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IV.

Kritische Geschichte

der

sogenannten Prillwitzer Idole

von

F. Boll.


D ie auf der großherzoglichen Bibliothek zu Neustrelitz aufbewahrten, angeblich zu Prillwitz ausgegrabenen Idole haben bis jetzt noch nicht aufgehört, das Interesse der Alterthumsforscher auf sich zu ziehen. So entschieden von einer Seite ihre Unächtheit behauptet wird, so entschieden ist auch noch in neuester Zeit durch den zu Anfang des J. 1852 zu Wien verstorbenen Professor Johann Kollàr ihre Aechtheit vertheidigt worden. Bekanntlich war es der im J. 1836 verstorbene berliner Professor Konrad Levezow, welcher in einer im J. 1834 in der berliner Akademie vorgetragenen Abhandlung 1 ) zuerst ein motivirtes Verdammungsurtheil über die Pillwitzer Idole öffentlich aussprach. Außer den innern Gründen, welche Levezow für seine Verurtheilung geltend macht, findet er auch die Entdeckungsgeschichte der fraglichen Idole selbst in mehrfacher Hinsicht verdächtig, und hat deshalb diesen Gegenstand ausführlicher erörtert. Jedoch ist dieser Theil seiner Untersuchung weniger erschöpfend ausgefallen, ja manche Irrthümer sind dabei mit untergelaufen, theils weil Levezow nicht das ganze zu dieser Untersuchung nöthige Material zu Gebote stand, theils weil ihm die genauere


1) "Ueber die Aechtheit der sogen. Obotritischen Runendenkmäler zu Neustrelitz. Eine antiquarische Abhandlung, gelesen in der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin am 23. Januar und 24. Julius 183 von Konrad Levezow." Berlin 1835.
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Kenntniß der betreffenden Personalien mangelte. Dem Unterzeichneten sind sowohl von Seiten unsers Vereins für meklenburg. Geschichte und Alterthumskunde, in dessen Besitz die von Levezow über die fragliche Angelegenheit gesammelten Actenstücke übergegangen, dieselben, als auch von der großherzoglichen Bibliothek zu Neustrelitz die dort über diese Angelegenheit vorhandenen Actenstücke zur Benutzung anvertraut worden, und da er sie für vollständig genug hielt, um nach denselben eine kritische Geschichte der Prillwitzer Idole zu liefern, so hat er sich dieser Arbeit, zwecks einer Veröffentlichung in unsern Jahrbüchern, gern unterzogen. Die Resultate seiner Untersuchung hat er bereits im Januarhefte des "Archivs für Landeskunde in den Großherzogthümern Mecklenburg" vom J. 1853 dem Publicum vorläufig mitgetheilt.


Einleitendes.

Um den Anfang des J. 1768 kamen die ersten Stücke der Prillwitzer Idole hier in Neubrandenburg zum Vorschein. Es ist zunächst für unsere Untersuchung nicht unwichtig, diejenigen Gelehrten kennen zu lernen, welche sich beeiferten, diese Entdeckung zur Kenntniß des Publicums zu bringen, so wie den wissenschaftlichen Boden zu untersuchen, auf den diese Entdeckung fiel.

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Johann Gottlieb Pistorius war im J. 1708 zu Friedland geboren, woselbst sein Vater Prediger war. Er studirte die Rechte und wurde später Landsyndicus des stargardischen Kreises, und hatte als solcher seinen Wohnsitz in der Vorderstadt desselben, zu Neubrandenburg. Er war nicht nur ein Liebhaber der Vaterländischen Geschichte und besaß eine reichhaltige Sammlung älterer meklenburgischer Münzen und in die vaterländische Geschichte einschlagender Werke, sondern sammelte auch eifrig Materialien zu einer allgemeinen meklenburgischen Adelshistorie. Seine Berufsreisen nach Rostock hatten hier eine Verbindung mit dem Sohne des Syndicus der meklenburgischen Ritter= und Landschaft J. F. Taddel, dem Licentiaten Heinrich Friedrich Taddel (geb. zu Rostock 1736, gest. daselbst 1782), herbeigeführt, welcher damals die zu Rostock erscheinenden "erneuerten Berichte von gelehrten Sachen" redigirte. In dieser Zeitschrift forderte Taddel (unter dem 29. Octoder 1767) zur Subscription auf das erste, bereits unter der Presse befindliche Stück der

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meklenburg. Adelshistorie von Pistorius auf, welches die Geschichte der von Warburgschen Familie enthalten sollte; wahrscheinlich in der ersten Hälfte des folgenden (1768) Jahres erschien dasselbe, die Fortsetzung des Werkes unterblieb, weil es wohl keine besondere Theilnahme fand. Pistorius starb im J. 1780; seine Münzsammlung und seine Bibliothek wurden in öffentlicher Auction verstreut.

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Gottlob Burchard Genzmer war der Sohn eines Predigers, geb. im J. 1716 zu Hohen=Lübbichau in der Neumark. Als er zu Berlin das Gymnasium des grauen Klosters besuchte, schloß er hier schon Freundschaft mit Samuel Buchholtz, dem bekannten Geschichtschreiber der Kurmark Brandenburg, welcher im J. 1717 zu Pritzwalk geboren und ebenfalls der Sohn eines Predigers war. Beide studirten dann zu Halle, und Genzmer ward zuerst (1740) als Conrector zu Havelberg, Buchholtz im J. 1744 als Conrector zu Werben angestellt, und unterhielten beide fortwährend einen regen wissenschaftlichen Verkehr. Ein Bruder Buchholtzens war Cantor in Havelberg, und wenn im Winter die Elbe zugefroren war, wanderte dieser mit Genzmer hinüber zu Buchholtz nach Werben, und alle drei begaben sich dann nach Seehausen zu Winkelmann, welcher damals hier Conrector war und später als Kunstkritiker sich einen europäischen Ruf erwarb. Mit diesem blieb Genzmer auch späterhin in beständiger Verbindung, und Winkelmanns vertrauteste Briefe sind an ihn gerichtet. - Genzmer schied zuerst aus dem altmärkischen Freundeskreise; er ging nach Mirow als Erzieher der Kinder des Prinzen Carl Ludwig, dessen ältester Sohn Adolf Friedrich der muthmaßliche Erbe seines Oheims, des kinderlosen Herzogs Adolf Friedrich III. von Strelitz, war. Von hier aus veranlaßte Genzmer seinen Freund Buchholtz, der sich vorzugsweise auf das historische Fach gelegt hatte, eine kürzere, aber vollständige Geschichte von Meklenburg zu schreiben, welche geeignet wäre, beim Unterrichte zu Grunde gelegt zu werden, und versah ihn zu dem Zwecke mit den nöthigen Materialien. Dieses Werk: "Versuch in der Geschichte des Herzogthums Meklenburg", erschien im J. 1753 zu Rostock im Druck, in demselben Jahre, in welchem auch die ersten Bände von David Francks bekanntem alten und neuen Meklenburg ans Licht traten. Schon im Jahre zuvor, 1752, war Genzmers Zögling als Adolf Friedrich IV. seinem Oheime in der Regierung gefolgt und Genzmer ward im J. 1756 für seine Dienste mit der Präpositur zu Stargard belohnt. Auch Buchholtz kam bald ihm näher, indem er im J. 1759 Oberpfarrer zu Lichen ward; hier begann er im J. 1765 die Herausgabe seiner bekannten Ge=

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schichte der Kurmark Brandenburg und trat in wissenschaftlichen Verkehr mit Pistorius, dem er Urkunden zu seiner meklenburg. Adelshistorie mittheilte. Genzmer schrieb keine größeren Werke, schriftstellerte aber fleißig in Journalen, besonders im Fache der Naturwissenschaften, die er mit großem Eifer trieb; ausgezeichnet für jene Zeiten war seine Sammlung von Folien. Beide Freunde erreichten kein hohes Alter: Genzmer starb schon am 20. April 1771, und Buchholtz zu Kremmen, wohin er im J. 1768 auf des großen Friedrichs Befehl befördert war, am 29. April 1774. Der gelehrte Briefwechsel, den beide geführt und der unter dem Titel: "Kritische Briefe aus den Gegenden am Belt" zur Herausgabe bestimmt war, ist ungedruckt geblieben. (Heynatz in der Vorrede zum 5. Bande der Buchholtzschen Geschichte S. 21.)

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Andreas Gottlieb Masch war im J. 1724 zu Beseritz geboren, woselbst sein Vater Prediger war. Er studirte zuerst (1744) zu Rostock und dann (seit 1746) noch vier Jahre lang zu Halle, und bildete sich hier, unter Leitung des berühmten Theologen Baumgarten, zu einem fruchtbaren theologischen Schriftsteller. Im J. 1752 war er seinem Vater adjungirt worden, wurde aber schon 1756 zum Stadtprediger und Consistorialrathe nach Neustrelitz berufen und hier 1761 zum Hofprediger und 1765 endlich zum Superintendenten des Großherzogthums befördert. Er erlebte am 24. Januar 1802 sein Amtsjubiläum, und starb erst, bis wenige Tage vor seinem Hinscheiden noch wissenschaftlich thätig, am 26. October 1807.

In wie regem wissenschaftlichen Verkehre diese Gelehrten grade um die Zeit, als die Entdeckung der Prillwitzer Idole erfolgte, mit einander standen, lernen wir aus den Briefen des Engländers Thomas Nugent kennen, der in den letzten Monaten des J. 1766 Meklenburg bereiste und einige Zeit am strelitzer Hofe sich aufhielt. 2 ) In Neubrandenburg suchte er sogleich Pistorius auf, an den er schon Empfehlungen von Rostock mitbrachte, und verweilte einige Tage hier, um die Stadt, ihre Umgebungen, ihre Einrichtungen und Geschichte durch Pistorius genauer kennen zu lernen. In Neustrelitz lernte er zunächst den dort zufällig anwesenden Präpositus Genzmer kennen, und dieser


2) Die jüngste Schwester Herzog Adolf Friedrichs IV., Sophie Charlotte, war seit 1761 mit König Georg III. von England vermählt, und so hatte Meklenburg einiges Interesse bei den Engländern gewonnen. Der Literat Dr. Thomas Nugent gab im J. 1766 den ersten Band einer history of Vandalia heraus, und kam nach Mekleburg, um Dedicationsexemplare dieses Werkes an den Höfen zu Schwerin und Strelitz zu überreichen. Er beschrieb seine Reise durch Meklenburg sehr ausführlich in Briefen, die zwei Bände füllend im J. 1768 im Druck erschienen. Eine deutsche Uebersetzung derselben (mit Anmerkungen) lieferte im J. 1781 F. Ch. L. Karsten, der Zeiten Lehrer am herzoglichen Pädagogium zu Bützow.
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introducirte ihn bei dem Superintendenten Masch, mit dem er während seines längeren Aufenthaltes zu Neustrelitz vorzugsweise in Verkehr blieb. Mit Masch machte er einen Besuch bei Genzmer in Stargard, um dessen Sammlungen in Augenschein zu nehmen, und Pistorius gab ihm ein Rendez=vous in Altstrelitz, wohin ihn Masch begleitete; hier ward auch eine Zusammenkunft mit Buchholtz verabredet, welche Pistorius zu vermitteln versprach; diese fand später bei einem Bruder Buchholtzens, der Rector der Schule zu Altstrelitz war, in Maschens und Pistorius Gegenwart statt.

Von besonderem Interesse für unsere Untersuchung ist es auch, aus Nugents Briefen zu erfahren, wie beliebt damals bei den Gelehrten unsers Landes die Meinung war, daß die berühmte Wendenstadt Rhetra auf der Stelle von Prillwitz an der kleinen Tollense oder Lieps gelegen habe. Nachdem schon eine Menge höchst abweichender Vermuthungen über die Lage von Rhetra aufgestellt waren, hatte sich der Rector der neubrandenburger lateinischen Schule Bernhard Latomus (Steinmetz) zuerst in seinem Genealochronikon (1611) für die Lage bei Prillwitz ausgesprochen und behauptet: die Hügel von Prillwitz wären früher von Wasser umflossen gewesen, indem die Tollense einen weit höheren Wasserstand gehabt, so daß das Thal, in welchem jetzt Neubrandenburg liege, ganz unter Wasser gestanden und der See sich bis nach Friedland hin erstreckt habe. Allein diese Hypothese des Latomus war, weil sein Werk ungedruckt blieb, für's erste nicht weiter bekannt geworden, bis sie zuerst Aepinus in seiner Schrift von der meklenburger Bekehrung (1708) erwähnte, und später 1738 der verbesserte Klüver (2, 328) und 1739 Schröder in seinem Papistischen Meklenburg die betreffende Stelle aus der Handschrift des Latomus mittheilten, und endlich das Genealochronikon 1745 im vierten Bande der monumenta inedita des Kanzlers von Westphalen vollständig abgedruckt ward. Buchholtz ließ 1753 in seiner Geschichte von Meklenburg die Lage von Rhetre (so schreibt er) unentschieden; er führt nur an, daß man es sowohl bei Röbel, als bei Stargard, und auch bei Neubrandenburg, "nicht weit von dar am Tollensee" suche (S. 14, 16, 17). Auch Frank führt in demselben Jahre die verschiedenen Meinungen über die Lage von Rethre (so schreibt er) auf und schließt (2, 96): "Latomus suchet diese verlorene Stadt endlich an dem Ort, wo jetzo Prillwitz, so dem Herren von Bredow gehöret, nicht weit von Neubrandenburg, und meinet, der große See sei nachher abgelassen, und die Stadt Neubrandenburg auf den Platz desselben gebaut. Es giebet hiezu eine starke Muthmaßung, daß die ganze Ebene, worauf Neubrandenburg mit ihren Hopfen=Gärten und Korn=

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Feldern lieget, nicht anders anzusehen, als ein abgelassener See, indem rund umher Anhöhen, als Ufer, erscheinen. Hiezu kommt, daß nicht ferne davon Broda liegt, welches auf Wendisch eine Fähre heißt. Denn wozu sollte man eine Fähre daselbst gehabt haben, wenn nicht vordem ein großes Wasser da gewesen wäre?"

Nugent erwähnt diese Meinung zuerst aus Neubrandenburg (1, 249 deutsche Uebersetzung): "Verschiedene Schriftsteller wollen, daß nicht weit von hier an der Tollense die alte Stadt Rethra gestanden". Später, als er mit Masch von Neustrelitz nach Stargard fuhr, erzählt er (2, 167): "hier bei Usadel hatten wir von einer Anhöhe einen vortrefflichen Prospect nach der Tollense und dem dem Herrn von Bredow zugehörigen Gute Prillwitz. von hier ließen wir rechter Hand (?) auf einem Hügel einen Steinhaufen liegen, welches nach des Herrn Masch Bemerkung die Stelle sein soll, wo die vormalige Stadt Rhetra gestanden". Bald darauf besuchte Nugent Prillwitz selbst, um die Ruinen von Rhetra in Augenschein zu nehmen. Er berichtet darüber unter dem 8. November: "Bald nach meiner Zusammenkunft mit Buchholtz und Pistorius zu Altstrelitz nöthigte mich Herr von Bredow, daß ich ihn auf seinem Landgute Prillwitz besuchen möchte. Man hatte mir schon viel von der angenehmen Lage dieses Orts erzählt, allein meine Neugierde ward dadurch noch mehr gereizt, daß ich hier Gelegenheit haben würde, die Rudera eines alten Tempels des heidnischen Gottes Radegast zu besehen. Ich machte mich also an einem Sonnabend Nachmittag mit Hauptmann Pleß auf den Weg. Anfangs ist der Weg überaus sandig. Wir fuhren durch Weisdin, Blumenholz und Usadel, und in etwa anderthalb Stunden erreichten wir Prillwitz, das ungefähr 2 Meilen von Strelitz gerechnet wird. Prillwitz ist ein feines Dorf und hat eine schöne Lage an der Tollense. Man hat hier einen überaus reizenden Prospect; rechts und links läuft eine Reihe von Hügeln ununterbrochen fort, und am andern Ende des Sees liegt Neubrandenburg, gleichsam im Hintergrunde der Landschaft. Herr von Bredow empfing mich überaus gütig". - "Den andern Morgen schlug Herr von Bredow einen Spaziergang nach den berühmten Ruinen vor. Es war diesen Morgen schönes heiteres Frostwetter, daher präsentirte sich die Tollense mit den angrenzenden Wäldern, die auf den Seiten der Hügel zu schweben schienen, überaus prächtig. Der Berg, den wir hinaufzusteigen hatten, war so steil, daß ich beinahe müde ward, ehe wir die Spitze erreichten. Herr von Bredow sowohl, als auch viele andere Gelehrte dieses Landes behaupten, daß die alte Stadt Rhetra auf eben der Stelle gestanden, wo jetzt Prillwitz liegt, und daß auf diesem Berge der Tempel des Radegast

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gestanden. So viel ich indessen aus der ganzen Gestalt des Berges urtheilen konnte, schien er mir nicht die mindeste Spur eines vormaligen Tempels zu zeigen, vielmehr schienen mir die verfallenen Gräben, Wälle und Mauern sichtbare Ueberbleibsel eines alten Schlosses zu sein. 3 ) Dergleichen Schlösser oder Rittersitze gab es im mittlern Alter sehr viele, und vielleicht werden Sie auch von dieser Art Schlösser, die vormals in England gewesen sind, etwas gelesen haben. Ich sagte meine Meinung offenherzig, welches dem Herrn von Bredow gar nicht zu behagen schien, denn er war zu sehr für die Meinung eingenommen, daß dies vormals ein Tempel gewesen; überdies wollte er noch aus gewissen Merkmalen behaupten, daß hier ein Schatz vergraben wäre, den er schon längst gehoben haben würde, wenn er nicht befürchten müßte, daß der Herzog als Lehnsherr mit davon participiren wollte." - Nach Neustrelitz zurückgekehrt, stattete Nugent dem Herzoge über die Reise Bericht ab, "und dieser ergötzte sich nicht wenig über den Herrn von Bredow, daß er aus Furcht vor ihm den im Berge verborgenen Schatz nicht heben wollte".

Auch hatte bereits vor Entdeckung der Prillwitzer Idole die zuerst von Latomus aufgestellte Hypothese: die Tollense habe sich früher durch das ganze Thal bis nach Friedland hin erstreckt, - diejenige Erweiterung erfahren, in welcher sie später von Masch vorgetragen wurde, um dadurch zu erhärten, daß das wasserumflossene Rhetra auf der Stelle von Prillwitz gelegen habe. Ein Aufsatz in den "Nützlichen Beiträgen zu den Strelitzischen Beiträgen" Nr. 32 vom 6. August 1766 unter der Ueberschrift: "Von der natürlichen Historie von Meklenburg" sagt darüber S. 254: Hätten wir alte Erdbeschreibungen von Meklenburg, so würden wir darin lesen, daß die Ostsee, die jetzo nur an unsere Gränzen spület, einen großen Arm mitten durch Meklenburg gestrecket habe. Wie unglaublich würde dieses sein? Und dennoch ist es bis aufs höchste wahrscheinlich. Die Tollense, welche bei Prillwitz ihren Anfang nimmt, und bei Neubrandenburg zu einem Strome wird, hat noch jetzo einen Zusammenhang mit der Ostsee. Sie schicket ihr Wasser vermittelst des Stromes bei Demmin in die Peene, durch diese in das Haff und endlich in die Ostsee. Diese Ströme sind ein Denkmal von der vormaligen Verbindung der Tollense mit der Ostsee, so daß die Tollense ein Arm von der Ostsee gewesen. Wenn man sich


3) Nugent urtheilte ganz richtig: diese angeblichen Ruinen des Tempels zu Rhetra sind nichts anders als die Ueberbleibsel des Schlosses Prillwitz, welcher im 13. Jahrh. erbaut war, und erst im 16., wenn nicht gar im 17. Jahrh. zerstört wurde. Siehe meine Geschichte des Landes Stargard l, 164.
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auf die Höhe über Prillwitz stellet und alsdann die Tollense die Länge herunter siehet, so findet man auf beiden Seiten ein hohes Ufer, welches das vollkommene Bette eines großen Meeres ist. Die Anhöhen theilen sich bei Neubrandenburg und ziehen sich auf der einen Seite herum nach Friedland, auf der andern Seite aber nach Treptow, und von da bis an die Peene. Bei Neubrandenburg erhebet sich gegenüber wieder eine solche Anhöhe, die auf beiden Seiten herumgehet und den jetzo noch sogenannten Werder bildet. Zwischen diesen gesammten Anhöhen findet sich eine Ebene, die mit der Tollense mehrentheils horizontal liegt. Neubrandenburg selbst liegt in dieser Ebene. Wenn man dieselbe nachgehet, so zeiget das in der Mitte der Ebene noch beständig fließende Wasser, welches den ganzen Werder umgiebet, daß die jetzige Ebene oder Wiesen in dem Bette einer See liegen, die den größten Theil ihres Wassers verloren hat. Wäre es möglich, daß man den Ausfluß des Haffes bei Wolgast und Swinemünde stammen könnte, so würde in kurzer Zeit die ganze Ebene, worauf Neubrandenburg liegt, nebst allen den Wiesen, die in einer Horizontallinie durch Meklenburg und Pommern auf den Seiten der Peene sich erstrecken, unter Wasser gesetzet und das alte Bette des Armes der Ostsee wieder mit Wasser angefüllet sein". - Dieses sind so gänzlich die später von Masch vorgetragenen Ansichten, daß ich nicht anstehen würde, ihn für den Verfasser dieses Aufsatzes zu halten, wenn er nicht mit der Chiffre Z. unterzeichnet wäre. Nugent hat sich den Inhalt dieses und anderer Aufsätze der "Nützlichen Blätter" angeeignet und die eben mitgetheilte Stelle zum Theil wörtlich seinem letzten Briefe einverleibt.

Endlich darf auch nicht unerwähnt bleiben, daß schon vor der Entdeckung der fraglichen Idole die Ansicht geltend geworden war: die Wenden in Meklenburg hätten als Schriftzeichen sich der sogenannten Runen bedient. Der verbesserte Klüver (1, 262) sagt darüber: "Die Schulen waren bei den Wenden im schlechten Stande, dennoch die Priester Schullehrer, und unter ihren Buchstaben, die Runische genannt, folgender Gestalt beschaffen" (folgt ein Runen=Alphabet). Auch Buchholtz legt in der Geschichte von Meklenburg S. 88 den Wenden die runische Schrift bei, und S. 93 lernen wir, daß diese Behauptung ursprünglich von Schurtzfleisch herrührte, der in seiner Dissertation de rebus Slavicis von einer wendischen Schule zu Demmin gehandelt hatte, "wo der Jugend Unterricht in der Runischen Schrift, Sprache und Weisheit gegeben worden" (!)

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Die ersten Entdeckungsberichte von Hempel, Pistorius und Genzmer.

Es muß um den Anfang des Jahres 1768 gewesen sein, als der doctor medicinae Hempel zu Neubrandenburg, ein Sohn des damaligen herzoglichen Leibarztes, von dem Goldschmiede Sponholtz daselbst 35 Stücke der vielbesprochenen Prillwitzer Alterthümer durch Kauf an sich brachte. Diese interessante Entdeckung wurde sogleich durch öffentliche Blätter dem Publicum mitgetheilt. Es sind darüber vier gedruckte Berichte in verschiedenen Zeitschriften vorhanden. Bisher sind immer nur zwei derselben berücksichtigt worden, nämlich der vom Präpositus Genzmer im Altonaschen Merkur und der durch Taddel in den Rostockschen gemeinnützigen Aufsätzen veröffentlichte, weil Masch in seinen obotritischen Alterthümern (S. 4) nur diese beiden Entdeckungsberichte erwähnt und die Betheiligung von Hempel und Pistorius an dieser Angelegenheit aus Gründen, die weiter unten erhellen werden, mit Stillschweigen übergangen hatte. Deshalb kennt und erörtert Levezow auch nur jene beiden gedruckten Berichte, obwohl er aus den Streitschriften Sense's und Genzmer's (siehe das folgende Capitel) hätte ersehen können, daß nicht zwei, sondern vier gedruckte Berichte über die Entdeckung der Prillwitzer Idole vorliegen müßten. Dafür veröffentlicht Levezow zwei alte handschriftliche Entdeckungsberichte, welche er von Maschens Schwiegersohne, dem Pastor Rudolphi zu Friedland, mitgetheilt erhalten hatte, deren einen er für einen Originalaufsatz Hempels, den andern für von Genzmer verfaßt, vielleicht den ersten Entwurf der Anzeige im Altonaschen Merkur, hielt. Als ich beide Actenstücke aus Lewezows Nachlaß durch Herrn Archivar Dr. Lisch mitgetheilt erhielt, erkannte ich in dem letzteren sogleich die mir wohlbekannte Handschrift des Pistorius, in dem ersteren aber nur eine andere (wahrscheinlich spätere) Redaction des bereits durch Taddel in den Rostockschen gemeinnützigen Aufsätzen veröffentlichten Berichtes. Diese Sache verhielt sich so.

Als der Doctor Hempel jene 35 Stücke von den Prillwitzer Alterthümern im Hause des Goldschmiedes Jacob Sponholtz entdeckte und käuflich erwarb, theilte er diesen interessanten Fund sogleich dem ihm befreundeten Landsyndicus Pistorius mit, der als Historiker und Antiquar den wissenschaftlichen Werth dieser Alterthümer besser beurtheilen konnte, als Hempel, der eigentlich nur Sammler von Naturalien war. Beide besorgten sogleich

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eine vorläufige kurze Anzeige dieser Entdeckung in Nr. 26 des Hamburger Correspondenten vom Jahre 1768, die wohl eigentlich von Pistorius verfaßt und von Hempel nur niedergeschrieben war, denn Genzmer unterscheidet nachher ausdrücklich ihren Concipienten und den Schreiber. Indessen hatte auch Genzmer von dem Funde vernommen, kam von Stargard nach Neubrandenburg herüber, untersuchte die Alterthümer bei Hempel und trug sich Notizen darüber in seine Schreibtafel ein. Mit seinem gewohnten Eifer machte er sich sogleich daran, nach diesen Notizen eine Beschreibung der Alterthümer zu entwerfen, welche in Nr. 34 des Altonaschen Merkurs vom J. 1768 abgedruckt wurde; sie ist indessen sehr ungenau, oft falsch, da die aufgeschriebenen Notizen nicht überall durch ein treues Gedächtniß unterstützt wurden, ist aber insofern von Werth, als wir daraus erfahren, welche Alterthümer Hempel zuerst von Jacob Sponholtz erhandelt hatte. Es befinden sich unter diesen 35 Stücken 4 ) der bekleidete Radegast (bei Masch Fig. 3) der Podaga Fig. 5, der Perkunust Fig. 6, der Zibocg Fig. 11, die Sieba Fig. 15, die namenlose Göttin Fig. 16, der Zernebocg Fig. 12, die Stange mit 3 Köpfen Fig. 10, der Lelus und Poletus Fig. 20, die von Masch als Untergötter bezeichneten Nr. 7-12, die Halbgötter Nr. 1-3, die Zirnitra Fig. 34, der sogenannte Götterthron (eigentlich ein Hängeleuchter) Fig. 35, und die sämmtlichen bei Masch als Denkmale aufgeführten Stücke, mit Ausnahme des Mita. - Allein kaum hatte Genzmer seine Beschreibung abgesendet, als er erfuhr, daß Dr. Hempel neuerdings noch mehrere Alterthümer von Jacob Sponholtz an sich gebracht habe; Genzmer mußte also wieder hinüber nach Neubrandenburg und aufs Neue besichtigen und beschreiben. Er schilderte die neu erworbenen Alterthümer in einem zweiten Sendschreiben im Altonaschen Merkur Nr. 44 vom Jahre 1768; es waren 10 Stücke, nämlich 4 Opfermesser, 2 Opferschalen, die Idole Vodha Fig. 4, Ipabocg Fig. 9, Schuaixtix Fig. 13, und der Hund mit der Aufschrift Mita.

Inzwischen hatte sich auch Hempel daran gemacht, mit Pistorius Beihülfe eine ausführliche und genaue Beschreibung seiner Alterthümer aufzusetzen. Sie scheint noch im Februar 1768 vollendet zu sein, erschien aber nicht sofort, wie verheißen war, im Druck, vielleicht weil man den befreundeten Genzmer nicht compromittiren wollte, dessen flüchtige und oft falsche Beschrei=


4) Genzmer giebt in seinem ersten Sendshreiben zwar die Zahl der zuerst von Jacob Sponholtz erworbenen Alterthümer ausdrücklich auf 37 Stücke an, allein er hat sich theils verzählt (Nr. 22 fehlt), theils einen abgebrochenen Arm einer Figur Nr. 23 besonders gezählt.
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bung gegen diese, die sehr genau war und auch schon die Runen=Legenden meistens richtig mittheilte, sehr würde abgestochen haben. Von dieser Pistorius=Hempelschen Beschreibung liegen zwei Exemplare vor, ein geschriebenes, wahrscheinlich von Hempels Hand, * ) welches Levezow von Pastor Rudolphi erhalten hatte, und das durch Taddel in den Rostockschen gemeinnützigen Aufsätzen vom J. 1769 veröffentlichte. Der inzwischen auf die Prillwitzer Alterthümer erfolgte Angriff des Pastor Sense zu Warlin machte nämlich die Bekanntmachung einer richtigen und genauen Beschreibung nöthig, um auf diese eine Vertheidigung der Alterthümer zu gründen. Zu diesem Zwecke hatte wohl Pistorius sein Exemplar an Taddel mitgetheilt; es ist, im Vergleich mit dem von Hempels Hand geschriebenen, das ältere. Denn obwohl beide nur in unwesentlichen Kleinigkeiten von einander abweichen, so machen doch in dem Taddelschen Abdrucke die beim zweiten Kaufe von Jacob Sponholtz erworbenen 10 Stücke die letzten 10 Nummern aus (Nr. 36 bis 45), während sie in dem geschriebenen Exemplare schon mit unter die andern Alterthümer nach der Sachordnung eingereihet sind. Das Vorwort des geschriebenen Exemplars ist vom Hornung (Februar) 1768 datirt, es ist also wohl nur eine später von Hempels Hand genommene Reinschrift. Sie enthält auf dem Rande einige Zusätze und Berichtigungen von Pistorius Hand: so war z. B. in dem Taddelschen Abdrucke das Idol Vodha noch als Pidha gelesen, in Hempels Handschrift aber Vidha, wozu Pistorius auf dem Rande bemerkt: "die kleinen Querstriche an den Runen o sind noch zur Zeit nicht zu entdecken, daß man Vodha herausbrächte". - Obwohl nun einstweilen die Bekanntmachung dieser genauem Be=


*) Nachdem bereits der erste Theil dieser Abhandlung nach schwerin abgegangen war, hat mir ein glücklicher Zufall noch einen ziemlichen Vorrath alter Papiere aus dem Nachlasse der Verkäufer der Prillwitzer Alterthümer in die Hände gespielt, unter denen sich auch auf unsere Frage bezügliche befanden. sie wurden für mich Veranlassung, mir von großherzogl. Justiz=Canzlei zu Neustrelitz auch die Acten eines im J. 1775 geführten Processes des Verkäufers gegen den Käufer zu erbitten. Ich muß nach diesen Papieren hier einige Punkte des ersten Capitels meiner Arbeit theils genauer bestimmen, theils berichtigen. - Der Dr. Hempel hat die zuerst von dem Goldschmiede Jacob Sponholtz ihm überlassenen 35 Alterthumsstücke, welche Genzmer im ersten Sendschreiben beschreibt, für 100 Thlr. Gold erstanden und über diese Summe im Antoni=Termine 1768 einen Wechsel ausgestellt. Nicht lange darauf, im Laufe des Februar, tauschte Dr. Hempel die im zweiten Genzmerschen Sendschreiben beschriebenen 10 Alterthumsstücke von dem jüngsten Bruder des Goldschmiedes, von Gideon Sponholtz, für eine Conchilien=Sammlung ein. Zu berichtigen ist: die ausführliche Beschreibung dieser 45 Alterthumsstücke, welche sich bei den schweriner Acten im Manuscript befindet und deren Vorwort in Hempels Namen aufgesetzt ist, ist nicht von Hempels eigener Hand, sondern vom Copisten des Landsyndicus Pistorius geschrieben.
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schreibung unterblieb, so hatte doch (wahrscheinlich) Pistorius sein Manuscript schon gleich nach der Abfassung an Taddel mitgetheilt, nach welchem dieser eine vorläufige Nachricht in das achte Stück der "Erneuerten Berichte von gelehrten Sachen" unter dem 25. Februar 1768 einrücken ließ.

Da nun diese für die Geschichte der Prillwitzer Idole so wichtigen Actenstücke in Zeitschriften aufgesucht werden müssen, welche jetzt nicht mehr überall leicht zugänglich sind, so theile ich hier dieselben mit; von der ausführlichen Pistorius=Hempelschen Beschreibung werde ich indeß von dem geschriebenen Exemplar nur das Vorwort geben, da die geringen Varianten in der Beschreibung selbst zu unwesentlich sind. Durch Taddel erfahren wir übrigens, daß Pistorius beabsichtigte, in einem ausführlicheren Kupferwerke diese Alterthümer zu beschreiben und zu erläutern. Der Anfang dieser Arbeit, von welcher wahrscheinlich nie mehr aufs Papier gekommen ist, hat sich erhalten; Pistorius übersandte ihn (im Brouillon) an Genzmer, als dieser sich anschickte, auf den Senseschen Angriff zu antworten. Ich theile diese Reliquie des wackern Mannes hier mit, dessen Eifer für die Geschichte seines Vaterlandes bei seinen Zeitgenossen die Theilnahme nicht fand, welche er verdiente. Aus diesen Actenstücken allein läßt sich ein sicheres Urtheil über die wohl hin und wieder geäußerte Behauptung fällen, als ob einem vielleicht mit den Prillwitzer Idolen gespielten Betruge entweder Genzmer oder Pistorius selbst nicht fremd geblieben wären.


1. Erster Bericht.

Aus dem Hamburgischen unparteiischen Correspondenten, 4b ).

1768, Sonnabend den 13. Febr., Nr. 26.

Neubrandenburg, im Mecklenburgischen, den 7. Febr.

Man kann zur Aufklärung der Historie, und anderer dahin einschlagenden Umstände, dem Publico folgende Nachricht nicht unangezeigt lassen: Bisher sind die Geschichtschreiber sowol wegen der Lage der ehemaligen Stadt Rhetra, als wegen des daselbst vorhandenen Götzen Radegast, uneinig gewesen. Nunmehr aber lassen sich diese Verschiedenheiten deutlich bestimmen. Auf einem im Mecklenburg=Strelitzschen, harte an dem großen See Tollensee belegenen Guthe, ist auf einem hohen mit alten Graben versehenen Berge ein kupfener


4b) ) Die Mittheilung dieses und des folgenden Actenstückes verdankt der Verein dem Herrn Archivar Lappenberg zu Hamburg, dem wir hierdurch öffentlich dafür unsern Dank sagen.
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Grapen gefunden, und dem dortigen Geistlichen zugestellet worden. Es befanden sich in demselben an die 30 Götzen, nebst den dazu gehörigen Opferschaalen. Von diesem Geistlichen sind gedachte Stücke durch Erbschaft an einen Bürger hier in Neubrandenburg gekommen, der sie, weil er diesen Schatz nicht kannte, dem in den Alterthümern erfahrenen Herrn Hempel, der Arzneykunst Doctoren, zeigte. Der Herr Doctor kaufte ohne Anstand alle Stücke an sich. Der größte darunter befindliche Götze ist der Radegast von einer ziemlichen Höhe, auf dessen Rücken mit Rhunischen Buchstaben ganz deutlich zu lesen, Radegast Rhetra. An den vielen andern Götzen, worunter die Nemesis, Pan, Zernebock und der Drache etc. . gleichfalls mit vielen Rhunischen Buchstaben bezeichnet, ist das Wort Rhetra gleichfalls ganz deutlich zu sehen. Kenner der Alterthümer können diese Originalstücke, welche noch alle die eruginem nobilem an sich haben, nicht genug bewundern. Alle Stücke halten beinahe den Strich von Kronen=Gold, und wiegen zusammen 15 Pfund. Es ist hiebei zu bemerken, daß die Beschreibung des Radegast von den Geschichtschreibern nicht getreffen worden. Er hat eine ganz andere Figur, wiewol es mit der Gans auf dem Kopfe, jedoch ohne ausgebreitete Flügel, seine Richtigkeit hat.

Der Herr Doctor Hempel wird ehestens eine vollständige Beschreibung von dieser wichtigen Entdeckung, die so viele Aufklärung in den Alterthümern macht, mittheilen; und es ist zu wünschen daß beregte Stücke, als die einzigen Monumenta in ihrer Art, allgemein bekannt, und auf immer aufbehalten werden.


2. Zweiter Bericht.

Aus dem Altonaschen Merkurius,

1768, Nr. 34 und 44.

Herrn Gottl. Burch. Genzmers Praepos. zu Stargard im Mecklenburgischen, vorläufige Nachricht von einigen neulich entdeckten Götzenbildern und Alterthümern des nördlichen Heydenthums, in einem Sendschreiben an den Herrn D. Schütze in Hamburg, vom 15. Februar 1768.

S. T.

Hochgeschätzter Freund und Gönner,

Ich kann nicht umhin Ihnen je eher je lieber von einem merkwürdigen Vorfalle in meiner Nachbarschaft Nachritt zu ertheilen, der Ihnen so wenig, als allen Liebhabern und Forschern der Alterthümer, sonderlich der Nordischen und Deutschen, gleichgültig sein kann; zumal da derselbe zu einer Quelle mancher wichtiger Entdeckungen * ) und Berichtigungen vieler in diesem Theile der Gelehrsamkeit von andern begangenen Fehler werden kann. Es ist nämlich meinem Freunde, dem Hrn. Dr. Hempel, med. Pract. zu Neubrandenburg im Mecklenburgischen, neulich geglückt, einen sehr beträchtlichen Schatz von Alterthümern des nördlichen Heydenthums bei einem dortigen Goldschmiede, der sie


*) Z. B. Wo die alte berühmte Stadt Rhetra gelegen? Was dieser und jener Götze der Wenden und Obotriten eigentlich für eine Gestalt gehabt? u. d. g. deren in den von Alterthümern handelnden Büchern befindliche Bilder, vermuthlich blos aus Hörsagen, nach der Einbildung, und nicht nach dem Leben gezeichnet sind.
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bisher aus mehr als einer Ursache * ) ungemein geheim gehalten hatte, zu entdecken, sich zu eigen zu machen, und dem Schmelztiegel zu entrücken, durch welchen er sonst zu unwiderbringlichem Schaden für die Alterthumskunde auf ewig zerstöret sein Würde. ** ) Es sind in allem 30 bis 37 Stück theils Statüen und Götzenbilder, theils Opfergeräthe, theils Fußgestelle, deren Theile und Zierrathen noch vorhanden, und in seine Hände gekommen, nachdem solche zu Anfang dieses Jahrhunderts, folglich vor etwa sechszig Jahren zu Prillwitz, einem Dorfe zwo Meilen von Neubrandenburg am südwestlichen Ende des großen Sees, der zwischen beiden gedachten Orten lieget, und der Tollense *** ) heisset, in einem großen metallenen Grapen zusammengepackt liegend, aus der Erde gegraben, und von dem damaligen dortigen Prediger seinem Bruder, einem Goldschmiede in bemeldeter Stadt und Großvater des bisherigen Besitzers, zugewendet worden. Der Grapen aber, worin diese Sachen verwahret gewesen sind, ist bereits vor mehreren Jahren beim Umguß einer Glocke in Neubrandenburg eingeschmolzen worden. 5 )

Diese sämmtlichen Alterthümer bestehen aus Metalle, und zwar die grössern Stücke aus goldgelbem, das auf dem Probierstein den Strich vom Mittelgolde hält, die kleineren aber aus einem solchen, das mehr ins blasgelbe und weißliche fällt, und sind durchgängig mit hellgrünem Roste bedecket. Welcher sie hin und wieder verstellet und etwas unkenntlich machet, auch wohl zuweilen zerfressen hat; ) an einigen kleinern Stücken aber dem edlen Rost alter Münzen nahe kömmt und einem glänzenden überzogenen Firnisse, oder dünnen glatten Kruste von Schmelzwerke, ähnlich siehet. Sie können aber durch das Aufsieden von demselben völlig gereiniget, und in ungemeinem Glanze und Schönheit dargestellet werden, welches bereits an Nr. 11 probiret worden ist, auch wohl bei den meisten andern nöthig sein dürfte, um die vielen darauf befindlichen Runischen Buchstaben kenntlich zu machen.

