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Inhalt:

B.

Jahrbücher

für

Alterthumskunde

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I. Zur Alterthumskunde

im engeren Sinne.


1. Vorchristliche Zeit.

a. Zeit der Hünengräber.


Alte Begräbnißplätze von Dreveskirchen.

Nachtrag zu Jahrb. XVII, S. 368 flgd.

Die interessante Vertheilung der Alterthümer auf der Feldmark Dreveskirchen bei Wismar, welche in den Jahrb. a. a. O. geschildert ist, läßt sich durch die Bemühungen und Entdeckungen des Herrn Koch auf Dreveskirchen noch weiter führen, indem auch noch eine Wohnstätte aus der Steinperiode entdeckt ist.

1. Alterthümer aus der Steinzeit.

Auf dem Felde von Dreveskirchen dehnt sich in südwestlicher Richtung von dem Hofe, nach Dahmkow hin, eine kleine Hügelreihe aus, nicht weit, ungefähr 1500 Schritte, vom Gestade der Ostsee entfernt; das Ackerstück heißt der Klingenberg.

Beim Drainiren des Feldes fand nun Herr Koch, ungefähr in der Mitte zwischen Dreveskirchen und Dahmkow, die Scherben eines sehr grobkörnigen thönernen Gefäßes von birnenförmiger Gestalt, im Aeußern sehr rauh und auf dem Bauchrande noch nicht mit geschlämmtem Thon überzogen, nach den Schwingungen der Linien und den stark hervorragenden, ausgeschnittenen Knoten oder Buckeln, welche auf dem Bauchrande unter dem Halse umher stehen, der Steinperiode angehörend.

Auf derselben Hügelkette, mehr nördlich, fand Herr Koch beim Drainiren wieder Scherben eines thönernen Gefäßes und hart gedörrte, gerade geformte Lehmklumpen, mit Asche und Kohlenstaub vermengt, wie Stücke von menschlichen Wohnungen, der Thonbekleidung der "Klemstaken" ähnlich, jedoch ohne Stroheindrücke.

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Auffallend ist es, daß an beiden Stellen die Ueberreste des Alterthums fast 4 Fuß tief in nassem Lehm gefunden wurden, während doch die alten Gräber immer auf der Erdoberfläche aufgeschüttet wurden. Ohne Zweifel sind dies nicht Ueberreste von Gräbern, sondern Ueberreste von menschlichen Wohnungen aus der Steinperiode, verschüttete Höhlen oder Gruben, aus deren Anlage sich wohl schließen lassen dürfte, daß zur Steinzeit die Wohnungen der Menschen zum Theile aus Höhlen bestanden, über denen vielleicht ein Dach errichtet war. Auch scheinen hiefür die gefundenen Ueberreste der Gefäße zu sprechen, welche einen andern Charakter haben, als die Grabgefäße.

Daß diese Gegend zur Steinzeit bewohnt war, dafür redet der Umstand, daß von dem Herrn Koch auf derselben Hügelkette mehrere Steinalterthümer gefunden sind, welche derselbe dem Vereine zum Geschenke übersandt hat, nämlich:

1) ein Keil aus dunkelgrauem Feuerstein,

2) ein Keil aus weißem Feuerstein,

beide 4 1/2" lang und an der Schneide und an den Kanten vielfach ausgebrochen, gefunden auf derselben Hügelkette, mehr nördlich von den Ueberresten der Wohnstätten;

3) ein roh zugehauener Feuersteinblock zu einem Dolche, gegen 9" lang und 4" breit in der Mitte, mit sehr fester Hand in regelmäßigen Umrissen bearbeitet, ein schönes, seltenes Stück, gefunden ebendaselbst;

4) ein roh zugehauener Feuersteinblock zu einer Lanzenspitze, etwas roher zugehauen, als der so eben erwähnte, gegen 7" lang und 3" breit in der Mitte, gefunden ebendaselbst;

5) ein dicker Feuersteinspan, 4" lang, an den Kanten überall und viel ausgebrochen und offenbar gebraucht, gefunden ebendaselbst.

Früher sind dort schon Alterthümer gefunden, namentlich

ein schöner Schleifstein aus sogenanntem "alten rothen Sandstein" zum Schleifen der Feuersteingeräthe (vgl. Jahrb. XVII, S. 365), so wie

mehrere Keile und

viele Feuersteinspäne (vgl. Jahrb. XVIII, S. 231).

Auch eine Streitaxt, aus einem Bruchstücke einer größern gemacht, ward zu Dreveskirchen gefunden (vgl. Jabrb. daselbst S. 238).

2. Alterthümer aus der Bronzezeit.

Der (germanische) Begräbnißplatz auf der Höhe des Berges südlich von den Tagelöhnerwohnungen in den Tannen hat mehrere

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Kegelgräber aus der Bronzezeit (vgl. Jahrb. a. a. O. S. 368). Der Herr Koch deckte im J. 1853 wieder eines dieser Gräber auf. Das Grab lag ungefähr 600 Schritte von der Kirche. In demselben war eine länglich runde Steinkiste von ungefähr 1' 9" Länge und 1' Weite und Höhe. In der Steinkiste fanden sich keine Spuren von Urnen und Scherben, jedoch die zerbrannten Knochen eines menschlichen Gerippes, dessen Schädelbeine nicht sehr dick sind.

Außerdem lagen in der Kiste einige interessante Alterthümer aus Bronze:

1) ein Schwert mit Griffzunge, mit edlem Roste bedeckt, im Ganzen 2 1/2' lang, in der Klinge 2' 2 1/2", in dem Griffe 3 1/2" lang; die Klinge ist in 4 Stücke zerbrochen und hat in diesen Stücken oxydirte Bruchenden; die äußerste Spitze, welche nach dem oxydirten Bruchende beim Einlegen abgebrochen war, fehlt. Die Griffzunge hat 4 Nietlöcher in der Mitte, und 4 Nietlöcher sind oben in der Klinge; es wurden auch noch 4 Niete aufgefunden, von denen 3 längere wohl zum Griffe, das 4te kürzere wohl zur Klinge gehört haben. Neben dem Schwerte fanden sich viele, vom Oxyd grün gefärbte Holzstückchen, welche ohne Zweifel die Bekleidung der Griffzunge gebildet haben.

Ferner fand sich:

2) eine Heftel mit zwei Spiralplatten, zerbrochen, sehr klein, gegen 3" lang.

3. Wendischer Wohnort.

In dem Raume zwischen den Katenwohnungen und den Hofgebäuden, unterhalb der wendischen Begräbnißstätte, wurden ungefähr 1 1/2' tief unter der Oberfläche mehrere alterthümliche Ueberreste gefunden: viele schwarz gebrannte kleine Steine, Gefäßscherben und Thierknochen. Nach den Gefäßscherben gehören diese Reste ohne Zweifel der wendischen Zeit und einem Wohnorte an.

G. C. F. Lisch.     

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Streitaxt aus Hirschhorn von Plenin.

Im Sommer 1853 ward zu Plenin, in Pommern an der Reknitz, Marlow gegenüber, im Torfmoore beim Torfstechen eine Streitaxt aus dem untern Ende eines Hirschhorns gefunden und dem Vereine von dem Herrn Dr. Hüen zu Marlow geschenkt, welcher sie von dem Herrn von Hertell auf Plenin

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Zum Geschenke erhalten hatte. Die Art hat ein viereckiges Schaftloch und ist nur kurz, 5 1/2" lang, dem Anscheine nach in alter Zeit an der Spitze abgebrochen und neu wieder geschärft.

G. C. F. Lisch.     

Ein Feuersteindolch

von grauem Feuerstein, 9 " lang, von seltener Größe, gefunden zwischen Schwerin und Wismar in einer Mergelgrube, geschenkt von dem Herrn Seifensieder Brunnengräber zu Schwerin.

Dolch von Gr. Roge.

Zu Gr. Roge bei Teterow ward in einem Moore ein Dolch aus Feuerstein, 8" lang, mit viereckigem Griffe gefunden und von dem Herrn Ingenieur C. Beyer dem Vereine geschenkt. Die ganze Oberfläche des Dolches hat eine weiße Farbe, wie häufig die Feuersteingeräthe, welche lange im Wasser gelegen haben.

Lanzenspitze von Cambs.

Im Spätsommer 1850 wurden auf der Feldmark des Hofes Cambs, D. A. Schwaan, beim Steinbrechen, also wahrscheinlich in einem Grabe, zwei schön gearbeitete Lanzenspitzen aus grauem Feuerstein, jede 7" lang und 2" und 1 1/4" breit, gefunden und von dem Herrn Bürgermeister Daniel zu Schwaan erworben und dem Vereine geschenkt.

Lanzenspitze von Kaninchenwerder

bei Schwerin, aus grauem Feuerstein, 5" lang, erst roh zugehauen, gefunden und geschenkt von dem Herrn Hofschlosser Duve zu Schwerin. Vgl. Jahr. XVIII, S. 229.

Roher Feuersteinblock von Doberan,

offensichtlich zu einem Keil bestimmt, erst an den beiden Seiten zugehauen, gefunden zu Doberan, geschenkt von dem Herrn Gastwirth Glöde zu Doberan.

Keil von Mittel=Wendorf,

aus bräunlichem Feuerstein, gefunden zu Mittel=Wendorf bei Wismar, geschenkt von dem Herrn Haupt zu Tressow.

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Keil von Miekenhagen,

aus Feuerstein, 4" lang, überall roh zugehauen und nirgends geschliffen, geschenkt von dem Herrn Pastor V ortisch zu Satow.

Keil von Lieps

bei Wismar, einer Sandbank vor dem Hafen, bei der Insel Pöl, wo schon öfter Alterthümer gefunden sind, ward 1853 gefunden und aus Privathänden durch den Herrn Architekten Stern zu Schwerin erworben und dem Vereine geschenkt. Der Keil ist überall erst roh, jedoch sehr regelmäßig zugehauen und noch nirgends geschliffen.

Keil von Alt=Gaarz.

Der große, 10" lange Keil aus Feuerstein, welcher in Jahrb. XVIII, S. 233, als zu Miekenhagen gefunden aufgeführt ist, ist, nach der Mittheilung des Herrn Pastors Vortisch zu Satow, nicht hier, sondern zu Alt=Gaarz am "Schmiedeberge" unmittelbar am Meeresufer von dem dortigen Tischler Michels gefunden und durch den Herrn Pastor Vortisch früher in die Sammlung des Herrn Torgeler gekommen.

Keil von Penzin.

Ein Keil aus grauem Thonstein, klein, breit und flach, gegen 4" lang, mit abgerundeter Bahn, überall geschliffen, von der Form der Keile aus Hornblende, gefunden zu Penzin bei Bützow an einem Hügel, welcher der Hopfenberg heißt und Wahrscheinlich ein Kegelgrab ist, nahe an der Chaussee von Bützow nach Cröpelin, und geschenkt von dem Herrn Fr. Seidel zu Bützow.

Schmalmeißel aus Feuerstein.

Der Herr Dr. Gertz zu Wismar schenkte dem Vereine einen in der Gegend von Wismar gefundenen, 7" langen Schmalmeißel aus Feuerstein, welcher nur an der Schneide angeschliffen, sonst aber nur zugehauen ist und am obern Ende die ursprüngliche Oberfläche des Feuersteins zeigt.

Schmalmeißel aus Feuerstein,

Bruchstück, gefunden zu Berenshagen, geschenkt von dem Herrn Pastor Vortisch zu Satow.

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Pfeilspitze von Miekenhagen.

Zu Miekenhagen bei Cröpelin ward eine sauber und regelmäßig geschlagene Pfeilspitze von hellgrauem Feuerstein, 3 1/2" lang, mit einer Spitze von 2 1/2" Länge und einer Schaftzunge von 1" Länge, 1 1/2" breit in der größten Ausbreitung, die größte bisher in Meklenburg beobachtete Pfeilspitze, gefunden und von dem Herrn Pastor Vortisch zu Satow dem Vereine geschenkt.

Pfeilspitzen von Bützow.

Zwei kleine Pfeilspitzen aus Feuerstein, ungefähr 1" lang, auf dem Mahnkenberge bei Bützow (Jahrb. IX, S. 405) gefunden und geschenkt von dem Herrn Fr. Seidel zu Bützow.

Zwei Feuersteinsplitter,

zu Lanzen= oder Pfeilspitzen gebraucht, gefunden zu Kölpin bei Crivitz.

Einen Feuersteinspan,

gefunden auf der Feldmark Klink bei Waren, schenkte der Herr Dr. Kortüm zu Schwerin.


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Steinmörser von Roxin.

Zu Roxin bei Grevismühlen ward vor vielen Jahren ein vollständiger Mörser aus Stein ausgegraben und im J. 1853 durch die Bemühungen des Herrn Pächters Haupt zu Tressow dem Vereine zugewandt. Die Beschaffenheit dieses Exemplars führt die Untersuchungen über diese Art von Geräthen dem Ende zu, während die frühern Funde Zeit und Bestimmung zweifelhaft ließen. Wie alle früher gefundenen ähnlichen Geräthe, besteht der Mörser von Roxin aus Lava oder einem grauen vulkanischen Gesteine von der Art der rheinischen Mühlsteine. Er besteht aus einem Block, welcher in der Basis ein regelmäßiges Quadrat von 4 1/2" bildet und eine Höhe von 6" hat; die vier Ecken sind regelmäßig bis auf die Basis gegen 1 3/4" breit abgefaset, so daß das Ganze ein regelmäßiges Achteck bildet, welches auf einer viereckigen Basis steht und das Ansehen eines Pfeilers hat. Diese ausgebildete architektonische Form, die

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geometrische Führung der Linien und die regelmäßige Ausbildung der Flächen spricht dafür, daß das Werkzeug eine Arbeit des Mittelalters sei. Daß das pyramidalisch ausgehöhlte Geräth eine Arbeit des Mittelalters sei, beweisen auch die zwei Keulen, welche dabei gefunden sind; die eine Keule ist offenbar ursprünglich zu dem Gefäße gemacht, da der 3" hohe und 2 1/2" lange Griff ebenfalls ein regelmäßiges Achteck bildet; die andere, etwas roher gearbeitete Keule hat einen hammerähnlichen, platten, viereckigen Griff.

Dieses Geräth ist also ohne Zweifel ein Mörser, und manche andere ähnliche Geräthe sind wohl ebenfalls Mörser. Dagegen dürften andere, wenn auch ähnliche Geräthe, welche eine vollkommen cylindrische Höhlung haben, vielleicht zu Thürsteinen gedient haben, in denen die Pfosten der Thüren standen und sich bewegten. Noch andere Geräthe dieser Art mögen zu Gefäßen gedient haben.

G. C. F. Lisch.     

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Thürstein
oder
Gefäß aus schwarzem Basalt.

Zu Satow bei Cröpelin ward 1851 ein merkwürdiger Stein gefunden und von dem Herrn Pastor Vortisch dem Vereine geschenkt. Derselbe bildet einen regelmäßig bearbeiteten Cylinder aus porösem, schwarzen, vulkanischen Gestein, von der Art der rheinischen Mühlsteine, von 3" Höhe und gegen 4" im Durchmesser, ein wenig zugespitzt, mit einer ganz regelmäßig und glatt ausgeschliffenen cylindrischen Höhlung von 2" Tiefe und 2" Durchmesser. Das Ganze sieht aus wie ein Gefäß, ist aber wahrscheinlich ein Thürstein oder eine Thürangel, vielleicht aus der Zeit des Mittelalters, indem man zur Ersparung des Eisens einen Pfosten, an welchem die Thür hing, unten in den Lochstein stellte und oben durch ein Band aufrecht hielt.

Der Stein gleicht dem bei Niendorf gefundenen (Jahresbericht VI, S. 33), welcher vielleicht auch ein Thürstein und kein Gefäß ist.

G. C. F. Lisch.     

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Mühlstein von Brüel.

Die obere Hälfte eines Handmühlsteins aus sehr grobkörnigem weißlichen Granit, gefunden zu Brüel, schenkte der Herr Senator Schröder daselbst. Der Stein ist von gewöhnlicher Größe, 2 1/2 Fuß im Durchmesser; die untere Fläche und das

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Loch, welches 3 Zoll weit ist, sind sehr abgerieben, so daß es keinem Zweifel unterworfen ist, daß dieser Stein zum Mühlstein gebraucht ward.

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Hannoversche Steinalterthümer.

Von dem historischen Vereine für Niedersachsen zu Hannover sind dem Vereine folgende Gypsabgüsse der "merkwürdigsten, in andern deutschen und nordischen Sammlungen von heidnischen Alterthümern sich nicht findenden Gegenstände" zum Austausche gegen ähnliche übersandt worden:

1 Doppelhammer von körnigem Grünstein, gefunden bei Buxtehude im Bremenschen (Gewicht 27 Loth);

1 großes, langes, viereckiges, an dem einen Ende schräge zugehauenes Instrument (Pflugschaar?) von kalkigem Grünsteinschiefer, gefunden bei Stellichte im Hoyaschen (Gewicht 8 Pfund);

1 großes, rundes, zugespitztes, an dem dicken Ende queer durchbohrtes Instrument (Pflugschaar oder sogen. Haken?), unbekannten Fundortes (Gewicht 9 1/2 Pfund);

1 breites, plattes, meißelförmiges Instrument (großer Keil?) von einer Thon= und Kieselschiefer=Formation, unbekannten Fundortes (Gewicht 1 1/2 Pfund), im Besitze des Herrn Bibliothekars Dr. Schönemann zu Wolfenbüttel.


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b. Zeit der Kegelgräber.


Kegelgrab von Schwaan Nr. 1.

Mit einer Steindrucktafel.

Auf hiesiger Stadtfeldmark, links von der Warnow, liegen zwischen Wiesen, Mooren und in der Nähe zahlreicher Wassersölle, so wie auf einem, in älteren Zeiten bewaldet gewesenen, ziemlich coupirten Terrain, zwei bedeutende Kegelgräber, das eine rechts des neuhöfer Baches, der sogenannte Rauhe Berg, das andere an dessen linker Seite, der Herrberg, beide auf Erhöhungen des natürlichen Bodens. Letzteres, 86 laufende Ruthen von der Grenze des Domanialhofes Bröbberow entfernt, ist kurz vor Weihnacht vorigen Jahres von dem Eigenthümer des Ackers in Angriff genommen, um mit dem lehmigen Abtrage einige Niederungen zu verbessern.

Am 3. v. M. begab ich 1 ) mich, in Begleitung des Advocaten Hansen, durch welchen ich erfahren hatte, es sei in dem "Herrberge" neben einem menschlichen Gerippe ein kupfernes Schwert gefunden, an Ort und Stelle, erhielt von den beschäftigten Arbeitern die noch vorhandenen Reste der gefundenen menschlichen Gebeine und am Abende desselben Tages auch die bis auf die Spitze vorhandenen Theile eines BronzeSchwertes.

Die Besichtigung des Grabhügels ließ denselben, schon seinem Aeußeren nach, als ein bedeutendes Kegelgrab ohne äußerlich sichtbare Steinsetzung erkennen, und fand ich an der östlichen Seite eine bereits so weit vorgeschrittene Abgrabung, daß nur noch ein Theil eines früheren Gewölbes von gewöhnlichen Feldsteinen in dem Erdauftrage stehen geblieben war. Diese Erscheinung bestätigte den äußeren Charakter des Hügels.

Es ward nun eine möglichst genaue Untersuchung und Vermessung aller erkennbaren und zur Zeit noch vorhandenen ursprünglichen Theile des Grabhügels vorgenommen, solche späterhin von dem Herrn Kammer=Ingenieur Krüger 2 ) rectificirt, und auf diesem Wege folgendes sichere Resultat erlangt.


1) Der Herr Burgemeister Daniel zu Schwaan hat nicht allein alle mit der Aufgrabung und Beschreibung verknüpfte Mühe, sondern auch die durch die Bergung und Versendung entstandenen Kosten als Gescheuk für den Verein getragen. - D. Red.
2) Dem Herrn Kammer=Ingenieur Krüger und dessen Gehülfen, Herrn Quistorp, verdankt der Verein einen Situations=Plan der Umgebung des Grabes, eine äußere Ansicht des Grabes, zwei Durchschnitte der Aufgrabung, so wie eine Zeichnung des Schwertes. Vgl. die beigegebene Steindrucktafel. - D. Red.
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I. Aeußere Erscheinungen.

Der erkennbare ursprüngliche Durchmesser des Grabes hat an der Sohle von Nordost nach Südwest 73 Fuß 1 ) und von Südost nach Nordwest 57 Fuß Länge betragen, während die Axenhöhe zu 14 Fuß ermittelt ist; der Hügel dacht nach allen Seiten hin in einem Winkel von 50 Graden ab.

Der Erdauftrag scheint, nach den unvollständig hervortretenden Dossirungen zu schließen, schon früher an den beiden Langseiten angegriffen zu sein, vorzüglich an der Nordwestseite, so daß seine Basis sich gegenwärtig einem länglichten Vierecke nähert.

Die Axe, noch vorhanden, liegt gerade in der Mitte des ovalen Erdkegels.

Die Erdmasse ist durch die gegenwärtige Abgrabung an der nordöstlichen Seite auf eine Strecke von 33 Fuß bereits weggeräumt und der Urboden bloßgelegt, in der Art, daß sich der Einschnitt von der Süd= und von der Westseite der Axe in einem Bogen bis auf vier Fuß nähert.

Die bloßgelegte Wand des aufgetragenen Hügels zeigt zwei verschiedene Erdschichten. Die auf dem Urboden ruhende Schicht hat eine Axenhöhe von 9', die hierauf folgende Schicht eine erkennbare Höhe von 4 bis 5 Fuß. Letztere deckt den offensichtlich älteren Kegel concentrisch. Erstere besteht aus schwerer, fester, lehmiger Erde und nähert sich der Beschaffenheit des Urbodens; der zweite Auftrag ist dagegen bedeutend leichter und sandiger. Zwischen beiden Erdarten zieht sich ein ununterbrochener, 6 bis 8 Zoll starker Streifen schwärzlichen Humus haltender sandiger Erde, als sei der erste Erdkegel, nachdem eine langjährige Vegetation darauf gewechselt, in späterer Zeit zu anderen Zwecken mit dem leichteren Material um die angegebene Dicke erhöhet.

In der unteren Schicht finden sich hin und wieder, jedoch sehr sparsam kleine Kohlenstücke, keines die Größe eines Kubikzolles erreichend, eingesprengt, sonst nichts Auffallendes und Fremdartiges, hin und wieder auch einige Feuersteine in ihrer natürlichen Beschaffenheit, während Granitsteine jeder Art fehlen.

Die Decke des Gesammthügels * ) besteht größtentheils aus Haidekraut und den entsprechenden Gräsern, enthält indeß an


1) Alle in diesem Berichte nach Fußen angegebenen Längen sind mit der zehntheiligen Ruthe gemessen, zum Zollmaße ist dagegen der Hamburger Fuß gewählt.
*) Im Juni 1853 besah ich mit dem Herrn Burgemeister Daniel persönlich das Grab, welches zu den bedeutendsten Kegelgräbern des Landes gehört. Die Basis des ganzen, jetzt zum Theil abgetragenen Grabes bildet ein Oblongum, welches ohne Zweifel durch zwei oder mehrere an einander gelehnte (  ...  )
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der westlichen Abdachung einiges Dorngestrüppe. Reste von Baumwurzeln konnten in der Hügelmasse nirgends gefunden werden.

II. Inhalt des Herrberges.

In dem Innern des Hügels fanden sich bei der ersten Ankunft des Referenten am 3. Januar d. J. die Reste eines Steinkegels, anscheinend der dritte Theil eines früheren Gewölbes, während die Arbeiter noch mit dem Fortschaffen der gewonnenen Feldsteine (nach der Beendigung der Arbeit im Ganzen 5 vierspännige Fuder) und der abgegrabenen Erde beschäftigt waren.

Hier ergab nun die genaue Untersuchung Folgendes. Der bei der ersten Ankunft des Referenten noch stehende bogenförmige Abschnitt des Steinkegels zeigte eine kraterförmige Einsenkung, etwas nach der westlichen Seite der Steinsetzung, und maß an der höchsten Stelle ungefähr 5 Fuß vom Urboden. Diese Einsenkung ist ohne Zweifel dadurch entstanden, daß durch die darunter liegende Leichenverwesung die Steine hinuntergeschossen sind. - Die Länge des Bogenschnittes betrug auf der Sohle, von Südost nach Nordwest, 11 bis 12 Fuß, während die Abdachung des Steinkegels von Osten nach Westen mittelst einer etwanigen Messung nicht mehr sicher zu stellen war. Jedes Bindemittel fehlte, so daß die Steine nur auf und über einander gelegt waren. Nach dem ganzen Bogenschnitte mag übrigens die Axenhöhe wohl 6 Fuß betragen haben.

Der ganze Steinkegel hat auf einem damals noch vorhandenen, kunstlos gelegten Steindamme von ovaler Form geruhet. Dieser maß von Südost nach Nordwest 16 Fuß und von Nordost nach Südwest ungefähr 11 Fuß, durchschnitt also mit seiner Längenaxe die Längenaxe des Erdhügels.

Der Steinkegel lag auf der östlichen Seite des Steindammes, von Osten 19 Fuß, von Süden 17 Fuß, von Westen


(  ...  ) Begräbnisse gebildet ist. Der größere Theil des Grabes, welcher jetzt noch steht, bildete das ursprüngliche, erste Begräbniß, in dessen Mitte wahrscheinlich auch noch Alterthümer liegen werden. Wie Herr Daniel scharfsinnig bemerkt, ist die Abdachung dieses ersten Grabes noch klar an der Erdart zu erkennen. - An dieses Grab ward mit der Zeit ein zweites Begräbniß angelehnt, Wodurch die oblonge Form gebildet ward, und mit jenem unter Eine Rasendecke gebracht. Der Theil, welcher jetzt abgetragen ist, bildete grade das zweite, jüngere, wenn auch sehr alte Begräbniß, in welchem die gefundenen Alterthümer ungefähr in der Mitte lagen; die Richtung der Lage der Alterthümer dieses Theiles des Grabes streicht von Ost=Süd=Ost nach Nord=West=Nord. Zuversichtlich ist dieses jüngere Begräbniß vollständig abgetragen. - Da die Abtragung des ganzen Grabes noch ungewiß ist, so erscheint hier jetzt schon der Bericht der ersten Abgrabung, welche in sich vollständig ist.          G. C. F. Lisch.
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35 Fuß und von Norden 19 puß bis zum äußersten Rande des Erdkegels, so wie von der Höhenaxe desselben 10 bis 11 Fuß entfernt.

Kein einziger der vorgefundenen Feldsteine (erratischer, abgeschlissener Blöcke) war so groß, daß er nicht ohne Hülfsmittel von einem kräftigen Manne hätte fortbewegt werden können.

Ungefähr 9 Fuß von der nordwestlichen Spitze des beschriebenen Steinpflasters entfernt lag ein unregelmäßiger Haufen ähnlicher Feldsteine, theilweise noch in der Erdmasse des ältesten Hügels verpackt, woran jedoch irgend eine Form nicht zu erkennen war. Diese Steinanhäufung vor dem Begräbnisse unter dem Steinkegel deutet auf einen Altar, wie er in dem Grabe von Peccatel gefunden ward; vgl. Jahrb. XI, S. 369 und Lithographie daselbst. Die mit Behutsamkeit deshalb vernommenen Arbeiter versicherten, daß sie bei Entblößung dieses Steinhaufens daran etwas Regelmäßiges überall nicht hätten finden können.

Gleichzeitig überlieferten diese Leute die einige Tage früher gefundenen, gesammelten und von ihnen sorgfältig mit Rasen bedeckten

Reste eines menschlichen Gerippes.

Dieselben bestehen aus der Schädeldecke, anderen Theilen des Kopfes, dem Unterkiefer, einem Theile des Oberkiefers mit verschiedenen Zähnen, den Schenkelknochen, Armenröhren, der Hälfte des Beckens, nebst anderen Knochenfragmenten und einem grün gefärbten Röhrenstückchen. - Nach dem Vorhandenen darf man hoffen, daß ein erfahrener Osteologe im Stande sein werde, ein lebendes Bild des in dem Hügel beigesetzten Leichnams zu liefern. Der Schädel hat eine regelmäßige, kaukasische Form, jedoch nichts Ausgezeichnetes; die Zähne sind alle gesund.

Nach Angabe der dem Unterzeichneten als verständige Männer bekannten Arbeiter hat das Gerippe mit dem Kopfe nach Südost und mit den Füßen nach Nordwest, in langgestreckter Lage, unter den eingesunkenen Steinen des Gewölbes, gerade auf der Mitte des Steindammes gelegen. Die Finder wollen daneben so wenig die Spuren von verwittertem Holze, als Kohlen oder Asche, und, außer den weiter unten zu erwähnenden Fragmenten eines Schwertes aus Erz, nichts Auffallendes wahrgenommen haben.

Diese Behauptung scheint dadurch bestätigt zu werden, daß, mehrmaligen sorgfältigen Nachsuchens ungeachtet, vom Unterzeichneten und dessen Begleiter von einem Leichenbrande und Holzresten auf und neben dem Steinpflaster keine Spur aufge=

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funden werden konnte. Nur in der bereits abgefahrenen Erde fand sich ein kleines vermodertes Stück Holz von der Größe einer Haselnuß; es ist dasselbe, gleich einem kleinen Kohlenreste, ebendaher gerettet.

Demnächst wies man die Arbeiter an, das Steinpflaster aufzunehmen, um sich zu überzeugen, ob dasselbe unmittelbar auf dem Urboden angelegt sei. Während sich diese Vermuthung bestätigte, stieß man beim Vorschreiten auf folgende Erscheinung.

Acht Gerippe im Urboden.

Fast unmittelbar unter dem Steindamme, in der Richtung von Südost nach Nordwest, fand man acht in gleicher Richtung liegende Schädel, mit ihrer Decke nach Oben, mit den Augenhöhlen nach Westen, unter denselben eine nicht zu zählende Menge über einander liegender Gebeine, die Armenröhren anscheinend über den Schenkelknochen, als seien an dieser Stelle im Urboden acht Leichen in hockender Stellung beigesetzt.

Es ward versucht, von diesem Funde so viel als möglich zu retten. Das Meiste zerfiel unter dem Spaten, und konnte nur das Stirnbein 1 ) mit dem oberen Theile der Augenhöhlen, Schädelstücke, ein sehr mürber Backenzahn und ein Theil der stärkeren Knochen der Gerippe dadurch geborgen werden, daß man die einzelnen Theile mittelst des Messers und der Finger aus dem festen Urboden aufzugraben suchte. Auffallen mußte dabei, daß sämmtliche Schädel mit Erde gefüllt waren und die Knochentheile nur die Decke des Kerns zu bilden schienen.

Was conservirt werden konnte, ward sicher gestellt, und finden sich dabei zwei Knochenstücke von den Oberschenkeln der Hinterfüße eines Pferdes von kleiner Race, welche unter den menschlichen Gebeinen gelegen hatten und mit aufgegraben waren. Andere Theile eines Pferdegerippes konnten nicht gefunden werden.

Alle diese Leichenreste lagen, wie bereits angedeutet, in dem Urboden, und zwischen ihnen und dem darüber bestandenen Steinpflaster war eine schwache, zwei bis drei Zoll haltende homogene Erdschicht. Der Raum, den die Gebeine einnahmen, betrug, nach sorgfältiger Messung, eine Länge von zehn Fuß von Südost nach Nordwest, eine Breite von drei Fuß und eine Tiefe von drittehalb Fuß.


1) Dieses Stirnbein ist sehr merkwürdig, da es dem Stirnbein aus dem Urvolkgrabe bei Plau (Jahrb. XII, S. 400 flgd.) völlig gleich ist: dieselbe starke Erhöhung unter den Augenbrauen, dieselbe niedrige Stirn, dieselbe breite Nasenwurzel. Diese beiden völlig gleichen, ungewöhnlich wenig ausgebildeten und niedrigen Stirnbeine können für den Forscher sehr wichtige Ergebnisse zur Culturgeschichte liefern.           G. C. F. Lisch.
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Nach der von den Arbeitern gegebenen, später wiederholten Beschreibung der ursprünglichen Lage des zuerst gefundenen Hauptgerippes muß dieses gerade über dem eben beschriebenen Urgrabe, in gleicher Längenrichtung, gelegen haben. Letzteres war an der Südostseite von drei im Quincunx liegenden Feldsteinen, von der Größe eines Kubikfußes, und am Nordwestende von zwei neben einander liegenden, etwas größeren Feldsteinen begrenzt, und bildeten alle fünf Steine mit den Schädeldecken der 8 Leichen in oberer Fläche eine horizontale Linie, mithin waren alle diese Leichen in einen Raum von ungefähr 70 Kubikfuß zusammengepreßt gewesen; wenigstens fanden sich außer den angegebenen Grenzen keine weiteren Spuren organischer Substanzen. Geräthe irgend einer Art, Reste von Holz fehlten, so wie denn auch die beiden Langseiten des gemeinsamen Grabes keine Steinsetzung hatten.

Auch bei diesem Funde wird der Anatom über die muthmaßliche Race und das Alter der beigesetzten Leichen zu entscheiden haben, wobei hier, ohne irgendwie dem künftigen Sachkundigen vorgreifen zu wollen, zu bemerken erlaubt sein mag, daß, während der Schädelbau der Hauptleiche auf den kaukasischen Stamm, der der Urleichen auf den mongolischen oder einen verwandten Stamm schließen lassen dürfte. Die Stirn ist schmal und liegt mehr hintenüber; der Nasenrücken ist breit, die Erhebungen unter den Augenbraunen sehr hoch, Kennzeichen der ältesten Schädel. Die Knochenreste dieser 8 Leichen sind viel mürber, poröser, leichter und weißer, als die der Hauptleiche, und scheinbar viel älter, als diese.


Nachdem die Nachforschungen am 3. Januar kein weiterers Resultat ergeben wollten, wurden die Arbeiter ausführlich instruirt, wie sie sich bei demnächstigen ungewöhnlichen Erscheinungen zu benehmen, und daß sie in solchem Falle dann unterzeichnetem Referenten sofortige Anzeige zu machen hätten.

Am Abende dieses Tages überbrachten jene Arbeiter, der an sie ergangenen Aufforderung gemäß, die Fragmente des vorberegten Bronze=Schwertes.

Dasselbe steht dem, in dem Friderico-Francisceum Tab. XIV. Fig. 1 a. b. und c. abgebildeten Schwerte von Lehsen ganz nahe.

Nach der Versicherung der Finder hat dasselbe an der linken Seite der zuerst gefundenen Leiche so gelegen, daß der Griff an die Achselhöhle und die Spitze abwärts bis zur Hälfte gereicht hat. Es ist in acht Stücke zerbrochen

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gewesen, die, nach der ursprünglichen Form, hintereinander gelegt gewesen sind. Das Eine der Mittelstücke ist bei den damit angestellten Versuchen der Arbeiter, den Rost abzureiben, abermals zerbrochen, die äußerste Spitze der Klinge aber durch die Sorglosigkeit der Entdecker verloren worden.

Die ganze Länge der ausgezeichnet schön gearbeiteten Waffe mag gegen 22 bis 23 Zoll Hamburger Maaß betragen haben. Der Griff, mit angegossenen halbmondförmigen Heftbogen, scheint über zwei besondere Metall=Lappen (längliche Platten) gefaßt zu haben, zwischen welche (letztere) die eigentliche Klinge geschoben gewesen sein wird. Ueber den beiden nach oben zusammenlaufenden Heftbogen ist der hohlgegossene Griff durchgebrochen und dadurch ein durchreichendes Erzniet, so wie ein Theil des noch vorhandenen thönernen Gußkerns sichtbar geworden. Der zweite Bruch geht 1 3/4 Zoll tiefer durch die Heftlappen und die Klinge. Demnächst ist die eigentliche Klinge noch fünfmal gebrochen gewesen, wie die stark oxydirten Bruchenden deutlich zeigen. Die Klinge selbst wird nicht über 17 Zoll Länge gehalten haben. Der Griff und dessen Knopf sind von ovaler Form. Auf letzterem sitzt in der Mitte ein kleinerer erhöheter Knopf, um welchen 10 gravirte concentrische Ringzeichnungen eine gleichförmige Kette bilden.

Die Heftlappen sind mit dem Griffe durch vier große Nietnägel verbunden, die auf einer Seite abgeplattet, auf der anderen (vielleicht der äußeren) kegelförmig erhaben erscheinen. Das durch die Höhlung des Griffes gehende Niet hat dagegen um die Hälfte kleinere und unregelmäßige Knöpfe.

An beiden Seiten des hohlen Mittelstücks des Griffs (den Spitzen des Ovals) ziehen sich zwei erhabene Bänder vom Hauptknopfe bis zur Vereinigung der Heftlappen herunter, welche 13 um das Mittelstück des 4 Zoll langen Griffs liegende, durch entsprechende Einschnitte gebildete Ringe theilen.

Bei scharfer Beobachtung findet man an allen erhabenen Theilen des Griffs sehr sorgfältig gravirte Strichverzierungen, so wie denn auch auf den Flächen innerhalb der Halbmonde verschiedene erhöhete Knöpfchen hervortreten, welche, so weit der starke Rost erkennen läßt, erhabene Verzierungen gewesen sein mögen.

Der Mittelrücken der Klinge ist flach gewölbt, an beiden Seiten mit schmalen, etwas erhöheten Bändern verziert, und in der Mitte wohl etwas über 2 Zoll breit gewesen.

Alle Fragmente sind stark oxydirt, die oberen, muthmaßlich beim Durchbrechen, bedeutend verbogen, und die zweischneidige Klinge an beiden Seiten stark ausgebrochen.


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Am 5. Januar begab sich Referent, in Begleitung des Advocaten Hansen, auf die Nachricht, daß abermals eine Leiche gefunden sei, zur Stelle. Die Arbeiter hatten, so wie sie auf diesen neuen Fund gestoßen waren, mit dem Abräumen eingehalten.

Man fand nun hinter einigen südöstlich liegenden, gewöhnlichen Feldsteinen, zur rechten Seite der Hauptleiche, zwei Fuß davon entfernt, in dem Urboden die zum Theile schon umgegrabenen Reste eines menschlichen Gerippes. Wir ließen weiter arbeiten und die letzten Reste sorgfältig aus der Erde nehmen. Obgleich mit großer Mühe verfahren wurde, so konnte doch nichts Vollständiges, sondern nur ein Theil des Schädels und der Kiefern mit Zähnen, einige der größeren Knochenstücke und eine Kniescheibe gerettet werden, da die schwere, umgebende Erde sehr hinderlich war. Der Grad der Festigkeit der Knochen, der Bau des Schädels und die Zahnstellung scheinen mit der Hauptleiche in eine Zeit zu fallen, indeß auf einen kleineren Menschen, vielleicht ein Frauenzimmer, hinzudeuten.

Diese Leiche hatte, nach Angabe der Arbeiter, mit dem Kopfe nach oben, die übrigen Knochentheile durch einander in dem Niveau des Urgrabes und von demselben zwei Fuß entfernt, also noch bedeckt von dem Steindamme des Kegelgrabes, gelegen Die Höhlung, welche dieses Skelett ausgefüllt haben mochte, war jedenfalls nicht länger als 4 Fuß gewesen, weil darüber hinaus kein Theil der Gebeine weiter gefunden ward.

An Spuren von Kohlen, Asche, Holz, Metall oder Geräthschaften fehlte es in und neben diesem Grabe gänzlich, auch war kein durch Feuer gehärteter Thon zu finden.


Der letzte Fund, bestehend in einer einzelnen Leiche und den Bruchstücken einer Urne mit Knochenresten, ward am 9. Januar von den Arbeitern gemacht und vom Referenten sofort nach eingegangener Anzeige, im Beisein seines früheren Begleiters Hansen, besichtiget.

Dieses menschliche Gerippe, das sich gleichfalls im Urboden, jedoch außerhalb des Steindammes, zwischen diesem und dem früher beschriebenen regellosen Steinhaufen an dem Nordrande des Hügels, also zu den Füßen der Hauptleiche, fand, lag in einer ganz anderen Richtung, als die Hauptleiche, und zwar mit dem Kopfe nach Nordwesten und den Füßen nach Südosten gestreckt, und nahm einen Längenraum von

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Das Kegelgrab genannt der Herrberg, bei Schwaan 1852
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sechstehalb Fuß ein, während in der Nähe des Kopfes und der Schultern eine Packlage von Steinen gefunden ward, die jedoch etwas Symmetrisches nicht erkennen ließ.

Die geborgenen Reste des Skelettes sind von fester Beschaffenheit und scheinen einem großen Manne, so wie gleichfalls der Zeit der Hauptleiche angehört zuhaben. Von dem Schädel, den Zähnen, Schenkeln u. s. w. ist genug gerettet, um daraus auch hier die Race erkennen zu können.

