Zwischen den Worten Romane Agnetis ist ein nur kleiner Zwischenraum, so dass nach dem Charakter der Schrift beide zusammen zu gehören scheinen.


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Ueber den Leichenstein aus dem Hochaltare der Kirche zu Rehna,

von

G. C. F. Lisch.


Der auf dem Altare der Kirche zu Rehna liegende Leichenstein (vgl. Jahrb. XV, S. 298), welcher bei der Restaurirung des Altars frei zu liegen kam, hat folgende Inschrift, nachdem der früher verdeckt gewesene Theil derselben bei der Restauration der Kirche von meinem Freunde Masch gelesen werden konnte (vgl. oben S. 343).

Inschrift

In den Spitzbogen über den beiden Figuren steht:

Umschrift

d. i.

Anno domi MCCCXX primo, VIII die Johannis baptiste, obiit Johannes secundus, prepositus ecclesie Renensis, de Lubeke natus.
Anno domini MCCCXII, in die Praxedis virginis, obiit Hermannus, prepositus ecclesie Renensis. Orate pro eis.

Isti prepositi duo te bene Rene regentes Non sint depositi, sed regni sceptra ferentes.

Hiernach läßt sich jetzt die Reihe der ältesten Pröpste (Jahrb. XV, S. 298 und 304) berichtigen. Der Propst Hermann, welcher am 21. Julii 1312 starb, war 1275 - 1307 Propst und resignirte wahrscheinlich einige Jahre vor seinem Tode. Ihm folgte nach den Urkunden des Klosters der Propst Heinrich

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1310 - 1315, und diesem folgte Johannes vom J. 1318 an. Da dieser auf dem Leichensteine ausdrücklich Johannes der zweite (seines Namens) genannt wird und am 1. Julii 1321 starb, so stecken nicht nur in dem früher als Eine Person aufgeführten Propste Johannes 1318 - 1324, wie Jahrb. XV, S. 298, richtig vermuthet ist, zwei Pröpste dieses Namens, sondern es ging ihnen auch ein Johannes vorauf, dessen Regierungszeit aber nicht zu bestimmen ist.

Auf die Pröpste Johannes II. und III. folgte wohl Werner, welcher in den Klosterurkunden 1343 - 1346 vorkommt; bald darauf folgt Arnold, schon 1348. Werner wird aber wohl auf die beiden Johannes gefolgt sein; in dem kleinen Stadtbuche der Stadt Wismar (von 1328 beginnend) kommt er schon im J. 1342 vor (nach der Mittheilung von C. D. W.):

Marquardus Zedeler et Gherekinus de Losten promiserunt iunctis manibus, quod redend dicitur, domino Ywano de Clutze pro X mr. lub. pro vna lasta siliginis in festo beati Michaelis proximo persoluendis. Dominus Wernerus prepositus in Rene wlt et debet predictos Marquardum et Gherekinum indempnes tenere. 1342. Johannis et Pauli.

Es folgen also die Pröpste:

1236 - (1238):   Ernst.
1244 - 1251: Eckhart.
? Johannes I. 
1260 - 1261:  Conrad. 
1267 - 1271: Heinrich I.
1275 - 1307: Hermann († 1312).
1310 - 1315: Heinrich II. 
1318 - 1321: Johannes II. († 1321).
1321 - 1334: Johannes III.
1342 - 1346: Werner.

G. C. F. Lisch.     

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Ueber das ehemalige Refectorium und die übrigen Klostergebäude des Klosters zu Rehna,

von

G. C. F. Lisch.


Zwischen der Kirche zu Rehna und dem südlich davon in einiger Entfernung, in gleicher Flucht mit dem Westgiebel des Thurmes liegenden, gegen Westen gerichteten Amtsgebäude, welches wahrscheinlich die ehemalige Propstei bildete, steht der hübsch gebauete und gewölbte Kreuzgang des Klosters, welcher jetzt leider nur zur Niederlage von Holzmaterialien u. dgl. benutzt wird. Der Kreuzgang hat 3 im Rechteck stehende Flügel. Der südliche Flügel stößt an das Amtsgebäude und liegt mit der Kirche parallel; der östliche Flügel liegt mit dem Ostgiebel der Kirche ungefähr in derselben Flucht; der nördliche Flügel lehnt sich an die Südwand der Kirche bis gegen den Thurm. Der östliche Flügel hat in der Mitte ein Thor nach dem von den drei Flügeln eingeschlossenen innern Klosterhofe; an der diesem Thore gegenüberstehenden innern Wand des Kreuzganges läßt sich noch eine alte Wandmalerei erkennen, wie es scheint, eine Maria mit dem Leichnam Christi im Schooße (Maria tôr ladinge). Diese 3 Flügel des Kreuzganges sind nur Ein schmales Gewölbe breit und dienten nur zum Verbindungs= und Processionsgange. Die vierte, westliche Seite des Klosterhofes ist jetzt offen und soll, nach Ueberlieferungen alter Leute, früher nur durch eine Mauer geschlossen gewesen sein, welche von dem Amtsgebäude nach dem Thurme der Kirche ging. Dieser innere Hof innerhalb der Flügel des Kreuzganges war zur Klosterzeit "Kirchhof" . Der Kreuzgang hatte nach dem Kirchhofe hin Fenster. Ueber die alten Klostergebäude giebt ein Inventarium vom J. 1576 Auskunft; dasselbe sagt: "Diese drei Seiten des Kreuzganges sind durchaus gewölbt, und sind auf der einen Seite nach dem Kirchhofe wärts alte, zerbrochene Fenster".

Dieses Inventarium redet auch nur von drei Flügeln des Kreuzganges und läßt nach der Stellung der übrigen Gebäude nicht die Annahme zu, daß der Kreuzgang früher vier Flügel gehabt haben sollte.

An diese drei Flügel des Kreuzganges waren und sind nun nach außen hin große Gebäude gelehnt, welche die Außenmauern des Kreuzganges ganz verschlossen.


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An den südlichen Flügel des Kreuzganges, welcher an das Amtsgebäude stößt, "an der einen Seite des Kreuzganges", war im J. 1576 "ein gemauertes Gebäude, 20 Sparren lang und 3 Böden hoch". Dieses Gebäude steht noch und wird jetzt zu Pferde= und Holzställen benutzt. Es wird von dem südlichen Flügel des Kreuzganges durch eine Mauer geschieden. Ueber beiden Räumen war der im Anfange des 17. Jahrh. von der verwittweten Herzogin Sophie angelegte "Rittersaal", von dessen Einrichtung jetzt keine Spur mehr übrig ist.