Und eben diese Buchstaben, welche diesen Alterthümern einen besondern Vorzug, und deren Forschern zu ihrer Erklärung sowol, als manchen andern beiläufigen Entdeckungen sichern Anlaß geben, und meistens, sonderlich an den größeren Stücken, vertieft, und mit einem Meißel derb eingeschlagen; welches um so viel leichter hat bewerkstelliget werden können, da solche, wie bekannt, meist aus lauter geraden Strichen bestehen. Und nur auf einigen wenigen kleineren Stücken erscheinen solche erhaben, und in vertiefte Formen abgegossen; und eben daher sind solche auch merklich größer und gröber.

Nachdem ich dieses vorläufig erinnert habe, so will ich die einzelnen Stücke herrechnen und beschreiben, so viel ich mich davon aus flüchtiger Besichtigung derselben und Aufzeichnung einiger Umstände mit wenigen Worten in meine Schreibtafel, zu erinnern weiß, um Ihre sowol, als anderer Liebhaber der deutschen Alterthümer gereizte Neugier nur einigermaßen zu befriedigen; bis


*) Vielleicht aus Hoffnung, der Entdeckung eines Mittels, das in diesen Alterthümern steckende edlere Metall von dem unedlern zu scheiden, vielleicht auch daher, weil der Besitzer nicht eben nöthig gehabt, sie zu Gelde zu machen und zu verkaufen.
**) Dergleichen Unfall ist bereits vor mehreren Jahren einer von diesen Puppen (wie man sie bisher genannt hat) begegnet, man weiß sich aber nicht mehr zu besinnen, wie solche eigentlich aussehen.
***) So möchte man nur immer diesen Namen schreiben, anstatt Tollensee, um die hiesige Aussprache desselben genauer auszudrücken, in welcher die mittlere Sylbe lang ist; obgleich das letztere der Abstammung gemäßer ist.
5) Im J. 1751 wurde die dritte von den Glocken im Thurme der Marienkirche zu Neubrandenburg umgegossen, dieselbe, welche im J. 1841 abermals eines Neugusses bedurfte. - F. B.
†) Doch rühren nicht alle diese Beschädigungen dieser Alterthümer vom Roste her; sondern die glatte Abschmelzung bei einigen fehlenden Theilen scheinen deutlich anzuzeigen, daß sie bereits ehedem vor ihrer Verwahrung in dem gedachten Grapen eine Feuersbrunst und große Hitze müssen ausgestanden haben.
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etwa der gegenwärtige gelehrte Hr. Besitzer selbst, durch eine in den Druck zu gebende umständliche, und mit nöthigen von allen Seiten her genommenen in Kupfer gestochenen Abbildungen begleitete Beschreibung, solches völlig bewerkstelligen wird. Es sind folgende:

1) Ein Fußgestell, (Piedestal), drittehalb Pfund schwer, sechs Zoll hoch, in seiner grossesten Dicke 3 Zoll im Durchschnitte breit, und fast wie der Schaft eines alten messingenen Altarleuchters gestaltet. Es bestehet selbiges aus lauter auf einander stehenden Knäufen und Scheiben, davon die grösseste am Rande umher mit Runischen Buchstaben bezeichnet ist; die ganze Axe aber ist hohl, weil vermuthlich eine eiserne Stange zu dessen Aufstellung hindurch gereichet hat.

2) Ein runder glatter hohler Knauf, der vermuthlich auf Nr. 1 oben drauf gesessen und gepasset hat, einen Zoll hoch, und drei im Durchschnitte dick, auf welchem gleichfalls umher Runische Buchstaben stehen, unter welche man u. i. d. deutlich erkennet.

3) Eine Opferschaale, an dem glatt abgeschnittenen Rande aussenher geriefelt, etwas dick und grob gearbeitet, und daher ein halbes Pfund schwer, ob sie gleich nur drei Zoll im Durchschnitte hat und etwa einen Zoll hoch ist. Auf deren glattem Boden erscheinet inwendig ein erhaben gearbeiteter fortschreitender Hahn, auswendig aber eine geriefelte Tellerschnecke von vier Wendungen, wie ein Ammonshorn, recht sauber gearbeitet Sie ist umher mit Runischen Buchstaben bezeichnet, aus welchen man Riadegast deutlich zusammenlesen kan. Troilus Arnkiel hat demnach so ganz unrecht nicht, wenn er den Namen diese Götzen in seinem cimbrischen Heidenthume beständig Ridegast schreibet.

4) Ein darauf passender halbkugelförmiger Deckel, (denn dafür möchte ich ihn lieber ansehen, als für ein Klöcklein, das beim Gottesdienste gebrauchet worden; wenigstens müßte sodann die Oehse zur Befestigung des Kleppels, durch das Ausschmelzen des gleich anzuführenden Loches verloren gegangen sein;) gleichfalls stark gearbeitet, aussenher mit vier gleich weit von einander stehenden vorwärts sehenden und etwas grobförmigen erhabenen Menschenköpfen gezieret. In dem bäuchigen ziemlich starken Boden, aber doch nicht recht in der Mitte, erscheinet ein Loch, worin man einen kleinen Finger stecken kann. Welches gewiß nicht mit Fleiße gemacht, sondern vermuthlich zufälliger Weise eingeschmolzen ist; und dieses macht mich, nebst einigen andern Merkmalen, glauben, daß diese sämtliche Sachen schon vordem eine Feuersbrunst ausgestanden haben müssen.

Diese vier bisher angeführten Stücke scheinen von schlechterem und ganz gewöhnlichen Metalle gearbeitet zu sein; aber nun kömt etwas feineres.

5) Der Zernebock, ein Pfund schwer, in Gestalt eines aufgerichteten und auf seinem Hintern sitzenden Löwens, 6 Zoll hoch, dessen Mähne in ausgekämmeten und mit lauter Parallelstrichen bezeichneten schräg über einander gelegten Locken, gleich einer gewissen Art geflochtener Körbe, nicht sonderlich gearbeitet ist; wie denn überhaupt die sämmtlichen größeren Stücke eine noch in ihrer Kindheit und ersten Anfängen stehende Bildungskunst zu verrathen scheinen. Auf dem Rücken stehen drei Zeilen Runischer Buchstaben der Länge nach herunter, davon die mittlere den Namen Zernebock deutlich lesen lässet; oben auf dem Kopfe am Nacken Rhetra, und unten am Hintern stehen gleichfalls drei Runische Buchstaben, darunter ein a. deutlich zu erkennen ist. Ein Loch eines guten Fingers dick gehet der Länge nach am Rücken durch den ganzen Leib hindurch; vermuthlich zu einer eisernen Stange, vermittelst welcher dieses Götzenbild auf einem Fußgestelle, mit einer darüber angebrachten Schraube oder Niete befestiget gewesen ist.

6) Der alte berühmte Radegast. Man hat im Mecklenburgischen, wie ich mehrmals gehöret habe, eine alte Sage und Ueberlieferung, daß dieses Abgottes goldenes Bildniß in Lebensgröße in der Tollense, oder in dem Malchinischen, oder ich weiß nicht, welchem See, versenket liege; (jenachdem man der

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Stadt Rhetra an einem von diesen Seen ihren Standort angewiesen hat, der doch nunmehro sehr wahrscheinlich nach obgedachtem Dorfe Prillwitz hinverleget Werden muß;) daher einem Fischer vielleicht das Glück aufbehalten sei, das Bild mit seinem Netze einmal heraus zu ziehen, und dadurch reich zu werden. Vielleicht ist dieses das Bild; jedoch mit starker Einschränkung des Ausdruckes: Lebensgröße und golden; denn es halt nur, wie vorher bereits gedacht worden, den Strich vom Mittelgolde, * ) und ist nicht viel über eine Spanne lang, aber doch ziemlich derbe (massiv) ausgearbeitet. so daß es gegen drei Pfund wieget. Seine Gestalt kommt mit der vom Arnkiel, Arnold und Francken gelieferten Abbildung ziemlich überein; ausser daß theils sein Gesicht ein gleichsam aus einem grossen platten Menschenantlitze hervorsteigender - ich weiß nicht, soll ich sagen Ochsen= oder Löwen= oder Hundskopf, mit kurzen abgestumpften tütenförmigen Ohren und etwas gekrümmten Haaren bedecket ist; theils der Vogel auf dem Kopfe zwar in Absicht des Anschauenden linkshin gekehret, und nach des Bildes Schulter gerichtet ist; aber weder aufgehobene Flügel, noch deutliche fortschreitende Füsse hat; sondern jene liegen platt an dem Leibe, und diese sind gar nicht zu sehen; daher ich mir einigen Zwang anthun muß, ihn für einen Hahn anzusehen und ihn lieber für eine sitzende Gans oder Ente halten möchte. Die rechte Hand ist nach dem auf der Brust befindlichen Schilde, mit dem deutlichen erhabenen Büffelskopfe bezeichnet, hingekehret; der linke Arm aber nebst dem Spieße oder Hellebarde vermutlich verloren gegangen. Hinten auf dem Kopfe ist Radegast (nicht Riadegast, wie vorher,) und Rhetra, imgleichen auf den Schultern Belbog, d. i. guter Gott, in Runischen Buchstaben deutlich zu lesen, dergleichen auch noch viele auf den Falten des Kleides nach der Länge herunter zu sehen sind.

7) Ein Sonnenbild [bei Masch: Percunust], (man erlaube mir, als einem in den nordischen Alterthümern nicht recht geübter, nur immer diesen Ausdruck, den ich hier gebrauche, um mich kürzer auszudrücken, nicht aber etwas zuz entscheiden) in Lebensgröße, einer Spanne lang, mit einem alten bärtigen Mannskopfe, an welchem hinten der beim Radegast beschriebene zweifelhafte Kopf gleichfalls befindlich ist, mit starken herumstehenden Strahlen, und einem langen bis über die Knie reichenden Rocke. Auf dem Rücken stehen Runische Buchstaben, aus welchen man unter andern Nemusia zusammenlesen will. Unter dem Nabel gehet ein dreieckiges senkrecht stehendes metallenes Brett von der Dicke eines Guldens, wie ein umgekehrter Zeiger (gnomon) einer senkrechten Sonnenuhr hervor, das sich unten am Bauche im spitzigern Winkel endiget, auf welches die rechte Hand geleget ist.

8) Noch ein grösseres Sonnenbild [bei Masch: Podaga], gleichfalls mit sieben starken Strahlen um seinen Kopf, mit zweien Gesichtern, die wie am Jano bifronte stehen, etwas über eine Spanne lang und drittehalb Pfund schwer. Das eine Gesicht zeiget den beim Radegast angeführten mir zweideutigen Kopf, mit vielen Haaren über und über bedecket, davon der Knebelbart auf beiden Seiten sich mit den Spitzen neben den Augen vorbei bis oben nach den Ohren hinauf ziehet; das andere aber ist ein gräßliches Menschengesicht mit vielen Haaren bewachsen, woran sich die Spitzen des Knebelbartes herunterwärts senken; der Kinnbart aber endiget sich in eine starke Locke oder Flechte, die nach dem linken zum Kinne hinaufgebogenen Arme bis an den Ellenbogen seitwärts herunter reichet, in welche ein wildes Schwein zu beissen scheinet, das die Figur mit dem rechten Arme hält. Aus den Seitenschössen des bis über die Knie herunter reichenden Rockes gehen noch zu beiden Seiten zween starke Strahlen schräg niederwärts


*) Dieses versichern nicht allein der bisherige Besitzer, sondern auch andere, die den Strich verstehen.
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hervor, und auf der Seite des Kleides stehet mit Runischen Buchstaben Potlaga; imgleichen Rhetra. Diese drei Stücke Nr. 6, 7, 8 sind die größesten.

9) Ein Götzenbild, ohngefähr in der Gestalt eines verkappten Grönländers, 6 ) vier bis fünf Zoll hoch, voll Runischer Buchstaben, mit ausgestreckter linker Hand, die noch damals, als die Sachen gefunden worden sind, einen Pfeil senkrecht stehend gehalten hat, der aber nachher verloren ist. Die rechte Hand ist an den Leib geleget, und oben auf dem Kopfe sitzet eine kleine Kreatur, wie ein Affe, fast in der Positur, wie er in Bilderfibeln stehet.

10) Ein Drache, einer Spanne lang, mit etwas aufgethanem und schräg in die Höhe gekehrten Rachen voller Zähne, ohngefähr wie ein Crocodilsmaul sich zeichnet. Er hat einen nach Maßgebung seines Körpers nur sehr kleinen Flügel auf der rechten Seite; (doch bemerket man eben nicht, daß er auf der linken dergleichen gehabt, und verloren habe;) welcher an einem gleich daneben mitten aus dem Leibe emporsteigenden holen Cylinder, eines Fingers dick, und einen Zoll lang, voll Runischer Buchstaben angeleget ist. Seine zween kurzen dicken Füsse, welche auf einem unbildsamen Klumpen Metall ruhen, gleichen fast den Löwentatzen, und auswärts ist der linke mit einem kleinen hervorsteigenden Menschenköpchen, und der rechte mit einem großen platt gehaltenen Käfer mit ausgesperrten Füssen gezieret, wie dergleichen zuweilen unter den Egyptischen Hieroglyphen vorkömmt. Der Schwanz ist mit einem großen Kreise (gyratione) gedrehet und zusammengeschlungen, und dessen Spitze ist pfeilförmig. Aus dem Knoten des geschlungenen Schwanzes, oder da, wo dessen dünneres Ende vor dem dickeren vorbeigehet, steiget ein starkes Brustbild von der Grösse einer länglichen mittelmässigen Wallnuß, mit zweyen Gesichtern, schräg hinterwärts gebogen, empor, davon das eine links und das andere rechts hinsiehet. Am Leibe stehet auf der rechten Seite mit Runischen Buchstaben Zirnitra; und auf der linken: Zica.

11) Ein zum Sitzen gekrümmter Pan, oder Waldgott [bei Masch: der Satyr], eines guten Fingers lang, und Daumens dick, mit höckeriger Nase, zum Lachen aufgezerrtem Maule, hervorkeimenden Hörnern und spitzigen Ohren, doch ohne Schwanz, mit zween Runischen Buchstaben. Dieses Stück ist, in Vergleichung mit den vorigen, sehr sauber modelliret und gearbeitet, und bestehet aus zween mit weiserem Metalle der Länge nach zusammen gelötheten Hälften.

12) Ein Kopf, oder Brustbild, eines Fingers lang, und einen guten Zoll im Durchmesser dick, mit zweien Gesichtern, davon das eine ein ziemlich gut gearbeitetes Frauenzimmergesicht, auf welchem ein Hahn mit dickem Kamme, gleich einer Krone, den doch andere lieber für einen gekrönten Adler ansehen, mit etwas aufgehobenen Flügeln sitzet. Das andere aber ist der vorher erwähnte zweifelhafte Kopf wieder, mit abgestumpten Ohren.

Nun will ich noch die übrigen kleineren aus weislichem Metalle ganz dünn gearbeiteten Stücke ganz kürzlich anführen, durch deren hin und wieder abgeschmolzene Kanten, oder Ränder, und dünne Theile die oben geäusserte Muthmassung, daß sie eine Feuersbrunst ausgestanden haben, noch mehr bestätiget wird.

13) Eine halb bekleidete Frauensperson, eines Fingers lang und breit, von der Dicke eines Federkieles.

14) Ein Säbel, eines halben Fingers lang.

15) Eine Traube, von der Größe einer kleinen Haselnuß.

16) Ein kleines Opfergefäß, oder vielleicht nur ein Zierrath oder Theil eines Bildes, als ein Hunds= oder Löwenkopf gebildet. Andere sehen diesen


6) Dies soll die Sieba sein, welcher Name in vollkommen deutlichen Runen auf dem Rocke zu lesen ist; diese scheinen damals noch durch den bedeckenden Rost unkenntlich gewesen zu sein. - F. B.
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mir zweifelhaften Kopf für einen Büffelskopf an; allein die Hörner fehlen, und die Ohren sind nicht spitzig, sondern abgestumpft.

17) Ein Bildchen, fast wie Nr. 13, halb erhoben gearbeitet, und auf der hintern platten Seite stehen erhobene Runische Buchstaben.

18) Eine Hand mit ausgestrecktem Zeigefinger, 1 Zoll lang.

19) Ein fliegender Mercurius, einen Finger lang, sehr spillerig gearbeitet; wenigstens hat er grosse Flügel an den Füssen.

20) Ein Dudelsackspieler, eines Fingers lang, mit einem langen zwischen den Beinen herabhängenden Beutel, und einem Degen, oder Hirschfänger, an der linken Hüfte. Hinten auf der platten Seite stehen erhabene Runische Buchstaben, aus welchen Mifitzd herauszubringen zu sein scheinet.

21) Eine sich erhebende Figur, welche die rechte Hand mit einer hinter dem Kopfe herumgehenden ausgebreiteten Decke empor hält; der linke Arm aber fehlet gänzlich, wie denn auch der eine Fuß unter dem Knie, und der andere hart über dem Knöchel abgebrochen und verlohren ist.

23) Ein ausgestreckter linker Arm, eine ausgebreitete Decke haltend, der wahrscheinlich zur vorigen Figur gehöret, ob er gleich nicht daran passen will; vielleicht weil er abgeschmolzen, oder wenigstens der Bruch rund zugelöthet ist.

24) Ein Genius, mit deutlicher Schaam, (dergleichen man an den vorigen Stücken nicht bemerket) einen Palmenzweig in der Linken haltend, und die Rechte auf den Rücken legend, sehr gut gearbeitet und eines halben Fingers lang.

25) Ein dergleichen auf einer Pfeiffe spielend.

26) Ein weidender oder äsender Hirsch, drei Viertel Zoll hoch, halb erhoben gearbeitet, mit erhobenen Runischen Buchstaben auf der platten Seite.

27) Eine stehende Frauenfigur, von hinten anzusehen, eines Fingers lang und breit, ganz dünne gearbeitet, trägt einen Bogen und Köcher mit Pfeilen auf dem Rücken, und zeiget auf der vordern ganz platten Seite erhabene Runische Buchstaben.

28) Das Bild eines alten Mannes, einen Finger lang, hinten mit dem Kopfe des Pans oder eines Satyrs versehen, und oben auf dem Kopfe ist noch ein schräg liegendes Menschengesicht.

29) Ein ganz nackender sehr sauber gearbeiteter Genius, zween Zoll lang, auf dessen Kopfe sich zween Vögel paaren oder treten.

30) Ein dergleichen, als tanzend gebildet, hält in der Rechten eine Opferschaale, und die Linke ist gleichfalls ausgestreckt, und auch sehr gut gearbeitet.

31) Eine kleine Gruppe, auf welcher sich zwo neben einander stehende und fast als Läufer gekleidete Personen umfassen, mit einem Fußgestelle, zusammen einen Finger lang und gleichfalls sehr gut gearbeitet.

32) Eine Platte, eines Guldens groß, aber nicht völlig so dick, als ein abgerundetes Quadrat gestaltet, worauf zwo tanzende Personen halb erhoben gearbeitet sind, und deren platte Seite erhobene Runische Buchstaben enthält.

33) Eine dergleichen, die eine Enthauptung vorstellet, indem ein Mann in der rechten Hand ein Schwerdt empor hebet, und in der linken einen abgehauenen Menschenkopf hält, und zwischen seinen Füßen liegen der Rumpf und Körper; ist hinten ganz glatt, und ohne Buchstaben. Das Uebrige sind unbildsame Trümmer und Kleinigkeiten. Ich bin etc. .


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Zweites Sendschreiben an Sr. Hochw. Hrn. Doctor. Schütze in Hamburg, welches einen Beitrag zu der neulich im ersteren ertheilten vorläufigen Beschreibung der vor kurzem zu Neubrandenburg im Mecklenburgischen entdeckten Götzenbilder und Alterthümer des nördlichen Heydenthums enthält.

Nachdem der nunmehrige Besitzer demjenigen Schatzes von Alterthümern, von welchem ich Ihnen neulich eine vorläufige Nachricht ertheilet habe, aus verschiedenen ihm zu Ohren gekommenen Anzeigen in Erfahrung gebracht hatte, daß der Goldschmied in Neubrandenburg, der ihm solchen überlassen, die allergrösseste Puppe noch zurückhalte und vor ihm verberge; so ruhete er nicht eher, als bis er auch diese gesehen, und sie nebst dem dabei befindlichen Reste der gottesdienstlichen Alterthümer, zusammen zehen Stück, käuflich an sich gebracht, dadurch diese ganze noch übrige Sammlung, welche ehedem in zween metallenen (vermuthlich Opfer=) Kesseln eingepackt, zu Prillwitz gefunden und ausgegraben worden, unzertrennet dem Schmelztiegel entrissen hat, ausser einem oder zween kleinern Götzenbildern, welche bereits vor geraumer Zeit das für alle Kenner und Liebhaber der Alterthümer so sehr zu bedauernde Schicksal des Einschmelzens erfahren haben. Da ich nun diesen Rest gleichfalls gesehen und in Händen gehabt habe. so halte ich mich für verbunden, durch gegenwärtigen Anhang zu meiner vorigen Beschreibung, Ihnen gleichfalls Nachricht davon zu geben, und dadurch jene zu ergänzen. Und ob auch gleich der jetzige gelehrte Herr Besitzer dieses Schatzes eine vorläufige Beschreibung davon zur Bekanntmachung entworfen, so glaube ich doch, durch diese meine geringe hierunter genommene Bemühung, bei Ihnen sowol, als bei andern, einigen Dank zu verdienen; zumal da es doch meistens einigen Nutzen hat, wenn mehrere Personen eine und dieselbe Sache nach einer genauen Besichtigung, auch allenfalls ohne beigefügte Abbildung, deutlich und umständlich beschreiben; weil doch gemeiniglich der eine mehr davon, als der andere, zu bemerken pfleget.

Was ich Ihnen also hier beschreiben will, sind vier Opfermesser, zwo Opferschalen, und vier Götzenbilder; welche gesammte zehen Stücke, ausser den beiden letztern, mancherlei, und wol mehrere Beschädigungen, als die in meinem vorigen Briefe beschriebenen, von einem ausgestandenem Brand erlitten haben.

Die Opfermesser sind sämmtlich von etwas weißlichem Metalle, und von verschiedener Länge, drei bis sechs Zolle lang, und drei davon sind etwas gekrümmet, oder genauer zu reden, sie erscheinen zwischen dem kurzen Handgriffe und dem zweischneidigen Messer selbst, zu einem stumpfen Winkel eingeknickt, und sind ganz dichte (massiv) ohne einige Höhlung. Die Handgriffe sind länglich rund, oder walzenförmig, eines Fingers dick, und die Lämmeln, Laminae, lanzenförmig, oder wie eine große Lichtflamme gestaltet, an den beiden grössesten beinahe einen Zoll breit, und laufen am Ende ganz spitzig zu, haben noch ziemlich scharfe und dünne Schneiden, die von der Dicke eines kleinen Fingers (welche auf beiden Flächen einen gleichfalls etwas scharf sich erhebenden Strich der ganzen Länge nach ausmachet,) etwas hohl und bogenförmig ausgeschweifet sind. Ihre ganze Oberfläche aber ist löcherig und als zerfressen, ohngefähr so, wie das Kupfer auf dem hohen Ofen aussiehet, aus welchem das darin enthaltene Silber ausgeseigert ist. Doch lieset man auf einem der grössesten noch den Namen: Sieba, ganz deutlich, mit eingestochenen Runischen Buchstaben.

Die beiden Opferschalen sind, die eine Oval= und die andere Zirkelrund, von der Grösse eines harten Thalers, beide einen Zoll tief, und mit den waagrecht stehenden bogenförmigen Handhaben gegen sechs Zoll lang, deren jene an jedem Ende eine hat; diese aber hat drei dergleichen gehabt, davon eine grössere an dem einen, die andern beiden kleinern aber an dem andern Ende nahe bei

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einander gesessen haben; doch ist von letztern nur noch eine vorhanden, die andern aber abgeschmolzen. Ueberhaupt aber sind diese Handhaben nur ganz grob und mit schräg überlaufenen Strichen obenher gearbeitet. In der runden Schale erscheinet auf dem Boden die in meinem vorigen Schreiben schon vorgekommene Affenfigur, nebst dem dabei stehenden Worte Sieba mit Runischen Buchstaben; in der ovalen aber ein ziemlich gut erhoben gearbeiteter Menschenkopf mit einem Helm und starken Barte, von welchem sieben bis acht Strahlen, oder vielmehr gleich dick erhabene Striche oder Stäbchen gerade bis zum Rande des Bodens auslaufen; doch ist der eine davon unter dem Kinne, wegen eines ausgeschmolzenen Loches nicht mehr zu sehen.

Nun komme ich zu den vier Götzenbildern, welche nicht minder beträchtlich sind, als die in meinem vorigen Briefe beschriebenen, und, weil die beiden erstern hohl gearbeitet und gegossen sind, hin und wieder eingeschmolzene Löcher, sämmtlich aber an ihren dünnen Theilen und Rändern starke Beschädigungen an sich zeigen.

Das erste stellet eine bis über die Knie bekleidete Menschenfigur vor, einer mäßigen Spanne oder sechs Zoll lang; hat vorn ein Mopsgesicht, und über demselben in der Mitte eine vorwärts fast spitzig hervortretende Beule, fast wie ein kurzes Horn eines Rhinoceros gestaltet, und an der rechten Seite des Kopfes befindet sich eine niederwärts auslaufende Verzierung, fast wie ein kurzes und breites niederhangendes Ziegenhorn, dergleichen auf der linken Seite abgeschmolzen zu sein scheinet. Die starker Barthaare endigen sich mit zween dünnen und schlangenförmig bis auf den Gürtel herabhangenden, auch ganz grob nur mit einem Striche gearbeiteten Flechten. Hinten am Kopf aber erscheinen zwei kleinere neben einander stehende halbe und erhobene Menschengesichter, von welchen das eine zur Rechten noch ziemlich deutlich, das andere aber sehr beschädiget und undeutlich gemacht ist. Die darunter befindlichen Haare laufen in eine ebenmäßige Flechte zusammen. Welche schlangenförmig auf dem Rücken bis gegen den Gürtel herunter reichet, und von da gekrümmet etwas hinaufgeboben sich in eine pfeilförmige Spitze endiget. Beide Arme sind ausgestreckt und vom Leibe abgehalten, und zwar der rechte niederhangend, der linke aber etwas emporgehoben. An diesem Bilde erscheinet mit Runischen Buchstaben der Name: Voda; und darunter Rhetra.

Das andere ist vermuthlich ein Jagdgott, siebentehalb Zoll hoch und vor andern gar sehr beschädiget. Er hat ein Mopsgesicht, mit vielen Haaren umgeben, um welches in einer bogenförmigen Linie kleine spitzige gerade hervorstehende Stacheln, etwa einen Viertel Zoll lang, vorwärts gekehrt herumstehen, von denen auf der linken Seite noch vier, auf der rechten aber nur einer, übrig sind, so daß wenigstens vier weggeschmolzen zu sein scheinen. Die in Vergleichung mit dem Körper sehr groß gearbeitete rechte Hand, welche nur noch allein übrig ist, lieget vorn an dem Bauche, doch nicht vest nieder, und weil sie etwas gekrümmet ist, scheinet sie einen fast kugelförmigen Körper zu halten. Unten aus dem linken Schoosse des Kleides, welches bis über die Knie herunter hänget, raget wagrecht ein dickes aufwärts gekrümmtes Horn hervor, welches vermuthlich die eine Hälfte der Mondfigur ist, womit Diana auf dem Kopf abgebildet zu werden pfleget; die andere aber zur Rechten ist weggeschmolzen; wie denn auch wirklich oben an der linken Seite des Kopfes ein ebenmäßiges aufwärts gekrümmetes, doch kleineres Horn hervorraget, welches man für ein Eselsohr halten könnte, dafern die Krümme nicht dawider wäre; auf der linken Seite aber fehlet dergleichen ebenfalls. Diese beide hornförmige Zacken, wie auch die runden seulenmäßigen Füsse sind reihenweise der Länge nach mit kleinen spitzigen Puckelchen besetzt, welche ihnen eine gurkenähnliche Oberfläche geben. Oben auf dem Rücken und zwischen den Schultern erscheinet ein ovales Jagdbild, ziemlich gut gearbeitet, welches einen Hirsch vorstellet, der von Hunden angefallen und gehalten wird. Unten auf den Schössen des

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Rockes stehet ein ebenmäßiges Jagdstück, worauf ein wildes Schwein, das von Hunden angefallen wird, abgebildet ist. Von welchen letzteren der eine, der die Bestie an das eine Ohr fasset, obenher in der Luft und mit den Füssen hinaufwärts gekehret erscheinet. Hinter dem sich umsehenden wilden Schwein aber stehet eine Menschenfigur, die ihm einen Sauspieß entgegenhält, als bereit, ihm einen Fang damit zu geben, oder es aufladen zu lassen. Zwischen diesen beiden Jagdstücken endlich stehet auf dem Rücken der Name Ipabog mit eingegrabenen Buchstaben deutlich zu lese.

Das dritte Bild ist vor andern gut und unbeschädigt erhalten, und sechs Zoll lang. Es stellet dasselbe einen ziemlich wohlgearbeiteten liegenden Mopshund, gegen drei Zoll lang, und zween hoch, mit aufgerichtetem Kopfe, breitem Maul, und einem Halsbande, vor, auf einem oben breiten und unten etwas schmaler zusammenlaufenden, platten, und mit scharfen Kanten oder Schneiden versehenen Fußgestelle, 4 Zoll hoch. Welches man für einen Fischschwanz ansehen kann. Oben ist solches beinahe drei Zoll breit und einen Zoll dick; unterwärts ziehets sich allmählig zu einer Breite von drei Viertel Zoll zusammen, wird auch hier merkwürdig dünner; ganz unten aber wirds wieder etwas breiter und dicker. so daß dessen Grundfläche, die aber doch nicht glatt, sondern umgeben und abgeschmolzen erscheinet, eine längliche Rauten= oder Weckenfigur, einen Zoll lang, und einen halben breit, bildet. Auf beiden Seitenflächen ist es mit drei bis vier Reihen scharfer und spitziger kleinen Puckelchen der Länge nach herunter besetzt, die ihm eine gurkenförmige Gestalt geben, oder es einer Reibe ähnlich machen.

Das vierte und beträchtlichste Bild endlich [bei Masch: Schuaixtix] ist ein durchgehends dichtes oder massives Kniestück, sieben Zoll hoch, über drei Zoll breit, und zween Zoll im Leibe dick, daher es auch sieben und ein Viertel Pfund wieget. Es ist selbiges eine ziemlich gut gearbeitete geharnischte Mannsgestalt mit einem nach Verhältniß etwas zu klein gehaltenen Kopfe, der ein vorwärts gekehrtes Hundsgesicht mit spitziger Schnauze zeiget. Die Gewandung oder das Paludament hänget hart unter dem Kopf über die Brust und rechte Schulter nach dem Rücken hinüber geschlagen herum, und der Harnisch ist mit einigen Zierrathen, sonderlich vor dem Bauch unter dem Gürtel, gearbeitet. Der rechte Arm ist seitwärts niedergesenkt, und unten etwas vom Leibe abgebogen; der linke aber in die Seite gesetzet; doch so, daß der Raum zwischen beiden Armen und dem Leibe mit einer dünnen Wand von Metall ausgefüllet ist, welches von der damals noch schlechten Kunst zu modelliren zeuget. In der rechten Hand hält dieses Bild einen starken aufgerichteten Stab, eines Fingers lang, der sich oben mit einer gestreiften und etwas abgeschmolzenen Spitze endiget und für eine brennende Fackel angesehen werden könnte; daferne man nicht lieber einen beschädigten und unkenntlich gewordenen Scepter daraus machen wolte; ein Schwerdt aber ists gewiß nicht; denn dessen Gefäß erscheinet auf der linken Hüfte, als ganz gerade herunterhangend. Weiter aber reichet auch diese Figur nicht, als bis auf die Mitte der Lenden, wo sich das aufgeschlitzte und als mit verschiedenen ledernen Riemen herabhängende Panzerhemd in einem abgestumpften Klumpen dergestalt endiget, daß theils deutlich daran wahrzunehmen ist, es sei nicht länger gewesen, und die Füsse seyn keinesweges etwa durch einen Zufall abgeschmolzen; theils aber, daß das aufgerichtete Bild auf dieser Grundfläche nicht gerade stehet. sondern auf die rechte Seite etwas überhänget. Auf dem Rücken erscheinen Runische Buchstaben, aus welchen man theils: Schuaym oder, wie andere wollen: Schugatz; theils Rhetra zusammenlesen kann. Die ganze Oberfläche ist übrigens ziemlich glatt und sehr wohl erhalten, und die Zusammensetzung des Metalle hält durchgehends den Strich mit sechslöthigem Silber; ausser einem kleinen Puckelchen, das sich oben auf dem Kopfe, nach der rechten Seite zu, befindet, und den Strich des reinen Geldes zeiget, auch daher vermuthen lässet, daß vielleicht eine goldene Krone, oder ein anderer Kopfputz, hier ehedem aufgelöthet gesessen habe.

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Darf ich hier noch eine Vermuthung von der verschiedenen Zusammensetzung des Metalles wagen, woraus die sämtlichen Sachen und Alterthümer bestehen, so rühret solche vielleicht daher, weil man vermuthlich zu verschiedenen Zeiten jedes Stück von demjenigen gegossen hat. Was mehrere Personen dazu an Hausrathe, Kleinodien und Schmuck, den sie bisher gebrauchet hatten, zum Einschmelzen zusammengebracht und hergegeben haben.

Dieses ists, was ich aus flüchtiger, doch aufmerksamer Besichtigung dieser übrigen neu hinzugekommenen Stücke Ihnen melden kann; und ich könnte hier schließen, wofern ich nicht noch ein paar Worte von der kurzen und allgemeinen Anzeige dieser gesammten Entdeckung hinzufügen hätte, welche in das 26ste Stück des Corresp. d. J. eingerücket worden; um aller besorglichen Mißdeutung derselben zuvor zu kommen.

Ueberhaupt und im Ganzen betrachtet, hat es mit derselben seine völlige Richtigkeit, und dasjenige, was einige darin, zumal bei Vergleichung mit meiner umständlichen Nachricht, als unrichtig bemerken möchten, wird durch folgende wenige Einschränkungen und Zusätze sich leichtlich berichtigen, und in völlige Uebereinstimmung setzen lassen: 1) Zuvörderst ist zu merken, daß solche eher entworfen worden in, als die jetzt von mir beschriebene zehn Stücke zu den damals bekannten 37 hinzugekommen sind. 2) Die eingeschlichenen Schreibfehler, da Rhunisch zweymal, und erugo einmal vorkömmt, sind nicht auf des Concipienten, sondern desjenigen Rechnung zu setzen, dem jener den ganzen Aufsatz, aus Bewußtsein seiner eigenen unleserlichen Hand, in die Feder dictiret hat; und was 3) von einem kupfernen Grapen dort gemeldet worden ist, das hat nachher bei genauerer Erkundigung seine nähere Bestimmung dahin erhalten, daß sämmtliche Stücke in zween gegossenen metallenen Kesseln eingepackt gefunden worden sind, und zwar 4) bei Prillwitz, welcher Name durch einen Zufall wider die Absicht des mir bekannten Concipienten ausgelassen worden ist; da dessen Beifügung zu der gleich anfänglich gedachten nähern Bestimmung der eigentlichen Lage der ehemals so berühmten grossen Stadt Rhetra, oder wenigstens des darin befindlichen Pantheons, nöthig war. 5) Daß diese sämmtliche dort gefundene Sachen damals sofort dem dortigen Geistlichen zugestellt worden sind, erhält, auf eingezogene genauere Erkundigung, seine nähere Zeitbestimmung dahin, daß solches weit länger, als vor 70 Jahren, geschehen sein müsse; da derselbe bereits 1689 gestorben ist. 6) Was von dreyßig Götzen und den dazu gehörigen Opferschalen daselbst gemeldet wird, ist einschließungsweise, und von diesen sämmtlichen Stücken des Alterthums zu verstehen, welche Anzahl doch nunmehr durch die eben von mir beschriebene andere und letzte Entdeckung bis auf 47 Stücke vermehret worden, worunter freilich nur kaum der dritte Theil eigentliche Götzenbilder vorstellet. Wenn auch 7) Radegast für das grösseste ausgegeben wird, so rühret solches aus Mangel der Vergleichung der gesammten Bilder her, die der Concipient damals noch nicht alle gesehen hatte; denn der Augenschein zeiget, daß der Podaga sowol damals schon, als auch nunmehro, der Jagdgott Ipabog, und der siebenpfündige Schugatz, an Grösse den Radegast merklich übertreffen, und dessen angegebene ziemliche Höhe, ist vergleichungsweise mit den meisten andern kleinern Stücken zu verstehen, und auf 6 Zoll einzuschränken. 8) Die angefühte Nemesis ist etwas zu bestimmt und entscheidend ausgedrückt, und rühret lediglich von den damals erst herausgebrachten Anfangsbuchstaben des Namens Nem. her; welcher sich hernach bei genauerer Untersuchung zu Nimusai entziefern lassen. 9) Was von dem an allen Stücken befindlichen edlen Roste (aerugine nobili) gemeldet wird, solches findet bereits im Anfange meiner ersten Nachricht seine nöthige Einschränkung und Bestimmung; und wenn 10) allen Stücken ein Strich, beinahe dem Kronengolde ähnlich, auf eine etwas allzumilde Weise, beigeleget wird, so sind davon theils die in meiner ersten Nachricht beschriebenen kleinern Stücke auszunehmen, und der Ausdruck: Kronengold, auf Mittelgold einzu=

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schränken. Ueberhaupt aber bemerke ich hier nur noch, daß bei weitem noch nicht alle einzelnen Stücke auf dem Probiersteine gestrichen und mit einander verglichen sind, und daß insbesondere die Angabe des Mittelgoldes und sechslöthigen Silbers nicht etwa bloß auf die Aussage des Verkäufers beruhe. 11) Das angegebene Gewicht der gesammten Alterthumsstücke zu 15 Pfund wird nunmehr wenigstens auf 25 Pfund gesetzet werden müssen. Und wenn endlich 12) beim Schlusse behauptet wird, daß diese Stücke die einzigen Monumente dieser Art seyn, so werden solches billige Leser von selbst von den bisher dem Concipienten bekannt gewordenen Originalstücken von Götzenbildern des nördlichen heydnischen Alterthums verstehen, da man sich übrigens freilich wohl wird zu bescheiden wissen, theils, daß damit den hier und da in den Alterthumssammlungen befindlichen Stücken von Waffen, Hausrathe und gottesdienstlichen Geräthschaften, ja auch Götzenbildern der alten Deutschen ihre erweisliche Aechtheit und Authenticität gar nicht abgesprochen sei, theils, daß der ächte Püsterich zu Sondershausen aufbehalten werde. Ueberhaupt aber scheinen mir diese Stücke, welche von allem Verdacht einer vorsetzlichen Betrügerey entfernet sind, und ihren vornehmsten Werth durch ein hinzugefügtes Notariatsinstrument über die Wahrheit ihrer Auffindung und bisherigen Gefangenschaft und Verbergung erhalten müssen. Weit mehreres Ansehen und grössere Wichtigkeit in Bestimmung der wahren Gestalt des Radegast's, Zernebocks, Podaga etc. . zu haben, als alle bisher bekannt gewordene Beschreibungen und Abbildungen dieser Götzen, welche sonder Zweifel nur aus mündlicher Ueberlieferung und Hörensagen, nicht aber aus dem Augenschein, entworfen und verfertiget worden. Ich bin etc. .

G. B. Genzmer.     

Stargard, im Mecklenburgischen den 7. März 1768.


3. Dritter Bericht.

Aus den Erneuerten Berichten von Gelehrten Sachen,

Rostock, 1768, den 25. Februar, 8. Stück.