Geräthe irgend einer Art fanden sich so wenig als Spuren eines Leichenbrandes oder durch Feuer gehärteten Thons.


Die Fragmente der gedachten schmucklosen Urne von der bekannten hellbraunen, sehr grobkörnigen Masse, welche ohne Zweifel noch aus der Zeit der Bronze=Periode stammt, lagen in der oberen sandigen, das alte Grab bedeckenden Schicht des Erdkegels, ungefähr einen Fuß unter der Rasendecke, also 12 Fuß über dem Urboden, an der südöstlichen Dossirung, 18 Fuß von der Höhenaxe des Kegels und 10 Fuß hinter dem Kopfende der Hauptleiche. Mit den Urnenscherben gemischt, fand man eine Quantität durch Feuer caicinirter Knochentheile, jedoch weder Kohlen, noch Geräthe. Um die Urne lagen einige faustgroße Feldsteine und ein keilförmiger Steinsplitter, 10 Zoll lang und am stumpfen Ende 6 Zoll im weitesten Durchmesser. Unter den Scherben befindet sich ein ziemlich großes Stück der Seitenwand mit einem Theile des Bedenk der Urne.

Einige Tage nach diesem letzten Funde mußten die Erdarbeiten, des inmittelst eingetretenen Regenwetters wegen, eingestellt werden. Sie sollen jedoch im Herbste 1852 aufs Neue beginnen, und steht zu erwarten, daß sich alsdann andere interessante Entdeckungen machen lassen werden, da, bei ungefährer Schätzung, noch 3/5 des Erdkegels nebst der Axe des Ganzen vorhanden und unberührt sind.

Schwaan im Februar 1852.

C. L. Daniel, Burgemeister.     

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Kegelgrab von Kemnitz bei Pritzwalk.

Wenn es im Allgemeinen auch außer dem Zwecke des Vereins liegt, außerhalb Meklenburg gefundene Alterthümer in den Kreis der Forschung zu ziehen, so haben wir doch mitunter Ausnahmen von der Regel gemacht, wenn uns von auswältigen Mitgliedern des Vereins über ungewöhnliche Erscheinungen in der Nähe Meklenburgs Mittheilungen in unserm Geiste gemacht sind. Besonders aber haben die Alterthümer der Prignitz immer ein besonderes Interesse für Meklenburg gehabt, weil sie theils zu mannigfachen Vergleichungen Veranlassung geben, theils häufig die meklenburgischen Alterthümer zu ergänzen im Stande waren.

Zu den außergewöhnlichen Erscheinungen in der Nähe Meklenburgs gehört nun das Grab von Kemnitz bei Pritzwalk. Die Beschreibung des Grabes und der darin gefundenen Alterthümer, so wie deren Vorlegung zur unmittelbaren Beschreibung und Prüfung verdanken wir unserm hochverehrten eifrigen correspondirenden Mitgliede, dem Herrn Pastor Ragotzky zu Triglitz bei Putlitz. Auf der Feldmark von Kemnitz steht ein besonders großes Kegelgrab, welches schon vor einigen Jahren nach dem "goldenen Sarge des Hünenkönigs" durchwühlt ist, allerdings ohne Erfolg. Einige Alterthümer, welche bei dieser Gelegenheit gefunden wurden, sind nach und nach zerstreuet worden und verloren gegangen. Seitdem ist in dem Grabe eine Sandgrube eingerichtet, und in dieser stießen einige Arbeitsleute im Januar 1853 auf die im Folgenden beschriebenen Alterthümer.

In einer kleinen quadratischen Kiste von Feldsteinen stand eine Urne aus Thon, welche jedoch zerbrochen war. In dieser thönernen Urne stand

1) eine Urne von dünnem Bronzeblech, welche eben falls zerbrochen war; die Finder gaben an, die thönerne Urne sei mit Bronzeblech "ausgefüttert" gewesen, was allerdings Mißverständniß oder Mangel an Einsicht sein muß. Diese Bronzeurne ist aus sehr dünne und regelmäßig geschlagenem Bronze blech, welches nicht dicker ist, als Schreibpapier, geformt, eine Erscheinung, die sich bei größern heimischen Gefäßen der Bronzeperiode gerade nicht selten findet. Der Bauchrand ist mit einer Reihe von kleinen halbkugeligen Buckeln verziert, welche sehr schön und regelmäßig von innen herausgetrieben sind und 1/8" im Durchmesser haben und eben so weit auseinander stehen. Der tiefe und glänzende edle Rost, welcher die übrig gebliebenen Bruchstücke bedeckt, hat eine schöne dunkelgrüne Farbe. Was in diesem Gefäße gelegen habe ist nicht zu ermitteln gewesen

In oder neben dieser Steinkiste lag ferner:

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2) ein Armring von Bronze, ungewöhnlich stark und tief von schönem hellgrünen Roste durchdrungen; die Tiefe des Rostes läßt auf ein sehr hohes Alter der Alterthümer schließen;

3) ein Schwert von Bronze, im Ganzen etwa 2' 2", in der Klinge (deren Spitze fehlt) gut 1' 9" lang. Die Klinge ist schmal und geradlinig und verbreitert sich gegen die Spitze hin nicht, wie es gewöhnlich der Fall ist, sondern läuft spitz aus. Die Klinge ist sehr schön modellirt, auf jeder Seitenfläche mit einem erhabenen Rücken, der an jeder Seite von einer schmalen Relieflinie begleitet ist. Die Klinge ist beim Einlegen ins Grab in drei Stücke zerbrochen, da die Bruchenden oxydirt sind. Der Griff, welcher mit einer halbmondförmig ausgeschnittenen Ueberfassung an die Klinge mit fünf Nieten angenietet ist, bildet eine voll gegossene, dünne, sechseckige Stange, welche nur 5/8" dick und 2 1/2" lang ist. Diese Griffstange ist ohne Zweifel dazu bestimmt gewesen, eine stärkere Bekleidung von Holz und Leder zu tragen, welche dann noch mit andern Verzierungen bekleidet werden konnte.

Hiezu stimmt die Angabe, daß der Griff mit goldenen Verzierungen bekleidet gewesen sei, welche denn auch zum größern Theile gerettet worden sind, obgleich sie die Wanderung durch mehrere goldgierige Hände gemacht haben. Diese Verzierungen bestehen aus 1/16" breiten, dünnen Goldstreifen, welche die beiden breiten Seiten des viereckigen Griffes umgeben haben und wahrscheinlich oben zu 3, unten zu 4 Serpentinen gebogen sind. Diese Verzierung hat gerade die Länge des Griffes und daher ist auch die Vermuthung begründet, daß sie zum Schmucke des Griffes gedient habe. Die sehr schmalen Goldblechstreifen sind an beiden Rändern mit dicht stehenden eingeschlagenen Punkten verziert, welche ihnen das Ansehen einer geschmackvollen Filigranarbeit geben.

4) Ein in viele Stücke zerbrochener goldener Ring, Welcher 2" im Durchmesser hat und 3/16" dick ist, besteht aus einem bronzenen Kern, um welchen dünnes Goldblech fest gelegt ist, die sich oft wiederholende älteste Art der Vergoldung. Wahrscheinlich hat dieser Ring auch zum Armringe gedient, Vielleicht zum Schwertgehenk oder zu andern Zwecken.

G. C. F. Lisch.     

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Kegelgrab von Steffenshagen
in der Prignitz.

Zu Steffenshagen, zwischen Putlitz und Pritzwalk, einem Filiale von Triglitz, liegt in einem kleinen Tannenwalde ein mit

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Tannen bewachsener Sandhügel, mit Steinen besetzt, ziemlich der höchste Punkt der ganzen Feldmark, welcher früher mit Eichen bestanden gewesen sein soll. Dieser Hügel bildet ein Kegelgrab von etwa 20 Fuß Durchmesser und ist genau an den umgrenzenden großen Steinen zu erkennen. Schon früher sind viele kleine Steine von der Oberfläche des Hügels abgefahren. Als im Sommer des J. 1853 wieder Steine zum Bau gebrochen wurden, stieß man etwa 1 Fuß unter der jetzigen Oberfläche auf eine kleine Steinkiste, welche nicht ganz in der Mitte des Hügels stand. In dieser Steinkiste, welche mit einem Deckstein zugedeckt war, stand eine große, offene, hellbraune, thönerne Urne, von der gewöhnlichen Gestalt der großen Urnen der Kegelgräber, mit scharfem Bauchrande, wie die in Jahrb. XI, S. 357 abgebildete und beschriebene Urne von Meyersdorf. Die Steinkiste war nicht größer, als daß diese Urne nur eben hinein paßte. Einer der großen Steine der Steinkiste war inwendig mit einer dünnen, dunkelbraunen, zusammenhangenden Masse, welche noch zusammenhangend ist, fast ganz überzogen; dem Anschein nach ist es Leder womit die Steinkiste ausgefuttert war. Der Finder sagte, der Stein habe ausgesehen, als wenn er mit Löschpapier überzogen gewesen wäre. Die Urne enthielt Erde, Asche, Knochentheile und eine schöne Lanzenspitze aus Bronze, 5" lang, hohl gegossen, mit zwei Nagellöchern, vollständig oxydirt, aber völlig spitz und sehr scharf; in dem Schaftloche steckte noch vermodertes Holz des Schaftes. Leider ward die zum Trocknen ausgehobene Urne zerschlagen. In der Ecke in der Steinkiste neben der großen Urne stand ein leerer Doppelbecher aus gebranntem Thon, eines der seltensten Stücke des Alterthums.

Doppelbecher

Der Becher ist aus gewöhnlicher hellbrauner Urnenmasse, 6" hoch; die Schale ist 2 1/2", der Griff 2, der Fuß 1 1/2" hoch. Die 2 1/2" hohe Schale ist gegen 4 1/4" weit, der 1 1/2" hohe Fuß ist auch ausgehöhlt und 3 1/2" weit. Ohne Zweifel ist dies höchst seltene und bestimmt der Bronze=Periode angehörende Gefäß ein Becher, ein Geräth zum häuslichen Gebrauche, dem Todten mit ins Grab gegeben.

Der Herr Pastor Ragotzky zu Triglitz, correspondirendes Mitglied des Vereins, hat demselben nicht nur die Beschreibung der Aufgrabung sondern auch den Becher geschenkt.

G. C. F. Lisch.     

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Kegelgrab von Goritz.

Beim Bau der Chaussee von Tessin nach Lage wurden im Jahre 1853 auf der Feldmark des Gutes Goritz bei Lage nicht tief unter der Oberfläche der Erde, von mehrern ziemlich großen Steinen bedeckt, mehrere Bronzealterthümer gefunden, durch den zufällig darüber zugekommenen Wirthschafter Herrn Prang von den Arbeitern gekauft und von dessen Vater, dem Herrn G. Prang, Einnehmer am Stadt=Aerario zu Rostock, dem Vereine geschenkt. Diese Bronzealterthümer sind folgende:

eine Framea, mit Schaftloch, ganz hohl gegossen, 6" lang, rund, ohne alle Ausbauchung und Abweichung von den graden Linien in der Länge, etwas zugespitzt, am Ende zugeschärft, am Schaftloche mit Linien reich verziert und mit einem Oehr, von höchst seltener Form in Meklenburg, mit edlem Rost bedeckt; in dem Schaftloche soll noch ein Stück ganz vermoderten Holzes gesteckt haben;

ein Messer, mit sichelförmiger Klinge von 4" Länge und einem ausgeschnittenen Griffe von 13/4" Länge;

ein Messer, mit grader, schmaler Klinge, welches jedoch von den Arbeitern zerbrochen und zum Theil verworfen ist;

ein Schmalmeißel, von viereckiger Gestalt, 3/16" dick, 4 1/2" lang, in zwei Stücke zerbrochen;

ein Beschlag von unbestimmtem Gebrauche, zerbrochen.

Einige Ruthen von der Stelle dieses Fundes entfernt stießen die Arbeiter auf zwei Urnen, von lehmfarbigem Aeußern, ohne alle Verzierungen, mit Knochen und Asche gefüllt; leider zerfielen diese Urnen sogleich nach der Aufgrabung in Trümmer.

G. C. F. Lisch.     

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Kegelgrab von Vietlübbe , D. A. Lübz.

Auf dem Pfarracker von Vietlübbe bei Plau, in der Nähe einer Stelle, wo ich schon früher eine Grabstelle vermuthete und gegraben habe, ließ ich Steine, die vom Haken erreicht wurden, ausbrechen, und fand mein Sohn in einer Steinkiste unter der Erde eine hellbraune thönerne Urne mit Knochenüberresten, zwischen denen eine Nadel von Bronze sich befand. Bei weiterem Nachgraben fand sich eine dammartig gelegte Steinschicht westlich von der Steinkiste und zu beiden Seiten derselben eine Brandstelle mit Lehmunterlage, da sonst der Acker nur Sand enthält, auch noch Urnenscherben, aber sonst nichts. Die Urne, worin die Nadel war, hatte ungefähr die Gestalt wie Frider. Franc. VI. 15. Die bronzene Nadel ist

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4" lang, oben unter dem Kopfe zweimal knieeförmig gebogen und hat einen doppelten Knopf, von denen der obere Theil halbkugelförmig geöffnet ist.

J. Ritter.     

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Kegelgräber von Sandkrug, D. A. Lübz.

Durch den Förster Herrn Conrad zu Sandkrug bei Lübz ward ich benachrichtigt, daß man die auf dem benachbarten Felde vorhandenen Kegelgräber durchwühle, um die Steine nach der zu erbauenden Lübz=Plauer Chaussee wegzufallen. Obgleich ich schon die größeren und gut erhaltenen Gräber aufgegraben hatte (vgl. Jahrb. XI, S. 387), und zwar ohne Erfolg, so begab ich mich doch dahin.

Kegelgrab Nr. 3.

In einem kleinen, anscheinend schon früher an der Oberfläche durchwühlten Kegelgrabe war bereits ein voll gegossener, offener Armring und ein Schwert mit Griffzunge, aus Bronze, letzteres jedoch nicht vollständig, indem das untere Ende fehlt, gefunden; ich erwarb diese Alterthümer von den Arbeitern für den Verein.

Kegelgrab Nr. 4.

Von jetzt an begab ich mich öfter dahin und es wurden in einem zweiten, ebenfalls kleinen und unansehnlichen Grabe fünf Urnen, worunter eine Schachtelurne ) innerhalb einer Steinkiste gefunden; leider waren sie aber alle zerdrückt und noch mehr bei dem gewaltsamen Ausbrechen der Steine zertrümmert.

Kegelgrab Nr. 5.

In einem dritten Kegelgrabe ähnlicher Art fanden sich ein voll gegossener, geöffneter Armring und ein sauber gearbeitetes Gefäß oder Schmuckkästchen aus Bronze, fast ganz wie das im Frid. Franc, Tab. XII, Nr. 3 aus Spornitz abgebildete, jedoch an einer Seite und im Deckel schon sehr durch den Rost zerfressen und zerbrochen.

J. Ritter.     


) Eine Schachtelurne, d. h. eine Urne in Gestalt einer ovalen Schachtel mit überfassendem Deckel, ward in einem Kegelgrabe zu Sukow am plauer See, in gleicher südlicher Gegend, etwa eine Meile östlich vom Sandkruge, gefunden und befindet sich im Besitze des Vereins. Die beiden Gräber stammen also wohl aus derselben Zeit. Vgl. Jahrb. XIII, S. 368 flgd.          G. C. F. Lisch.
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Kegelgrab von Bossow.

Bei dem Bau der Chaussee von Krakow nach Plau vor einigen Jahren ward zu Bossow bei Kralow in einem Hügel in einer zerbrochenen Urne ein glatter, voll gegossener, mit edlem Rost bedeckter Armring aus Bronze gefunden, in welchem noch ein Knochen gesteckt haben soll. Der Ring ward damals von dem Herrn von Jasmund auf Dobbin erworben und später dem Vereine geschenkt.

Eine Spange von Messing welche in oder an demselben Hügel gefunden sein soll, ist offenbar ein Stück von einem Militairzeuge neuerer Zeit.

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Kegelgrab von Sembzin.

Zu Sembzin an der Müritz, bei Malchow, ward vor mehreren Jahren ein kleines Kegelgrab entdeckt, welches nur eine ganz geringe Erhöhung von Sand bildete. In demselben ward gefunden:

eine kleine Henkelurne, ungefähr von der Gestalt der Urne in Jahrb. XI S. 359, ungefähr 5" hoch und 5" weit im Bauchrande; der ganze Rand und der zum Einfassen bestimmt gewesene große Henkel sind abgebrochen. Die Urne war mit zerbrannten, feinen Knochen von einem ganz kleinen Kinde, wahrscheinlich noch einem Säuglinge, gefüllt, da Zähne ganz fehlen.

Zwischen den Knochen lag:

ein Fingerring von matter, weißlicher Bronze, auf den Finger einer erwachsenen weiblichen Person passend, in der Form einer glatten Schlange, die sich in den Schwanz beißt, eine sehr seltene Bildung, wie überhaupt figürliche Darstellungen aus der Bronze=Periode sehr selten sind. Uebrigens ist schon einige Male beobachtet, daß sich in Kinderurnen Schmuck, namentlich Ringe, von ältern Personen findet; so z. B. ward in einem Kindergrabe bei Grabow ein goldener Fingerring einer erwachsenen Frau gefunden (vgl. Jahrb. XVIII, S. 250). Vielleicht gaben die Mütter den Kindern eines ihrer Kleinode mit ins Grab.

Neben der Urne stand

ein kleines Grabgefäß, welches nur mit Asche und Sand gefüllt war, von sehr schöner Form und der Gestalt der kleinen Beigefäße, wie Jahrb. XI, S. 362 oben, mit zwei durchbohrten Knoten auf dem Bauchrande zum Durchziehen eines Fadens, 2 3/4" hoch.

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Der Fund ward von dem Gutspächter Herrn Engel dem Herrn Advocaten Pörtner zu Röbel geschenkt, welcher ihn dem Vereine wieder schenkte.

Durch Vergleichung mit einem andern Funde hat dieser Fund ein großes Interesse. Der Fingerring aus sehr heller Bronze, welcher im J. 1844 in einer Urne zu Kuppentin gefunden ward (vgl. Jahrb. X, S. 292-293) ist dem zu Sembzin gefundenen Ringe völlig gleich, sowohl an Größe und an Farbe der Bronze, als auch an Gestalt, da auch der kuppentiner Ring so gebildet ist, daß er eine sich in den Schwanz beißende Schlange darstellt. Ritter hat damals die Urnen von Kuppentin für Wendengräber gehalten und als solche dargestellt. Aber nach wiederholter Vergleichung sind die Urnen sowohl von Sembzin, als von Kuppentin durchaus der Bronze=Periode zuzuschreiben, da sie noch ganz den Charakter derselben haben. Freilich werden beide Begräbnisse in die letzte Zeit der Bronze=Periode fallen, da in der eigentlichen Bronze=Periode so matte Bronze sonst nicht vorkommt. Aber es deutet theils die Form der Urnen, theils die Art der Beisetzung bestimmt auf die Bronze=Periode, da die Urnen noch unter einen Hügel beigesetzt waren. Von den Urnen von Kuppentin läßt sich dies allerdings nicht mehr mit Bestimmtheit ermitteln; jedoch läßt sich dies auch hier vermuthen, da Ritter von "Steinkreisen" redet, welche immer sicher Zeichen von Kegelgräbern sind, wenn sie auch so niedrig sein sollten, daß sie sich kaum bemerkbar über die Umgebungen erheben. Wahrscheinlich war der Begräbnißplatz von Kuppentin ein großer Begräbnißplatz aus der Bronze=Periode.

Jedenfalls aber ist die Gleichheit der beiden Ringe eine sehr seltene und interessante Erscheinung.

G. C. F. Lisch.     

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Kegelgräber von Grabow.
(Fortsetzung. Vgl. Jahrb. XVIII, S. 247 flgd.)

Kegelgräber beim Grimoor.

Der Herr Apotheker Jänecke zu Grabow setzte aus Interesse an der Sache die in Jahrb. XVIII, S. 251 flgd. beschriebenen Ausgrabungen am Grimoor im Herbste 1853 fort und fand noch viele Gräber und in denselben Urnen der beschriebenen Art. Jedoch waren alle Urnen von den Wurzeln des Haidekrautes so durchwachsen, daß es nur bei einer gelang, sie unversehrt aus dem Grabe zu heben; sie war aber so morsch, daß auch diese einzige Ausbeute der Nachgrabung nach der Aus=

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leerung zusammenfiel. Gewöhnlich waren die zerbrannten Gebeine mit einer kleinern, umgestülpten Schale in den Urnen bedeckt. Alterthümer wurden in den Urnen nicht gefunden. Die Urnen standen in graden Linien, immer 10 bis 12 Fuß von einander entfernt.

Standort der Urnen

Nachdem diese Bemerkung gemacht war, konnte man im voraus immer die Stellen bezeichnen, wo sich die Urnen finden würden. Unter den Urnen war die Bodenschichtung fester und von dunklerer Färbung, als um die Urnen herum; dies deutet entschieden darauf hin, daß die Urnen auf den Urboden gesetzt und mit einem Erdhügel bedeckt worden sind.

Diese fortgesetzte methodische Nachgrabung spricht noch bestimmter dafür, daß dieser Platz eine jetzt schon sehr selten gewordene große Begräbnißstätte für das geringere Volk in der Bronze=Periode war.

G. C. F. Lisch.     

Kegelgrab von Dreveskirchen.
vgl. oben Hünengräber S. 291.

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Bronzeschwert von Cambs.

Im Spätsommer 1850 ward auf der Feldmark des Hofes Cambs, D. A. Schwaan, beim Steinbrechen, also wahrscheinlich in einem Grabe, eine schmale bronzene Schwertklinge mit Griffzunge, 23" lang, beim Vergraben in 3 Stücke, deren Bruchenden oxydirt sind, jetzt aber in 5 Stücke zerbrochen, gefunden und von dem Herrn Burgemeister Daniel zu Schwaan erworben und dem Vereine geschenkt.

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Goldener Eidring von Jülchendorf.

Schon wieder ist ein goldener Eidring in Meklenburg gefunden und wieder durch Gewinnsucht untergegangen, jedoch haben glücklicher Weise noch zu rechter Zeit zuverlässige und übereinstimmende Nachrichten eingezogen werden können. Im Januar des J. 1853 waren zwei Arbeiter aus dem Domanialdorfe Jülchendorf in der Nähe der ventschower Forst bei Sternberg auf dem Felde von Jülchendorf (nach andern Berichten auf dem Gebiete des ritterschaftl. Gutes Kaarz) mit Stämmeroden beschäftigt. Beim Ausroden eines starken Buchenstammes stießen sie am 26. Jan. beim Ausgraben einer Wurzel auf eine Steinkiste, in der eine Urne stand, durch welche die Wurzel gewachsen war. Die Urne war hiedurch in Scherben zerfallen, welche beim Ausgraben eine grauliche Farbe hatten. Als sie die herausgegrabene Wurzel spalten wollten, stießen sie mit der Axt auf einen harten Gegenstand, welcher der Eidring war, um den also die Wurzel herumgewachsen war; der Ring zeigte bei der Befreiung auch den Axthieb. Die Finder gingen mit dem Ringe nach der Stadt Brüel zu dem Kaufmann Herrn Otto Klitzing, welcher den Ring wog und untersuchte, den Ankauf ablehnte, dagegen den Findern den wohlgemeinten Rath gab, den Ring zuvor schätzen zu lassen, aber nicht zu verkaufen, da er der Ansicht sei, daß sie ihn nicht verkaufen dürften, sondern an die höhere Behörde einsenden müßten, wobei er weitere Aufklärungen einzuziehen und ihnen behülflich zu sein versprach. Die Finder ließen sich aber von dem Goldschmiede Winkelmann zu Brüel bereden, ihm den Ring für 19 Thaler Cour. zu verkaufen. Winkelmann schmolz nach einigen Tagen den Ring ein. Vielfache Gerüchte, welche sich bald nach der Auffindung verbreiteten, ließen die Sache bald öffentlich bekannt werden.

Der Ring war ganz wie der im J. 1850 zu Woosten bei Goldberg gefundene Eidring gestallet, über welchen und die Eidringe überhaupt man Jahrb. XVI, S. 268 flgd. vergleichen mag. Der Ring war so groß, daß die Finder ihn über ihre Hand streifen konnten. Er war an einer Seite geöffnet, an der der Oeffnung entgegengesetzten Seite etwas dicker, nach innen etwas eingebogen; die beiden dünner werdenden Enden erweiterten sich an der Oeffnung, wo sie zusammenstießen, zu zwei hohlen Halbkugeln ("in der Form von Mundstücken eines Blaseinstrumentes"). Die Außenseite war "schwach geriefelt", hatte aber sonst keine andere Zeichen. Der Herr Kaufmann Klitzing wog den Ring und fand ihn 7 1/2 bis 7 3/4 Loth schwer.

Es leidet keinen Zweifel, daß der dem Ringe von Woosten

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in jeder Hinsicht ganz ähnliche Ring ein Eidring aus der (germanischen) Bronze=Periode und von reinem Golde gewesen sei, da aus dieser Periode kein anderes als reines Gold, immer von derselben Beschaffenheit, und zwar häufig gefunden ist. Hiernach würde der Ring einen Werth von ungefähr 100 Thlr. Cour. gehabt haben.

Anders freilich berichtet jetzt nach der Einschmelzung der Goldschmied Winkelmann: der Ring sei ein gewöhnliches Armband, 6 3/4 Loth schwer, hohl, von schlechtem Golde und nur 21 Thlr. werth gewesen; nur die Oberfläche sei durch das lange Liegen in der Erde "verfeinert" worden; er habe keine andern Zeichen gehabt, als die Jahreszahl 1742, welche mit modernen arabischen Ziffern einpunktirt gewesen sei!

G. C. F. Lisch.     

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Diadem von Wendisch=Wehningen.

Im J. 1851 ward auf der Feldmark Wendisch=Wehningen bei Dömitz ein sehr schönes Diadem aus Bronze gefunden und dem Vereine von dem Herrn Salomon Blumenthal zu Dömitz geschenkt. Dieser Kopfschmuck ist eines von jenen seltenen Diademen, welche durch Ansetzung von vier rechtwinklig gestellten Bronzestreifen oder Flügeln an einen dicken Drath construirt und dann gewunden sind, und zwar von der Mitte aus nach verschiedenen Richtungen hin, bald vorwärts, bald rückwärts. Diademe dieser Art sind bisher nur gefunden zu Kreien bei Lübz (vgl. Jahrb. XIV, S. 318, wo sich auch eine Abbildung findet) und zu Retzin in der Prignitz (vgl. Jahrb. XVI, S. 272). Das Diadem von Wendisch=Wehningen ist gegen 1" hoch, also niedriger, als das von Kreien, und gleicht an Größe dem von Retzin; leider ist es lang aus einander gebogen.

G. C. F. Lisch.     

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Kopfring und Halsring von Bronze.

Der Herr Kaufmann Schnelle zu Schwerin schenkte dem Vereine einen Kopfring und einen Halsring aus Bronze, welche in Meklenburg in einem Moor gefunden und daher ohne Rost sind.

Der Kopfring, 8" weit, ist schwach gewunden und mit zwei überfassenden Haken, welche Schlangenköpfen ähnlich sind, geschlossen. Die beiden Enden vor den Haken sind zu senkrecht stehenden, ovalen Platten von 5/8" Breite ausgetrieben, welche diesen Kopfring diademartig bilden. Die Ränder dieser Platten sind mit halben Scheiben von 4 eingravirten concen=

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trischen Kreisen verziert; schon dadurch läßt sich dieser Kopfring in eine bestimmte Klasse der Bronzealterthümer einreihen. Der obere der überfassenden Haken, welcher von der Platte aus geht, ist geringelt oder schwach geschuppt verziert.

Der Halsring ist schwach gewunden und von gewöhnlicher Form.

G. C. F. Lisch.     

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Armenschienen von Klink.

Zu Klink an der Müritz, bei Waren, wurden in einem "Sandberge" zwei Armschienen aus Bronze von seltener Beschaffenheit für Meklenburg gefunden und von dem Herrn Kähler auf Klink dem Vereine geschenkt. Diese Armschienen bestehen aus 1 1/4" breiten, dünnen Streifen aus Bronzeblech (mit erhabenem Mittelrücken), welche in drei Windungen zu einem Spiralcylinder von 4" Weite gewunden sind. Die beiden Enden laufen in Dräthe aus, welche zu flach anliegenden Spiralplatten von 1 1/2" Durchmesser gewunden sind. Aehnliche Armenschienen sind bis jetzt in Meklenburg=Schwerin nur ein Mal zu Schwasdorf, A. Neukalen, jedoch verstümmelt, ohne die Spiralplatten, gefunden; Vgl. Frid. Franc. Tab. XXI, Fig. 5. In der Sammlung zu Neustrelitz finden sich mehrere, vollständige und zerbrochene Exemplare; vgl. Frid. Franc. Erläut. S. 135-136. Die zu Klink gefundenen Exemplare, von denen eines ganz vollständig, das andere von den Arbeitern zerbrochen ist, sind mit leichtem, hellgrünen Roste bedeckt, welcher auf der einen Seite als edler Rost, auf der andern Seite als dicker, fester Grünspan erscheint, ohne Zweifel nach der Lage in der Erde nach oben oder unten. Ganz denselben hellgrünen, leichten Rost haben alle übrigen bekannt gewordenen Exemplare. Diese Armschienen scheinen nur dem Südosten Meklenburgs anzugehören und entweder dieser Gegend eigenthümlich oder auf Durchzügen verloren gegangen zu sein, wie denn überhaupt auf der Feldmark Klink auf der großen Straße von Süden nach Norden oft Alterthümer vorkommen, welche sonst in Meklenburg nicht gefunden werden.

G. C. F. Lisch.     

Bruchstücke einer Handberge

aus Bronze, eine volle Windung aus einer Spiralplatte, durch welche eine Baumwurzel gewachsen war, gefunden zu Barkow bei Plau, geschenkt von dem Herrn Pastor Zander daselbst.

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Heftel von Jürgenshagen.

Zu Jürgens hagen, Pfarre Neu=Kirchen, bei Schwaan, ward (wahrscheinlich im Moor) eine bronzene Heftel mit zwei Spiralplatten, ohne Rost und wohl erhalten, von höchst seltener Beschaffenheit gefunden und von dem Herrn Pastor Vortisch zu Satow dem Vereine geschenkt. Die Heftel ist im Ganzen gegen 6" lang und unterscheidet sich durch ihre Eigenthümlichkeiten wesentlich von den übrigen Hefteln der Bronzeperiode. Der Bügel besteht nicht, wie gewöhnlich, aus einer Stange, sondern aus einem dünnen, elliptischen, in der Mitte gegen 1" breiten Blechstreifen, welcher mit 5 eingravirten Spiralwindungen verziert ist, wie z. B. die Diademe aus derselben Zeit. Die beiden an einem Ende rückwärts gebogenen, an dem auslaufenden Drathe sitzenden Spiralplatten liegen mit dem Blechbügel und den beiden von ihm allslaufenden Dräthen in einer Fläche. Die auf dem einen Drathe hangende Nadel legt sich nicht in eine aus dem andern Drathe gebogene Oese, sondern wird zwischen den Blechbügel und die Spiralplatte auf den gebogenen Drath durchgedrückt. Dort, wo die Spitze der Nadel sich auf den Drath legt, sind Nadel und Drath tief ausgescheuert, was auf einen sehr langen und häufigen Gebrauch schließen läßt. Das Ganze erscheint sehr flach und einfach, obgleich der Blechbügel mit Gravirungen ungewöhnlich reich verziert ist.

G. C. F. Lisch.     

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Bronzefund von Viecheln.

Zu Viecheln bei Gnoyen wurden beim Moddegraben folgende merkwürdige Bronzen gefunden und von dem Herrn von Kardorff auf Remlin zu Gnoyen dem Vereine geschenkt.

Drei Beinringe.

Es lagen drei Beinringe von Bronze (ohne Rost) auf einander. Es sind vollgegossene, glatte, runde, geöffnete, nach beiden Enden hin dünner werdende Ringe, an der dicksten Stelle 7/16" im Durchmesser. Zwei derselben sind ganz gleich und stehen in den Enden 2" gleich weit aus einander, der innere Durchmesser der Biegung beträgt 4 1/4". Der dritte Ring ist etwas dünner und mit den Enden 1" weit über einander gebogen, so daß der Ring geschlossen und eine etwas ovale Gestall erhalten hat, indem er im Innern Durchmesser 3 1/2" und 4" mißt. Diese Ringe sind für den Arm zu weit und für den Hals zu eng und passen nur für das Bein an der Stelle der Kniee oder Strumpfbänder

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sind auch ohne alle Verzierungen. Diese Ringe dieser Art sind die ersten, welche in Meklenburg gefunden sind.

Eine Spule.

In den eben genannten Ringen steckte eine Spule von Bronze, denn mit einem andern Namen läßt sich dieses Geräth nicht gut bezeichnen. Es besteht aus einer runden, an beiden Enden zugespitzten Stange von 5 1/2" Länge und 1/4" Dicke. Auf dieser Stange sitzen, mit der Stange aus Einem Stück gegossen, zwei dünne, jetzt halb zerbrochene Scheiben von 3" Durchmesser, so daß sie 2 1/2" auseinander stehen; die eine Scheibe ist ein wenig größer, als die andere. An den beiden äußern Seiten setzen sich die Scheiben mit einer kleinen, kegelförmigen Erhöhung an die Stange, so daß das Umdrehen der Stange an den Außenseiten kein Hinderniß findet; an jeder innern Seite legen sich von der Stange 4 kleine im Ganzen mit gegossene Streben, wie ein Stern, auf die Scheiben, wohl zur bessern Haltung, da die Scheiben so dünne sind, wie ein Kartenblatt. Dieses Geräth, welches nur einer Spule gleicht, kann auch wohl nur zu einer Spule gedient haben, und gönnt einen tiefern Blick in die häusliche Gewerbethätigkeit der Bronze=Periode. Man könnte das Geräth auch für eine Spindel halten, um so mehr, da die alte Spindel zugleich Spule war, dazu scheint es aber zu kurz und zu breit zu sein. Es ist nicht möglich gewesen, irgend ein ähnliches Geräth in andern Sammlungen zur Vergleichung aufzufinden.

Man könnte daran denken, daß das Geräth eine mit den Rädern aus einem Stücke gegossene, bewegliche Axe zu einem kleinen Wagen gewesen sei, aber, abgesehen davon, daß die alten Wagenräder immer lose und ganz anders construirt sind, sind die Scheiben viel zu dünne und scharf zu Rädern.

G. C. F. Lisch.     

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Framea von Remlin.

Zu Remlin bei Gnoyen in der Wiese ward eine Framea von Bronze, ohne Rost, gefunden und von dem Herrn von Kardorff auf Remlin dem Vereine geschenkt. Die Framea, voll gegossen, mit Schaftrinne, hat die gewöhnliche, charakteristische Form der in Meklenburg vorkommenden Frameen, ist aber an dem obern, der Scheide gegenüberstehenden Ende breit geschlagen, so daß es scheint, als wenn dieses Werkzeug zu einem Meißel gebraucht worden sei. Es scheint überhaupt immer klarer zu werden, daß, so wie die steinernen Keile der Stein=Periode gewiß zu sehr verschiedenem Gebrauche dienten, so auch die Frameen der Bronze=Periode, Fortsetzung und Ausbildung der Keile der Stein=Periode, eine sehr verschiedene Anwendung fanden; die leichtern, fein gearbeiteten Frameen, welche so häufig in großen, ausgezeichneten Kegelgräbern gefunden werden, sind sicher als Stoß= und Wurfwaffe (framea) gebraucht; andere, wie die vorliegende, dienten wohl zu Meißeln, Keilen u. s. w., andere vielleicht zu Acker= und Hausgeräthen.

G. C. F. Lisch.     

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Framea (oder Schmalmeißel?) von Nütschow.

Im Torfmoore zu Nütschow, bei Sülz, ward ein kleiner Schmalmeißel aus Bronze gefunden und von dem Herrn Geheimen Amtsrath Koch zu Sülz erworben und dem Vereine geschenkt. Dieser Schmalmeißel, welcher bisher noch nicht in Meklenburg vorgekommen ist, hat die Grundgestalt einer Framea, ist aber viel kleiner und zierlicher und anders eingerichtet; er ist 4 1/2" lang, 1/2" breit und 1/4" dick, hat eine durchgehende Schaftrinne und ist an beiden Enden gleich scharf zur Schneide abgeschliffen. Dieses Instrument hat daher wohl zu einem Arbeitsgeräthe gedient.

G. C. F. Lisch.     

Quetschmühle von Doberan.

Eine kleine halbmuldenförmige Quetschmühle, welche zu Doberan in einer der hintern Straßen vor einem Hause lag (vgl. Jahrb. XII, S. 419); ward von dem Gastwirth Herrn Glöde zu Doberan erworben und dem Vereine geschenkt.

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Kornquetscher von Doberan.

Zu Doberan auf der Besitzung des Herrn Gastwirths Glöde im Lindenhofe ward ein rundlicher, fast kugelförmiger,

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sehr feinkörniger Granitstein gefunden, 3" hoch, 3 1/2" im Durchmesser des äußersten Kreises und 2 Pfund schwer. Der Stein, der gerade in eine Faust paßt, ist nicht ganz rund, sondern oben und unten etwas flach, mit natürlichen Flächen. Die ganze Seitenfläche ist rund umher in sehr vielen, sanft in einander verlaufenden Flächen ganz abgerieben, so daß der Stein fast rundlich geworden ist und man klar sieht, daß er nach und nach immer zum Reiben eines Gegenstandes benutzt ist. Höchst wahrscheinlich diente der Stein zum Zerreiben des Kornes in den alten, halbmuldenförmigen Handmühlen aus Granit. Dies ist um so wahrscheinlicher, als ungefähr an derselben Stelle eine solche große, noch nicht tief ausgeriebene Handmühle gefunden ist, welche noch auf dem Hofe des Herrn Glöde als Abflußrinne unter einer Dachrinne aufgestellt ist. Wahrscheinlich gehört der Reibstein zu dieser Mühle. Der Herr Glöde hat diesen Reibstein dem Vereine geschenkt.

G. C. F. Lisch.     

Quetschmühlen von Boddin.

Nach den Mittheilungen des Herrn Staatsministers a. D. von Lützow auf Boddin liegen daselbst auf dem Felde zwei Quetschmühlen aus Granit.

Außerdem gehen dem Vereine sehr häufig Nachrichten über solche Quetschmühlen zu, welche in sehr großer Zahl über das ganze Land verbreitet sind.

Spindelstein von Röbel.

Eine flache, durchbohrte Scheibe aus Sandstein, vermuthlich ein Spindelstein, 1 3/4" im Durchmesser und 3/8" dick, auf beiden Seiten ganz mit eingegrabenen Kreisen und Punkten verziert, bei Röbel auf einer großen Sandfläche gefunden und angekauft.

Volksnamen einiger großer Kegekgräber
in der Nähe von Wismar:

auf der Feldmark Wismar neben der Landstraße nach Lübow: Rummelsberg;

zu Kritzow: Grebenberg;
zu Hof Triwalk: Loyenberg;
zu Martenstorf: Triwall;
zu Gagzow, links von der Straße von Rohlstorf nach Kartlow: Trüllingsberg;
an der Straße von Neuburg nach Kalsow im Drönpöl: Theerberg.

C. D. W.     

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c. Zeit der Wendengräber.


Die wendischen Gräber der Eisenperiode,
verglichen
mit den gallisch=fränkischen Gräbern im Luxemburgischen,

vom

Archivar Lisch.

Wir haben seit Anbeginn unserer Forschungen die Gräber der Eisenperiode den wendischen Völkerschaften zugeschrieben und diese Ansicht in den Jahrbüchern zu begründen gestrebt. Wir sind durch eine Menge von Gründen, vorzüglich aber durch das Zusammenfassen aller Einzelnheiten zu einem Gesammteindrucke, welchen wir für wichtiger halten, als einzelne besonders auffallende Erscheinungen, zu dieser Ueberzeugung gelangt. Mögen auch einzelne Stimmen in Hypothesen sich dagegen erhoben haben, wir haben die immer wiederkehrenden Erscheinungen stets mit unsern Erfahrungen übereinstimmend gefunden. Die Stein=Periode liegt hinter aller Geschichte und hat bis jetzt noch keinen geschichtlichen Anknüpfungspunkt gefunden. Die Bronze=Periode in den germanischen Ländern stimmt mit der Cultur der altgriechischen und altitalischen Bronze=Periode so sehr überein, daß sich alle diese Völker derselben Periode nicht trennen lassen.