An den östlichen Flügel des Kreuzganges lehnte sich nach dem äußern Garten gegen Osten hin ein großes Gebäude, welches das große Refectorium und die Zellen enthielt. Das Inventarium von 1576 berichtet hierüber ausführlich also: "Vff der andern Seiten des Kreutzganges stehet ein gemauert Gebew von 47 Sparren, ist zum Theil gantz offen. Im Obertheil sind Zellen gewesen, die aber gantz vnd gar wegkgebrochen, und ist der Bodden durchaus von Mauerstein gelegt. Im Untertheil sind nachfolgende Gewelbe: 1) "der große Reuenter"; das andere und das dritte Gewelbe, welche in gleicher Flucht an diesem Reventer standen, waren ziemlich wüst; "im vierten Gewelbe war nichts, allein in der Maur ein alt Schap vnd vier Lufften gemalter Fenster. Der große Reventer hatte 60 alte Rautenfenster; im andern Gewelbe waren 30 Rautenfenster; im dritten Gewelbe war ein klein Stublein abgeschauert". - - An dieses Gebäude stießen die "Küche und das Brauhaus", beide unter Einem Dache. Daran stieß "ein kleines Gebäude nach dem Wasser (Radegast) wärts, welches zum Schlachthause gebraucht" ward. - Dieses Refectorium, welches sich ohne Zweifel an die Ostwand des östlichen Kreuzgangsflügels lehnte, war also sehr groß, aber schon 1576 sehr vernachlässigt, und ist in der Folge, ungewiß zu welcher Zeit, abgebrochen. - Den Bemühungen meines Freundes Masch zu Demern ist es gelungen, die Stelle dieses Gebäudes sicher zu stellen. An der äußern, östlichen Wand des östlichen Flügels des Kreuzganges, welche jetzt dem Garten zugewendet ist, sieht man noch die "Kragsteine, auf denen die Gewölberippen standen, die Spitzbogenansätze der Gewölbe und kleine Nischen, welche deutlich beweisen, daß hier ein Gemach gestanden habe; in diesem östlichen Flügel des Kreuzganges, welcher, wie oben bemerkt, die große Pforte zum Kirchhofe hat, sieht man im Innern in der östlichen Wand noch die niedrigen Thüren zum Eingange in das Refectorium und außerdem die höhern Bogenhallen zu den Treppen, welche zum zweiten Stock

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(mit den Zellen) führten". Ungefähr an der Stelle des Reventers wurden tief in der Erde unter Schutt früher ein (Back=?)ofen, Menschenknochen und ein "Ziegel=Mosaikfußboden" gefunden. An der Stelle der Küche und des Brauhauses fand man schöne, behauene Granitblöcke, welche an die Juden verkauft wurden, die damit ihre Synagoge gebauet haben. An der Stelle des Schlachthauses fand man große Granitplatten. Von dem Schlachthause und der Radegast lief parallel mit dem Refectorium eine Mauer, deren Fundamente im Garten gefunden sind und welche ohne Zweifel einen an das Refectorium stoßenden Garten einschloß.

Das Refectorium war ohne Zweifel zwei Gewölbe tief, welche in der Mitte von Säulen getragen wurden. In Beziehung auf diesen Bau hatte ich Gelegenheit, eine Entdeckung zu machen, welche im hohen Grade interessant ist. Vor dem Amtshause stehen noch 5 oder 6 große viereckige Säulencapitäler aus Kalkstein, welche jetzt als Bänke oder Sitze vor dem Hause benutzt werden. Diese Capitäler sind ganz einfach in den Umrissen; jedoch hat eines derselben eine Verzierung. welche für die Geschichte des Klosters von Bedeutung ist. Dieses Capitäl trägt nämlich auf drei seiner Seiten einen Wappenschild mit einem geschachten Andreaskreuze, in dessen Oberwinkel ein bärtiger Kopf steht. Dieses Wappen gehört der lübeker Patricierfamilie von Darzow (Dassow) und findet sich auch zwei Male in der Kirche an den Kragsteinen, welche die Gewölberippen des Schiffes über dem ehemaligen Nonnenchore tragen (vgl. Jahrb. XV, S. 293 flgd.). Daß der Bau des Refectoriums vorzüglich durch die Mittel dieser Familie geschah, ist hiernach unzweifelhaft, wie die Wölbung des Nonnenchores durch diese und zwei andere Familien bewirkt ward. Wahrscheinlich ward das Refectorium auch um das Jahr 1430 gebauet, da in dieser Zeit von der genannten Familie Geld zum Bau innerhalb des Klosters (binnen closters tho deme buwe ) legirt ward. Es sind dies interessante Beiträge zu der Geschichte der Stellung und des Einflusses des lübekischen Patriciats.


Der nördliche Flügel des Kreuzganges oder, wie das Inventarium von 1576 sagt, "die dritte Seite des Creutzganges", welche unmittelbar auf das Gebäude des Reventers folgt, lehnt sich "an die Kirche" und war im J. 1576 an Dach und Sparren baufällig.

Außerdem war noch ein "Kornhaus im Kloster".


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Vor dem Kloster, in Verbindung mit demselben, gegen Westen gerichtet, standen die Gebäude für die männlichen Klosterdiener; diese Gebäude stehen noch, freilich modernisirt, und bilden die Amtsgebäude. Es waren namentlich im J. 1576 "das lange gemauerte Haus" und "das lange Haus" dadurch das Thor geht; darin waren 1576 die Hofstuben, des Hauptmanns und des Küchenmeisters Gemächer, zunächst am Kreuzgange. Unter diesen Gemächern werden auch die Keller genannt, ohne daß in dem Inventarium von unterirdischen Gängen die Rede ist, von denen die neuere Zeit auch hier, wie bei alten Klöstern und Schlössern, fabelt. Endlich stand hier noch das "Kornhaus auf dem Hofe, der Marstall und "das Pforthaus".

Das "lange gemauerte Haus", nach dem Inventarium von 1576 "fürm Jahre inwendich außgebawet", war "zwei Gemächer hoch" und diente nach der Säcularisation des Klosters der herzoglichen Familie als Residenz für Wittwen und unvermählte Prinzessinnen. In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts hatte es noch viele Bilder und andern künstlerischen Schmuck, z. B. noch alte Bilder des Schwedenkönigs Albrecht, des Herzogs Heinrich etc. .


Bald nach der Entdeckung dieser interessanten Erscheinung machte mich Se. Excellenz der Geheime Rath von Plessen zu Schwerin auf das "Wagenschauer" des Amtes Rehna aufmerksam, welches ein merkwürdiger, sehr schöner, gewölbter Klosterbau aus dem Mittelalter sei. Mein Freund Masch, der in der Nähe wohnt, übernahm auf meine Meldung die Erforschung, über welche er nachfolgenden Bericht erstattet.