Es ist zwar freylich der Geschmack an der Forschung der Alterthümer zu unsern Zeiten noch lange nicht so algemein, daß man hoffen könnte, eine dahin gehörige Nachricht werde den Beyfall aller Leser erhalten. Es giebet, zur Schande unserer sonst aufgeklärten Tage, noch immer Gelehrte, (denn so wollen sie wenigstens heissen, mit welchem Rechte, das mögen sie selbst wissen,) die die Bemühungen der Geschichts= und Alterthums=Forscher mit der Brodwage abwägen; und, da sie alsdann natürlicher Weise zu leicht befunden werden, sehr schnell das Urtheil der Verdammniß über sie aussprechen. Doch, diese Leute sind schon dafür bestraft genug, daß sie sich selbst eines Vergnügens berauben, welches alle diejenigen, die es kennen, für eines der grössesten in dem weiten Reiche der Wissenschaften halten. Wir wollen uns nicht die Mühe nehmen, sie zu bekehren; sie mögen immerhin in ihrem Maulwurffs=Stande bleiben; sie sollen nicht an das Licht kommen, dessen Schönheit sie doch nicht zu erkennen vermögend sind. Es giebet aber doch auch noch mehrere Gelehrte, wenn gleich ihre Anzahl gegen die andern sehr geringe ist, welche den ächten innerlichen Werth der Geschichte und Alterthümer besonders der vaterländischen zu schätzen wissen und diejenigen verehren, welche weder Mühe noch Kosten scheuen, diesen

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Wissenschaften ein neues Licht anzuzünden. Unter unsern Lesern werden sich gewiß auch einige dergleichen finden. Und diesen sei die folgende Nachricht gewidmet:

Im vorigen Jahrhunderte, wieweit man das eigentliche Jahr, bey dem inzwischen erfolgten Absterben derer, die dabey intereßirten, nicht genau angeben kann, wurden zu Prilwitz, einem Guthe des Herrn von Bredow am Süder Ende des Tollenser Sees eine beträchtliche Anzahl solcher Alterthümer ausgegraben, die alle Kennzeichen der ächten wendischen an sich haben. Einer Tradition nach, die sehr unschuldig und aufrichtig scheinet, wurden sie von dem damaligen Besitzer dieses Guthes, vermuthlich einem Hn. von Blankenburg, seinem Prediger Sponholtz zu Prilwitz geschenket. Von diesem wurden sie auf eine in der Stadt Neubrandenburg wohnende Goldschmidts=Familie gleiches Nahmens vererbet. Diese wuste keinen weitern Gebrauch davon zu machen, als sie zum Andenken eines alten Vetters aufzuheben. Niemand sonst hat davon etwas gewust, weil die Besitzer es nicht der Mühe werth geachtet, davon zu erzählen. Nur ganz kürzlich kam der in der Forschung der Alterthümer, so wie der Naturlehre unermüdete dortige Arzt, Herr Dr. Hempel, ganz von ohngefähr auf die Spuhr und kaufte die ganze Sammlung, welche etwa aus 45 Stücken bestehet, an sich. Weil die Besitzer verschlagen genug waren, ihm seine ädle Neugierde anzumerken; so muste er sie theuer genug bezahlen. Genug, sie sind nunmehr in den Händen eines Mannes, der sie zu schätzen weiß. Der Herr Land=Syndicus Pistorius, ein Mann, dessen Känntniß von dergleichen Sachen unsers Lobes nicht bedarf, ist in Untersuchung dieser Seltenheiten ein Gehülfe des Herrn Dr. Hempel geworden. Beyde würdige Gelehrte haben sich vereint bemühet, die Figuren selbst zu erklähren, die Runischen Inschriften derselben zu entziffern und die Wendischen Worte zu erklären. * ) Eine vorläufige, an einen unserer Mitglieder übersandte Beschreibung erreget das Verlangen nach der Erfüllung des Versprechens, das Resultat der Untersuchungen dem Publicum mitzutheilen. Die gefundenen Alterthümer selbst sind von allerhand Arten von Metall, von verschiedener Grösse und Schweere. Es ist darunter eine von rothen Metall gegossene Statue des Radegast, 6 1/2 Zoll rheinländischer Maaße hoch und 1 Pf. 12 Loth schwehr; eine Statue des Zernebog von vermischten Metall, 5 Zoll hoch, 1 Pf. 11 Loth schwehr; das Wapen der Wenden von vermischten Metall, 1 Pf. 13 Loth schwehr; die Statue des Podaga von vermischten Metall, 6 1/4 Zoll hoch, 2 1/2 Pf. schwehr; die Statue der Sieba, 5 Zoll hoch, 20 1/4 Loth schwehr und viele andere dergleichen, deren Beschreibung für diese Stelle zu weitläuftig seyn würde. Es ist fast keine Figur, die nicht mit Runischen Aufschriften versehen wäre. Sie dienen alle vortreflich dazu, den Helmold, den Adam von Bremen, den Bischof Dithmar von Merseburg und andere alte Geschichtschreiber in sehr vielen Stellen zu erläutern; insonderheit aber das Problem von der Lage der Stadt Rhetra mit einer Wahrscheinlichkeit, die der Gewißheit sehr nahe kommen muß, solchergestalt aufzulösen, daß es auf der südlichen Spitze des Tollenser Sees müsse gelegen haben.

Dies ist nur eine entfernte Anzeige, und ein mehreres wollte der Raum nicht verstatten. Unser Endzweck ist erfüllet, wenn wir nur einen oder andern Kenner nach der vollständigen Abhandlung, die wir von dem Herrn Pistorius über diese Alterthümer zu erwarten haben, begierig gemacht. Mögte sich doch ein Verleger finden, der großmüthig genug wäre, die Kosten zu denen dabey nöthigen Kupferstichen und dem Druck der Runischen Buchstaben, ohngeachtet der wenigen Liebhaber zu dergleichen Sachen, zu übernehmen.



*) weswegen auch Herr Pisiorius bereits einen Briefwechsel mit dem Herrn M. Körner in Bockow, dessen Abhandlung von der Wendischen Sprache im 37. St. dieser Berichte vom vor. J. angezeiget worden, angefangen.
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4. Vierter Bericht.

Aus den gemeinnützigen Aufsätzen

aus den Wissenschaften für alle Stände, zu den Rostockschen Nachrichten,
1769, Achtes bis Zwölftes Stück, 22. Febr. bis 22. März.

Kurze Beschreibung verschiedener Wendischer Alterthümer, welche im Mecklenburgischen seit geraumer Zeit aus der Erde gegraben und etwa vor einem Jahre bekant geworden.

Die Geschichte der in dem folgenden Aufsatze beschriebenen Seltenheiten, ist zwar in dem achten Stücke der hiesigen erneuerten Berichte von gelehrten Sachen vom v. J. bekant gemacht. Da ich aber solche nicht in den Händen aller gegenwärtigen Leser vermuthen kan; so will ich, statt einer Einleitung, dasjenige, was ich dort erzählet habe, alhier kürzlich wiederholen: Im vorigen Jahrhunderte, wiewohl man das eigentliche Jahr, bey dem inzwischen erfolgten Absterben derer, die dabei intereßirten, nicht genau angeben kann, wurde zu Prilwitz, einem Guthe des Herrn von Bredow am Süder=Ende des Tollenser Sees eine beträchtliche Anzahl solcher Alterthümer ausgegraben, bey denen sich alle Kennzeichen der ächten wendischen finden. Einer Tradition nach, die sehr unschuldig und ausrichtig scheinet, wurden sie von dem damaligen Besitzer des Guthes, vermuthlich einem Herrn von Blankenburg, seinem Prediger, zu Prilwitz, Nahmens Sponholtz, geschenket. Von diesem wurden sie auf eine in der Stadt Neubrandenburg wohnende Goldschmidts=Familie gleiches Namens vererbet. Diese wuste keinen weitern Gebrauch davon zu machen, als, sie zum Andenken eines alten Vetters aufzuheben. Niemand sonst hat davon etwas gewust, weil die Besitzer es nicht der Mühe werth geachtet, davon zu erzählen. Nur vor etwa einem Jahre kam der in der Forschung der Alterthümer, so wie der Naturlehre unermüdete dortige Arzt, Herr Dr. Hempel, ganz von ohngefähr auf die Spuhr und kaufte die ganze Sammlung an sich. Weil die Besitzer verschlagen genug waren, ihm seine ädle Neugierde abzumerken; so muste er sie zwar sehr theuer bezahlen. Aber dafür sind sie auch nunmehro in den Händen eines Mannes, der sie zu schätzen weiß. Ein anderer dortiger Liebhaber der Mecklenburgischen Altertümer, ist in Untersuchung dieser Seltenheiten ein Gehülfe des Hrn. Dr. Hempel geworden. Beyde Gelehrte haben sich vereint bemühet, die Figuren selbst zu erklähren, die Runischen Inschriften derselben (denn es ist fast keine Figur, die nicht mit Runischen Aufschriften versehen wäre,) zu entziffern und die Wendischen Worte zu erklähren. Was aber bisher davon bekannt geworden, bestehet in einer vorläufigen kurzen Beschreibung und dem Versprechen eine vollständige Abhandlung über diese Alterthümer herauszugeben, wenn sich ein Verleger finden sollte, der großmüthig genug wäre, die Kosten zu denen dabey nöthigen Kupferstichen und dem Druck der Runischen Buchstaben zu übernehmen. Da aber hiezu noch kein Anschein ist; so ist es vielleicht einem oder andern Freunde von dergleichen Sachen nicht unangenehm, diese kurze Beschreibung alhier abgedruckt zu lesen. Den Nutzen davon sehen Kenner schon ohne mein Erinnern ein. Die gegenwärtige Sammlung empfiehlet sich besonders, wie der Augenschein zeiget, dadurch, daß alle darin anzutreffende Stücke vortrefflich dazu dienen, den Helmold, den Adam von Bremen, den Bischof von Merseburg und andere alte Geschichtschreiber in verschiedenen Stücken zu erläutern, insonderheit aber das Problem von der Lage der Stadt Rhetre mit einer Wahrscheinlichkeit, die der Gewißheit sehr nahe kömt, solchergestalt aufzulösen, daß sie auf der südlichen Spitze des Tollenser Sees müße

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gelegen haben. Die nicht Kenner sind, mögen meinethalben immerhin diese Dinge für Spielwerke der Gelehrten halten; nur müssen sie ihnen diese Spielwerke um so vielmehr gönnen da sie doch wenigstens unschuldig sind. Gönnen diese doch ihnen die ihrigen, die doch sehr oft gefährlich, oder wohl gar schädlich sind. Um einiger, wiewohl ich besorge, weniger Leser willen, muß ich doch anmerken, daß die Entzieferung der Runischen Buchstaben auf diesen Alterthümern nach den Alphabeten vorgenommen worden, welche sich in dem ersten Theile der Klüverschen Beschreibung des Herzgthums Mecklenburg, in dem vierten Theile der Monumentorum ineditorum des Herrn von Westphalen, in Keißlers Antiquitatibus septentrionalibus und in Dalins Schwedischer Geschichte erstem Theile, befinden.

Die bisher entdeckten Stücke sind diese:

1) Eine von rothem Metall gegossene, mit ädlem Rost überzogene Statue, welche 6 1/2 Zoll Rheinländischer Maaß hoch und 1 Pfund 12 Loth schwehr ist. Sie stellet den Leib eines Mannes vor, hat jedoch einen Kopf mit starkem herumhangenden Haaren, der einem Löwenkopfe am ähnlichsten komt und 1 3/4 Zoll breit ist. Auf dem Haupte sitzet ein Vogel mit geschlossenen Flügeln. Auf der Brust zeiget sich ein deutlicher Büffelskopf mit großen seitwärts gehenenden Hörnern, welcher mit der rechten Hand gehalten wird. Von dem linken Arm ist nur noch der oberste Theil daran befindlich, das Uebrige aber abgebrochen und verlohren gegangen. Auf den Vorderfalten des Gewandes, welches bis auf die Knie reichet und mit der altdeutschen Kleidung überein komt, wie auch auf dem untersten Saum desselben finden sich verschiedene Runische Buchstaben, von welchen man zur Zeit folgende Worte herausgebracht: und zwar auf der rechten Seite: ZERN auf der linken Seite: DLAIVENA. Die Füße sind bloß und stehen auf einem dünnen Postement. Hinten am Kopf sind folgende Buchstaben: RADEGAST auf den Schultern stehet: BELBOC unten auf der Breite des Gewandes: RHETRA. Die Statue ist übrigens hohl und durch das Postement gehet ein Loch, wodurch eine Stange zu stecken ist.

2) Ein proportionirter Löwe von vermischtem Metall 1 Pfund 11 Loth schwehr, welcher, wenn man ihn auf den Hintern setzt, 5 Zoll hoch ist, mit aufgesperretem Rachen und sehr deutlich bezeichneten großen Mähnen. Die beyden Vorderpfoten hält er in die Höhe an die Brust. Einen Schwanz hat er zwar jetzt nicht; an dem Orte aber, wo er sitzen sollte, ist ein Loch, woraus er vermutlich ausgebrochen und verlohren ist. Auf dem Kopfe desselben finden sich drey Runische Buchstaben, welche entweder: VMD oder: PMQ heißen. Auf der Mitte des Rückens nach dem Gesäß zu sind nachstehende Runische Buchstaben: ZERNEBORCG An der rechten Seite stehet: RHETRA an der linken Seite: VYA oder auch: PYA Ganz unten am Gesäß ist noch folgender einfache Buchstab befindlich: Y Der Löwe ist übrigens wie Num. 1. gleichfals hohl und so wohl am Hintertheile, als auch auf dem Kopfe befindet sich ein Loch, durch welches, der Erzählung nach, als er gefunden worden, eine Stange Eisen gegangen und auf dem Kopfe mit einer Schraube befestiget, aber vom Roste dermaßen zerfressen gewesen, daß sie gleich zerbrochen.

3) Ein fliegender Drache von vermischtem Metalle, 1 Pf. 13 Loth schwehr, mit aufgesperretem Rachen, in welchem sich, sowohl im obern, als untern Kinnbacken, sehr viele dicht an einander stehende Zähne zeigen. Der Schwanz ist in der Ründe geschlungen, dessen Spitze in die Höhe geht und sich mit gedoppelten Wiederhacken in der Forme, wie ein Runisches Rune endiget. Nächst an dem Kopfe hat er zweene Füße mit starken Klauen. In der Mitte desselben zeigen sich auf dem Rücken an beiden Seiten Brustbilder. Das, was auf der rechten ist, stellet eine Mannsperson vor mit starken Haaren und es scheinet, als wenn er eine Kette um den Hals hängen hätte, welche bis auf die Brust reichet. Das Brustbild auf der linken Seite zeiget einen zierlichen Frauenkopf

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mit gekräußten Haaren und das Gewand ist von der Beschaffenheit, wie man das Römische Frauenzimmer mit der Stola findet. Gleich hinter dem Kopfe im Genicke ist eine erhabene Röhre, die jedoch jetzund etwas ausgebrochen und von dem Anscheine ist, als wenn dies Stück ein starkes Feuer augestanden. Der rechte Flügel des Drachens ist annoch an der Röhre befindlich, der linke aber verlohren gegangen. Zwischen den Füßen gehet diese Röhe herunter und auf derselben erblicket man unter der rechten Pfote einen Käfer, der auf dem Rücken lieget und zwar solchergestalt, daß er den Kopf herunter, den Unterleib aber in die Höhe hat. Unter der linken Klaue zeiget sich wiederum ein kleines Brustbild mit einem männlichen Gesichte und, was er auf dem Kopfe hat, siehet dem Pelzgebräme von einer Mütze ähnlich. Die Röhre ist unten und oben offen und zu einer viereckten Stange aptiret. Auf dem Leibe des Drachen an der rechten Seite sind folgende Runische Buchstaben befindlich: ZIRNITRA Unter seinem Halse sind zwar gleichfals Runische Buchstaben, aber ihrer Undeutlichkeit halber hat man sie nicht zusammen bringen können. Ueber dem linken Fuß ist noch ein Runisches: v zu sehen. Die Länge des Stücks in der gegenwärtigen Positur hält 6 Zoll, wenn aber der Schwanz gerade ausginge; so würde es 9 1/2 Zoll betragen. An der linken Seite findet sich noch eine ovale erhobene Rundung, welche auf der Krümmung des Schwanzes lieget, jedoch nicht die zierliche Glätte hat, als der übrige Leib.

4) Eine Statue von vermischtem Metall 29 Loth schwer und 5 Zoll hoch. Welche eine Mannsperson im langen, bis über die Füße herunter hangenden Rock mit vielen Falten vorstellet. Das Gesicht hat an der Oberlefze einen zu beyden Seiten herabhängenden Stutzbart, sonst aber einen starken, bis auf die Brust herunter reichenden großen Bart. Auf dem Kopfe hat er eine Sturmhaube. Vom Halse an schießen rund um den Kopf neun Strahlen ab und auf der Spitze der Sturmhaube scheinet der zehnte weggebrochen zu seyn. Alle diese Strahlen sind auf dieser Seite platt, auf der Rückseite aber wie eine dreyeckte Pyramide gestaltet. Vor der Brust raget ein gefülleter Triangel 3/4 Zoll hervor, über welchen oberwärts die rechte Hand geleget ist. Der linke Arm ist nicht zu sehen. Auf den Falten des Kleids lieset man folgende Runische Schriften. a) PERCVN oder: VERCUN. Es ist noch ein Buchstabe übrig, welcher vermutlich ein C seyn soll; er ist aber deswegen nicht deutlich zu erkennen, weil daselbst etwas ausgebrochen. b) DEVVDITE. c) NE MVSEI. d) VNDMANA. Ganz unten, seitwärts der rechten Seite, stehen drey Buchstaben, von denen der erste und der letzte ein N und V sind; der mittelste aber ganz unkäntlich geworden. Auf dem zweyten Strahl von unten an der linken Seite stehen sechs Runische Buchstaben. Die beyden ersten sind ein S und A; der dritte ist nicht herauszubringen: die drey lezten aber sind: IDT. Drehet man diese Statue um; so zeiget sich zwar wiederum ein Bild mit einem langen über die Fuße hängenden Gewand, aber mit einem richtigen Löwenkopf, über welchem ein zugespitzter Raum folgende Schriften enthält: VERCVNVST oder: PERCVNVST. Auf den Falten des Kleides stehet folgendes: ENORMAV. Auf eben den Falten des Kleides stehen noch verschiedene Züge von Runischen Buchstaben, welche eine ganze Reihe ausgemacht haben, die aber durch den Brand und das Alter Schaden gelitten also daß nur noch der Buchstab V zu erkennen ist.

5) Eine Statue von vermischtem Metall, 6 3/4 Zoll hoch und 2 1/2 Pfund schwehr, welche auf der Vorderseite einen Menschenleib vorstellet, aber einen Thierkopf hat, der so vielerley Züge enthält, daß man noch zur Zeit sein Geschlecht nicht bestimmen kann. Denn 1. gleichet die Stirne, Schnauze und Maul einem Büffelskopf und 2. über der Stirne zeiget sich etwas Gekräuseltes, wie das Haar der Stirne in der Gegend des Kopfs. 3. von dem Maul gehet auf jedweder Seite eine stark erhabene geritzte Linie über einen Zoll lang, nach dem Platze der Ohren, welche das Ansehen eines Schnurbartes haben. Ohren

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aber sind nicht daran zu sehen. 4. an der Unterlefze erscheinet ein Ziegenbart. An der rechten Seite des Kopfes befinden sich zweene starke gerillt pyramidel=Strahlen und an der linken Seite drey dergleichen. Oben auf dem Kopfe sind Brüche zu sehen, woselbst vermuthlich eben dergleichen befindlich gewesen. Oberwärts der Stirne stehen folgende Buchstaben: VIFGAZ oder: PIFDAZ. Der Leib ist mit einem doppelten Gewand bekleidet, erstlich mit einem kurzen Oberkleide bis auf die Knie, von welchem auf jeder Seite ein Strahl von obiger Art niederwärts abschließt und dann mit einem langen Rock, der über die Füße bis zum Postement reichet. Der rechte Arm träget ein liegendes Thier auf der Brust, dessen Kopf zwar unkäntlich geworden, der Leib aber einem Rehe gleichet. Der linke Arm ist gleichfals an die Brust geleget. Auf der linken Seite des obersten Gewandes stehet: RHETRA. Auf dem untersten Gewande erblicket man 1. vorne: VB oder: PB. An beyden Seiten dieser Buchstaben sind noch andere, die aber wegen des erlittenen Schadens nicht zu erkennen. 2. an der rechten Seite: PODAGA auf der ändern Seite dieser Statue zeiget sich ein Kopf 2 1/2 Zoll breit und eben so hoch, welcher einem Löwengesichte gleichet, so die Stirne in tiefen Runzeln zusammen gezogen, den Rachen offen hat und die Zähne weiset. Jedoch hänget an beyden Seiten des Maules ein starker Schnurbart, einen Zoll lang, zu den Seiten herunter. Rund um den Kopf gehet eine starke Einfassung, welche mit vertieften Linien solchergestalt gezeichnet ist, als wenn sich die empörten Haare des ergrimmten Löwen um den Kopf herum schöben. Unter demselben tritt eine starke neunmal gekerbte Linie hervor, welche 2 1/2 Zoll lang über den Rücken gekrümmet zur Linken bis an das Ende des Oberleibes gehet. Vielleicht soll es einen Schwanz anzeigen. Hieneben zeiget sich ein Schwein oder Hund im vollen Laufe. Die Strahlen um den Kopf sind auf dieser Seite platt und es zeigen sich auf zweenen derselben an der rechten Seite folgende Buchstaben: Auf dem untersten: SAL auf dem zweyten: GHL, so alle nicht recht deutlich zu sehen. Unter dem Kinn stehen diese Buchstaben: ZHVT. Auf dem Oberrock sind folgende Buchstaben befindlich: 1. zur Rechten des Schwanzes: Podaga, zur Linken desselben: BILL. An dem Unterkleid linker Hand sind noch nachstehende Buchstaben zu lesen: LVN. Von beyden Seiten des Postements läuft ein Strahl in die Höhe. Die Statue ist übrigens gleichfalls hohl und durch das Postement gehet ein vierecktes Loch, zeiget aoer alle Merkmale eines ausgestandenen starken Feuers und ist hin und wieder ausgesprungen.

6) Eine gelbmetallene mit dem ädlen Rost überzogene Stange, 3 Zoll hoch 4 1/2 Pf. schwehr, an welcher drey Köpfe sitzen. Einer ist vorzüglich groß und das gewöhnliche Gesicht eines Satyrs mit einem großen Barte. Hinter demselben sitzet ein anderer, welcher etwas kleiner und gleichfals mit einem starken Bart versehen ist, dabey aber eine sehr verdrießliche Miene hat. Oben zwischen beyden lieget der dritte, an den großen gelehnet, eben wohl mit einem starken Bart. Der erste hat bloß ein starkes krauses Kopfhaar und keine Bedeckung. Der zweyte hingegen hat eine sehr erhabene Sturmhaube auf und der dritte ist mit einer kleinen Sturmhaube bedeckt. Schriften sind hierauf nicht zu finden.

7) Eine Statue von obbenantem Metalle, jeoch ganz dünue verzinnet, 20 1/4 Loth schwehr und 5 Zoll hoch, welche ein Frauensbild vorstellet, in einem Gewand, welches nur bis auf die Knie reichet. Das Gesicht ist sehr wohl gebildet und siehet überaus freundlich aus. Zu dessen beyden Seiten sitzen Haarlocken bis an die Wangen. Der Kopfputz ist eine in die Höhe stehende gekrausete Haube. Um den Hals gehet ebenfals etwas dickes krauses in Gestalt der krausen Priesterkragen, welche sich hinten in die Höhe ziehet. Die rechte Hand ist an den den Leib geleget, der linke Arm aber seitwärts ausgestreckt und in der Hand zeiget sich ein Bruch, daß etwas daraus verlohren gegangen; jedoch hänget noch ein kleines unförmliches Stückgen Metall daran. Auf dem

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Kopfe sitzet ein deutlicher Affe, der sich nach der linken Seite gekehret hat, den rechten Arm auf dem Knie stützet mit der linken Hand aber etwas in den Mund stecket. Die Füße der Person sind vom Knie an unbedeckt und die Plattfüße nebst dem Postement abgebrochen. Auf der Vorderseite erkennet man folgende Buchstaben auf dem Gewande: SIEBA. Hinten stehet am Kopfe: IA. Am rechten Arm: SIEBA. Auf den Rücken leidet der daselbst durch das Alterthum geschehene Schade nicht mehr, als: VA zu erkennen und an den Lenden und Fußen auf der rechten Seite: ISTRIN auf der linken: RAZIVIA. Die Statue ist übrigens gleichfals hohl.

8) Ein Kopf von einem Frauenzimmer, weiß Metall, eine Art Zinck, 3 Zoll hoch, 1 3/4 Zoll breit, 22 1/2 Loth schwehr, welcher mit vorgemeldeter Gestalt der Sieba viele Aehnlichkeit hat und so wohl in Ansehung der Haarlocken an den Seiten, als auch der gekräuseten Haube und des Gekrauseten an dem Halse mit jenem überein komt. Auf dessen Scheitel aber finden sich mehrere gekräusete Haare und neben dem krausen Halskragen gehet eine Schnur Perlen von den Schultern auf die Brust herunter. Auf demselben hinter der krausen Haube sitzet ein Adler mit ausgebreiteten Flügeln, welcher eine Krone auf dem Kopfe hat. An dem hintern Theile desselben zeiget sich ein deutlicher Löwenkopf. Da aber sonsten dies Stück mit dem aerugine nobili stark überzogen, auch an einem Orte ausgebrochen ist; so bemerket man zwar annoch einige kleinere zerstreuete Erhöhungen, die man aber wohl nicht anders, als für ein starkes Brusthaar des Löwen beurtheilen kan. Uebrigens ist dieser Kopf gleichfals hohl und in dem Halse ist eine viereckte Oeffnung.

9) Eine metallene Weintraube 1 Zoll lang und 3/4 Loth schwehr, auf welcher der aerugo nobilis eben so, wie auf vorgemeldetem Kopfe, befindlich ist. Nach dem Verhältniß hat selbiger zu der Statue der Sieba gehören können, wovon obgemeldetes Ueberbleibsel annoch vorhanden ist.

10) Eine rechte Hand von gelben Metall, 1 1/2 Zoll lang, 2 1/4 Loth schwehr, woran der Zeigefinger ausgestreckt ist, die untern drey Finger aber einwärts gebogen sind. Sie ist zwar mit gleichem aerugine nobili, wie die beyden vorigen Figuren überzogen, aber zu groß, als daß sie zu selbigen gehören könne. In Montfancon Alterthümern Tab. CXIIII. sitzet an dem Feldzeichen Fig. 13. ohngefähr eine solche Hand, dergleichen diese im kleinen kann gewesen seyn. Und im übrigen sind auf Num. 8. 9. 10. keine Buchstaben zu entdecken.

11) Ein liegendes vierfüßiges Thier, 2 Zoll lang und 1 Zoll hoch, 13 Loth schwehr, von obgemeldetem Metall, ganz fein überzinnet, oder mit Blei übergossen, woran aber der Kopf, wie auch der hintere Theil und zwar dem Anscheine nach, durch Feuer, so stark beschädiget ist, daß man sein Geschlecht, so wenig nach dem Kopfe, als Schwanze mit Gewißheit bestimmen kann. Indessen scheinet der Körper dem Rindviehe am nächsten zu kommen und am Kopfe zeigen sich in der Gegend, wo sonst die Hörner sitzen, kleine Brüche. Ohngeachtet nun dies Stück auch sonst schadhaft ist; so zeigen sich dennoch auf selbigem folgende Schriften: Auf der rechten Seite: SICGSA auf der Linken: BERSTV. Um den Hals gehen zwey Parallellinien, als wenn es einen Halsband vorstellen sollte.

12) Ein Satyr von gemischtem Metall, 4 1/2 Loth schwehr, 2 1/2 Zoll hoch, der sehr sauber gearbeitet und sonst ziemlich conserviret ist nur, daß die beyden Arme daran fehlen. Der Kopf ist stark vorweg gestrecket und der Leib, wie auch die Knie sind gebogen, in der Stellung, als wenn er eine sehr schwehre Last zu tragen hätte und es lieget ihm auch auf dem Genicke ein länglicht runder Packen, auf dessen Ende zur Rechten: Z und zur linken: V zu sehen. Unter dem rechten Arm an der Brust zeiget sich: L. Längst dem Rücken bis in die Kniebeugung an der rechten Seite stehet: BERSTVON auf der linken Seite des Rückens: CRIVE. Unter dem linken Arm bis in die Kniebeugung lieset man folgendes: VEIDELBOT. Unter dem rechten Plattfusse: S. unter

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dem Linken: v. Dies Stück ist von zwoen hohlen Hälften zusammen gelöthet, welches man sonst bey keinem andern dieser Sammlung bemerken kann.

13) Eine circulirende Schale von vermischtem Metall, im Durchschnitt 6 Zoll und 2 Pfund 28 Loth schwehr, mit einem Rande, der 1 1/2 Zoll hoch ist. Der Boden ist platt und in demselben Mittelpunkt befindet sich ein Kopf, der sonst zwar dem Stierkopfe am ähnlichsten ist, aber keine Hörner hat. Aus dem Maule raget ein Stück Metall hervor, etwa 1/2 Zoll hoch, an welchem aber ein Bruch erscheinet. Von dem Kopfe schießen rund umher zehen schlangenförmige Strahlen nach der Peripherie, zwischen welchen eben so viele punktirte gerade Linien dahin gehen. Auf der inwendigen Seite des Randes lieset man folgende Worte, nämlich unter bemeldetem Kopfe rechter Hand: VRI linker Hand: SIEBA, an der linken Seite des Kopfes: RADEGAST. Gleich darüber stehet: REHTRA; gleich darneben lieset man: PODAGA. Hinter dem Kopfe am Rande der Schale: VI - - VZ. Die beyden mittelsten Buchstaben sind nicht mehr zu erkennen und endlich lieset man noch: PROVE. Unter der Schale findet man folgendes: ZIGHO. Auswärts ist die Schale mit erhabenem Zickzack gezieret und sie stellt auf vier kurzen Füssen. Am auswärtigen Rande finden sich diese Buchstaben: BELMC. Diese Schale hat jedoch hin und wieder Schaden gelitten und aus etlichen schwarzen Stellen lässet sich vermuthen, daß sie ein starkes Feuer ausgestanden.

14) Eine Schale von vermischtem Metalle 25 1/2 Loth schwehr, im Durchschnitt 4 Zoll mit einem Rande 1 Zoll hoch, und einem platten Boden. In desselben Mittelpunkt sitzet ein Vogel mit geschlossenen Flügeln, 1 1/4 Zoll lang, im Neste, um welchen über den ganzen Boden herum kleine länglichte Körner, wie Getreide, liegen. Um das Nest herum stehen folgende Buchstaben: RIADE GAST. Ueber dem Vogel am Ende der Flügel stehen diese beyden Buchstaben: IZ und an dessen Kopfe: IT.

15) Eine metallene Schüssel, 13 Loth schwehr, 2 1/2 Zoll im Durchschnitt, deren Rand 3/4 Zoll hoch und auswärts geriefelt ist. In dem Mittelpunkt des platten Bodens lieget ein Löwenkopf, um welchen folgende Worte zu lesen sind: Ueber dem Kopfe linker Hand: TO von dem rechten Ohr an bis unter den Hals: TSIBAZ. Unten hat diese Schale einen erhabenen Circul zum Fuß, in dessen Mitte sich eine Schnecke findet, bei welcher: R stehet.

16) Eine kleine metallene Glocke von hellem Tone, 2 1/4 Zoll im Durchschnitt, 1 1/4 Zoll hoch, 4 Loth schwehr, in deren Mittelpunkt aber ein Stück ausgebrochen und dadurch inwendig der Hacken zum Klöppel und auswendig der Grif verlohren gegangen. Am inwendigen Rande stehet: RAGDEGAST. Auswärts sitzen, in ungleichen Entfernungen, ein Frauens= und 3 Manns=Brustbilder.

17) Ein Cilinder von vermischtem Metall, 2 Pfund 10 Loth schwehr, 6 Zoll hoch, um welchen kleine und große Stäbe und Platten abwechseln. Eine Platte in der Mitte, welche 3/4 Zoll breit und von 2 Zoll Ausladung ist, hat in ungleicher Entfernung sechs solcher Einschnitte, wie man an den Kronenleuchtern zur Einhängnng der Arme machet. Zwischen selbigen finden sich folgende Worte: TH - ZVG - GAROV - NIGI - OARO - IRIOS -

18) Ein circulrundes hohes Stück von gleichem Metall, wie voriges, 2 1/3 Zoll im Durchschnitt, 3 3/4 Loth schwehr, von solcher Beschaffenheit, daß es an vorgemeldetem Cilinder Nnm. 17. zu einem Stabe kann gedienet haben. Auf demselben findet man folgende Buchstaben: VID.

19) Ein metallener Hacken, 4 1/2 Loth schwehr, welcher auf die Art gebogen ist, daß man es für ein Stück eines Armes an einem Kronenleuchter halten kann. Auf demselben stehen diese Buchstaben: ZI.

20) Eine sehr sauber gegossene kleine metallene Statue auf einem runden Postement, 3 1/4 Zoll hoch und 3 Loth schwehr, welche eine Mannsperson in völliger Kleidung vorstellet, mit einem kurzen, bis auf die Hälfte der Lenden

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reichenden Rock, weiten Hosen, die über dem Knie aufgeschürzet sind, wovon aber dennoch etwas über selbigen schläget. Sein Haupt ist mit einer rauch verbrämten, nach der linken Seite sich neigenden Mütze bedecket. Um den Leib gehet ein Gurt, an welchem auf der linken Seite ein Degen, in Gestalt der heutigen Hirschfänger, perpendiculär herunter, auf dem Bauche aber ein großer Beutel hänget, an welchem man eine, in der Länge herum gehende Vertiefung wahrnimt, als wenn er in zwey Theile abgetheilet wäre. Das Gesicht ist mit einem großen Bart bewachsen. In den Armen hält er an der rechten Seite einen Pfeiffenbock, dessen Windröhre in dem Munde stecket, die Pfeiffe, worauf er spielet, herunter gehet und die Schallhörner über die rechte Schulter gerichtet sind. Hinten ist es platt und, statt auf allen vorhergehenden Stücken die Charaktere mit dem Grabstichel eingestochen sind; so finden sich auf dem Revers dieses Stückes folgende große erhabene Runische Buchstaben gegossen: MISIZLA. Gleich bei dem A ist das Postement zerbrochen, wodurch also der letzte Buchstab des Wortes Zlav (Lob, Ruhm) verlohren gegangen. Es ist dies Stück mit dem aerugine nobili gar prächtig überzogen, durchgehends aber von so verhältnißmäßiger geschickter Zeichnung, daß man die Kunst unserer alten Wenden bewundern muß, und es soll wohl schwehrlich Jemand ein so sauberes und die vollständige Wendische Kleidung zeigendes Stück aufzuweisen haben.

21) Eine dergleichen kleine Statue eines Mannes, 3 Zoll hoch, 3 1/2 Loth schwehr, der sich jedoch von der Rückseite präsentiret, sonst aber eben eine solche Mütze, wie der vorige Wende, auf dem Haupte hat, welches so stark nach der linken Seite gekehret ist, daß man diese Hälfte des Gesichtes erkennen kann. Er hat einen kurzen Rock an, der jedoch bis an die Kniebeugung reichet und, an statt, daß die Ermel des Kleides in der vorhergehenden Statue bis an die Hand gehen; so reichen sie hieselbst nur bis an den Ellenbogen. Von der rechten Schulter gehet ein breites Gehenk nach der linken Seite, woselbst ein breites kurzes Schwerdt nicht ganz perpendiculär daran hänget. Hinter ihm sitzet ein großer Hund, dessen Kopf stark behangen ist. Der Revers ist eben, wie voriger, platt, auf welchem sich oben eine erhabene Figur, wie ein heutiges großes lateinisches A, wenn der oberste Theil etwas rund gezogen wird, aber umgekehrt [Abbildung: umgedrehtes A] zeiget. Unterwärts stehen folgende erhaben gegossene Runische Buchstaben: ZOI. Das runde Postement ist ebenfalls zerbrochen und dadurch vermuthlich einige Buchstaben von deren einem annoch ein Zug zu sehen, verlohren gegangen. Dies Stück ist gleichfalls sehr stark mit dem aerigine nobili überzogen.

22) Eine kleine zierliche Statue von vermischten gelben Metall, voller aeruginis nobilis, 3 Zoll hoch, 4 1/2 Loth schwehr, welche eine Frauensperson vorstellet, die auf einem runden Postement stehet. Auf dem Kopfe hat sie einen Schleyer, unter Welchem eine Schnippe über der Stirne bis an die Augen gehet. Der Leib ist mit einer ordentlichen Runischen Stola umgeben, wobey jedoch der linke Fuß vom Unterleibe an, entblösset ist. Die Hände sind beyde unter der Brust zusammen geleget. Auf der plattem Rückseite sind diese erhabene Charactere zu sehen. STLI.

23) Ein Stück von gleicher Größe und derselben Art berosteten Metall, wie das vorige 3 Loth schwehr, welches eine Frauensperson von der Rückseite vorstellet. Der Kopf ist so weit zur Rechten gekeheret, daß man die Hälfte des Gesichtes wahrnehmen kann. Die Haare sind im Nacken zusammen gebunden und fliegen längst dem Rücken herunter. Der Leib ist mit einer Stola behänget und auf dem Rücken hänget ein Köcher mit dreyen Pfeilen von der linken Seite gegen die rechte Kniebeugung. Unter demselben raget ein deutlicher grosser Bogen hervor, wie ihn die Diana führet. Der Revers ist platt und ohne Buchstaben.

24) Eine berostete, weiße metallene nackte Frauensperson, 3 Zoll hoch, 2 3/4 Loth schwehr, Welche über dem Kopfe einen Schleyer hat, den sie mit der

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linken Hand ausbreitet und in die Höhe hält. An den Füßen hat sie starkausgebreitete Flügel.

25) Eine ebendergleichen kleine Statue, an welcher zwar auf dem Kopfe die Spuhren des Schleyers wahrzunehmen, das ausgespannete Tuch aber abgebrochen ist.

26) Eine kleine Statue von gleicher Art, 2 Zoll hoch, 2 3/4 Loth schwehr, welche eine junge nackte Mannsperson vorstellet, dem ein fliegendes Tuch vom Kopfe vorwärts, unter dem rechten Arm durch, nach dem Rücken gehet, woselbst er es mit der linken Hand fasset. An den Füßen hat er keine Flügel.

27) Eben dergleichen mit ädlem Roste überzogene gelbmetallene kleine Statue auf einem Postement, die einen jungen Knaben mit kurzu krausen Haaren vorstellet, auf dessen Kopfe ein Täuberich die Taube tritt. Di beyden Hände hat er von sich gestreckt und es ist alles sehr proportionirlich gemacht. Es ist 2 1/2 Zoll hoch und 2 Loth schwer.

28) Wiederum ein kleiner nackter Knabe von gelben Metall, stark mit dem ädlen Rost überzogen, 1/2 Zoll hoch, 1 Loth schwehr, auf einem Postement. In beyden ausgestreckten Händen hält er etwas, so nicht zu erkennen ist.

29) Ein Stück von gelben Metall, da Castor und Pollux auf einem Postement neben einander stehen und sich angefasset haben, 2 1/4 Zoll hoch, 1 1/2 Loth schwehr.

30) Ein klein metallen bas relief, 1 Zoll hoch, 1/2 Loth schwehr, da ein nackter Knabe den Dudelsack spielet.

31) Ein kleiner berosteter metallener Hirsch, welcher äzzet, 1 Zoll lang und 1 1/2 Loth schwehr. Auf dessen Revers stehen folgende Züge: KVDII.

32) Ein kleiner metallener Säbel, 1 1/2 Zoll lang, dergleichen unsere Vorfahren bloß als ein Sinnbild von des Verstorbenen Tapferkeit in die Aschentöpfe geworfen. Er ist völlig mit aerugine nobili überzogen und von den bisherigen Besitzern dieser Religion jederzeit hiezu gerechnet. Denn sonst würde es sich freylich nicht der Mühe verlohnen, dieser Kleinigkeit unter solchen ehrwürdigen Alterthümern zu erwähnen.

33) Ein zerbrochener hohler metalllener Löwenkopf, mit starken aerugine nobili, 2 Zoll hoch und breit und 7 Loth schwehr. Obgleich von Num. 23 bis hieher die meisten Stücken ohne Runische Schriften sind; so führen sie dennoch so viele andere Merkmale des Alterthums mit sich, daß man keinen Zweifel tragen kann, sie für einen Nachlaß der Wenden gelten zu lassen.

Folgende zwey saubere Stücke werden sich indessen durch ihr Bild und Ueberschrift selber darzu rechtfertigen:

34) Ein Bas relief von gelben Metall, 1 1/2 Zoll hoch und breit und 2 Loth schwehr, welches, in einer zierlichen Einfassung, die Action vorstellet, da ein Ueberwinder dem zu Boden liegenden Widersacher den Kopf abgehauen hat, welchen er in der linken Hand empor hält, mit der rechten aber annoch das Schwerdt gefasset hat, mit dem rechten Knie auf dem Leichnam sitzet und den linken Fuß, um sich zu stützen, über denselben weggesetzet hat. Die Figuren sind so sauber gearbeitet, daß man es heutiges Tages gewiß nicht besser machen wird. Unter andern ist das hervorsprützende Blut aus dem todten Körper sehr deutlich ausgedrückt. Auf dem platten Revers stehen diese Buchstaben: QAV.