Die Eisen=Periode bietet im Ganzen und im Einzelnen eine für alte Cultur so moderne Erscheinung, daß sie nothwendig in die letzte Zeit des Heidenthums fallen muß, welche im nordöstlichen Deutschland von den wendischen Slaven belebt ward. Der Charakter dieser Wendengräber ist im Allgemeinen folgender. Die Leichen sind immer verbrannt. Die Aschenurnen sind nicht unter einen auf der Erdoberfläche aufgeschütteten Hügel (tumulus) beigesetzt, sondern in den natürlichen Erdboden vergraben; sie finden sich in der Nähe der noch stehenden Dörfer, welche ehemals wendisch waren, in großer Anzahl, oft zu Hunderten, vergraben, und diese Stellen werden von dem Volke seit 300 Jahren oft "Wendenkirchhöfe" genannt. Im Besondern haben aber diese Wendenkirchhöfe folgende Eigenthümlichkeiten (vgl. Jahrb. XII, S. 421 flgd.). Die Urnen sind schalenförmig, braun oder kohlschwarz, mit Verzierungen geschmückt, welche durch Stempel oder Rollräder in Punktlinien eingedrückt sind. Das Eisen, welches in den frühern Perioden gar nicht beobachtet

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ist, findet allgemeine Anwendung, selbst zu Schmucksachen. Die Bronze erscheint seltener und nur zu Schmucksachen verarbeitet. Silber ist häufig, noch häufiger buntes Glas; sehr selten ist Gold, welches nur in einzelnen Beispielen beobachtet ist.

Dieselben silbernen Schmucksachen, die sich in den Wendengräbern finden, sind mit den "Wendenpfennigen" und den nachgemachten köllnischen und andern Münzen des 10. Jahrhunderts zusammen gefunden.

Diese und viele andere Gründe haben uns zu unserer Ansicht geführt, ohne daß wir Einzelnheiten besonders hervorgehoben und verglichen haben, was wir leicht hätten thun können.

In den neuern Zeiten sind nun viele Entdeckungen gemacht, welche unsere Ansicht nachdrücklich bestärken. Es sind in der Schweiz, im südlichen Deutschland, am Rhein hinab, in Belgien große Todtenlager aufgedeckt, z. B. zu Bel=Air, Nordendorf, Selzen, selbst bei Hallstadt, welche unter einander die größte Aehnlichkeit haben und alle einer bestimmten Periode, ungefähr seit dem Untergange des weströmischen Reiches, angehören. Diese Gräber stimmen im Wesentlichen nicht nur unter einander, sondern auch mit den Gräbern ferne liegender Völkerschaften, z. B. der Angelsachsen und der Wenden, überein, und es ist anzunehmen, daß eine und dieselbe Form der Cultur damals durch ganz Mitteleuropa ging, wie in den ältesten Zeiten der Bronze=Periode. Man darf hier nicht so sehr einzelne Eigenthümlichkeiten, die sonst nicht vorkommen, vergleichen. Das Verbrennen der Todten konnte bei den Wenden Sitte sein, während man zu derselben Zeit am Rhein die Leichen unverbrannt begrub: und doch konnten die Geräthe in beiden Gegenden gleich sein. Die Geräthe konnten an Kunstfertigkeit sehr von einander abweichen und doch in den Grundformen übereinstimmen. So z.B. sind in diesen Zeiten die damals beliebten Hefteln mit einer Spiralfeder, welche in der alten Zeit der Bronze=Periode ganz fehlen, in der Schweiz und den Rheinlanden häufig sehr reich und kunstvoll verziert, während dieselben Hefteln in den Wendenländern ganz einfach, aber von derselben Gestalt sind. Ueberhaupt spielt die kunstvolle und getriebene Arbeit an Heften, Spangen, Schnallen, Buckeln eine große Rolle in den südwestlichen Gegenden, während dieser Zierrath in den nordöstlichen Gegenden ganz fehlt. Es ist von hohem Interesse, daß jetzt ein merkwürdiges Zwischenglied gefunden ist, welches die Gräber der beiden genannten Gegenden in Verbindung bringt.

Im Großherzogthume Luxemburg sind in neuern Zeiten viele Gräber aufgedeckt, welche der gallo=fränkischen Zeit zugeschrieben und in die Zeit vom 5. bis zu m 11. Jahrhun=

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dert gesetzt worden. Diese Funde sind ausführlich beschrieben in den Publications de la société pour la recherche et la conservation des monumens historiques dans le Grand-Duché de Euxembourg, VIII, 1853, in der mit Abbildungen begleiteten Police sur les tombes gallo - frankes du Grand-Duché de Luxembourg, par M. A. Namur, p. 26 sq. Diese Gräber, welche von der einen Seite mit den angedeuteten Gräbern der Rheinlande auffallend übereinstimmen, zeigen von der andern Seite die größte Aehnlichkeit mit den wendischen Gräbern, so daß man sagen kann, die luxemburger Gräber stehen von allen entferntem Gräbern den wendischen am allernächsten. Die oben beschriebenen wendischen Gräber lassen sich bis jetzt von Pommern über Meklenburg und die Mittelmark bis in die Altmark, an die Lüneburger Haide und in Wagrien, also so weit in Norddeutschland Wenden gewohnt haben, verfolgen. Die bisher bekannt gewordenen Gräber, die zunächst hinter diesen Grenzen liegen, z. B. die Gräber in Sachsen und in der Lausitz, sind von den wendischen Gräbern weiter entfernt, als die Gräber im Luxemburgischen. Es muß also eine gewisse Cultur, deren Wurzeln in den letzten Zeiten des römischen Reiches liegen, vom 5. bis 10. Jahrhundert sich über das deutsche Tiefland von Westen gegen Osten (oder zur See) verbreitet haben; die mitteldeutschen Berge und Wälder, vielleicht die Stammesverschiedenheiten selbst in demselben Volke, scheinen mehr abgesperrt zu haben, als die weite Entfernung.

Die Uebereinstimmung zwischen den luxemburgischen und den wendischen Gräbern bestehen in folgenden Eigenthümlichkeiten. Wir bevorworten hier ausdrücklich, daß wir nur andeuten wollen und nicht ausführen, was wir einer umfassenden Alterthumskunde überlassen müssen.

1) Die den Todten mitgegebenen Urnen sind in beiden Ländern gleich. Im Luxemburgischen finden sich grade solche schwärzliche Urnen, wie in den ehemaligen Wendenländern (vgl. a. a. O. p. 39). Sie sind nicht allein in den Formen übereinstimmend, d. h. in der besondern Führung der Linien, sondern auch in den Verzierungen, welche mit viereckigen Stempeln oder viereckig gezahnten Rollrädern eingedrückt sind. Diese Art von Verzierung ist bisher nur in der Eisen=Periode der wendischen Ostseeländer bis in die Altmark hinein beobachtet. Besonders gleichen die bei Mersch (p. 50) und bei Sierck (p. 54) gefundenen und Tab. II. Nr. 1 und 2 abgebildeten Urnen ganz und durchaus mehreren Urnen der meklenburgischen Wendenkirchhöfe (vgl. Jahrb. XII, S. 432 flgd.).

2) Die bunten Glasperlen, welche a. a. O. Tab. II.

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abgebildet sind, entsprechen ganz den in den Wendenkirchhöfen gefundenen, eben so

3) der a. a. O. Tab. III, Nr. 14 dargestellte silberne Ring.

4) Ganz gleich sind aber wieder die a. a. O. auf Tab. IV, Nr. 23 und 24 abgebildeten eisernen Schildbuckel, welche denen in Meklenburg gefundenen völlig gleich sind. Die großen helmförmigen Beschläge aus Eisen, in deren breitem Rande oft noch bronzene Nägel sitzen, erklärt Herr Namur a. a. O. p. 45 mit Recht für Schildbuckel. Wir erinnern uns nicht, dergleichen Beschlägen in irgend einer andern Periode begegnet zu sein.

5) Noch auffallender ist die Gleichheit der Hefteln, welche so construirt sind, daß auf der Rückseite einer kreisrunden bronzenen Platte, deren Oberfläche zum Schmuck mit bunten Glasperlen besetzt ist, die Nadel mit einer Spiralwindung angeheftet ist. Solche ganz eigenthümlich geformte Hefteln, freilich noch mit Goldplatten belegt, wurden im Luxemburgischen wiederholt gefunden; vgl. a. a O. p. 49 und 53, vgl. Tab. III, Nr. 1 und 2. Eben so gestaltete und verzierte (jedoch nicht mit Gold belegte) Hefteln wurden auch in dem Wendenkirchhofe von Pritzier häufig gefunden (vgl. Jahrb. VIII, S. 71 und 63). Die Form der Urnen in dem Wendenkirchhofe von Pritzier stimmt oft mit den Formen der luxemburgischen Urnen völlig überein.

Das häufigere Vorkommen von Gold in den luxemburgischen Gräbern deutet auf merovingischen Einfluß; das öftere Vorkommen von Silber in den wendischen Gräbern spricht schon für kufische Handelsverbindungen, welche sich in den frühesten Zeiten weit gegen Nordwest erstreckten.

Diese Uebereinstimmung ist zu genau und auffallend, als daß man nicht einen genauem Zusammenhang und Gleichzeitigkeit zwischen den luxemburgischen und wendischen Gräbern annehmen sollte; überdies besitzen wir ja Nachrichten, daß im 9. Jahrh. die wendischen Fürsten mit den westlichen Ländern im fränkichen Reiche in kriegerischer Verbindung standen (Vgl. Rudloff Mekl. Gesch. I, S. 19, 23 flgd.). Die lausitzishen, sächsischen und thüringischen Alterthümer haben dagegen schon einen ganz andern Charakter.

Die Aehnlichkeit geht aber noch weiter. Alle die eisernen Schwerter, Dolche, Lanzen, Pfeile, - ja selbst die vielen Schnallen und Haken, welche freilich in den westlichen Ländern von Bronze und reich verziert, in den wendischen Ostseeländern aber von Eisen, jedoch gut gearbeitet sind, sind dort, wie hier. Jedoch wollen wir hierauf kein großes Gewicht legen,

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da sich diese Eigenthümlichkeiten viel weiter in Raum und Zeit verbreiten. Auch von der "Francisca" und "Framea" wollen wir nicht reden, da dies noch sehr bestrittene Benennungen sind.

Das steht jedoch fest, daß sich in der Eisen=Periode nirgends eine größere Gleichheit zwischen Grabalterthümern findet, als zwischen den Gräbern Luxemburgs und Meklenburgs. In den dazwischen liegenden Ländern Hannover und Westphalen herrscht über den Gräbern der Eisen=Periode noch tiefes Dunkel, so daß sie jetzt wohl schwerlich zur Vergleichung gezogen werden können. Das aber scheint sicher zu sein, daß zu einer gewissen Zeit der Eisen=Periode, etwa vom 5. bis zum 10. Jahrhundert, derselbe Kunstgeschmack im mittleren Europa herrschte und daß es jetzt vorzüglich darauf ankommt, besondere Eigenthümlichkeiten aufzufinden, welche den einzelnen Völkerschaften zukommen. Die kunstvollem Bronze=Arbeiten in Hefteln, Buckeln, Schnallen, Spangen scheinen die niederrheinischen Völkerschaften mit den mittelrheinischen Völkerschaften gemein zu haben; dagegen fehlen dieselben in den deutschen Küstenländern ganz, wenn auch die Formen der Geräthe gleich sind.

Ich wollte nur anregen, da es mir zu einer durchgeführten Bearbeitung des Stoffes an Zeit fehlt und verweise auf die bekannten Schriften über die oberdeutschen Gräberfunde, auf die luxemburgischen und meklenburgischen Jahrbücher.

Schwerin.

G. C. F. Lisch.     

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Wendenkirchhof von Barendorf.

Auf der Feldmark Barendorf bei Grevismühlen, westlich vom Dorfe, unweit der Everstorfer Forstscheide, befand sich bisher im freien Acker eine mit Holzgestrüpp bewachsene und wohl wegen Abackerung umher erhöhete Stelle, welche "Kirchhof" (plattdeutsch: "Karkhof") heißt. Woher dieser Name rührt, ist hier unbekannt. Er mißt jetzt von Osten nach Westen 80 Fuß und ist 40 Fuß breit, ist früher aber noch etwa einmal so lang und auch wohl breiter gewesen. Vor ohngefähr 40 Jahren sind dort Steine zu einer Feldsteinmauer ausgebrochen und ist ein Theil der Stelle zu Acker gemacht. Man soll auch damals bei dieser Arbeit Topfscherben getroffen haben. Jetzt sind auf dem noch übrigen Theile des Kirchhofes die Steine und das Buschwerk so weit ausgearbeitet, daß er nun dem Pfluge anheimfällt, wobei man eine Graburne gefunden bat. Als ich davon Nachricht bekam, ging ich dahin und traf zwei mir unbekannte

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Arbeiter aus Grevismühlen, welche mir die Scherben und Knochen bei einander liegend zeigten. Sie erzählten mir, wie beim Durchhacken nach Steinen der eine von ihnen Knochen und Scherben herausgebracht, wo er dann die Erde weiter weggenommen und den unteren Theil eines Topfes hervorgezogen habe, welcher aber nach dem Niedersetzen gleich in mehrere Stücke auseinander gegangen sei. Aus Unkunde hätten sie sich gleich darüber hergemacht, die Knochen herausgenommen, durchsucht und sich dabei verwundert, wie solche so fest und regelmäßig eingepackt gewesen; aber auch die morschen Urnenscherben hatten sie zwischen den Fingern so zerbröckelt, daß sich der Boden des Gefäßes davon nicht mehr zusammenfinden ließ. Da nun das Vorgefundene für den Verein für Alterthumskunde keinen Nutzen mehr haben konnte, ging ich einige Tage später mit mehreren meiner größeren Schüler in der Mittagsstunde dahin und sprach mit ihnen darüber, dann gruben wir die Knochen und kleinen Scherbenstücke in die Erde. Einige größere Scherbenstücke nahmen wir mit, welche ich dem Hrn. Pensionär Haupt zu Tressow vorgezeigt habe, welcher diese auch einsenden will, daher übergebe ich ihm auch diese Betreibung.

Die Urne selbst hatte so flach gestanden, daß der obere Theil derselben wohl vom Viehe schon abgetreten war, aber ich glaube, wenn dieser Ort ordentlich durchgearbeitet wäre, derselben mehrere hätten gefunden werden müssen. Die ganze Fläche ist nur mit Bicken durchgehackt, denn die Arbeiter sagten: Es wäre ihnen nur um die kleineren Steine zu thun, weil sie zu Dammsteinen benutzt werden sollten. Die Arbeit geschah im Dec. 1852.

Nachbemerkung. An der Barendorfer Scheide in der Everstorfer Forst in dem sog. Kammerholze finden sich noch Spuren eines untergegangenen Dorfes, wo Bauern oder Kossaten gewesen sein müssen und den Landbau gut cultivirt betrieben haben, das beweisen die noch vorhandenen Steinmauernreste, welche alle in gleichmäßiger Entfernung gerade fortlaufen und wohl zur Einfriedigung der Hofstellen und Gärten gedient haben. Eine jetzt dort vorhandene länglichte Wiese mag damals ein Teich gewesen sein. Unweit derselben zwischen den Steinmauern liegen Steinhaufen, welche wohl die Stellen bezeichnen, wo die Wohnplätze gestanden haben. Auch in der Jameluschen Forst kann man an Stellen die Linien verfolgen, wo Steinmauern gestanden haben, und mehrere Gräben geben der Vermuthung Raum, daß vieles, was jetzt mit großem Holze besteht, angebaut gewesen ist. Unter andern befindet sich darin an der Manderower Scheide das sog. Windmühlenholz, wo große Buchen und Eichen stehen. Auf einem Berge bezeichnet eine runde Umwallung wohl die Stelle, wo die Windmühle ge=

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standen hat. Man weiß aber nicht, wann dort eine Windmühle gestanden und wohin sie gehört hat.

Barendorf den 5. Januar 1853.

C. F. Linshöft, Schulleiter     

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Wendenurne von Tramm.

Beim Bau der Chaussee von Grevismühlen nach Dassow ward im J. 1845 bei T ramm, Pf. Mummendorf, eine Begräbnißurne aus der Eisen=Periode gefunden und von dem Herrn Pächter Haupt zu Tressow erworben und dem Vereine geschenkt. Die Urne gehört zu der Gattung von Urnen der Wendenkirchhöfe, welche in Jahrb. XIII, S. 435, abgebildet ist. Die Urne ist nach unten spitz zugehend, glatt und schwarz, und ist ganz und gar mit senkrechten, eingeritzten Zickzacklinien verziert, welche über dem Bauchrande aus 3, unter dem Bauchrande aus 2 Parallellinien bestehen; die Linien bestehen, wie bei allen Urnen dieser Art, nicht aus Punkten, sondern aus eingeritzten Strichen von ununterbrochener Führung. Diese Art von Urnen ist in Meklenburg nicht sehr häufig.

G. C. F. Lisch.     

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Eiserne Speerspitze von Retzow.

Diese Speerspitze fand sich ganz unter dem Steinhügel eines Kegelgrabes, ohne daß Spuren einer Urne oder von Knochen sich zeigten, auf dem Retzower Felde, wo noch ganze Gruppen Von ähnlichen Kegelgräbern sind. Der Erbpächter Herr Abraham fand sie beim Ausbrechen der Steine. - Es dürften noch einige Gräber angegriffen werden, und werde ich darauf achten, daß nichts verloren gehe.

J. Ritter.

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Spindelsteine
Spindelstein von Boitin.

Zu Boitin, auf der Dorfstätte des untergegangenen Dorfes Dreetz, nicht weit von dem "Steintanze", ward ein seltener Spindelstein gefunden und von dem Herrn Pächter Fratzscher zu Boitin an die großherzogl. Alterthümersammlung eingeliefert. Der Spindelstein bildet eine regelmäßige Scheibe Von grauem Sandstein, 1 7/8" im Durchmesser und etwas über 3/8" dick, und ist auf beiden Flächen mit kleinen, unregelmäßig stehenden Löchern und auf dem Rande mit größern, regelmäßig ste=

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henden Vertiefungen, deren jede in einem eingegrabenen Quadrat steht, verziert. Die Scheibe hat nicht allein in der Mitte ein durchgehendes Loch von etwa 3/8" Durchmesser, sondern umher noch vier gleiche Löcher von gleicher Weite, regelmäßig gruppirt; jedoch ist das mittlere Loch mehr ausgeschliffen, als die übrigen.

G. C. F. Lisch.     

32 Spindelsteine, an verschiedenen Stellen im Amte Grevismühlen gefunden, erworben durch die Bemühungen des Herrn Haupt zu Tressow.

10 Spindelsteine aus gebranntem Thon, gesammelt in verschiedenen Dörfern in der Gegend von Grevismühlen von dem Herrn Haupt zu Tressow.

1 Spindelstein, gefunden zu Satow bei Cröpelin, geschenkt von dem Herrn Pastor Vortisch zu Satow.

1 Spindelstein aus gebranntem Thon, gefunden zu Karbow bei Lübz, geschenkt von dem Küster Herrn Lange daselbst.

1 Spindelstein von gebranntem Thon, gefunden zu Kölpin bei Sternberg.


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d. Außereuropäische Völker.


Bereitung der Thongefäße
bei dem Volke
der Flachschädel in Süd-Amerika.

Der Herr von Bibra in Nürnberg schenkte dem Vereine ein von ihm selbst heimgebrachtes Stück von einer Rüstung aus Baumfasern und von einem Thongefäße aus einem Grabe der Flachschädel an der Westseite von Südamerika, an der Algedon=Bay, bei Bolivia, bei der Wüste Atomaca, unter 20 Grad südlicher Breite. Die Gefäßscherbe zeigt dieselbe Bereitung, welche an den heidnischen Gefäßen Norddeutschlands wahrgenommen wird: Durchknetung mit Kies, Dörrung am offenen Feuer, Bekleidung der rauhen Außenflächen mit fein geschlemmtem Thon. Die Scherbe ähnelt den Scherben aus der Eisen=Periode Norddeutschlands: der Kies ist fein, die Farbe des Gefäßes schwärzlich, der Bruch hart. - Vgl. Jahrb. XV, S. 261.

G. C. F. Lisch.     

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2. Alterthümer des christlichen Mittelalters und in der neuen Zeit.


Reliquien von Berendshagen.

In dem Altare der Kirche zu Berendshagen bei Neu=Buckow wurden zwei Gefäße mit Reliquien gefunden, welche der Herr Gutsbesitzer Hillmann auf Berendshagen, Patron der Kirche, durch Vermittelung des Herrn Pastors Vortisch, dem Vereine freundschaftlichst zum Geschenke machte.

Es wurden zwei Gefäße gefunden:

1) eine runde, gedrechselte, hölzerne Büchse, mit feinen erhabenen Reifen, 2" hoch und 2" weit, mit einem Stöpfel von ungeläutertem Wachs dicht verschlossen. Das Innere, wie das Aeußere der Büchse sind reichlich mit einer rothen Farbe, wie Blut, besprengt und begossen; die Farbe ist aber noch jetzt blutroth, oder vielmehr kirschroth, also wohl mit etwas Anderm, als Blut gefärbt, da Blut wohl nachgedunkelt haben würde. In dieser Büchse lag:

a. ein Stückchen Knochen, 6"' lang, welches in ein Stückchen feinen, weißen Seidenzeuges (wie Krepp) gewickelt war; dieses war wieder in ein größeres Stück dünnen, florartigen Seidenzeuges gewickelt. Beide Stücke Zeug haben dieselben Blutflecken, wie die Büchse;

b. zwei kleinere Stückchen Knochen in ein bräunliches Stückchen Seidenzeug gewickelt, welches ebenfalls rothe Blutflecken hat;

c. ein ebenfalls roth geflecktes, scharf abgeschnittenes, morsches, dreieckiges Stück Pergament, etwa 1" hoch, auf welchem Gregori' pp - (d. i. Gregorius papa) steht;

d. ein kleiner, abgerissener, 3/8" breiter, in zwei Stücke zerbrochener Pergament streifen, auf welchem noch die Buchstaben - - m[a].oris (d. i. majoris?) zu lesen sind;

2) eine kleine, 3 3/4 lange, breit gedrückte, gläserne Flasche, die ebenfalls mit einem Wachsstöpfel verschlossen war. In der im Innern trüben Flasche lagen zwei kleine Stückchen bräunlicher, roth gefleckter, steifer Leinewand.

Leider ward eine bischöfliche Urkunde oder ein bischöfliches Siegel nicht gefunden. Die Schrift der beiden Worte trägt

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aber den Charakter des 13. Jahrhunderts und ist fest und schön gehalten.

Die Reliquien, welche also auch die Schutzheiligen des Hauptaltares und der Kirche bezeichnen, lassen sich also deuten:

zu d, vielleicht auf den Apostel Jacobus den ältern, da ich die Buchstaben m[a].oris = majoris, also: Jacobi majoris lesen möchte; vor diesem Worte ist etwas von dem Zettel abgerissen und verloren gegangen; das a ist nicht mehr ganz vorhanden. Man könnte die Buchstaben oris auch auf den Kopf stellen und rückwärts siro lesen; dagegen spricht aber das einer 2 ähnliche r , welches dem 13. Jahrhundert in dieser Form r angehört.

zu c) Der andere Heilige ist ohne Zweifel Gregorius papa = der Heil. Gregor. I. Papst (590 † 604).

Nach diesen Reliquien dürfte die Kirche zu Berendshagen eine Jacobikirche aus dem 13. Jahrh. sein.

G. C. F. Lisch.     

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Amulet von Langsdorf.

Auf der Feldmark von Langsdorf, A. Sülz, ward auf dem Acker ein messingenes Amulet ausgepflügt, welches die Gestalt und Größe eines Johanniter=Kreuzes hat und auf beiden Seiten quer durch mit flachen Reliefs geziert ist. Auf der Vorderseite ist eine Schlacht dargestellt, darüber Wolken, darunter die Inschrift:

S VDAL
RICVS

Der H. Ulrich war Bischof von Augsburg. Auf der Rückseite ist quer durch eine Stadt abgebildet, darüber Wolken, darunter die etwas undeutliche Inschrift:

EPI
AVS

(= Episcopi Agustani?) Nach den Buchstabenzügen scheint das Kreuz aus dem 16. Jahrh. zu stammen. Geschenk des Herrn Geh. Amtsrath Koch zu Sülz.

G. C. F. Lisch.     

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Bronzenes Thiergebilde von Tews=Woos.

Zu Tews=Woos, im Amte Dömitz, ward ein kleines Thiergebilde aus Bronze gefunden, von dem Taubstummen=Instituts=Inspector Herrn Benque zu Ludwigslust erworben und von diesem dem Herrn Geh. Cabinetsrath Dr. Prosch geschenkt, welcher es wiederum an die Sammlung des Vereins schenkte.

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Das Gebilde stellt ein ungeschlacht gebildetes hockendes Thier, vielleicht einen Hund oder Wolf, mit aufgesperrtem Rachen, dar, welches mit den 4 Beinen auf einem kleinen viereckigen Untersatze sitzt. Das Ganze ist 2" hoch, das Thier 1 5/8", der Untersatz 3/8". Das Metall ist mittelalterliche Bronze. Die Haare an Nacken und Brust sind in kurzen Strichen mit einem scharfen Instrumente eingehauen. Der Untersatz ist länglich viereckig, an den drei vordem Seiten abgeschrägt hervorragend, an der Unterfläche glatt und blank und etwas abgenutzt.

Man könnte versucht sein, das Gebilde für ein Pettschaft zu halten, wenn dergleichen Bildungen für diesen Zweck im Mittelalter nicht ungewöhnlich wären und die sonstige Einrichtung des Ganzen nicht dagegen spräche. An der Stelle des Schwanzes ragt nämlich hinten horizontal ein runder Zapfen von 1/4" Dicke und 1/4" Länge hervor, und unter diesem Zapfen ist das untere Ende hinten, 5/8" lang, etwas eingezogen und abgeflacht, so daß der Untersatz und dessen Abschrägung hier ganz fehlt, auch roh gearbeitet, so daß es sicher ist, daß das Ganze unten mit der untern Hälfte der Rückseite in etwas eingelassen und festgenietet gewesen ist, da das Ende des Zapfens etwas umgenietet ist. Es hat also wohl als ein Schmuck zu irgend einem Geräthe gedient.

G. C. F. Lisch.     

Ringschnalle von Lage.

Bei der Bebauung des ehemaligen Armenkirchhofes zu Lage ward beim Ausgraben der Kellerräume eine silberne Ringschnalle gefunden, welche aus einem Turnosen des Königs Philipp VI. von Frankreich (1328-1350), mit den Umschriften:

PhILIPPVS R e X
TVRONVS c IVIS

dadurch gebildet ist, daß der innere runde Schild ausgeschlagen, der äußere Rand stehen geblieben und eine Nadel angesetzt ist. Der Herr Thorschreiber Roll schenkte diese Schnalle dem Vereine.

G. C. F. Lisch.     

Ein Löffel

aus Messing, mit rundem Blatt und einer Traube am Ende des Stiels, von der gewöhnlichen Form, mit einem Stempel mit drei Löffeln oben im Blatte, gefunden zu Kaarz bei Brüel, geschenkt von dem Herrn Major a. D. von Bülow auf Kaarz.

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Einen zinnernen Teller,

gefunden zu Vilz, schenkte der Herr von Koß auf Vilz. Auf den Rand ist ein Wappen eingravirt, von welchem im obern Theile des Schildes und auf dem Helme ebenfalls ein Vogelkopf eingravirt ist. Ueberall ist viel eingekratzt, z. B.

1588.
G. G. G. N. G. W. W. G. K.
H. v. KOSSE.


1591.
H. Kosse.
Mittelalterliche Ziegelgeräthe von Wismar.

Der Herr J. D. Thormann zu Wismar schenkte dem Vereine mehrere bei Wismar im Hafendamme neben den Resten eines alten Bohlwerkes gefundene, aus roth gebranntem Tbon gefertigte mittelalterliche Sachen, nämlich:

3 Leuchter von ziemlich roher, jedoch origineller alter Arbeit;
3 Netzsenker in Form durchbohrter Scheiben;
1 kleine Kugel.

Eine Gußform

aus gebranntem, weißlichen Thon, von merkwürdiger Beschaffenheit, fand der Herr Kriegsrath Grimm zu Schwerin auf der Sandbank oder Insel Lieps in der Ostsee vor Wismar und schenkte dieselbe dem Vereine (vgl. oben S. 293).

Eine Gußform

aus grauem Sandstein, ein sogenannter Schäferstein, mit den rohen Umrissen eines Herzens, fand der Herr Ingenieur=Gehülfe Beyer zu Güstrow auf der Feldmark von Gantschow bei Güstrow und schenkte dieselbe dem Vereine.

Eine eiserne Pfeilspitze

mit langen Widerhaken, gefunden zu Marlow am Schloßberge beim Graben, geschenkt von dem Herrn Dr. Hüen zu Marlow.

Ein großer Schlüssel

von Eisen, gefunden auf dem alten heidnischen und darauf (im 13. Jahrh.) bischöflichen Burgwalle von Bützow (Jahrb. IX, S. 403), welcher seit aller Zeit der Hopfenwall heißt,

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beim Abgraben eines Theiles desselben vor einigen Jahren, geschenkt von dem Herrn Friedr. Seidel zu Bützow.

Ein eisernes Hufeisen,

stark gerostet, ungewöhnlich klein, 4" lang und 4" breit im äußern Rande, zu Miekenhagen 4 Fuß tief in der Erde gefunden und von dem Herrn Pastor Vortisch zu Satow geschenkt.

Ein fünfschildiges meklenburgisches Wappen

aus gebranntem Thon, aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrh. oder dem ersten Viertheil des 18. Jahrh. (aus der Zeit der verwittweten Herzogin Sophie Charlotte), in der untern Hälfte vorhanden, gefunden auf dem Schloßplatze zu Bützow unter einer Feldsteinmauer in Bauschutt beim Bau des neuen Amtshauses im Januar 1853, geschenkt von dem Herrn Fr. Seidel zu Bützow.

Gemalte Fensterscheiben
aus Bauerhäusern in Mummendorf und Warnkenhagen.

Der Herr Pächter Haupt zu Tressow hatte Gelegenheit, für den Verein 19 gemalte Fensterscheiben zu erwerben, von denen 15 ziemlich gut erhalten sind und 9 aus Bauerhäusern zu Mummendorf bei Grevismühlen und 6 aus Bauernhäusern zu Warnkenhagen, in der Pfarre Elmenhorst, bei Klütz, stammen. Die Scheiben aus Mummendorf sind aus dem 17. Jahrh. und enthalten Figuren, Wappen und Namen; die Scheiben aus Warnkenhagen, welches am Ostseestrande liegt, sind aus dem 18. Jahrh. und enthalten auf 4 Scheiben Schiffe, auf 2 Scheiben Wappen

G. C. F. Lisch.     

 


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II. Zur Baukunde.

1. Zur Baukunde der vorchristlichen Zeit.


Der wendische Burgwall von Vipperow.

Nach der unten bei der Bechreibung der Kirche zu Vipperow mitgetheilten Darstellung der Bedeutsamkeit des Dorfes Vipperow ließ sich vermuthen, daß sich dort ein wendischer Burgwall finden lasse. Nach einer in Jahrb. II, S. 106, Note, mitgetheilten Nachricht fand sich im Anfange des 18. Jahrhunderts am Müritzufer nördlich von Vipperow

"nahe an der Müritz der sogen, alte Hoff, welcher sonsten für alters, wie der augenschein gab, mit hohen wällen und gräben umgeben gewesen. Dieser ohrt nebst dem darauf stehenden häuschen und da herum liegenden Wiesen war umbher gantz unter waßer von der Müritz gesetzt".

Diese Stelle ist noch auf der großen Schmettauschen Charte nördlich von Vipperow bezeichnet und gehörte zu Solzow. Nach den von dem Herrn Pastor M. Wachenhusen zu Vipperow angestellten Untersuchungen wurden hier neben starken Fundamentmauern nur Kachel=, Gefäß= und Glasscherben aus dem 15. und 16. Jahrh. gefunden. Dieser alte Hof ist also die Stelle des alten Ritterhofes der Linie Hahn auf Solzow.

Es ward mir von einem alten Manne, der in jüngern Jahren Kirchenjurat gewesen ist, eine andere Stelle namhaft gemacht, welche der wendische Burgwall von Vipperow sein könnte. Ungefähr 12 Ruthen vom Ufer, dem Dorfe Vipperow und dem Gute Retzow (am jenseitigen Ufer) gegenüber liegt in der Müritz eine kleine Insel, welche von den Einwohnern von Vipperow der "Borgwall" genannt wird. Diese kleine Insel ist theils mit Weichholz bewachsen, theils wird sie von den Fischern als Gartenland benutzt. Der alte Mann erzählte, "diese Insel

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sei der "Borgwall" und wenn sie in alten Zeiten hinübergewollt hätten, so hätten sie ein Paar "Pferdeköpfe" hinübergeworfen". So dunkel nun auch diese Sage ist und so wenig der allte Mann auch im Stande war, sie weiter auszuführen und zu deuten, so deutet doch die Sage von den "Pferdeköpfen" auf eine alte Zeit, da Pferdeschädel eine große Rolle in den alten Sagen Meklenburgs spielen, wie man sie auch in den Hünengräbern der Stein=Periode beigesetzt findet. Dieser "Burgwall" ist der wendische Burgwall von Vipperow. Bei meiner Anwesenheit in Vipperow fand ich keine Gelegenheit hinüberzukommen, um an Ort und Stelle Untersuchungen anstellen zu können. Der Herr Pastor M. Wachenhusen zu Vipperow hat aber die Güte gehabt, Nachgrabungen anzustellen, und fand mehrere Fuß tief nur die bekannten Gefäßscherben aus der letzten heidnischen Zeit, mit Granitgrus durchknetet und am Rande mit wellenförmigen Linien verziert, wie sich solche Scherben auf allen heidnischen Burgwällen Meklenburgs finden. Von mittelalterlichen Scherben war keine Spur zu finden.

Es leidet also keinen Zweifel, daß diese Insel den heidnischen Burgwall des Landes Vipperow bildete. Die Lage und Beschaffenheit desselben hat die größte Aehnlichkeit mit der des Burgwalles von Kutzin oder Quetzin im plauer See (vgl. Jahrb. XVII, S. 25).

G. C. F. Lisch.     

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Wendische Burg von Schulenberg.

Im Holze des Gutes Schulenberg, bei Sülz, steht hart am Rande des Moores, welches die Reknitz durchströmt, ein alter Burgwall, die "alte Burg" genannt, ein hoher Ringwall, scheinbar mit einem Eingange von Osten und einem Ausgange gegen Westen; wenigstens ist der mit hohen Buchen bestandene Wall an diesen Stellen durchbrochen. Die Sage macht hieraus eine Burg der alten Seeräuber "Störtebek und Jörte Micheel". Doch ist der Wall mehr einem wendischen Lager oder Burgplatze gleich. Vor kurzem hatte ein Dachs aus seinem Bau in diesem Walle ein verziertes Randstück von einem thönernen Gefäße ausgegraben, welches nach den Verzierungen und der Bearbeitungsweise aus der wendischen Zeit stammt. Die Bestimmung dieses Burgwalles kann also nicht zweifelhaft sein.

Nach den Mittheilungen des Herrn Geh. Amtsraths Koch zu Sülz.

G. C. F. Lisch.     

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Burgwälle von Crivitz.

In Jahrb. XVIII, S. 279, ist der rechts neben dem Eingange zur Stadt, von Schwerin her, im See liegende, alte, hohe Burgwall (jetzt Bleiche) von Crivitz als ein muthmaaßlich wendischer beschrieben; da dieser Burgwall früher lange Zeit Armenkirchhof gewesen, also viel umgegraben ist, so ist zur Erforschung seines Ursprunges wenig Hoffnung vorhanden.

An der andern Seite der Stadt liegt aber noch ein zweiter Burgwall, auf dem jetzt das großherzogliche Amt steht, von weiten Wiesen und ehemaligen Gräben umgeben. Dieser Burgwall wird das Schloß der Grafen von Schwerin getragen haben, da er noch im 16. Jahrh. wiederholt als fürstliches Schloß vorkommt und seitdem Sitz des Amtes gewesen ist. Auch dieser Wall giebt wenig Hoffnung zur Erforschung, da auf demselben bis heute immer gebauet ist und die nächsten Umgebungen, so weit der Burgwall aufgeschüttet ist, zur Gartencultur stark bearbeitet sind.

G. C. F. Lisch.     

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Wendische Alterthümer von Bützow.

In einem Garten vor dem Rühner Thore der Stadt Bützow, nach der Seite hin, wo der alte Burgwall liegt (Jahrb. IX, S. 403), hatte Hr. Fr. Seidel zu Bützow früher Spindelsteine, eine eiserne Pfeilspitze und heidnische Gefäßscherben gefunden. In neuern Zeiten fand derselbe dort wieder mit Granitgrus durchknetete, mit wellenförmigen Parallellinien verzierte Gefäßscherben, ganz von der Art, wie sie sich auf den großen Burgwällen aus der letzten heidnischen Zeit finden, und vier bronzene Alterthümer, welche schon an der Grenze der christlichen Cultur stehen:

eine kleine Ringschnalle,
einen kleinen glockenförmigen Beschlag,
einen halben Nagel,
einen Hemdknopf oder Doppelknopf, mit hübschen erhabenen Verzierungen auf der Oberseite,

alle ganz aus Bronze. Der Herr Seidel schenkte diese Alterthümer dem Vereine.

Ohne Zweifel ist diese Stelle ein wendischer Wohnplatz (kein Begräbnißplatz) gewesen.

G. C. F. Lisch.     


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2. Zur Baukunde des christlichen Mittelalters.

a. Weltliche Bauwerke.


Ueber die bischöfliche Burg zu Bützow

aus dem Mittelalter sind bisher keine Nachrichten bekannt geworden. Die Bischofsburg ward in der zweiten Hälfte des 13. Jahrh. von dem heidnischen Burgwalle (dem "Hopfenwalle") an die Stelle verlegt, wo noch jetzt die letzten Reste der mittelalterlichen Burg stehen und zum Criminal=Collegium benutzt werden. Von den ältesten Gebäuden ist nichts mehr vorhanden.

In neuern Zeiten sind viele alte Gebäude der Burg abgebrochen. Das große Gebäude des Criminal=Collegiums stammt ohne Zweifel noch aus dem Mittelalter, wenn es auch unter dem Herzoge Ulrich in der zweiten Hälfte des 16. Jahrh. mit einigen Reliefziegeln des schweriner Schlosses aufgeputzt ist.

Sicherer scheint jetzt der Ursprung des alten Nebengebäudes zu sein, welches in Lisch Meklenburg in Bildern, III, 1844, im Titelbilde, im Vorgrunde abgebildet ist. Der Herr Fr. Seidel zu Bützow meldet nämlich: "an den bewohnten Häusern am Schloßplatze, welche früher die Universitäts=Bibliothek genannt wurden, ist noch ein Stein, auf welchem ein Schwan steht, eingemauert". Dieses Sinnbild ist nun das Wappen des schweriner Bischofes Nicolaus I. Böddeker (1444-1457), welcher nach denselben Wappenziegeln auch das bischöfliche Schloß zu Warin nicht allein restaurirte (vgl. Jahresber. III, S. 169), sondern auf demselben im J. 1448 auch ein großes viereckiges Gebäude unter dem Namen "der Bischof" aufführte (vgl. Jahresber. IV, S. 89). Derselbe bauete im J. 1448 auch auf dem Schlosse zu Bützow ein ähnliches Gebäude, welches ebenfalls "der Bischofssaal" hieß (vgl. Lisch Mekl. in Bildern a. a. O. S. 64), an welchem ebenfalls Ziegel mit dem Schwan eingemauert waren (vgl. Jahresber. III, S. 169 und VIII, S. 24). Von diesen Wappenziegeln ist nach dem Berichte des Herrn Seidel auch noch einer in einen nahe vor dem rostocker Thore am Hause des Ackermanns Lippert stehenden Stall eingemauert; wahrscheinlich stammt dieser Ziegel von dem in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts abgebrochenen Bischofssaale, dessen Steine öffentlich versteigert wurden.

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Es ist also außer Zweifel, daß der Bischof Nicolaus Böddeker an den bischöflichen Schlössern zu Warin und Bützow viel gebauet hat. Nachdem vor einigen Jahren auch das in Lisch Mekl. in Bildern, IV, 1845, im Titelbilde, abgebildete alte bischöfliche Schloß zu Warin abgebrochen ist, ist das Wenige von alten Gebäuden, welches am Schloßplatze zu Bützow steht, der letzte Rest der Bauthätigkeit dieses Bischofes.