Ueber einen Saal des Klosters Rehna,

von

G. M. C. Masch.


An der Nordseite des Amtshauses in Rehna, eines ehemaligen Klostergebäudes, liegt, mit der Fronte nach Westen gekehrt, in gleicher Linie mit der Wand des Kirchthurmes, in der Ecke zwischen dem Amtsgebäude und dem südlichen Flügel des Klosterganges, ein Bauwerk, welches unter allen, die vom Kloster

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vorhanden sind, am besten erhalten ist und in mehrerer Hinsicht die größte Berücksichtigung verdient. Es war höchst wahrscheinlich ein Saal des Convents.

In die Westseite sind zwei mächtige Thüren eingeschlagen worden, - es dient diese Halle jetzt zu einem Wagenschauer -, und damit sind die Fenster, welche sich allein an dieser Seite befanden, untergangen; die Thüröffnungen sind mit neueren Rundbogen überwölbt. Tritt man nun durch das 4 Fuß 9 Zoll dicke Gemäuer ein, so ist der Raum von Süden nach Norden 26 Fuß, von Westen nach Osten 37 Fuß im Lichten groß, und ist durch zwei in der Mitte stehenden Pfeiler in 6 Gewölbe abgetheilt.

Die Pfeiler sind Monolithen, in der Basis vierseitig, dann sind die Ecken abgeschrägt und der Schaft selbst ist regelmäßig achtseitig. Jeder Schaft trägt ein ganz einfaches Capitäl, welches der Basis, jedoch gestürzt, gleich ist und sich in eine viereckige Platte endigt, auf welcher die Gurtbogen und die Rippen der Gewölbe stehen.

Die Südwand, welche zugleich die Außenwand des Klostergebäudes bildet, ist nicht unterbrochen, nur durch einen ganz neuen Anbau entstellt. Die Ostwand enthält zwei große Pforten, welche bis in die Spitze gehen; sie sind beide vermauert und es haben die Nischen, welche sie in dem dicken Gemäuer bilden, später zu Feuerstellen gedient, wie der Ruß, der sich findet, beweiset: ursprünglich führte die eine in den daran stoßenden südlichen Flügel des Kreuzganges. - In der Nordseite findet sich nun zuerst eine vermauerte Thür, welche in den Nonnengarten ("Kirchhof") führte. So wird dieser Raum, der an zwei Seiten vom Kreuzgang, an der dritten von der Kirche und vorne an der Westseite von einer Mauer, die von dem Saale zu dem Thurm hin ging, und deren sich ältere Leute noch bestimmt erinnern, da sie nicht erst neuerdings abgebrochen ward, eingeschlossen war, noch jetzt genannt, und ist er erst in sehr späten Zeiten zur Beerdigung von Leichen benutzt worden. - In der innern Wand sind noch eine größere und zwei kleinere Nischen.

Dieses ganze Gebäude ist in einem sehr reinen und sauberen Spitzbogenstyl aufgeführt. Die 6 Gewölbe, welche durch die auf den Pfeilern stehenden Gurtbogen gebildet werden, sind spitze, vierseitige Kappen, und Gurtbögen wie Rippen sind sehr fein profiliert. Sie laufen an den Wänden auf zierliche Consolen von Stuck aus. Diese haben unten 3 große Laubblätter, tragen dann eine Platte mit Kugeln verziert und darauf Brustbilder, nicht nach einer Form, aber nach einem Typus gebildet, jugendliche Gesichter, heils gekrönt, theils mit wallendem Haar; alle

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halten in der Rechten ein Spruchband, freilich ganz mit Tünche überzogen; zur Linken steht bald ein Kelch, bald eine gestürzte, glockenähnliche Figur. Auf ihren Köpfen ist wiederum eine Platte, wie die untere, und darauf stehen denn nun auf jeder die Gurten, die zwei Gewölberippen und zwei Rippen, welche den Bogen in der Wand abschließen. Die in den vier Ecken befindlichen tragen natürlich nur drei Rippen.

Die Schlußsteine der Gewölbe sind runde, aufgelegte Scheiben, von einem mit Kugeln gezierten Rande umgeben, und sind mit folgenden Wappen und Emblemen bezeichnet.

Die erste Scheibe beim Eintritte rechts, also dem Kloster zugewendet, hat den Wappenschild der v. Bülow mit den 14 Kugeln; die ihr gegenüber stehende, also dem Kirchhof zugewendet, hat einen gespaltenen Schild, welcher vorne einen Stern, hinten ein halbes Mühlrad zeigt; die Scheibe in der Kappe, welche auf das von Bülow'sche Wappen folgt, hat einen Schild mit einem Mühlrade; ihm gegenüber steht ein Schild mit dem Darzow'schen Wappen, einem geschachten Andreaskreuze mit einem Kopfe in der obern Abtheilung. - Die beiden folgenden Scheiben, also den großen Pforten zunächst, haben rechts ein segnende Hand, links einen Christuskopf.

Auch die Färbung dieses Gemaches läßt sich noch erkennen; es war wenigstens an den obern Wänden weiß, mit großen grünen Ranken mit Blättern überzogen, die Rippen waren dunkelroth, die Kappen vielleicht grün, jedoch ist es ohne Entfernung der weißen Tünche nicht zu bestimmen, wozu jetzt gerade die Mittel nicht zur Hand waren. In den Gewölben sind vier eiserne, roh geformte Haken, wie es scheint, schon in alter Zeit angebracht, wahrscheinlich zum Tragen von Lampen bestimmt. Der Fußboden ist mit viereckigen Ziegelplatten getäfelt.

Daß die ganze Bauart in die letzte Zeit des 14. und ins 15. Jahrhundert hinweiset, giebt der Augenschein, und wird diese Zeit durch die Wappen bestätigt. Lisch hat in den Jahrbüchern XV, S. 293, Nachricht gegeben und daselbst Nr. XXXII und XXXIII die Urkunden mitgetheilt, wie der Propst Johann Wendland, die Priorin Adelheid v. Bülow und der Convent zu Rehna am 10. November 1430 an Hermann Dartzow und andere lübeker Bürger 26 Mk. ewige Rente aus der Landmühle und Bentzin verkaufen, wovon 8 Mk. jährlich zum Bau innerhalb des Klosters verwendet werden sollten, und benutzt diese Nachricht, um die Zeit der Erhöhung der Kirche in ihrem Schiffe zu bestimmen, da sich das Wappen der Darsow darin findet, und es läßt sich sehr gern ihm darin beistimmen. Wenn