35) Ein kleines zierlicher Bas reief, 1 1/2 Zoll hoch und breit und 1 Loth schwehr, worauf ein Paar Personen tanzen. Die Mannsperson hat eine Mütze auf dem Kopfe und ein kurzes Wams an. Den rechten Fuß hat er vorwärts nach der linken Seite geschlagen, in der Stellung, wie wir heutiges Tages Schwäbisch tanzen. Mit der rechten Hand führet er seine Schöne, die gleichfals eine Mütze auf dem Kopfe hat und ein kurzes Kamisol, nebst einem langen Unterrock mit starken und vielen Falten träget. Auf dem platten Revers zeigen sich diese Charaktere: IIZ.

36) Ein gegossenes Kniestück von weissem Metall, welches nach Ver=

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schiedenheit der Stellen, den Strich von acht, auch sechslöthigen Silber hält, 7 1/4 Pf. schwer, 7 1/2 Zoll hoch und 5 1/2 Zoll breit, welches eine Mannsperson vorstellet. Der Kopf hat eine starke Nase und einen großen Bart. Auf der Scheitel zeiget sich ein Bruch, der ganz über denselben reichet, als wann ein schmaler Zierrath auf demselben gesessen, der von einer Seite bis zur andern gegangen. Daselbst finden sich verschiedene Stellen, welche den Strich von Kronen=Golde halten. Ueber der Brust und den Schultern hänget eine Decke, wie das Römische Paludamenum, welches den rechten Arm bis an den Ellenbogen bedecket, nach der linken Schulter schmal hinauf gehet, hinten aber sich über die Schultern wieder stark ausbreitet. Unter demselben hat es eine förmliche Römische, bis auf die Knie reichende Tunicam über welcher es einen, mit erhabenen, jedoch unkäntlich gewordenen Figuren gezierten Pantzer träget. Um den Leib gehet ein Degengehenk, an welchem an der linken Seite ein breites Schwerdt hänget. Aus dem Paludement gehet der entblössete rechte Vorderarm hervor und hält eine Figur, 4 Zoll hoch, welche einem Zepter gleichet, der nur nicht zierlich ausgearbeitet ist. Der linke Arm ist nur bis auf die Hälfte des Obertheils von den Ermeln des Rocks bedecket und mit der Hand neben den Degen gestützet. Den Rücken bedecket ein langer Mantel. An diesem Stücke sind folgende Runische Schriften zu lesen: Forne rechter Hand auf der Tunica: RHETRA hinten auf dem Rücken auf dem langen Mantel stehet in drey Reihen: SCHUAYM - TIM - BELBOCG. Das Metall dieses Stückes hat einen überaus hellen Klang.

37) Ein gegossenes doppeltes Bild, von vermischtem Metall, 6 Zoll hoch und 2 1/4 Pfund schwehr, welches auf der einen Seite eine Mannsperson mit einem kurzen, bis auf die Knie reichenden Rock darstellet. Auf dessen Kopfe sitzet eine Figur, welche die völlige Form eines Büffelskopfes zeiget. Woran sich auch die Schnauze an der linken Seite noch ziemlich deutlich wahrnehmen lässet. Das ganze Bild aber giebet ein Ansehen, als wenn es in einem heftigen Feuer gewesen und ist an verschiedenen Stellen unkäntlich geworden. Von dem Kinne gehet aus jeder Seite eine erhabene zugeschärfte Linie, schlangenweise, über den Vorderleib bis an den Saum des Kleide, die sich beyde am Ende gegen einander in die Höhe krümmen. An der rechten Seite des Kopfes befindet sich eine aufwärts gekrümmte Figur, wie die Strahlen, welche schon bey andern Bildern vorgekommen. Zur linken aber ist auf dem Parallelpunkt ein Stück ausgebrochen. Beyde Arme sind ausgestrecket, der rechte niederwärts und der linke in die Höhe gekehret. Die Füße sind bloß und unter den Plattfüßen scheinet das Gestelle weggebrochen zu seyn. Oberwärts der Stirne sind folgende Buchstaben befindlich: AY. Auf dem Gewand, die Brust herunter, stehet: ZIR. Die andere Seite hat drey Köpfe, welche aber nach dem Verhältniß gegen den Leib sehr klein sind und, so viel die Undeutlichkeit zu erkennen, übrig gelassen. scheinen sie nur wie Brustbilder gegossen zu seyn, deren mittelstes einen Manneskopf mit krausen Haaren ohne Bart deutlich zeiget, der zur Rechten gerade in Profil ausgebrochen, der zur Linken aber nur noch die runde Maße eines Kopfes sehen lässet, die Gestalt aber verlohren hat. Von demselben gehet eben eine solche Linie, wie die vorigen beyden sind, längst dem Gewand, in Schlangenkrümmung bis auf den Saum des Kleider herunter und deren in die Höhe gekrümmtes Ende hat einen doppelten Wiederhacken. Ueber den Köpfen erscheinet ein undeutlicher Zierrath. Die Arme und Füße sind mit vorigen von gleicher Beschaffenheit. Auf dem Gewande, zur Rechten gedachter Linie stehet: PIDHA und zur Linken: RHETRA.

38) Ein Hund mit einem dicken Kopfe und Gesichte eines Bollenbeißers, der einen langen Schwanz und um den Hals einen Band hat, 1 1/4 Zoll lang, welcher auf einem Postement lieget, den Kopf aber in die Höhe gerichtet nach der linken Seite gedrehet und dabey das Maul offen hat. Das Postement ist 4 Zoll hoch und allenthalben mit vielen Stacheln besetzet. Das Metall ist

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vermischet und wieget 24 Loth. Auf der linken Seite des Hundes stehet: RHETRA und auf der Rechten, welche die Rückseite der Statue ist, lieset man: MITA.

39) Ein Mannsbild von vermischtem Metall 6 Zoll hoch, 2 Pfund schwehr, mit einem Kopfe von dicken Backen, einem staken Schnurbart auf der Oberlefze und einem breiten langen Bart bis über die Brust. Der Kopf ist mit einer Sturmhaube bedecket, auf dessen Rande von der linken Backe an, über die Stirne herum 5 scharfe Stifte hervor schiessen. Die beyden untersten aber neben der rechten Backe sind abgebrochen. Von der linken Seite des Helms schießet ein pyramidalischer Strahl in die Höhe, wie er oben schon etliche mahl beschrieben worden. Im Parallel auf der rechten Seite zeiget sich ein Bruch. Auf der Brust ist ein großes Stück ausgebrochen und allem Ansehen nach ist auch diese Statue im Feuer gewesen. Die sehr große rechte Hand drücket etwas Unförmliches an den Bauch und die linke Hand ist nach den Bart gekehret. Das Gewand ist ein kurzer Rock bis auf die Knie, auf dessen linken Seite ein obbeschriebener Strahl fließet, auf welchem sich drey Linien vorgemeldeter Art Stacheln zeigen. Die Beine sind gleichfals mit dergleichen kleinen Stiften besetzet. An der linken Seite des Postements schießet wiederum ein vorbemeldeter Strahl in die Höhe im Parallel. An der rechten Seite ist ein Bruch. Die Kehrseite lässet folgendes wahrnehmen: Am Kopfe befindet sich ein Hirsch, der an der linken Schulter von einem Hunde gepackt ist, unter dessen Hinterleibe sich ein anderer Hund zeiget. Diese Figuren sind en bas relief gegossen, und mit einer eigenen Einfassung versehen, unter welcher sich wiederum eine Figur zeiget, die zwar etwas unkäntlich geworden, jedoch, allem Ansehen nach, eine auf der Erde sitzende Mannsperson gewesen, der mit der rechten Hand etwas in die Höhe hält, neben sich aber einen dicken Spieß liegen hat. Indessen stehen daselbst folgende Buchstaben: IPABOCG. Auf dem linken Arm, von der Schulter an, stehet folgendes: RHETRA. Auf dem Schoße des Kleides sitzet wieder ein Jagdstück en bab relief in welchem diese Figuren in der Ründung herum gestellet sind: An der rechten Seite wird ein Schwein von einem Hunde verfolget, nach welchen es den Kopf stark zur Linken herum drehet. Oben läuffet ebenfals ein Hund auf das Schwein zu. Zur Linken stehet ein Jäger mit einem langen Spieße, welches auf das Schwein gekehret ist. So unförmlich nun die Vorderseite ins Auge fället; so geschickt sind hingegen die beyden Jagdstücke gerathen, an deren proportionirlicher Zeichnung wohl nicht das geringste auszusetzen ist.

40) Ein Opfermesser von vermischtem Metall, daran die Klinge ein dickes Dreyeck mit scharfen Kanten ist und vorne spitzig zuläuft. Selbige ist 4 Zoll lang und die breiteste Seite hält 1 1/2 Zoll, die andere jedwede 1 Zoll. Der daran befindliche zerbrochene Grif von gleichem Metall stehet nicht in gerader Linie mit derselben; sondern machet einen stumpfen Winkel. Das Metall ist aber nicht von der Art, daß man ihm eine Biegsamkeit zutrauen könnte, wenn es heiß wird, mithin ist dieser Winkel wohl nicht zufälliger weise bey einem Brande entstanden, den sonst das Stück erlitten zu haben scheint, sondern gleich anfangs so gegossen. Es wieget dies Stück 22 Loth. Auf der einen schmalen Seite stehet: SIEBA. In Montfaucon Alterthümern 3 Buch 3 Kap. §. 10 sind dergleichen angeführet und auf der 56. Kupfertafel Fig. 7. 8. 9. gezeichnet. Die gegenwärtige, den Grif ausgenommen, siehet der 7ten Figur am ähnlichsten.

41) Eben dergleichen, dessen Klinge vier Seiten und zwey scharfe Kanten hat. Selbiges ist 4 1/2 Zoll lang und die Seiten sind jedwede 1 Zoll breit. Ein Stück eines Grifs sitzet annoch daran in gerader Linie mit der Klinge, welche jedoch so wohl, als der Grif, sehr durchlöchert und vermuthlich aufgebrannt sind. Es wieget anjetzt noch 23 Loth. Auf einer Seite desselben stehet: RADEGAST.

42) Wiederum eines dergleichen, dessen Klinge 3 Zoll lang ist und 3

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Seiten hat, deren breiteste 1 Zoll, die schmalen aber 1/2 Zoll messen. Hieran sind zwey scharfe Kanten und ein Stück des Grifs ist annoch daran befindlich. Es hat aber gleichfals das Ansehen eines ausgestandenen heftigen Feuers und wieget 5 Loth. Auf einer der schmalen Seiten stehet: PROVE.

43) Annoch eines derselben Beschaffenheit, dessen Klinge 3 Zoll lang ist, welches, dem Ansehen nach, gleichfals ein starkes Feuer ausgestanden hat. Es wieget 5 Loth. Auf der flachen Seite lieset man folgendes:PIDHA.

44) Eine ovale Schale von vermischtem Metall, 6 Zoll lang, 2 1/2 Zoll breit, 1 Zoll hoch, 24 Loth schwehr, mit 2 Henkeln, deren einer gerade am Ende derselben, der andere aber etwas zur Seite sitzet. Auf dem platten Boden, aus welchem an einem Ende ein Stück ausgebrochen, lieget ein behelmter Kopf mit einem großen Bart, hinter welchen sich vier kreuzweise gelegte Spieße zeigen. Am inwendigen Rande stehen linker Hand des Kopfes: PO DAGA. rechter Hand aber: HENT. Auswendig ist sie mit erhabenen Linien Zickzack gezieret.

45) Eine kleine circulrunde Schale von vermischtem Metall, 2 1/4 Zoll im Durchschnitt, 1 1/4 Zoll hoch, mit 2 Henkeln, 24 Loth schwehr, auf deren inwendigen Boden sich ein Mannskopf mit starken krausen Haaren und einem grossen Bart, nebst andern Figuren zeigen, welches alles aber durch Feuer und Alterthum sehr undeutlich geworden. Am inwendigen Rande ist annoch der Name: SIEBA zu erkennen, außer welchem sich zwar noch hin und wieder Züge von ändern Buchstaben zeigen, bey welchen aber Feuer und Alterthum das Uebrige ganz undeutlich gemacht hat.

Diese vorläufige Beschreibung muste ich vorausschicken, um desto gründlicher von dem Nutzen dieser Entdeckung in Erläuterung der Scribenten, welche theils von den Götzen unserer Vorfahren, theils von der Geographie unsers Vaterlandes geschrieben haben, handeln zu können. Dieser Nutzen ist gewiß größer, als er anfänglich zu seyn scheinet. Indessen erfordert er eine weitläuftigere Entwickelung, als, daß ich nicht den Unwillen der Leser, die nun schon verschiedene Wochen herdurch diese für die mehresten nicht interessante Materie mit Geduld aufgenommen haben, befürchten müste. Ich will daher mit dieser vorläufigen Beschreibung diesen Aufsatz abbrechen und das, was ich noch zu sagen habe, versparen, bis mich wiedernm die Reihe trifft, zugleich aber auch alsdenn die Einwürfe des Herrn Pastor Sense zu Warlin, als des Verfassers der in das 21 und die folgenden Stücke der Nützlichen Beyträge zu den Strelitzischen Anzeigen vom vorigen Jahre, eingerückten bescheidenen Zweifel gegen das neulich entdeckte und bekant gemachte angebliche Pantheon der alten Rhedarier und Wenden in Mecklenburg, zu beantworten mich bemühen.

H. F. Taddel.     


5. Das Vorwort

aus dem handschriftlichen Exemplare des vierten Berichtes,

im Besitze des Vereins für meklenburgische Geschichte und Alterthumskunde.

Die Wendischen Alterthümer, welche in folgenden Blädtern vorläufig beschrieben worden, sind im vorigen Jahrhundert zu Prilwitz in Mekelburg=Strelitz gefunden, und von dem damaligen Besitzer dieses Guths an den Prediger Sponholtz daselbst geschencket, von demselben aber auf eine wohlhabende Familie

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gleiches Namens in Neubrandenburg vererbet, welche keinen weitern Gebrauch davon gemachet, als sie zum Andenken eines alten Verwandten aufzuheben, dahero sie so wenig davon gesprochen haben, daß unter Kennern gar nichts hievon bekannt geworden, bis ich endlich Gelegenheit gehabt, selbige neulich anzukaufen, und solchergestalt anjetzo das Vergnügen haben kan, diesen beträchtlichen Schatz aufs neue wiederum ans Licht zu bringen. Sie enthalten so viele zur Erläuterung der Wendischen Geschichte und Erdbeschreibung dienende Merkwürdigkeiten, daß ein Kenner und Liebhaber derselben bereits eine Abhandlung unter der Feder hat, worin er gehörige Anwendung davon zu machen suchen wird. Unter andern ist die Gegend, worin Prilwitz am südlichen Ende des Tollenser Sees lieget, unter dem wendischen Frey=Staate der Retharier oder Rhetherer begriffen gewesen, in welchem Gow, nach einhelliger Beschreibung der Schriftsteller mitler Zeit, die Stadt Rhetra gelegen hat.

Da nun meine Alterthümer, welche samt und sonders alle mögliche Kennzeichen wahrer Originalien haben, eben die Merkmale führen, welche der Bischof Dithmar von Merseburg von den Wendischen Bildern, die im Tempel zu Rhetra aufgestellet gewesen, meldet, daß nämlig die Namen ihrer sogenandten Götzen in selbigen eingegraben wären, und zwar, welches beyläufig zu mercken, mit Runen=Schriften, deren Spuren in unsrer Gegend sonsten so vielfältig vergeblich gesuchet worden, auf gleiche Art aber auch der Name der Stadt Rhetra auf Vielen gezeichnet ist, überdem aber auch noch viel mehrere Umstände aus den alten Schriftstellern sich auf den Ort der Entdeckung passen; So wird, nebst andern hierin stekenden Anfklärungen, nunmehro auch die Aufgabe von der Lage dieses ehemalen so berühmten Orts, über welche die neuern Mekelburgischen Geschichtschreiber sich nicht vereinigen können, mit grössester Wahrscheinlichkeit ihre Auflösung zum Vortheil des von Bredowischen Guths Prilwitz finden können.

Neubrandenburg, im Hornung 1768.

Hempel, medicinae doctor.     


6. Fragment

des von Pistorius begonnenen ausführlichen Werkes
über die Prillwitzer Alterthümer,

im Besitze des Vereins für meklenburgische Geschichte und Alterthumskunde.

§. 1. Rhetra, die ehemalige berühmt Wendische Stadt, ist in Ansehung ihrer Lage den neuern Mekelburgischen Geschichtschreibern jederzeit eine Aufgabe gewesen, über deren Auflösung sie nicht haben einig werden können, weilen wir in den Schriftstellern mitler Zeiten keine genauere Bestimmung derselben finden, als daß Adam, ein Bremischer Canonicus in der Mitte des elften Jahrhunderts, in seiner Kirchenhistorie, und der Merseburgische Bischof Dithmar, der im Anfange desselben gelebet hat, in seinem Chronico, nur melden, diese Stadt hätte im Lande der Rhetarier 4 Tagereisen von Hamburg in einem tiefen See, oder in einem Walde an einem großen See gelegen. Wer ihren Zenith aus dieser unbestimmten Nachricht treffen wolte, der müste gewis sehr künstlich seyn, und hat deswegen ein Jedweder sich berechtiget gehalten, sie hinzulegen, wo es ihm am Besten gedünket hat, dahero sich dieser

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Ort bald nach Rhese an der Tollense, bald nach Röbel an der Müritz, bald nach Malchin, bald gar nach Wolgast und Stettin hat müssen herumtragen lassen. Im Grunde lieget nun freilich nichts daran. solches aufs genaueste zu wissen, denn der Ort ist bereits über 600 Jahr gänzlich zerstöhret, und hat mithin die ganze Sache in unsre jetzige Verfassung nicht den geringsten Einfluß: indessen glaube ich doch, daß es vieleicht etlichen Liebhabern der Geschichte unsers Vaterlandes nicht ganz gleichgültig seyn wird, Ihnen ein und andere Umstände zu melden, welche hierin viele Wahrscheinlichkeit an die Hand geben, zugleich aber auch von der Beschaffenheit sind, daß unsre übrige alte Geschichte dadurch hin und wieder etwas Licht erhält.

§. 2. Es hat nämlich eine wohlhabende Familie zu Neubrandenburg seit vielen Jahren allerhand Alterthümer besessen, die sie zwar jederzeit hiefür erkandt, denn das konten sie ihnen auf den ersten Anblick ansehen, im übrigen aber keinen weitern Gebrauch davon zu machen gewust, als es zum Andenken eines Vorfaren, der sie ehemalen gehabt, aufzuheben. Unter Leuten, die es besser hätten nutzen können, war nun hievon nichts bekandt geworden, bis endlich der Herr doctor Hempel, medicinae practicus daselbst, neulich von ungefähr auf die Spuhr gekommen, und viele Mühe und Kosten angewendet hat, selbige eigenthümlich zu bekommen, und solchergestalt seine übrigen ansehlichen Sammlungen von allerhand Art, als . . . . . . . . . . . . . nunmehro auch mit einer schätzbaren Anlage von Alterthümern zu vermehren.

§. 3. In Ansehung der historischen Gewißheit haben nun die vorigen Besitzer sowohl dem Herrn doctori Hempel, als mir, die Versicherung gegeben, daß alle diese Sachen im vorigen Jahrhundert, da ihr Groß=Vater=Bruder, [Friedrich] Sponholz, Prediger zu Prilwitz gewesen, daselbst in einem Berge gefunden, und von dem damaligen Herrn des Guths demselben geschenket worden von welchem es auf ihre Linie gekommen. Es wäre auch noch ein grosser metallener Topf mit Füssen, den man hieselbst einen Grapen nennet, dabey zugleich ausgegraben, den aber ihr Vater ehemalen hieselbst zum Behuf einer umgegossenen grossen Glocke zum Marien=Thurm, verschenket hätte. Diese Tradition halten sie in ihrer Familie für ganz unzweifentlich, und sie tragen es jederzeit auf eine so unschuldige Art vor, daß man um so weniger an deren Wahrheit zweifeln kan, je weniger sie jemalen Aeusserung gemacht, es gerne anbringen zu wollen, sondern es so viele Jahre hindurch in der Stille besessen haben, um es nur zu besitzen, bis sie endlich anjetzo, wie sie die Leidenschaft eines Mannes voller edler Neugierde und von gutem Vermögen inne geworden, der Gelegenheit wahrgenommen, und es meinem Freunde theuer genug verkaufet haben. Bey diesen Umständen nun, dünket mich, darf man sich keinen Zweifel machen, daß nicht diese Sachen wirklich zu Prilwitz gefunden worden.

§. 4. Dieser Ort ist ein adeliches Guth, welches ehemalen den Herren von Blankenburg, nachhero den Herren von Gamm zuständig gewesen, nunmehro aber den Herren von Bredow gehöret, einer Linie dieses uralten Kuhr=Märkischen Geschlechts, welche auf letztern algemeinen Landtage für alte eingebohrne Mekelburgische vor Adel anerkandt worden. Es lieget solches nach Anleitung der Charte von Mekelburg, welche die Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin A. 1764 auf 4 Blädter herausgegeben, wider deren Orientirung jeooch Verschiedenes zu erinnern seyn möchte, 53 Grad 27 Minuten der Breite und 30 Grad 50 Minuten der Länge, an der Südlichen Spitze des Tollenser=Sees, auf der Hälfte des Weges zwischen Strelitz und Neubrandenburg.

§. 5. Das ganze Ufer dieses Sees bestehet in Bergen, mit welchen andere zusammenhangen, die gegen Norden bis Treptow und Nord=Ost=wärts nach Friedland auf beyden Seiten der Wiesen liegen, An der Westen=Seite desselben, hart an seinem Nördlichen Ende, liegt auf einem hohen Ufer ein Broda, welches in der Wendischen Sprache eine Fähre bedeutet. Diese ganze Beschreibung ist auf gedachter Charte ziemlich deutlich gezeichnet. Wenn man

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nun hiebey bemerket, daß Friedland A. 1240 [richtiger 1244] und Neubrandenburg A. 1248, beyde also erst vor etwa 500 Jahren angeleget worden; so wird man gar nicht Widersprechendes darin finden, daß dieser See vor 700 Jahren, da Adam Bremensis gelebet, einen ungleich größeren Umfang kann gehabt, selbigen aber bei der unzweifentlichen Abnahme des Wassers in der Ostsee (S. Dalins Geschichte von Schweden) nach und nach mittelst seines Ausflusses nach Norden auf Treptow und Demmin in die Pene, und von der Friedlandischeu Gegend durch Pommern ins kleine Haf, verlohren habe. Bey Anschauung der Charten, welche vorgedachte Akademie 1762 untern Titel: Thaetrum belli in Pomerania [herausgegeben], und zwar des 2. und 3. Bladtes, wird man sich hievon sehr leicht ein Bild machen können. Hiezu komt, daß Prilwitz etwa 27 Meil von Hamburg lieget, welches man wol für 4 Tagereisen annehmen kan. Nimt man ferner aus der alten Geschichte und Erdbeschreibung hiebey zu Hülfe, daß der ehemalige Frey=Staat der Rhetharier oder Rhetherer, der sich mit seinem Rhetra so groß dünkte, daß er den Rang über alle verbundene Staaten behauptete, weil daselbst der vornehmste Tempel und der Ort der algemeinen Landtage war, daß, sage ich, dieser Wendische Gow eben die Gegend um den Tollenser=See unter sich begriffen, worin Prilwitz lieget, wie ich mich dann hierüber sicher auf den grossen Abt Gottfried von Gottwik beziehen kan, der solches in dem unschätzbaren Chronico Gottuicensi Part. I. Libr. IV. pag. 738 num. 368 behauptet, und unser Rhetra in der, bei diesem Werke befindlichen prächtigen Charte von den deutschen Gowen, beynahe auf dem rechten Fleck, wo wir es entdeckt zu haben glauben, gezeichnet hat; so dünket mich, kan man sich hiedurch leicht bewogen finden, zu glauben, daß Adam Bremensis, wenn er L. 2 C. II historiae ecclesiasticae die Lage von Rhetra beschreibet, auf die Süder Seite des Tollenser=Sees gedacht, und es dahero diejenigen unter den Neuern immer am besten getroffen, die diese Stadt in der Gegend von Prilwitz vermuthet haben. Da ich mich auf gedachten Adam zu Bremen und etliche andere Geschichtschreiber mitlerer Zeit hin und wieder beziehen werde; so habe ich nicht undienlich erachtet, etliche Auszüge aus selbigen zur geschwinderen Durchsicht in den Beylagen abdrucken zu lassen.

§. 5. So weit hätte ich nun wol aus allerhand datis eine ziemliche Wahrscheinlichkeit begründet. Aus der Betrachtung unsrer Alterthümer gedenke ich aber der Gewißheit etwas näher zu kommen. Denn wenn ich nunmehro erweise, daß selbige die Beschaffenheit haben. Wie Dithmar, ein gebohrner Graf von Walbek und Bischof zu Merseburg, im Anfange des 11. Jahrhunderts, die Zierathen beschreibet, womit der Tempel zu Rhetra ausgeschmückt gewesen, wenn ich erweise, daß die Namen der Wendischen Götzen mit Runen=Schriften darauf eingegraben sind, und wenn ich endlich erweise, daß der Name der Stadt Rhetra auf gleiche Art darauf stehet; so, dächte ich, müste sich an meinem Beweise wol nicht viel auszusetzen finden. Und dieses wil ich anjetzo das Vergnügen haben, dem Leser vorzulegen. Mein Freund hatte nach und nach niemalen ein Stück von diesen Alterthümern erhalten, daß er mir nicht allemal sogleich das Vergnügen gönnte, an seiner Freude Theil zu nehmen, und wir machten uns bald dabey, eine genaue Beschreibung davon aufzusetzen, die wir anjetzo Liebhabern der Mekelburgischen Geschichte, wo Ihnen damit gedient ist, sehr gerne mittheilen.

§. 6. Radegast, welchen Adam zu Bremen den vornehmsten Götzen zu Rhetra, Daemonem principem, nennet, war der erste, der unsre Aufmerksamkeit auf sich zog. Unter Voraussetzung, daß, wo wir sein Wapen, den Büffelskopf auf der Brust, nebst seinem Namen träfen, er uns auch für seine Person einstehen müste, nahmen wir also ein solche Bildnis vor. Wie musten wir aber stutzen, als Wir ihn anjetzo in ganz anderer Gestalt erblickten, wie wir ihn sonsten aus Kupferstichen kannten. Denn anstat er in Westphalen

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monumentis ineditis, in Beehr rebus Mekelburgicis, in Montfaucon Alterthümern, in Bangertu Helmoldo, in Frankens Mekelburg und vielen andern Büchern, als ein wolgebildeter nackter Jüngling mit dem Büffelskopfe auf der Brust, einem Vogel mit ausgebreiteten Flügeln auf dem Haupte, und einer Hellebarde in der linken Hand vorgestellet ist, so befunden wir ihn in unserm Bilde, welches zwar freilich nicht des Adami Bremensis und Helmolds goldener Radegast auf einem Purpurbette, sonsten aber doch augenscheinlich ein wahres altes Original ist, folgendergestalt: Eine Statue von rothen Metal, 6 1/2 Zoll Rheinländisch Maß hoch, und 1 Pfund 12 Loth schwer, stellet den Leib eines Mannes vor, worauf jedoch ein Kopf mit starken, herumhangenden Hahren sitzet, der einem Löwen=Kopfe am ähnlichsten komt, und 1 3/4 Zoll breit ist. Auf demselben sitzet ein Vogel mit geschlossenen Flügeln. Die rechte Hand hält auf der Brust einen deutlichen Büffels=Kopf mit großen, seitwärts gehenden Hörnern. Von dem linken Arm ist nur noch der oberste Theil daran befindlich, an welchem sich ein Bruch zeiget. Das Gewand reichet bis auf die Knie, und komt mit der Alt=Deutschen Kleidung überein. Auf dessen Vordern Falten, wie auch auf dem untersten Saume desselben, finden sich verschiedene Run=Schriften eingegraben, von welchen man zur Zeit folgende herausgebracht: Auf der rechten Seite: ZERN, wobei jedoch nicht zu merken, daß etwas fehlete. Auf der Linken: DLAIVENA. Die Füße sind bloß und stehen auf einem dünnen Postement. Hinten am Kopfe stehet ganz deutlich RADEGAST auf den Schultern BELBOC unten auf der Breite des Gewandes RHETRA. Die Statue ist übrigens hohl, und durch das Postement gehet ein Loch, welches nichts gebrochenes zeiget, und also wol zum Einstecken einer Stange mit Fleiß gegossen worden. Hier treffen wir nun verschiedene Gegenstände an, welche einer Betrachtung wehrt sind, als

1) muß entweder die bisherige nackte Abbildung des Radegast nicht richtig seyn, oder es müssen unsre hiesige Wenden mehrere Züchtigkeit besessen und ihm einen Rock gegeben haben, weil sie allem Ansehen nach keine Liebhaber von nackten Figuren in ihrem Tempel gewesen, indem sich unter allen unsern Stücken, welche vermuthlich darin aufgestellet gewesen, dergleichen keines findet. Daß aber die bisherige gewöhnliche nackte Abbildung des Radegast mehr wilkührlich, als gegründet sei, solches finde ich mich aus folgenden Gründen bewogen zu glauben: Franke in seinem Alten und Neuen Meckelburg berufet sich Libr. I Cap. XXIII p. 136 auf die Chronik der Sassen von Job. Pomarius oder Baumgarten, welcher Ausgangs des 16. Jahrhunderts anfangs zu Jevern und hernach zu Magdeburg Prediger war, und dessen Buch A. 1589 zu Wittenberg in Folio gedruckt worden. Allein beim Nachschlagen und Durchsehen desselben habe ich befunden, daß darin gar keine Abbildung vom Radegast vorhanden ist. Dahingegen habe ich selbige in der Croniken der Sassen unde Neddersassen getroffen, welche Conrad Botho in recht echter platdeutscher Sprache aufgesetzet, und A. 1492 zu Mainz in Folio drucken lassen. Dieses alte, sehr seltene Buch, welches in der Ritter= und Landschaftl. Büchersammlung zu Rostok vorhanden, ist durchgehends mit vielen Holzschnidten ausgezieret, und in selbigem stehen ad A. 1133 folgende Worte: "unde to mekelenborch der obytriten affgot de heyt Ridegast, da hadde vor der borst einen schilt, darin stod ein swarte Büffelenkop unde hadde in der hant eyue stryd exse unde upp dem kopp eynen vogel". Hierneben erblicket man nun zwar die nackte Abbildung des Radegast, so wie obgedachte Schriftsteller dieselbe haben stechen lassen: allein man wird auch zu bemerken belieben, daß in dem Text kein Wort von einer nackten Figur gedacht, am allerwenigsten die geringste ratio scientiae angeführet worden, welches letztere doch mit Recht verlangt werden kan, wenn solches mit Stücken, die alle Wahrscheinlichkeit eines Originals für sich haben, die probe halten oder gar ein Uebergewigt haben solle. Der Grund dieser Zeichnung ist also entweder in der wilkührlichen Phantasie des Holz=

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schneiders zu suchen, oder, hat Botho solches selber verlanget; so folget anders nichts daraus, als daß er niemalen das Glück gehabt, ein altes wendisches Stück zu sehen, und es ist kein Zweifel, daß wenn unsre Alterthümer ihm zu Gesicht gekommen wären, die Zeichnung gewiß denselben gemäß würde gerathen sein.

2) war den Wenden bei ihrem kriegerischen Staat nicht so Wol mit einem schönen Jüngling, als mit einem tapfern Manne gedient, deswegen setzten sie ihm das Sinnbild der Tapferkeit, einen Löwen=Kopf, auf, und erhoben dadurch

3) seine Stärke, die sie ihm schon allemal durch den Büffelkopf auf der Brust zugeeignet hatten.

4) Dieses uralte Hauptstück des Mekelburgischen Wapens brauchen wir also gar nicht aus den Fabeleyen von Anthyrius und Bucephal herzuholen, sondern wir können uns immer damit beruhigen, daß es von ewigen Zeiten her bey hiesigen Einwohnern so ehrenwerth gehalten worden, daß sie auch die Bilder, die sie als Sinnbilder der Tugenden zur Nachahmung öffentlich ausgestellet, damit ausgezieret haben.

5) In seiner linken Hand wird er ohne Zweifel auch die Streitaxt gehabt haben, deren Botho vorgemeldetermaßen gedenket, um welche er aber im Kriege, in der letzten Belagerung und Zerstöhrung von Rhetra durch Feuer und Schwerdt, wird gekommen seyn.

6) Seinen Vogel, das Bild der Hurtigkeit, führet er gleichfals auf dem Kopfe, und ist jener auf der bißhero bekandten Zeichnung im Fluge begriffen, so erholt sich dieser, um desto schneller zu fliegen. Ob es ein Adler oder Hahn sey, worin, wie ich finde, die Gelehrten noch nicht einig sind, das wil ich gerne ihrer beliebigen Untersuchung überlassen. Meine Hauptsache bestehet nur in den Schriften, die sich darauf finden, und da erblicket man

7) am Kopfe den ganz deutlichen Namen Radegast, und gleich darunter Belboc, Namen, welche in unsrer Mekelburgischen Geschichte bekandt genung sind, und deren letztern man gewöhnlich mit weissen, guten Gott, vieleicht aber auch eben so gut die Gütigkeit Gottes übersetzen könte. Was Radegast nach der Etymologie heisse, solches ist aus Wachteri Glossario germanico zu ersehen, vermöge dessen pag. 1228 Rad in der alten deutschen Sprache schnell, hurtig, und pag. 529 Gast, Fürst, Befehlshaber, bedeutet, mithin dieser Name einen hurtigen muntern Fürsten anzeiget. 7 )



7) Bei diesem Fragment des Pistorius befindet sich noch ein halber Bogen mit der Ueberschrift: "zur Beantwortung der Einwürfe wider die wendischen Alterthümer", den Pistorius sammt jenem Fragment an Genzmer übersandte, um beides bei seiner "anderweitigen Antwort" gegen Sense benutzen zu können. Er beruft sich in diesen Bemerkungen wiederholt auf das "beifolgende Manuscriptum in blau Papier". Dies ist die mit dem Hempelschen Vorwort begleitete Beschreibung der Prillwitzer Alterthümer. Wahrscheinlich kamen diese Papiere bei Genzmers Tode in Maschens Hände, von dem sie auf seinen Schwiegersohn, den Pastor Rudolphi, übergingen; von diesem hat sie Levezow erhalten.
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Der Angriff des Pastors Sense auf die Prillwitzer Alterthümer und die Vertheidigung derselben durch Taddel und Genzmer.

Nicht lange nach Veröffentlichung der beiden Genzmerschen Sendschreiben erschien in Nr. 21, 22 und 23 (vom 25. Mai, 1. und 8. Juni) der Strelitzschen nützlichen Beiträge vom J. 1768 unter der Ueberschrift: "Einige bescheidene Zweifel gegen das neulich entdeckte und bekannt gemachte angebliche Pantheon der alten Rhedarier und Wenden in Meklenburg" ein anonymer Angriff gegen die Prillwitzer Alterthümer, als dessen Urheber der Pastor Sense zu Warlin genannt wurde. Sense bestreitet, wie er es nennt, die "Authenticität" dieser Idole, und leugnet, daß sie "Originalstücke" wären, will aber damit keineswegs etwa diese Alterthümer für untergeschoben und unächt erklären. Viel mehr focht er eigentlich nur die Bedeutung an, welche man, und namentlich Genzmer, diesen Alterthümern beilege. Um für die "Originalgötzen" gelten zu können, welche einst von den Wenden in ihren Tempeln, und namentlich zu Rhetra, angebetet worden, wären diese "Püppchen" viel zu winzig und stimmten durchaus nicht mit der Beschreibung überein, welche die Geschichtschreiber von ihnen gäben, die sie einstimmig von ungeheuerer Größe schilderten; durchaus unzulässig sei es daher, nach diesen Alterthümern die Ansichten berichtigen zu wollen, die man bisher von den Götzen der Wenden gehabt habe. Es sei nicht denkbar, daß man zu Rhetra den Radegast sollte in einer kleinen, nur 6 Zoll langen Puppe mit einem "Hundsgesicht" angebetet haben, während er von allen Geschichtschreibern "als ein Jüngling von schöner, reizender Gestalt und ernsthaften Mienen", wie es einem Helden zieme, beschrieben werde. Auch vermißt er in diesem angeblichen "Pantheon von Rhetra" die Göttin Siva, zumal da doch ein Messer mit ihrem Namen unter den Alterthümern sei; daß die Sieba sich wirklich unter ihnen befinde, war ihm also bei Besichtigung derselben ebensowohl entgangen, wie Genzmern. Uebrigens leugnet Sense durchaus nicht, daß diese Alterthümer zu Prillwitz (wohin auch er Rhetra verlegt) gefunden worden, "weil man daselbst öfters dergleichen ausgegraben habe", und noch im vorigen Jahre der Besitzer von Prillwitz dort eine Schale gefunden, "die einer ovalen Terrine gleiche". Höchts sonderbar indeß ist die Ansicht, welche er selbst von diesen Alterthümern hegt. Die "kleinen und sehr zierlich modellirten Bilder" hält er für "Uberbleibsel von der Beute welche die Wenden andern

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Völkern abgenommen" und hernach zu ihrem "Privatgottesdienste" gebraucht haben, die Idole aber für "unförmliche Copeien von ihren alten höchst beliebten Götzen", welche die Wenden in der Angst und Geschwindigkeit", als sie in den letzten Kriegen mit den Christen "die Originalgötzen vergraben oder versenket", von denselben gemacht, auf der Flucht mit umhergeführt, "nach Rhetra oder in die Gegend dieser Stadt gebracht und daselbst vergraben haben". Dieses, setzt er hinzu, ist das allerwahrscheinlichste, wirft aber selbst noch die Frage auf: ob diese Alterthümer nicht vielleicht "ein Vornehmer des Volks zu seinem Privatgötzendienste" könne gehabt haben, welche Frage er jedoch verneint, weil die herrschsüchtigen Götzenpriester dies nicht würden gelitten haben.

Dieses ist der wesentliche Inhalt des sehr confuse geschriebenen Senseschen Aufsatzes. Klar ist, daß von einem etwa mit diesen Alterthümern ihren Bewunderern gespielten Betruge ihm nicht das Geringste bekannt war. In den Strelitzschen nützlichen Beiträgen erschien keine Erwiderung gegen Sense, obgleich Genzmer eine solche sogleich aufgesetzt hatte. Wie aus einem spätern, bei den Neustrelitzer Acten befindlichen Briefe Maschens hervorgeht, war die Fortführung des Streites in diesem Blatte höhern Orts untersagt worden. Allein nun antwortete von Rostock aus Taddel, ohne Zweifel auf Pistorius Betrieb, auf Sense's Angriff, zu Anfang des J. 1769 in den Rostockschen gemeinnützigen Aufsätzen. Nachdem er die zum vorigen Capitel mitgetheilte Pistorius=Hempelsche Beschreibung in der ausdrücklich ausgesprochenen Absicht vorausgeschickt, um sie bei Beantwortung der Senseschen Einwürfe zu Grunde legen zu können, folgte nun am 19. April 1769 in Nr. 16, 17, 22, 23 von ihm eine "Ehrenrettung" der Prillwitzer Alterthümer wider die von Sense "eingewandten Zweifel". Taddel weiset Sensen manche Widersprüche und unerwiesene Behauptungen nach; bemerkt in Betreff der Kleinheit der Prillwitzer Idole, daß, wenn die Wenden auch zum Theil in ihren Tempeln sehr große Götzenbilder verehrt hätten, es doch auch nicht unwahrscheinlich sei, daß anderer Orten die Bilder dieser Götzen auch im Kleinen wären anzutreffen gewesen; entschuldigt die Ungeschicklichkeit ihrer Bildung durch ihr hohes Alterthum und hält es nicht für unwahrscheinlich, daß die geschickter modellirten Bilder wirklich von fremden Nationen, wie den Römern und Griechen, entlehnt wären. Sowohl zu Anfange, als zum Schlusse weiset er auf die "aus Neubrandenburg [von Pistorius] versprochene vollständige und wichtige Abhandlung" hin, welche über diese Alterthümer hinreichendes Licht verbreiten werde, und erwähnt dazu in einer Anmerkung, wie der Prinz Karl von Meklenburg=Strelitz ein so großes Wohlgefallen an diesen

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Alterthümern gefunden habe, daß er sie durch den Hofmaler Woge habe zeichnen lassen, und nicht abgeneigt sei, sie auch in Kupfer stechen zu lassen, von welchen Kupferstichen dann die Abhandlung des Pistorius würde begleitet werden.