G. C. F. Lisch.     

Es wird hier zu Bützow am Schloßplatze ein neues Amtshaus erbauet, an einer Stelle, wo seit Menschengedenken ein Garten war. Wie ich in meiner Jugend von alten Leuten hörte, hat hier ein Gebäude gestanden, in welchem die fürstliche Küche war. Daneben stand das große Thor, mit einem Thurme, welcher sich dem alten Schlosse anschloß; vom Schlosse ging ein Gang durch den Thurm nach der Küche.

Im April und Mai ward der Bau damit angefangen, daß zuerst die Gartenerde abgeräumt ward; dann ward ein Keller gegraben und zu den neuen Fundamenten der Grund ausgegraben. Es fanden sich nun noch mehrere Fundamente von Mauer= und Feldsteinen, viel Bauschutt und an einigen Stellen viele Kohlen. Ich besuchte den Bauplatz täglich; was ich an Alterthümern erhalten habe, übersende ich hierbei.

1) Wurde eine ganze Menge zerbrochener mittelalterlicher Krüge aus blaugrauem Thon ausgegraben, welche ich sammelte und von denen ich 12 der am besten erhaltenen übersende.

2) An Eisen: einige alte Messer, ein kleiner Schlüssel und ein Splint zu einem großen Schlosse.

3) Ein halber Henkel zu einem Gefäße, aus Messingblech.

4) An Münzen: ein rostocker Kupfer=Dreiling mit der Jahreszahl 1622; ein alter Rechenpfennig mit der Jahreszahl 1652 und Johann Albrecht; ein rostocker Sechsling, mit einem Greifen auf beiden Seiten, aus dem 15. Jahrhundert.

5) Wurde ein kleiner Mühlstein von Sandstein ausgegraben; an der einen Seite sind Rillen eingehauen wie bei einem Mühlstein; auch war in der Mitte über dem Loche ein Eisen befestigt wie bei einem Mühlsteine. Der Stein hat 14 Zoll im Durchmesser, ist 2 1/2 Zoll dick und wiegt 20 Pfund.

Bützow den 30. Mai 1853.

Friedrich Seidel.     

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Das Schloß an der Fähre bei Schwerin.

In Jahrb. VII, S. 251, ist eine Urkunde mitgetheilt, durch welche am 17. Juli 1331 der Graf Heinrich von Schwerin mit dem Herzoge Barnim von Pommern auf dem Schlosse bei der Fähre ("tu der sloten bi der Vere") ein Landfriedensbündniß abschließt. Hierunter wird ohne Zweifel die eine Meile von Schwerin am Ausflusse der Stör aus dem schweriner See gelegene Fähre zu verstehen sein, da nur meklenburgische und schwerinsche Ritter und Knappen bei der Ausstellung der Urkunde gegenwärtig erscheinen.

Diese Annahme wird dadurch bestärkt, daß der Herr Hofschlosser Duve zu Schwerin an dem hohen Ufer hinter der Fähre in dem Sandberge an 20 Fuß tief, also wahrscheinlich in verschütteten ehemaligen Kellerräumen, mehrere große steinerne Kugeln fand, von denen er zwei an die schweriner Sammlungen ablieferte; beide sind in der Oberfläche glatt gerieben; die eine ist rund, die andere ist aber flach, wie zusammengedrückt.

G. C. F. Lisch.     

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Die Burg Galenbek.

Die alte Riebensche Burg zu Galenbek bei Friedland liegt dem jetzigen Hofe grade gegenüber, unmittelbar neben demselben. Von dem großen See her erstreckt sich eine weite moorige Wiesenfläche, welche früher ohne Zweifel Sumpf oder Moor war. An dem Ende dieses Sumpfes, noch in demselben, liegt die alte Burg Galenbek, jetzt mit hohen Bäumen bewachsen.

Der Burgwall ist ein höchstens 8 bis 10 Fuß hohes Rechteck von 45 Schritten Länge und 30 Schritten Breite. Auf demselben stehen in der Erde noch die Wände eines viereckigen Kellers von dem Hauptgebäude in der Mitte, an dem Ost= und Südrande des Walles.

Gegen Norden hin steht noch die sehenswerthe Ruine des großen, runden Thurms, von den Landleuten der "Fangelthurm" genannt. Es ist nur noch die senkrechte Hälfte etwa 25 Fuß hoch vorhanden. In neuern Zeiten ist die Ruine einige Fuß nach der mehr moorigen Seeseite hin hinübergesunken; es hat jedoch der Zusammenhang des Mauerwerkes dadurch nicht im geringsten gelitten. Das Mauerwerk ist sehr dick und fest; die Ziegel sind ungewöhnlich groß, der Kalkmörtel stark mit sehr grobem, reinen Kies, in welchem viele kleine Kieselsteine stecken, vermischt und also sehr mager angerichtet; die äußern Fugen sind mit einer Linie nachgerissen. Die ganze Beschaffenheit des Mauerwerks deutet auf ein Verhältnißmäßig hohes Alter; der Thurm

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wird aus dem Ende des 14. Jahrh. stammen. Die Burg ward im J. 1453 von den Stralsundern zerstört (vgl. Stralsund. Chroniken Bd. I, S. 202). In der Höhe, dem Innern des Burgwalles zugewendet, ist eine niedrige, mit einem flachen Bogen (nicht Spitzbogen) überwölbte Oeffnung, welche wahrscheinlich eine Verbindungsthür zwischen dem Thurme und dem ersten Stock des Hauptgebäudes bildete. Die Rüstlöcher an der Außenwand des Mauerwerkes stehen offen. Das Fundament ist hoch über die Erde hinaus, vielleicht auch das ganze Innere des Mauerwerks, aus Feldsteinen in der Weise gemauert, daß immer eine Schicht von ungefähr 3 Fuß Dicke aus Feldsteinen in Kalk gemauert und diese Schicht mit Bruchstücken von Ziegeln bedeckt ist, um für die nächst folgende Schicht eine grade Oberfläche zu gewinnen. An dem Fundamente sind in Feldsteinen und Ziegeln viele Bohrlöcher zum Sprengen, welches aber vergeblich gewesen ist, wie der Augenschein und viele ausgesprungene Stücke beweisen.

Rund um dieses Viereck der Burg zieht sich ein tiefer Graben.

Nach der Seeseite hin sind weiter keine Befestigungen.

Vor dem ersten Graben liegt im Halbkreise nach der festern Landseite hin ein sehr breiter Wall, auf welchem ohne Zweifel die Vorburgen gestanden haben. Von der Mitte dieses Walles nach der Burg ging die Brücke, von welcher noch einzelne Pfähle in dem Graben stehen.

Um diese Vorburg legt sich im weiten Halbkreise ein zweiter Graben.

Dann folgt ein zweiter Vorwall im Halbkreise, wieder von einem dritten Graben im Halbkreise umgeben.

Daran stößt bis gegen das feste Land ein weites, viereckiges Plateau, auf welchem der jetzige herrschaftliche Hof mit dem Garten steht, welches früher aber wohl das Dorf getragen hat. Auch diess Plateau ist von einem Graben umgeben.

Sowohl durch die feste Lage, als durch alle diese Befestigungen war die Burg Galenbek wohl eine der festesten Burgen im Lande.

Geschrieben zu Galenbek den 31. Januar 1851.

G. C. F. Lisch.     


Einen Grundriß des alten, im J. 1806 abgebrochenen bischöflichen Schlosses Stove im Bisthume Ratzeburg schenkte der Herr Forstjunker von Wickede zu Ratzeburg.


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b. Kirchliche Bauwerke des Mittelalters.


Blätter

zur

Geschichte der Kirche zu Doberan,

vom

Archivar Dr. Lisch.


Ueber

die alte fürstliche Begräbnißkapelle
und
das Grab des ersten christlichen Fürsten

Pribislav

in der Kirche zu Doberan.

Alle alten Chroniken und Urkunden sprechen mit großer Bestimmtheit aus, daß die meisten der alten Fürsten Meklenburgs aus den drei Linien Meklenburg, Werle und Rostock bis zum Jahre 1550 in der herrlichen Kirche der Cistercienser=Mönchs=Abtei Doberan begraben wurden, und zwar mit wenigen Ausnahmen an einer und derselben Stelle, in einer Kapelle, welche großen Ruhm und bedeutende kirchliche und künstlerische Ausstattung hatte. Diese Kapelle gab dem Kloster ein besonderes, ungewöhnliches Ansehen und wandte demselben die reiche Gunst der Landesherren zu. Nach allen Andeutungen war diese Kapelle in dem nördlichen Kreuzschiffe, neben der Pforte, welche in alten Zeiten die öffentliche Hauptpforte war, während die Mönche die Pforte gerade gegenüber im südlichen Kreuzschiffe hatten.

Als im Jahre 1550 der edle Herzog Magnus, der letzte, protestantisch gewordene Bischof von Schwerin, der Sohn des Herzogs Heinrich des Friedfertigen, zuletzt in dieser Kapelle beigesetzt ward, verließ man die alte Sitte des Begrabens in der


*) Ich theile diese Darstellung so mit, wie sie zur Begründung der Verhältnisse amtlich ausgearbeitet ist, ohne die einzelnen Punkte durch die Quellen zu beweisen, da diese in frühern Jahrgängen der Jahrbücher bearbeitet sind.

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Erde: man erbauete für seinen Sarg ein Gewölbe auf dem Fußboden der Kapelle und erhöhete dabei den Fußboden mit dem alten Altare um 4 1/2 Fuß, vorzüglich auch zu dem Zwecke, um ein breites Epitaphium an der Vorderwand der Erhöhung über der vermauerten Oeffnung zu der Gruft anzubringen. Der ganze Fußboden des Vierecks unter dem östlichsten Gewölbe des Kreuzschiffes ward dadurch um ungefähr 5 Fuß erhöhet, und man mußte nun auf einer kleinen Treppe zu dieser erhöheten Kapelle hinaufsteigen, welche mit einem schlechten hölzernen Gitter eingefaßt war. Mit dieser Erhöhung verschwand nun jede Spur von der alten Heiligkeit der Stelle und die erhöhete Kapelle ward sehr bald eine Rumpelkammer für Bau=Material und Rüstwerk; ja zuletzt fing sie an zu verfallen und bot einen unsaubern, störenden Anblick dar, um so mehr, als auch die Umgebungen im Kreuzschiffe zur Aufbewahrung von Bau=Material benutzt wurden.

Sollte die Erkenntniß der merkwürdigen Kapelle wieder lebendig werden, so war es durchaus nothwendig, daß diese verunstaltende Erhöhung entfernt ward. Se. Königliche Hoheit der Großherzog Friedrich Franz gab, in richtiger Erkenntniß der geschichtlichen Bedeutung dieser Stätte, am 18. Dec. 1852 dem Baurath Bartning und dem Archivar und Conservator Dr. Lisch zu Schwerin den Befehl zur Abtragung der Erhöhung und zur Durchforschung der Kapelle, um nach Befinden demnächst die Wiederherstellung anzuordnen. Der Archivar Lisch leitete vom 1.-5. Nov. 1853 an Ort und Stelle die Abtragung und die vorbereitenden Aufgrabungen, welche denn auch zum gewünschten Ziele geführt haben.

Um der Entstehung der fürstlichen Begräbnißkapelle eine sichere Grundlage zu geben, finde hier eine kurze baugeschichtliche Vorbereitung Raum.

Im J. 1164 ward das erste christliche Gotteshaus in den jetzigen meklenburg=schwerinschen Landen in der noch stehenden Kapelle auf dem fürstlichen Hofe Doberan, später Alt=Doberan oder Althof genannt, erbauet. Bei dieser Kapelle zu Althof ward von dem ersten christlichen Fürsten Pribislav im J. 1170 die Cistercienser=Mönchs=Abtei Doberan gestiftet. Am 30. Dec. 1178 stürzte der Fürst Pribislav bei einem Turniere auf der fürstlichen Burg auf dem Kalkberge bei Lüneburg und ward in der Kirche des Benedictiner=Klosters zu St. Michael, welches damals auch auf dem Kalkberge stand, begraben; hier ruhete auch der große Obotritenkönig Heinrich († 22. März 1119; vgl. Jahrb. XVIII, S. 176). Nach Pribislav's Tode fielen die Wenden wieder von dem Christenthume ab und zer=

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störten am 10. Nov. 1179 das Kloster zu Althof. Im J. 1186 stellte Pribislav's Sohn Borwin I. das Kloster wieder her und verlegte es nach dem Dorfe Doberan, wo noch jetzt die Kirche steht, und im J. 1192 bestätigte und erweiterte derselbe und im J. 1193 der Bischof Brunward die Rechte des Klosters. Damals also wird der Grundplan der jetzigen Kirche, mit Ausnahme des aus dem 14. Jahrhundert stammenden vielseitigen Chorumganges festgestellt und theilweise zur Ausführung gekommen sein. Diese älteste Kirche war ohne Zweifel eine große Kirche im romanischen oder Rundbogenstyle, etwa von der Größe und dem Style der großen rundbogigen Klosterkirche zu Jerichow in der Altmark bei Tangermünde, welche vom J. 1147-1152 gebauet ist. Von diesem alten romanischen Bau der doberaner Kirche ist der Westgiebel des südlichen Seitenschiffes mit der Rundbogenpforte und dem Rundbogenfriese in den jüngern Bau aufgenommen und noch heute zu sehen, wie auch viel altes Mauerwerk in den südlichen Seitenwänden steckt. Daß der Grundplan dieser alten Kirche mit der jetzigen Kirche übereinstimmt, geht daraus hervor, daß die südwestliche Ecke der alten Kirche noch heute dieselbe Ecke der jüngern Kirche bildet und die Ruine der Mittelwand des alten, auch noch im Rundbogenstyle aufgeführten Kreuzganges sich an die Außenwand des südlichen Kreuzschiffes lehnt, welche eben so wenig alte Strebepfeiler hat, als die Außenwand des südlichen Seitenschiffes. Die Anlage der beiden Kreuzschiffe, welche sehr breit sind, liegt also im Grundplane des ältesten Baues. Diese romanische Kirche ward am 3. Oct. 1232 eingeweihet. Als aber im 14. Jahrhundert der Spitzbogenstyl die europäische Welt mit einer beispiellosen Begeisterung beherrschte, erhöhete und veränderte man die alte Kirche zu ihrer jetzigen Gestalt und bauete auch den vielseitigen Chorumgang, welche dieser Zeit ganz eigenthümlich ist. Diese spitzbogige Kirche mit ihrer ganzen noch jetzt vorhandenen Einrichtung ward am 4. Juni 1368 eingeweihet.

Nachdem im Verlaufe des ersten Viertheils des 13. Jahrhunderts die Zeiten ruhiger geworden waren und der Kirchenbau so weit Fortschritt gewonnen haben mußte, daß die Ringmauern und die Haupttheile in der Vollendung da standen, führte Borwin, nachdem er im J. 1218 die Besitzungen und Rechte des Klosters wiederholt bestätigt hatte, im Jahre 1219 die Leiche seines Vaters Pribislav vom Michaeliskloster bei Lüneburg nach Meklenburg zurück und begrub sie in der Kirche zu Doberan. Noch vorher schenkte er im J. 1219 dem Michaeliskloster das Dorf Zesemow bei Lübz, welches von da an Michaelisberg genannt ward, aber längst untergegangen ist.

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Die Begräbnißstätte Pribislav's ward nun auch die Begräbnißstätte seiner Nachkommen bis zum J. 1550. Schon im J. 1267 stiftete Heinrich der Pilger ein ewiges Licht an den Gräbern seiner Vorfahren, im J. 1302 stiftete Heinrich der Löwe bei dem Begräbnisse seines Vaters einen Altar in der Begräbnißkapelle seiner Vorfahren in der Kirche zu Doberan und im J. 1400 verordnete der Herzog Rudolph, Bischof von Schwerin, daß auch er in der Kirche zu Doberan, wo alle seine Vorfahren und die alten Fürsten des Landes ruheten, begraben werde. Alle Urkundennachrichten und Traditionen, so wie mehrere alte, große Wappenziegel, welche im Fußboden lagen, deuteten darauf hin, daß diese Begräbnißkapelle im nördlichen Kreuzschiffe an der alten Hauptpforte zu suchen sei.

Die Kreuzschiffe der Kirche zu Doberan sind drei Gewölbe breit, welche nach den Seitenschiffen hin auf zwei hohen, schlanken Pfeilern ruhen, von denen einer in jedem Seitenschiffe achteckig, sehr schlank und wegen des schönen Baues im Volke berühmt ist. Unter dem östlichen Gewölbe des Kreuzschiffes stand der erhöhete Fußboden der Kapelle mit dem Altare über dem Begräbnisse des Herzogs Magnus; unter dem mittlern Gewölbe lagen die Wappenziegel; unter dem westlichen Gewölbe ist die nördliche Pforte und der Zugang zum Schiffe.

Es ließ sich annehmen, daß das östliche und das mittlere Gewölbe zu der alten Begräbnißkapelle gehört hatten, da der Raum unter einem Gewölbe nicht groß genug ist.

Ich begann mit meinen Forschungen im Osten. Der Altarschrein ist ganz verfallen und der Restaurirung völlig unfähig. Die Altarplatte bestand aus einer Kalksteinplatte mit 5 Weihkreuzen. Ich ließ nun den Altarschrein und die Altarplatte abnehmen und darauf den Altartisch abbrechen. Der Altartisch war von alten Ziegeln aufgemauert und enthielt nichts, da er 1550 in der protestantischen Zeit nur aufgemauert war, um den Altarschrein zu erhalten. Zwischen die Steine war ein merkwürdiges Stück von einer uralten Altarplatte, vielleicht von der ältesten Altarplatte der Kapelle, als alter Ziegel vermauert: es war ein an drei Seiten abgehauener, fester Ziegel von 1 1/2 Fuß im Quadrat in der Oberfläche und 4 Zoll Dicke; die vierte Seite, die Vorderteile, war nach unten hin abgeschrägt wie häufig die alten Altarplatten, und auf der Oberfläche war ein großes Weihkreuz eingegraben. - Der ganze Raum der Erhöhung der Kapelle, 4 1/2 Fuß hoch und 12 Fuß Fläche im Quadrat, war mit Sand und Schutt gefüllt. Das Gewölbe über dem Sarge des Herzogs Magnus war sehr leichtfertig auf=

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gemauert, so daß es in kurzer Zeit mit den bloßen Händen abgebrochen werden konnte. Die durch die Erhöhung verdeckt gewesenen alten Seitenwände der Kirche standen im Rohbau; nur die vertieften Flächen der Pfeiler zwischen den Graten waren überweißt. Das Begräbniß des Herzogs Magnus war während des Abbruches durch doppelte Bretterdecken geschützt.

Nachdem der Abbruch vollendet war, öffnete ich die Gruft des Herzogs Magnus. Ich fand dieselbe in der größten Verwüstung. Das Sargholz war zu Moder verfallen und mit Bauschutt vermischt; die Gebeine waren häufig zerbrochen und verwittert und mit verolmtem Knüppelholz vermischt, vielleicht von vielen Rollhölzern, als der Sarg in das niedrige Gewölbe hineingeschoben ward; offenbar war die Gruft früher, vielleicht im dreißigjährigen Kriege, schon durchwühlt.

Ich fand aber, gegen die Vermuthung, nicht eine Leiche, sondern zwei Leichen in dem Gewölbe beigesetzt, an jeder Seite in dem Gewölbe eine, so daß in der Mitte ein breiter Raum leer war. Nach dem Epitaphium gehörte das eine Gerippe, zur Linken, welches am besten erhalten war, dem Herzoge Magnus († 1550). Das zweite Gerippe, welches schon viel mehr zerstört war, gehörte ohne Zweifel seiner Mutter Ursula († 1510), gebornen Markgräfin von Brandenburg, des Herzogs Heinrich des Friedfertigen erster Gemahlin, welche vor dem Herzoge Magnus zuletzt an dieser Stelle in Doberan begraben ward, wie die Gedächtnißtafel auf ihr Begräbniß an der Wand neben dem Fenster beweiset. Wahrscheinlich ward ihre Leiche bei dem Begräbnisse ihres Sohnes, bei der Fundamentirung der Gruft, wieder ausgegraben und umgesargt. Beide Gerippe legte ich in neue Särge, bezeichnete sie interimistisch mit einem Schilde und setzte sie vorläufig in das neuere fürstliche Begräbnißgewölbe hinter dem Altare.

Nach Abräumung der Widerlagen des Gewölbes und des Bauschuttes versuchte ich es, in die Tiefe zu dringen, sah mich jedoch bald durch ein unerwartetes, für den Augenblick unüberwindliches Hinderniß gehemmt. Der ganze Raum der Kapelle unter dem östlichen Gewölbe, von den Seitenwänden bis an die Pfeilergrate, ist nämlich unnöthiger Weise über 4 Fuß tief mit großen Granitblöcken von 3 bis 4 Fuß Durchmesser gefüllt und die Zwischenräume sind mit kleinen Feldsteinen und Ziegelstücken ausgefüllt und mit Kalk ausgegossen, welcher so fest gebunden hat, daß in den Fugen kaum einige Zoll tief einzudringen war; mit gewöhnlichen Brechstangen und andern Werkzeugen war nichts anzufangen, selbst das Untergraben von den Seiten her fruchtete nichts. Ich sah mich daher genöthigt, dieses Unter=

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nehmen aufzugeben; ich that es auch um so lieber, als durch diese ungebührliche Ausfüllung zur bloßen Befestigung des Fußbodens und zur Fundamentirung der Widerlagen für das Gewölbe jede Spur von alten Begräbnissen unter dem Fußboden vernichtet sein muß. Es war freilich gegen meine Erwartung und gegen alle Vermuthung, daß bei dem Begräbnisse des Herzogs Magnus (1550), noch zur katholischen Zeit des Klosters, zwei Jahre vor der Säcularisirung desselben (1552), ein Theil der alten fürstlichen Gruft und Kapelle vernichtet sein sollte.

Ich unternahm darauf die Aufgrabung des Grundes unter dem mittlern Gewölbe des nördlichen Kreuzschiffes, wo die Wappenziegel lagen, welche freilich wiederholt anders geordnet sind, aber doch noch ungefähr in demselben Raume lagen, wohin sie ursprünglich gelegt waren. Hier fand ich in verschiedenen Schichten über einander, etwa 1 Fuß über einander, viele Gerippe, dicht an einander gelegt, im Sande liegen. Ich störte diese nicht weiter, sondern ging in der Mitte unter dem Gewölbe, wo ich keine Leichen, sondern nur reine Erde ohne Schutt fand, weiter in die Tiefe, bis ich grade in der Mitte des Kapellenraumes 4 Fuß tief unter dem Fußboden der Kirche auf altes Mauerwerk stieß, und in diesem das Grab Pribislav's zu vermuthen Ursache hatte.

Von Bedeutung bei dieser Untersuchung war, daß im J. 1843 bei der Aufgrabung des Grundes im hohen Chore zur Fundamentirung des Sarkophages für den hochseligen Großherzog Friedrich Franz I. ganz dieselben Erfahrungen gemacht wurden.

Der ganze Grund der doberaner Kirche ist Sand (sogen. Sogsand), welcher bei 4 bis 5 Fuß Tiefe unter Wasser steht, so daß ein gegrabenes Loch sich nach kurzer Zeit mit Wasser füllt. In diesem nassen Sande stand in gleicher Tiefe die Leiche Heinrichs des Löwen in einem von Ziegelsteinen aufgemauerten offenen Sarkophage (vgl. Jahrbücher des Vereins für meklenb. Geschichte, IX, S. 429-431).

Ganz dieselbe Erscheinung zeigte sich unter dem mittlern Gewölbe der alten fürstlichen Begräbnißkapelle. In einer Tiefe von 6 Fuß war ein Sarkophag von uralten, großen Ziegeln aufgemauert, welcher 2 Fuß hoch war, so daß der obere Rand 4 Fuß tief unter dem Fußboden stand; dieser Sarkophag war 8 Fuß lang, 2 Fuß 10 Zoll weit im Lichten, 2 Fuß hoch, oben und unten offen. In diesen Sarkophag war ein Sarg gestellt, welcher 6 1/2 Fuß lang und am Kopfende 2 Fuß breit war; der Sarg war nur von Holz gewesen, ohne irgend eine Metallverzierung. Von dem Holze war aber keine Spur mehr

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vorhanden; es war völlig vermodert, jedoch an einem dunkelbraunen Streifen in dem nassen Sande sehr klar und bestimmt zu erkennen. In diesem Sarkophage und innerhalb des an dem braunen Streifen erkennbaren Sarges lag, 5 1/2 Fuß tief unter dem Fußboden, in Sand und Wasser, ein Gerippe, gegen Osten schauend, 6 Fuß hamburger Maaß lang. Bei der Aufgrabung kamen der Schädel und die Beine ans Tageslicht; ich ließ diese Gebeine ruhig an ihrer Stelle liegen und befreiete sie nur von Erde. Es fehlten dem Schädel mehrere Backenzähne und die Schneidezähne standen hoch heraus; das linke Schläfenbein war zerbrochen, vielleicht ursprünglich, von dem Sturze, an welchem Pribislav bei dem lüneburger Turnier starb. Das Gerippe hatte ein sehr altes Ansehen, das Gerippe Heinrich's des Löwen († 1329) war fester und besser erhalten: schon hieraus möchte sich der Schluß ziehen lassen, daß das Gerippe wenigstens 100 Jahre länger liege, als das Heinrichs des Löwen. Zu einer weitern Untersuchung und zur Bloßlegung des Gerippes, welche ich nicht einmal paßlich fand, hielt ich mich nicht ermächtigt, sondern bedeckte das Gerippe wieder mit Erde, wie ich es gefunden hatte.

Dieses Grab halte ich mit vollster Ueberzeugung für das Grab des Fürsten Pribislav († 1178) aus folgenden Gründen.

1) Spricht das Begräbniß selbst für die Ruhestätte Pribislavs. Die Leiche liegt in der Mitte unter dem Kirchengewölbe, in grader Linie vor dem Altare, so tief, wie kein anderes, so daß diese Leiche zuerst an dieser Stelle begraben sein muß, indem alle anderen Leichen neben derselben und höher liegen. Außerdem zeugt dafür die uralte, durch andere Beispiele verbürgte Bestattungsweise und die Beschaffenheit des Gerippes.

2) Lagen in der Tiefe dicht an dem Ziegelsteinsarkophage, an der Außenseite desselben, Stücke von dem ältesten Fußbodenpflaster, welche bei dem Begräbnisse losgetreten und hinuntergeglitten waren. Diese bestanden aus den kleinen Mosaikziegeln, 1 ) mit denen die Altarstellen zu Althof und Doberan gepflastert sind; es waren mehrere Male 2, 3, auch 4 Stück neben einander in Kalk gelegt, so daß es nicht zu bezweifeln ist, daß sie von dem alten Fußbodenpflaster abgetreten waren. Alle hatten noch ein frisches Ansehen und an den tiefern Stellen eine glänzende Glasur, so daß sie noch nicht lange gelegen haben


1) Man vergleiche oben die Abhandlung über die Fürstin Woizlava und die Kapelle zu Althof.
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konnten, als sie versanken. Diese Ziegel stammen noch aus der Zeit der Gemahlin des Fürsten Pribislav, der Fürstin Woizlava, und wurden dazu benutzt, die besonders heiligen und wichtigen Stellen in der Kapelle zu Althof und demnächst in der Kirche zu Doberan zu pflastern. Auch bei der Abtragung und Aufgrabung der andern Räume fand ich hin und wieder zwischen Schutt und Erde diese Mosaikziegel, jedoch schon mehr abgetreten.

3) Besitzen wir ein ausdrückliches Zeugniß darüber, daß Pribislav an dieser Stelle begraben liegt. Der aus Wismar gebürtige lübeker Prediger Reimar Kock sagt in seiner Chronik der Stadt Lübek von dem Fürsten Pribislav:

Anno 1170 buvede he ock dat Closter Dobberan, dar he Pribischlaus begrauen licht in der Karcken int Norden under einem schönen Stene mit Mißinck belecht, worup gehauen: Pribislaus dei gratia Herulorum, Vagriorum, Circipanorum, Polaborum, Obotritorum, Cissinorum, Vandalorum rex.

Reimar Kock war in Wismar geboren, trat im J. 1524 in das St. Katharinen=Kloster zu Lübek und ward bald nach Einführung der Reformation daselbst Prädicant und 1553 Pastor an der Petrikirche († 1569). Er schrieb eine Chronik der Stadt Lübek und vollendete das hier zur Frage stehende erste Buch derselben im J. 1549, also ein Jahr vor dem Tode des Herzogs Magnus von Meklenburg. In dieser Chronik behandelt er mit Vorliebe auch die Geschichte Meklenburgs und bewährt sich überall als einen einsichtsvollen und zuverlässigen Mann. Es ist daher keinem Zweifel unterworfen, daß er das Kloster Doberan und die Merkwürdigkeiten der Kirche aus eigener Anschauung kannte, um so mehr, da er so ausführlich und zuversichtlich berichtet. Dieser Grabstein muß bald nach des Herzogs Magnus Beisetzung (1550) untergegangen sein, da Latomus († 1614) in feinem meklenburgischen Genealochronikon (1610) über denselben sagt, daß

"dieser stein nicht alda wird gefunden"

(vgl. Jahrb. II, S. 6). Ohne Zweifel war die Grabplatte eine große, gravirte Messingplatte oder eine Kalksteinplatte, in welche kleinere gravirte Messingplatten, wie z. B. ein Bild oder ein Schild und die Inschrift eingelassen waren. Daß das Grab mit einer großen Platte belegt gewesen ist, geht daraus hervor, daß das Begräbnis seit der Bestattung Pribislav's nicht angerührt gewesen ist, da sich keine Spur von Gebeinen und Mauerschutt über der Leiche fand, während zur Seite in mehreren Schichten die Leichen über einander lagen.

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4) Hiemit stimmt das Epitaphium überein, welches der Herzog Heinrich der Friedfertige im J. 1514 durch seinen gelehrten Rath Dr. Nicolaus Marschalcus Thurius († 1525) über dem Grabe Pribisiav's errichten ließ, als die Stelle des Begräbnisses noch bekannt war und der Leichenstein noch auf dem Grabe lag. Auf einer Tafel, welche an dem Wandpfeiler zu den Häupten Pribislav's hängt, stehen die Worte:

Epitaphium Pribislai, primi fundatoris hujus monastarii, qui fuit filius Nicoloti etc. und ein Gedicht mit der Lebensbeschreibung Pribislav's in lateinischen Hexametern und Pentametern. Im J. 1514 ließ nämlich der Herzog Heinrich nicht allein die fürstlichen Denkmäler in der Kirche zu Doberan restauriren, sondern auch die Epitaphien auf schwarzen Brettern mit goldenen Buchstaben durch den Rath Nic. Marschalk setzen (vgl. Jahrb. II, S. 175).

5) In Verbindung mit diesen Inschriften stehen die Bilder Niklots und Pribislav's, welche an der westlichen Wand des nördlichen Kreuzschiffes dem Altare gegenüber aufgehängt sind und ebenfalls aus der Zeit des Herzogs Heinrich des Friedfertigen stammen (vgl. Jahrb. II, S. 37 flgd.), wenn sie auch im vorigen Jahrhundert unter dem Herzoge Christian Ludwig restaurirt sind.

6) In Betracht der besondern Ehrwürdigkeit des Begräbnisses des Fürsten Pribislav, des christlichen Stammvaters der meklenburgischen Fürsten aller Linien und des Stifters des Klosters Doberan, ward die Kapelle, wo Pribislav begraben liegt, zur Familiengruft aller meklenburgischen Fürsten (bis 1550) erhoben. Schon im J. 1267 stiftete Heinrich der Pilger eine ewige Wachskerze an den Gräbern seiner Aeltern und seines Bruders ("in memoriam patris nostri domini Johannis de Wismaria et matris nostre Luthgardis fratrisque nostri domini Alberti - - circa predictorum "defunctorum sepulcra"). Der Fürst Heinrich der Löwe stiftete im J. 1302 bei der Beisetzung seines Vaters, Heinrich's des Pilgers, eine ewige Wachskerze an der Stelle seines Begräbnisses (im hohen Chore) und einen Altar und lobenswerthe Fenster in der Kapelle, wo seine Vorfahren begraben lagen ("unum altare et fenestras laudabiles in capella, ubi progenitores nostri requiescunt"). Im Jahre 1400 verordnete der Herzog Rudolph, Bischof von Schwerin, daß, da seine Väter und Vorfahren ("patres et progenitores"), wie sie aus dem Heidenthume zu Lichte des rechten Glaubens gelangt seien, bei dem Cistercienser=Orden zu Doberan, der ersten Pflanzung des christlichen Glaubens, sich

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das Begräbniß erwählt und die Nachkommen derselben Fürsten von ganz Wendenland ("totius Slaviae") dort das Begräbniß verdient hätten, auch er sich sein Begräbniß bei seinen Vorfahren ("apud eosdem nostros progenitores") erwähle, in Betracht der herzlichen Liebe, die er zu einem so ausgezeichneten und ihm theuren Orte habe. Die Stiftung des Altares in dieser Kapelle stammt also aus dem J. 1302 von dem Fürsten Heinrich dem Löwen. Der große, dicke Ziegel von einer Altarplatte mit einem Weihkreuze mag also noch aus jener Zeit stammen, als der Ziegelbau noch mehr blühete, als in den folgenden Zeiten.

7) Nach den glaubwürdigen Nachrichten in den Urkunden und Chroniken wurden die in der Anlage 1. verzeichneten Fürsten aus den Linien Meklenburg, Werle und Rostock in dieser Kapelle begraben. Neben dem Grabe Pribislav's lagen in zwei Schichten ungefähr 1 Fuß über einander Gerippe im bloßen Sande dicht neben einander.

8) Da hier der Fürsten so viele begraben wurden, so daß sie nicht neben einander Platz hatten, so wählte man zur Bezeichnung ihres Begräbnisses nur kleine Platten mit den Reliefwappen der Linien. Dies sind Ziegelplatten, von ungefähr 15 Zoll im Quadrat und gegen 4 Zoll Dicke, mit dem flachen Relief des Stierkopfes auf einem schräge rechts gelehnten Schilde, ursprünglich schwarz glasurt, in den Vertiefungen mit Kalk ausgefüllt. Latomus in seinem meklenburgischen Genealochronikon (1610) berichtet:

"Es liegen 12 gebrandte Grabsteine alda, darunter die Herren von Werle begraben".

Von diesen sind jedoch nur 6 übrig geblieben. Vier von diesen enthalten den kurzen, gedrungenen meklenburgischen Büffelskopf mit dem Halsfell; zwei derselben sind durchgebrochen, jedoch noch in den Bruchstücken vorhanden; nach der Zeichnung und der Arbeit, namentlich in Vergleichung mit denselben Steinen (mit Schild und Helm) auf dem Grabe Heinrichs des Löwen, stammen diese Steine aus dem 14. Jahrhundert. Ein fünfter Stein von derselben Größe und Arbeit enthält den lang gezogenen werleschen Ochsenkopf ohne Halsfell; dieser muß vor dem J. 1436 (dem Jahre des Erlöschens der Linie Werle) verfertigt sein und stammt ebenfalls aus dem 14. Jahrh., da die letzten Werleschen Fürsten im Dome zu Güstrow begraben sind und der Füst Johann II. von Werle=Güstrow nach der Chronik der letzte werlesche Fürst war, welcher im J. 1337 in der Kirche zu Doberan begraben ward. Diese 5 Steine lagen, nach neuerer

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Anordnung, jedoch gewiß nach alter Tradition, auf dem Grabe Pribislav's und an der rechten, südlichen Seite desselben, wo die Gerippe über einander lagen. - Ein sechster Stein ward dicht vor dem Gewölbe des Herzogs Magnus († 1550) und halb von demselben bedeckt gefunden. Dieser ist viel kleiner, dünner und von anderer Ziegelmasse; er enthält einen meklenburgischen Büffelskopf, offenbar aus dem Ende des 15. oder den ersten Jahren des 16. Jahrhunderts. - Alle diese Wappenziegel bezeichnen ohne Zweifel die allgemeine Begräbnißstätte der Nachkommen Pribislav's.

9) In Folge aller dieser Denkmäler und gewiß alter Klosternachrichten bezeichnete der Herzog Heinrich der Friedfertige durch seinen Rath Dr. Nicolaus Marschalk diese Begräbnißstätte durch eine Tafel mit der Inschrift:

Principes magnifici de Werle vulgariter dicti hîc sunt depositi.

Diese Tafel hängt an der Nordseite eines Pfeilers im nördlichen Seitenschiffe, dem Begräbnisse Pribislavs gegenüber. Marschalk hat unter den "Fürsten von Werle genannt" unzweifelhaft wohl alle Fürsten wendischen Stammes verstanden, da hiervon züglich die wendischen Fürsten von der Linie Meklenburg begraben sind. Das Wort Werle ward häufig gleichbedeutend mit Wenden gebraucht.

10) Zum Schmuck der Fürstenkapelle wurden dort auch schön gemalte Fenster 1 ) unterhalten. Schon im J. 1302 stiftete der Fürst Heinrich der Löwe zum Seelenheile seiner Aeltern bei dem Begräbnisse seines Vaters einen Altar und

gemalte fenster ("fenestras laudabiles") in der Kapelle, in welcher seine Vorfahren ruheten ("in capella, ubi progenitores nostri requiescunt").

Wahrscheinlich ist es das erste, alte, gemalte Fenster, welches ich in Trümmern bei der Aufgrabung entdeckt habe. Bei dem


1) Die ältesten Glasgemälde der doberaner Kirche, wahrscheinlich aus dem 14. Jahrhundert stammend, Arabesken=Muster, meistentheils schwarz auf grau, auf dickem Glase, mit buntem Glase verziert enthaltend, wie häufig in Cistercienser=Kirchen (z. B. in der Kirche des noch bestehenden Cistercienser=Klosters zum Heil. Kreuze bei Baden in Oesterreich), sind wohl im Kloster Doberan selbst gemalt. Im 15. und 16. Jahrhundert wurden Glasgemälde sur die doberaner Kirche wohl in Rostock gemalt, wofür, nach den wenigen Ueberresten aus dieser Zeit in Doberan und Rostock, auch der Styl zu reden scheint. Im J. 1515 ließen die Herzoge Heinrich und Albrecht die Fenster der doberaner Kirche durch den "Fenstermacher Meister Hans Goltschmidt zu Rostocks restauriren, welcher auch "vermalte Tafeln" zu liefern hatte (vgl. Jahrb. II, S. 38 und 175). Noch am 24. August 1557 bestand zu Rostock das Glasergewerk und das Maleramt (und in diesen die Glasmaler) als Eine Zunft, als dieselben zu einer ihnen gehörenden Vicarei in der Marienkirche zu Rostock einen Vicar präsentirten.
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Abbruche des Altars fand ich hinter demselben eine große Menge alter, gemalter Glasscherben, unter diesen noch viele wohl erhaltene Stücke, welche zum größten Theile einem und demselben Fenster angehörten. Dieses gemalte Fenster hat in der jetzt sehr verstümmelten östlichen Fensterlucht über dem Altare gestanden und ist wahrscheinlich in dem obern Theile heruntergestürzt, weshalb auch noch heute die Fensterlucht oben zugemauert ist. Das Fenster ist dreiteilig und die Scherben gehören wahrscheinlich dem mittlern Drittheil an. Der größte Theil der gemalten Scherben besteht aus dickem, grünlichen Glase, über 1/8 Zoll dick, welches mit Eichenlaub schwarz in grau bemalt ist. Als Schmuck hat in diesem Fenster ein meklenburgisches Wappen gesessen. Ich fand noch mehrere Pfauenaugen von den Pfauenfedern des meklenburgischen Helmes, unter denselben mehrere noch vollständig erhalten. Von dem meklenburgischen Schilde war keine Spur zu finden; wahrscheinlich ist aber derselbe herausgenommen, um ihn zu retten, und in ein südöstliches Fenster des Chorumganges eingesetzt; hier sitzt nämlich noch ein uralter Schild mit dem meklenburgischen Stierkopfe. Der Kirchenglaser hat mich versichert, daß er denselben aus einem Fenster des nördlichen Umganges herausgenommen und in den südlichen Umgang versetzt habe. Andere gemalte Scherben waren jünger, aber noch gut. So fand ich noch einen Christuskopf und andere Scherben eines Crucifixes auf dünnerm Glase. Dies stimmt wieder zu der Verzierung des Altars, wovon unten die Rede sein wird. Wahrscheinlich waren auch die andern Fenster der Kapelle in der Nordwand derselben gemalt. Im Jahre 1522 sagt Dr. Nicolaus Marschalk, als er mit dem Herzoge Heinrich dem Friedfertigen die Alterthümer Doberans durchforschte:

"Der Pribislabus ist gewest der erste, welcher hat den königlichen Titel fallen lassen, in dem Closter Doberan begraben, do mag men heutiges Tages sehen in alten Fenstern etliche von den alten Königen hirinen angezogen".