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wir nun aber hier bei diesem Saale, dem Ausdrucke der Urkunde (binnen closters tho dem buwe) ganz conform, "innerhalb des Klosters" einen Bau haben, daselbst offenbar an letzter Stelle das Darsow'sche Wappen finden und das Wappen der Priorin antreffen, so müssen wir die Zeit der Errichtung des Gebäudes mit den angeführten Urkunden in Verbindung stellen. Nun waren aber von 1430 - 1457 (vgl. Jahrb. XV, S. 304) drei Priorinnen aus dem Geschlechte der v. Bülow da, und es ist die Frage, welcher von ihnen man das Wappen in dem Gebäude zuschreiben darf. Die Sache ist schwierig, und ist es klar, daß das gespaltene Wappen mit dem Stern und dem Mühlrade sie entscheiden würde, und - dieses Wappen ist mir gänzlich unbekannt. Es ist sicherlich des Propstes Wappen, Propst war mit Adelheid v. Bülow von 1430 - 1435 Johann Wendland; dessen Wappen ist es nicht, denn er führte ein großes W (Jahrb. XV, S. 353). Andreas Stalknecht, der zur Zeit der Priorin Sophie v. Bülow 1441 - 1448 Propst war, hat dieses Wappen nicht geführt, denn sein Pferdekopf ist in der Kirche zu Rehna zu sehen. Es bleiben nur Petrus Richardis, welcher dem Stalknecht vorging, 1439 - 40, und Heinrich Havemann, der ihm unter Pelle v. Bülow 1453 folgte, und die Wappen von beiden sind unbekannt. Wahrscheinlich ist es jedoch, daß einem von diesen beiden das in Frage stehende zukommt, und so würde denn die Vollendung des Baues gegen die Mitte des 15. Jahrhunderts anzunehmen sein. - Das vierte Wappen mit dem Mühlrade trägt zur Lösung dieser Frage nichts bei; ein solches Bild wurde von zwei Familien hiesiger Gegend geführt; zuerst findet es sich bei den lübeker Patriciern v. Mölen, jedoch kommen diese nicht mehr in der Zeit vor, in welche der Bau zu stellen ist, und dann die vom Lo, welche in Papenhusen, also dem Kloster Rhena sehr nahe, einen Hof hatten, welchen sie 1382 an den Bischof von Ratzeburg verkauften, und es hat dies Wappen also wohl einer Klosterfrau aus diesem Hause angehört.


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Ueber den Capitelsaal des Klosters Rehna,

von

G. C. F. Lisch.


Der in den vorstehenden Zeilen von Masch beschriebene, neu entdeckte Saal ist ohne Zweifel sehr interessant und der Erhaltung und bessern Benutzung werth. Es ist die Frage, wozu dieser Saal gedient habe. Die Ansicht, daß er das Refectorium des Klosters gebildet habe, wie Masch und ich selbst Anfangs glaubten, kann nicht richtig sein, da die Lage des Refectoriums im Vorstehenden ganz sicher nachgewiesen ist. Die aufgefundenen Capitäler der Säulen von dem abgebrochenen Gebäude reden schon dagegen. Hatte das Gebäude des Reventers nur 5 Säulen, so war es 6 Gewölbe lang oder, da es zwei Reihen Gewölbe hatte, 12 Gewölbe groß, also noch ein Mal so groß, als das Wagenschauer. - Dennoch wird das Gebäude des jetzigen Wagenschauers ein Klostersaal gewesen sein, da er an die Propstei grenzte und mit dem Kreuzgange durch Pforten in Verbindung stand. Wahrscheinlich war es der Convent= oder Capitelsaal, da er, sehr angemessen, zwischen der Propstei und dem Jungfrauenkloster (Kreuzgang) lag.

Die Zeit der Erbauung dieses "Wagenschauers" oder Capitelsaales läßt sich genau bestimmen. Das Wappen auf dem zweiten Gewölbeschilde, ein gespaltener Schild mit einem Sterne in der vordern und einem halben Müllrade in der hintern Hälfte, ist das Wappen des rehnaer Propstes Johann Mölenknecht, welcher 1422 - 23 als Propst des Klosters vorkommt. An einer Originalurkunde vom Tage Bricci (13. November) 1423 im schweriner Archive hängt sein wohl erhaltenes, rundes Siegel von rothem Wachs, welches im runden Felde das Brustbild des Apostels Jacobus mit Pilgerstab, Muschel und Buch hat; vor ihm steht im untern Inschriftrande ein längs gespaltener Schild, in der rechten Hälfte mit einem Sterne, in der linken Hälfte mit einem halben Mühlrade; die Umschrift lautet:

Umschrift

Zwischen 1416 und 1430 kommt nur 1422 - 23 dieser Propst vor. Dazu stimmt auch das Wappen der Priorin v. Bülow. Es war

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Probst     Priorin
1414 - 1416 Johann Gode,
1409 - 1422 Adelheid Rütze,
1422 - 1435 Johann Mölenknecht,
1430 - 1439 Adelheid v. Bülow.
1430 - 1435 Johann Wendland.

Der Bau des "Wagenschauers" muß also unter dem Propste Johann Mölenknecht und der Priorin Adelheid v. Bülow, also zwischen 1422 - 1430, ungefähr um das Jahr 1425 durch Hülfe lübeker Patricierfamilien, namentlich der Familie von Darzow, ausgeführt sein. Wahrscheinlich ist dies der erste Bau im 15. Jahrhundert, darauf folgte wohl der große Reventer und endlich die Erhöhung der alten Kirche und der Neubau des Chores derselben.

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Ueber die verwittwete Herzogin Dorothea von Meklenburg,

als Klosterfrau zu Rehna,

von

G. C. F. Lisch.


Dororthea, geborne Markgräfin von Brandenburg († 1491), Gemahlin (1437) des Herzogs Heinrich IV. von Meklenburg († 1477), ist in der Kirche zu Gadebusch in der Königskapelle begraben. Im Jahresber. III, S. 135, ist die Inschrift ihres Grabsteines mitgetheilt, welche also lautet:

Inschrift

Daß die Herzogin nach dieser Inschrift im Kloster Rehna starb und zu Gadebusch begraben ward, hat eine besondere Veranlassung. Am Tage des H. Clemens 1473 verschrieb ihr Gemahl ihr zum Leibgedinge die Vogtei Gadebusch mit Schloß und Stadt und das Land und die Vogtei Grevesmühlen. Nach dem Tode ihres Gemahls erklärte sie am Sonntage Lätare

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1480, daß "sie gerne die Zeit ihres Lebens zu Schwerin bleiben und ihre Leibzucht abstehen" wolle; in Folge dieser Erklärung verschrieben ihr ihre Söhne Albrecht, Magnus und Balthasar ein Jahrgeld von 600 guten Marken aus den genannten Vogteien und Wohnung und Tafel auf dem Schlosse zu Schwerin. Am Tage der H. Katharine 1485 sagen aber ihre Söhne, daß ihre Mutter "sich in ein einsam Leben gegeben und in das Kloster zu Rehna bestätigt" ("sick in eyn ensaem leuent gegeuen unde int kloster tho Rene bestediget heft") und ihnen aus eigener Bewegung ihr Leibgedinge abgetreten habe, wogegen sie ihr ein Jahrgeld von 600 guten Marken aus ihren ehemaligen Leibgedingsämtern versichern. Daher nennt sie sich in der Unterschrift eines an ihren Sohn Herzog Magnus gerichteten Briefes vom Freitage vor Katharine 1487 auch: "jetzt begebene Schwester im Kloster Rehna" ("nv bogheuen suster amme closter Rene"). Die verwittwete Herzogin ward also wirkliche Klosterfrau.