Pastor Sense entgegnete unter dem 18. October 1769 in Nr. 42 und 43 der Rostockschen gemeinnützigen Aufsätze auf die Taddelsche Ehrenrettung. Er hält sich zunächst über die so sehr von einander abweichenden Beschreibungen dieser Alterthümer auf: "So groß die Verschiedenheit dieser Alterthumsstücke ist, welche doch zu einem Pantheon eines Volks gehören sollen: so sehr sind auch die vielen Beschreibungen davon verschieden. Man darf sich nur erinnern, wie dieselben in dem hamburgischen Correspondenten, dem altonaischen Mercur und den eben gedachten rostockischen Aufsätzen sind geschildert worden: so wird die Frage entstehen: Welcher von diesen gelehrten Herren hat sie aus dem rechten Gesichtspunkte betrachtete und welcher ist frei von Parteilichkeit? Freilich! Wo der Patriotismus redet, da wird auch die Herrschaft der Eigenliebe kennbar. Die Tradition von der Entdeckung dieser Alterthümer ist so unschuldig nicht. Es sei aber, wie es sei, diese Alterthümer sind da etc. ." Sense bleibt dabei, die "Authenticität dieser Götzen als wesentlicher Originalstücke" zu bestreiten, und will sie durch diese Bezeichnung von "untergeschobenen und vermeinten Originalstücken" unterscheiden. Denn die eben erwähnte sonderbare Hypothese über den Ursprung der Prillwitzer Idole scheint er jetzt wieder fahren zu lassen und schreibt: Sind die Wenden so geschickt gewesen en migniature recht künstlich zu modelliren, warum so ungeschickt in größern Stücken? Haben sie mehr Kunst verschwendet an Neben= oder Hausgöttern, warum haben sie nicht für die zierliche Ausbildung ihrer großmächtigen Hauptgötter mehr Sorge getragen? Weil nun das erstere seine Richtigkeit hat, so wie das letztere unleugbar ist, daß nämlich die erstem sehr fein und sauber modelliret sind, die letztern aber nur schlechtweg, ja gar grob: so ist und bleibt es höchst wahrscheinlich, daß die ganze Sammlung von gegossenen Figuren mehr ein Mischmasch von allerlei alten Bildern; und die neuern Zierrathen hat der Vater der bisherigen Besitzer derselben, als ein Goldschmied, sich vielleicht auf seiner Wanderschaft gesammelt oder abgegossen und sich zu seinem künftigen Gebrauche und Nachbildung aufgehoben; als ein Pantheon der Hauptgötter eines so großen Volkes ist".

Nun trat endlich Genzmer selbst gegen Sense in die Schranken. Am 2. Mai 1770 erschien in Nr. 18 bis 21 der Rostockschen gemeinnützigen Aufsätze aus Genzmers Feder eine "anderweitige Beantwortung der Einwürfe des Herrn Pastors

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Sense zu Warlin", von welcher auch ein Separat=Abdruck existiren soll. Genzmer sagt, daß er diesen Aufsatz großen Theils schon gleich nach Bekanntmachung der Senseschen Einwürfe niedergeschrieben, seine Veröffentlichung aber nicht für nöthig gehalten habe, weil Taddel in der Ehrenrettung Sense's Einwürfe der Hauptsache nach hinlänglich widerlegt habe. Nachdem aber Sense "diese Alterthümer in einem fast allzu lebhaften Tone bestritten, grade als wenn er Recht übrig hätte", und Taddel sich dahin erklärt habe, ihm das letzte Wort zu lassen: so habe er (Genzmer) sich endlich entschlossen, seinen Aufsatz drucken zu lassen, zumal da mehrere Gelehrte, die denselben gesehen, ihn darum ersucht hätten. Er führt nun den Sense'schen Angriss auf 9 Hauptpunkte zurück, die er zum Theil genügend beantwortet, am wenigsten aber freilich in dem befriedigt, was er zur Rechtfertigung der Kleinheit der Idole sagt. Besonders entschuldigt er auch, daß der Radegast nicht, wie in den bisherigen Abbildungen, nackt, sondern bekleidet dargestellt sei. Bemerkenswerth ist auch, was er in Bezug darauf, daß Sense in diesem angeblichen Pantheon der Wenden doch manche Gottheiten dieser Nation vermisse, sagt: "Und endlich, wenn denn nun auch in dieser Sammlung einige Gottheiten fehleten, selbst von denenjenigen, deren Namen auf den Opfergeräthen stünden: so beliebe man sich zu erinnern, daß diese gesammten Alterthumsstücke, nach den an ihnen allen befindlichen Merkmalen ehedem einen starken Brand ausgestanden haben, bei welchem leichtlich ein und anderes Stück, wenns in starken Flammen gerathen wäre, gar zerschmelzen können; theils, daß von deren ehemaligen Besitzern bereits einige Puppen (die letztern Besitzer wissen nicht eigentlich zu sagen, wie viel?) beim versuchten Scheiden der Metalle, woraus sie bestehen, eingeschmolzen sein; theils endlich, daß die letztern Besitzer und Verkäufer vielleicht und vermuthlich noch einige Stücke für sich behalten haben und noch verhehlen, wovon aber aus ihnen, als sehr geheimnißvollen Leuten, nichts herauszubringen ist". - Am wichtigsten für unsern Zweck ist der Schluß seines Aufsatzes, in welchem er auf Sense's Entgegnung gegen Taddel zu sprechen kommt, und sich folgendermaßen vernehmen läßt: "Die neuen Einwendungen, welche der H. Past. Sense wider die Taddelsche Ehrenrettung dieser Alterthümer ins 42 und 43ste Stück der Rostockischen gemeinnützigen Aufsätze des 1769sten Jahres einrücken lassen, erfordern um so viel weniger eine anderweitige umständliche Beantwortung und Erörterung, je weniger Neues er darinnen zur Bestreitung dieser Alterthümer vorgebracht, sondern vielmehr nur einige von den schon beantworteten Einwürfen höchstens mit

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andern Worten wiederholet, und mit einigen Anzüglichkeiten und kleinen Spöttereien durchwebet, und, seiner Meinung nach, geschärfet hat. Dahin gehöret unter andern, daß er die Tradition von der Auffindung dieser Alterthumsstücke für so gar unschuldig eben nicht will gelten lassen; 8 ) daß er von eigennützigen Absichten des jetzigen Herrn Besitzers [des Dr. Hempel] redet; 9 ) daß er sie für untergeschobene und vermeinte Originalstücke erkläret; 10 ) daß er eine capitolinische Gans als recht wohl auf einen Hundskopf passend ansiehet u. s. w.". - "Die Verschiedenheit aber, welche in den dreien Beschreibungen dieser Alterthümer in dem Hamb. Correspondenten, in dem Altonaischen Merkur und den Rost. gem. Aufs. vorwaltet, und worüber er sich gleich anfänglich so sehr beschweret, sich auch recht viel darauf zu gute thut, ist theils offenbar von ihm übeltrieben, theils war solche gewisser Massen unvermeidlich, weil die mittlere nur aus flüchtigem Anblicke der Alterthümer, die erstere zwar aus näherer Betrachtung, doch aber nur vorläufig und eilfertig entworfen, die dritte hingegen aus eben derselben Feder, doch bei mehrerer Muße und nach genauerer Untersuchung hergeflossen ist; theils endlich rühret sie auch daher, daß nicht immer einerlei Zahlen in Bezeichnung der einzelnen Stücke gebrauchet worden. Sonder Zweifel aber ist die letztere Beschreibung aus angeführter Ursache die genaueste und zuverlässigste; außer, daß der Augenschein bei Betrachtung der Originalien oder den getreulich in Kupfer gebrachten Abbildungen wird entscheiden müssen, ob Hunds= oder mit Haaren stark bewachsene Menschengesichter an den beträchtlichsten Figuren sich finden."

Sense hatte zwar am Schlusse seiner Vertheidigung verheißen, in dieser Streitsache seine Feder nicht wieder anzusetzen. Allein er konnte es doch nicht lassen, in Nr. 37 und 38 der


8) "Man würde sich sehr irren, wenn man daraus schließen wollte, Hr. Past. S. habe Nachricht, daß die Alterthumsstücke wirklich untergeschoben und von einem neuern Künstler betrüglich nachgemacht wären. O nein! so arg ists nicht gemeinet, sondern die ganze Sache betrifft nur eine variantem lectionem. Er bat nur in Erfahrung gebracht, daß solche theils auf eine andere Weise, als die in den Rost. gem. Aufs. bei Beschreibung derselben vorgebrachte Tradition lautet, durch Verkauf an den ehemaligen Neubrandenburgischen Goldschmied Pählken von Prillwitz nach Neubrandenburg gekommen sein; theils aber, daß dieser schon einige Puppen eingeschmelzet habe; welches beides doch in der Hauptsache gar nichts ändert." Genzmer.
9) "Wer dessen Hang nach Seltenheiten von allerlei Art kennet, der wird auch leichtlich begreifen, daß es ihm um die Verkaufung dieser Alterthümer, auch selbst mit merklichem Vortheile und ansehnlichem Ueberschusse über die von ihm bezahlte Summe, so recht sehr eben nicht zu thun sei." Genzmer.
10) "Er hats aber so wenig hier bewiesen, als in dem ersten Angriffe Dieser ganze Groll rühret daher, weil die Götzenbilder nicht so groß und nicht von Golde waren, als er anfänglich gemeinet. Jener reisende Engländee, der zu Frankfurth a. M. sich die güldene Bulle wollte zeigen lassen, ward auch böse, als man ihm ein Buch vorwies, und glaubete, daß man ihn zum Besten haben wolle; weil er eine vorzügliche goldene Größe zu sehen hoffete." Genzmer.
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Rostock, gemein. Aufsätze vom J. 1770 unter dem Titel "Lob alter Original=Götzen wendischer Nation" einen Aufsatz einrücken zu lassen, der kaum verständlich ist, aber offenbar satyrisch sein soll, und wohl vorzugsweise auf Genzmer gemünzt ist; zur Sache enthält er übrigens nichts. Genzmer überlebte diese Fehde nicht lange; er starb im 55. Lebensjahre am 20. April 1771.


Die gottesdienstlichen Alterthümer der Obotriten, erläutert vom Superintendenten Masch, und dessen Gegner.

Schon oben, aus Taddels Ehrenrettung, haben wir erfahren, wie der Prinz Karl (Bruder und Nachfolger Adolf Friedrichs IV., der im J. 1816 verstorbene erste Großherzog von Meklenburg=Strelitz) an den Prillwitzer Alterthümern ein so großes Wohlgefallen gefunden, daß er sie durch den Hofmaler Woge habe malen lassen, und auch nicht abgeneigt sei, sie in Kupfer stechen zu lassen. Damals sollte noch Pistorius der Commentator zu diesen Kupfern sein; allein Genzmer scheint in seiner "anderweitigen Antwort" schon auf einen andern Commentator, nämlich den Superintendenten Masch, hinzudeuten. Der Hofmaler Woge, der Herausgeber des bekannten Kupferwerkes, versichert in der Vorrede, daß auf seine Bitten Masch sich entschlossen habe, seine Zeichnungen "mit einem gründlichen Commentare zu begleiten"; Masch selbst gesteht, 11 ) daß er bereits den Anfang mit dieser Arbeit gemacht, noch ehe Woge ihm einen Antrag deshalb gethan; sein Schwiegersohn Rudolphi hat später in der Gratulationsschrift zu Maschens fünfzigjährigem Amtsjubiläum behauptet, daß Masch "auf Befehl" des Prinzen Karl diesen Commentar geliefert habe. Es kann sein, daß man Masch mehr die Befähigung dazu zutraute, als Pistorius, der mit dem im J. 1768 erschienenen ersten Artikel seiner Meklenb. Adelsgesch., dem Geschlecht von Warburg, kein besonderes Glück gemacht zu haben scheint, denn die Fortsetzung des Werks unterblieb. Genug, Masch, dieser in der Theologie schon viel versuchte Schriftsteller, begab sich nun auf das Feld der Dämonologie. In Nr. 10. der


11) "Ich ließ, schreibt Masch in der Vorrede, hiesige Gelehrte über den Werth und Unwerth dieser ihnen selbst fast gänzlich unbekannten Alterthümer Schriften wechseln: und bemühete mich, diejenigen Nachrichten zu sammeln, welche ich hier vor Augen lege. - Der Anfang meiner Arbeit war bereits gemacht, wie der Herr Woge mir den Autrag that, daß ich ihm meine Ausarbeitung als eine Beschreibung zu den Kupferstichen überlassen möchte. Ich willigte hierin gar gerne."
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Strelitz. nützlichen Beiträge erfolgte schon, vom 19. Mai 1770 datirt, durch Woge die Aufforderung zur Subscription auf das intendirte Werk, und die Nummer vom 18. Juli d. J. brachte schon einen Probeartikel aus Maschens Commentar.

Inzwischen hatte Masch in Erfahrung gebracht, daß in der Sponholtzschen Familie noch mehrere Alterthümer aus dem Prillwitzer Funde zurückgehalten würden, welchen Umstand auch Genzmer in der "anderweitigen Beantwortung" angedeutet hatte. Masch suchte sich nun vor allen Dingen in den Besitz dieser Alterthümer zu setzen. Er schreibt darüber in der Vorrede: "Unterdessen blieb allezeit der Gedanke übrig, daß bei dem Herrn Sponholtz in Neubrandenburg noch mehrere Alterthümer verborgen sein möchten. Der Herr Dr. Hempel, dieser große Freund von dergleichen Seltenheiten der Kunst sowohl als der Natur, wandte sein äußerstes an, sie zu entdecken. Es war aber Alles vergebens. Mir glückte es endlich im abgewichenen Sommer bei einer dahin angestellten Reise, zuerst einige Stücke und bald hernach auch die übrigen auf gewisse Bedingungen zu erhalten". Diese Bedingungen giebt er weiterhin so an: "der andere Theil (der Alterthümer), welchen der Herr Sponholtz, der ehemalige Besitzer dieser ganzen Sammlung, meinen Händen anvertraut hat, ist mir mit dem Versprechen übergeben, daß ich jederzeit den Vorkauf haben solle. Auf diese Bedingung habe ich sie in Verwahrung erhalten. Ich verfahre so aufrichtig, daß ich dieses öffentlich bekannt mache, um zu erfahren, ob sich jemand findet, welcher diesen Rest zu kaufen Lust hat? Findet sich niemand, so werde ich mit demselben in eine nähere Unterhandlung treten".

Die hier erwähnte Reise Maschens nach Neubrandenburg muß im August 1770 stattgefunden haben. Er hatte bei dieser Gelegenheit die Aufmerksamkeit, das Manuscript seines Commentars an Pistorius mitzutheilen, der es ihm am 24. August mit einem höflichen Schreiben zurücksandte. 12 ) Folgende Tags


12) Dies Schreiben ist bei den Schweriner Acten befindlich. Es beginnt: "Ich danke aufs gehorsamste für geneigte Mittheilung des MSti. von unsern Alterthümern, und bezeuge meine aufrichtige Bewunderung der erstaunenden Bemühung, welche Ew. Hochwürden auf Lesung der hierin einschlagenden Schriftsteller verwendet haben, mit dem Wunsche, daß Dieselben völlige Muße bekommen mögen, dieses Werk bald zum Ende zu bringen". Dann äußert Pistorius sein Bedenken, ob anzunehmen sei, daß die Ostsee, wenn sie mit der Tollense wirklich in Verbindung gestanden, in einem Zeitraum von etwa 200 Jahren so gefallen sein solle, daß Prillwitz, Neubrandenburg und Friedland hatten angelegt werden können; Pistorius muß also damals an der Rhetra = Prillwitz Hypothese selbst wieder zweifelhaft geworden sein. Er fährt dann fort: "Das Vorurtheil von unsern Alterthümern in England ist spaßig genug. Da dem Vernehmen nach unser Herr Doct. Nugent anjetzo wiederum in hiesiger Gegend ist, so wird sich dadurch Gelegenheit finden, das kleine Versehen in Bekandtmachung der Vertheidigungen wieder gut zu machen. Ich will hoffen, daß dieser Freund unsern kleinen Ort doch wiederum (  ...  )
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berichtete auch der Pastor Stock aus Neubrandenburg über den Verlauf der Unterhandlungen mit dem Goldschmiede Sponholtz, die bei Maschens Anwesenheit noch nicht zum Schlusse gekommen waren, in einem bei den Schweriner Acten befindlichen Schreiben: "Von Herr Sponholtzen habe ich ein groß Compliment zu versichern. Er verspricht es mit allem Ernst zu betreiben, daß er mit Dr. Hempel auseinander komme, und Ew. Hochwürden dadurch in den Stand gesetzt würden, freyer zu handeln. Indes trägt er jetzt noch Bedenken die Stücke zu veräußern. Er glaubt, wenn sie erst durch den Abdruck bekannt gemacht würden, daß sich alsdenn auch raisonable Liebhaber finden möchten. Tempus docebit. Doch ließ er sich zugleich mercken, daß es wohl am besten sein würde, wenn sein Nahme verschwiegen bliebe und Ew. Hochwürden es lediglich auf sich nähmen. Ich sehe aber nicht, daß dies füglich angehn wird. Inzwischen will ich mir's angelegen seyn lassen, daß künftige Woche die Sache mit Dr. Hempel vorbey sey". Etwas mehr Licht über diese Angelegenheit verbreitet ein noch im Brouillon vorhandenes Schreiben des Goldschmiedes Sponholtz an Dr. Hempel vom J. 1774, welches mir kürzlich mit mehreren Sponholtzschen Papieren zu Handen gekommen ist. Dr. Hempel stand bereits im Handel mit Sponholtz und hatte schon wieder einen "Götzen" empfangen, als Masch dazwischen trat. Nun hatte zwar Hempel die in seinem Besitze befindlichen Alterthümer von Sponholtz für 100 Thaler gekauft, aber über diese Summe im Antoni=Termin 1768 nur einen Wechsel gegeben, den Hempel noch nicht eingelöst hatte; 13 )


(  ...  ) mit seinem Besuche beehren wird, und ich bitte ergebenst, Ihm gelegentlich meine große Empfehlung zu machen". Welches Vorurtheil in Bezug auf die Prillwitzer Alterthümer in England stattfand, vermag ich freilich nicht näher nachzuweisen. Von der zweiten Anwesenheit Nugents in Deutschland spricht auch Heynatz in der Vorrede zum fünften Theile der Buchholtzschen Geschichte der Kurmark und erwähnt, daß man ihn überall sehr kühl aufgenommen, weil man die Beschreibung seiner ersten Reise zu indiscret gefunden habe.
13) Noch im J. 1775 hatte Hempel seinen Wechsel nicht eingelöst und Sponholtz, dessen Anwalt in dieser Sache Pistorius war, verklagte nun wegen dieser Forderung Hempeln bei der Justizcanzlei in Neustrelitz. Hempel wollte den erwähnten Wechsel nebst andern Forderungen Sponholtzens durch Gegenforderung für ärztliche Bemühungen (228 1/2 Thlr. Gold auf 6 Jahre) quitt machen. Es fehlte von beiden Seiten nicht an den gehässigsten Beschuldigungen. So schreibt Sponholtz in dem erwähnten Briefe: "Ob es übrigens himmelschreyend teufflisch und vollenkommen jüdisch gesinnet sey", daß ich die nur von Herzogl. Canzley de dato 12. Oktob. 1772 zuerkannten 34 Thlr. verlange, oder ob es christlicher, für Alterthums=Stücke viehleicht nach 6 Jahren, was uns gefäldt, etwa 140 Thlr., zu geben, da wir schon so lange 300 Thlr., einen kleinen Prosidt! eingefasst, will ich itzo nicht untersuchen, sondern empfehle es Ew. Wohlgeboren zu entscheiden". Hempel erkannt es an, daß er "die aufgeführten 100 Thlr. für einige ihm überlassene metallene Figuren, welche alte Götzen vorstellen, schuldig geworden sei", und erklärte: "die metallenen Figuren, in Ansehung deren ich den Wechsel ausgestellet, gehörten Mutter und Brüdern gemeinschaftlich". Da jedoch in dem Wechsel keine Zahlungsfrist bestimmt war, so wurde Sponholtz mit seinem Antrage auf einen processus executivus gegen Hempel von der Justiz=Canzlei abge= (  ...  )
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dagegen der "reisenable Herr Superintendent", wie Sponholtz schreibt, erbot sich, für weit weniger Stücke weit mehr und zwar sogleich zu geben, als Hempel für weit mehr Stücke noch immer schuldigte. Doch schlug Sponholtz dem Superintendenten Masch noch nicht sogleich zu, sondern verlangte, daß die Stücke öffentlich sollten ausgeboten werden; und wenn dann von irgend woher ein höheres Gebot erfolgte, so sollte Masch wenigstens den Vorkauf haben.

Dem zu Folge erschien denn vom 8. September 1770 datirt eine 10 Quartseiten starke zweite Subscriptions=Anzeige bei Rellstab in Berlin, worin alle Stücke der nunmehr aus 68 Nummern bestehenden Sammlung aufgeführt und die von Sponholtz an Masch überlassenen 22 Stücke durch ein Sternchen kenntlich gemacht waren, ob sich vielleicht noch ein mehr bietender Käufer zu ihnen finden möchte. Ich habe diese gedruckte zweite Subscriptions=Anzeige noch nicht gesehen, 14 ) finde aber bei den Schweriner Acten eine von Maschens Hand geschriebene Anzeige, welche offenbar noch früher aufgesetzt ist, als Sponholtz jene Bedingung stellte. Es heißt darin: "Bei Bekanntmachung des Avertissements waren nur erstlich 45 Stücke bekannt. Da aber die Familie, welche die Alterthümer gefunden und bisher wegen ihres innerlichen Werthes geheim gehalten, sich die Alterthümer getheilet: so hat man jetzt noch 23 Slück entdeckt und erhalten, welche eine neue Zeichnung und Bearbeitung erfordern". Hier zählt Masch zu den 22 Stücken, welche er von Sponholtz erhalten, noch den "Götzen" hinzu, welchen bereits Hempel acquirirt hatte. Es sind aber diese 23 Stücke, welche jetzt zu den 45 Nummern der Pistorius=Hempelschen Beschreibung noch hinzu kamen, folgende in dem Woge=Masch'schen Kupferwerke: 1 und 2, der nackte große Radegast in 2 Exemplaren §. 61. - 3 und 4, der nackte kleine Radegast in 2 Exemplaren §. 71. - 5, Nemisa §. 118. - 6, Zislbog §. 125. - 7, Asri §. 153. - 8, der Götze ohne Namen §. 170. - 9, die Stange mit 6 Köpfen §. 186. - 10, die Opora mit der griechischen Inschrift §. 195.


(  ...  ) wiesen und ihm aufgegeben, das Capital zuvor zu kündigen. Dies muß aber nicht geschehen sein, denn nach Hempels im J. 1804 erfolgtem Tode machten die Gebrüder Sponholtz noch einmal diese Wechsel=Forderung gegen Hempels Erben geltend, haben aber schwerlich etwas erhalten. (Nach den Acten aus der Großherzogl. Justiz=Canzlei.) - Uebrigens war der erwähnte Wechsel nur für die zuerst vom Goldschmied Jacob Sponholtz an Hempel überlassenen (im 1. Genzmerschen Sendschreiben beschriebenen) Alterthümer ausgestellt; die im 2. Genzmerschen Sendschreiben beschriebenen 10 Stück Alterthümer erhielt Hempel von dem jüngsten Bruder des Goldschmiedes, und überließ ihm dafür eine Conchilien=Sammlung. (Nach denselben Acten.)
14) Ich kenne sie nur aus einer Recension Ludw. Giesebrechts in Schmidt's Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, 1844, 2. Bandes zweites Heft, S. 169.
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- 11, der Götze mit der Krebsscheere §. 197. - 12, der Friedensstab §. 227. - 13, der Opferteller des Radegast §. 243. - 14, der Opferteller des Podaga §. 246. - 15, die gemeinschaftliche Opferschale §. 251. - 16, die Opferschale des Radegast §. 254. - 17, die Opferschale des Zernebocg §. 263. - 19, das Opfermesser des Radegast §. 265. -20, das Opfermesser des Podaga §. 267. - 21, das Opfermesser der Sieba §. 269. - 22, das Opfermesser des Zernebocg §. 270. - 23, das Opfermesser des Swantewit §. 271.

Masch erreichte nun auch die schon länger gehegte Absicht, die Hempelsche Sammlung, und zwar, wie wir oben Anm. 13 vernommen, für 300 Thlr., an sich zu bringen, und so mit den übrigen von Sponholtz vorläufig erwordenen wieder zu vereinigen. Er schreibt darüber in der Vorrede: "Der eine Theil derselben ist bisher in den Händen des Hrn. Dr. Hempel, eines Gelehrten, der sie kennet und schätzet, aufbewahret worden. Hier waren sie freilich sicher. Allein, was nur in Privathänden ist, ist mancherlei Zufällen unterworfen. Die Sammlung, welche in der That die einzige ihrer Art ist, schien mir zu wichtig, als daß ich nicht hätte darauf denken sollen, wie man selbige in Sicherheit bringen möchte, daß sie keiner Zerstreuung unterworfen würde. Hiezu schien mir der einzige Weg zu sein, daß man sie an einem öffentlichen Orte aufstelle. Nach einer freundschaftlichen Unterhandlung ist der Hr. Dr. Hempel diesem Vorschlag beygetreten, und hat derselbe mir seine Sammlung für einen billigen Preis käuflich überlassen, mit der Bedingung, daß sie öffentlich aufgestellet werde. Dieses soll auch geschehen, und da wir jetzo in Neubrandenburg hiezu noch keine Gelegenheit haben, so werden diese Alterthümer so lange auf der zwar nur neu angelegten, aber bereits sehr ansehnlichen öffentlichen Bibliothek der Domkirche in Ratzeburg 15 ) aufgestellet werden, bis sich in Neubrandenburg, wie ich hoffe, hiezu eine ähnliche Gelegenheit darbieten wird". Doch währte es noch einige Jahre, bis die vereinte Sammlung nach Ratzeburg übergesiedelt und dort aufgestellt ward. Noch im J. 1774 schreibt Masch in den Beiträgen zur Erläuterung der Obotrit. Alterthümer S. 13 Anm. 10: "Mein Urtheil von der Verfertigung der Götzenbilder gründet sich auf den Augenschein. Da ich sie seit einigen Jahren in Händen und verschiedene in Metall abgegossen habe, 16 ) so kann ich gewiß behaupten, daß


15) Aus den reichen Fonds der Ratzeburger Domkirche wurden die Alterthümer auch bezahlt. Gratulationsschrift zu Maschens Jubiläum S. 19.
16) Zu diesen von Masch abgegossenen Idolen gehört ohne Zweifel der zu Neustrelitz in der sogenannten Rudolphischen Sammlung befindliche große nackte Radegast.
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sie in Handformen, die nur aus zwei Platten bestanden, abgegossen sind".

Erst um die Mitte des folgenden Jahres 1771 17 ) erschien nun endlich das bekannte Woge=Masch'sche Kupferwerk über die Prillwitzer Alterthümer. Masch theilt darin die Tradition über die Auffindung derselben nach genaueren Erkundigungen S. 3 also mit: "Die ganze Sammlung der noch vorhandenen Alterthümer, nebst einigen Stücken, welche bereits auf eine unersetzliche Art verlohren sind, ist in Prilwitz gefunden worden, und zwar nicht auf dem alten Schloßberge, welcher jetzo mitten im Dorfe lieget, sondern an der Nordseite des Berges nicht weit von dem Ufer der Tollense. Zwey metallene hohle Gefäße oder Grapen haben die ganze Sammlung in sich gefasset. Der eine ist aufrecht gestellet gefunden, und hat die Alterthümer in sich enthalten; der andere ist anstatt des Deckels darüber geleget, damit keine Erde hinein fallen könne. Auf den Grapens oder auf den Opferkesseln sind viele runische Schriften gewesen. An die zwey Centner altes Eisengeräthe hat man neben den beiden Kesseln in der Erde gefunden. Dieser Umstand beweiset deutlich, daß die ganze Sammlung mit Sorgfalt und gutem Vorbedachte vergraben worden. Die Zeit, wann diese Entdeckung geschehen, lässet sich nicht so genau beschreiben, indem der gefundene Schatz eine Zeit lang verhehlet worden. Indessen ist es gewiß, daß es im vorigen Jahrhunderte geschehen, in der Zeit von 1687 bis 1697, in welcher Zeit der Herr von Gamm das Dorf Prilwitz besessen. Der zu der Zeit lebende Pastor Friedrich Sponholtz, welcher 1697 im December gestorben, hat die Entdeckung gemacht. Der Pfarrgarten stößt an die Nordseite eines hohen Berges, der gegen Osten mit einem steilen Ufer an die See grenzet, jetzo aber abgetragen ist, und zur Erhöhung des adelichen Gartens gebrauchet worden. Da nun der Pastor einen Baum in seinen Garten eingraben wollen, und das Ufer gegen den Berg etwas abgestochen, sind diese Schätze entdecket und in Verwahrung genommen. Ob der Herr von Gamm solches zu der Zeit erfahren, ist ungewiß, indessen ist es doch nicht ganz unbekannt geblieben, sondern es hat sich davon ein Gerüchte verbreitet, welches aber geglaubet und bestritten, und niemals untersuchet worden. Wie der Pastor Sponholtz 1697 im Herrn entschlafen, hat die Wittwe während des Gnadenjahres sämmtliche Alterthümer, nebst den beiden Opferkesseln und Eisengeräthe, an den Goldschmidt Paelcke in Neubrandenburg verhandelt. Hier ist das Eisengeräthe verbrauchet die beiden Opferkessel


17) Die Vorrede Woge's ist vom 5. Mai 1771 datirt.
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sind zum Glockengusse gegeben worden, wie in Neubrandenburg eine neue Glocke gegossen worden. Die eigentlichen Heiligthümer aber sind, wo nicht alle, doch größtentheils erhalten worden. Der Goldschmidt Sponholtz in Neubrandenburg, ein Großvaterbruder=Sohn des Pastors Sponholtz zu Prillwitz, ward ein Schwiegersohn des Goldschmidt Paelcken in Neubrandenburg 18 ) und erhielte diese Sammlung durch die Erbschaft von seinem Schwiegervater. In den Händen der jetzigen Frau Wittwe Sponholtzen, gebohrnen Paelcken, und ihres Sohnes, des jetzigen Herrn Sponholtz, eines Goldschmiedes in Neubrandenburg, sind diese Schätze bisher geblieben. Ein Stück, wo nicht mehrere, und vermuthlich der Prove, ist in vorigen Zeiten eingeschmolzen, damit man einen Versuch mache, ob etwas edles Erzt herauszubringen wäre. Es ist aber der Versuch so abgelaufen, daß man es für besser gehalten, die Alterthümer unverletzt zu erhalten. - Ich führe aber diese sämmtlichen Umstände so weitläufig an, um den Verdacht einer Erdichtung abzulehnen". 19 )

Auch die Frage wegen der Aechtheit der Alterthümer berührt Masch mehrere Male, doch nur im Vorbeigehen, weil ihm die von Sense augeregten Zweifel daran zu geringfügig erschienen. "Man hat sich Mühe gegeben, schreibt Masch S. 24, "diese Alterthümer, nachdem man sie etwa ein paarmal flüchtig und obenhin angesehen, 20 ) für unächt oder für unerheblich zu erklären." Er bemerkt dagegen S. 38: "Wären es Puppen, die ein Künstler in neuerer Zeit gebildet, würden sie gewiß in einem ganz anderen Geschmack sein", und S. 41: "Gesetzt, es hätte ein Künstler diese Figuren gebildet, um einen Betrug zu spielen, so würde er doch entweder keine Runen darauf gestochen haben,


18) Am 21. April 1697, also noch vor dem Absterben des Pastor Sponholtz zu Prillwitz, hatte Maria Pälcke, Tochter des im J. 1715 zu Neubrandenburg verstorbenen Bürgermeisters Andreas Pälcke, den Bruder des Pastors Sponholtz, den Schmiede=Altermann und Kämmerer zu Neubrandenburg, Jürgen Sponholtz, geheirathet. Ihr Bruder war der Goldschmidt Johann Pälcke zu Neubrandenburg. Am 24. August 1726 kamen der Kämmerer Jürgen Sponholtz und der Goldschmied Johann Pälcke beim Herzoge um Dispensation zur Heirath von Sponholtzens ältestem Sohne, dem Goldschmiede Andreas Sponholtz, mit Pälckens einziger Tochter Johanna ein. Die Dispensation wurde ertheilt und die Heirath vollzogen. Der älteste Sohn aus dieser Ehe war der Goldschmied Sponholtz, von dem Hempel und Masch die Alterthümer erwarben. Siehe unten den Sponholtzschen Stammbaum. F. B.
19) "Alle diese Nachritten beruhen auf eine sorgfältige Erkundigung bei jetzo noch lebenden Personen, als dem Herrn Sponholtz und dessen Mutter. Die Frau Pastorin zu Badresch, verwittwete Heroldten, ist eine noch lebende Tochter der Wittwe, welche diese Alterthümer nach Neubrandenburg verkaufet hat, und weiß es sich gleichfalls zu erinnern, daß sie in der Jugend es gehöret, daß man bey dem Einpflanzen eines Baumes allerley Metallwerk in dem Pfarrgarten zu Prilwitz gefunden habe." Masch.
20) Hiemit zielt Masch wohl ohne Zweifel auf Sense. Auch Woge in der Vorrede schreibt: "vollends die Authenticität und ächte Beschaffenheit dieser sämmtlichen Alterthumsstücke von einem und dem andern bezweifelt werden wollte: so entschloß ich mich" etc. .
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oder, wenn er auch auf diesen Einfall gerathen wäre, hätte er doch die ausländischen und erstorbenen Sprachen unmöglich kennen können. Welcher Goldschmidt kann wendisch, gothisch und griechische?"

Auch Masch blieb nicht ohne Gegner. Der erste war der Hallesche Professor Joh. Thunmann in seinen "Untersuchungen über die alte Geschichte einiger nordischer Völker, Berlin 1772", deren vierte das Masch'sche Werk ausführlich scharf kritisirte. Aber diese Kritik beschränkte sich hauptsächlich nur auf die historischen und mythologischen Hypothesen und Erläuterungen Maschens, so wie auf seine Deutung der Runen=Legenden; gewiß nicht mit Unrecht warf er in dem letzten Punkte Maschen große Willkürlichkeit vor, der in diesen Runen=Legenden bald wendische, bald gotische, bald griechische Worte erblickte. Die Aechtheit der Prillwitzer Alterthümer bezweifelte übrigens Thunmann nicht. - Noch fataler für Masch war der zweite Angriff, welcher durch das im J. 1773 zu Bützow im Druck erschienene "Rhetra und dessen Götzen, Schreiben eines Märkers an einen Mecklenburger über die zu Prillwitz gefundenen Wendischen Alterthümer", geschah, denn in demselben wurden die beiden vornehmsten Hypothesen Maschens, daß diese Götzen wirklich aus dem Tempel zu Rhetra wären, und daß Rhetra auf der Stelle des Dorfes Prillwitz gestanden habe, - für nicht erwiesen angesehen, und der Gegenbeweis versucht. Es wurde für unmöglich erklärt, daß im 11. und 12. Jahrhunderte noch, wie Masch behaupte, der "See Tollense ein Theil oder Binnenwasser der Ostsee gewesen, wovon noch die Verbindung des Sees mit dem Haff und der Ostsee vermittelst des Stromes Tollense und der Pene übrig sei", weil schon in Urkunden Karls des Großen und Otto's des Großen die Peene als ein Fluß, der zur Ostsee ströme, erwähnt werde; unmöglich könne also die Tollense, welche in die Peene falle, damals ein Binnenwasser der Ostsee gewesen sein, sondern müsse auch damals schon einen nicht viel höheren Wasserstand gehabt haben, als sie noch heutiges Tages habe. Daß aber Prillwitz nicht auf der Stelle von Rhetra liegen könne, wurde aus der im J. 1170 ausgestellten Stiftungsurkunde des Klosters Broda bewiesen; in dieser würden die Dörfer Broda, Wustrow und Prillwitz an der Tollense aufgeführt, und es sei undenkbar, daß bereits wenige Jahre nach dem Zeitpunkte, welchen Masch als den der Zerstörung Rhetra's annehme, hier ein wendisches Dorf solle gelegen haben. Eben so wenig folge aus dem Auffinden der mit der Inschrift "Rhetra" versehenen Idole, daß dieses auf der Stelle von Prillwitz, wo sie gefunden worden, gelegen habe. Gesetzt auch sie wären wirklich aus dem Tempel zu Rhetra, so

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könnten sie hier in weiterer Entfernung (der Verfasser nimmt an, Rhetra habe an der Müritz gelegen) auf der Flucht ins pommersche Gebiet, zu welchem Prillwitz damals gehörte, vergraben worden sein. Die Tempel=Götter aus Rhetra aber wären diese kleinen metallenen Puppen sicherlich nicht gewesen, denn die Tempel Götter der Wenden würden von allen gleichzeitigen Schriftstellern als Kolosse, oder doch wenigstens als in Menschen=Lebensgröße gebildet beschrieben; diese 6= bis 7zölligen winzigen Bilder könne man etwa nur für Hausgötzen irgend eines wohlhabenden Wenden halten.

Der Verfasser dieses Sendschreibens war Buchholtz, der jetzt berühmte Verfasser der Geschichte der Kurmark Brandenburg, den Friedrich der Große zur Belohnung seiner Verdienste um die vaterländische Geschichte hatte als Oberpfarrer nach Cremmen versetzen lassen, und der Freund, an den es gerichtet ist, war ohne Zweifel Pistorius. Wahrscheinlich unmittelbar nach Erscheinen des Woge=Masch'schen Werkes hatte Pistorius Buchholtzen zu einer Beurtheilung desselben aufgefordert, und dieser hatte seinem Wunsche bereitwillig entsprochen. Allein Buchholtz, oder auch Pistorius, nahm anfänglich noch Anstand, das "Sendschreiben durch den Druck zu veröffentlichen. Als man sich späterhin dazu entschloß, arbeitete Buchholtz seine kleine Schrift noch einmal sorgfältig um, und so trat sie denn im J. 1773 ans Licht. Ein Exemplar der ersten Bearbeitung - wahrscheinlich von Buchholtzens eigener Hand geschrieben - ist bei den Neustrelitzer Acten vorhanden. Der Eingang ist in den persönlichen Bezeichnungen noch deutlicher, als die hernach gedruckte Bearbeitung, weshalb ich ihn hier mittheile:

"Mein Liebster Freund! Es ist kein geringer Verlust für mich, seitdem ich meinen Aufenthalt verändern, und die Meklenburgischen Gräntzen verlassen müssen, daß ich der Ehre des angenehmen Briefwechsels mit Ihnen entbehren muß. Wenigstens hat die Entfernung denselben sehr unbequem gemacht, so daß ich des Vergnügens von Ihrer geehrten Hand einige Zeilen zu sehen, allhier in drey Jahren nicht genossen. Ich dachte schon, daß ich bey Ihnen vergessen sey, bis mich Ihre Güte vor einigen Wochen eines andern auf die angenehmste Art überzeugte. Ihr freundschaftlicher Brief ist mir Bürge davor, daß Sie noch der nemliche seyn, der Sie damals waren. Und so kann ich Sie auch versichern, daß mir das Andenken an einen solchen Freund immer neu sey, und ich mich mit Wohllust des Briefwechsels über verschiedene Stücke der Geschichte erinnere, 21 ) damit wir uns da=


21) Er meint hier wohl die mit Pistorius auf Anlaß von dessen Meklenburg, Adelshistorie, geführte Correspondenz.
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mals belustigten. Erlauben Sie, liebster Freund, daß ich denn diesem Vergnügen auch in gegenwärtiger Entfernung von Ihnen nachhänge, und mir schreibende vorstelle, wie frey und vertraulich wir uns damals unsere Gedanken einander eröfneten. Sie sind so gütig und fordern mich selbst dazu auf, ich soll Ihnen meine Gedancken von Alterthümern Meklenburgs mittheilen, deren Entdeckung unsern Tagen aufbehalten gewesen, wenn sie gleich nicht mit Ihren eigenen Gedancken übereinkommen mögten".

"Die "Gottesdienstlichen Alterthümer der Obotriten aus dem Tempel zu Rhetra am Tolenzer See", die Herr Woge gezeichnet und in Kupferstichen der Welt vorgeleget, und der Hochwürdige Hofprediger und Consistorial=Rath Masch erleutert hat, die soll ich beurtheilen! Nun, Sie fordern es von mir, das ist Berufs genug dazu für mich. So sage ich Ihnen dann, daß an den Originalien gewiß ein großer Schatz der alten Welt gefunden worden, ein Schatz, um unsere Historische Erkentnis mehr zu bereichern, als bisher ohne sie geschehen können, ein Schatz, um uns von der Abscheulichkeit des Götzendienstes der Heiden recht zu überzeugen, die so ungestalte Bilder göttlich zu verehren verblendet genug gewesen, und auch physice solche Greuel für Bilder Gottes angenommen. Denn daran kan wohl Niemand zweifeln, daß diese Bilder ein Gegenstand Wendischer Andacht gewesen, so wohl bey den Tolenzern und Rhedariern, als bei den Obotriten; und die Nachwelt wird es sowohl dem Herrn Woge, als besonders Sr. Hochwürden dem Herrn Consistorial=Rath stets zu dancken haben, daß sie sich einen richtigen Begriff von den Götzen hiesiger Wenden machen kan, davon bisher viel unrichtiges gedacht worden."