(Vgl. Jahrb. I, S. 132). Wahrscheinlich war auch in einem Fenster die Inschrift, welche Nathan Chylräus mittheilt:

"Pribislaus, filius regis Nicoloti, primus fundator hujus monasterii inclytus ac religiosissimus, cujus reliquiae sunt hic conditae".

(Vgl. Jahrbücher II, S. 6).

In dem Kreuzgangsfenster, also gegen Süden, im Kreuzschiffe, dem Grabe Pribislav's gegenüber, war der Stammbaum des Geschlechts Pribislav's in allen Linien gemalt; dieser Stammbaum ist in den Jahrb. I, S. 131 flgd. abgedruckt.

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11) Das Begräbniß der Fürsten in dieser Kapelle dauerte bis zur Reformation fort. Wahrscheinlich ward hier auch der Herzog Magnus II. († 1503) begraben, wenn auch seine Statue im südlichen Chorumgange aufgestellt ist. Es war nämlich in der Kapelle neben dem Grabe Pribislav's ein aus Holz geschnitztes fünfschildiges meklenburgisches Wappen aufgehängt. Die Wappenzeichen haben noch ganz die alten Formen, jedoch ist durch die Aufnahme des Armes für Stargard das Wappen fünfschildig geworden. Dieses Wappen kann also erst nach dem Jahre 1488 gemacht sein.

12) Zuletzt wurden hier sicher der Herzog Balthasar († 1507), des Herzogs Magnus Bruder und der Herzog Erich († 1508), des Herzogs Magnus Sohn, begraben, da an dem Mittelpfeiler der Kapelle zu den Füßen Pribislav's die Statuen beider Herzoge aufgestellt sind. Daneben hängt an demselben Pfeiler eine Tafel mit der Inschrift:

Biddet Gott vor Hartich Baltzer vnd vor Hartich Erich, Hartich Magnus Sone, vnd vor Frowen Ursulen, Hartich Hinrichs Vorstinnen, dat en Gott gnedig sie.

13) Ohne Zweifel ward nach dieser Inschrift hier auch die Herzogin Ursula, geborne Markgräfin von Brandenburg, des Herzogs Heinrich des Friedfertigen erste Gemahlin, † 1510, beigesetzt. An einem nördlichen Wandpfeiler der Kapelle, neben dem Epitaphium auf den Fürsten Pribislav, hängt außerdem noch ein von dem Rath Dr. Nicolaus Marschalk verfaßtes Epitaphium auf sie. Die Leiche ward im J. 1550 neben der Leiche ihres Sohnes Magnus beigesetzt.

14) Endlich ward durch das Begräbniß des Herzogs Magnus, Bischofs von Schwerin († 1550), die alte Begräbnißstätte geschlossen und in Vergessenheit gebracht, indem unter dem östlichen Kirchengewölbe ein Begräbnißgewölbe auf den Fußboden aufgeführt und in diesem nicht allein seine, sondern auch seiner Mutter Ursula Leiche beigesetzt ward. Ein großes Epitaphium mit Inschrift und dem meklenburgischen Wappen aus Sandstein war über dem Eingange des Gewölbes angebracht.

15) So deuten alle schriftlichen Nachrichten und Monumente daraufhin, daß unter dem Mittelgewölbe des nördlichen Kreuzschiffes die alte Begräbnißstätte der meklenburgischen Fürsten war, von der Befestigung des Christenthums bis zur Durchführung der Reformation, von der Bestattung Pribislav's 1219 bis zur Beisetzung des letzten schweriner Bischofs Magnus 1550. Auf keiner Stelle waren und

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sind die Monumente auf das Fürstenhaus so sehr auf einen Punkt zusammengedrängt, als hier. Selbst die Gedenktafeln auf Heinrich den Löwen, welcher im hohen Chore hinter dem der Kapelle gegenüberstehenden Pfeiler begraben ist, sind dieser alten Begräbnißstätte zugekehrt. Die Stelle hat um so mehr locale Bedeutung, als sie der hoffentlich wieder herzustellenden Hauptpforte für die Klosterbewohner im südlichen Kreuzschiffe, so wie dem Mittelgange zwischen Chor und Schiff grade gegenüber und der nördlichen Pforte für die Pilger, neben welcher die schöne Heilige=Bluts=Kapelle steht, zunächst lag. Die Namen der Fürsten, welche in dieser Kapelle begraben wurden, so weit sie sich aus Chroniken, Urkunden und Denkmälern haben ermitteln lassen, sind in der unten beigebrachten Anlage 1. verzeichnet. Es unterliegt keinem Zweifel, daß nicht noch mehr Fürsten hier begraben wurden, jedoch sind keine Nachrichten darüber vorhanden.

16) Von Bedeutung dürfte endlich die kirchliche Bestimmung der Fürstenkapelle sein, indem alle Darstellungen fast rein biblisch sind und viel weniger römisch=katholische Heiligenbilder enthalten, als sonst gewöhnlich die Altäre zu haben pflegen. Freilich zeichnet sich die alte Symbolik der doberaner Kirche durch rein biblische Darstellungen aus, wie z. B. der prachtvolle Hochaltar fast ganz biblisch ist. Aber die Fürstenkapelle scheint wenigstens ebenso viel biblischen Geist zu athmen. Der alte Altar, welcher sehr schön gemalt war, hat so sehr gelitten, daß er nur mit Mühe zu entziffern ist. An eine Restaurirung ist nicht zu denken. Nach der Beschreibung in der Anlage 2. enthält die Mitteltafel unten das Abendmahl, eine im Mittelalter seltene Darstellung für die Mitteltafel, und darüber die Kreuzigung Christi. Die Flügel enthielten links wahrscheinlich die Jugendgeschichte Christi in Beziehung auf Maria, rechts die Leidensgeschichte Christi. Hoch über dem Altare steht noch jetzt ein großes Crucifix in Lebensgröße, und in dem östlichen Fenster über dem Altare befand sich ein auf Glas gemaltes Crucifix.


So konnte denn auch der fürstliche Rath Dr. Nicolaus Marschalcus Thurius im vollen gerichtlichen Bewußtsein der Wichtigkeit dieser Stelle im J. 1514 das Epitaphium auf den Fürsten Pribislav in dessen Geiste mit diesen Worten schließen:

Hinc Solymas adii, rediens dum troica lusi,
Urbe cadens Lunae tristia fata tuli.
Oblitos sed ibi cineres relligio grata

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Noluit et justis condidit illa locis.
Felices semper si jura tueri nepotes
Prisca loci studeant et pia coepta juvent.

(Heimgekehrt von der heiligen Stadt, als ich festlich turnierte, Stürzt' ich zu Lüneburg und fand dort ein trauriges Ende. Doch es gestattete nicht die dankbare Kirche, daß meine Asche vergessen werd', und begrub sie an passender Stelle.

Segen den Enkeln, die stets der Stätte geheiligte Rechte

Ehren mit liebendem Sinn und treu das Geweihete pflegen.)


Anlage 1.

Verzeichniß
der Fürsten, welche in der alten fürstlichen Begräbnißkapelle in der Kirche zu Doberan begraben sind.

Nachdem Se. Königliche Hoheit der Allerdurchlauchtigste Großherzog Friedrich Franz am 15.Dec. 1853 die Herstellung * ) der alten fürstlichen Begräbnißkapelle Allerhöchst befohlen hat, ist es zur Aufstellung von Gedächtnißtafeln nöthig, die Namen derjenigen fürstlichen Personen, so viel als noch möglich ist, zu ermitteln, welche an dieser Stelle begraben sind. Es ist beabsichtigt, drei Tafeln aufzustellen, von denen die mittlere den Namen des hier begrabenen fürstlichen Stammvaters Pribislav, die Tafel zur Rechten die Namen seiner Nachkommen von der Linie Meklenburg, die Tafel zur Linken die Namen seiner Nachkommen von den Linien Werle und Rostock enthalten soll.

Es liegen in der alten fürstlichen Begräbnißkapelle folgende fürstliche Personen begraben:

I. Der christliche Stammvater des fürstlichen Hauses: Pribislav † 30. Dec. 1178.

II. Fürsten von Meklenburg:

  1) Nicolaus I. † 25. Mai 1201.
  2) Heinrich Borwin I. † 28. Jan. 1227.


*) Se. K. H. der Allerdurchlauchtigste Großherzog haben geruhet, bei Allerhöchstihrer Anwesenheit in Doberan am 15. Dec. 1853, nach voraufgegangener Allerhöchsteigener Untersuchung, mündlich, und darauf am 17. Dec. schriftlich die Wiederherstellung der alten Fürstenkapelle in altem Style Allergnädigst anzuordnen.
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  3) Nicolaus II. † 28. Sept. 1225.
  4) Johann I. der Theologe † 1. Aug. 1264.
  5) Luitgard, dessen Gemahlin, † 1267.
  6) Heinrich I. der Pilger † 2. Jan. 1302.
  7) Albrecht I. † 17. Mai 1265.
  8) Nicolaus, Propst zu Schwerin, † 8. Juni (1289).
  9) Albrecht II. der Große † 18. Febr. 1379.
10) Heinrich III. † 24. April 1384.
11) Magnus I. † 1. Sept. 1385.
12) Johann III. † 16. Oct. 1422.
13) Rudolf, Bischof zu Schwerin, †† 1415.
14) Heinrich IV. der Dicke † 9. März 1477.
15) Magnus II. † 20. Nov. 1503.
16) Balthasar † 16. März 1507.
17) Ursula, Gemahlin Heinrichs V, † 18. Sept. 1510.
18) Erich † 22. Dec. 1508.
19) Magnus III, Bischof zu Schwerin, † 28. Jan. 1550.

III. A) Fürsten von Werle:

  1) Nicolaus I. † 7. Mai 1277.
  2) Heinrich I. † 8. Oct. 1291.
  3) Johann I. † 15. Oct. 1283.
  4) Bernhard I. † 10. Oct. 1281.
  5) Nicolaus II. † 12. Oct. 1316.
  6) Johann II. † 27. Aug. 1337.

B) Fürsten von Rostock:

  1) Heinrich Borwin III. † 1278.
  2) Waldemar † 9. Nov. 1282.
  3) Heinrich † jung.
  4) Erich † jung.


Bemerkungen.

II. Fürsten von Meklenburg.

1) Fürst Nicolaus I.

fiel in der Schlacht bei Waschow am 25. Mai (1200 ?). In dem doberaner Nekrologium (Jahrb. I. S. 136) heißt es:

"Nicolaus Kussinorum et Kissinorum princeps anno domoni MCC, VIII. kalendas Junii interfectus est in Warcho".

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in dem Jahre waltet hier Wohl ein Versehen, da das Jahr nach Suhm dän. Gesch. VIII, S. 601 flgd., v. Lützow Mekl. Gesch. I, S. 256, v. Kobbe Lauenb. Gesch. I, S. 243 auf 1201 bestimmt ist.

2) Fürst Borwin I.

starb am 28. Jan. 1227; vgl. Jahrbücher I, S. 134 und 136; III, S. 35; X, S. 4.

3) Fürst Nicolaus II.

Nach Wedekind's Vermuthung (Jahrb. I, S. 134, Note) soll Nicolaus II. am 3. Mai 1226 gestorben sein. Wahrscheinlich starb er aber am 28. Sept. 1225, da in dem allerdings wichtigen Memorienbuche des Klosters Amelungsborn (Jahrb. III, S. 36) aufgezeichnet ist:

"IV. kal. Oct. obiit Nicolaus, filius Burwini principis Slauorum";

vgl. Jahrb. XIII, S. 122-123. Im J. 1224 VII. id Jan. war er, "Nicolaus Burwini filius" noch Zeuge bei dem Grafen Albrecht von Holstein zu Eutin (vgl. Schleswig=Holstein. Urkunden=Sammlung I. S. 456). Im August 1226 nennt ihn sein Vater bei der Bestätigung des Doms zu Güstrow nicht mehr.

4) Fürst Johann I.

starb am 1. Aug. 1264. In dem doberaner Nekrologium (Jahrbücher I, S. 136) heißt es:

Johannes dei gratia Magnopolitanorum principes et theologus obiit anno domini MCCLXIIII, kalenis Augusti".

In der Urkunde seines Sohnes Heinrich vom 14. Juni 1267 (gedruckt in Westpahlen Mon. ined. III, p. 1511), durch welche er ein ewiges Licht an den Gräbern seiner Aeltern und seines Bruders Albrecht stiftete, wird auch gesagt, daß an dem Gedächtnißtage des Fürsten Johann dem Klosterconvent eine außerordentliche Gabe (servitium) gereicht werden solle. In dem alten Diplomatarium des Klosters, welches diese Urkunde allein enthält, ist über der Ueberschrift bei den Worten "super servitio" im 15. Jahrh. auch beigeschrieben: "ad vincula Petri", d. i. 1. August.

5) Fürstin Ludgard, dessen Gemahlin,

soll nach Rudloff M. G. II, S. 47, vor dem 14. Juni 1268 nach ihrem Gemahle gestorben sein. Diese Angabe ist offenbar aus der so eben bei dem Fürsten Johann I. berührten Urkunde entlehnt. Diese Urkunde, welche nicht im Originale, sondern nur in dem im Anfange des 14. Jahrh. geschriebenen Diplomatarium der Urkunden des Klosters erhalten ist, ist vom XVIII. kal. Julii MCCLXVII und eben so in dem Abdruck bei Westphalen, also vom J. 1267 datirt. Auf dem Rande des Abdrucks bei Westphalen steht aber durch einen Druckfehler die Jahreszahl 1268, und dieser Druckfehler hat Rudloff zu seiner unrichtigen Angabe verleite Die Fürstin Ludgard ward, gegen den Gebrauch, in der Klosterkirche zu Doberan begraben; die Urkunde sagt ausdrücklich, daß der Fürst Heinrich ein ewiges Licht in der Kirche zu Doberan an den Gräbern seines Vaters Johann, seiner Mutter Luthgard, seines Bruders Albert, seiner Vorfahren und Freunde, welche alle verstorben, stifte:

"pro salutari remedio animarum parentum nostorum, patris nosti videlicet Johannis de Wismaria et matris nostre domine Luthgardis

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fratisque nostri domini Alberti - - ad felicem memoriam iam dictorum parentum nostrorum aliorumque amicorum et progenitorum nostrorum -- candelam ceream circa progenitorum defunctorum sepulchra die noctuque iugiter ardentem; in anniuersario memorati nobilis domini Johannis seruitium faciet annuale".

Die Fürstin war also schon am 14. Juni 1267 gestorben. Da ihr Sohn Albrecht schon am 17. Mai 1265 gestorben war, so machte der Fürst Heinrich diese Stiftung wahrscheinlich beim Begräbnisse seiner Mutter im Juni 1267. Man kann daher annehmen, daß die Fürstin Ludgard im J. 1267 gestorben sei.

Uebrigens war die Fürstin Ludgard nicht die erste Frau, welche in der Klosterkirche zu Doberan begraben ward. Es war hier schon die Fürstin Jutte, Gemahlin des Fürsten Nicolaus I. von Werle, begraben (vgl. Jahrb. IX, S. 431); später ward hier im J. 1464 die Prinzessin Anna, Tochter des Herzogs Heinrich des Dicken, begraben (vgl. daselbst S. 432); es war also nicht so unerhört, daß fürstliche Frauen in der Klosterkirche begraben wurden, wie Slagghert bei dem Begräbnisse der Herzogin Ursula im J. 1510 meint.

6) Fürst Heinrich I. der Pilger

starb am 2. Jan. 1302, vgl. doberaner Nekrologium in Jahrb. I, S. 136.

7) Fürst Albrecht I.

starb am 17. Mai 1265. Das doberaner Nekrologium in Jahrb. I, S. 136 ist in dem Sterbetage incorrect. Ein anderes, später aufgefundenes Exemplar von der Hand des Secretairs und Archivars Samuel Fabricius liest bestimmter:

"Albertus dei gratia Magnopolensis dominus obiit anno domini MCCLXV. Maii".

8) Fürst Nicolaus, Dompropst zu Schwerin.

Nach dem doberaner Nekrologium (in Jahrb. I, S. 136) starb er am 8. Junii:

"Nicolaus dei gratia dominus Magnopolensis et prepositus, in Zwerin obiit VI. idus Junii et sepultus in Doberan".

Am 2. April 1289 stellte er noch eine Ukunde zu Lübek aus. Vgl. Rudloff M. G. I, S. 78.

9) Fürst Albrecht II. der Große. Detmar's Lübische Chronik sagt:

"In dem jare MCCCLXXIX, des vrydages vor vastelauende do starf hertoch albert van mekelenborch to swerin unde wart begraven to doberan".

Nach dieser Hauptquelle starb Herzog Albrecht also am 18. Febr. 1379, und nicht am 19. Febr., wie bisher angenommen ist.

10) Herzog Heinrich III.

starb am Tage des H. Georg (24. April) 1384 in Folge eines Sturzes im Turnier zu Wismar; vgl. doberaner Genealogie (Jahrb. XI, S. 22):

"Filius eius (Alberti) senior Hinricus hastiludiis intenden in curia sua Wismer anno domini M °CCC

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LXXXIIII in die sancti Georgii, ubi subtus equum corruit, adeo lesus fuit, quod paulo post exspirauit".

11) Herzog Magnus I.

starb am Tage Egidii (1. Sept.) 1385; in der doberaner Genealogie (Jahrb. XI, S. 22-23) heißt es:

"dominus Magnus anno domini M °CCC°LXXXV° in die sancti Egidii decesserat".

12) Herzog Johann III.

starb am 16. Oct. ("in sunte Gallen dage") 1422; vgl. Jahrb. XIII, S. 420.

13) Herzog Rudolf, Bischof zu Schwerin,

starb im J. 1415 (vgl. Rudloff M. G. II, 2, S. 560). Der Bischof Rudolf, aus dem Hause Meklenburg=Stargard, erwählte sich schon am 15. Nov. 1400 sein Begräbniß in der Kirche zu Doberan bei seinen Vorfahren (vgl. Jahrb. IX, S. 300 flgd.). Nach Original=Urkunden lebte er noch Ostern 1415.

14) Herzog Heinrich IV. der Dicke.

Eine Nachricht im Archive lautet:

"Im Jar dusend IIIICLXXVII vp den Sundach Oculi (9. März) starff in godt den hern hertzog Henrich tho meklenborch".

Eine andere Nachricht im Archive, aus Doberan, lautet:

"Im Jhare nach der geborth des heren tausent vierhundert vnd sieben vnd siebentzig jhar den sechsten tagk Februarii ist vorscheyden der durchluchtige hochgeborne Furste vnd here her Heinrich hertzog zu Meckelnpurgk vnd ist alhie begraben am tage Gregorii (12. März)".

Eben so fagt eine Urkunden=Relation bei der Johanniter=Comthurei Nemerow:

"dominus Hinricus, pater (Alberti, Johannis, Magni et Balthasaris), qui de anno domini millesimo quadringentisimo septimo, de mense Marcii in domino defunctus et ipso die beate gregory in ecclesia monasterii in Dobbran - - sepultus fuit".

In einer Original=Urkunde (in der Sammlung des Vereins) ."am avende s. Gregorii" (11. März) zu Wismar geben die Söhne des Herzogs Heinrich den von ihrem "leven heren vader, deme god allmechtich gnedich sy", die versäumte Bestätigung des Verkaufes des Gutes Moltow, "vmme zalicheit vnses leven vaders zele willen", und gedenken dabei oft des Todes ihres Vaters, so daß man klar sieht, ihr Vater sei ganz vor kurzem gestorben.

Diese Tage: der Sterbetag am 9. März und der Begräbnißtag am 12. März, sind ohne Zweifel richtig. Die Angabe, daß der Herzog Heinrich am 6. Febr. 1477 gestorben sei, ist ohne Zweifel falsch, da derselbe noch am 24. Febr. seine letzte Urkunde ausstellte (vgl. Rudloff Mekl. Gesch. II, S. 814).

15) Herzog Magnus II.

Eine Nachricht im Archive lautet:

"MVCIII am auende marien tempel offeringe (d. i. vigilia praesentationis b. Mariae: 20. Nov.) starff hertzog Magnus".

Auch Slagghert sagt in seiner Chronik des Klosters Ribnitz:

"Hertich Magnus am auende präsentationis Marie heft gade van hemmel offert synen gheyst, de tho der erden is bestediget in dat closter tho Dobberan by syne oltfadern vnd heren".

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Hiemit stimmen alle andern Nachrichten überein. Die auswärtigen Beileidsschreiben im Archive sind vom Abend Katharinä (24. Nov.) bis zum Tage BarbarÄ (4. Dec.) datirt.

16) Herzog Balthasar.

Nach einem vom Mittwoch nach Lätare datirten Schreiben des Herzogs Heinrich an seinen Bruder Albrecht starb der Herzog Balthasar am "Dienstag nach Lätare (16. März) 1507". Daher ist auch die Nachricht, welche Slagghert in seiner Chronik des Klosters Ribnitz giebt, richtig:

"1507 in deme aueude (d. i. vvigilia) Gertrudis (16. März) hertoch Balthasar tho Mekelenborch ys ghestornen tho Wysmar by deme mekelenborgeschen haue und tho Dubberan begrauen by syne oltfederen"

Eine Nachricht im Archive lautet:

"MVCVII starff hertzog Baltazar thor Wismar am daghe Gertrudis (17. März).

Diese Nachricht ist also nicht ganz richtig. Noch weniger richtig sind die Angaben bei Rudloff III, 1, S. 26, nach welchen der Herzog am 7. März gestorben sein soll.

17) Herzogin Ursula.

Nach einem Schreiben ihres Gemahls, des Herzogs Heinrich, starb sie am "Mittwoch nach Lamberti" (18. Sept.) 1510". Hiemit stimmt auch eine Nachricht im Archive überein, welche lautet:

"MVCX des anderen dages nha Lamberti (18. Septbr.) starff frowe vrsule in Gustrow".

Auch Slagghert in seiner Chronik stimmt hiermit überein, wenn er sagt:

"In dem dage ofte nacht Lamberti, des mydwekens in der quatemper vor Michaelis, welcker ys de dach der entfenginge der V wunden Francisci, tho Güstrow vp deme flate ist HerZogin Ursula gestorben. Se ys begrauen mit groter möghe vnd swarheit in dat closter tho Dubberan, wente id was neue wyse ofte wanheyt, ock nicht ghehoret, dat men vorstynnen hedde begrauen tho Dubberan, men allene de hereu vnd vorsten.

Die doberaner Epitaphiennachricht, daß sie im J. 1511 gestorben sei, ist also ohne Zweifel falsch. Die Beileidsschreiben fallen in die Zeit vom 23. Sept. bis 9. Oct. 1510.

18) Herzog Erich.

Eine Nachricht im Archive lautet:

"MVCVIII starff hertzog Erich des andern dages S. Thome apostoli (22. Decbr.)".

Hiezu stimmen die Archi=Acten, nach denen der Adel zum "Freitag nach Thome" (29. Dec.) zum Begängniß nach Doberan geladen ward.

Slagghert in seiner ribnitzer Chronik sagt dagegen, daß er "an deme Thome" (21. Dec.) gestorben sei.

19) Herzog Magnus III, Bischof zu Schwerin.

Der Herzog Magnus starb nach einer Anzeige vom Mittwoch nach Convers. Pauli 1550 "gestern Abends um 8 Schlägen" (d. i. am 28. Jan.) und nach einer andern Anzeige vom Tage Purif. Mariä 1550 "am nächst verschienenen Dienstag (d. i. am 28. Jan.).

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Hiemit stimmt auch das Epitaphium in der Kirche zu Doberan überein, nach welcher der Herzog V. kal. Febr.(28.Jan.) gestorben war.

III. A) Die Fürsten von Werle.

1) Fürst Nicolaus I.

starb am 7. Mai 1277, nach dem doberaner Nekrologium (Jahrbücher I, S. 136):

"Nicolaus dei gratia dominus in Sclauia obiit anno domini MCCLXXVII, nonis Maii"

Vgl. Lisch Geschichte und Urkunden des Geschlechts Hahn, I, A, S. 62, und B, S. 74; Lisch Meklenb. Urkunden, II, S. 61.

2) Fürst Heinrich I.

starb am 8. Oct. 1291, nach dem doberaner Nekrologium (Jahrbücher I, S. 136):

"Hinricus dei gratia dominus in Werle; hunc filius suus interfecit anno domini MCCXI, octauo idus Octobris".

3) Fürst Johann I.

starb am 15.Octbr. 1283, nach dem doberaner Nekrologium (Jahrb. I, S. 136), nach einer bessern Abschrift von Samuel Fabricius:

"Johannes dei gratia dominus in Werle obiit anno domini MCCLXXXIII, XVIII. kalendas Novembris".

4) Fürst Bernhard I.

starb am 10. Oct. 1281, nach dem doberaner Nekrologium (Jahrbücher I, S. 136):

"Bernhardus, Nicolai primi filius, dei gratia domicellus de Werle, obiit anno domini MCCLXXXI, sexto idus Octobris".

Kirchberg cap. 170 giebt als Todesjahr Bernhards I. das Jahr 1286 an. Wird sich aber wohl versehen haben, da er das doberaner Nekrologium in dem Kreuzgangsfenster nach mehrern Anzeichen schon kannte und wahrscheinlich das I in der Jahreszahl übersehen und das Wort "sexto" in der Bezeichnung des Tages mit zu der Jahreszahl gezogen hat. Man vgl. zu Heinrich Borwin von Rostock.

5) Fürst Nicolaus II.

starb am 12. Octbr. 1316, nach dem doberaner Nekrologium (Jahrb. I S. 136):

"Nicolaus secundus dei gratia, filius Johannis, dominus de Wrle, obiit anno domini MCCCXVI, quatro idus Octobris".

Vgl. auch Lisch Gesch. der Stadt Plau in Jahrb. XVII, S. 108.

6) Fürst Johann II.

starb am 27. August 1337, nach dem doberaner Nekrologium (Jahrb. I, S. 136):

"Johannes secundus dei gratian dominus de Werle obiit anno domini MCCCXXXVII, VII kalendas Septembris".

Vgl. auch Lisch Gesch. der Stadt Plau in Jahrb. XVII, S. 110.


Diese 6 Fürsten sind auch grade diejenigen, welche in dem doberaner Kreuzgangsfenster (Jahrb. I S. 136) aufgezeichnet waren.

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B) Fürsten von Rostock.

1) Fürst Heinrich Borwin.

Die Angabe im doberaner Nekrologium, daß Heinrich Borwin im Jahre 1260 gestorben sei, beruhet offenbar auf einem Irrthume. Er starb nach allen Anzeichen im J. 1278; vgl. Rudloff Mekl. Gesch. II, S. 69. Denselben Irrthum begeht auch Kirchberg cap. 180, der das J. 1260 aus dem doberaner Nekrologium in dem Kreuzgangsfenster entlehnt zu haben scheint. Nach dem rostocker Original=Stadtbuche werden Heinrich Borwin und seine Söhne Johann und Waldemar im J. 1268 als in Regierungsangelegenheiten betheiligt wiederholt namentlich aufgeführt.

2) Fürst Waldemar

starb, nach dem doberaner Nekrologium (Jahrb. I, S. 136), am 9. Nov. 1282:

"Woldemarus dominus in Rostock, obiit anno domini MCCLXXXII, V idus Nouembris".

3) Fürst Heinrich, und

4) Fürst Erich

starben jung vor dem Vater; vgl. Kirchberg und Rudloff a. a. O.


Anlage 2.

Der Altar
in der fürstlichen Begräbnißkapelle zu Doberan.

Auf dem Altare in der fürstlichen Begräbnißkapelle in der Kirche zu Doberan, an der Ostwand des nördlichen Kreuzschiffes, stand ein Altarschrein mit zwei einfachen Flügeln, leider so verfallen, daß an eine Erhaltung oder Restaurirung nicht zu denken ist. Der Altar verdient, daß er durch Beschreibung aufbewahrt bleibe, da er nicht allein sehr schön gemalt ist, sondern auch einen Ideenkreis darstellt, welcher an dieser Stelle sehr bezeichnend und dazu nicht häufig ist. Der Inhalt der Gemälde ist nämlich größtentheils rein biblisch.

Der Altar hat eine Mitteltafel und zwei einfache Flügel und ist nur durch Malerei auf Kreidegrund verziert, ohne alles Schnitzwerk.

I. Die Mitteltafel ist durch eine Leiste horizontal in zwei Theile getheilt.

1) Die untere Hälfte der Mitteltafel enthält die Darstellung des Abendmahls, von welcher leider die linke Hälfte (in der Ansicht) ganz abgefallen ist. An einem gedeckten Tische hat

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ungefähr in der Mitte Christus gesessen; es ist nur ein Stück des Spruchbandes übrig, welches von ihm ausging, mit den Worten: in me (i recordationem) Luc. 22, 19. (= Das thut zu meinem Gedächtniß.) Zur Linken liegt Johannes an der

Brust des Herrn, mit einem Spruchbande: Spruchband (Quis cst qui tradet te. Johannes. = Wer ist es, der dich verrathen wird. Johannes). Dann folgen zwei Apostel, zusammen mit Einem Spruchbande: Spruchband
Spruchband (= Domine ostende nobis patrem et sufficit nobis. Philippus. = Herr, zeige uns den Vater, so genüget uns, - sagt Philippus Joh. 14, 8). Am Ende des Tisches rechts sitzen drei Apostel mit einem Spruchbande: Spruchband
Spruchband (= domine quid factum est quod . . di . . . . atur es de . nobis et non mundo). An der rechten Ecke, dem Beschauer mit dem Rücken zugekehrt, sitzt Judas Jscharioth mit einem Spruchbande: Inschrift (= numquid cgo sum, domine? = Herr bin ich's ? sagt Judas Matth. 26, 22).

a. Das Abendmahlsbild ist oben mit einem Bogen eingefaßt. In den dadurch entstehenden Zwickeln ist rechts ein kleiner runder Schild mit dem Brustbilde eines heiligen Bischofes, der den Kelch segnet. (Der H. Benedict (?), einer der Schirmheiligen des Klosters.)

b. Auf der Theilungsleiste über dem Abendmahlsbilde steht eine Inschrift, von welcher die linke Hälfte ganz abgefallen, von der rechten Hälfte aber noch zu lesen ist:

Inschrift

2) Die obere Hälfte der Mitteltafel ist perpendikulair in 3 Abtheilungen getheilt:

a. Der größere mittlere Theil der obern Hälfte enthält die Darstellung der Kreuzigung Christi (ohne die Schächer). Zur Rechten Christi stehen Maria, Johannes, mehrere Weiber u. s. w. Maria hat mit der linken Hand ein Schwert an die Spitze gefaßt und auf die Brust gesetzt. Zur Linken Christi stehen der Hauptmann und die Knechte u. s. w. Der Hauptmann hält mit der hinaufzeigenden rechten Hand ein Spruchband mit den Worten: V e B e t. FILIVS. D e I e R A T. IST e . (= Wahrlich dieser ist Gottes Sohn gewesen.)

Die beiden Räume links und rechts von diesem Mittelbilde mit der Kreuzigung sind horizontal einmal getheilt und enthalten zusammen 4 kleinere Bilder.

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b. Unten links: ist das Bild abgefallen; es ist nur noch eine Figur mit Heiligenschein, wie Johannes Ev., erkennbar;

c. unten rechts: Christus betet am Oelberge: ein kleiner Berg, auf welchem ein Kelch steht; Christus knieet dahinter an demselben;

d. oben links: Christi Auferstehung: Christus steigt, mit der Siegesfahne in der Hand, aus dem viereckigen Grabe; ein Kriegsknecht sitzt schlafend daneben;

e. oben rechts: Christi Himmelfahrt oder Erscheinung nach der Auferstehung: Christus, ohne Nägelmale an den Händen, steht segnend in der Mitte; zu seiner Rechten sind Maria und drei Männer, zur Linken sechs Männer erkennbar.

II. Die beiden Flügel sind perpendikulair ein Mal und horizontal zwei Male getheilt; jeder Flügel enthält also 6 kleine Bilder.

1) Der Flügel links in der Ansicht hat alle Malerei verloren: auf dem Reste eines Spruchbandes ist nur noch zu lesen: dns. tec. . (dominus tecum), aus der Verkündigung Mariä. Diese Tafel hat also ohne Zweifel die Freuden Mariä und die Jugendgeschichte Christi enthalten.

2) Der Flügel rechts in der Ansicht enthält 6 Bilder, welche zum größern Theile die Leiden Christi enthalten. Von unten nach oben sind die Darstellungen folgende.

a. Unten links: Eine junge Jungfrau mit Heiligenschein, in grünem, golddurchwirkten Gewande, steht in der Mitte und kreuzt die Arme über die Brust. An jeder Seite steht ein Engel, welcher ihr die Hand auf die Schultern legt. Zur Rechten der Jungfrau steht auf der Erde ein Kelch.

b. Unten rechts: Christus, entblößt; rechts steht ein Knecht, der ihm mit einem an eine Stange befestigten Gefäße etwas überschüttet (vielleicht nach Marc. 15, 23: Und sie gaben ihm Myrrhen und Wein zu trinken, und er nahm es zu sich).

c. In der Mitte links: Christus wird mit einer Dornenkrone gekrönt; zwei Kriegsknechte drücken ihm mit Rohren die Dornenkrone auf das Haupt.

d. In der Mitte rechts: Christus mit gebundenen Händen wird von Kriegsknechten vor Pilatus geführt. Pilatus, in rothem Gewande, mit einer cylinderförmigen Mütze, ist mit dem Rücken dem Beschauer zugewandt.

e. Oben links: Gott (?), mit jugendlichem Antlitz, Krone und gespaltenem Bart, segnet eine vor ihm knieende gekrönte Jungfrau, hinter welcher ein Engel steht.

f. Oben rechte: Christus sitzt mit ausgestreckten Armen und blutenden Nägelmalen; zwei Schwerter stoßen ihm horizontal

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an den Mund. Zur Rechten knieet Maria, zur Linken Johannes der Täufer, in Felle gekleidet.

III. Von den Rückwänden der bei den Flügel ist jede in 4 Theile getheilt, in deren jedem eine Heiligenfigur gestanden hat. Von den 4 Figuren auf der linken Tafel ist nur ein Rest von einer Figur übrig. Von den 4 Figuren der rechten Rückwand sind noch einige Reste übrig; unten links steht der Heil. Bernhard, einer der Schirmheiligen des Klosters, in grauem Mönchsgewande, mit Tonsur.

IV. Die Predelle ist auch auf Kreidegrund gemalt. In der Mitte ist noch ein Schwamm auf einem Rohr (Marc. 15, 36) erkennbar. Zur rechten Seite sind noch Spuren von 4 Heiligen, in Brustbildern, mit Spruchbändern, erkennbar.

V. In Verbindung mit dem Ideenkreise dieses Altares stehen auch die gemalten Fenster über dem Altare. Unter den Scherben des eingestürzten Fensters, welche sich 1853 hinter dem Altare fanden, waren auch Reste von zwei Crucifixen.

VI. Ob das große hölzerne Crucifix, über Lebensgröße, immer an dieser Stelle gestanden habe, läßt sich nicht bestimmen.

 


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Der fürstliche Altar der Heil. Drei Könige

oder

das Octogon der Heil. Grabes=Kapelle

in der Kirche zu Doberan.

In den Jahrb. XIII, S. 418 flgd. ist der kleine merkwürdige Altar hinter dem Hochaltare beschrieben, welcher dort nach einigen Malereien der Altar der Heil. Drei Könige genannt ist, weil diese auf die Rückseite einiger Wappenschilde gemalt sind. Es ist a. a. O. bestimmt nachgewiesen, daß das Schnitzwerk sicher kurz nach dem Begräbnisse des Herzogs Johann III. im J. 1425 errichtet worden sei. Es sind a. a. O. auch mancherlei Ansichten über die Bestimmung dieses Altars aufgestellt, welche zum größern Theil wohl richtig sein werden, aber durch neue überraschende Entdeckungen eine bedeutende Erweiterung gewinnen.

Zwischen den beiden Östlichsten Pfeilern der Kirche, unmittelbar dicht hinter dem Hochaltare, ist in den östlichen Chorumgang ein niedriges Mauerwerk im Dreieck hinausgebauet, um den zwischen den Pfeilern stehenden kleinen Altar abzuschranken. Auf den beiden Ecken dieses dreiteilig in den östlichsten Chorumgang vorspringenden Mauerwerkes, der neuern fürstlichen Begräbnißgruft gegenüber, stehen zwei kurze schwarze Marmorsäulen (Monolithen) von ungefähr 3 Fuß Höhe und 1/2 Fuß Durchmesser, mit hohen romanisirenden Kapitälern aus weißem Marmor mit reichem Blattwerk und ganz gleichen Basen. Zwischen und über diesen Säulen und den Kirchenpfeilern ist zur Abschrankung das reiche Schnitzwerk angebracht, welches in den Jahrb. a. a. O. beschrieben ist. Nach der Kirchenseite hin, der Rückwand des Hochaltars gegenüber, ist dieser Raum jetzt ganz offen.

Bei der Untersuchung der alten fürstlichen Begräbnißkapelle im nördlichen Kreuzschiffe am 1.-5. Nov. 1853 fand ich in dem Bauschutte auf dem Gewölbe des Herzogs Magnus († 1550) ein kurzes Stück von einer gleichen schwarzen Marmorsäule 1 ), wie deren zwei hinter dem Hochaltare in den Schranken stehen. Dieser Fund führte zu einer Vermuthung, deren Richtigkeit sich bald rechtfertigte. Hinter dem Hochaltare fanden sich noch zwei schwarze Marmorsäulen, den oben beschriebenen ganz gleich, die eine noch vollständig erhalten, die andere verstümmelt 1 ), lose bei Seite gesetzt. Die beiden dazu gehörenden weißen Mar=


1) Der Uhrmacher soll ein anderes Stück von der verstümmelten Säule abgeschlagen und zum Gewicht für die Kirchenuhr benutzt habe.
1) Der Uhrmacher soll ein anderes Stück von der verstümmelten Säule abgeschlagen und zum Gewicht für die Kirchenuhr benutzt habe.
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morkapitäler sind jetzt, umgekehrt, zu den Basen der beiden noch im Verbande stehenden Säulen benutzt. Wir haben also im Ganzen vier schwarze Marmorsäulen und 4 dazu gehörende weiße Kapitäler von gleicher Gestalt. Diese Säulen haben sicher zu einem und demselben Bau gehört.

Der Altar ist von einem kräftigen Gewölbe überdeckt, welches nach der Construction ursprünglich ein Achteck überdeckt haben muß, jetzt aber nur etwas mehr als zur Hälfte vorhanden ist. Dieses Gewölbe ruhet auf den beiden schwarzen Marmorsäulen und in den beiden östlichen Kirchenpfeilern. Der Schlußstein dieses Gewölbes liegt nun in grader Linie zwischen den innersten Graten der beiden Kirchenpfeiler. Gegen Westen hin ist ein offenbar junger Bogen an die Pfeiler gelehnt, an welchen sich das Gewölbe anschließt. Nun aber lehnen sich nicht der Schlußstein und die beiden westlichsten Rippen an diesen Bogen, sondern das Gewölbe geht noch etwas weiter gegen Westen, so daß noch kurze Enden von zwei gegen Westen von dem Schlußstein auf laufenden Gewölberippen vorhanden sind, die westlichen zwei Drittheile der Hälfte aber roh abgebrochen sind.

Es ist ohne allen Zweifel, daß früher diese Wölbung ein ganzer vollständiges Gewölbe war und erst in neuern Zeiten abgeschlagen und der schlecht construirte Bogen vorgespannt ist. Denkt man sich die Sache vollständig, so bildete diese kleine überwölbte Kapelle hinter dem Hochaltare ein regelmäßiges Achteck, von welchem die noch stehende Wand 3 Seiten, der abgebrochene Theil 3 Seiten und die beiden Kirchenpfeiler 2 Seiten bilden, so daß ein Octogon zwischen die beiden östlichsten Kirchenpfeiler aufgeführt war. Jede Seite dieses Octogons ist nur 4 Fuß lang. Gegen Osten hin stehen die noch im Verbande befindlichen zwei Marmorsäulen auf der dreiseitigen Abschrankungswand hinter den Kirchenpfeilern. Gegen Westen hin standen die beiden aufgefundenen schwarzen Marmorsäulen auf Pfeilern, um den Zugang zu dem beengten Räume hinter dem Hochaltare möglich zu machen, und diese 4 Marmorsäulen in Verbindung mit den beiden Kirchenpfeilern trugen über der achteckigen Kapelle ein achteckiges Gewölbe, welches jetzt in der westlichen Hälfte zerstört ist.