Moderlike leue mit vnsen bede altiidt touornn. Ffrundtlike leue sone. Wii sundt van der gnade gades sundt vnde wol to reke, des bogher wii desgelick altiid vann juw tho horende. Wii bidden leffliken gii vnß juwen salter mochten lenen, liggende in der grote kisten, wiil wii juw den wol vorstan vnde to willen wedder schaffenn, wii zin ame leuende edder dode, wente vnße salter nv so duster is, wii ene nicht konenn lesenn. Ffurder, alderleueste sone, bidde wii to male frundtlikenn, dat gii den glotsmidt Bedtken Wolden to juw uorbeden latenn van der X. lodt suluers wegenn van vnßes leuenn her sons wegenn hertich Albrechtes zeliger dechteniße, dem godt gnedich vnde barmhertich zii, dat daß doch nv thome ende mochte kamen. Leue son, wii bidden juw tomale frundtlikenn, dat gii vnß wolden gheuen enen budel, alß Czilie plecht to makende, wii wolden denn gerne suluest botalenn; wer vnß tomale lefflick, vmme juwer leue willenn to dregende. Ffurder bidde wii, leue her sone, gii vnß midt wadt ales mochtenn besorgenn, mochte gii vnß grodt tho dancke ane don. De wii juw gade bouelen sundt, salich, wolmogende to langenn tiden. Screuen amme ffridage vor Katherine ame jare etc. . LXXXVII.

Dorothea van gades gnaden hertoghinne to Meklenborgh, zeligenn hertich Hinrikes naghelaten wedewe nv bogheuen suster amme closter Rene etc. .

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Deme hochgebaren ffurstenn vnde heren, heren Magno, hertoghenn tho Meklenburgh, ffurstenn to Wendenn, greuenn tho Zwerinn, Rostock vnde Stargherde der lande heren, vnßeme lefflikenn her sone.


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Die Glocken zu Bützow.

Die Glocken im großen Thurme der Kirche zu Bützow sind in Mantzel's Bützow. Ruhestunden V, S. 20, und XXIII, S. 9, beschrieben. Die zwei Glocken, die in dem Dachreiter hangen, sind aber bisher unbekannt geblieben, weil ohne besondere Vorrichtung nicht zu denselben zu gelangen war. Als im Frühling des J. 1854 an beiden Thürmen große Reparaturen begonnen wurden, ersuchte der Herr. Friedrich Seidel zu Bützow den Thurmdecker Herrn Schultz jun. aus Rostock, von den Inschriften der beiden Glocken im Dachreiter Zeichnungen zu nehmen; Herr Schultz erfüllte diesen Wunsch mit Einsicht und Geschicklichkeit und Herr Seidel sandte die Zeichnungen dem Vereine.

1) Die größere Glocke, an welche die Hammer der Thurmuhr schlagen, ist 2 1/2 Fuß hoch und trägt die Inschrift:

Inschrift

Auf dem Mantel steht das Wappen des Bischofs Conrad Loste: ein halber Widder mit einem Bischofsstabe im Schilde. Es soll im Südosten der Kirche früher eine große Kapelle der H. Anna gestanden haben (vgl. Mantzel Bützow. Ruhestunden).

2) Die kleinere Glocke, welche zum Klingen beim Anfange des Gottesdienstes gebraucht wird, hat die Inschrift:

Inschrift

G. C. F. Lisch.     


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Drathgitter vor gemalten Fenstern.

Es ist für die Erhaltung gemalter Fenster nothwendig, daß sie von außen durch Drathgitter geschützt werden, wenn auch die Schatten der Gitter von der Ost= und Südseite oft etwas störend wirken. Es steht aber zur Frage, aus welchem Metall die Gitter gemacht werden sollen. Eisen oxydirt zu leicht. Man

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hat in neuern Zeiten Messing angewandt; aber man hat schon jetzt die Erfahrung gemacht, daß Messing in freier Luft rasch vergeht. Es ist also von Wichtigkeit, alte Beispiele zu Rathe zu ziehen. Die Kapelle über der Sakristei (oder "Gervekammer", "capella super armario") in der St. Marienkirche zu Wismar, welche Kapelle ganz mit Figuren bemalt ist, besitzt ein noch ziemlich gut erhaltenes gemaltes Fenster aus dem 15. Jahrhundert, welches von außen durch ein Drathgitter geschützt ist, das nach 400 Jahren noch wohl erhalten und fest ist. Dieses Gitter ist von rundem Kupferdraht. Auch die Construction ist beachtenswerth. Das Gitter ist nicht in Maschen geflochten, sondern besteht aus ziemlich dicht zusammenstehenden perpendiculairen, graden Dräthen, welche in angemessenen Zwischenräumen, von etwa 1/2 Fuß, durch horizontal laufende Dräthe umwickelt und zusammengehalten sind. Dieses Gitter hat sich in jeder Hinsicht sehr gut gehalten und seinen Zweck erfüllt.

G. C. F. Lisch.     


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III. Zur Münzkunde

der neuern Zeit.


Madaille auf den Prinzen Ludwig von

Meklenburg 1535.

Der Herr Etatsrath Thomsen zu Kopenhagen hat der großherzoglichen Münzsammlung eine Bleibulle geschenkt, welche in Kopenhagen gefunden und für Meklenburg interessant ist. Die Bulle oder Medaille ist 1 1/2 Zoll im Durchmesser und, wenn auch roh, doch mit Sicherheit gearbeitet. Die Vorderseite zeigt

Medaille

das fünfschildige meklenburgische Wappen, in dem Style, wie es in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts erscheint; der ganze Styl der Arbeit weiset auf diese Zeit zurück. Auf der Rückseite stehen im Vierpaß die verschlungenen oder monogrammatisch zu Einem Zeichen zusammengesetzten Buchstaben in großer lateinischer Unzialschrift:

HML oder LHM .

Diese Buchstaben sind nach der meklenburgischen Geschichte wohl nur auf Ludwig Herzog (zu) Meklenburg zu deuten; man könnte in der Verschlingung der Buchstaben auch LH v M = Ludwig Herzog von Meklenburg lesen wollen; aber das Wort "von" ist in jenen Zeiten nicht gebräuchlich, da man damals immer die Präposition "zu" gebrauchte. Die Buchstaben sollen wohl auf den Prinzen Ludwig gehen, welcher dem Herzoge Albrecht dem Schönen während seines Aufenthalts in Kopenhagen im J. 1535 geboren ward und welcher in demselben Jahre in Kopenhagen starb. Wahrscheinlich hängt diese Bleibulle mit dem Begräbnisse dieses Prinzen zusammen, um so mehr, da sie in Kopenhagen gefunden ist.