"Indessen, mein liebster Freund, muß ich doch gestehen, daß ich wünschte, der Hr. Consistorial=Rath hätte seine geäusserte Meinungen von diesen Götzen sowohl, als von der ehemaligen Stadt Rhetra, in deren Tempel sie gestanden haben sollen, so ausgeführet, daß ich, und wer sonst der Geschichte des Nordischen Theils von Deutschland kundig ist, von der Gewißheit seiner Sätze überzeuget würde. Ich kan nicht leugnen, daß ich seine zwo Haupt=Hyothesen 1) daß die Götzen würklich aus dem Tempel zu Rhetra seyn, und 2) daß Rhetra auf der Stelle des Dorfs Prillwitz am Tolenzer=See gestanden, nicht vor so erwiesen ansehe, als er glaubet sie erwiesen zu haben. Einem nunmehr verstorbenen Freunde, 22 ) der mir diese Alterthümer zu allererst bekannt machte, als sie kaum gefunden oder unwissenden Händen halb entrissen waren, und eben das davon dachte, was der Hr.


22) Der Präpositus Genzmer.
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Consistorial=Rath, habe ich schon damals geschrieben, er würde sich vielleicht in beyden Stücken irren: doch hatte ich eben nicht Lust, ihm sonderlich an seiner Belustigung daran zu hindern; und ich würde mir die Mühe nicht genommen haben, die Erleuterungen des Hrn. Consistorial=Raths genauer zu prüfen, wenn Sie, mein liebster Freund, mich nicht dazu aufforderten. Aber es thut mir leid, daß so sehr ich den Fleiß und die Gelehrsamkeit bewundere, die dieser große Mann, sonderlich in der Vorrede, angewendet hat, die angenommene Stelle von Rhetra fest zu setzen, ich in meinen Zweifeln dadurch noch mehr bestärket werde. Ich will Ihnen hiemit meine Anmerkungen darüber liefern, und die werden zeigen, ob meine Zweifel Grund haben. Ich protestire aber feyerlichst, daß dadurch bey mir nichts von der Hochachtung, die ich dieses großen Gottes=Gelehrten unserer Kirche anderweitigen Verdiensten schuldig bin, abgehe."

Maschen war offenbar dieser Angriff auf seine Hypothese über die Lage von Rhetra höchst unangenehm. Er ließ vor läufig eine vom 16. Februar 1774 datirte Widerlegung in Nr. 8 und 9 der Strelitz. nützlichen Beiträge einrücken, in welcher er Buchholtzen als den Verfasser des Sendschreibens nannte. 23 ) Buchholtz las diese Entgegnung noch einige Wochen vor seinem Tode (am 29. April 1774), versicherte aber seinem Freunde Heynatz: "daß ihm eine Gegenantwort leicht sein würde, daß er aber Bedenken trüge, sich weiter in die Sache einzulassen, die er nun dem Publicum gern zur Entscheidung überließe". In demselben Jahre zur Michaelismesse erschien nun auch eine ausführliche Entgegnung von Masch gegen Thunmann und Buchholtz unter dem Titel: "Beiträge zur Erläuterung der Obotrit. Alterthümer". In der vom Todestage Buchholtzens datirten Vorrede behauptet Masch: "Dieser gelehrte Mann hat sogleich, wie 1771 meine Erläuterungen ans Licht traten, seine Gedanken von der Lage der Stadt Rhetra und dem Werth der Götzen=


23) Heynatz in der Vorrede zum 5. Theile der Buchholtzschen Geschichte der Kurmark schreibt S. XX: "Buchholtz hat viel Fleiß an diese kleine Schrift gewandt und sie vor dem Drucke so gar ein mal ganz wieder um gearbeitet. Sie ist auch nicht ohne Beifall geblieben. Der Herr Consistorialrath Masch selbst dankte dem Verstorbenen in einem eigenen Briefe für die Artigkeit, mit welcher er ihm begegnet, und versprach ihm, wenn er noch Zusätze zu der Schrift zu machen hätte, dieselben in den Beiträgen zur Erläuterung der Obotrit. Alterthümer, die er herauszugeben Willens wäre, zu nützen. Ich sehe aus einem Verlagsverzeichnisse, daß diese Beiträge auf gegenwärtiger Michaelismesse erscheinen sollen, und zweifle nicht, daß der Herr Consistorialrath Masch so wol auf die von ihm selbst erkannte artige Begegnung, als auf den Umstand, daß sein Gegner unterdessen gestorben ist, und sich nicht mehr verantworten kann, Rücksicht nehmen werde. Eine kurze Beantwortung, die der Herr Consistorialrath in den Strelitz. nützlichen Beyträgen einrücken lassen, hat der Verstorbene noch gelesen, mich aber noch kurz vor seinem Tode versichert," u. s. w.
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bilder aufgesetzet und selbige einem Freunde zugesendet, in dessen Händen der Aufsatz auch geblieben, bis er nun ohne Vorwissen des Herrn Verfassers dem Drucke übergeben worden. Der Aufsatz hat alle Merkmale, daß ihm die letzte Hand seines Urhebers fehlet". (!) Uebrigens war Maschens Vertheidigung gegen Thunmann schwach, noch schwächer die gegen Buchholtz. Auf das, was dieser aus der Erwähnung der Peene in Urkunden Karl's und Otto's des Großen gegen den supponirt höheren Wasserstand der Tollense als eines Binnenwassers der Ostsee gefolgert hatte, antwortet Masch so gut wie gar nicht; den Namen von Prillwitz sucht er aus der Brodaschen Stiftungsurkunde dadurch zu entfernen, daß er die darin aufgeführten Namen größtentheils für verschrieben erklärt, und z. B. aus Prillwitz das Dorf Priborn jenseits der Müritz macht. Masch hat seitdem noch wiederholt seine Hypothese von der Lage Rhetra's dem Publicum in Zeitschriften zum Besten gegeben, und mit den alten, aufgewärmten Argumenten unterstützt, scheint aber bei dem urtheilsfähigen Theile desselben kein Glück mehr damit gemacht zu haben.


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Gideon Nathanael Sponholtz.

Bis jetzt ist immer nur von dem Goldschmiede Sponholtz die Rede gewesen; es ist aber nöthig, mit seiner gesammten Familie uns etwas genauer bekannt zu machen. Diese bestand zur Zeit, als der Handel mit den Prillwitzer Idolen vor sich ging, aus der Wittwe des im J. 1759 verstorbenen Goldschmiedes Andreas Sponholtz, und deren drei Söhnen: Jacob Ernst Sponholtz (geb. 1734), welcher die Profession des Vaters fortführte, Jonathan Benjamin Sponholtz (geb. 1740), der bei dem Bruder als Gesell arbeitete, und Gideon Nathanael Sponholtz (geb. 1745), der ohne einem bestimmten Berufe sich zu widmen aufgewachsen war, weil er der Liebling der Mutter war, und die Wohlhabenheit der Familie es erlaubte. Das vom Vater hinterlassene Vermögen muß sehr bedeutend gewesen sein, da die Brüder, obwohl sie selbst der Obrigkeit eine klare Einsicht in ihre Verhältnisse zu entziehen wußten, doch einen Belauf desselben von wenigstens 20,000 Thlr. einräumen mußten. Sie blieben nämlich nach dem Tode des Vaters in ungetheilten Gütern mit der Mutter sitzen, welche die Vormundschaft für die beiden noch nicht mündigen Söhne übernahm, ja kraft eines besonderen Familienpactes ließen sie dieses Verhältniß auch noch fortbestehen,

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nachdem sie sämmtlich volljährig geworden waren. Es schien ihnen dies die angemessenste Weise, um das Geschäft des Vaters am einträglichsten fortzuführen. Dieses war nun zwar nominell die Goldschmiede=Kunst, eigentlich aber die Geldnegocianten=Profession; heutiges Tages würden sie eine Familie von Börsenspeculanten gebildet haben, damals freilich standen sie nur auf dem Standpunkte gemeiner Wucherer. Dieses Geschäft scheinen schon Väter und Großväter betrieben zu haben. Um es desto sicherer in der Familie zu erhalten, hatten schon die Großväter, der Kämmerer Jürgen Sponholtz und der Goldschmied Johann Pälcke, eine Ehe zwischen Sponholtzens ältestem Sohne Andreas und der einzigen Tochter Pälckens, Johanna, aufs Tapet gebracht, obgleich die Mutter des Bräutigams die Vaterschwester der Braut war. 24 ) Aus dieser Ehe entsprangen die erwähnten drei Brüder, welche nach dem Tode des Vaters nun im Verein mit der Mutter das in der Familie hergestammte Geschäft fortsetzten.

Auf den ältesten Sohn, den Goldschmied Jacob Sponholtz hatte sich die Neigung des Vaters und der Mutter 25 ) in vollem Maße fortgepflanzt. Er hielt zwar eine Werkstätte, in der seine Gesellen arbeiteten, und trieb einen starken Handel mit altem Gold und Silber, das er sowohl in großen Quantitäten, als auch in gestohlenen Löffeln, abgeschnittenen Tressen u. s. w. aufkaufte und dadurch öfter in ärgerliche Händel sich verwickelte. Aber seine eigentliche Beschäftigung war der Geld=Commerce, den er in großer Ausdehnung betrieb, wovon seine Rechnungsbücher und seine ungemein ausgebreitete Correspondenz noch Zeugniß geben. Große Summen, bisweilen hoch in die Tausende, lieh er an den in Geldverlegenheiten steckenden Adel der Umgegend, aber er verschmähte es auch nicht, kleine Summen auf Pfänder, besonders Gold= und Silbersachen, vorzustrecken, welche er, wenn sie Verfallen waren, sofort einschmolz. Dieser kleine Wucher scheint vorzugsweise seine Liebhaberei gewesen zu sein.


24) Zur genauem Einsicht in die Verhältnisse der Sponholtzschen Familie gebe ich auf der folgenden Seite eine Stammtafel derselben nach einem mir von dem Herrn Pastor Sponholtz zu Rülow mitgetheilten vollständigen Stammbaume der Familie, den ich mit den mir zu Gebote stehenden Familien=Papieren und dem hiesigen Kirchenbuche verglichen habe.
25) Als Curiosum sei hier nur erwähnt ein an die verwittwete Frau Sponholtz gerichtetes Bittschreiben der Wittwe des Bürgermeisters Keller zu Neubrandenburg, worin diese die Sponholtzen ersucht, ihren zu Pfande stehenden schwarzen seidenen Rock ihr auf einige Tage zu leihen, weil sie zum heil. Abendmahle gehen wolle.
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Stammtafel der familie Sponholtz
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Der mittlere von den Brüdern, Jonathan, nachdem er einige Jahre in der Fremde auf der Wanderschaft gewesen, gab, heimgekehrt, seine Profession auf, heirathete im J. 1775 die Tochter des Pastors Barckow zu Peccatel und wählte den Verhältnissen seiner Frau angemessenem Stand eines Brauers und Gastwirths zu Neubrandenburg. Er erhielt zu dem Behufe aus dem gemeinschaftlichen Vermögen 6000 Thlr. "angeliehen", blieb aber Theilhaber des Compagnie=Geschäftes, welches Mutter und Bruder mit eben so vielem Eifer, als gutem Erfolge betrieben.

Der jüngste der Brüder, Gideon, war beim Tode des Vaters erst 14 Jahre alt und verließ die Schule zeitig, ohne irgend nennenswerthe Kenntnisse auf derselben erworben zu haben; übrigens war er ein offener Kopf, schlau und verschlossen. Er blieb bei der Mutter und dem unverheirathet bleibenden Bruder, ohne sich einem besonderen Fache zu widmen, besorgte die Correspondenz der Mutter, schrieb Mahnbriefe und Kündigungen und beschäftigte sich eifrig mit "Versuchen zur Veredlung der Metalle". Noch gegen Ende des J. 1767 schrieb er, daß "der in Stocken gerathener und nunmehro erstorbener Silber Handel ihn zu den festen Entschlus ein Landmann zu werden gebracht", als der bald darauf stattfindende Alterthümer=Handel mit Hempel ihm eine andere Richtung gab. Mit Hempel, Pistorius und Genzmer in Connex gekommen, wurde er Sammler von Profession, vorzugsweise von Naturalien und Alterthümern; eine andere Absicht dabei, als sich den Anstrich eines Gelehrten zu geben und durch seine Sammlungen unter Gelehrten einen Namen zu machen, läßt sich nicht erkennen. Besonders scheint Pistorius, selbst eine Art hagestolzer Sonderling, an dem listigen, versteckten Sonderlinge Gideon Gefallen gefunden zu haben. Seit dem J. 1768 bis an seinen Tod im J. 1780 lebte Pistorius mit Gideon in Freundschaft; als dieser im J. 1775 ein Stammbuch anlegte, schrieb Pistorius in dasselbe: "Diese Welt ist die beste, und in dieser besten Welt wünsche ich meinem besten Freunde Sponholtz jederzeit das beste Wohlergehn".

Allein es genügte Gideon nicht, durch sowohl in der Umgebung von Neubrandenburg, als auch an entfernteren Orten unermüdlich betriebene Nachgrabungen Alterthümer für seine Sammlung zu gewinnen. Sehr schmerzlich vermißte er die Prillwitzer Alterthümer, besonders "seine Götzen" (auch sein Erbantheil war ja darunter), die durch den Bruder in Hempels und Maschens Hände gekommen waren. Da gerieth er (angeblich in den Jahren 1777 oder 1778) auf den Einfall, ob er den Verlust nicht durch Götzen von eigener Fabrikation ersetzen könne. Mit Hülfe des Töpfers Pohl der die Modelle machte, und des

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bei seinem Bruder arbeitenden Gesellen Neumann, der sie heimlich abformte und in Metall abgoß, führte er ihn aus. Neumann mußte nach dem Masch'schen Werke mit dem Schrootpunzen auf die Metallbilder Runen=Legenden schlagen, und Gideon ließ sie dann durch Borax mit grünem Roste anlaufen, um ihnen das Ansehen des Alterthümlichen zu geben. Der älteste Bruder soll zwar die Modelle gesehen, von ihrer eigentlichen Bestimmung aber nichts geahnt haben. Ob Pistorius diese Metallbilder 26 ) gekannt, ob auch er durch Gideon getäuscht wurde, wie Masch, vermag ich nicht zu bestimmen; vor dem Verdachte einer Mitwirkung zu diesem Betruge sollte übrigens Pistorius sein durchaus ehrenwerther Charakter bewahren. Die Runen=Legenden können sehr wohl von Gideon selbst gewählt sein, denn (bis auf einen einzigen) kommen die Namen der Götzen alle in dem Woge=Masch'schen Kupferwerke vor, 27 ) das nach Neumanns Aussage ihm Gideon vorgelegt hat.

Die erste Kunde von diesen neuen Schätzen in Gideons Museum bringt uns Masch. Im Herbste des J. 1779 wurde auf einem den Sponholtzen zugehörigen Ackerstücke bei Neubrandenburg, im sogenannten Küssowschen Felde nahe beim Ilenpôl (Igel=Pfuhl) beim Pflügen ein Grabmal entdeckt, bei dessen Oeffnung Masch selbst zugegen war und den daselbst gemachten Fund in Nr. 16 der Strelitz. nützlichen Beiträge vom J. 1780 beschrieb. Er sagt:

"Selten aber ist es, daß man ein so charakteristisches Grabmal entdecket, wie dasjenige ist, so im vorigen Herbste auf dem Neubrandenburgischen Felde gefunden worden. Bey diesem Grabe finden sich Umstände, welche der Bemerkung würdig sind, und alles zusammen stimmet darinn überein, daß es ein Grabmal eines Mannes gewesen, der etwas wichtiges in Mecklenburg vorgestellet, und wohl nichts weniger, als ein König des ehemaligen hiesigen Volkes gewesen ist. Zu dieser Vermuthung veranlassen mich die außerordentlich schönen und kunstreich gearbeiteten metallenen Urnen, die in den Urnen aufbewahrten schönen Geräthe, Ringe, Angehänge, und die merkwürdigen Steine, welche unter und neben den Urnen geleget waren".

"Wie das Grab entdecket und die Urnen ausgehoben waren,


26) Es waren übrigens nicht alle Götzenbilder, sondern eine ganze Menge von Amuleten, Opferschalen, Opfermessern u. s. w., alle mehr oder weniger mit Runen signirt.
27) Levezow S. 23 wundert sich: "daß auf diesen Bildern Namen von Götzen zu lesen sind, welche sich in dem Mascheschen Werke nicht befinden, als die Namen Othin, Rugewit, Razivia, Zarnevit, Hela u. dergl.". Mit dem Namen Zarnevit hat dies allerdings seine Richtigkeit; für die andern aber nicht, insofern man Gideon nur die Kenntniß zutraut, die entsprechenden Runen auf den Kupfertafeln aufsuchen zu können, denn Othin findet man bei Masch S. 63, Rugewit S. 79, Razivia S. 98, Hela S. 146.
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hat man in der Tiefe weiter nachgesucht, und 4 Steine gefunden, 28 ) welche eine vorzügliche Aufmerksamkeit verdienen. Der größeste ist 15 1/2 Zoll lang, auf der glatten Fläche 7 Zoll breit; die Höhe ist ungleich, und an den mehresten Stellen 6 Zoll. Der Stein ist kein eigentlicher Kiesel, sondern ein blättriger grauer Stein mit vielem Glimmer. Die ebene Fläche weiset uns die Kunst der Wenden in Stein zu arbeiten. Ganz unten auf der Fläche sind die drey Rhunen=Buchstaben RAL gehauen. Ueber diesem Worte stehet das Mecklenburgische Wapen, ein Büffelskopf, welcher von dem Maule bis zwischen den Anfang der Hörner beynahe 4 Zoll lang, und bey den Augen fast 3 Zoll breit ist. Die Hörner sind vom Kopfe bis zur Spitze 2 1/2 Zoll lang. Neben dem rechten Auge stehen drey Rhunische Buchstaben. Die beyden ersten sind in einander gezogen und unkenntlich; der dritte ist ein kenntliches A. Zwischen den Hörnern stehet ein Rhunisches M. Ueber diesem Buchstaben ist eine Figur eingehauen, welche 5 1/2 Zoll lang ist. Dem ersten Ansehen nach ist es ein Vogel, dessen Kopf niederhängt, weil der Stein keine andere Stellung verstattet. Nachdem ich aber den Stein noch einmal ausgewaschen und ein Vergrößerungsglas zu Hülfe genommen, so finde ich hier das Bild eines Ochsen, der Kopf desselben stehet über dem rechten Horn des Büffelkopfes, und hat nur eine hervorragende Spitze, welche ein Horn vorstellen soll. Vier etwas gekrümmte Linien sind die 4 Füße und eine grade Linie ist der Schwanz. Der Kopf ist 1 1/2 Zoll lang und der Leib 2 Zoll dick. Gerade über den Rücken stehet ein Rhunisches S, und über dieses eine gerade Linie über die ganze Breite des Steines. Alles ist eingehauen."

"Der Zweyte Stein ist ein Sandstein, welcher zerschlagen und so gesprungen ist, daß er eine Fläche erhalten, welche 6 Zoll lang, und auf dem einen Ende 4 Zoll breit ist. Auf dieser Fläche sind 3 Buchstaben eingehauen Z I der dritte Buchstabe bestehet aus 2 gehauenen Linien, welche einen spitzen Winkel machen."

"Der dritte Stein ist ein Kiesel, von welchem das eine Ende abgeebnet ist. In dieser Fläche ist eingehauen BEL."

"Der vierte Stein ist ein blättriger Glimmerstein. Es ist Schade, daß von diesem vieles abgesprungen ist. Muthmaßlich hat derselbe eine ganze Inschrift enthalten. Denn auf dem noch vorhandenen Stücke stehet deutlich ZIRA. Diese Steine zeigen Merkmale des Feuers auf, und sind ohne Zweifel mit in dem


28) Die vier hier von Masch beschriebenen Runensteine finden sich auch unter den von v. Hagenow beschriebenen Neustrelitzer Runensteinen Fig. 3, 10, 11, 5.
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Scheiterhaufen gewesen, auf welchem der Held verbrannt worden, welchem zu Ehren diese Inschriften mit Steinen versehen sind."

"Die Entdeckung dieser Steine sowohl als der Urnen und übrigen Geräthe ist sehr wichtig, und giebt zu manchen Betrachtungen eine Veranlassung. Ehe ich aber diese vorlege, muß ich ein kleines Schild beschreiben, welches in der einen Urne gefunden worden. Es ist von Metall und länglich rund, die Länge 1 1/2 Zoll, die größeste Breite 1 1/4 Zoll. Oben ist ein rundes Loch durchgebohret, daß man es mit einem Bande anhängen kann. Unter dem Loche ist ein erhaben gegossener Vogel, etwas über einen halben Zoll lang, und unter diesem stehet in zwey Reihen mit Rhunen=Buchstaben RADE GAST. Die Rückseite stellet ein Gitterwerk vor. Das ganze Stück ist mit dem schönsten edlen Rost überzogen."

Dieses kleine Schild oder Amulet mit dem Vogel und der Runen=Legende Radegast befindet sich zufällig nicht unter dem vom Grafen Potocki (siehe weiter unten) abgebildeten Alterthümern der Gideonschen Sammlung. Es ist aber noch gegenwärtig in der Neustrelitzer Sammlung vorhanden und gleicht in Technik, Charakter und grünem Rost so gänzlich den übrigen von Gideon selbst gefertigten Alterthümern, daß der Verdacht sehr nahe liegt, Gideon habe diese Alterthümer, welche er in Maschens Gegenwart feierlichst aufgrub, vorher selbst heimlich hier eingegraben; daß Runensteine zu solchen Grabmälern gehörten, darüber hatte ja Masch selbst (S. 67 und 86) ihn belehrt. Dieser Verdacht wird dadurch noch mehr bestärkt, daß Gideon später vorgab, nicht nur jenes Amulet mit Vogel hier gefunden, sondern noch zahlreiche andere metallene Alterthümer mit Runen=Legenden hier ausgegraben zu haben. Die kleine Schrift des Pastors Kortüm zu Neubrandenburg: "Beschreibung eines neulich bei Neubrandenburg gefundenen wendischen Monuments (1798)" berichtet darüber S. 24: "Vor mehreren Jahren wurden selbst in der Gegenwart des Herrn S. Masch an einem Orte auf dem Neubrandenburgischen Felde, wo sich etwas vermuthen ließ, Nachforschungen angestellt. Es wurden auch wirklich acht wendische Alterthümer gefunden, aber was recht zu bedauern war, die entscheidendsten Stücke kamen ihm nicht zu Gesichte. In der Sammlung des Herrn Sponholz befindet sich, außer einigen kleinen Geräthschaften mit der Aufschrift Rhetra, die bey dieser Gelegenheit gefunden worden, noch ein kleiner, etwa spannenlanger, sehr silberhaltiger Radegast, der an demselben Ort gelegen. Er hat nur einen Fuß, der wahrscheinlich abgebrochen worden, entweder bey dem Ausgraben oder um den Gehalt zu probiren. Seine ganze Gestalt zeigt es, daß

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er in eben demselben Feuer gewesen, wovon die übrigen in Prilwitz gefundenen Alterthümer so sichtbare Spuren an sich tragen. Er muß sich in der Nähe von bleiernen Geräthschaften befunden haben, denn er hat noch hin und wieder einzelne Stellen, an welchen zerschmolzenes Blei sitzt". 29 )

Nicht lange nachher erschien unter Gideons Aegide eine Chronik von Neubrandenburg. P0istorius halte Materialien zu einer solchen gesammelt, die Gideon nach dem im J. 1780 erfolgten Tode des Pistorius 30 ) aus seinem Nachlasse an sich zu bringen wußte. Nun traute er es sich zwar nicht zu, selbst sie zu bearbeiten und öffentlich als Schriftsteller aufzutreten, aber der Zufall führte ihm einen Gehülfen zu. Ein Baron Gottlob von Hacke auf Biltzingsleben (2 Stunden nördlich von Weißensee, im Regierungsbezirke Merseburg) trieb sich damals als Aventurier in Norddeutschland umher und war im J. 1781 zu Rostock als Mitglied der Tillyschen Schauspielergesellschaft aufgetreten. Im folgenden Jahre kam er nach Neubrandenburg, und


29) Das von dem Pastor Kortüm in der erwähnten kleinen Schrift beschriebene Monument war auf dem St. Georg vor Neubrandenburg entdeckt; er hielt es für einen wendischen Schmelzofen und zwar denjenigen, worin die Prillwitzer Idole gegossen worden, woraus er denn den bündigen Schluß machte, daß Rhetra hier bei Neubrandenburg müßte gestanden haben. Der Pastor Rudolphi schrieb in demselben Jahre (1798) einen kleinen Aufsatz, der sich handschriftlich bei den Schweriner Acten befindet, worin er Kortüm zu widerlegen sucht, und das fragliche Monument, vielleicht richtiger, für ein Grabmal erklärt. In diesem Aufsatze findet sich auch in Bezug auf den oben von Kortüm besprochenen Radegast eine Stelle, die ich hersetzen will: "Doch ich weiß es selbst nicht, woher und warum, daß ich es bis jetzt noch nicht glauben kann, daß dieser Radegast dort wirklich gefunden sei. Daß der Herr Sponholtz dort vielleicht wirklich etwas antiquarisches gefunden und jene Gelegenheit gemißbraucht habe, glaube ich wohl; aber sein Radegast und noch andere Götzen seines verschlossenen Kellers sind noch wohl zurückgehaltene Reste der zu Prillwitz gefundenen Schätze, und aus gewisser Furcht mag er nun wohl von diesen sagen, sie bei Neubrandenburg gefunden zu haben. Wer kann uns da die sichere Wahrheit darthun! Ich weiß nicht, in welchem Jahre jene Nachsuchung und Finden dort geschehen ist: allein daß der Herr Sponholtz noch in den Jahren 1782 bis 83 diesen Götzen und noch mehrere hatte (und da waren doch die Prillwitzschen längst abgegeben und bekannt) und sie nach Hamburg verkaufen wollte: das weiß ich, und habe ich das von dem seel. Baccalaureus Schüler geschriebene und zu versendende Verzeichniß selbst gesehen: nur Schade, daß ich mich damals nicht sehr darum bekümmerte, als ich es jetzt thun, lesen und es mir merken würde". - Ein solches Verzeichniß mag damals wirklich existirt haben, um es nach Hamburg einzusenden, schwerlich aber, um die Götzen zu verkaufen. Wahrscheinlich wird es damit dieselbe Bewandtniß gehabt haben, wie mit der bald zu besprechenden Einsendung an Dreyer.
30) Pistorius hatte schon zwei Jahre vor seinem Tode vom Herzoge die Erlaubniß erwirkt, daß seine Leiche dürfe außerhalb der Ringmauern der Stadt beerdigt werden; er wollte dadurch den Neubrandenburgern ein Beispiel geben, den alt hergebrachten Gebrauch des Beerdigens in den Kirchen und auf den Kirchhöfen, welcher augenfällige Uebelstände mit sich führte, aufzuheben. Als er am 9. December 1780 gestorben war, Wurde seine Leiche Morgens in der Stille bei Fackelschein auf dem sog. langen Walle, unfern des Friedlandschen Thores, wo man einer freien Aussicht in die Umgegend genießt, bestattet. Ein einfacher Leichenstein bezeichnet die Stelle mit der Inschrift: "Landsyndicus J. G. Pistorius, ein Mecklenburger, geboren 1708, gestorben 1780"; darunter lieset man von späterer Hand: "und nie vergessen C. H. z. M. (Carl, Herzog zu Melleuburg)". Noch erinnern sich alte Leute der langen, hagern, aufrechten Figur des Pistorius, wie er im rothen Rocke, mit der weißen Perücke, an dem langen Rohrstocke würdevoll einherschritt, ein Ehrenmann im vollsten Sinne des Wortes.
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machte hier Gideons Bekanntschaft, der ihn beredete (Hacke hatte schon früher geschriftstellert), aus Pistorius Nachlasse eine Chronik von Neubrandenburg zu bearbeiten. In Nr. 37 der Strelitz. nützlichen Beiträge vom J. 1782, datirt vom 20. August, erschien die Ankündigung, worin von Hacke sagt: "die Urkunden, aus welchen ich diese Geschichte zusammentrage, sind von Herrn Sponholtz. Ansehnliches Vermögen, antiquarische Liebe, Fleiß und Glücksfälle haben ihn und seine Vorfahren in den Stand gesetzt, eine ansehnliche Bücher=, Urkunden= und Antiquitäten=Sammlung mancherlei Art anzuschaffen. Wie sehr der Mann wünscht, seine durch Glück und Fleiß erhaltenen Güter gemeinnützig zumachen, beweist er dadurch, daß seine Sammlungen jedem Liebhaber offen stehen, er sogar unter gewissen Bedingungen einen Theil der bekannten zu Prillwitz gefundenen obotritischen Götzen von Rhetra in der Öffentlichen Bibliothek des Doms zu Ratzeburg hat aufstellen lassen, worüber denn auch von den Herren Gelehrten schon vieles geschrieben. Doch wieder auf unsere Urkunden zu kommen: Der selige verstorbene Rath und Landsyndikus Pistorius, dessen verdienstvolles Andenken hier noch jedem heilig ist, lebte, wie bekannt, mit dem Herrn Sponholtz und seiner Sammlung 13 Jahr in genauer Freundschaft. Dieser würdige Mann hatte schon diese Urkunden gewählt, den Plan in Ordnung gebracht, und hie und da viele Erläuterungen eigenhändig beigeschrieben, auch die diesem Werke beigefügte Kupfertafel von der Neubrandenburger Münze stechen lassen, in Willens, das zu thun, was ich jetzo thun werde, wenn ihn der Tod darin nicht unterbrochen hätte. Herr Sponholtz sagte und zeigte mir dieses, mit der Bitte, ob ich nicht das angefangene Werk vollenden wolle". - Die Geschichte der Vorderstadt Neubrandenburg erschien im J. 1783 "gedruckt auf Kosten des Herrn Gideon Sponholtz". 31 )

Gideon befand sich jetzt auf dem Höhenpunkte seines antiquarischen Ruhmes. Nachdem die Mutter 78jährig im J. 1782 verstorben war, wurde im folgenden Jahre die Auffahrt des Hauses überbaut. Dadurch wurde ein großes Gemach oberhalb des Thorweges durch die Tiefe des Hauses gehend gewonnen, welches Gideon zu seinem Antiken= und Naturalien=Cabinette einrichtete. Auf einem Tische in der Mitte stand ein kleiner Tempel, den Tempel zu Rhetra vorstellend, mit thönernen Götzenbildern;


31) Nur der erst Theil, die Geschichte Neubrandenburgs bis zum Anfange des 18. Jahrhunderts befassend, ist erschienen, v. Hacke verließ Neubrandenburg bald darauf und kehrte in seine Heimath zurück, heirathete eine reiche Frau und wurde königl. polnischer Rath und Ritter des weißen Adlerordens.
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die metallenen Idole, Amulete u. s. w. wurden in einem Schranke sorgfältig verschlossen gehalten. Ein Theil derselben, gab Gideon vor, stamme noch aus dem Prillwitzer Funde, und glücklich habe er die wertvollsten Stücke davon den Späherblicken Hempels und Maschens zu entziehen gewußt; die übrigen sollten alle aus jenem Grabmale, das in Maschens Beisein geöffnet war, hervorgegangen sein. In Schränken und auf Repositorien rings umher an den Wänden stand alles voller Urnen, steinernen und metallenen Grabalterthümer, Naturalien und Raritäten aller Art. Selbst Herzog Adolf Friedrich mit seinem Hofe, der zu Rheinsberg residirende Prinz Heinrich besuchten wiederholt sein allgemein bewundertes Cabinet. - Beim Volke galt Gideon für einen Geisterbanner, und nicht mit Unrecht: der von ihm hinterlassene "Höllenzwang" giebt den Beweis, daß er, dem es versagt war, durch die weiße Kunst der Wissenschaft im Reiche des Geistes sich einzubürgern, die schwarze Kunst mißbrauchte, um in das Reich der Geister einzudringen. Auch wurde erzählt und geglaubt, daß Pistorius im rothen Rocke ihm erschienen sei, um, wie er gelobt, ihm Kunde aus dem Reiche der Schatten zu bringen. 31 ))

Im J. 1785 knüpfte Gideon auch eine auswärtige Verbindung, nämlich mit dem Zoll=Inspector Dreyer in Berlin, einem Sammler, an, welche der Kaufmann Hasse zu Neubrandenburg, ein Freund des letzteren, herbeigeführt zu haben scheint, und über welche die betreffende Correspondenz zum Theil noch vorliegt. Gideon hatte am 24. Juni an Dreyer geschrieben und ihm Alterthümer übersandt. In der Antwort vom 13. Juli giebt Dreyer diese an: "In der Schachtel befanden sich einige Bruchstücke von Urnen und Knochen, ein halber Kopf von Metal, ein Stückchen dito so einen Esels=Kopf gleichte, ein Stück weiß Metal mit Hyrogliphen bezeichnet, nebst ein Pappierchen darinn


31) Der achtzigjährige Otto Hartmann (siehe unten) hat darüber im J. 1850 zu Protokoll gegeben: "Wir gaben uns einstmals mittelst Handschrift das Versprechen, daß, wer von uns zuerst sterbe, dem Lebenden Nachricht vom Jenseits bringen solle. Pistorius verstarb zuerst und erschien etwa acht Tage nach seinem Tode bei uns, indem er Nachts 12 Uhr bei Gideon, der eben zu Bette gegangen war, vor seinem Bett gestanden. Gideon rief mich, der ich im Nebenzimmer lag, zu sich und sagte mir, wie ich zu ihm kam: "Herr Jesus, Hartmann, Pistorius ist so eben bei mir gewesen; ich wollte ihn umarmen, und da verschwand er". Ich sah darauf den Pistorius mit seinem rothen Rock, ohne Kopfbedeckung, sonst in seiner ganzen Persönlichkeit, am Ofen in Gideons Zimmer. Ich ging auf ihn zu, indem ich rief: Pistorius, da sind Sie ja! und wie ich ihm die Hand reichen wollte, verschwand er vor meinen Augen, ohne mit mir ein Wort zu sprechen. Ich glaube gerne, daß unsere lebhafte Phantasie derzeit bei diesem Vorgange mit im Spiel gewesen ist". - Vielmehr hat das Gedächtniß dem alten Herrn einen argen Streich gespielt. Pistorius starb am 9. December 1780, und erst 6 oder 7 Jahre später kam der damals 16 jährige Hartmann nach Neubrandenburg, und hat den lebendigen Pistorius niemals gesehen; eine Erzählung, die er oft gehört, hat er endlich für ein eigenes Erlebniß genommen.
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4 Stück kleine silberne Müntzen waren"; er verlangt nähere Auskunft darüber und wünscht zum Behufe des Tauschens überhaupt zu wissen, worin Gideon eigentlich sammele. Gideon giebt die gewünschte Auskunft unterm 27. Juli: "Was meine Sammlung von Alterthümern anbetrift, so hat dieselbe darin für andern den Vorzug, daß ich sie grösten Theils selber aus der Erde habe graben lassen, und Augenzeuge davon bin, wo sie her sind. Die übersanten Urn Stücke waren zum Theil noch ganze Urn. Bey den ausgraben waren sie aber ganz weich, und da die Zeit zu kurz fiel, sie erst an der Luft hart werden zu lassen, zerbrachen sie. Die Mehrsten Urn habe ich auf hiesigen Stadt Felde ausgegraben. Die Knochen, Metall Stücke Lagen in die Urn, die Fincken oder Vincken Ogen, der alt wendischen Münzen lagen dicht bey der Urn. Den übersanten Kopf halte ich fürs Meckelburgsche Wappen, - den BüffelsKopf - nach der Erklährung des Hrn. Consist. Raths Masch in Strelitz, als den grösten Kenner von Alterthümer in hisigen Lande. Vermuthlich ist das Landes Wappen nur in die Urn grosser Helden geleget, den die Urn, worin der Kopf, war besonders mit grossen Steinen umgeben, und halte über 30 Fuder Stein zur Bedeckung, ohne die Menge Sand und Erde. Sie, mein Gönner! beehren mich ferner mit der freundschaftlichen Frage, worin ich eigentlich samle, und worin dieselbe bestehet? Darauf habe ich die Ehre zu antworten, in Naturalien, Versteinerungen, Alterthümer, Münzen, Kunstsachen und alles was gut ist!" Weiterhin heißt es: "Allein ein Schlaglot auf Silber, daß recht leicht fliest und doch hält und sich hammer läst, beschreiben die Herrn nicht, und von so vielen 100 selbst gemachten Versuchen habe ichs noch nicht so gefunden, wie ich es wünschte. Auch die vielen 1000 Versuche, die ich seit 28 Jahren zur Veredlung der Metalle unternommen, sind noch nicht zum erwünschten Ziehl gelanget, ob sie mir gleich manch Vergnügen, aber auch manchen Thaler gekostet. Wann Ew. Wohlgeb. mir Anleitung geben könten zu den neueren Erfindungen in Verbesserung der Metalle, Gehalt der Münzen in dies Jahrhundert, oder Legirung der Metalle in aller Coleur, als die goldene Uhren, Dossen oder sonst was nützliches, so kann ich vieleicht die Ehre haben einige Lücken in Dero Sammlung etwas auszufüllen". Zugleich mit diesem Briefe muß Gideon noch eine Beschreibung seiner Sammlung, vielleicht das von Pastor Rudolphi erwähnte Verzeichniß, mit eingeschickt haben, denn Dreyer dankt in der Antwort vom 5. September nicht bloß für empfangene Alterthümer und Versteinerungen, sondern schreibt weiter: "Das übersandte Verzeichniß habe ich mit der größten Bewunderung gelesen und daraus ersehen, daß Sie einer der

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stärcksten Sammler und gröste Besitzer von Alterthümern in ganz Deutschland sind. Da nun ihre Sammlung vor 6 Jahren schon so starck gewesen ist, um wie viel größer wird sie jetzt nicht seyn. Schade, daß es nicht Gipß=Medaillen seyn, ich wollte gleich anfangen zu tauschen. - Ich habe einen Quartanten von den gefundenen heydnischen Götzen bey der Tollense, wo der Tempel zu Rhetra gestanden hat, mit vielen Kupfern gelesen, Sie sind gewiß der Besitzer der Originale, welche daselbst gefunden worden? Unter Ihrer Beschreibung finde ich aber noch mehrere und größere, davon die Beschreibung nichts sagte, von diesen möchte ich gern Auskunft haben, ob es diejenigen sind, und ob sie sämtlich schon beschrieben oder nicht?" Zu Silber=Schlageloth theilt er ihm 3 Recepte mit, aber "mit Metall Verbesserungen, schreibt Dreyer, gebe ich mich nicht ab, habe auch dazu keine Zeit, zuweilen lieset man aber so etwas, welches einen gefält. Jedoch kan ich nicht leugnen, einen Tomback zu haben, der dem Golde gleichet, und wenn davon ein Ring gemacht wird, derselbe von der Haut des Menschen nicht anläuft, sondern seinen Glantz, wie das Gold behält". - Gideon antwortet erst, sich mit häuslichen Angelegenheiten entschuldigend, am 2. Jan. 1786 und schreibt diesmal kürzer: "Wegen die bey der Tollen See gefundenen Götzen, die in den Quartanten von den Hrn. Sup. Masch beschrieben, hat es seine Richtigckeit. Der Hr. Superindendent hat die beschriebenen mir abgekauft, und in Ratzeburger Dohm aufstellen lassen. Die andern die ich noch habe sind noch nicht beschrieben". Das Silber=Schlageloth findet er nicht besonders; "den Tomback möchte ich wohl gern zu meiner Samlung beyschreiben!" Doch erfolgt diesmal eine reichlichere Sendung an Dreyer, von der das Verzeichniß noch anliegt. Es beginnt: "1) 6 Metall Stück mit Runen, die in oder bey oder unter einer Urn gelegen, 2) ein Abriß von einer meinen Urn, 3) 6 Bogen mit Zeichnungen von 14 meiner noch nicht beschriebenen oder in Kupfer gestochenen Wendischen Alterthümer mit Runen, 4) 1 Stück Muschel Stein, welches mir der Herr HoffRath und Geheimer Archivarius Evers in Schwerin aus der Gegend von Sternberg in Mecklenburg gesant" 32 ) u. s. w. Auch Dreyer antwortet säumiger erst am 29. April: "Für die überschickte 7 Bogen gezeichnete wendische Götzen 33 ) und die große Urne, für die Metal


32) Evers suchte durch den Sternberger=Kuchen Gideon zu körnen, ihm den in seinem Besitz befindlichen Neubrandenburger und Friedländer Schilling zu überlassen. Schreiben desselben vom 27. August 1785.
33) Von wem diese Zeichnungen der Gideonschen Götzen können angefertigt sein, darüber vermag ich nichts zu ermitteln. In Gideons Stammbuche sind aus jenen (  ...  )
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Stücke mit runischen Schriften, Versteinerungen und abgegossene Müntzen sage ich den verbindlichsten Danck! Aber die angeführte Bogen betreffend, weiß ich doch nicht, ob mir dieselben geschenckt seyn, oder ob ich nur daraus die Gestalt der vortrefflichen Alterthümer bewundern soll? Ich bin bei unterschiedene Buchhändler gewesen, sie gezeiget und gebeten, ob einer oder der andere Lust hätte, sie zeichnen und der Welt bekand machen zu lassen; aber es wolle auf eigene Kosten es niemand übernehmen, weil dergleichen zu hoch ins Geld lieffe und nur von wenigen gekauft würde". Das Tomback Recept erfolgt. Gideon scheint schon Besorgniß wegen der lange ausbleibenden Antwort gehabt zu haben, denn Dreyer meldet noch am Schlusse des Briefes, daß "Herr Nix" bei ihm aufgetreten sei, und ihm einen Brief von Gideon nebst einigen Antiken gebracht habe. Weiter kann ich diesen merkwürdigen Briefwechsel nicht verfolgen.