Dieser Bau ist im höchsten Grade merkwürdig. Auf einer Mauer stehen die kurzen, dünnen Säulen, welche offene, fensterartige Bogen von sehr kräftigen Verhältnissen im Uebergangsstyle tragen, über welchen sich ein ähnlich gebauetes kräftiges Gewölbe erhebt. Es ist eine kleine, offene, frei stehende, gewölbte Kirche in der Kirche. Der Bau hat ganz einen fremdartigen, nordischen Charakter, im Uebergangsstyle, mit Eigenthümlich=

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keiten, welche sonst im Ziegelbau Norddeutschlands nicht vorkommen, namentlich mit den kurzen, dünnen, schwarzen Marmorsäulen, auf denen das schwere, ernste Gewölbe ruhet. Es ist möglich, daß dieser Bau aus altern Zeiten stammt und 1425 nur mit Schnitzwerk verziert ward, wenigstens ist er eine seltene Erinnerung oder eine Nachahmung alter Zeit. Nach der Vollendung des Spitzbogenbaues der Kirche (1368) wird aber der Bau ausgeführt sein, da er sich an die Dienste auf den Pfeilern anlegt. In den älteren Zeiten kommen Beispiele vor, daß man im Osten der Kirchen Octogone als Heil. Grabes=Kapellen, nach dem Vorbilde der Kirche zum Heil. Grabe zu Jerusalem und dem Muster der Moschee des Khalifen Omar daselbst (an der Stelle des salomonischen Tempels) anbauete und überhaupt den Heil. Grabes= oder Heil. Bluts=Kapellen die Grundform des Octogons 1 ) gab, wie die Heil. Bluts=Kapelle vor der Nordpforte der doberaner Kirche auch ein Octogon bildet (vgl. unten).

Schnaase sagt über die achteckigen Kirchengebäude:

"Neben der Basilikenform kamen auch Kirchen andrer Gestalt vor, runde oder achteckige. Hauptsächlich wählte man aber diese Form für solche kirchliche Gebäude, welche für die Taufe, als Baptisterien, dienen sollten. Nach einer Nachricht hatte Constantin bei dem Lateran eine solche Taufkirche", u. s. w. (Schnaase Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter, Düsseldorf, 1844, I, S. 48).

"Die Kirche des Heil. Grabes zu Jerusalem, wie sie die Kaiserin Helena bauete, hatte zwar noch die Langschiffe einer gewöhnlichen Basilika, aber diese bildeten nur den Zugang zu dem großen Kuppelgebäude, das, auf Säulen gestützt, die Grabesstelle bedeckte. Indessen boten die Kuppeln in technischer Beziehung manche Schwierigkeiten dar, besonders wenn man sie bei größern Gebäuden mit gradlinigen Mauern anwenden wollte; daher bemerken wir denn auch schon jetzt an andern Bauten das Bestreben, neue Kirchenformen zu erfinden, welche der Kuppel mehr zusagten. Eine wichtige Stelle in diesem Entwickelungsgange scheint die Hauptkirche zu Antiochien einzunehmen, die ebenfalls noch unter Constantins Herrschaft gebauet wurde. Eusebius selbst, der sie beschrieb, bezeichnet sie als ein höchst eigenthümliches, in seiner Art einziges Gebäude: der Haupttheil der Kirche achteckig, von gewaltiger Höhe, im


1) Die achteckige Heil. Bluts=Kapelle vor der Hauptpforte und das Octogon hinter dem Hochaltare zu Doberan sind auffallend; der Octogonbau kommt sonst in späterer Zeit nur in Templerkirchen vor. Mittheilung des Herrn General=Directors von Olfers zu Berlin.
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Kreise umher viele Abtheilungen, Hallen, Krypten und Emporen, reich mit Gold und andern kostbaren Materialien geschmückt. Wir erkennen darin, außer der achteckigen Gestalt, die im Abendlande nur für Baptisterien oder kleinere Kirchen angewendet wurde, die Zusammensetzung des großen Gebäudes aus vielen einzelnen ohne Zweifel gewölbten Theilen: eine Anordnung, welche mit der der Kirche S. Vitale in Ravenna im Wesentlichen übereinzustimmen scheint. Die viereckige Gestalt scheint auch im Orient eine seltene geblieben zu sein; sie bildete nur den Uebergang zu den vierseitigen Kuppelgebäuden" (Schnaase a. a. O. I, S. 123 flgd.). "Auch diese Moschee zu Jerusalem ist eine der ältesten; in ihren Haupttheilen besteht sie noch jetzt so, wie der Kalif Omar bald nach der Einnahme der heiligen Stadt (637) sie auf der Stelle des Salomonischen Tempels errichtete. An ihr sehen wir ganz das Schwankende der arabischen Kunst selbst für die Grundform ihrer heiligen Gebäude; denn sie ist in der ungewöhnlichen Form eines Achtecks erbaut" (Schnaase a. a. O. S. 339).

Bestimmter entwickelt v. Quast in seiner Schrift "Ueber Form, Einrichtung und Ausschmückung der ältesten christlichen Kirchen", Berlin, 1853, die Grundform der ältesten viereckigen, runden oder achteckigen Kirchen, welche er "centrale" Anlagen nennt, indem er diese Anlage, die sich in den ältesten christlichen Kirchengebäuden findet, mit den allerältesten Grabkirchen in den Katakomben Roms in Verbindung bringt (S. 18 flgd.). Auch die Kirche auf dem Oelberge war ein runder Bau (S. 24) und im Abendlande war das erste Beispiel der Dom zu Trier, dessen noch vorhandener ältester Theil einen quadratischen Bau zeigt (S. 26 flgd.). "Aber es ist gewiß, daß diese abweichenden "Kirchenformen, namentlich die centralen, im Occident an sich seltener, mit der Zeit noch immer seltener wurden. - - Dagegen bemeisterte sich zunächst der Orient jener Centralformen, sogleich durchaus Gewölbe mit ihnen aufs engste verbindend, und erschuf hierdurch alsbald eine neue Bauweise, nach dem Ausgangspunkte dieser Richtung mit Recht die byzantinische geheißen, und schon nach zwei Jahrhunderten in der Kirche der göttlichen Weisheit, der heiligen Sophia, zu Constantinopel, das unübertroffene Prachtwerk der ganzen Gattung hinstellend" (S. 28).

Ein merkwürdiges Beispiel des Einflusses des Orients auf den Occident bietet der große Dom zu Drontheim, an dessen östlicher Chorseite die Kapelle des Grabes des H. Olav im Achteck in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts angebauet ist; vgl. v. Minutoli der Dom zu Drontheim, 1853, S. 25,

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30 - 32, 34 - 35 flgd., wo ebenfalls von der Bedeutung der kirchlichen Octogone gehandelt wird.

In Meklenburg sind nur wenig alte kirchliche Gebäude von achteckiger Grundform bekannt geworden: die Heil. Bluts=Kapelle zu Doberan, das neu entdeckte Octogon hinter dem Hochaltare in der Kirche zu Doberan und die Kirche zu Ludorf (vgl. Jahrb. XVI, S. 294 flgd.).

Diese achteckige Kapelle hinter dem Hochaltare der Kirche zu Doberan wollte man nun offenbar nicht an die Ostseite der Kirche anbauen; man stellte sie also in die Kirche im Osten dicht hinter den Hochaltar, von dem sie jetzt kaum einige Fuß entfernt ist. Ist die Kapelle alt, und älter als 1422, so mögen früher die Verhältnisse ganz anders gewesen sein, da die älteste, im J. 1232 geweihete doberaner Kirche im romanischen Style erbauet war und gegen Osten nicht so weit hinausging, als die jetzige Spitzbogenkirche. In der alten Kirche wird die Stelle des Octogons ungefähr in der östlichen Schlußmauer gelegen haben.

Die Sache möge sich übrigens Verhalten, wie sie wolle: sie ist der höchsten Beachtung werth, und die Kapelle verdient eine Wiederherstellung in alter Gestalt.

Ob nun dieses Octogon eine Kapelle der Heil. Drei Könige bildete, wie ich nach der gemalten Darstellung derselben in der Kapelle, der einzigen bildlichen Darstellung in derselben, gemuthmaßt habe, steht sehr zur Frage. Nach der Lage und Gestalt möchte die Kapelle eher eine Heil. Grabes= oder Fronleichnamskapelle gewesen sein, wie die Darstellungen des Heiligen Grabes in der katholischen Kirche sehr häufig sind. An dem Fronleichnams=Altare im südlichen Chorumgange sind auch die Heil. Drei Könige dargestellt (vgl. Jahrb. IX, S. 425 und 421).

Von Interesse ist die Frage, wann dieses Octogon so traurig verstümmelt ist. Ohne Zweifel geschah dies bei dem Begräbnisse des Herzogs Albrecht des Schönen im J. 1547. Dieser Herzog ward "im hohen Altare" begraben. Damit ist nun wohl nicht gemeint, daß er in dem Altartische beigesetzt sei. Aber von der Rückwand des Hochaltars geht in das Octogon hinein ein von oben noch erkennbares Gewölbe, und eine kleine Thür in der Rückwand des Hochaltars soll zu dem Begräbnisse des Herzogs führen. Bei dieser Gelegenheit wurden denn wohl die beiden frei stehenden, westlichen Pfeiler des Octogons mit den schwarzen Marmorsäulen weggenommen, um die Gruft fundamentiren zu können, und das Gewölbe des Octogons mußte in seiner westlichen Hälfte bis an die Kirchenpfeiler abgetragen werden. Darauf

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spannte man den unschön construirten Bogen zwischen den beiden Pfeilern vor. Daher erklärt es sich denn auch, daß man ein Bruchstück von einer schwarzen Marmorsäule in dem Schutt und Sande auf dem Grabgewölbe des Herzogs und Bischofes Magnus fand, welcher im J. 1550 starb und in der alten fürstlichen Gruft im nördlichen Kreuzschiffe zuletzt beigesetzt ward. Es ist auffallend, daß der Herzog Albrecht grade hier, und nicht bei seinen Vorfahren begraben ist. Vielleicht wollten die Mönche des Klosters in der letzten Verzweifelung diesem streng römisch gesinnten Fürsten eine besondere Ehre erweisen oder durch ihn ein neues Heiligthum errichten, wenn sie denselben an der heiligsten Stelle begruben. Vielleicht mag bei dieser Gelegenheit auch das halbe Gewölbe eingestürzt sein, als man den Fundamenten der dünnen Marmorsäulen zu nahe kam.

So wurden binnen wenig Jahren zwei der merkwürdigsten Denkmäler der doberaner Kirche, das alte Fürstenbegräbniß (vgl. oben) und dieses Octogon, durch Begräbnisse vernichtet, ein Beweis, wie tief schon in der Mitte des 16. Jahrh., noch während des Bestehens des Klosters, der Sinn für alte kirchliche Kunst und Symbolik gesunken war.


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Die Heilige=Bluts=Kapelle zu Doberan.

Vor der Pforte des nördlichen Kreuzschiffes des Kirche zu Doberan, welche in alten Zeiten die Hauptpforte für alle diejenigen war, welche nicht im Kloster wohnten, steht isolirt eine kleine, achteckige Kapelle von großer Schönheit (vgl. Jahrb. IX, S. 411 flgd.). In dieser Kapelle ward ohne Zweifel das Heilige Blut aufbewahrt, welches dem Kloster sehr früh einen großen Ruf verschaffte. Schon im J. 1201 soll ein Hirte zu Steffenshagen eine Hostie vom Abendmahle im Munde mit nach Hause genommen, in seinem Hirtenstabe verwahrt und seine Heerde fortan damit geschützt haben, bis das Geheimniß entdeckt und die blutende Hostie ins Kloster zurückgebracht ward, wo sie fortan als wunderthätig eine große Verehrung genoß. So ungefähr erzählt Kirchberg in seiner meklenburgischen Reimchronik die Geschichte. Da die Weiber die Klosterkirche gewöhnlich nicht betreten durften, man aber das Wunder dem ganzen Volke zeigen wollte, so bauete man eine eigene Kapelle für dasselbe vor der Kirche.

Die Kapelle ist alt. Sie ist im kräftigen Uebergangs= oder normannischen Style gebauet und stammt wohl noch aus dem ersten Viertheil des 13. Jahrhunderts, wahrscheinlich noch aus der Zeit vor dem J. 1232, in welchem die alte Kirche geweihet ward. Sicher stand sie schon im J. 1248, als der Fürst Borwin von Rostock den Mönchen eine jährliche Ergötzung an Weißbrot, Wein und Fischen am Tage der Weihung der an der Pforte gegründeten Kapelle aussetzte ("in festo dedicationis capellulae, quae ad portam est fundata"). Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß hiemit die in Frage stehende Kapelle gemeint sei. Als der Bischof Friederich von Schwerin am Trinitatisfeste 1368 die jetzige Kirche weihete, bestimmte er auch zugleich, daß der jährliche Weihtag der Kirche und die Verehrung des Heiligen Blutes ("des Sacramentes") ( "visitacio sacramenti in capella portae monasteru Doberanensis") fortan am Sonntage nach der Octave des Fronleichnamsfestes gefeiert werden solle, und verspricht allen Besuchenden Ablaß. Eben so wird in jüngern Ablaßbriefen von 1450 und 1461 die Kapelle an der Pforte ("capella in porticu ipsius monasterii") genannt.

Der Bau der kleinen Kapelle ist höchst ausgezeichnet. Die Kapelle ist achteckig, wohl eine Nachahmung der Kirche des Heil. Grabes und der Moschee des Khalifen Omar zu Jeru=

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salem; die Heiligen=Grabes= und Sacraments=Kapellen wurden nach dem Muster dieser alten Bauten im Mittelalter häufig achteckig ausgeführt; man vgl. das Octogon der Kapelle der Heil. Drei Könige hinter dem Altare (vgl. oben). Die Kapelle hat 7 von einem kräftigen Wulste eingefaßte, leise gespitzte, schmale, jedoch hohe Fenster im Uebergangsstyle: an der achten Seite über der Thür ist eine Rosette von unglasurtem, gebranntem Thon eingesetzt, offenbar in jüngern Zeiten, wohl im 14. Jahrhundert. Jede der 8 Seiten mißt an der Außenwand nur 7 1/2 Fuß hamb. Maaß. Das ganze Gebäude ist im Aeußern von abwechselnd rothen und dunkelgrün und schwarz glasurten Ziegeln mosaikartig aufgemauert. Unter den Fenstern sind die glasurten Ziegel heller; nach oben hin werden sie dunkler und vorherrschend roth und schwarz. (Eine mißverstandene Restauration hat in den letzten Zeiten an den untern Theilen der Wände und sonst viel Altes und Kräftiges vernichtet.) Die Ecken sind mit Säulen bekleidet und mit kleinen, Kreuze tragenden Pyramiden gekrönt. Die 8 Giebel sind mit kleinen Ziegeln mosaikartig verziert. Der Fries besteht aus einer schönen Zusammenstellung von Kreissegmenten. Kurz das Ganze gewährt auf dem grünen Rasen, neben den grünen Bäumen und der majestätischen Kirche einen wunderschönen, reizenden Anblick und ist ein wahres Kleinod der Ziegelbaukunst.

Das Innere ist natürlich ähnlich gebauet, nur einfacher, auf den ersten Anblick. Die Fenster sind auch im Innern mit einem kräftigen Wulste eingefaßt. Das schöne kräftige Gewölbe ist oben in einer großen, hohen Rundung geöffnet, wahrscheinlich um von innen zu dem flachen achteckigen Dache gelangen zu können, da die Kapelle viel zu klein ist, um Treppen und Bodenanlagen anbringen zu können. Die starken Gewölberippen werden von Consolen getragen, welche alle mit verschiedenem Laubwerk in Relief verziert sind. Die Kapelle ist so klein, daß nur ein sehr kleiner Altar, auf dem das Heilige Blut in einer Monstranz stand, und ein "Ostensor", ein Priester, der es dem Volke zeigte, darin Platz finden konnten. Ob die Kapelle jemals auch zur Taufkapelle benutzt worden sei, läßt sich nicht ermitteln, ist aber sehr unwahrscheinlich. Bis in das Jahr 1853 war die Kapelle Kalkkammer für die kleinen Kirchenrestaurationen.

Von großer kunstgeschichtlicher Bedeutung ist aber die erst jetzt entdeckte künstlerische Ausstattung dieser Kapelle. Die ganze Kapelle ist von unten bis oben mit uralten Wandmalereien geschmückt. Es läßt sich eine dreifache Uebertünchung der Wände verfolgen. Zuerst sind die Wände mit grauem Kalk sehr dünne und fest geputzt und bemalt worden.

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Darauf sind die Wände überweißt, ob auch bemalt, läßt sich nicht ermitteln. Endlich sind die Wände zum dritten Male, ohne Zweifel noch zur katholischen Zeit, überweißt und mit schlechten Arabesken und andern Verzierungen, häufig in grün, bemalt; so sind z. B. die Wulste und Gewölberippen mit abwechselnd rothen und grünen Bändern umwunden. Alle diese jüngern Malereien haben gar keinen Werth.

Die ersten, ältesten Wandmalereien, unter den jüngern Tünchen, sind aber von ungewöhnlich großer Bedeutung. Ohne Zweifel stammen sie aus dem Jahrhundert der Erbauung der Kapelle, dem 13. Jahrhundert, und es ist wahrscheinlich, daß sie gleich nach der Vollendung der Kapelle aufgetragen wurden, da der alte, dünne, porzellanharte, glatte, graue Putz, auf dem die Gemälde stehen, ohne Zweifel unmittelbar nach der Vollendung der Kapelle angebracht ist und die Gemälde ganz den Charakter des 13. Jahrhunderts tragen. Einen technischen Beweis möchten die bischöflichen Weihkreuze liefern, welche dasselbe schwarz gewordene Roth haben, wie die Gewänder mehrerer Figuren, so daß man schließen kann, beide seien zu derselben Zeit gemalt worden. Die Weihkreuze stammen aber von der ersten Einweihung her.

Der Raum für die Gemälde ist sehr beschränkt. Die im stumpfen Winkel gebrochenen Wände des Achtecks zwischen den Fenstern sind in grader Linie nur 1 Fuß 2 Zoll, mit dem Winkel 1 Fuß 8 Zoll breit. Die mit einem Wulst eingefaßten Fenster sind bis an die Wölbung derselben, wo auch die Consolen der Gewölberippen stehen, 10 Fuß hoch. Auf diesem beschränkten Raume von 10 Fuß hoch und 1 Fuß 8 Zoll breit, zwischen den Fenstern, ferner in den Gewölbekappen, endlich über der Thür sind die Wandmalereien angebracht.

Die ganze Ausschmückung der Kapelle ist folgendermaßen geordnet. Die innerste Laibung der Fenster, den Fenstern zunächst bis an die Wulste, steht im Rohbau. Die Wulste, die Leibung nach dem innern Raume der Kapelle, die Wandflächen über den Fensterwölbungen bis an die Gewölbekappen und die Gewölberippen sind geputzt und roth mit weißen Streifen, zur Nachahmung des Ziegelbaues, bemalt, grade so wie der Chor der Kirche zu Alt=Röbel bemalt war. Die innern Flächen der Kapelle und die Gewölbekappen sind grau geputzt und mit Figuren bemalt.

Die gebrochenen Wandflächen zwischen den Fenstern haben folgende anziehende Darstellungen.

Die beiden Flächen zunächst der Thür sind entweder nicht bemalt gewesen oder haben mit den Malereien auf der Wand

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über der Thür im Zusammenhange gestanden, sind jetzt jedoch gar nicht mehr zu erkennen. Es bleiben also nur 6 Wände für den Cyclus der Malereien übrig.

Der bemalte Raum auf den Wänden zwischen den Fenstern ist 10 Fuß hoch.

Unten steht, 3 1/4 Fuß hoch, auf jeder der 5 Wandflächen von der Linken zur Rechten eine der fünf thörichten Jungfrauen, einfach, meistentheils mit röthlichen Umrissen auf grau gemalt. Alle haben sehr traurige Gebärden, theilweise eine Hand an den gesenkten Kopf gelegt u. s. w., nach altem Typus. Die Darstellung auf der sechsten Wand ist nicht mehr zu erkennen.

Ueber diesen Figuren stehen, 1 Fuß hoch, 9 bischöfliche Weihkreuze, immer zwei neben einander auf jeder der vier der Thür gegenüberstehenden gebrochenen Wände, das neunte allein auf der Wand zunächst rechts. Die großen Kreuze sind von einem Kreise eingefaßt, auf welchem noch ein kleineres Kreuz steht. Die Malerei dieser Kreuze ist schwarz geworden; ohne Zweifel war es eine rothe Mineralfarbe, welche, wie häufig, schwarz geworden ist.

Ueber den Weihkreuzen stehen, 3 1/2 Fuß hoch, von der Linken zur Rechten die fünf klugen Jungfrauen, erhabene, schöne Gestalten, mit runden, antiken Lampen, aus denen eine große Flamme emporschlägt, in der Hand. Auf der Brust haben sie zum hochzeitlichen Schmuck ein großes Juwel in rhombischer Gestalt. Gewänder, Lampen und Flammen sind jetzt auch schwarz geworden, ursprünglich aber roth gewesen. An der sechsten Wand rechts steht eine heilige Jungfrau mit einem Schwerte in der Hand, die H. Katharine.

Ueber den klugen Jungfrauen stehen unter den Consolen der Gewölberippen, 1 1/2 Fuß hoch, knieende Gestalten, welche die Arme ausbreiten, um anzubeten oder die Consolen zu stützen, einfach mit hellrothen Umrissen gemalt, wie die thörichten Jungfrauen.

Die klugen Jungfrauen, auf den Weihkreuzen stehend, bilden mit ihrem Farbenschmuck den bedeutendem Mitteltheil der ganzen Darstellung.

Diese Darstellung mit den thörichten und klugen Jungfrauen findet sich öfter in den Vorhallen großer Kirchen, z. B. in der nördlichen Vorhalle des magdeburger Domes, in der Vorhalle der Frauenkirche zu Nürnberg u. s. w. Die doberaner Kapelle vor der Pforte ist auch als Vorhalle zu betrachten, wenn sie auch nicht in unmittelbarer Verbindung mit der Kirche steht.

Von den Gemälden auf der breiten, undurchbrochenen Wand über der Thür ist wenig zu erkennen. Die Gemälde haben schon

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früh, wahrscheinlich beim Einsetzen der Rosette in die Außenwand im 14. Jahrh., gelitten und man sieht deutlich, daß jüngerer Putz in die Gemälde gedrungen ist. Jedoch sind die Darstellungen dem Sinne nach noch zu erkennen. Die Wand war horizontal in zwei Hälften getheilt. Oben ist die Krönung Mariä: auf Stühlen sitzen zwei Gestalten, zur Rechten Maria, die Figur zur Linken ist nicht zu erkennen. Unten ist Christus am Kreuze; zur Rechten ist noch eine knieende weibliche Figur (Maria) zu erkennen.

Die Gemälde in den Gewölbekappen sind nicht so klar; mehrere sind jedoch deutlich zu erkennen. Es sind große, kräftige Gestalten, in röthlichen Umrißlinien, in jeder Gewölbekappe eine. Der Thür gegenüber steht der auferstandene Christus; man erkennt noch den erhobenen linken Arm mit dem Nägelmale. Die beiden nächsten Bilder sind nicht zu erkennen; vielleicht waren es die Jungfrau Maria und Johannes der Täufer, die Hauptheiligen des Klosters nächst Christus und vor dem Evangelisten Johannes. Von den folgenden Bildern steht rechts zunächst: der Apostel Petrus, mit dem Schlüssel in der linken und einem kurzen Kreuzstabe in der rechten Hand; dann folgt (zunächst der Thür) der Apostel Philippus, mit einem Buche in der linken und einem langen Kreuzstabe in der rechten Hand. An der linken Seite steht zunächst der Evangelist Johannes mit einem Kelche in der Hand; dann folgt (zunächst der Thür) der Apostel Paulus mit Buch und Schwert. In der Gewölbekappe über der Thür steht der Apostel Judas Thaddäus mit einem Buche im linken Arme und einer Keule in der rechten Hand.

Diese ganze Ausstattung der Kapelle, wie in Meklenburg an Geist und Ausführung noch kein zweites bekannt geworden ist, verdient die höchste Aufmerksamkeit und Pflege.


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Die Bülowen=Kapelle
in der Kirche zu Doberan.

Die in den Jahrb. XI, S. 447 beschriebene Bülowen=Kapelle am nördlichen Seitenschiffe, unter der Orgel, ist ein sehr merkwürdiges Denkmal alter Kunst, weil sie noch in der ursprünglichen Malerei steht. Die Kapelle hat deshalb in den Jahrb. a. a. O. eine Beschreibung gefunden, jedoch ist Manches unerörtert geblieben, weil zu einer genauen Untersuchung viel Zeit und Vorkehrung gehörte. Nachdem ich beides habe ermöglichen können, folgt hier eine genaue Beschreibung, um das Denkmal für die Folgezeit durch die Schrift festzustellen, da es von Tage zu Tage mehr dem Verderben entgegengeht.

Die Kapelle ist zwei Gewölbe lang und hat in der Nordwand unter jedem Gewölbe ein Fenster und in der Südwand nach dem Seitenschiffe der Kirche hin eine vergitterte Oeffnung und die Eingangsthür. Die ganze Kapelle ist geputzt, dann mit Kalk übertüncht und auf dieser Tünche ganz bemalt. Die Gewölbe sind ganz mit Blumenranken, Lilien und architektonischem Ornament bemalt.

Die Wände haben alle bildliche Darstellungen, welche mit der Geschichte der Familie von Bülow in innigem Zusammenhange stehen.

1) Die östliche Hauptwand hat folgende Darstellung. In der Mitte steht Christus am Kreuze; zu seiner Rechten steht Maria, anbetend, zur Linken Johannes Ev., welcher beide Hände an das Gesicht gelegt hat. Zur rechten Hand der Maria steht ein heiliger Bischof mit dem Stabe in der Hand und auf einem blauen Streifen mit der Inschrift: Inschrift . (S. Thomas Cantuariensis), der Heil. Thomas von Canterbury. Zur linken Hand des Evangelisten Johannes steht ein Heiliger in weltlicher Kleidung, mit Bart, welcher mit der rechten Hand einen Dolch an der Spitze vor sich hält; dies ist ohne Zweifel der H. Olav; die Inschrift auf dem blauen Streifen ist nicht mehr zu lesen. Zur Linken des H. Olav knieet ein Ritter mit dem v. bülowschen Wappen am linken Arme und einem Spruchband, dessen Inschrift nicht mehr zu lesen ist; über demselben ist ein blaues Band mit der Inschrift: Inschrift . Von dem entscheidenden Vornamen sind noch die Buchstaben . . cco zu lesen; der Ritter hat also ohne Zweifel vicco = Vicke (d. i. Friederich) von Bülow geheißen. Meine

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frühern Vermuthungen, daß entweder [God]eco oder [Lud]eco gelesen werden könne, bestätigen sich also nicht, da noch . . cco , und nicht . . eco , zu erkennen ist, aber bald erloschen sein wird, da die Kalktünche schon sehr lose sitzt. Zur rechten Hand des H. Thomas knieet eine betende Frau, ohne Zweifel die Frau des Ritters; hinter ihr steht ein weißer Schild mit einem rechts schreitenden schwarzen Bären mit Halsfessel; die Inschriften auf den Spruchbändern sind nicht mehr zu erkennen, wahrscheinlich aber stammt die Frau aus dem Geschlechte der von Karlow, da dieses einen Bären im Schilde führt und kein anderes Wappen mit einem Bären mit einer Halsfessel bekannt ist, als das von karlowsche.

Die bildliche Darstellung an der östlichen Hauptwand über dem Altare war in der Anschauung also geordnet:

Christus
Maria, am Kreuze. Johannes Ev.
H. Thomas C. H. Olav.
Vicke's Vicke
v. Bülow v. Bülow,
Frau. Ritter.

2) Die nördliche Seitenwand hat an jeder Seite der beiden Fenster das Bild eines Bischofes, ohne Heiligenschein und ohne Inschrift, im Ganzen also 4 Bischöfe. Dies sind ohne Zweifel die 4 schweriner Bischöfe aus dem Hause von Bülow, von denen der letzte, Friederich, welcher am 4. Juni 1368 die doberaner Kirche weihete, im J. 1375 starb. Ueber dem östlichen Fenster, zunächst der Hauptwand, ist ein Christuskopf, über dem westlichen Fenster sind Blumen gemalt.

3) die südliche Seitenwand hat zwei Darstellungen:

a. Auf dem östlichen Theile der südlichen Wand, über der vergitterten Oeffnung, steht ein betender, geharnischter Ritter oder Knappe, welcher am Munde ein Spruchband hat, das ihm über den Kopf geht, auf welchem aber nur noch das Wort - - mundus - - zu lesen ist. Neben dem Kopfe ist ein blauer Streifen, welcher einen Namen getragen hat von dem jedoch nichts mehr zu erkennen ist. - Zu seiner Rechten sitzt ein Mönch, der H. Bernhard, in grauer Klostertracht, über dessen Haupte ein blauer Streifen mit der Inschrift s 9 . bernardus steht; auf dem Spruchbande, welches diese Figur in der Hand hält, ist nur noch - - ilencia - - zu lesen. - Zur Linken des Ritters sitzt ein heiliger Bischof, dessen Name auf dem blauen Streifen über seinem Haupte, so wie auch die Inschrift auf dem Spruchbande in der Hand, ganz verwischt ist; vielleicht foll er den H. Benedict vorstellen, da der

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H. Bernhard und der H. Benedict zu den besondern Schutzheiligen des Klosters gehörten.

Unter der ganzen Darstellung, über dem Gitter, läuft ein blauer Streifen mit einer Inschrift durch, von welcher nur der Anfang Nodie - -ende - - - - - zu lesen, vielleicht die Anrede Christi an Zachäus in Luc. 19, 9: Heute ist diesem Hause Heil widerfahren.

b. Auf dem westlichen Theile der südlichen Wand, über der Thür, steht ein geharnischter Knappe, mit beiden Händen ein großes Schwert vor sich haltend. An jeder Seite des Kopfes ist ein blauer Streifen; auf dem Streifen zur Rechten steht der Name henricus de bulow; die Schrift auf dem Streifen links ist nicht zu lesen.

4) An der westlichen Wand, welche ein Fenster hat, der Hauptwand gegenüber, ist an jeder Seite des Fensters eine Figur gemalt; von beiden ist jedoch nicht viel mehr zu erkennen. In der Ansicht links vom Fenster ist noch eine Bischofsmütze, rechts ein Mönchskopf mit einer Tonsur erkennbar. Wenn auch keine Attribute zu erkennen sind, so läßt sich doch vermuthen, daß die Bilder Mitglieder oder Verwandte des Geschlechts von Bülow darstellen sollen, um so mehr da keine Spur von Heiligenscheinen vorhanden ist. Die beiden Köpfe haben eben so sicher keine Heiligenscheine, wie die übrigen in der Kapelle dargestellten Personen aus dem Geschlechte von Bülow keine haben.

Die Schlußsteine der beiden Gewölbe sind mit hölzernen runden Schilden verziert, auf welche das v. bülowsche Wappen gemalt ist. Beide sind schon zerbrochen und sehr verwittert.

In neuern Zeiten ist ein backofenförmiges Gewölbe in die Kapelle gebauet, in welchem Särge der Familie v. Müller auf Detershagen stehen; damals ist auch wohl der Altar abgebrochen. Noch im J. 1853 ward die Kapelle zur Baumaterialien= und Gerüstkammer benutzt.

Die Kapelle war sonst reich an Inschriften. Nach Schröder's Wismar. Erstlingen S. 400 stand:

An der Bülowen Capell:

1) über der Thür:

      Inschriftskreuz Capella de Bulow Inschriftskreuz

2) ein Kerl mit einer Keule und dabei die Worte:

Sta up h oe r
Van der D oe er.

In der Kapelle stand (nach Schröder a. a. O. S. 402):

Aspera vox Ite sed vox benedida Venite ,
Ite malis vox est, apta Venite bonis.

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Quantus erit luctus, cum judex dixerit Ite
Tantus erit fructus, cum dixerit ipse Venite .

An dem v. Müllerschen Grabgewölbe in der Kapelle steht, jetzt mit moderner Schrift restaurirt:

Inschrift

Diese Inschrift hat gewiß Bezug auf den Kerl mit der Keule, welcher, wahrscheinlich vor der Kapelle, gemalt war. Jetzt steht die Inschrift im Innern an unpassender Stelle und ist auch durch die Umschreibung in der Orthographie gewiß vielfach verändert.

Von Bedeutung ist die Beantwortung der Frage, aus welcher Zeit diese Kapelle und die Malerei stammt. Im 15. Jahrhundert müssen die Bilder gemalt sein, da der ganze Styl und die Technik der Malerei hiefür unabweislich reden. Daß sie jünger sind als 1375, dafür spricht die Darstellung der 4 schweriner Bischöfe aus dem Hause v. Bülow, von denen der letzte, Friederich, in diesem Jahre starb. Von Bedeutung können die Namen der dargestellten Personen werden, des Ritters V icke im Hauptbilde und des Knappen Heinrich über der Thür. Aber trotz dem daß die Familie v. Bülow eine gedruckte Geschichte hat, lassen sich diese Personen doch schwer bestimmen, da theils die Geschichte noch viel zu wenig kritisch, sicher und genügend bearbeitet, theils die Familie ungewöhnlich groß ist und dieselben Vornamen sich häufig wiederholen.

Doch ist noch ein Hülfsmittel vorhanden, die Zeit zu bestimmen, und dieses liegt in den dargestellten Figuren. Auf der westlichen Wand ist nämlich zur Rechten eine Bischofsmütze, zur Linken der Kopf eines Mönches mit der Tonsur, beide ohne Heiligenschein, erkennbar. Es liegt nun in dem ganzen Cyclus, daß, wenn irgend Dedicatoren oder Donatoren sich haben abbilden lassen, dazu nur die äußerste westliche Wand, den Betenden im Rücken, dem Altare gegenüber, gewählt werden konnte. Der Mönch wird derjenige sein, welcher mit seinem Erbtheile die Kapelle dotirt hat. Im Jahre 1452 war nämlich ein Eckhard Bülow Mönch im Kloster Doberan und gehörte

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damals zu den Senioren ("Altherren") des Klosters. Am Sonntage nach S. Jacobi 1452 verkauften

"Johannes Vrome van gades gnaden abbet, Rodolphus Radeloff, prior. Hermannus Konyngk. Eggardus Bulow, Nicolaus Nigeman, oltheren, Johannes Hasselbeke, kelner, Johannes Deptzow, kornescriuer, Johannes Pors, vnderpnor, vnde gantze conuent des monsters to Dobbran"

der Stadt Parchim des Klosters Kornpacht und Mühlengut in der Mittelmühle und in der Vierglindenmühle (vêrgrinde) zu Parchim. Die Urkunde ist zwar nicht im Originale vorhanden; aber zwei im Anfange des 16. Jahrhunderts beglaubigte Abschriften stimmen überein. Es kommen zwar adelige Mönche in den Klöstern selten vor; aber der Fall ist nicht unerhört. Der Vorname Eckhart kommt in der Linie, zu welcher dieser Eckhart Bülow wahrscheinlich gehört, öfter vor. - Die Bischofsmütze gehört zu einer Figur, welche wohl den damaligen Abt des Klosters Dobbran, als Mithelfer, vorgestellt haben mag, da der Abt des Klosters seit dem J. 1402 das Recht hatte, bischöfliche Insignien zu tragen. Ein Bischof aus dem Hause Bülow kann es nicht sein, da vor dem J. 1452 aus dem Geschlechte nur die 4 Bischöfe (von Schwerin) hervorgegangen waren, welche auf der nördlichen Wand dargestellt sind.

Hat dies alles seine Richtigkeit, so würde die Kapelle in der Mitte des 15. Jahrhunderts gemalt sein.

Es kommt dann darauf an, wer der Ritter Vicke und der Knappe Heinrich ist. Es ist wahrscheinlich, daß beide zu der in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts sehr angesehenen Linie Plüskow gehörten, welche von dem Ritter Heinrich 12. gestiftet ward. Zu dieser Linie aufwärts gehörten auch die 4 Bischöfe von Schwerin. Diese Linie hatte den Pfandbesitz der Vogteien Plau mit Krakow, Neustadt und Dömitz. Sie ist in den Jahrbüchern XVII, S. 127 flgd. behandelt und giebt folgenden Stammbaum:

Stammbaum
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Stammbaum

Dieser letztgenannte Ritter Vicke von Bülow (1431-1443) mag der in der Kapelle dargestellte sein. In der Mitte des 15. Jahrhunderts sind Ritter nicht mehr so häufig, als daß sich die wenigen, welche die Ritterwürde besaßen, nicht besonders hervorheben sollten. Im J. 1431 wird er in einer Original Urkunde zu Neustadt ("tôr Nyenstad") ausdrücklich genannt: "Hartych, knape, her Vycke vnd her Achym, ryddere, alle ghehêten van Bulow". Zwar soll der Ritter Vicke nach der v. bülowschen Geschlechtsbeschreibung Gödel Hahn zur Frau gehabt haben; aber diese Geschlechtsbeschreibung ist zu unsicher und dunkel, als daß man sich darauf verlassen könnte. - Die Namen Vicke und Eckhart kommen in der Linie Plüschow öfter vor. - Zu diesen Umständen kommt noch, daß des Ritters Heinrich 12. auf Plüschow Vaterbrudersohn Danquard und dessen Nachkommen Zibühl und Tarnow befaßen und einige Zeit, im Pfandbesitze des Amtes Schwaan, also nicht weit von Doberan ansässig waren.

Anstoß könnte die in der Kapelle abgebildete Frau des Ritters Vicke erregen, welche nach dem Wappenschilde sicher eine von Karlow war. In den ratzeburger Urkunden giebt es eine Urkunde 1 ), von der jedoch bis jetzt nur ein Auszug handschriftlich bekannt ist, nach welcher im J. 1386 ein v. Bülow auf Wedendorf eine v. Karlow heirathete; die Regeste lautet:

"Literae illoruin de Karlow super Klokstorf et Kulrade, quae bona sorori suae N. de Bulowe nubenti pro dote dederunt".

Nach einer andern Urkunde vom J. 1394 (gedruckt in der Beschreibung des Geachlechts v. Bülow, Urkunden=Anhang, S. 20) versicherten Henneke v. Bülow auf Röggelin mit seinem Sohne Henneke seiner Tochter Sophie, Klosterfrau zu Rehna, 10 Mk.


1) Nach der Mittheilung meines Freundes Masch zu Demern.
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Renten aus dem Gute Katzendorf; Bürgen waren seine Vettern der Ritter Johann v. Bülow auf Wedendorf, Joachim v. Bülow, Hermann v. Karlow und Reimar v. Karlow, die letztern also gewiß nahe Verwandte der v. Bülow. Ueberhaupt standen die Bülow auf Wedendorf und Röggelin vielfach in Verbindung, und die letzteren kauften Von den ersteren wiederholt dies und jenes. Aber in dieser Linie kommen die Vornamen Vicke, Heinrich und Eckhart gar nicht vor. Auch möchte die Zeit zu weit zurückreichen.

In den Jahrbüchern X, S. 319 ist ausgesprochen, daß die Kapelle im J. 1372 von dem schweriner Bischofe Friederich von Bülow, der im J. 1368 die Spitzbogenkirche zu Doberan weihete, gegründet sei, indem er am 20. Decbr. 1372 dem Kloster Doberan eine Hebung von jährlich 30 Mark aus Schmadebek zu seinem, seines Bruders und seiner übrigen Lieben Gedächtniß schenkte. Wahrscheinlich ist es, daß hierdurch die Kapelle gestiftet oder der Altar in derselben fundirt ward. Damit ist aber nicht gesagt, ja es ist nicht einmal wahrscheinlich, daß die Kapelle damit vollendet und ausgemalt worden sei. Der Styl der Malerei und die jüngeren abgebildeten Personen reden dafür, daß die Kapelle in der Mitte des 15. Jahrhunderts vollendet und gemalt sei. Auch der Baustyl stimmt hiemit überein.

Außer diesem Ritter Vicke kommt in der Geschichte noch ein anderer Ritter Vicke vor, über den jedoch nur die v. bülowsche Geschlechtsbeschreibung S. 77 redet, nach folgender Genealogie:

Stammbaum

Diese Linie, welche in Schweden auftritt und nach einigen Geschlechtern wieder veschwindet, steht bis jetzt ohne alle Verbindung mit der Familie da und ist noch nicht urkundlich begründet. Man könnte aber diese Linie mit den Malereien in der Bülowen=Kapelle in Verbindung zu setzen versucht sein, da die Zeit stimmt und die Heiligen Olaf und Thomas auf den

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Norden hindeuten, es auch gewiß nicht ohne Bedeutung ist, daß der Ritter Vicke vor dem nordischen Heiligen Olaf knieet. Vielleicht kamen Glieder dieser Linie nach Meklenburg zurück und stifteten zum Andenken eines glücklichen Ereignisses diese Kapelle. Dagegen spricht, daß des schwedischen Ritters Gemahlin eine geborne von Krummendik gewesen sein soll.