G. C. F. Lisch.     


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IV. Zur Geschlechter= und Wappenkunde.


Ueber die Familien v. Zepelin, v. Bützow und Hoge und deren Wappen.

In den Jahrbüchern III, S. 161 - 163, ist die Familie von Bützow und deren Wappenzeichen von mir zur Untersuchung gezogen. Durch zwei alte Wappenzeichnungen des Pfarrers Heinrich Stolp zu Lübow aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts irre geleitet, habe ich in den Jahrbüchern a. a. O. Vermuthungen aufgestellt, welche sich nicht bewährt haben. Umfangreichere Studien lassen jetzt ganz klar sehen und die Forschungen geben folgende, ganz sichere Ergebnisse.

Die Familien von Bützow, von Zepelin und Hoge (nicht mit der Familie v. Hobe zu verwechseln) waren stammverwandt, weil sie dasselbe Wappen führten, und stammten sicher von demselben Stammvater. Ihr Ursprung wird in der Burg Bützow zu suchen sein, und die ersten Sitze der Familie lagen ohne Zweifel neben einander, da das Dorf Zepelin ganz nahe bei Bützow liegt. Die Familie von Bützow war eine der ältesten im Lande, da Heinrich von Bützow schon im Jahre 1179 als Lehnträger der Burg Marlow genannt wird.

Mit diesem Erwerb von Marlow scheinen die Familien in das nordöstliche Meklenburg gekommen zu sein; denn die ganze ältere Zeit hindurch erscheinen die drei Familien in der Vogtei Ribnitz, zwischen Ribnitz, Marlow und Rostock auf Lehngütern neben einander angesessen und bilden hier den größten Familienverband. Alle drei Familien, v. Bützow, v. Zepelin und Hoge, führen sicher dasselbe Wappenzeichen im Schilde, nämlich einen Eselskopf. Durch diese Entdeckung tritt eine neue Familiengruppe, welche einen großen Theil der Lehngüter der Vogtei Ribnitz inne hatte, in die Geschichte. Alle drei Familien treten auch häufig als Zeugen und als Bürgen für einander auf. Von diesen drei Familien sind die v. Bützow und Hoge ausgestorben; die Familie v. Zepelin blühet bekanntlich noch.

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Die Familie von Zepelin

blühet noch heute als eine bekannte Familie und führt bekanntlich einen Eselskopf im Schilde. Die Familie besaß im Mittelalter die Lehngüter Gutendorf, Gresenhorst, Gnewitz Bockhorst, Wilmershagen, Wulfshagen u. s. w. Im J. 1480 war Albrecht Zepelin aus Alt=Gutendorf ("Oldenchutendorp") Zeuge einer Urkunde des Curt v. Bützow.

Die Familie von Bützow

besaß als alte Lehen die Güter Poppendorf, Gresenhorst und Drüsewitz, in der Folge auch Rensow, Woltow und Selpin. Bekannt ist der Ritter Peter v. Bützow, 1370 - 1416, zur Zeit des Königs Albrecht von Schweden. Am S. Elisabeth=Tage 1370 erhält Henneke v. Bützow der Ummereisegen Güter in Schweden zum Pfande zugleich mit Peter Bützow Ritter, Curt Bützow, Heinrich und Henneke Brüdern Zepelin. Am Tage Philippi und Jacobi 1416 ist der Ritter Peter Bützow Bürge für Henning Hoge auf Fienstorf ("Sevynstorp") und führt ein ganz klares Siegel mit einem Eselskopfe im Schilde und der Umschrift: S' . P e T e R . BVTSOV . RIDD e R. Am "andern Tage nach Judica" 1465 verpfändet der Knappe Curt Bützow, zu Poppendorf wohnhaft, 8 Mk. Pacht aus Gresenhorst an das Kloster Ribnitz und führt im Siegel einen Schild mit einem Eselskopfe, mit der Inschrift; Inschrift Am Mittwochen nach Misericordia verkauft der Knappe Curt von Bützow, in Ribnitz wohnhaft, dem Kloster Ribnitz das höchste Gericht in der "Greseghenhorst", wie es der König Albrecht und der Herzog Johann seinem Großvater dem Ritter Peter Bützow und seinen Vorfahren verliehen; unter den Zeugen sind "Albrecht Tzepelin tho Oldenchutendorp und Jürges Hoghe tho Vynstorpe". Am Donnerstag nach Judica 1533 verpfändet Claus Bützow, Curt's Sohn, 4 Mk. aus Woltow an Heinrich Moltke auf Strietfeld; er führt ein Siegel mit einem Eselskopfe und der Umschrift: . . . . L A I . BVTZOVV e ; unter den Zeugen ist Heinrich Bützow auf Rensow, welcher ebenfalls ein Siegel mit einem Eselskopf im Schilde führt, mit der Umschrift: S' . [hINRI c I] . BVTZOVV e . - Die Familie v. Bützow starb im 17. Jahrhundert aus; der letzte, Georg v. Bützow, lebte noch im J. 1666.

Die Familie Hoge

besaß die Lehngüter Fienstorf und Cordeshagen, auch Lüsewitz und Tulendorf. Am Tage Philippi und Jacobi 1416 verkauft der Knappe Henning Hoge, wohnhaft zu Fienstorf ("Sevynstorp"),

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einen Hof zu Kösterbek und führt im klar ausgedrückten Siegel einen Schild mit einem Eselskopfe, mit der Umschrift: Umschrift Am Mittwoch nach Misericordia 1480 ist "Jürges Hoge to Vynstorpe" Zeuge einer Urkunde des Curt Bützow und führt ebenfalls im Schilde einen Eselskopf, mit der Umschrift: Umschrift Die letzte des Geschlechts, Anna Hoghe, starb am 10. Nov. 1576.

Es leidet also keinen Zweifel, daß diese drei Familien dasselbe Wappen führten, neben einander wohnhaft waren, in Bürgschaftsverhältnissen zu einander standen und stammverwandt waren.