Der hier erwähnte "Herr Nix" war Gideons Factotum, der ihn bei seinen Nachgrabungen begleitete und bei seinen Schreibereien ihm zur Hand ging. Er soll von Profession ein Schneider gewesen sein, ließ sich aber gern "Herr Nix" nennen. Mit dem Obersten von Kaiserling war er als dessen Bedienter nach Neubrandenburg gekommen, und war nach dessen Tode (1780) ohne Beschäftigung. Eine Zeit lang scheint er diese in der Mumm'schen Handlung gefunden, hauptsächlich sich aber doch zu Gideon gehalten zu haben. Als der Herzog Friedrich Franz von Meklenburg=Schwerin damals auch nach Alterthümern graben ließ, wurde Nix durch einen herzoglichen Kammerdiener zur Theilnahme an der "Urnen=Jagd" eingeladen; er erklärt sich dazu bereit und schreibt: "Glück=Ruthen gebrauch ich bey dieser Arbeit gar nicht, sondern meine Augen sind der Magnet, welcher mir die Urn Stellen mit Gewißheit anzeigt". Es scheint aber aus seiner Theilnahme an diesen Nachgrabungen doch nichts geworden zu sein, weil Nix förmlich angestellt zu werden verlangte. Als "Herr Nix" im J. 1811 ungefähr 76 Jahre alt starb, wußte man weder seinen Vornamen, noch seinen Geburtsort. - Außer diesem Gehülfen hielt sich Gideon jetzt aber auch einen förmlichen Amanuensis. Als er im J. 1787 bei Verwandten in Fürstenberg zum Besuche war, lernte er hier den 16jährigen Otto Hartmann, einen Sohn des dortigen Apothekers, kennen, welcher an den Nachgrabungen, die Gideon auch dort anstellte, viel Antheil nahm; er wußte den Vater zu bewegen, ihm den Knaben


(  ...  ) Jahren eine Menge, zum Theil sehr gelungener Federzeichnungen von verschiedenen Händen.
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als eine Art Aufwärter mitzugeben, und dieser blieb gegen 3 Jahre im Sponholtzschen Hause. 34 ) Nach seinem Abgange trat der 15jährige Daniel Boye aus Waren, von dem noch späterhin die Rede sein wird, in seinen Dienst, und blieb fast 7 Jahre lang bei ihm. Diese Amanuensen begleiteten ihn nicht nur auf seinen häufigen Excursionen, sondern mußten vorzüglich auch sein Cabinet beaufsichtigen und den Fremden, die es besichtigen wollten, dasselbe zeigen, wofür ihnen das Trinkgeld zufiel.

Unter den Fremden, welche sein Cabinet besuchten, hat keiner Gideon und seiner Antiquitäten=Sammlung mehr Ruhm gebracht, als der polnische Graf Johann Potocki; durch ihn erreichte Gideon die Erfüllung eines wohl längst gehegten Wunsches, nämlich die Bekanntmachung seiner Alterthümer durch ein Kupferwerk. Der Graf Potocki hatte die Geschichte und Alterthümer der slavischen Nation zu seinem Lieblingsstudium gemacht, und mehrere gelehrte Werke darüber bereits veröffentlicht. Im J. 1794 unternahm er eine Reise nach Meklenburg, um auch hier die Reste des Slaventhums zu studiren, namentlich um zu Ratzenburg die Prillwitzer Idole zu untersuchen. Seine Reise=Aufzeichnungen hat er im folgenden Jahr im Druck herausgegeben 35 ) und die von ihm gezeichneten Alterthümer Gideons in Abbildungen beigefügt. Am 13. August war er in Strelitz und bemerkt hier nur kurz: J'ai passé plusieurs heures dans la societé de monsieur Masch, sur-intendant des églises, sa conversation m'a parue aussi instructive que ses ouvrages. Folgenden Tags schreibt er von Penzlin aus: De Pentzlin j'ai fait une course à Prilwitz, pour voir la place de l'ancien Rhetré; mais comme il y a déjà plus de vingt ans que monsieur Masch l'a d'écrite, j'ai eu de la peine à m'y reconnoître, le noms de Rhetraberg 36 ) et de Tempelberg sont tombés en dessuètude, puis en oubli. Ea colline où étoit le temple, n'existe même plus. Ea terre en a été


34) Dieser Otto Hartmann starb im Laufe des vorigen Jahres, fast 82 Jahre alt, als Pächter auf dem sog. Lenz bei Plau. Im J. 1850 habe ich eine Vernehmung desselben zu Protokoll veranlaßt, welche aber keine erheblichen Aufschlüsse geboten hat; offenbar war Gideon nicht der Mann, sich von so jungen Leuten in die Karten sehen zu lassen.
35) Voyage dans quelques parties de la Basse - Saxe pour la recherche des antiquitès Slaves ou Vendes, fait en 1794 par le comte Jean Potocki. Hambourg 1795. - Exemplare dieses Werkes sind schon selten, da es, weil es keinen bedeutenden Abgang fand, vom Verleger als Maculatur soll verbraucht worden sein. Ich habe mich des unserer Vereins=Bibliothek gehörigen Exemplars bedient. - Der Graf Potocki starb im J. 1816 als Minister des Innern des Königreichs Polen.
36) Masch hatte S. 25 versichert, daß der Berg, auf welchem das Dorf Prillwitz liege, noch bis jetzt der Rhetraberg genannt werde. Schon Buchholtz hatte dazu bemerkt: ob es auch wohl Ritterberg heißen solle? Potocki nun konnte von diesem Namen keine Spur mehr entdecken.
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transportée dans un marais voisin, que l'on vouloit déssecher, l'ancienne forteresse Slave est devenue un jardin anglois, et un Eusthaus a pris la place de l'ancienne tour Saxonne, un cimmetière Slave a été labouré et les pierres, qui y étoient symmetriquement rangées, sont dispersées dans la campagne comme les autres pierres des champs; ce cimmetiére devoit être trés pittoresque, et je me preparois à en faire un dessin, que j'aurois traité dans le gout du Moraï Otaïtien, que l'on voit dans le voyage du capitaine Coock. J'ai beaucoup regreté ce monument unique dans son genre. Aujourd'hui quelques tertres sépulchres attestent seules, que des princes Slaves y ont demeuré et y ont été entèrés. - Deux de ces tertres placés a une trentaine de pas l'un de l'autre, m'ont fourni le sujet d'un paysage. Ils sont couverts de ronces, dont le verd sombre coupe assez heureusement la couleur des terres labourées, qui les environnent; entre eux deux l'on découvre le lac Lips ou petit Tollensée, tout le grand Tollensée avec lequel il communique, la ville de Neubrandenbourg et le deux villages de Brody et Nimirow, dont les noms sont Slaves bien surement. Le nom du lac Lips vient aussi probablement de Lipa, qui veut dire Tilleul, et Brod veut dire gué aussi ce village est il situé précisement a l'endroit, où il y a réellement un gué. - Monsieur Schmidt, ministre du lieu, a eu la complaisance de me conduire jusqu'à Hoch-Zyritz, maison de plaisance du Duc, où il m'a fait voir un de ces tombeaux Slaves, qu'il avoit fait ouvrir en presence du Prince héréditaire. L'on y avoit trouvé, d'abord des urnes de terre remplies de cendres et d'os, qui tomboient en poussière, puis des pierres des champs disposées en rond, puis en creusant plus bas d'autres pierres des champs arrangées en pyramides, enfin un vuide de figure parallepipede également revétu des pierres des champs, et dans ce vuide des cendres, des os et des charbons. J'ai vu chez le concièrge de Hoch-Zyritz des débris de ces os et de ces vases, quelques fragments de ceux ci avoient acquis un dégré de mineralisation; enfin j'ai pris congé du pasteur de Prilwitz et suis retourné à Pentzlin, d'ougrave; je me rendrai à Neubrandenbourg, pour y voir le cabinet de Mr. Sponholz, que l'on m'assure renfermer des trésors d'antiquités Slaves.

Am 15. August schreibt nun Potocki von Neubrandenburg

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aus: Le cabinet de Mr. Sponholtz a surpasse mes esperances et je me suis déterminé à y consacrer quelques jours; und am 16.: J'ai dessiné six idoles, huit patères, autant de couteaux de sacrifices et chaque objet de deux côtés, 37 ) tant à cause que les idoles ont la plus part au moms deux visages, que parceque les inscriptions sont presque toutes sur le dos. Tout ce que j'ai dessiné aujourd'hui a été trouvé à Prilwitz, en même tems que les idoles déjà decrites par Mr. Masch, mais celles, qui sont restées a Mr. Sponholtz, sont massives et entout plus interessantes que les autres. Mais Mr. Sponholtz, pour des raisons, qui tiennent à son caractère moral, ne produisoit à cette époque que la moindre partie de son cabinet, et depuis lors Mr. Masch a negligé la recherche des antiquités Slaves, quoique les succès, qui ont accompagné les commencements de cette passion, eussent du lui inspirer plus de confiance. Desgleichen am 17.: Aujourd'hui j'ai dessiné la seconde partie du cabinet de Mr. Sponholtz, qui consiste en un trés grand nombre de plaques de bronze figurées, qu' il a trouvées dans un champ, qui lui appartenoit, au milien d'un très grand nombre d'urnes, et en général dans tout le pays des anciens Rédaires l'antiquaire n'a pour ainsi dire, qu'à grater la terre. Mr. Sponholtz m'a offert avec beaucoup d'obligeance de me conduire dans des lieux, où il étoit presque sûr de fouiller avec succès.

Nun begab sich Potocki über Malchin (Ivenack), Rostock und Wismar nach Ratzeburg, um hier die von Masch beschriebenen Idole in Augenschein zu nehmen. Er schreibt von hier unterm 23. August: Mon premier soin a été de me rendre à la bibliothéque, pour voir les antiquités Slaves, que l'on y conserve; elles sont dans deux armoires faites en rotonde et surmontées d'idoles Radegasts, qui leurs donnent l'air de temples. La première arnioire renferme les idoles, que Mr. le surintendant Masch a déjà expliquées et peut-être trop expfiquées; un érudit doit amasser des


37) Man hat sich gewundert, wie Potocki diese Menge von Gegenständen (101 Figuren) habe in 3 (richtiger wohl in 2) Tagen abzeichnen können. Das behauptet aber Potocki eigentlich gar nicht, sondern giebt hier ausdrücklich an, daß er von der ersten aus 51 Figuren bestehenden Abtheilung nur 6 Idole, 8 Schalen und 8 Opfermesser gezeichnet habe. Ohne Zweifel theilte ihm Gideon die iu seinem Besitze befindlichen Zeichnungen mit, die wir oben aus dem Dreyerschen Briefwechsel kennen gelernt haben.
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notions et attendre, que de leur nombre naisse d'elle même une explication claire, sensible, incontestable, et pour ainsi dire dirimante. Une seule explication forcée peut faire fort au meilleur ouvrage, et celà surtout en apprêtant à rire à certains esprits, toujours empressées à s'en saisir pour ridiculiser la science entiére; je crois certainement, que si Mr. le surintendant avoit pu s'empêcher d'être aussi ingenieux, il ne se seroit pas dans le tems attirée certains adversaires, dont les ouvrages n'ont pas laissé, que de jetter les antiquités du Mecklembourg dans une sorte de discredit, et ensuite dans l'oubli, que sûrement elles ne meritoient pas. - Ea seconde armoire renferme d'autres idoles et amuletes, qui appartiennent pour la plus pari aux tems, où les Obotrites avoient abandonnée le Christianisme, pour reprendre leur ancienne religion, alors on avoit dejà perdu les anciens modéles. Quelques Radegasts ont la moustache et la petite barbete au menton, comme s'habilloient les anciens seigneurs de ce tems lagrave;; d'autres ont des couronnes à pointes, comme le roi David, que l'on voit dans les églises gothiques, l'on n'y remarque pas ce mecirc;lange de métaux précieux, comme aux idoles trouvées a Prilwitz; au contraire la masse en ressemble tout à fait à celle de nos mortiers à piler le poivre; enfin ils n'ont ni patine ni verd de gris; cependant comme cette dernière époque du Pagamsme n'est pas sans interêt pour l'histoire des Slaves, je me suis détermmé à rester ici toute la journée de demain pour les dessmer.

Am Schlusse geht nun Potocki zur Beschreibung des Gideonschen Cabinettes über, und giebt zunächst, pour ne laisser aucun doute sur l'authenticite des antiques, qu'il renferme, den Auffindungs=Bericht Maschens über die Prillwitzer Alterthümer, welchem er folgende Bemerkungen hinzufügt: Telle est l'histoire des antiques trouvées à Prilwitz et des recherches aux quelles elles ont donné lieu; je pourrois y ajouter en forme de supplement deux critiques de l'ouvrage de Mr. Masch, l'une faite par le professeur Thunmann, l'autre par un Mr. Buchholtz; mais ce dernier ouvrage n'attaque point l'authenticité des antiques, il veut seulement prouver, que Prilwitz n'est point l'ancienne Rhétra, et ses arguments sont assez forts pour avoir laissé la question indécise; quand au premier c'est une suite d'assertions dénuées de citations, défaut ordinaire de cet auteur. - Or donc, ainsi que je l'ai dit plus haut, lorsque

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Mr. le Surintendant Masch rechercha la connoissance des antiques, qui se trouvoient dans la possession de Mr. Sponholtz, celui ci n'en montroit que la plus petite partie, et celà par des raisons, qui tiennent à son caractere moral, ainsi que je l'ai dit plus haut. - Depuis lors Mr. Sponholtz s'est détermmé à ne plus garder son cabinet avec une sollicitude aussi mysterieuse; 38 ) cependant on m'assure, que je suis le premier, à qui il l'ait montré avec franchise et sans reticence aucune, et même il prenoit un plaisir extrème à me voir dessiner, enfin les idoles et autres objets, que j'ai dessinés chez lui, ont été trouvés à Prilwvitz, et font partie de la collection, dont Mr. Masch a fait l'histoire; mais cette partie lui est restée toujours inconnue, et il paroissoit même ignorer l'existence, lorsque j'ai eu l'honneur de le voir à Strelitz; en effet il me récommanda seulement d'aller à Racebourg sans me parler de Neu-Brandebourg, mais en même tems il ajouta: "vous me conduisez sur un champ très vaste, où je n'ai été depuis bien longtems". Dann folgt: Notice des antiques Slaves trouvées à Prilwitz et conservées aujourd'hui dans le Cabinet de Mr. Sponholtz a Neubrandebourg, worunter Fig. 1 bis 51 seiner Tafeln beschrieben werden, hierauf Notice des antiques Slaves trouvées par Mr. Sponholtz dans un champ, qui hu appartient, worin Fig. 52 bis 87 beschrieben werden, mit der darüber stehenden Bemerkung: Ces antiques étoient renfermées dans un vase de cuivre et le vase chargé de pierres des champs, sur lesquelles étoient gravées des Runes, l'on trouva dans les environs plus de cent urnes pleines de cendres et d'os - so weit hatte sich der im J. 1780 von Masch beschriebene Fund indeß vergrößert! - Dann folgen Fig. 88 bis 104 andere, meistens ächte Alterthümer aus Gideons Cabinet, und endlich Fig. 105 bis 118 Alterthümer aus der ratzeburger Sammlung, unter denen ohne Zweifel manche Fabrikate Gideons sind. 39 )

Kurz vor Potocki's Anwesenheit in Neustrelitz war am 2. Juni 1794 Herzog Adolf Friedrich gestorben und sein Bruder Karl ihm in der Regierung gefolgt. Dieser war es, der einst die prillwitzer Idole hatte zeichnen und in Kupfer stechen lassen;


38) Bemerkenswerth ist es, daß von einer Seite über die Unzugänglichkeit der Gideonschen Schätze geklagt wird, von anderer Seite (z. B. durch v. Hacke) die Liberalität gerühmt wird, mit welcher "seine Sammlungen jedem Liebhaber offen stehen". Fürchtete er etwa von einer Seite (Masch) Entdeckung seiner Fälschung?
39) Wenigstens hat einer von den zu Neustrelitz über diese Angelegenheit Vernommenen (Buttermann) ausgesagt, daß Gideon Urnen nach Ratzeburg verkauft habe.
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vielleicht wurde jetzt durch Potocki sein Interesse an denselben neu angefacht. Er kaufte nicht allein im J. 1795 das Gut Prillwitz, sondern brachte auch die zu Ratzeburg auf der Dombibliothek aufbewahrten Prillwitzer Alterthümer an sich und ließ sie nach seinem Lustschlosse zu Hohen=Zieritz schaffen, wo er sie unter die Aufsicht des uns schon durch Potocki bekannten Pastors Schmidt zu Prillwitz stellte, der sich lebhaft für die vaterländischen Alterthümer interessirte. Es wurden auch Versuche gemacht, Gideon zum Verkaufe seiner Sammlung zu bewegen, allein vergebens. Im J. 1798 klagte darüber der Pastor Kortüm zu Neubrandenburg 40 ): "Der jetzt regierende Durchlauchtigste Herzog Karl, selbst Kenner und Liebhaber, ließ bald nach dem Antritt seiner Regierung sämmtliche Alterthümer von Ratzeburg kommen, und wies ihnen seinen Sommersitz Hohenzieritz für die Zukunft zum Aufenthalt an. So waren die alten ehrsamen Götter schon wieder um einen großen Theil dem Orte näher gekommen, wo man einst vor ihnen knieete. Aber noch befinden sich die edelsten, die gehaltreichsten, die entscheidendsten Stücke nicht in ihrer Gesellschaft. Infandum regina jubes renovare dolorem! Sie befinden sich noch in Neubrandenburg in strengerer Gefangenschaft, als einst in dem Kessel zu Prillwitz, und was das traurigste ist: ex infernis nulla redemtio! Alle billige, selbst kostbare Versuche, sie ihren Brüdern zuzuführen, und den Vorsitz unter denselben nehmen zu lassen, sind bisher vergeblich gewesen, und werden auch noch fürs erste vergeblich bleiben. Herr Superintendent Masch glaubt in der Vorrede zu den erläuternden Gottesdienstlichen Alterthümern der Obotriten, daß es ihm geglückt sey, sämmtliche Stücke unter gewissen Bedingungen aus den Händen des Herrn Sponholtz, der sie bisher eigenthümlich besessen, zu erhalten. Wie sehr wäre es doch zu wünschen gewesen! Dann wäre die Erläuterung noch vollständiger geworden, und wir verdankten derselben noch mehrere Belehrung. Dann wäre durch die bloße Nachricht von dem Daseyn dieser Stücke der Einwurf widerlegt worden, daß die ganze Sammlung nicht aus Tempelgötzen, sondern aus Hausgötzen irgend eines vermögenden Wenden bestanden. Schon bedauerte Herr Sup. Masch hin und wieder, daß einzelne Stücke fehlten, die noch einige Aufschlüsse hätten geben können, und vermuthete, daß sie wohl im Feuer ganz geschmolzen seyn möchten. Aber der würdige Mann wußte nicht, daß diese fehlenden, so wie noch mehrere seltene Stücke aller Feuersgefahr entronnen sich in sicherm Verwahrsam befanden. Es gehört hier nicht her, die Ursachen anzugeben, die diese enge


40) In der schon oben benutzten kleinen Schrift: "Beschreibung eines neulich bey Neubrandenburg gefundenen wendischen Monuments" S. 41.
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Sperre veranlaßten und noch fortdauernd erhalten. Ich wollte nur an die historisch richtige Existenz noch mehrerer wendischen Alterthümer erinnern, als wir schon aus der Beschreibung kennen, Es befindet sich unter andern ein sehr ansehnlicher Radegast darunter, bey dessen bloßen Anblick, ungeachtet er hin und wieder mit edlem Rost überzogen ist, man sich nicht versagen kann, unwillkührlich an die Beschreibung des Adam von Bremen zu denken: Simulacrum ejus auro, lectus ostro paratus. -Möge er einst, wie seine gefangenen Mitbrüder in die durch ihr Alterthum ehrwürdige Gesellschaft zurückkehren! Nur die kommende Generation darf sich die Erfüllung dieses Wunsches versprechen. Sie läßt uns denn wenigstens die Gerechtigkeit wiederfahren, daß wir solche Denkmäler zu würdigen verstanden, indeß sie nicht mehr denken darf: quid juvat adspectus, si non conceditur usus". - Eine gleiche Klage erhob der Pastor Rudolphi zu Friedland, der Schwiegersohn Maschens, als dieser am 24. Januar 1802 sein funfzigjähriges Amtsjubiläum beging, in der gedruckten Gratulationsschrift S. 20: "Nur Schade, daß sie (die Prillwitzer Alterthümer) noch nicht alle gesammelt sind, und an einem Orte der Nachwelt aufbewahret stehen. Viele, und vielleicht der größte und beste Theil derselben, lieget noch bey dem Besitzer, Herrn Sponholz, unbenutzt, dem Gelehrten unbekannt und gleichsam vergraben, deshalb zu wünschen stehet, daß eine höhere Hand auch sie aus ihrer Verborgenheit hervorziehen, neben jene aufstellen, und durch eine im Alterthum geübte Feder für die Beschreibung derselben sorgen und sie der gelehrten Welt mittheilen möge".

Uebrigens machten zunehmendes Alter, Kränklichkeit und Cynismus Gideon jetzt immer unzugänglicher. Mein Oheim, der Obermedicinalrath Brückner zu Ludwigslust, hat unlängst eine Schilderung Gideons entworfen, die mit allem, was ich anderweitig über diesen Sonderling von seinen Zeitgenossen gehört habe, so genau übereinstimmt, daß ich mir nicht versagen kann, sie hier zu veröffentlichen. Brückner schreibt: "Es mag im letzten Jahre des vorigen oder ersten dieses Jahrhunderts gewesen seyn, als Dein lieber Vater einige Fremde zu Gideon Sponholtz führte, um die Götzen zu sehen, und Karl v. Oertzen 41 ) und mich mitnahm. Das lebendige Interesse, womit wir beide Alles betrachteten, erwirkte uns die Erlaubniß, den alten Chiromanten am nächsten Sonntag Morgen allein zu besuchen. Wir fanden ihn in einem sehr reducirten bunten Schlafrock im Lehnstuhl neben einem Tisch, auf dem ein Glas mit Blumen stand. Wir


41) Der im J. 1837 zu früh verstorbene Landrath v. Oertzen auf Brunn, der damals mit Brückner von meinem Vater unterrichtet wurde.
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waren damals schon eifrige Botaniker und betrachteten also die Blumen sofort sehr aufmerksam, ohne uns darüber zu äußern. Er nahm dies wohl für ein Zeichen bescheidener Wißbegierde und begann mit seinen vielerlei Kenntnissen in Alterthümern und Naturalien zu prahlen, wobey er auf diese und jene alte Charteken hinwies, die auf Tischen und Schränken im Zimmer umher standen. Auch über die Lachtauben, die links der Eingangsthür bis ans Fenster ein großes Bauer bewohnten und die Luft des Zimmers so verdarben, daß wir fortwährend einen leisen Ekel empfanden, hielt er uns eine Vorlesung. Er ließ sich endlich verleiten zu behaupten, daß er auch alle Pflanzen griechisch und lateinisch zu nennen wisse. Das schlug zu sehr in unsere Profession, als daß wir nicht hätten Zweifel empfinden und ihn um Beispiele seiner Gelehrsamkeit angehen sollen. Er zeigte auf eine vor ihm stehende Aurikel: "die heißt auf lateinisch Primula und auf griechisch Awrikel". Unsere Gesichter mochten doch einigen Zweifel ausgedrückt haben. Er begann schweigsamer zu werden, und wir flüchteten bald aus dieser unheimlichen Atmosphäre".

Endlich gegen Ende des J. 1803 oder zu Anfang des J. 1804 42 ) entschloß sich Gideon, wohl vornehmlich durch die Zerrüttung ihrer Vermögensumstände, die sein Bruder Jacob durch falsche Speculationen verschuldet haben soll, dazu gedrängt, von seinem theuren Schatze sich zu trennen. Für eine Jahresrente, die man wohl übertrieben auf 300 Thlr. angiebt, wurden seine Alterthümer dem Herzoge Karl überlassen, nach Prillwitz geschafft und mit der übrigen kurz zuvor von Hohen=Zieritz hierher übersiedelten Sammlung vereinigt. Paster Schmidt machte sich nun sogleich daran, die neu hinzu gekommenen Alterthümer ausführlich zu beschreiben. Bei den Neustrelitzer Acten befindet sich ein starkes Heft von Schmidts Handschrift, theils aus Entwürfen, theils aus begonnenen Reinschriften bestehend, welche nur die Ueberzeugung gewähren können, daß trotz alles angewandten Fleißes Schmidt der Sache nicht gewachsen war. Für uns von Interesse kann nur die Prillwitzer Tradition über den Fund der Alterthümer sein, welche ich aus Schmidts Vorbericht 43 )


42) Nach der Angabe des Herrn Pastors Masch zu Demern in der 1842 erschienenen Beschreibung der Großherzogl. Alterthümer= und Münzsammlung in Neustrelitz S. 20 geschah die Ueberlassung der Gideonschen Alterthümer an den Herzog Karl im J. 1804, nach einer gleichzeitig niedergeschriebenen Notiz meines sel. Vaters in der letzten Hälfte des J. 1803.
43) Dieser Schmidtsche Vorbericht befindet sich in mehreren Reinschriften von Schmidts Hand bei den Neustrelitzer Acten, und auch in einem Exemplar von Schmidts Hand bei den Schweriner Acten. - Nur will ich noch bemerken, daß schon Schmidt in den Runen=Legenden der neu erworbenen Gideonschen Alterthümer ganz treuherzige "Schreibfehler" bemerkte, z. B. die Vertauschung der beiden ähnlichen Runen für M und Z, so daß man auf den Potockischen Idolen mer für zer, ramivia für razivia liest, ja einmal den sonst stets Rhetra geschriebenen Namen in der corrupten Orthographie des vorigen Jahrhunderts Rhetra!
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hier mittheilen will: "Diese [Alterthümer] wurden größtentheils zwischen denen Jahren 1687 und 1697 zu Prillwitz entdeckt. Herr Samuel Friedrich Sponholtz, damaliger hiesiger Prediger, fand sie bey der Versetzung eines Baumes im Pfarrgarten. Sie lagen theils in, theils neben einem metallenen Gefäße etwa drey bis vier Fuß tief in der Erde verwahret. Das Gefäß war rund mit einem ähnlichen Deckel bedeckt und äußerlich mit einer Inschrift von Runen oder nordischen Buchstaben bezeichnet. Um dasselbe fand man viele in einen Kreis gestellte irdene Urnen, nebst einer Beylage von verschiedenen eisernen Geräthen. Die Urnen wurden zerbrochen, die Geräthe zerstöhret und so der Nachwelt entrissen. Der Prediger Sponholtz starb in dem J. 1697 und seine nachgelassene Wittwe verkaufte diese geerbten Schätze dem Goldschmied Pälcke in Neubrandenburg, von ihm kamen sie an seinen Schwiegersohn, den in der Stadt wohnenden Goldschmied Sponholtz, der das vorhin gedachte Gefäß nebst einigen vormals dabey gefundenen Götzen zum Umgusse einer geborstenen Glocke an die dortige Marienkirche schenkte". Ueber die Wittwe des Pastors Sponholtz, welche die Alterthümer an den Goldschmied Pälcke verkaufte, bemerkt Schmidt in einer Anmerkung: "Diese Frau heyrathete nach der Zeit den Nachfolger ihres seligen Mannes, Herrn Martin Manasse Schernack, dem mein Vater Erdmann Christian Schmidt 1748 adjungirt wurde, und dem ich nach seinem 1779 erfolgten Ableben 1780 gefolgt bin. Von meinem Vater habe ich diese Nachricht, der sie oft von dem Prediger Schernack, dessen Frau schon vor 1748 gestorben war, gehört hatte, erfahren".

Indeß wünschte man höhern Orts, daß eine namhafte Auctorität öffentlich ein Urtheil über die Sammlung aussprechen möge. Masch war zwar für seine Jahre noch rüstig genug, aber sein Ansehen auf diesem Felde der Gelehrsamkeit war durch Thunmann und Buchholtz zu sehr erschüttert worden, als daß man ihn hätte auffordern mögen, noch einmal in dieser Angelegenheit die Feder zu ergreifen. Der herzogl. Kammerherr Graf v. d. Schulenburg, welcher zugleich die Aufsicht über die herzogl. Bibliothek führte, brachte den als Kenner der nordischen Geschichte und Mythologie geschätzten Professor Rühs zu Greifswald in Vorschlag. 44 ) Rühs untersuchte im J. 1805 die Alterthümer zu


44) Der Graf v. d. Schulenburg schreibt darüber unter dem 28. November 1827 an den damaligen großherzogl. Bibliothekar Hofrath Reinicke: "Der verstorbene Großherzog Carl, der die Alterthümer von Ratzeburg zurückgefordert und selbige nach Hohenzieritz hatte bringen lassen, zweifelte zwar so wenig als sonst irgend jemand an der Echtheit derselben, wol aber wünschte der Herzog, da die unkritische Beschreibung und Erläuterung derselben von Masch nicht befriedigte, das Urtheil eines Sachkenners über selbige zu vernehmen, und zugleich, daß eine wissenschaftliche Beschreibung derselben als= (  ...  )
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Prillwitz und setzte ein referirendes Sendschreiben darüber auf, welches im Juni=Hefte des Wielandschen Merkur vom J. 1805 abgedruckt wurde. Es heißt darin: "Das Kabinet des Herzogs besteht aus drei Hauptgegenständen: 1) einer großen Anzahl von Götterbildern, Opfergeräthschaften und andern zum Kultus gehörigen Dingen, 2) einer Menge von Urnen von verschiedener Form und verschiedenem Stoff, und endlich 3) aus mancherlei Waffen und Geräthschaften, die aus der Erde hervorgeholt sind. Die erste Klasse ist natürlich die merkwürdigste. Die meisten Stücke sind vor mehr als 100 Jahren in der Gegend von Prillwitz, einem Dorfe, das jetzt ein Eigenthum des Herzogs ist, entdeckt worden, einen andern geringern Theil hat man späterhin in der Gegend von Neubrandenburg ausgegraben. Die Besitzer haben diese Sachen, aus Furcht, sie ausliefern zu müssen, lange verheimlicht; die ganze Sammlung gehörte einem Goldarbeiter in Neubrandenburg, Herrn Sponholz; durch einen Zufall erhielt der Hr. Superintendent Masch einen kleinen Theil derselben, den er im J. 1771 in seinen Gottesdienstlichen Alterthümern der Obotriten beschrieben und nachher an den Dom zu Ratzeburg verkauft hat. Bei weitem die meisten Stücke blieben aber unbekannt; nur als sich mit der Ueberzeugung des Eigenthümers, daß sie keine edle Metalle enthielten, die Furcht zu ihrer Abtretung gezwungen zu werden, verloren hatte, hörte er auf, aus seinen Schätzen ein Geheimniß zu machen. Der Graf Potocki lieferte in seiner Voyage dans quelques parties de la Basse Saxe, Hamb. 1795, ein Verzeichniß und Abbildungen der meisten Stücke: seine Zeichnungen sind jedoch sehr flüchtig, es hat ihm an Zeit gefehlt, die Runen, womit sie versehen sind, zu entziffern, und oft hilft er sich mit dem Ausdruck charactères magiques aus der Noth. Die Ratzeburgsche Sammlung hatte der Herzog schon früher an sich gebracht. - Die erste Frage, die wir aufwerfen müssen, ist natürlich: sind diese Alterthümer auch ächt? Eh' ich sie selbst gesehen, geprüft und alle darauf Bezug habende Umstände genau erforscht hatte, war ich wirklich geneigt, irgend eine Art von Täuschung zu vermuthen; es ist wahr, der Kritiker kann eine


(  ...  ) dann dem Publicum vorgelegt werden könnte. Zu diesem Ende schlug ich den Universitäts=Bibliothekar der Universität Greifswald, den Professor Rühs, vor, indem ich glaubte, er sei ein Mann, der die Absichten des Herzogs erfüllen könne. Im August 1804 sandte mich der Herzog zu dem Ende nach Greifswald, Rühs nach Hohenzieriz und Neustrelitz einzuladen. Seine Geschäfte erlaubten ihm indessen nicht, der Einladung Folge leisten zu können. Im April 1805 erhielt ich Nachricht von ihm, daß er sich bei seinem Verwandten, dem Pastor zu Roga, ich glaube er hieß Bötticher, aufhielt und bereit sei, auch nach Neustrelitz zu kommen. Ich holte ihn dort ab und brachte ihn zum Pastor Schmidt nach Prillwitz. Während seines kurzen dortigen Aufenthalts hat er die damalige Sammlung zu Hohenzieriz flüchtig durchgesehen; er kam darauf nach Neustrelitz, verweilte daselbst einige Tage und reiste nach Greifswald zurück". (Neustrelitzer Acten.)
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Menge von Zweifeln und Gründen gegen die Authenticität anführen; mehr als ein Umstand rechtfertigt einen Verdacht wider die Entdeckung; aber auf der andern Seite lassen sich an den Denkmälern selbst gar keine Spuren eines Betruges entdecken; um ihn zu einem so hohen Grade zu treiben, wären seltene und ungemeine Kenntnisse erforderlich gewesen, und endlich läßt sich durchaus keine vernünftige Absicht dabei denken. Es ist indessen auffallend, daß die Schriftsteller, von denen diese Sammlung bisher erwähnt ist, an der Aechtheit derselben gar nicht gezweifelt haben: da aber dieser Punkt von der äußersten Wichtigkeit ist, werde ich in meinen Untersuchungen "über die Wohnplätze, die Geschichte, Sitten und Religion der Slavischen Völker im nördlichen Teutschlande, zur Erläuterung der Herzogl. Mecklenb. Sammlung Slavischer Alterthümer", ohne Parteilichkeit und irgend eine andere Rücksicht alles, was sich dafür und dawider sagen läßt, neben einander stellen. Wenn die Authenticität dieser Denkmäler nicht mehr bestritten werden kann, u. s. w.". - Man sieht, Rühs hatte eben so wenig, wie Pastor Schmidt, den ungeheuren Unterschied bemerkt, der in Technik und Styl zwischen den von Masch und den von Potocki beschriebenen Idolen stattfindet.

Gideon überlebte den Verlust seiner Sammlung nicht lange, wiewohl er auch noch nach dem Verkaufe derselben eifrig nach Alterthümern zu graben fortfuhr. Er starb 61 Jahre alt am 22. Januar 1807 an einer Brustkrankheit; acht Tage lang stand seine Leiche über der Erde, und als man sie zum Friedhofe führte, streute man Leinsamen * ) hinter dem Sarge her, um sich vor dem revenant zu sichern. Masch folgte ihm ins Grab am 26. Oct. 1807, beinahe 83jährig, der ältere Bruder Jacob Sponholtz am 8. Sept. 1809 im 75. Lebensjahre. Noch bei dessen Lebzeiten war über sein Vermögen Concurs ausgebrochen, in den nun auch Gideons Nachlaß mit hineingezogen wurde. Am 26. Juni 1810 wurde der Rest von Gideons ehemaligem Alterthums=Cabinette (die werthvollen Sachen scheinen vorher bei Seite geschafft worden zu sein) in öffentlicher Auction versteigert: Nr. 1 "ein hölzerner Tempel zu Rhetra, nach Anleitung des Herrn Superint. Masch, mit seinen Götzen, Heiligthümern und Verzierungen", wurde für 16 ßl. zugeschlagen.



*) Der jetzt schon verschollene abergläubische Gebrauch, hinter der Leiche her, wenn sie aus dem Hause getragen wird, Leinsamen zu streuen, war im vorigen Jahrhunderte in Meklenburg noch gang und gäbe. Siehe darüber den Aufsatz "Spuren wendischer Sitten und Gebräuche unter dem gemeinen Manne in Meklenburg" in der Monatsschrift von und für Meklenburg, 1789, S. 211: "So wie die Leiche aus dem Hause getragen ist, wird vor die Hausthüre eine Hand voll Leinsamen gestreut, oder heiße Asche oder auch glühende Kohlen geworfen, und Wasser darauf gegossen".
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Zweifel an der Aechtheit der Prillwitzer Alterthümer und die Neustrelitzer Untersuchung.

Inzwischen waren in Folge der französischen Invasion im Jahre 1806 die Prillwitzer Alterthümer der größern Sicherheit wegen nach Neustrelitz geschafft und unter die Aufsicht des herzoglichen Bibliothekars gestellt worden. Die Ungunst der Zeiten ließ sie fast ein Jahrzehent lang in Vergessenheit gerathen: so sehr verschlangen die öffentlichen Interessen alle übrigen. Als jedoch die Kriegsstürme sich gelegt, wurden auch die Prillwitzer Idole wieder der Gegenstand gelehrter Erörterungen. Gegen Ende des J. 1815 schrieb Jacob Grimm in einer Recension in den göttinger gelehrten Anzeigen (Stück 52 S. 513) mit unverkennbarer Anspielung auf die Prillwitzer Idole: "Aus glaubwürdigem Munde hat Recensent (und Rostocker Gelehrte sollen mehr davon wissen), daß im vorigen Jahrhunderte ein Mecklenburgischer Goldschmidt kleine Götzenbilder erfunden und gearbeitet habe". Woher Grimm diese Kunde empfangen, vermag ich nicht zu sagen. Auch Rühs hatte in Berlin seine Ansicht über die Aechtheit der Prillwitzer Idole wieder geändert und schrieb in seiner im J. 1816 erschienenen Geschichte des Mittelalters darüber: "die höchst verdächtige Entdeckungsgeschichte und mehrere innere Umstände lassen große Zweifel an der Aechtheit dieser sonst höchst merkwürdigen Alterthümer übrig." Ueber Rühs Sinnesänderung kann uns der Obermedicinalrath Brückner noch Auskunft ertheilen, der darüber an mich schreibt: "In den letzten Tagen des J. 1812 machte ich Abschiedsbesuch bei Prof. Rudolphi in Berlin und traf bey ihm Prof. Rühs. Beide waren höchst aufgeregt durch die eben eingetroffene sichere, aber immer nur heimlich cursirende Nachricht, daß Napoleon auf einem einsamen Schlitten durch Glogau passirt sei. Erst nach längeren Umzügen konnte ich meinen längst gehegten Wunsch in Ausführung bringen, nämlich Rühs Ansicht über unsere Götzen zu erfragen. Er erklärte, daß er, wo nicht alle - es möchten etwa vier auszunehmen seyn -, gewiß die meisten für unächt halte. Er vermißte an ihnen den ächten edlen Rost, hielt den Rost der Götzen, so wie diese selbst für künstlich gemacht, was einem Metallarbeiter nicht schwer werden könne. Auf die Frage, ob er Gideon für wissenschaftlich gebildet genug halte zur Ausführung dieses antiquarischen Betruges, meinte er, es müsse demselben doch an antiquarischen Kenntnissen nicht fehlen, und bedauerte sehr, neulich eine Gelegenheit, hierüber ins Klare zu kommen, verloren zu haben. Hr. Pastor Alban habe ihn näm=

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lich bey Gideon eingeführt, und sie sich über die Götzen unterhalten, er auch geäußert, wie wünschenswerth es sey, solcher Alterthümer mehr zu finden, die gewiß gute Käufer haben würden. Da habe Gideon denn nicht nur die Herbeischaffung mehrerer solcher wendischer Alterthümer für gar wohl möglich gehalten, sondern auch geäußert, er werde ihm vielleicht auch eine Sammlung ägyptischer Alterthümer verSchaffen können. Er - Rühs - sey sofort darauf eingegangen, ihm einen guten zahlfähigen Käufer nachweisen zu wollen. Da habe unglücklicher Weise Hr. Pastor Alban zweifelnd gesagt: Aber, Herr Sponholtz, wo wollen sie denn ägyptische Alterthümer herbekommen? das ist ja gar nicht wahrscheinlich und wohl kaum möglich. Auf diese Rede habe sich denn Gideon sogleich wieder in sein gewohntes Schneckenhaus geheimnißvollen Schweigens zurückgezogen, und alle Mühe, noch etwas über seine antiquarischen Kenntnisse zu erfahren, sey vergebens gewesen".