Eine andere Linie könnte auch zur Berücksichtigung kommen (nach der Beschreibung S. 45):

Stammbaum

Jedoch scheint diese Linie zu alt zu sein, da die Gemälde offenbar jünger sind.

Für den Augenblick lassen sich die Forschungen nicht weiter führen. Jedoch wird das feststehen, daß die Kapelle aus der Mitte des 15. Jahrhunderts stammt und die in derselben vorkommenden Namen zu der urkundlichen Geschichte stimmen.


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Die Austünchung der Kirche zu Doberan
und
die beiden bemalten achteckigen Pfeiler der Kreuzschiffe.

Die Forschung über die Ausmalung der doberaner Kirche ist für die Baugeschichte von Wichtigkeit. In der Regel standen die mittelalterlichen Kirchen im Rohbau. Nur Bogen, Gewölbe und vertiefte Wandflächen waren geputzt oder geweißt; eben so war der Grund für Wandmalereien geputzt. Jedoch ist dies nicht durchgehende Regel. Man findet auch alte Kirchen, welche geputzt und dann wieder roth mit weißen Kalkfugen, als Nachahmung des Ziegelbaues, gemalt sind; jedoch pflegen dann die Steine größer gemalt zu sein, als die größten Ziegel in Natur sind. So waren die Wände des Chores der Kirche zu Alt=Röbel, so sind die nicht mit Figuren bemalten Wandflächen und Wulste der Heil. Bluts=Kapelle vor der nördlichen Pforte der Kirche zu Doberan, beide aus dem 13. Jahrhundert, bemalt. Es scheint, daß man dann häufig die ganzen Wände zu putzen pflegte, wenn sie mit figürlichen Darstellungen geschmückt werden sollten, auch selbst dann, wenn nicht die ganzen Wände bemalt

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werden sollten, um den Abstand nicht zu sehr in die Augen fallen zu lassen. In der Heil. Bluts=Kapelle zu Doberan sind freilich alle Hauptflächen gemalt; in dem Chor der Kirche zu Alt=Röbel waren aber nur die Gewölbe bemalt, jedoch die Wände ganz geputzt. Bekannt ist es, daß man aber auch häufig nur diejenigen Flächen der Wände putzte, welche mit Figuren bemalt werden sollten.

Nach allen Anzeichen stand die Kirche zu Doberan im Rohbau, ehe sie 1830 roth gemalt ward. Zwar wird wohl behauptet, sie sei vorher schon roth gemalt gewesen; aber der Maurermeister und dessen Gesellen, welche 1830 die Kirche roth ausgemalt haben, versichern, daß sie vorher im Rohbau gestanden habe. Und hiemit stimmt denn auch eine Erfahrung überein, welche ich selbst gemacht habe. Als ich am 1.-5. Nov. 1853 in Allerhöchstem Auftrage das Grabgewölbe des Herzogs Magnus († 1550) in der alten fürstlichen Begräbnißkapelle abbrach, welches 4 Fuß hoch über dem Fußboden den ganzen Raum unter dem östlichen Gewölbe des nördlichen Kreuzschiffes bedeckte, fand ich die Seitenwände 4 Fuß hoch im Rohbau stehen; nur die vertieften Flächen der Pfeiler (zwischen den Graten) waren einmal leicht überweißt. Also war die Kirche bis zum Jahre 1550 nicht getüncht.

Die Kirche ist jetzt mit Ziegelfarbe roth und mit weißen Kalkfugen ausgemalt. Die Laibungen und die vertieften Flächen der Pfeiler sind weiß. Unter den hohen Fenstern des Mittelschiffes auf dem Triforium steht auf weißem Grunde eine gemalte Spitzbogen=Gallerie in sehr matter, hellgrüner Farbe, wohl eine nicht recht verstandene Nachahmung alter Malerei. Die Gewölbe sind weiß; die Gewölberippen sind ebenfalls mit demselben matten Grün gemalt.

Die Inschriften auf die neue Ausmalung sind folgende:

Auf der Ostwand des südlichen Seitenschiffes steht oben unter den Fenstern:

Im nördlichen Kreuzschiffe steht:

J. Trede.          J. Schröder. C. Uplegger.
J. Stolz. W. Freudenberg.
Anno 1830. Gott mit uns.

Im nördlichen Kreuzschiffe steht:

1830.

Im Mittelschiffe über dem Hochaltäre steht:

1831.

Besondere Beachtung verdienen die beiden prächtigen, ungewöhnlich schlanken, achteckigen Pfeiler in den Kreuzschiffen.

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Die von den Seitenschiffen auslaufenden beiden Kreuzschiffe sind 3 Gewölbe breit und werden nach dem Seitenschiffe hin von Zwei Pfeilern getragen, von denen der westliche achteckig ist und ebene Flächen hat, abweichend von allen übrigen Pfeilern der Kirche, welche vielfach mit Diensten besetzt sind. Diese ebenen Flächen der beiden achteckigen Pfeiler sind mit verschiedenen, farbigen Mustern mosaikartig bemalt, nach Art der Muster in den alten gemalten Fenstern, jedoch mehr nach Maaßgabe der Architektur, und machen bei guter Beleuchtung eine vortreffliche Wirkung. Es kommt in Meklenburg wohl kein zweites Beispiel dieser Art vor. So hoch man mit Leitern von unten hinaufreichen kann, sind diese Muster mit ganz matten, schlecht stehenden Farben übermalt. Es wird noch heute mit großer Bestimmtheit viel in Doberan erzählt, daß der "Baumeister der Kirche diese Pfeiler ohne Loth und Winkelmaaß selbst aufgeführt" habe.

Es ist glaublich, daß es mit diesen beiden achteckigen bemalten Pfeilern eine besondere Bewandniß habe. Die Kreuzschiffe der doberaner Kirche sind ungewöhnlich breit, 3 Gewölbe breit. So breit sind sie ursprünglich wohl nicht angelegt gewesen. Jedes der beiden Kreuzschiffe hat einen Pfeiler von der gewöhnlichen Form und einen achteckigen Pfeiler. Das Schiff und die Kreuzschiffe der jetzigen Spitzbogenkirche stehen wohl in den Grenzen der alten Rundbogenkirche, gewiß die westlichen Ecken der beiden Kreuzschiffe und die südwestliche Ecke des Seitenschiffes. Es ist nun möglich und wahrscheinlich, daß die Seitenschisse der alten Rundbogenkirche nur zwei Gewölbe breit waren und die beiden westlichen Gewölberäume derselben umfaßten, so daß die achteckigen Pfeiler in der Mitte standen. Diese ließ man zum Andenken stehen und erhöhete sie beim Umbau der Kirche im 14. Jahrhundert. Als man damals auch den Chor und den Chorumgang erweiterte, wird man den östlichen Gewölberaum der Kreuzschiffe angesetzt haben, um der ganzen Kirchenanlage mehr Symmetrie zu geben; man bauete nun den nöthigen neuen Pfeiler nach dem Muster der andern neuen Pfeiler. So erhielten die Kreuzschiffe drei Gewölbe und so blieben die beiden alten Pfeiler stehen, wenn auch gerade nicht in gleichem Styl mit den übrigen, doch als ehrwürdige Denkmäler alter Zeit.


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Leichensteine.

Der Herr Director Dr. Wiggert zu Magdeburg hat den in leoninischen Hexametern geschriebenen doberaner Grabschriften seine besondere und wiederholte Aufmerksamkeit zugewandt und mir seine Bedenken und Vorschläge mitgetheilt, in Folge deren ich die Inschriften an Ort und Stelle wiederholt geprüft habe.

l) Die Inschrift auf dem Grabe des Fürsten Heinrich des Löwen von Meklenburg,

welche in Jahrb. IX, S. 429 mitgetheilt ist, muß folgendermaßen lauten, nämlich so wie man die Verse lesen muß:

1. Anno milleno tricen. vicenque noueno,
2. natus vt est ille, quem predixere Sibille
3. dicta, die magne proch Hin. defungitur Agne,
4. Mychilburgh princeps, quem tristis obisse dolet plebs,
5. Huic genitrix Cristi succurrat, ne nece tristi
6. demonis artetur, sed iustis congratuletur. Amen.

So las auch Nic. Marschalk, welcher eine mit Gold gemalte Abschrift auf einer Tafel an einem Pfeiler hat aufhängen lassen.

Im 1. Verse las Nic. Marschalk so, wie hier steht, "tricen. vicenque". Da der Fürst Heinrich der Löwe am Tage der H. Agnes 1329 gestorben ist, so kann auch gar nicht anders gelesen werden; es muß dann, wie in leoninischen Hexametern öfter vorkommt, nicht mehr gelesen werden, als wirklich geschrieben steht, eben so wie im 3. Verse nicht mehr als "Hin.", statt Hinricus, gelesen werden darf. Bei der Aufräumung des Grabes fand ich in der Tiefe einen wohl erhaltenen, alten Stein mit - │ tenoqz Blumenvignette vice │ ; diese Sylben würden mit den vorhandenen tricen tenoque Blumenvignette vice │ no noueno zwar eine orthographisch vollständigere Lesung gewähren, aber den Hexameter nicht geben. Es muß also die Inschrift entweder zuerst anders gelautet haben und schon im Mittelalter mit andern Wendungen restaurirt sein, oder es muß dieser neu aufgefundene Stein zu einer andern Inschrift gehören, wie sich noch zwei andere Steine mit nunc postulet und nunc quiuis fanden, welche ebenfalls nicht in den Sinn der Inschrift passen. So wie die Inschrift jetzt steht, kann nicht anders als "tricen. vicenque" gelesen werden.

Im 3. Verse ist nach dicta das Komma zu setzen, so daß zusammengehört: " , quem predixere Sibyllae dicta,"

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(d. i. vaticinia) und Sibyllae der von dicta abhängige Genitiv ist. Man vgl. den Vers: Dies irae, dies illa solvet saeclum in favilla, teste David cum Sibylla.

Im 3. Verse muß "Hin." gelesen werden, statt Hinricus, also nicht mehr, als geschrieben steht.

Im 3. und im 5. Verse sind Herrn Director Wiggert die Wörter "proch" (für proh!) und "nece" verdächtig; aber sie stehen wirklich so da und können durchaus nicht anders gelesen werden. Auch Marschalk liest nece und proh.

Im 6. Verse muß ohne Zweifel artetur (= arctetur) gelesen werden, wie auch Marschalk hat. Im Original des Ziegels steht aber sicher arcetur, vielleicht aus Versehen des Formschneiders.

Im 6. Verse waren Herrn Wiggert die Worte: "justus congratuletur" verdächtig. Er zweifelt zuerst an der Lesung justus und vermuthet justis, und wirklich steht auch iustis im Originale; die Lesung justus war also ein Versehen von mir. -

Die Lesart "cō n mit Querstrich grātŭlētūr" ist zwar nach der Quantität falsch und nach dem Sinne etwas gezwungen; aber es steht im Originale wirklich 9 gratuletur, d. i. congratuletur. Der Sinn ist also: "daß er die Gerechten begrüße".

2) Die Inschrift auf dem Grabe des Heinrich von der Lühe,

welche in Jahrb. IX, S. 445-446 mitgetheilt und sehr verwittert und sehr schwer zu entziffern ist, las ich folgendermaßen:

1. Post M bis duo CC CC domini semel I superadde
2. Mart[ini m pro]festo Vincencî rem manifesto
3. [vir] bonus Hinricus de Lu [sin]cerus amicus
4. claustri decessit sub petra qui requiescit feliciter in pace. amen.

Obgleich durch diese Lesung die frühere Lesung in den Hauptsachen verbessert ist, so stößt man doch auf manche Bedenken. Der 1. Vers ist so zu lesen, wie er geschrieben ist:

M                CC. CC                 I
Post em bis duo ce domini semel i superadde

d. i. Nach ein tausend zwei mal zwei hundert und ein mal ein des Herrn, d. i. im Jahre des Herrn 1401. Es fehlt eigentlich das Wort anno, als regierendes Wort vor dem Genitive domin; es kann aber aus dem Sinne des ganzen Verses hinzugedacht werden. Das Wort d n mit Querstrich i (domini) steht sicher da.

Im 2. Verse steht, wie Hr. Wiggert vermuthet, im Originale wirklich martiris in festo = martiris in festo Vincencii.

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In demselben Verse müssen die Worte " , rem manifesto, " als Zwischensatz verstanden und interpungirt werden: " ,ich verkünde es,".

Im 3. Verse fehlt jetzt schon der Name de Lu ganz.

In dem Wunsche am Schlüsse war das Wort f'ıııt unverständlich. Im vorigen Jahrhundert las man fiat; ich vermuthete = feliciter, Hr. Wiggert glaubt, daß feriatur da stehen könne. Nach vielfältiger und scharfer Beobachtung steht im Originale f'iat, d. i. feriat; das a ist zwar nicht ganz deutlich mehr, aber doch noch einigermaßen zu erkennen. Hiernach kann man nicht anders lesen als f'iat z (feriatur) und muß annehmen, daß die Abbreviatur für die Endung - ur, welche durch - z bezeichnet wird, ausgesprungen sei, da der Stein ungewöhnlich bröckelig und an unzähligen Stellen ausgesprungen ist. Der Sinn ist: "er feiere in Frieden".

Die Inschrift lautet also jetzt:

Inschrift

d. i.                (=em)                (=ce)                (=i)

Post M bis duo CC domim semel I superadde, martiris in festo Vincencii, rem manifesto, vir bonus Hinricus de Lu, sincerus amicus claustri decessit, sub petra qui requiescit.
               Feriatur cum pace. Amen.

Heinrich von der Lühe, wahrscheinlich von Buschmühlen, starb also am 6. Junii 1401.

3) Leichenstein des Abtes Hermann Bokholt. (1404 - 1423, † 1427.)

In den Jahrb. IX, S. 437 ist die Inschrift von dem Leichensteine des 29. Abtes Hermann Bokholt aus Schröder's Wismar. Erstlingen S. 397 mitgetheilt, da der Leichenstein selbst damals fehlte. Dieser Stein hat sich aber in neuern Zeiten gefunden und daher läßt sich wenigstens das Wichtigste von der

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Inschrift auf diesen Abt, welcher in einer für die Geschichte des Klosters nicht unwichtigen Zeit lebte, nachtragen. Nach der Erzählung mehrerer Arbeiter hatte der Stein unter dem jetzigen Fußboden der Kirche gelegen und war mitten durchgebrochen gewesen; statt ihn wieder in die Fläche des Fußbodens einzulegen, hatte man die beiden Stücke zurückgesetzt und von denselben zu verschiedenen Zeiten unverantwortlicher Weise zu Stufensteinen Stücke abgeschlagen. Im Novbr. 1853 fand ich die beiden größern Stücke in der Bülowen=Kapelle mit der Inschriftseite gegen die Wand gelehnt; zwei abgeschlagene Stücke mittlerer Größe und viele kleine Bruchstücke lagen in der Pforte der Klostermauer, wo ich sie ausbrechen ließ, um sie wieder nach der Kirche zu bringen. Jedoch haben bis jetzt noch nicht alle Bruchstücke zusammengebracht werden können.

Schröder giebt die Inschrift folgendermaßen an:

Anno domini MCCCCXXVII, IV kal. Decemb. obiit venerabilis dominus Hermannus Bockholt abbas, qui per annos XX rexit abbatiam Doberanensem.

Die Inschrift ist von Schröder nicht ganz richtig und vollständig gelesen. Nach sicherer Lesung lautet die Inschrift folgendermaßen; die Stellen mit gothischer Schrift stehen auf den Bruchstücken des Steines, die Stellen mit lateinischer Schrift sind nach Schröder ergänzt:

Inschrift

(Anno domini millesimo CCCCXXVII. VI kal. Decembris obiit venerabilis dommus Hermannus Bokholt XXIX abbas, qui per XX annos rexit abbatiam Dobberanensem.)

Die Jahreszahl ist sicher richtig gelesen; von der Zahl in der Reihenfolge der Aebte ist ıx auch zuverlässig. Der Abt Hermann Bokholt starb also im J. 1427. Da nun sein Nachfolger Bernhard schon im J. 1424 erscheint, so muß Hermann Bokholt einige Jahre vor seinem Tode (1424) resignirt haben. Die Zahl 29 in der Reihenfolge der Aebte stimmt mit den übrigen Angaben überein, da Hermann Bokholt nach den ausdrücklichen Angaben zwischen den 28. und 30. Abt fällt.

Der Leichenstein ist sehr groß und dick, spaltet aber leicht; die Arbeit ist sehr gut. Bemerkenswerth ist, daß neben dem Bilde des Abtes ein Hund sitzt, der zu ihm hinaufschaut.


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Der Hochaltar,

welcher in Jahrb. XIV, S. 352, beschrieben ist, hat in der Mitte keine Tafel, sondern nach alter Weise einen Schrein zur Aufstellung der Reliquien und ist mit einem thurmartigen Ueberbau gekrönt, welcher nach alter Weise das Ciborium genannt ward. Hiefür giebt es noch einen urkundlichen Beweis. Als der Bischof Werner von Schwerin am 26. October 1461 dem Kloster Doberan einen Ablaß verlieh, weihete er auch die silbernen Statuen der Apostel Johannes und Jacobus, welche im Ciborium des Hochaltars ("in cimborio summi altaris") aufgestellt waren:

"imagines argenteas sanctorum Johannis et Jacobi apostolorum, que continentur in cimborio summi altaris ecclesie Doberanensis, que eciam per nos die dato presentis iuxta institutionem sancte Romane ecclesie sunt consecrate".


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Die Kirchen
zu
Rethwisch, Lichtenhagen und Steffenshagen

bei Doberan sind drei interessante Bauten, welche viel Gemeinsames haben und in manchen Stücken aus derselben Zeit stammen.

Die Chorbauten aller dieser Kirchen sind verschieden und bei jeder eigenthümlich.

Die Schiffe aller drei Kirchen find aber fehr ähnlich und stammen ungefähr aus derselben Zeit aus dem Ende des 13. oder dem Anfange des 14. Jahrhunderts. Es sind dreischiffige, gewölbte Gebäude mit einem weiten und hohen Mittelschiffe und zwei schmalen, niedrigem Seitenschiffen. Die Gewölbe ruhen auf achtseitigen Pfeilern. Die Ringmauern sind niedrig und haben niedrige, weite Fenster mit mehrern Pfeilern; diese Fenster sind gewiß im 15. Jahrhundert in die gegenwärtige Form gebracht, oft grade nicht zum Vortheil der Bauten. Die Kirchen haben dadurch eine unscheinbare Außenseite erhalten, während sie im Innern durch ihre Kraft, oft durch ihre Schönheit überraschen. An mehrern Orten herrscht die Sage vom Brande der Kirchen, wodurch ihre Außenseiten gelitten haben sollen.

G. C. F. Lisch.     

Die Kirche zu Rethwisch

bei Doberan ist äußerlich ein unscheinbarer, niedriger Bau, dessen Außenmauern und Fenster wohl aus dem 15. Jahrh. stammen.

Der einfache Chor hat schöne Blätterconsolen, auf denen die Gewölberippen stehen.

Das dreischiffige Schiff, dessen Gewölbe von achteckigen Pfeilern getragen werden, hat aber ein Mittelschiff in einem sehr schönen und erhabenen Spitzbogenstyl, etwa aus dem Anfange des 14. Jahrh., so daß die Kirche im Innern eine ungewöhnlich erhabene und freie Ansicht bietet.

Die Kirche ist zwar nach allgemeiner neuerer Mode ausgeweißt, jedoch sind die Abschrägungen der Gurtbogen mit hübschen Blattverzierungen in weiß, grau und braun gemalt. Ich halte diese Malereien für alt, wenn auch nicht für sehr alt, jedoch für älter, als die gewöhnlichen Malereien aus dem vorigen Jahrhundert. Jedenfalls sind sie geschmackvoll genug, um Beachtung zu verdienen.

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Der Altar ist ein Schnitzwerk von ziemlich reicher Ausführung und wenn auch nicht ausgezeichnet, doch ganz hübsch. Die Arbeit scheint aus dem Ende des 15. Jahrh. zu stammen. Das architektonische Ornament des Altars ist aber sehr mittels mäßig. In der Mitteltafel ist in der Mitte eine Kreuzigung mit vielen Figuren dargestellt; daneben stehen an jeder Seite zwei Heilige über einander. In jedem der beiden Flügel stehen je zwei Heiligenbilder über einander. In der Predelle ist die Krönung Maria dargestellt, an jeder Seite mit drei Heiligen.

An der nördlichen Wand neben dem Altare ist ein kleines Tabernakel befestigt. Tabernakel haben sich in Meklenburg bisher nur noch, außer in der Kirche des Klosters zum Heil. Kreuz in Rostock, in den Kirchen der Abtei Doberan gefunden: zu Doberan, Hansdorf, Lichtenhagen und Rechwisch.

In dem Fenster über dem Altare sind verschiedene recht gute, alte Glasmalereien, welche in neuern Zeiten aus den übrigen Fenstern zusammengebracht sind. In der Mitte steht eine Kreuzigung, daneben links Johannes Ev., rechts ein anderer Heiliger.

An Geräthen ist noch ein Weihrauchfaß aus Messing und ein messingenes Taufbecken mit einem Hirsche im Mittelschilde bei der Kirche vorhanden.

G. C. F. Lisch.     

Die Kirche zu Lichtenhagen

hat einen Chor, ein Schiff und ein Thurmgebäude von kräftigen Verhältnissen. Aeußerlich hat die ganze Kirche den Charakter des 15. Jahrhunderts; namentlich sind alle Fenster mit ihren weiten Oeffnungen und vielen Pfeilern ein Werk dieses Jahrh.

Der Chor ist ein alter Feldsteinbau mit einem alten Gewölbe, wahrscheinlich aus der ersten Hälfte des 13. Jahrh.

Das Schiff ist ein kräftiger, niedriger, gewölbter Bau mit zwei schmalen, gewölbten Seitenschiffen. Die achteckigen Pfeiler sind sehr kurz und haben Basen und Deckplatten. Wahrscheinlich stammt dieser innere Bau aus dem Ende des 13. Jahrhunderts.

Der Thurm ist ein hohes, altes, tüchtiges Ziegelgebäude, an jeder Seite oben mit drei Schallluken oder Fensteröffnungen im Uebergangsstyle und mit drei ähnlichen Nischen in jedem Giebel. Der Thurm ist eines der kräftigsten Gebäude der Gegend.

Im Thurme hangen noch 2 alte Glocken. Eine große Glocke hat die Inschrift:

Inschrift

Die kleine Glocke hat diese Inschrift mit der Jahreszahl 1480.

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Vor der Thurmpforte liegt ein abgetretener Leichenstein aus dem Ende des 14. Jahrhunderts, von dessen Inschrift nur noch zu lesen ist:

Inschrift

( - - dominus Nicolaus Domelowe, rector hujus ecclesie. Orate pro eo.)

In der Kirche und im Thurmgebäude stehen überall viele zurückgesetzte, aus Eichenholz geschnitzte, alte Heiligenbilder von ehemaligen Altären. Im Thurmgebäude liegt auch ein auseinander genommenes Tabernakel, wie es scheint, von schönen Verhältnissen.

Im Thurmgebäude steht zurückgesetzt auch ein großer, alter Taufstein aus Granit. Die Schale ist ganz mit vier Reihen nach unten gekehrter Spitzen in Relief Symbol zum Zierrath bedeckt, wie der Taufstein von Steffenshagen mit einer Reihe solcher Spitzen am Rande eingefaßt ist. Die Schale wird von sechs ungeschlachten Figuren getragen, welche auf dem Fuße des Taufsteins stehen. Der Taufstein stammt, wie der zu Steffenshagen, wohl aus der ersten Zeit des Christenthums in der Gegend von Doberan.

Das Gut Lichtenhagen war im Mittelalter ein Lehn der von Gummern auf Bliesekow; andere Linien der Familie wohnten auf Lambrechtshagen und Gerdeshagen.

G. C. F. Lisch.     

Die Kirche zu Steffenshagen

bei Doberan ist eine der merkwürdigsten Kirchen in Meklenburg und wahrscheinlich einzig in ihrer Art in Norddeutschland. Sie besteht aus Chor und Schiff.

Das Schiff ist dreischiffig, wie die meisten Kirchen der Abtei Doberan, mit achtseitigen Pfeilern; die Seitenschiffe sind sehr schmal; alle drei Schisse sind gewölbt. Wahrscheinlich stammt der innere, kräftige Bau aus dem Ende des 13. Jahrhunderts. Die Seitenwände sind jedoch niedrig und haben große, weite Spitzbogenfenster, dem Anscheine nach aus dem 15. Jahrhundert. Auch hier geht die Sage, daß die Kirche durch Brand gelitten habe und dadurch niedriger geworden sei.

Der Chor ist dagegen von dem allergrößten Interesse. Der Chor ist ein viereckiges Gebäude, mit grauer Altarwand, ganz von kräftigen Ziegeln gebaut, wahrscheinlich am Ende des 13. Jahrhunderts. Die Außenwand ist ganz mit gedruckten Ziegeln mit sehr schönen Reliefs geschmückt. Rings um den

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Chor laufen nämlich Schichten von unglasurten Ziegeln, wie Bänder, welche mit bildlichen Darstellungen in Relief verziert sind, abwechselnd Weinlaub und Löwen (auch Tiger) und Greifen darstellend. Zuerst umgiebt den Chor eine Schicht von Ziegeln, auf welchen immer ein Löwe (auch Tiger oder Panther) und ein Greif, laufend und entgegengekehrt, dargestellt sind; dann folgen drei Schichten glatter Mauersteine, von denen einige Schichten unmittelbar neben den gedruckten Ziegeln glasurt sind; auf diesen drei glatten Schichten liegt eine Schicht, welche mit einer Weinranke verziert ist. So geht diese Architektur in regelmäßigem Wechsel bis zum Dache hinauf. Die Reliefs sind sehr schön modellirt und die Ziegel gut gebrannt und wohl erhalten. Wahrscheinlich soll diese Darstellung den Sieg des Christenthums über das Heidenthum darstellen, indem die wilden, gegen einander gekehrten Thiere das Heidenthum, die Weinranken Christum symbolisiren. So viel bekannt, kommt ein zweites Beispiel dieser Art in Norddeutschland nicht weiter vor. - Der Chorgiebel ist mit vertieften, schmalen Spitzbogennischen und kreisrunden Schilden verziert.

In der Südwand des Chors ist eine durch eine Vorhalle verdeckte, alte Pforte, welche eben so merkwürdig ist. Die schräge eingehende Pforte ist mit 6 Wulsten verziert, welche an jeder Seite 6 Säulen bilden. Diese 12 Säulen haben Kapitäler, welche aus kurzen, gedrungenen Heiligenbildern bestehen; leider sind sie mit Kalk sehr verschmiert, jedoch läßt sich aus den Attributen einiger Figuren, z. B. des Petrus, erkennen, daß sie die 12 Apostel darstellen sollen. Die Bogen sind mit Weinlaub und Rosen in Relief verziert.

An der Nordseite des Chors ist eine Sakristei angebauet, welche jetzt ganz dunkel ist und wüst liegt. Diese Kapelle ist aber dadurch sehr ausgezeichnet und selten, daß sie mit Heiligenbildern und Geschichten aus der Zeit der Erbauung des Chors ausgemalt ist. Leider sind diese Bilder durch die eingeschlossene, feuchte Luft fast ganz verwittert.

Im Innern hat der Chor einen großen geschnitzten Altar von ziemlich guter Arbeit, in der Mitte mit einer großen Figur der Jungfrau Maria, welche auf dem Halbmonde steht.

Bei dem Altare ist noch ein Belt, ein Brett mit einem Heiligenbilde zum Einsammeln der Opfergaben.

Vor dem Altare liegen zwei gute Leichensteine aus Kalkstein:

1) ein großer, schöner Leichenstein mit dem Bilde eines Priesters. Sowohl die figürliche Darstellung, als die Inschrift sind vertieft in die platte Fläche eingegraben. Die Inschrift lautet:

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Inschrift

(= Anno domini MCCCXXX obiit dominus Nicolaus, qui fuit plebanus istius ecclesiae laudabiliter XXX annos, cujus anima requiescat in pace per Jhesum Christum. Amen.)

Dieser Leichenstein gehört zu den älteren Leichensteinen im Lande. Wahrscheinlich ward unter diesem Pfarrer Nicolaus († 1330), welcher 30 Jahre im Amte gewesen war, der Chor der Kirche erbauet, da seiner rühmlich gedacht wird.

Daneben liegt

2) ein anderer Stein, ebenfalls mit dem Bilde eines Priesters. Sowohl die figürliche Darstellung, als die Inschrift sind in der glatten Fläche stehen geblieben und der Grund ist nach Messingschnittmanier ausgegraben. Die Inschrift lautet:

Inschrift

(= Anno domini MCCCXCIII in die Gregorii papae obiit dominus Alardus Schademoller, rector huius ecclesie, qui laudabiliter ei praefuit. Orate pro eo.)

Am Westende des Schiffes steht ein uralter, großer Taufstein von Granit aus der Zeit der Einführung des Christenthums, ähnlich dem Taufsteine in Lichtenhagen. Das Becken ist rund umher mit Relief=Verzierungen bedeckt, welche sehr roh gehalten sind. Vorne ist ein Crucifix eingehauen: das Kreuz hat die Gestalt, wie ein Kreuz , der Kopf Christi ragt über den obern Queerbalken hinaus, der Leib Christi ist ganz bekleidet. Zu beiden Seiten des Crucifixes umher stehen unter Rundbogen 12 Köpfe von roher Arbeit, welche wohl die 12 Apostel darstellen sollen. Der Kopf, welcher an der dem Crucifixe entgegengesetzten Seite steht, hat lange Ohren (vielleicht Judas Ischarioth?). Der Rand des Beckens ist mit einer Reihe dreiseitiger Spitzen Symbol verziert, mit denen das Becken des Taufsteins von Lichtenhagen ganz bedeckt ist.

G. C. F. Lisch.     

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Ueber
die Bau=Perioden des Domes zu Schwerin,

von

G. C. F. Lisch.


Die Bestimmung der Bau=Perioden des Domes zu Schwerin, dieses erhabensten Bauwerkes Meklenburgs, ist im höchsten Grade wichtig, um einen bedeutenden Mittelpunkt in der Geschichte der alten Baukunst Meklenburgs zu gewinnen.

Ich habe in den Jahrbüchern diesen wichtigen Gegenstand wiederholt aufgenommen, namentlich X, S. 306, und XIII, S. 147 flgd., und immer im Allgemeinen die Meinung ausgesprochen, daß der Dom in seiner jetzigen Gestalt wesentlich ein Werk des 14. Jahrhunderts sei, - im Besondern, daß der Chor der ältere Theil und vielleicht im Anfange des 14. Jahrhunderts, der Chorumgang und die Seitenschiffe in der Zeit 1365-1375, das Schiff noch später, etwa im Anfange des 15. Jahrh., erbauet sei. Bedeutende Architekten haben mir mündlich und Lübcke in seiner Beschreibung des schweriner Domes im Deutschen Kunstblatt, Berlin, 1852, Nr. 35, öffentlich beigestimmt. Eine in neuern Zeiten gemachte Entdeckung über die Erbauung des Chores löset nun alle Zweifel und giebt einen sichern Ausgangspunct in der Bestimmung der Bau=Perioden.

1171, am 9. Septbr., ward das Bisthum und der Dom zu Schwerin von dem Herzoge Heinrich dem Löwen gegründet (in dedicatione ecclesiae). Von diesem ersten Bau, welcher ohne Zweifel im romanischen Style ausgeführt gewesen ist, ist wohl nichts weiter übrig als einige romanisirende Basen und Kapitäler aus Kalkstein, welche in der Nähe des Domes aufgefunden sind und im Antiquarium zu Schwerin aufbewahrt werden; das alte Kapitelsiegel (Jahrb. VIII, Lithogr. T. 1. Fig. 3) giebt ein ungefähres Bild von dieser alten Kirche, welche der Anlage nach der jetzigen gleich war. Möglich ist es, daß der untere Theil des Thurmes noch aus dieser Zeit stammt; jedoch ist alles so sehr durchbauet und durchbrochen, daß sich schwerlich etwas bestimmen lassen wird. Die Erhöhung des Thurmes stammt aus der Zeit des zweiten Baues.

Bezeichnend für den alten Bau ist, daß das alte Thurmgebäude nebst den Abseiten noch keinen Granitsockel hat.

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1248, am 15. Junii, ward der Dom geweihet (consecratum). Dieser zweite Bau ist sicher im Uebergangsstyle ausgeführt gewesen, ohne Zweifel von geringer Höhe. Von diesem Bau ist noch das Thurmgebäude, gewiß in den obern Theilen, übrig, wie dessen ganze Construction im Aeußern und stellenweise im Innern der Kirche beweiset. Der Thurm hatte eine Pforte im Rundbogenstyle und darüber zwei Fenster im Uebergangsstyle, wie es scheint; diese sind zwar ausgebrochen und durch eine spitzbogige Construction ersetzt, aber die angegebenen ursprünglichen Constructionen lassen sich noch an den Ueberbleibseln im Mauerwerke erkennen. Vollständig erhaltene Ueberreste dieses alten Baues sind noch vorhanden in dem Rundbogenfries, in den untern Fenstern oberhalb der Pforte, in den Schallluken im Uebergangsstyle, in der antik geformten alten Thurmspitze und den im senkrechten Zickzack aufgemauerten Ziegeln in den Giebeln derselben.


Das ganze Kirchengebäude, wie es jetzt da steht, ist in jüngern Zeiten im Spitzbogenstyle des 14. Jahrhunderts ausgeführt. Man fing mit diesem dritten Bau im Osten an und schritt damit während eines ganzen Jahrhunderts gegen Westen bis zum Thurmgebäude fort, wie der etwas unregelmäßige Abschluß im Westen am Thurme beweiset, wo man bei der neuen Construction nicht mit einem regelmäßigen Anschluß auskommen konnte.

1327 war der Chor eben fertig geworden. Dies wird durch ein Notariats=Instrument in Angelegenheiten des Dom=Capitels bewiesen, welches am 27. März 1327 "zu Schwerin vor der Pforte 1 ) des neuen Chores", welche in der Südwand dem Markte gegenüber liegt, aufgenommen ward:

"Actum Zwerin ante hostium (d. i. ostium) "noui choro", anno natiuitatis domini MCCCXXVII, Martii die XXVII".

Dieses für die in Frage stehende Zeitbestimmung neu entdeckte Instrument ist in Schröder's Pap. Meckl. II, S. 3038


1) Diese Pforte des Chores ist sehr wichtig, da sie eine der wenigen im Lande ist, welche noch die alte Einrichtung der Pforten der Ziegelkirchen bewahrt hat und daher zum Muster dienen kann. Die Pforte ist, wie die übrigen, schräge eingehend mit Rippen verziert und wahrscheinlich bei dem Umbau 1365-75 so verziert. Die Einrichtung ist aber alt. Zur Aufnahme der viereckigen Thürflügel sind an den Seiten Granitpfosten (Monolithen) eingebracht, welche einen Thürsturz von Granit tragen. Das Bogenfeld über dem Sturz ist zugemauert, früher gewiß bemalt gewesen und mit einer kräftigen Verzierung von Laubwerk eingefaßt.
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gedruckt und im Originale im großherzogl. Archive zu Schwerin vorhanden. Dieser Bau ward wahrscheinlich unter dem Bischofe Gottfried I. von Bülow (1292-1314) im Anfange des 14. Jahrhunderts begonnen und der Vollendung nahe gebracht, da der alte päpstliche Ablaß für die Heilige Bluts=Kapelle im Chore des Domes am 22 Junii 1301 erneuert und diesem Bischofe späterhin eine Grabtafel von Messingschnitt im Chore nachgelegt ward. Zu Ende geführt ward dieser Bau wohl unter dem Bischofe Hermann II. Maltzan (1314-1322). Daß der Bau nicht lange vor dem J. 1327 fertig geworden ist, beweiset das angeführte Notariats=Instrument unwiderleglich, da man bei der Datirung einer Urkunde eine Oertlichkeit nicht besonders hervorgehoben haben würde, wenn sie nicht ungewöhnlich merkwürdig gewesen wäre. Den besten Beweis für die Richtigkeit dieser Annahme giebt der Bau selbst, indem der über den Umgang hervorragende hohe Chor (denn nur von diesem ist die Rede) in den Fenstern eine viel ernstere und einfachere Construction hat, namentlich in den einfach und glatt eingehenden Laibungen, als alle andern Theile des Domes, und noch frei von Strebebogen ist, statt deren er noch Lissenen zwischen den Fenstern hat. Mit dieser Nachricht stimmt eine andere urkundliche Angabe vortrefflich überein, indem

1328, am 26. Junii, das Domkapitel das Kalkhaus (nördlich) neben dem Dome (der Pforte des neuen Chores gegenüber) so lange verkäuflich abstand, bis es den Platz zum Bau eines Schlafhauses oder Refectoriums ("dormitorium seu refectorium") wieder zurückkaufen würde (vgl. Jahrb. XIII, S. 157 u. 325). Für alle großen Bauten errichtete man im Mittelalter auf oder unmittelbar neben der Baustätte immer ein Kalkhaus, in welchem der Kalk gebrannt, gelöscht, aufbewahrt und zubereitet ward. Das Kalkhaus für den hohen Chor des Domes stand nun neben demselben, auf demselben Platze, welchen das Dom=Capitel später zurückkaufte und mit dem Refectorium bebauete, welches jetzt das Gymnasium enthält. In den zugemauerten Souterrains unter den Zimmern des Gymnasiums sind noch jetzt die Ueberreste des alten Kalkofens sichtbar. Mit der Vollendung des hohen Chores war nun dieses Kalkhaus entbehrlich geworden und man konnte es einstweilen anderweitig benutzen.

Das Refectorium konnte aber nicht eher angebauet werden, als bis der Chorumgang vollendet war.

Mit der Anlage des neuen Chores ward aber ohne Zweifel der Grundplan der ganzen neuen Spitzbogenkirche entworfen, da dieser viel zu regelmäßig ist und zu viel Einheit

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hat, als daß er sich nach und nach von selbst gemacht haben könnte.

1365 - 1375, unter dem Bischofe Friedrich II. v. Bülow, wurden der Chorumgang und das südliche Seitenschiff gebauet. Dies ergiebt sich nicht nur aus dem höchst interessanten Bau, indem ein niedriger Kranz von fünf aus den Umfangsmauern erweiterten sechsseitigen Kapellen den hohen Chor umgiebt, sondern auch aus den messingenen Wappenschilden mit dem von bülowschen Wappen, als Dedicationszeichen des Bauherrn, die über den beiden in den genannten Theilen stehenden Pforten angebracht sind. Derselbe Chorumgang mit denselben messingenen Wappenschilden findet sich auch an des schweriner Bischofs Dom=Collegiat=Kirche zu Bützow, deren Chor nach Urkunden unter dem Bischofe Friederich II. v. Bülow (1365-1375) vollendet ward (vgl. Jahrb. X, S. 305 und 307). Unter demselben Bischofe ward auch die gleich construirte Abteikirche zu Doberan vollendet.

Aus diesem Bau stammt ohne Zweifel die bedeutende Rechnung des Steinhauers Daniel vom J. 1380 auf die große Summe von 231 Mark lüb. Pf., da der aus Ziegeln erbauete Dom keine andere Steinhauerarbeit zeigt, als die behauenen Granitsockel des Chorumganges und der Seiten= und Kreuzschiffe (vgl. Jahrb. XIII, S. 156, Not. 1).

1392 ward an der Stelle des Kalkhauses von dem Domherrn Bernhard v. Plessen das Refectorium, d. h. derjenige Theil des Kreuzganges, welcher an die Nordseite des Chorumganges angebauet ist und jetzt die Classenzimmer des Gymnasiums enthält, vollendet. Bernhard v. Plessen starb im J. 1414 und ward neben der Pforte vom Chor zum Refectorium begraben, dort wo jetzt die Gruft des Herzogs Christoph ist (vgl. Jahrb. XIII, S. 157-158), bei deren Bau der Stein gehoben ward. Das Refectorium ward am passendsten angebauet, als der Chorumgang vollendet war; und so stimmen auch die Zeiten dieser Bauten im Fortschreiten zu einander. - Unter demselben Bernhard von Plessen wurden die Wandgemälde in der Heil. Bluts=Kapelle in dem Chorumgange hinter dem Hochaltare ausgeführt; vgl. Jahrb. XIII, S. 159 flgd. - An die Südseite des Chorumganges ward unter dem Bischofe Friederich II. auch das Dom=Archiv oder das Capitelhaus angebauet.