Eine ganz andere Familie war

die Familie von Bössow,
auch von Bützow genannt,

deren Siegel zu meinem Irrthume in Jahrb. III, S. 163, Veranlassung gegeben hat. Eine von mir gemachte Entdeckung setzt auch diese Familie in ein ganz klares Licht. Am Montage nach Invocavit 1349 verpflichten sich zu Doberan die Knappen Burchard Berkhahn und Hermann und Heyne, Brüder, genannt von Bützowe, dem Kloster Doberan am nächsten Martini=Tage 12 Mk. rostocker Pfennige zu zahlen. An der Original=Urkunde hängt noch das deutlich ausgedrückte und gut erhaltene Siegel des Knappen Heinrich von Bützow; es hat einen Schild mit einem geschachten Andreaskreuze, mit der Umschrift: Umschrift . Nach dieser Umschrift ließ diese Familie also ursprünglich von Bossow und hat ihren Namen wahrscheinlich von dem Gute Bössow bei Grevesmühlen, da diese Familie nur in der Nähe von Wismar ansässig erscheint und auftritt. Alle bisher entdeckten Urkunden bezeugen, daß diese Familie nur auf dem Gute Grese ("Gredtze") in der Pfarre Lübow bei Wismar ansässig war. Die folgende Mittheilung eines Freundes stimmt mit dieser Entdeckung genau zusammen. Nach dieser hier folgenden Mittheilung führten die Brüder Dietrich und Claus Bützow auf Grese ein Andreaskreuz im Schilde und ein Stierkopf auf dem Helme.


Wenn eine Beschreibung des Wappens der Bützow in den Jahrbüchern, Bd. III, S. 161, von Dr. Lisch bereits gegeben ist, und zwar nach einer Handzeichnung des Pfarrers Hinrik Stolp zu Lübow, darstellend die Siegel der Gebrüder Dyderik und Clawes Butzow, so haben sich jetzt drei bützowsche Originalsiegel im wismarschen geistlichen Archive ge=

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funden, welche allerdings namhaft von jener Darstellung abweichen. Das erste findet sich an einer Urkunde, worin Dyderik Bützow zum Gretze (Grese) dem Kalande des Landes Bresen zu Wismar 4 Mark Rente aus dem Dorfe zum Gretze für 50 Mark verkauft, und welche von Marien Lichtmeß 1425 datirt ist. Das Siegel ist rund, hat 11 1/2 Lin. hamb. im Durchmesser und zeigt innerhalb der Umschrift Umschrift eine Verzierung von drei Viertelkreisen, die durch drei auswärts gerichtete, mit Blumen, welche die Wörter trennen, besetzte Spitzen verbunden sind. Der innere Raum dieser Verzierung ist gegattert, und auf demselben ein rechts gelehnter, dreieckiger Schild dargestellt, auf dem zwei Paar Parallellinien im Andreaskreuze über einander gelegt sind. Auf der obern Ecke des Schildes steht ein ungekrönter Stierkopf; ob derselbe eine ausgeschlagene Zunge hat, ist nicht zu erkennen 1 ).

Die beiden anderen finden sich an einer Urkunde, worin die Gebrüder Dyderyk und Clawes Bützow zum Gredeze dem Priester Johann van Heruerde, Vikar der Schmiede zu Wismar, 4 Mark Rente aus Lübow für 60 Mark verkaufen, datirt 1430 in den 8 Tagen Allerheiligsten. Beide haben, wahrscheinlich durch lange Verpackung, sehr gelitten. Das eine ist 10 Linien im Durchmesser, rund, und enthält - die Umschrift ist nicht mehr zu lesen - einen dreieckigen, rechts gelehnten Schild mit dem oben bereits angegebenen Bilde; auf der obern Ecke des Schildes steht, innerhalb des Umschriftrandes, ein kleiner Stierkopf. Ganz eben so ist das zweite kleinere, von 1 Zoll Durchmesser, beschaffen, nur daß der Stierkopf hier um ein weniges größer ist, als dort. Sie haben aber beide lange nicht das Verhältniß zum Schilde, wie es der Helm zu haben pflegt, während dies durchaus bei dem zuerst beschriebenen Siegel der Fall ist.

Von zwei andern, später aufgefundenen Siegeln von Dietrich und Claus Bützow hat das Siegel des letztern ein geschachtes Andreaskreuz, das Siegel des erstern aber allerdings einen queer getheilten Schild, oben mit einer Stierstirne, unten mit einem rechtwinkligen Schach, wie H. Stolp es beschreibt. Die Mutter dieses Dietrich Bützow war Anneke Preen.

C. D. W.     



1) An derselben Urkunde findet sich noch ein anderes seltenes Siegel, welches zu derselben Kategorie gehört. Größe: 1 Zoll. Form: rund. Umschrift: Umschrift Inhalt: aufrecht stehender, dreieckiger, senkrecht getheilter Schild. Rechte Hälfte: queer getheilt und die untere Hälfte schraffiert. Linke Hälfte: halber gekrönter Stierkopf, anscheinend mit Halsfell. Eigner: Eggert Reschinkel von Wakendorp.
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Aus dieser zuverlässigen Beschreibung geht klar hervor, daß die von dem Pfarrer Stolp zu Lübow hinterlassenen, in Jahrb. III, S. 163, beschriebenen Zeichnungen der Siegel des Dietrich und des Claus Bützow dieselben sind, welche in der vorstehenden Mittheilung beschrieben werden, - daß aber Heinrich Stolp keinen Begriff von Siegelkunde gehabt hat, indem er die Helmzierde als einen Haupttheil des Schildes in diesen hineingezeichnet und das Schildzeichen nur halb erkannt hat. Das großherzogliche Archiv bewahrt noch eine Urkunde, durch welche "Merten Butzow knape wonaftich tome Gretze" am Dienstage nach Allerheiligen 1410 dem Pfarrer Johann Cletzecke zu Gaarz 10 lüb. Mark Renten aus seinem Gute Gretze verpfändet. Wann diese Familie ausgestorben sei, ist nicht bekannt.

G. C. F. Lisch.     


Epitaphium in der Kirche zu Gressow,

mitgetheilt

von Hern Haupt zu Tressow .

Curt v. Plesse 1623.       Der v. Wenckstern.
Reimer v. Plessen. Wenckstern.

Tausend vierhūdert 90 neū
man schreib als Rēier Pless ich mei
geborn ist lebte auch wie wahr
christlich sieben und achzig jahr
Behrendt sein bruder mit bar gelt
Damshagen undt Grūdshagē zalt
brüderlich sich verglichen han
dass Rēier pless nam Tressow an
nicht Ehelich ward doch keusch er lebt
adlich nach Er undt ruh er strebt
im glauben fest an Jesum Christ
zu Tressow Er gestorben ist
undt ist allhie begraben auch
löblich nach adlichē braug

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nach seinem todt Curdt Behrendts sohn
erna n mit Querstrich tes gutt Erblich gewa n mit Querstrich
der mit Elisabeth sperlig
solch gutt vermacht zū leibgeding


sibsig drei das alter sein
als er tausend sechs hundert ēi
mit todt abgink undt adlich zwar
zum Damshagē begrabē war
von der zeit ich mit sorg undt mühe
das gutt Tressow besitzen thue
ich dank dyr hertzen Jesu Christ
weill du der witwen richter bist
bey güst undt guttē nahmē mich
beschützet hast so väterlich
dēi reich dēi macht dēi herrlichkeit
ich preisē will in Ewigkeit
dis Epitaphiū ich zwar
da ich war 8 undt 40 Jahr
dē Edlē Reymer Plessē weiss
zu ehrē ich nach setzen liess
im jahr da man schreib auch hiebey
Tausend sechs hundert zwanzig drey.


Inschrift auf dem tressower Kirchenstuhl in der Kirche zu Gressow.


Anno 1626 hatt Die w. k. t. Fraw Elisabett Sperlings Diesen Stuel Erbaun lassen.

Curdt von Plessens            Clauss v. pecatell
aff Damess- Grund- F. Meck- Oberster
eshagen und Tress- weilandt auff Gro-
ow weilandt Erb- sen vilem Erbsessen Sehliger.
sessen Sehliger.
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Elisabett Sperlings
dieser beider Gottseliger
menner hinder-
lassene witwe.

(Vgl. Jahrb. XVI, S. 65 flgd.)

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Stierköpfe auf einem Thürgriffe in der Petrikirche zu Lübek.

In der Petrikirche zu Lübek ist an der Thür einer Kapelle ein alter Griff von Messing, der einen Thierkopf darstellt, in dessen Maule ein Ring hängt; um den Kopf ist Laubwerk, in welchem 4 Schilde mit einem vorwärts gekehrten Stierkopfe liegen. Der Stierkopf hat die alte Form, ein geschlossenes Maul und kurze Hörner; nach der strengen Form des Schildes möchte die Arbeit aus dem Ende des 13. oder dem Anfange des 14. Jahrhunderts stammen.

G. C. F. Lisch.     

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Siegel der S. Johannisgilde zu Bützow
und
die Todtengilden daselbst.

Der Herr Fr. Seidel sandte dem Vereine einen Abdruck des Siegels der ehemaligen S. Johannisgilde zu Bützow, welches bei der Schützenzunft zu Bützow aufbewahrt wird. Das runde Siegel, 1 1/2 Zoll im Durchmesser, stellt im Siegelfelde die Taufe Christi dar: Christus, über welchem die Taube schwebt, steht mit gefaltenen Händen im Jordan, und vor ihm knieet Johannes d. T. und hält die rechte Hand über Christum; hinter Johannes steht ein Rosenstock; die Figur des Täufers ist viel größer, als die Figur Christi; die Umschrift lautet:

S: IOHANNES . GILDE . SIGEL . IN . BVTZOW.

Es ist die Ansicht, als wenn die jetzige Schützengilde aus der S. Johannisgilde hervorgegangen sei; dies ist aber nicht richtig.

Es gab in Bützow mehrere alte Verbindungen oder Gilden, welche alle die Bestattung der Todten zum Zweck hatten.

Die erste Gilde war die S. Johannisgilde. Sie war die älteste und, wie die Drei und Dreißiger Gilde zu Parchim, während der Zeit des schwarzen Todes in der Mitte des 14. Jahrhunderts gestiftet. Im J. 1651 berichten die bützowschen Gilden, daß "vor drei hundert Jahren bei grassirender

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Pestseuche von den Bürgern, um ihre Todten ehrlicher Weise zur Erde zu bestatten, gewisse Gilden gestiftet" seien, namentlich die S. Johannisgilde.

Eine zweite Gilde zum gleichen Zwecke war die S. Martinsgilde. Diese war auch alt. Im J. 1497, unter dem Bischofe Conrad Loste, wurden, "um Bestand und Verbesserung willen der Gilde", ihre Satzungen niedergeschrieben; die Urkunde hat Mantzel in den Bützow. Ruhestunden, XXV, S. 10 flgd., abdrucken lassen.

Eine dritte Gilde war die Heilige Geist=Brüderschaft, Boldeck= (d. i. Leichlaken=) Brüderschaft genannt, welche schon im 16. Jahrhundert unterging.

Die Schützengilde existirte schon im ersten Viertheil des 17. Jahrhunderts und hatte auch eine Todtenlade.

Von diesen Gilden ging die Heil. Geist=Brüderschaft zuerst ein, indem sie sich schon im J. 1568 in die S. Martinsgilde eingekauft hatte, weil sie schwach ward.

Die S. Johannisgilde bestand noch im J. 1651; dieselbe ist in der Schützenzunft untergegangen. Im J. 1742 war außer der Schützenzunft und der S. Martinsgilde keine andere Todtenbeliebung in Bützow mehr vorhanden.

Die S. Martinsgilde hat sich am längsten gehalten. Im J. 1742 bestand sie, welche die Heil. Geist=Gilde in sich aufgenommen hatte, von allen alten Gilden allein neben der Schützengilde, mit welcher sich die S. Johannisgilde vereinigt hatte. Vom 18. August 1746 ist noch eine Bestätigung eines Vergleiches vorhanden (vgl. Mantzel a. a. O., S. 14).

G. C. F. Lisch.     

Siegel des Gerhard von Brüsewitz

aus dem 15. Jahrhundert; vgl. oben S. 297.

Siegel des Amtes Bützow

aus dem 17. Jahrhundert; vgl. oben S. 296.


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V. Zur Schriftenkunde.


Diplomatarium Ribenitzense.

Der Herr C. D. W. schenkte dem Vereine eine sorgfältige Abschrift von einem in Privathänden in Wismar befindlichen, unvollständigen Diplomatarium des Klosters Ribnitz. Das Diplomatarium, auf Papier, ist der Hauptmasse nach im Anfange des 15. Jahrhunderts geschrieben und hat 45 Folien enthalten; es enthält noch 28 Urkunden und das Register.

Chronik des Klosters Ribnitz.

Der Herr C. D. W. schenkte dem Vereine eine Abschrift von chronistischen Aufzeichnungen des Klosters Ribnitz, 1563 - 1578, welches in dem Diplomatarium des Klosters Ribnitz enthalten ist.

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VI. Zur Naturkunde.


Rennthiergeweih von Bützow.

Im Sommer 1853 ward beim Bau der Chaussee von Bützow nach Cröpelin zwischen Bützow und Dreibergen bei der sogenannten Schlenterkrugs=Brücke, welche erweitert werden mußte, die Schaufel eines Geweihes ausgegraben, welches von Kundigen als die Schaufel von einem Rennthiergeweih erkannt ward. Nach allen Zeichen kann es nur ein Rennthiergeweih sein; so viel ist gewiß, daß es nicht einer Hirschart, namentlich nicht einem Dammhirsche, auch nicht einem Elen angehört. Der Herr Friedrich Seidel zu Bützow erwarb diese Seltenheit und schenkte sie der Sammlung des Vereins.

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