1396 wurden wahrscheinlich die Kreuzflügel begonnen. In diesem Jahre erhielt der Dom ein Stück vom Kreuze Christi und einen Ablaß (vgl. Jahrb. XIII, S. 154, Not. 4), welcher immer auf einen großen Bau hinzudeuten pflegt. Die Pforten haben keine Wappenschilde erhalten, was ohne Zweifel geschehen

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wäre, wenn die Kreuzschiffe noch unter dem Bischofe Friederich II. vollendet worden wären. Die Entwertung des Planes wird unter seiner Regierung vollendet sein, da die meisten großen Kirchenanlagen Meklenburgs um jene Zeit entworfen oder ausgeführt wurden.

Mit dem Bau des Schiffes ging es langsamer von statten. Wahrscheinlich ist dasselbe in jungem Zeiten nur auf einem alten Bau erhöhet, da schon 1365 - 1375 das südliche Seitenschiff vollendet ward, und nach dem Grundplane des ganzen, neuen Spitzbogenbaues ausgeführt.

1412-1430 ward das Schiff gebauet. Im J. 1412 wird schon der Anfang gemacht worden sein, da die Marienkapelle Ablaß erhielt (vgl. Jahrb. XIII, S. 148, Not.). Um das J. 1430 mußten die Stralsunder zur Lösung aus dem Banne für die in einem Aufruhr im J. 1407 verbrannten Priester der schweriner Diöcese das Schiff wölben (vgl. Jahrb. XIII, S. 158). Dies beweiset nicht allein eine ausdrückliche Inschrift auf diesen Bau, sondern noch mehr der - stralsundische Styl derselben, indem die Fenster nicht im Spitzbogen, sondern im flachen Dreieck überwölbt sind, in der unschönen Weise, welche sonst in Meklenburg nicht, dagegen in der Jacobi= und Marien=Kirche in Stralsund vorkommt. Es soll hiemit nicht gesagt sein, als wenn die Stralsunder auch an den Ringmauern gebauet hätten. Diese waren im J. 1430 gewiß schon längst fertig. Aber wahrscheinlich paßten die schon fertigen Fenster nicht zu der Wölbung und daher mußte beim Bau der Gewölbe die Ueberwölbung der Fenster eingebrochen werden und ward in der stralsunder Weise so construirt, wie sie noch heute steht. Dies geht mit Sicherheit daraus hervor, daß die Wulste, welche die Fenster des Schiffes, eben so wie alle andern Fenster der Seitenschiffe, einfassen, bei der Wölbung plötzlich aufhören und die dreiseitige Wölbung glatt überputzt ist.

Uebereinstimmend hiemit ist wieder der Umstand, daß

1463-1473 der westliche Theil des Kreuzganges, welcher sich an das nördliche Seitenschiff lehnt und jetzt den Hörsaal des Gymnasiums enthält, gebauet ward, indem der Bischof Werner (1458-1473) im J. 1463 dem Domkapitel, welches "einen Umgang (Kreuzgang) an der Kirche zu bauen angefangen", einen Ablaß zur Vollendung desselben verlieh.

1482-1503, unter dem Bischofe Conrad Loste, wurden die beiden fertigen Flügel des Kreuzganges durch den nördlichen Straßengang mit einander verbunden, da an einer Verbindungsthür in diesem Theile dieses Bischofes in Stein gehauenes Wappen eingemauert ist. Ob Bischof Conrad diesen Theil neu bauen,

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oder nur ein Geschoß oben aufsetzen ließ und damit den ganzen Dombau vollendete, ist ungewiß. Man möchte sich für das Letztere entscheiden, da der gewölbte Gang einen für den Ausgang des 15. Jahrh. viel zu edlen, hohen Styl hat. Man möchte glauben, dieser Theil sei auch schon am Ende des 14. Jahrh. erbauet und vom Bischofe Conrad Loste nur in einem kümmerlichen Style erhöhet worden.

Durch diese Darstellung werden sich nun die verschiedenen Bau=Perioden des Domes klar verfolgen lassen.


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Die Kirche zu Vipperow.
Vgl. oben S. 335.

Der Ort Vipperow spielt schon in den ältesten Zeiten unserer Geschichte eine Rolle und wird bei der Bestätigung des Bisthums Schwerin schon im 12. Jahrh. genannt. Im J. 1171 1 ) wird gesagt, daß die Provinz des Herzogs Heinrich des Löwen von Schwerin bis Vipperow reiche ("provincia ducis Henrici -- a Zuerin - - usque Vepro"); nach den päpstlichen Urkunden von 1185 und 1189 1 ) sollte das Land Vipperow ("Veprowe") zum Bisthume Schwerin gehören. Ohne Zweifel war also Vipperow in wendischer Zeit ein Ort von Bedeutung 2 ). Durch die Kreuzzüge Heinrichs des Löwen und die darauf folgende feste Einrichtung des Bisthums Schwerin und die Bestimmung der Grenzen desselben waren aber uralte Bestimmungen verändert worden und der Bischof von Schwerin gerieth sehr bald in heftige und lange dauernde Streitigkeiten mit den Bischöfen von Camin und Havelberg. Bei der Stiftung des Bisthums Havelberg im J. 946 hatte nämlich der Kaiser Otto bestimmt, daß die Nordgrenze des Bisthums bis an die Eldequellen ("ab orlu fluminis quod dicitur Eldena") 3 ) reichen solle. Die Eldequellen sind aber immer bei Darze, westlich von Röbel, in gleicher Breite mit Röbel, angenommen. Das Land Vipperow, welches südlich von Röbel lag, gehörte also, gegen die Bestimmungen über die Grenzen des Bisthums Schwerin, zum Bisthume Havelberg. Erst am 16. Dec. 1252 ward der Streit zwischen den Bischöfen von Schwerin und Havelberg geschlichtet 4 ), indem der Bischof von Schwerin dem Bischofe von Havelberg die Kirchen des Landes Vipperow bis zur Kirche des


1) Vgl. Lisch Mekl. Urk. III, S. 35, 39, 41.
1) Vgl. Lisch Mekl. Urk. III, S. 35, 39, 41.
2) Vgl. Jahrb. II, S. 102 flgd.
3) Vgl. Riedel Cod. dipl. Brand. I, 2, S. 435.
4) Vgl. Lisch Mekl. Urk. III, S. 97, Nr. XL.
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H. Nicolaus in Röbel, d. h. der Kirche auf der Neustadt Röbel, abtrat. Seitdem ging die Nordgrenze des Bisthums Havelberg in grader Richtung von dem Müritzbusen bei Röbel mitten durch die Altstadt und Neustadt Röbel über die Eldequellen bei Darze nach dem südlichen Ende des plauer Sees bei Stuer.

Es läßt sich daher wohl annehmen, daß das Land Vipperow nördlich mit der Neustadt Röbel begann und nach Süden hin an dem westlichen Ufer der südlichen Müritzbuchten, welche in alter Zeit die Vipperowschen Wasser hießen, über Vipperow hinaufreichte, gegen Osten bis an die Eldequellen bei Darze.

Es ließ sich also in der Kirche zu Vipperow ein altes Bauwerk vermuthen. Ich unterwarf sie daher einer Untersuchung; diese hat nun freilich ergeben, daß sie kein sehr altes und bedeutendes, aber doch immer ein interessantes Bauwerk ist. Die Kirche bildet nämlich ein großes Oblongum, ohne irgend eine Gliederung, in einem festen, tüchtigen Feldsteinbau, im Uebergangsstyle. Die Ecken bestehen aus behauenen Granitblöcken. Die Altarwand hat drei Fenster. Die Seitenwände haben zwischen der Altarwand und der Pforte an jeder Seite drei, von der Pforte bis zum Thurme an jeder Seite zwei Fenster; über der Pforte ist noch Raum für ein Fenster. Von den Fenstern sind jedoch mehrere zugemauert. Der Bau ist also so angelegt, daß in jeder Seitenwand für sechs Fenster gleichmäßiger Raum vorhanden ist, die Seitenwände also für zwölf Fenster Raum haben. Die schmalen Fenster sind leise gespitzt und im Uebergangsstyle construirt; die Wölbungen der Fenster sind von Ziegeln ausgeführt. In dem äußern Altargiebel sind die Fenster mit schmalen Streifen von Ziegeln im rechten Winkel eingefaßt. Neben dem nördlichen Fenster in der Altarwand ist eine aus Ziegeln construirte, große, flache, rund gewölbte Mauernische.

Im Innern sind in den Giebeln Töpfe vermauert. Dies sind schwarzblaue, kugelige, sehr feste Töpfe aus dem Mittelalter, mit engem Halse, so weit, um eine nicht zu große Hand durchzulassen; sie sind liegend eingemauert mit dem offenen Halse dem Innern der Kirche zugekehrt, so daß man von der Kirche runde Oeffnungen sieht. Ueber den Altarfenstern in der Altarwand ist eine Reihe von Töpfen sichtbar. In dem gegenüberliegenden Westgiebel, zu welchem man über ein Chor gelangen kann, sind in gleicher Höhe in einer untern Schicht in einer Reihe 9 Töpfe, in einer darüber liegenden Schicht 4 Töpfe vermauert, oder doch wenigstens sichtbar und offen. In Meklenburg sind diese eingemauerten Töpfe bis jetzt nur in der Kirche zu Döbbersen bei Wittenburg beobachtet (vgl. Jahresber. VI, S. 85). Jedoch sind schon früher in Mittel= und Norddeutschland einige

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Male eingemauerte Töpfe in Kirchen vorgekommen; man vgl. Wiggert in Neuen Mittheilungen des thüringisch=sächsischen Vereins I, S. 111 flgd. Auch in der Altmark sind Beispiele vorgekommen. Ich kann mir keinen andern Grund denken, als daß man durch diese Bauart die Giebel erleichtern wollte.

Neben der Eingangspforte, im Innern, ist ein Weihbecken aus einem großen, rohen Granitblock eingemauert, welches ganz das Ansehen einer alten heidnischen Quetschmühle hat.

Der Altar hat ein Mittelstück mit geschnitzten Figuren und zwei Flügel mit Malerei. Die Malerei auf den Flügeln ist in neuern Zeiten, wahrscheinlich im vorigen Jahrhundert, aufgetragen, schlecht und unbedingt zu verwerfen. Das geschnitzte Mittelstück, etwa aus der Mitte des 15. Jahrhunderts stammend, ist aber sowohl in den Figuren, als in den Ornamenten recht gut und, wenn auch nur als Alterthum, aufzubewahren.

In der Mitte des Mittelstückes steht in großer Figur die Jungfrau Maria, mit dem Christkinde auf dem Arme, auf dem halben Monde, in einer Strahlenglorie, welche sie ganz umgiebt. Daneben sind an jeder Seite zwei Mal zwei Nischen über einander, in welchen unter kleinen Baldachinen folgende Heilige stehen:

nach innen neben Maria:
     rechts von Maria:
          oben: S. Antonia (?), mit Faß (?)
          unten: S. Katharina, mit Rad und Schwert;
     links von Maria:
          oben: S. Barbara, mit Thurm,
          unten: S. Elisabeth, mit Korb;
nach außen, neben diesen weiblichen Heiligen:
     rechts von Maria:
          oben: Ap. Petrus, mit Schlüssel,
          unten: Ap. Jacobus, mit Muschel;
     links von Maria:
          oben: Ap. Johannes, mit Kelch
          unten: Ap. Matthäus, mit Beutel,
                    (das Beil in der Hand ist abgebrochen).

Im Mittelraume der Kirche stehen 18 Kirchenstühle, welche wohl noch aus dem Ende des 16. Jahrhunderts stammen. Die Seitenstücke haben runde Köpfe, deren dem Mittelgange zugekehrte Seiten flach ausgeschnitten sind und theils allerlei Thiere, theils Rosetten und architektonische Ornamente zeigen. Die Arbeit ist, wie gesagt, zwar flach, wie dergleichen aus jener Zeit oft vorkommt, aber in der Erfindung und Zeichnung der Beachtung werth und für den Fall der Baufälligkeit der Stühle zu conserviren.

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Die Kirche zu Proseken

ist schon in Jahresber. VIII, S. 144 flgd. beschrieben. Bei wiederholtem Studium in neuern Zeiten habe ich jedoch eine Entdeckung gemacht, welche für die Kunstgeschichte Meklenburgs sehr interessant und der Aufbewahrung werth ist. Chor und Schiff sind im Uebergangsstyle erbauet. Der Chor hat im Aeußern viel gelitten und von dem alten Style nicht viel mehr aufzuweisen, als ein Fensterpaar. Das Schiff ist besser erhalten, obgleich es auch schon viele Veränderungen erlitten hat. Interessant ist der Fries. An der Südseite besteht der Fries aus einfachen Halbkreisbogen, wie sie sich gewöhnlich an Kirchen dieses Styls finden. An der Nordseite ist der Fries aus einfachen Bogen im Uebergangsstyle, mit Spitzen, ganz in der Construction der Fenster, gebildet, eine Erscheinung, welche ich sonst in Meklenburg noch nicht beobachtet habe. Leider sind nur noch zwei kurze Enden von diesem Friese, jeder aus wenigen Bogen bestehend, vorhanden, und vielleicht werden auch diese wenigen Ueberreste bald der Restauration unterliegen.

Der aus Kalkstein im romanischen Style gebildete Taufstein, welcher jetzt in das Thurmgebäude zurückgesetzt ist, gehört zu den schönsten alten Kunstwerken im Lande. Vgl. unten S. 407.

G. C. F. Lisch.     

Wandmalerei in der Kirche zu Proseken.

Die Kirche zu Proseken bei Wismar ist im Mauerwerke sehr feucht und daher ist die ursprüngliche Decoration sehr schwer zu erkennen, indem häufig die Ziegel auf der Oberfläche im Innern der Kirche verwittert sind und dadurch die Tünche verfallen ist. Jedoch ist eine alte Wandmalerei entdeckt. Unter dem westlichsten Gewölbe, neben dem Thurme, ist auf der südlichen Wand in einiger Höhe über den Kirchenstühlen ein horizontaler Streifen mit Heiligenfiguren bemalt. Der Streifen ist mit architektonischen Verzierungen und Schrift eingefaßt; die Figuren, in Gelb, Roth und Grün auf weißem Grunde, neben einander stehend, sind ungefähr 3 Fuß hoch. Die Malerei, auf weißem Grunde, dem Anscheine nach ungeputzt, stammt ungefähr aus dem Ende des 15. Jahrh.; sie ist nicht ausgezeichnet, aber doch ziemlich gut, offenbar aus jüngerer Zeit, wie schon der noch leserliche Anfang der Schriftzüge mit herodes iratus beweiset. Es sind 6 Darstellungen, welche durch eine rothe Kante geschieden sind, - alle fast unkenntlich. Bei der bevorstehenden Restau=

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ration werden sich die wenigen Spuren nicht erhalten lassen, um so weniger da das Mauerwerk sehr verwittert ist. Aber es hat diese Nachricht hier aufbewahrt werden sollen, als ein neuer Beweis, wie sehr verbreitet die Kirchenmalerei im Mittelalter war.

G. C. F. Lisch.     

Taufsteine.
Taufstein zu Proseken.

Die Kirche zu Proseken bewahrt noch einen herrlichen Taufstein, einen der schönsten im Lande, im Rundbogenstyle, aus der ersten Zeit des 13. Jahrhunderts, welcher noch ganz vollständig erhalten ist und nur einen Riß queer durch das Becken hat. Hoffentlich wird dieses Kunstwerk, welches in die Thurmhalle zurückgesetzt ist, bei der bevorstehenden Restauration der Kirche wieder zu Ehren kommen.

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Taufsteine zu Neu=Röbel.

Vor den Pforten der Kirche zu Neu=Röbel liegen die Becken von zwei alten Taufsteinen. Von diesen ist der Stein, welcher an der südlichen Pforte des Schiffes liegt, von großer Schönheit, wenn auch sehr verstümmelt. Das Becken ist mit schöner Architektur im Rundbogenstyle verziert und hat am Rande eine vortreffliche Verzierung von Weinlaub in demselben Style.

Beide Taufsteine, wie viele schöne, alte Taufsteine im Lande, sind aus Kalksteinblöcken. Es ist die Beantwortung der Frage, weiter diese Taufsteine nach Meklenburg gekommen, von der größten Wichtigkeit für die Kunstgeschichte. Es giebt in Meklenburg viele alte Taufsteine aus Granit, welche jedoch in der Regel roher gearbeitet sind; diese können im Lande verfertigt sein, da bekanntlich der Granit in großen Blöcken über das ganze Land verbreitet ist. Ich glaube aber nicht, daß sich Kalksteinblöcke von so großem kubischen Inhalt im Lande finden; überdies fehlte es in so früher Zeit in Meklenburg gewiß an Künstlern, welche so schöne Werke ausführen konnten, zu denen nicht allein Steinmetzfertigkeit, sondern auch große Kunstbildung gehört. Nun könnte man freilich annehmen, daß die Steine eingeführt und hier bearbeitet wurden; eben so gut läßt sich aber auch annehmen, daß die fertigen Taufsteine eingeführt wurden. Und da liegt es denn fehr nahe, anzunehmen, daß diese Taufsteine aus dem Norden, vielleicht aus Norwegen, eingeführt

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worden seien, woher überhaupt ein großer Theil unserer alten Kirchenbaukunst stammen wird. Ohne Zweifel stimmen auch die vielen großen Kalksteinplatten, welche im Mittelalter zu Grabsteinen benutzt wurden und sich durch die Erfahrung als sehr brauchbar bewiesen haben, aus dem Norden. In den ältesten Zeiten finden sich auch Grabsteine aus Granit, welche jedoch im 14. Jahrhundert durch die Kalksteinplatten ganz verdrängt worden zu sein scheinen.

Jedenfalls verdient dieser Gegenstand einer sorgfältigen Beobachtung und Forschung.

G. C. F. Lisch.     

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Die Kirche zu Beidendorf.

In dem Ratzeburger Zehntenregister, also um das Jahr 1230, wird die Pfarre Begenthorp bereits aufgeführt, doch stand damals die jetzige Kirche noch nicht, wie der Augenschein ergiebt. Diese besteht aus dem Chore, an den sich nordwärts die ursprünglich angelegte Sakristei und südwärts das Leichhaus, aus späterer Zeit, anlehnen, dem breiteren und höheren Langhause und dem mit diesem gleich spielenden, mit einem hohen Helme geschmückten Thurme.

Der Chor bildet ein Rechteck von (überall ungefähr gemessen) 31 F. Hamb. Tiefe und 28 F. Breite im Lichten. Er wird von zwei durch einen im Halbkreise gewölbten Gurt getrennten Kreuzgewölben überspannt, deren Rippenprofil einen fast birnenförmigen Stab zwischen zwei Rundstäben zeigt; die Schlußsteine sind sehr klein und vierseitig. Die Dienste sind starke Walzen mit, so viel man erkennen kann, würfelförmigen Kapitälen, der Fuß liegt aber unterhalb des neuen Ziegelpflasters. Die Mauern sind in ihrem oberen Theile zu Spitzbogennischen ausgespart, deren Kanten bis dahin, wo der Bogen beginnt, abgerundet sind. Das Fenster der Altarwand, welche keine Nische hat, ist wahrscheinlich früher zwei= oder dreipfostig gewesen - alles Pfostenwerk ist neu und eitel Holz - , die übrigen vier sind einpfostige. Die Laibung der beiden südlichen und des östlichen Fensters ist mit drei Viertelkreisen oder abgerundeten Kanten gegliedert, die nördlichen haben eine abgerundete zwischen zwei vollen Kanten. Der Triumphbogen ist ohne alles architektonische Ornament und wiederum rundbogig, wie der Gurtbogen, während Fenster, Nischen, seitliche Schildbogen und die sie einfassenden Kappen in kräftigem Spitzbogen gewölbt sind.

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Das Langhaus hat eine Lichtenweite von 36 F. und eine Länge von 43 F. und ist ein paar Fuß höher als der Chor. Wie dieses hat es zwei Kreuzgewölbe, welche aber auch in der Längenrichtung Rippen haben und so vielleicht schon als Sterngewölbe bezeichnet werden müssen; das Profil der Rippen besteht aus einem birnenförmigen Stabe zwischen zwei Hohlkehlen, die Schlußsteine sind klein und durchbohrt. Die Gewölbe haben hier keine Dienste, sondern stützen sich auf ziemlich rohe Vorkragungen. Unterhalb der Fenster sind je zwei mit Stichbogen geschlossene Nischen ausgespart, die ebensowenig eine Gliederung haben, wie die Fenster, die im Norden einpfostig, im Süden zweipfostig sind.

Der auf sehr massiven Mauern ruhende Thurm, welcher in seinen unteren Räumen auch Plätze für die Gemeinde enthält, öffnet sich gegen das Langhaus mit einem kräftigen Spitzbogen. Ein über der Thür angebrachtes quadratisches, mit einem gedrückten Rundbogen geschlossenes Fenster, dessen Schräge mit Stab, Kerbe und Platte gegliedert ist, bringt viel Licht von Westen her, so daß eine Benutzung des unteren Raumes wohl von vorne herein bei Erbauung des Thurmes beabsichtigt zu sein scheint.

Der Chor hat einen Sockel von behauenen Feldsteinen, welcher in Augenhöhe mit einem Sims, aus einem Viertelstabe bestehend, von braunschwarz glasurten Ziegeln abschließt und von dem auf den Ecken Lissenen aufsteigen, die in der Dachhöhe am Giebel stumpf endigen. Die äußere Laibung des Altarfensters ist eben so wie die innere gegliedert. Das darüber weg laufende, dem Dachfriese entsprechende Band besteht aus einer Rollschicht, zwei Strohlagen und einer Läuferschicht; über ihm erhebt sich der Giebel mit drei dicht zusammengerückten Spitzbogennischen, von denen die mittlere höher ist als die seitlichen. Das Band der beiden Seiten ist reicher gestaltet: an die Lissene schließt sich eine Treppenverzierung, unter der Füllung derselben, die nicht geputzt gewesen zu sein scheint, folgt eine Läuferschicht, dann eine Strohlage und darauf die glatte Mauer mit den Fenstern, deren Laibung außen wie im Innern gegliedert ist. Das der Südseite vorgebaute schmucklose Leichhaus verbirgt eine in das Innere führende Thür. Diese befindet sich in einem mit dem Sockel gleich weit vorspringenden, treppenförmig abschließenden Vorsprunge und ist im Bogen des Uebergangsstyles gewölbt, dem auch die Gliederung, in welcher die Viertelsäule wiederkehrt, entspricht.

Am Langhause bemerkt man keinen Sockel: das Kaffsims befindet sich in nicht gewöhnlicher Höhe und ist von der gewöhnlichen einfachen Form, wo die untere Schräge bloß ausgekehlt ist; weitere Gliederung haben die Pfeiler nicht. Das Dachsims

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ist dem des Chores gleich und die Fenster wie im Innern ohne Schräge. Unter dem westlichen Fenster der Südseite ist eine mit grünlich schwarz glasurten Ziegeln schichtweise ornamentirte Pforte oder Blende vermauert.

Die Thurmthür ist in einem wagerecht abschließenden Vorsprunge angebracht. Sie ist spitzbogig und ihre mit Platten und Kerben gegliederte Laibung schichtweise mit grünlich schwarz glasurten Ziegeln geschmückt, eben so das wie im Innern gegliederte Fenster über der Thür. Die Thurmluken sind mit Stichbogen geschlossen, paarweise gestellt und die Kanten abgefast. Die Schildgiebel sind einfach mit Spitzbogennischen belebt. Der Helm ist hoch und spitz und weithin sichtbar.

Der Blitz entzündete vor fünfzehn oder zwanzig Jahren den Thurm und es ist anzuerkennen, daß man ihn wiederherstellte; die Mängel der Restauration der Kirche hervorzuheben, ist hier der Ort nicht, und mag nur bemerkt werden, daß man weiter nichts in der Kirche an Ueberbleibseln aus älterer Zeit sieht, als zwei metallene Kronleuchter. Der größere, seiner meisten Arme beraubte hat auf der Kugel die Inschrift:

DER . wohlgebohrne . Herr . Herr . Hans . Georg . von Bülow . fürstl . Br : Lüneb . Oberster ║ zv . Hannover . jezt in Morea . hat . diese . Krohne . Gott . zv ehren . vnnd . dieser . kirchen . zvm ║ Zierde . anhero . hengen . lassen. ║ Anno 1687 . von . Scharfstorf.

Auf dem kleineren liest man:

CVNO . Hans . von . Bülow . furstlicher . Mecklenb. Landtraht . ║ Elisabeth . von . Bülow . geborn . von . der Lühe . Ano 1671.

Das Alter der Kirche anlangend, so ist offenbar der Chor - vielleicht mit Ausnahme seines Giebels - eins der bei uns nicht allzu reichlich vorhandenen Denkmäler der frühgothischen Zeit, während das Langhaus sammt dem Thurme einer viel späteren Periode angehört. Was letzteren anlangt, so darf man wohl kein Bedenken tragen, seine Erbauung in das sechszehnte Jahrhundert zu setzen, und wenig mehr gewagt ist es, das Langhaus der zweiten Hälfte des fünfzehnten Jahrh. zuzuschreiben, man müßte denn annehmen, daß die Gewölbe später eingeschlagen seien, und dann den Bau um 1450 hinaufrücken. Keinenfalls darf man wohl bei der Datirung desselben sich durch einen 1396 am Lucientage abgeschlossenen Verkauf von 3 Mark lebenslänglicher Rente durch die Kirchenvorsteher leiten lassen. Der Contract darüber ist theilweise bei Schröder P. M. S. 1616 abgedruckt,

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aber fälschlich auf Biendorf bezogen. Er lautet vollständig also nach dem Wismarschen kleinen Stadtbuche:

Alheydis grabow emit a nicolao dunnebik, hermanno Carowen, et Conrado dunnebik, prouiso ribus ecclesie m beyendorp, et eius successoribus, qui pro tempore fuerint, Redditus ann(u)os vitalicii III marcarum lubicensium dandas ei quatuor anni terminis pro XXX marcis lubicensibus, videlicet pasche, Johannis, Michahelis, et Natiuitatis, ad tempora vite sue dumtaxat et non vitra, infra muros wysmarienses, quia post mortem eius dicti Redditus cum summa principali ecclesie in beyendorp quiti erunt et soluti. Predicti prouisores et eorum successores non debent conductu uel securitate vti pro dicta alheyde et pro Redditibus supradictis infra muros wysmarienses seu in districtibus consulum ciuitatis wysmariensis. Presentes fuerunt Bertoldus Berse, Hinricus gnemerman, Dominus Nicolaus dargetzowe, plebanus ecclesie predicte, et meynardus sedeler. Actum anno domini M° CCC° XCVI° ipso die beate lucie virginis gloriose.

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Die Kirche zu Galenbek bei Friedland,

welche in dem Uebergangsstyle der älteren stargardischen Kirchen, mit einer Pforte von gehauenen Granitblöcken, gegen die Mitte des 13. Jahrb., gebauet ist, ist ganz restaurirt und hat, außer der großen Glocke, keine Spur von altem Mobiliar.

Die große Glocke hat um den Helm die Inschrift:
Inschrift

mit großen, schön und klar geformten Buchstaben, stammt also wohl noch aus dem Ende des 14. Jahrh. und ist wohl ungefähr von gleichem Alter mit der Thurmruine (vgl. S. 340). Auf dem Mantel sind zwei kleine Bilder abgegossen, an der einen Seite ein rundes Medaillon mit der Anbetung der Heil. Drei=Könige, an der andern Seite ein hausähnliches Schild, auf welchem Maria mit dem Christkinde und einem Engel zur Seite unter einem Dache sitzt und ein anderer Engel einen Bischof hinzuführt.

Vor der Seitenthür des Wohnhauses liegt ein viereckiger Leichenstein, auf welchem jedoch nur noch heraldisch links das v. blüchersche Wappen mit zwei aufgerichteten Schlüsseln er=

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kennbar ist; alles Uebrige ist abgetreten, mit Ausnahme weniger unbedeutender Buchstaben, z. B. in der ersten Zeile: - - IN . DER . NACHT . und weiter unten: - - GEBOHREN. Wahrscheinlich ist dieser Leichenstein von dem Grabe der Catharine v. Blücher, Gemahlin des Hans Friedrich Christoph v. Rieben, da der Leichenstein nach den Ornamenten aus dem Ende des 17. oder dem Anfange des 18. Jahrhunderts stammt.

Galenbeck, 31. Januar 1851.

G. C. F. Lisch.     

Zeichnungen.

Der Herr Architekt G. Daniel zu Schwaan schenkte dem Vereine saubere Zeichnungen der von ihm für den Verein aufgenommenen Kirche zu Schwaan in 6 Blättern:

Ansicht der Stadt Schwaan;
Grundriß der Kirche;
Ansicht der Nordseite der ganzen Kirche;
Ansicht der Ostseite,
Ansicht der Nordseite und
Ansicht der Südseite des Chores.


Der Herr Architekt G. Daniel zu Schwaan schenkte dem Vereine eine Zeichnung von einem Anbau der Kirche zu Cambs bei Schwaan.

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III. Zur Münzkunde.


1. Vorchristliche Zeit.

Ein römischer Denar

von reinem Silber, gefunden zu Roggendorf bei Gadebusch, ungefähr 4 Fuß tief beim Aufräumen einer Kartoffelgrube, geschenkt von dem Herrn Architekten Stern zu Schwerin.

Av.    Ein links gekehrter Frauenkopf:
          FAVSTINA AVGVSTA.
Rev. Das Bild der Juno:
                    IV NO.

G. C. F. Lisch.     

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Alter Goldbracteat.

Bisher sind in Meklenburg noch keine Goldbracteaten aus der heidnischen Zeit gefunden, wie sie in Dänemark häufig vorkommen. Im J. 1853 ward auf einer Feldmark in Meklenburg eine solche Münze gefunden und für 5 Thaler an das Münzcabinet zu Berlin verkauft. Die Münze ist einseitig bracteatenartig geprägt, 3/8 Ducaten schwer, 3/4" hamb. Maaß im Durchmesser und mit einem Henkel versehen. Die Darstellung in der Mitte gleicht einem doppelten Hakenkreuze mit V und Punkten in den äußersten Winkeln, eine Darstellung, welche an den Goldbracteaten in den Sammlungen zu Kopenhagen und Berlin noch nicht vorkommt. Die Münze dürfte dem 10. Jahrh. zuzuschreiben sein, ist sicher nicht in Meklenburg geprägt, wenn auch daselbst gefunden, und gehört ohne Zweifel dem Norden an; jedoch sind die nordischen Goldbracteaten gewöhnlich größer, als diese Münze. Der Herr F. W. Kretschmer zu Berlin schenkte dem Vereine eine saubere Zeichnung von dieser Münze.


G. C. F. Lisch.     

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2. Mittelalter.

Alte (ribnitzer ?) Münze der Herrschaft Rostock.

Der Herr F. W. Kretschmer zu Berlin hat dem Vereine die Zeichnung einer Münze geschenkt, welche wohl das einzige Exemplar ihrer Art ist und sicher Meklenburg angehört. Es ist ein einseitig geprägter Silberpfennig, 1/2" hamb. Maaß im Durchmesser, mit einem Stierkopfe mit aushangender Zunge und drei Kugeln zwischen den Hörnern, und mit einem Fische zu jeder Seite des Stierkopfes. Die Münze wird in die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts fallen und dürfte vielleicht in der der Herrschaft Rostock angehörenden Stadt Ribnitz geprägt sein, welche im alten Siegel einen Stierkopf mit zwei Fischen (slavisch: ryba) führt.

G. C. F. Lisch.     

Werlescher Pfennig.

Der Herr F. W. Kretschmer schenkte dem Vereine eine Zeichnung von einem Wittenpfenning in einer Privatsammlung zu Berlin:

Av.    Stierkopf im Dreipaß
          Inschrift .
Rev. Kreuz:
           Inschrift .

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3. Neuere Zeit.

Der Münzfund von Slate,

von

G. C. F. Lisch.

Am 27. März 1854 ward zu Slate bei Parchim bei der Planirung und Ueberdämmung des Pfarrhofes ein irdener Topf gefunden, welcher mit Münzen, goldenen und silbernen allerlei Art, gefüllt war. Es waren im Ganzen 1870 Münzen. Nach der jüngsten Münze, einem rostocker Thaler von 1633, zu schließen, werden die Münzen bald nach dieser Zeit vergraben sein; es ist wahrscheinlich, daß es im J. 1634 geschah, da in diesem Jahre der Pastor Simon Muchow durch die Kaiserlichen so mißhandelt ward, daß er den Tod davon nahm, das Dorf

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gänzlich zerstört ward und die übrig gebliebenen Einwohner auswanderten. Die Pfarre ward erst im J. 1654 wieder besetzt.

Der Fund ist freilich nicht alt und daher nicht von besonderer Wichtigkeit, enthält aber eine große Menge Groschen und Schillinge aus dem ersten Drittheil des 16. Jahrhunderts, welche ziemlich selten sind. Jedoch wird die valerländische Münkunde, und die Münzkunde überhaupt, durch diesen Fund durch zwei bischöflich=ratzeburgische Doppelschillinge bereichert, deren Existenz bisher nicht bekannt gewesen ist; die Beschreibung derselben wird unten folgen.

Zur bessern Erkenntniß des ganzen Fundes gebe ich hier folgende

Uebersicht
des Münzfundes von Slate
1854.

Münzfund von Slate
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Münzfund von Slate
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Münzfund von Slate

 

Goldmünzen 13
Thaler und 1 dänische Krone 117
Halbe Thaler 2
Viertelthaler, Markstücke, Zwölfschillingsstücke      5
Achtschillingsstücke, Halborte etc. 15
Dütchen, Groschen, Schillinge, Sechslinge 1718
--------- -----
Summa 1870
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Bischöflich=ratzeburgische Münzen.

Es sind bisher keine andere Münzen der Bisthümer Ratzeburg und Schwerin bekannt geworden, als Münzen der herzoglichen Administratoren nach der Reformation, welche auf mehreren Münzen neben ihrem herzoglichen Titel auch die Titel der Bisthümer in die Umschrift aufnehmen 1 ). Münzen mit dem alten bischöflichen Wappen sind aber bisher ganz unbekannt gewesen. In dem oben beschriebenen Münzfunde von Slate fanden sich nun von dem Herzoge August von Braunschweig=Lüneburg, welcher 1610-1636 Bischof von Ratzeburg war und viele Münzen mit seinem herzoglichen Wappen und dem bischöflich=ratzeburgischen Titel schlagen ließ, 2 Doppelschillinge vom J. 1620, welche auf der Vorderseite das alte bischöflich=ratzeburgische Wappen haben. Diese Münzen haben folgende Gestalt:

Münze

Vorderseite: Auf einem längs getheilten barocken Schilde rechts eine halbe Burg, links ein stehender Bischofsstab, das alte Wappen des Bisthums Ratzeburg; auf dem Schilde eine Bischofsmütze; Umschrift:

AVGVSTVS . D . G . P . E . RATZEB.

Kehrseite: Im Mittelfelde die verschlungenen Buchstaben DS und darüber der Reichsapfel; Umschrift:

DVX . BRVNOVIC . E . L . 20 . Zainhaken.

G. C. F. Lisch.     


1) Ueber einen bisher unbekannt gewesenen Schilling des Herzogs Christoph von Meklenburg, Bischofs und Administrators von Ratzeburg, vgl. Jahrb. XII S. 490.
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IV. Zur Wappenkunde.


Ein Siegelstempel

aus Bronze, gefunden im J. 1843 auf der Feldmark Pastin bei Sternberg beim Pflügen, geschenkt von dem Hrn. Architekten Stern zu Schwerin. Das Siegel ist rund und enthält im leeren Siegelfelde nichts weiter als 4 in ein Quadrat verschränkte Stangen Hauszeichen (ein Hauszeichen ?), mit der Inschrift:

Inschrift

Das Siegel stammt aus dem 13. Jahrhundert und gehörte wohl einem (sternberger) Bürger.

G. C. F. Lisch.     

Ein Siegelring

von Messing mit einem Hauszeichen und den Buchstaben O. V., anscheinend aus dem 16. Jahrhundert, geschenkt von dem Herrn Pastor Schubart zu Schwerin.

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Siegel des Herzogs Christoph von Meklenburg.

Im königlich=sächsischen Geheimen Archive zu Dresden findet sich folgende Nachricht vom J. 1574:

"Postscripta."

"Wir haben vnser Secret in vnserm aufbruch im felde verloren, drumb mussen wir vns eines schlechten gemercks, bis vns ein anders gefertigt werden kan, gebrauchen. Datum ut in litteris.

CHzM.          
manu ppra sst.   

Postscript zu einem Schreiben des Herzogs Christoph von Melkenburg an den Kurfürsten August von Sachsen, d. d. Torgau den 30. Nov. 1574, im königl. sächsischen Geheimen Archive zu Dresden.

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Der Herzog Christoph hat hinter einander mehrere Secret=siegel oder Ringpetschiere. Allerdings erscheint nach dem J. 1574 ein neues Secret desselben, welches dem früheren sehr ähnlich ist.

G. C. F. Lisch.     

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V. Zur Schriftenkunde.


Urkunden.

Der Herr Burgemeister Daniel zu Schwaan schenkte dem Vereine zwei Originalurkunden, welche der Landmesser Herr Klingner in Güstrow gekauft und ihm geschenkt hatte, nämlich die Originale der in den Bützowschen Ruhestunden XIX, S. 36 und 39 gedruckten Urkunden:

1) d. d. 1372 die concept. Marie (Güstrow),

Hartwig von Oldenstat, genannt Bulle, schenkt der Kirche und Pfarre zu Wattmannshagen 5 Mk. weniger 2 Schill. wend. Pf. Hebungen aus dem Dorfe Nigleve, und

2) d. d. 1407 des mandages tho Paschen,

Johann Güstrow, Pfarrer zu Wattmannshagen, entsagt einem Capitale von 10 Mk. zu Gunsten der Kirche, wofür er von den Kirchenvorstehern 1 Mark Hebungen überwiesen erhält,
          beide ohne Siegel.


Ein Original=Urtheil der Juristen=Facultät zu Rostock in einem Privatstreite in der Mark Brandenburg, vom 24. März 1610, Geschenk des Hrn. Pastors Ragotzky zu Triglitz.


Der Herr Staatsminister von Lützow auf Boddin schenkte dem Vereine das kaiserliche Original=Adelsdiplom für den fürstl. meklenburg. Rath und königl. schwedischen Amtmann Johann Cornelius Müllern vom 9. Julii 1742.


Der Herr Rector Koch zu Doberan schenkte einen braunschweigischen Lehrbrief vom J. 1716.

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VI. zur Naturkunde.


Urstiergerippe von Toddin.

In den Jahrb. XVII, S. 407 flgd. ist über die ausgestorbene Thiergattung des Urstiers (bos primigenius) und über einen in Polen ausgegrabenen, im Besitze des Vereins befindlichen Schädel eines solchen Thieres ausführlich berichtet. Im J. 1853 ward in Meklenburg eine Entdeckung gemacht, welche noch viel bedeutender ist. In dem Torfmoore des Erbmüllers Dräger zu Toddin ward nämlich ein Schädel eines Urstiers gefunden, welcher viel großartiger ist, als der in Polen gefundene. Der toddiner Schädel stimmt in seinem Bau mit dem in Polen gefundenen, a. a. O. beschriebenen Schädel völlig überein, ist aber viel größer als dieser. Die Stirn ist zwischen den Hörnern 11" hamb. Maaß, an der schmalsten freien Stelle 11 1/2", zwischen den Augen 13" breit und vom Hinterhaupte bis zur Mitte der Augen 13" lang. Die Hörner stehen in ihrer weitesten innern Biegung 34" und in ihren Spitzen 32 1/2" auseinander und haben an der Wurzel einen Umfang von 17 1/2". Der Schädel ist mit den beiden Kinnladen vollständig erhalten. Das großherzogliche Amt Hagenow ließ auf meinen Antrag sogleich Nachgrabungen anstellen, welche auch noch 5 Nackenwirbel, 5 Rückenwirbel, 1 Schulterblatt, 10 Rippen und die Knochen eines Hinterbeines ans Tageslicht förderten. Mehr konnte leider nicht gefunden werden. Alle diese Reste sind der großherzoglichen Alterthümersammlung einverleibt.

G. C. F. Lisch.     

Ein Elenzahn

(wie es scheint), gefunden bei Malchow, schenkte der Herr Gastwirth Dalitz daselbst.

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Australisches Gold.

Der Tischler Herr Friedrich Lehmkuhl, gebürtig aus Boizenburg, welcher sich mehrere Jahre in Australien aufgehalten hat und wieder dahin zurückgeht, schenkte dem Vereine zum Andenken zwei Stückchen australischen Goldes, 4 Thlr. an Werth, wie derselbe es bei Melbourne selbst ausgegraben hat.

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