Allein noch wurden diese verurtheilenden Stimmen kaum beachtet. Im October des Jahres 1819 untersuchte der unter dem Namen des Nordischen Alterthumsforschers bekannte Sonderling Martin Arendt (geb. zu Altona 1769, gest. 1824 auf einem Dorfe bei Venedig) auf der großherzogl. Bibliothek zu Neustrelitz die Prillwitzer Idole; aber nicht die geringsten Zweifel an der Aechtheit des einen oder des andern Theiles derselben stiegen bei ihm auf. 45 ) Folgenreicher für die Untersuchung wurde ein Besuch, den Friedrich von Hagenow im December 1824 auf der großherzogl. Bibliothek zu Neustrelitz machte. Er leitete zuerst die Aufmerksamkeit der Forscher auf die Runen=Steine, welche, ebenfalls aus Gideons Sammlung stammend, fast unbeachtet im Winkel lagen. Er zeichnete sie, und forschte dann in Neubrandenburg vergeblich nach näheren Aufschlüssen über ihren früheren Besitzer. Als er aber später in Erfahrung brachte, daß zu Waren noch einer von den früheren Amanuensen Gideons, nämlich Daniel Boye, am Leben sei, schrieb er dorthin, ließ diesen durch einen Notar über die Runensteine vernehmen, und gab zu Anfange des J. 1826 die Aussagen Boye's nebst Abbildung und Erläuterung der Runensteine heraus. 46 )

Unterdeß war im October 1825 der als Kunst= und Antikenkenner rühmlichst bekannte Professor Levezow aus Berlin nach


45) Arendt hat eine kurze Aufzählung der Idole, mit beigefügter Erklärung der Runen=Inschriften, im J. 1820 zu Minden drucken lassen, die aber wenig wissenschaftlichen Werth hat, da er diese Erklärungen ohne weitere Begründung meistens aus seinen Vorgängern (Masch, Thunmann, Potocki) entlehnt hat.
46) Beschreibung der auf der großherzogl. Bibliothek zu Neustrelitz befindlichen Runensteine und Versuch zur Erklärung der auf denselben befindlichen Inschriften von Friedrich v. Hagenow. Loitz und Greifswald, 1826.
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Neustrelitz gekommen, um die jetzt das Interesse der Alterthumforscher aufs Neue in Anspruch nehmenden Prillwitzer Alterthümer genau zu untersuchen. Levezow, obwohl mit Rühs Zweifeln an ihrer Aechtheit inficirt, verließ nach einer mehrwöchentlichen Anwesenheit Neustrelitz mit der Ueberzeugung von der Aechtheit dieser Alterthümer, obgleich er zugab, daß ein oder das andere Stück mit zu dieser Sammlung gekommen sein möge, das ursprünglich nicht dazu gehört habe, oder wohl gar als verdächtig erscheinen könne. Nicht wenig betroffen war er daher, als er zu Berlin in einer gelehrten Gesellschaft über diesen Gegenstand einen Vortrag hielt, und ihm der Prof. Link, der früher an der Universität zu Rostock gewesen war, den Einwurf machte, daß die ganze Prillwitzer Sammlung ohne Bedeutung sei, da es ja ausgemacht sei, daß Alles auf Fälschung und Täuschung beruhe. Doch schien Link dieses Urtheil nur als auf eine allgemeine Sage sich stützend angenommen zu haben, wies aber auf die rostocker Professoren Siemssen und Eschenbach hin, welche genauere Auskunft zu geben im Stande sein würden, insbesondere Siemssen, 47 ) der an der Spitze der Opposition gegen die Aechtheit der Prillwitzer Idole stehe. Levezow theilte dies nach Neustrelitz mit, und der großherzogl. Bibliothekar, Hofrath Reinicke, erhielt höhern Ortes den Auftrag, bei Siemssen deshalb Erkundigungen einzuziehen; Eschenbach war inzwischen verstorben. Siemssen wies jene Behauptung mit Indignation zurück und erklärte unter dem 7. Februar 1827: "er würde gewiß mit einer Vindication der Aechtheit der Prillwitzer Alterthümer schon längst hervorgegangen sein, wenn die etwa übernommene Widerlegung aller ihm bis jetzt bekannt gewordenen, meist von Nichtkennern hervorgesuchten, schon längst beseitigten Bedenken und Einwürfe, von ihm mit seiner literarischen Ehre zuträglich hätte geführt werden können" (Neustrelitzer Acten). Auf diese unumwundene Erklärung Siemssens mußte Levezow an Reinicke gestehen: "die Sache läuft wieder, wie so oft, auf gelehrtes Weibergeträtsch und Geklätsche hinaus, was gern mit kritischer Miene von denen verbreitet wird, die nicht Lust und auch nicht Zeug dazu haben, die Sache selbst genauer zu prüfen". (Schreiben vom 8. März 1827 bei den Neustrelitzer Acten.)

Inzwischen hatte Maschens Schwiegersohn, der Pastor Rudolphi zu Friedland, der ein reichhaltiges Alterthumscabinet besaß


47) A. C. Siemssen war geboren zu Altstrelitz am 2. Mai 1768 und starb zu Rostock am 17. Juni 1833 er war ein naher Anverwandter des Präpositus Genzmer und mit dem Superint. Masch befreundet, dessen Hypothese von dem Tollense=Thale als einem Binnenwasser der Ostsee er jedoch verwarf. Siemssen hat sich große, seiner Zeit nicht genug anerkannte Verdienste um die vaterländische Naturkunde erworben.
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und mit dem Levezow sich in Verbindung gesetzt hatte, vorgeschlagen, man möge den bereits auf v. Hagenows Betrieb vernommenen Boye von Waren nach Neustrelitz citiren, um ihn noch genauer über Gideons Treiben und die Fundörter der von ihm angekauften Alterthümer zu vernehmen. Levezow erfaßte diesen Plan sehr eifrig, und schrieb darüber unter dem 26. November 1826 an Reinicke: "Ich gestehe aufrichtig, daß ich diesen Vorschlag für sehr zweckmäßig halte, ja für fast unumgänglich, um dies juristische Siegel zur Erhärtung der Wahrheit noch auf die wissenschaftlich=historisch=philologische Beweisführung von der Aechtheit der Monumente zu drücken. - Nach meinen schon erhaltenen Ueberzeugungen ist auch gar nicht zu befürchten, daß der Mann Dinge aussagen werde, welche der Sache im Ganzen nachtheilig werden könnten. Das geht schon aus dem Warenschen Protocoll bei v. Hagenow hervor, aber es würde zu außerordentlicher Erhöhung des Werthes der unbezweifelt ächten Denkmäler dienen, wenn man durch Boye in den Stand gesetzt würde, sicher davon das abzuscheiden, was Sponholtz vielleicht (um seine Sammlung zu vermehren) von dem Seinigen hinzugethan, und wo und unter welchen Umständen das Aechte gefunden worden. Dies zu erforschen ist man Ihrem schätzbaren Museo und der Wahrheit schuldig, und ich bitte Sie, mein theuerster und verehrungswürdiger Freund, dringend, diesen Vorschlag nicht ganz zu verwerfen, sondern vielmehr dazu höhern Orts Einleitungen zu treffen, was Ihnen nicht schwer werden kann. sollte es, wie ich ganz besonders wünschen muß, dazu kommen, so würde ich mir erlauben, Ihnen zum Behuf einer solchen officiellen Vernehmung in Strelitz ein Project von Fragepunkten zu übersenden, deren specielle Beantwortung mir für meine Untersuchung sehr am Herzen liegt, und die vielleicht jetzt Niemand so genau und bestimmt stellen kann, da ich mich jetzt mit der ganzen Lage der Dinge, aus allen noch darüber vorhandenen gedruckten und ungedruckten Actenstücken, hinlänglich vertraut gemacht, und die Gesichtspunkte kenne, die hierbei vorzüglich ins Auge gefaßt werden müssen". (Neustrelitzer Acten.) Diese 55 Fragepunkte für die Vernehmung Boye's theilte Levezow schon am 15. December d. J. an Reinicke mit, und brachte diesen selbst nebst dem Rath Nauwerck, einem erfahrenen Kunstkenner, als Untersuchungs=Commissarien in Vorschlag.

Man ging in Neustrelitz nicht allein bereitwillig auf diese Vorschläge ein, sondern beschloß auch, diese Untersuchung auf alle noch am Leben befindlichen Personen, welche mit den Gebrüdern Sponholtz in näherer Verbindung gestanden, ausdehnen. Dem zu Folge wurden durch die bezeichneten Commissarien nach ein=

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ander vernommen: der Goldschmied Buttermann zu Neustrelitz, der im J. 1785 bei Jacob Sponholtz in die Lehre gekommen und bis zum J. 1791 bei demselben verblieben war; der Goldschmied Neumann zu Altstrelitz, der 1765 zu Jacob Sponholtz gekommen und 6 Jahre als Lehrling und 17 Jahre als Gesell bei ihm zugebracht hatte; der Goldschmied Völcker zu Altstrelitz, der im J. 1777 zu Jacob Sponholtz gekommen und 8 Jahre lang bei ihm gelernt hatte; der Bürger Boye zu Waren, der vom J. 1788 bis 1795 bei Gideon Sponholtz in Dienst gestanden hatte; und endlich der Gelbgießer Wurm zu Wesenberg, dessen Vater, der Gelbgießer zu Neubrandenburg gewesen war, mit Gideon Sponholtz in Verkehr gestanden hatte. - Nur die Aussagen Neumanns waren von wirklicher Bedeutung und lieferten das schon oben vorweg genommene Resultat: daß die vom Grafen Potocki beschriebene Sammlung Gideon Sponholtzens für unächt anzuerkennen sei, indem Neumann die meisten Stücke derselben als durch seine eigenen Hände, nach auf Gideons Geheiß vom Töpfer Pohl gefertigten Modellen, in Metall abgegossen recognoscirte. Ich theile deshalb die wichtigen Actenstücke über Neumanns Aussagen vollständig mit, und werde in Anmerkungen beifügen, was etwa noch in den Aussagen der anderen Vernommenen zur Aufklärung der Sache beitragend erscheint, und gebe zum Schluß den Bericht der vom Großherzoge ernannten Commissarien über das Resultat der Untersuchung.

Neubrandenburg den 4. December 1853.

Franz Boll.     


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Anlage A

Verhör des Goldschmieds Neumann.

Actum Neustrelitz den 15. October 1827, in Gegenwart des Herrn Hofraths Reinike, des Herrn Raths Nauwerck und des Unterschriebenen.

Am heutigen Tage erschien nach voraufgegangener Einladung der zu Altstrelitz wohnende Goldarbeiter Neumann. Nachdem nun mit solchem in Gemäßheit der Einleitung des Protocolls vom 26. v. M., worauf der Kürze wegen hier Bezug genommen wird, verfahren war und solcher mit Handschlag gelobt hatte, überall, wo er gefragt werde, nach bester Erinnerung die Wahrheit treu und redlich anzugeben, so wurden demselben folgende Fragen vorgelegt:

1) Wie er heiße, wie alt und wer er sei?

Antw. Er heiße Christian Friedrich Neumann, sei im 78. Jahre, habe die Goldschmiedekunst erlernt, welche er jedoch, seiner hohen Jahre wegen, jetzt nicht mehr betreibe.

2) Ob er die Gebrüder Sponholz in Neubrandenburg genau gekannt habe und in welchem Jahre seines Alters er zu solchen gekommen?

Antw. Er habe sie sehr wohl gekannt und sei im 15. Jahre seines Alters zu ihnen gekommen, und zwar im J. 1765.

3) Ob er bis dahin öffentlichen oder besonderen Unterricht genossen und worin?

Antw. Er sei in Neubrandenburg, wo er geboren, in eine Privatschule gegangen. Der Unterricht in selbiger habe bestanden in Lesen, Schreiben, Rechnen und Religion.

4) Womit er sich außerdem während der Schuljahre in seinen Nebenstunden als mit einem Lieblingsgeschäft oder einem besonderen Zeitvertreibe abgegeben?

Antw. Irgend ein Lieblingsgeschäft erinnere er sich nicht betrieben zu haben, in den schulfreien Stunden habe sein Vater, der ein Sattlermeister gewesen, ihn in gute Aufsicht genommen und angehalten, ihm so viel er gekonnt, bei seiner Profession zu helfen.

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5) In welcher Absicht er zu den Gebrüdern Sponholz gekommen? Wieviel der Gebrüder Sponholz gewesen und wie sie in ihren Vornamen unterschieden worden? Ob sie alle in Einem Hause gewohnt? Ob sie alle einerlei Gewerbe betrieben? Ob Befragter als Goldschmidtslehrling oder Geselle, oder zu welchem andern Zweck er zu diesen Gebrüdern Sponholz gekommen?

Antw. Um die Goldschmidtskunst zu erlernen, sei er von seinen Eltern zu dem älteren Sponholz gebracht. Es seien der Gebrüder 3 gewesen, der älteste, der damals etwa 30 Jahre alt gewesen, habe Jacob Ernst geheißen, gewöhnlich nur Jacob, der Zweite Jonathan Benjamin und der jüngste Gideon Nathanael. So lange, bis der zweite Bruder Jonathan seine Brauwirthschaft angefangen, hätten sie alle zusammengewohnt, nach dessen Trennung wären der älteste und der jüngste nur zusammen geblieben. Der älteste sei eigentlich nur Goldschmidtmeister gewesen; Jonathan habe die Zunftmeisterschaft in seiner Goldschmiedeprofession nie gewonnen, sondern sich zur Wirthschaft gewendet; der jüngste habe keinen bestimmten Beruf gehabt, sondern von seinen Mitteln gelebt, und sei vorzüglich aufs Sammeln erpicht gewesen, besonders von Naturalien und Alterthümern.

6) Ob ihm seine Bestimmung im Sponholzischen Hause erst von den Sponholzen selber gegeben? Ob er von ihnen darüber bestimmte Instructionen und Verwarnungen, etwa über das Ausplaudern gewisser unter ihnen obwaltender Geheimnisse erhalten? Und worin etwa diese Heimlichkeiten oder besondere vertraute Geschäfte bestanden?

Antw. Seine Bestimmung ergebe sich aus der vorigen Antwort. Von besonderen Instructionen und Heimlichkeiten sei nie die Rede gewesen.

7) Ob er mit den Sammlungen der Gebrüder Sponholz außer ihren Berufsarbeiten bekannt geworden?

Antw. Von der Münzsammlung des ältesten Sponholz habe er zuweilen wohl einzelne Stücke gesehen, doch nie die ganze Sammlung zusammen. Jonathan habe keine ihm eigenthümliche Sammlung gehabt, Gideon aber habe für sich gesammelt, und da solcher um diese Zeit seine Sammlung erst recht angelegt habe, so sei ihm auch manches davon zu Gesichte gekommen; gehört habe er öfters, daß während seiner Lehrjahre der Hofrath Hempel die alten von den Sponholzschen Voreltern ererbten, angeblich von der Gebrüder Sponholz Großvaterbruder zu Prillwitz aufgefundenen Alterthümer, von ihnen, wie er gehört habe, um 500 Thlr. erstanden habe, wegen welcher Entäußerung der jüngste Bruder Gideon sich nachmals sehr beklagt habe. Diese Sammlung aber, die, wie er vermeine, den Ge=

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brüdern Sponholz gemeinschaftlich zugehört und Jacob in Verwahrung gehabt, habe er, Befragter, doch nie selbst gesehen.

8) Aus welchen Gattungen von Gegenständen die Sammlungen der Sponholze bestanden? und welchen Zweck sie dabei hatten? 48 )

Antw. In Hinsicht der ersten Frage bezog sich Comparent auf seine obige Antworten. - Ueber den Zweck sei ihm nichts anderes bekannt, als daß es sowohl bei Jacob als bei Gideon bloße Liebhaberei gewesen.

9) Wenn aus Alterthümern, aus welchen Gattungen? Aus gebrannten Urnen? Aus Gerätschaften und Vasen aus Stein und Metall? Aus Schmucksachen? Aus Münzen? Aus kleineren und größeren metallenen Figuren?

Antw. Er habe von den genannten Gegenständen allerdings hin und wieder einzelne gesehen.

10) Wenn auch aus anderen Gegenständen, etwa aus Naturproducten? oder auch aus neueren Kunstwerken?

Antw. Naturproducte habe er bei Gideon auch öfter gesehen, z. B. Mineralien, Versteinerungen, ausgestopfte Vögel und andere Thiere, auch Schnecken und Muscheln, die er zum Theil von Hofrath Hempel erhalten. Er habe auch einige Kupferstiche und Gemälde gehabt, so wie sich sein Sammelgeist auf allerhand seltene Sachen erstreckt habe.

11) Welche Gattungen von Alterthümern besaß Sponholz, als der Befragte zu ihm ins Haus kam?

Antw. Im Anfange seiner Lehrzeit habe er eben nichts besonderes gesehen; nach der Ablieferung der oben erwähnten Sammlung an den Hofrath Hempel aber habe Gideon erst recht zu sammeln angefangen.

12) Welche Gattungen derselben kamen in Jenes Besitz während des Aufenthaltes des Befragten in dem Sponholzschen Hause?

Antw. Er habe Urnen, sowohl metallene, als von Thon, steinerne Opfermesser, eine abgebrochene metallene Schwerdtklinge, einige Götzenbilder, Opferschalen und viele ihm im Augenblicke nicht erinnerliche Kleinigkeiten von Metall, auch steinerne Streitkeile und eiserne Pfeilspitzen nach und nach bei ihm gesehen.

13) Auf welche Weise äußerte sich Sponholz gelegentlich und absichtlich, daß er zum Besitz des vom Befragten schon bei ihm Angetreffenen gekommen, z. B. metallener Götzenbilder, Opferschalen, kleiner Täfelchen oder Runensteine?


48) Auf die letzte Frage antwortet Buttermann: "Sein Zweck schiene Befragtem eine Art Prahlerei gewesen zu sein, um sich bei Gelehrten ein besonderes Ansehen zu geben über Dinge, die er großen Theils selbst nicht verstanden habe".
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Antw. Nach des Befragten Meinung habe er, der Gideon Sponholz, im Anfange, wie er ins Haus gekommen, wenig oder nichts von den genannten Gegenständen gehabt, sondern nach und nach erst in der Folge bekommen. 49 ) Geäußert habe Sponholz sich gegen ihn niemals über den Erwerb des einen oder des andern Stückes.

14) Auf welche Weise hat der Befragte selbst gesehen und erfahren, daß Sponholz seine Sammlungen vermehrte?

Antw. Comparent habe gemerkt, daß dem Gideon oft manches von andern zugekommen sei, und namentlich aus Anclam und aus dem Schwerinschen, das ihm in seiner Sammlung angenehm gewesen sei.

15) Etwa durch Ankauf? und von wem?

Antw. Wenn arme Leute ihm, dem Gideon, etwas gebracht, was in seine Sammlung gepaßt habe, so habe er es wohl gekauft, doch könne Comparent sich nicht mehr, wegen der Länge der Zeit, erinnern, von welchen Personen.

16) Etwa durch Tausch? und mit wem? und wofür? Antw. Von Naturalien stehe es ihm zwar vor, daß von Tauschen die Rede gewesen sei mit dem Präpositus Genzmer in Stargard sowohl als auch mit dem Hofrath Hempel, z. B. Versteinerungen und Schnecken. Ganz einzelne Fälle wisse er sich nicht mehr zu erinnern.

17) Etwa durch eigene Ausgrabungen und Entdeckungen? Und zu welcher Zeit? An welchen Orten? in welcher Gesellschaft und Beihülfe?

Antw. Er habe den Ausgrabungen des Gideon Sponholz nie in Person beigewohnt, sondern sich immer zu seinem Berufsgeschäfte gehalten. Daß aber Sponholz gegraben habe, habe er wohl gehört, und besonders von dessen Helfer, dem alten Nix, der ihm denn auch oftmals gesagt, wo sie gegraben, nemlich zu Bargenstorf, auf dem Brandenburger Felde, zu Küssow und anderen Orten. Der Gideon Sponholz habe auch die Freiheit von dem Herzoge Adolf Friedrich IV., der seine Sammlung persönlich besucht, erhalten, überall nachzugraben, wo er wolle und etwas zu finden glaube. Zu seiner Zeit habe Sponholz nur bloß die Hülfe des alten Nix gehabt, der ehemals Bedienter bei dem Obristlieutenant v. Keyserling, nach dessen Tode nichts


49) Völcker deponirt ad 35: "Er müsse bemerken, daß Gideons Sammlung im Anfange seiner Ankunft im Sponholtzschen Hause gar nicht bedeutend gewesen sei, er habe sie nämlich in der gewöhnlichen Wohnstube linker Hand des Hauses aufbewahrt. Späterhin habe Jacob die Auffahrt des Hauses aufgebauet, und da habe Gideon den dadurch erhaltenen Raum des zweiten Stocks nach der ganzen Tiefe des Hauses zur Ausstellung seiner Sammlungen gewählt und benutzt".
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zn thun gehabt und an Sponholz einen Anhalt und Stütze gesucht habe.

18) Welches waren die Alterthümer, die Sponholz auf allen diesen verschiedenen Wegen acquirirte? und kann der Befragte sie in der großherzogl. Sammlung noch genau bezeichnen und bestimmen?

Antw. Alle Alterthümer anzugeben, welche der Sponholz durch Ausgrabungen oder auf andere Weise erworben, sei ihm nicht mehr möglich, wenn er sich auch erinnere, daß ihm derselbe damals öfters Mittheilungen davon gemacht habe. Was er in der hiesigen großherzogl. Sammlung als damals bei Sponholz gesehen jetzt wieder erkannt habe, wolle er gerne angeben. Es sei solches, außer manchen thönernen Urnen, die er aber ganz speciell zu bezeichnen sich nicht mehr getraue, wiewohl viele zu der Gattung gehörten, die er damals gesehen:

a. eine zerbrochene metallene Urne, worauf ein gedruckter Zettel mit der Inschrift sich befindet: "Eine metallene Urne, welche auf dem Neubrandenburgischen Felde gefunden worden", von der er damals auch gehört, daß ein Pflüger sie aus Sponholzens eigenem Acker zuerst entdeckt habe. 50 )

b. In dem Repositorio des zweiten Zimmers neben dem ersten Schranke zeigte er auf verschiedene Töpfe und Gefäße mittlerer Größe, und entsann sich, diese oder ähnliche auch bei Sponholz gesehen zu haben.

c. Von den Gegenständen in dem oberen Theile des ersten Schrankes der sogenannten Masch'schen Sammlung wollte er nichts vorher gesehen haben, da solche schon während seiner Lehrzeit an den Dr. Hempel überlassen sei. Aus der obersten Lade dieses Schrankes fand er auch nichts, das ihm erinnerlich war. In der mittelsten aber behauptete er Streitkeile, unter andern auch geschliffene der Art, wie sie sich dort finden, bei Sponholz gesehen zu haben. In der untersten Lade meinte er das grün angelaufene meisselförmige Instrument, dem ähnlich, was Potocki Fig. 98 abgebildet hat, so wie auch den sogen. Polnischen Hammer bei Potocki Fig. 97 wieder zu erkennen.

d. In dem zweiten Schrank, und zwar in der obersten Reihe, war ihm der größte Radegast bei Potocki Fig. 17., der Swantevith bei Potocki Fig. 8, in der zweiten Reihe der Rogiit bei Potocki Fig. 11, auch eins der sog. Opfermesser, und


50) Dies bezieht sich ohne Zweifel wohl auf die oben besprochene Ausgrabung im Herbste 1779. Völcker deponirt ad 17: "doch erinnere er sich, daß er einige Male aus Neugierde mitgegangen [bei den Aufgrabungen], unter andern auf dem Brandenburger Felde in der Nähe von Küssow, wo mehrere Urnen, aber weiter nichts gefunden worden; bei dem Burgwall vor dem Friedländshen Thore, wo einige metallene Armenschienen gefunden worden" etc. .
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zwar das broncene von prismatischer Gestalt mit der Aufschrift Radegast bei Potocki Fig. 23, und die mit zwei Schlangen umwundene weibliche Figur bei Potocki Fig. 6 bekannt.

Bei dieser Gelegenheit bemerkte er auch, diese letztere Figur durch den sehr geschickten Töpfer Pohl in Thon geformt gesehen zu haben, welches Veranlassung geben wird, diesen Gegenstand weiterhin näher zu erörtern.

In der großen obersten Lade dieses Schrankes hatte er vormals die breiten Armschienen und den gereifelten Ringkragen, weiter aber nichts von den darin befindlichen Gegenständen gesehen. In der mittelsten großen Lade fand er nichts. In der dritten aber erkannte er sehr wohl die fragmentarische metallene Schwerdtklinge. Dies sei alles, dessen er sich jetzt noch entsinnen könne.

Continuatum den 17. October.

19) Hat etwa einer der Sponholzen selbst mehrere von den in der erwähnten Sammlung befindlichen Alterthümer verfertigt? und welche, und in welcher Absicht?

Antw. Auf diese Frage könne er durchaus nichts anderes sagen, als daß Gideon Sponholz ihm einst ein Thon=Modell gezeigt, ganz ähnlich der in der Sammlung befindlichen, bei Potocki Fig. 6 gezeichneten weiblichen mit 2 Schlangen umwundenen Gestalt; auch habe er mehrmals den erwähnten Töpfer Pohl mit Anfertigung anderer Thon=Modelle, unter anderen eines Ziegenbockes, bei dem Gideon gefunden. In der hiesigen Sammlung habe er jedoch außer der schon erwähnten Figur kein anderes Stück gefunden, wovon er ein Thon=Modell gesehen zu haben sich erinnere. Er fügte noch hinzu, daß Sponholz diese Thon=Modelle sehr geheim gehalten und der ältere Bruder ihm öfter Vorwürfe gemacht, mit den Worten: Was willst Du mit den Dingen machen? Er müsse auch gestehen, daß er auf einige, er sagte ein Paar, metallene Puppen mit einem Schrotpunzen Buchstaben nach Mustern, die ihm Gideon aus einem vom Superintendenten Masch verfaßten und erhaltenen Buche vorgelegt, eingeschlagen habe. In welcher Absicht dies alles geschehen sei, darum habe er sich nicht bekümmert und könne deshalb keine weitere Auskunft darüber geben; übrigens setzte er noch hinzu, daß er die obgedachten Thon=Modelle nicht in der Sponholzschen, in dessen Hause befindlichen Sammlung aufgestellt gesehen habe. 51 )


51) In Völckers Vernehmung heißt es ad 18: "Bei Vorzeigung des größten Radegastes im obern Fache erzählte er, daß Gideon in der Mitte seines Sammlungssaales auf einem Tischchen einen Tempel von Holz stehen hatte, in dessen Mitte sich ein Modell von rohem Thon des Radegastes, mit zwei Hörnern auf dem Kopfe und einem (  ...  )
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20) Mit wessen Beihülfe?

Antw. Außer den vorerwähnten wisse er nicht, daß Gideon sich eines Gehülfen bei dergleichen bedient habe.

21) Stand er etwa mit dem einen oder dem anderen Gelehrten in Verbindung, der ihm die Vorstellungen und die Formen dazu angegeben, die Runen vorgeschrieben?

Antw. Die Gelehrten, deren er sich erinnere, mit welchen Sponholz in einiger Verbindung gestanden und deren auch einige wohl zu ihm gekommen, seien gewesen: der Landsyndicus Pistorius, der bei der öffentlichen Schule als letzter Lehrer angestellte Baccalaureus Schüler, 52 ) der bei eben der Schule als Lehrer gestandene Cantor, nachheriger Conrector Bodinus, 53 ) der Präpositus Genzmer zu Stargard und Anfangs auch der Dr. Hempel, mit dem jedoch späterhin eine Spannung eingetreten. Daß diese Gelehrten dem Sponholz Vorstellungen und Formen zu irgend einem Machwerke, oder auch Runenschriften angegeben haben sollten, wisse er zwar nicht, könne er aber auch gar nicht glauben.

22) Ist dem Befragten je ein Verdacht aufgestoßen, daß Sponholz diese Alterthümer, d. h. die Götzenbilder und Runenschriften, früherhin verfertigt haben könne? Oder dessen Vater? Oder der Goldschmidt Pälke?

Antw. Die erste Frage in Bezug auf Gideon Sponholz erledige sich aus des Befragten vorigen Angaben. Von dem Vater der Sponholzen, der des Befragten Pathe gewesen und in dessen 9. Jahre, also im J. 1759, gestorben sei, könne er zwar nichts Bestimmtes hierüber sagen, jedoch habe er immer gehört, daß solcher allgemein als ein rechtschaffener und braver Mann


(  ...  ) Stierkopfe auf der Brust, gefunden hätte. Um diesen Radegast bätten wenigstens 4 andere Götzenbilder von verschiedener Art, gleichfalls von Thon geformt, mit Thierköpfen, besonders auch eins mit einem Hundskopfe, gestanden. Alle diese thönernen Modelle oder Götzenbilder habe der geschickte Töpfermeister Pohl in Neubrandenburg gemacht. Auf Befragen, ob er sich erinnere, jemals metallene Abgüsse dieser Modelle bei Sponholtz oder anderwärts oder in hiesiger Sammlung gesehen zu haben, antwortete er, nein". Und ad 25 erklärt derselbe: "Gideon habe unter andern ein Buch mit Kupfern gehabt, welches er dem Pohl zu dessen Modellirungen mitgetheilt und vorgelegt; was für ein Buch dies gewesen, wisse er nicht; sie hätten ihn nicht dabei kommen lassen, sondern unter sich gehalten".
52) Der Baccalaureus Schüler war aus Altwigshagen bei Anclam gebürtig, wurde ums J. 1765 dritter und letzter Lehrer an der neubrandenburger lateinischen Schule und starb 50jährig im J. 1786. Den Ruf besonderer Gelehrsamkeit hat er nicht hinterlassen.
53) Heinrich Friedrich Bodinus, ein geborner Thüringer, wurde 1766 als Conrector oder zweiter Lehrer an der neubrandenburger lateinischen Schule angestellt und war seiner Zeit ein vertrauter Freund von Pistorius und anfangs auch von Gideon. Auch er steint bei der besprochenen Aufgrabung im Herbste 1779 auf Sponholtzens eigenem Acker zugegen gewesen zu sein, denn bei aus dieser Aufgrabung stammenden Alterthümern in der neustrelitzer Sammlung fanden sich Zettel von Bodinus Hand. Er starb 75 Jahre alt im J. 1813. Sein höchst origineller, aber duchaus biederer und aller Verstellung und Täuschung unfähiger Charakter ist bei seinen Schülern noch in gutem Andenken.
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bekannt gewesen. Den Goldschmidt Pälke habe er nicht mehr gekannt und wisse daher auch nichts von ihm anzugeben.

23) Hat der Befragte in Sponholzens Werkstatt und dessen Hause nicht Spuren von Anstalten, Instrumenten, Formen und Modellen oder Metallmischungen gefunden, welche zu einem solchen Verdachte Veranlassung geben konnten?

Antw. Befragter bezog sich hier auf die oben ad 19 gemachten Angaben und versicherte, daß ihm weiter nichts über diese Sache bekannt geworden sei.

24) Hatte Sponholz eine Büchersammlung? und aus welcher Gattung von Büchern bestand sie? Verwahrte er etwa mit besonderer Heimlichkeit gewisse Papiere?

Antw. Bücher habe er allerdings wohl gesehen; so viel ihm erinnerlich, seien es solche gewesen, die zum Goldschmidtsberufe gehörten, ein Theil wären auch Schulbücher gewesen. Gideon hätte auf eine große Bibel, die er besessen, viel Gewicht gelegt. Von heimlichen Papieren sei ihm nichts bewußt.

25) Waren unter dessen Büchern solche Werke, welche in Abbildungen ähnliche Figuren darstellten, als die in seiner Sammlung befindlichen? Etwa auch Abbildungen von Runenschrift? Erhielt Sponholz Bücher während des Aufenthalts des Befragten bei ihm? Oder war er schon im Besitz derselben vorher gewesen?

Antw. Außer dem Werke von Masch, welches er bei Sponholz wohl gesehen, erinnere er sich nichts weiter von dem ihm hier in Frage gestellten.

26) Deutete Sponholz die Figuren und Namen in seiner Sammlung? oder waren sie ihm selber unlesbar und unerklärlich? oder wurden sie ihm von anderen erklärt und durch wen?

Antw. Seines Wissens hätte Sponholz die Namen der Figuren seiner Sammlung weder lesen noch erklären können; was er davon gewußt habe, sei ihm vom Superintendenten Masch mitgetheilt.

27) Verstand Sponholz lateinische slavisch oder wendisch? etwa polnisch? oder böhmisch? kannte er Runenschrift? las er die auf seinen Alterthümern oder in den Büchern befindlichen fertig?

Antw. Gideon Sponholz möchte in der Schule wol etwas lateinisch gelernt haben. Wie er, Befragter, gemerkt und gehört, müsse es wol nicht viel gewesen sein. Von den andern genannten Sprachen hätte derselbe keine Kenntnisse gehabt, ebenso wenig als von der Runenschrift. Der ältere Bruder Jacob, den dessen Vater durchaus habe wollen studiren lassen, möge auf der Schule wohl etwas mehr Sprachkenntnisse erworben haben, habe

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aber, so wie auch Jonathan, zu allen diesen keine Lust bezeigt, sich nie weiter damit abgegeben und bloß seinem Berufe und der Wirthschaft gelebt.

28) Hat Sponholz wohl zuweilen metallene Sachen aus seiner Sammlung abgeformt und nachgegossen? Und wenn dies der Fall war, befinden sich diese Nachgüsse noch in der großherzogl. Sammlung?

Antw. Von dergleichen Ab= und Nachgüssen sei ihm nichts bewußt, mithin könne er sie auch in der hiesigen Sammlung nicht gefunden haben.

29) Oder hat er sie an andere vertauscht oder verkauft? 54 ) an wen? Hat er sie diesen für Originale oder Copien ausgegeben?

Antw. Befragter bezog sich auf die vorige Antwort.

30) Hat er sich auch mit Abformen und Abgießen alter Münzen abgegeben?

Antw. Jacob habe dies nie gethan, Gideon aber habe, wenn er seltene oder merkwürdige Münzen in edlem Metall mitgetheilt erhalten, sich solche selbst wohl in Kreideformen mit Zinn nachgegossen.

31) Hat der Befragte den jetzt in Waren noch lebenden Bürger und Einwohner Boye im Sponholzschen Hause gekannt und gesehen? In welcher Verbindung stand dieser Boye mit Sponholz? Und wie lange war er bei Sponholz?

Antw. Allerdings habe er den Boye im Sponholzschen Hause nach der Zeit, wo er, Befragter, dasselbe schon verlassen habe, gesehen. Boye sei Aufwärter des Gideon gewesen, wie lange er sich bei Sponholz aufgehalten, wisse er, Befragter, nicht zu sagen.

32) Hat der Boye dem Sponholz bei seinen Alterthümern Hülfe geleistet und welche? Ist er etwa bei dessen Ausgrabungen gegenwärtig und behülflich gewesen? Hat solcher nicht mit dem Sponholz Gräber geöffnet und mit Runenschrift bezeichnete Steine bei solchen Gräbern gefunden? Und welche Steine in der hiesigen Sammlung waren es?

Antw. Befragter habe wohl gehört, daß Boye dem Gi=


54) Diese Frage verneint Boye ad 29: "dergleichen sei Befragtem nie vorgekommen, im Gegentheil sei Gideons Eifer so groß gewesen, daß er nie habe genug bekommen können", und giebt noch ad 48 speciell an: "er sei einst mit Gideon nach Schwerin gereiset und habe da die dortige Sammlung von vaterländischen Alterthümern gesehen, welche ihnen der damalige Archivrath Evers gezeigt, welcher zugleich den Gideon inständigst angelegen, ihm doch, wenn auch nur einige, von seinen Götzenbildern zu überlassen, welches dieser jedoch standhaft verweigert". Buttermaun ad 53 erklärt: "daß Gideon aus seiner Sammlung an andere Liebhaber etwas überlassen hätte, wisse er nicht und glaube es auch nicht, doch sei ihm erinnerlich, daß jener ihm einmal gesagt habe, er hätte einige Urnen nach Ratzeburg überlassen".
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deon bei seinen Nachgrabungen behülflich gewesen, wisse aber nichts Specielles davon zu sagen.

33) Sind dem Sponholz zuweilen von außerhalb Alterthumssachen zugeschickt und überbracht worden? Etwa aus Mainz oder aus Rostock? Hat er solche Sachen gekauft, getauscht, und wogegen? oder sie abgeformt und seiner Sammlung einverleibt? Sind ihm nicht auch aus Pommern und der Mark Brandenburg solche Alterthümer zukommen und welche sind diese in der hiesigen großherzogl. Sammlung?

Antw. Dem Gideon Sponholz seien verschiedentlich wol, aber mehrentheils hier in der Nähe gefundene Alterthumsstücke zugebracht worden; auch erinnere er sich, daß er zuweilen etwas aus Prenzlau, aus Anclam und aus dem Schwerinschen erhalten; Geld habe er dafür nicht gerne gegeben, auch nicht gerne getauscht; das Meiste sei ihm geschenkt. Von Abformungen solcher Sachen sei ihm nichts bewußt, und so finde er auch nichts davon in der hiesigen Sammlung.

34) Warum hat Sponholz so ungerne seine Sammlungen und besonders die obotritischen Götzenbilder an andere Personen gezeigt und damit so heimlich gethan? 55 ) Fürchtete er etwa, daß man irgend einem Betruge auf die Spur kommen möge? Oder hat er sich darüber gegen den Befragten gelegentlich auf andere Weise geäußert?

Antw. Nachdem Sponholz seine Sammlung aufgestellt gehabt, habe er sie immer gezeigt und nicht heimlich damit gethan. Selbst der Herzog Adolf Friedrich IV. sei einige Male mit seinem ganzen Hofstaate dort gewesen und habe dadurch veranlaßt, dem Sponholz die Erlaubniß zum weiteren Nachgraben, wo er es gerathen fände, zu geben.

35) Was hat Sponholz über seine früheren eigenen Entdeckungen vor Ankunft des Befragten im Sponholzschen Hause demselben mitgetheilt? Welche Stücke in der großherzogl. Sammlung sind damals gefunden worden?


55) Auf diese Frage antwortet Völcker: "Es sei ihm gar nicht bewußt, daß Gideon mit Vorzeigung seiner Sammlung schwierig gewesen sei, im Gegentheil wisse er sehr genau, daß er, wenn nicht unüberwindliche Hindernisse eingetreten, z. B. daß er krank gewesen, sich in diesem Stücke, so vielfältig auch die Ansuchungen gewesen wären, sehr gefällig gezeigt habe". Desgleichen Buttermann: "Dieses Betragen sei ihm von Sponholtz nicht bekannt; rechtlichen, unterrichteten Männern habe er nie geweigert, die Sammlung zu zeigen: bloßen Neugierigen habe er es, da er sehr bequem gewesen wäre, freilich wohl abgeschlagen, und wenn er sich nicht hatte entziehen können, sich dadurch entschädigt, daß er ihnen die Haut voll gelogen". Endlich Boye: "Es sei nicht zu leugnen, daß Gideon mit Vorzeigung seiner Sammlung etwas unwillfährig gewesen sei, und zwar aus Furcht, daß, wie oft geschehen, unbescheidene Leute ihm die Gegenstände derselben berührt und zerbrochen, auch wohl manches Stück entwandt hätten. Wenn nun er, Befragter, nicht bei der Hand gewesen, dem die strengste Aufsicht in diesem Stücke zur Pflicht gemacht worden. so habe er die Vorzeigung gewöhnlich verweigert. Von Furcht des Gideon, auf einem Betrug ertappt zu werden, habe er nie etwas gespürt".
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Antw. Im Anfange seiner Ankunft im Sponholzschen Hause wäre nie über diesen Gegenstand gesprochen worden. Zu allererst sei davon die Rede gewesen, als der Dr. Hempel Alterthumsstücke von Sponholz erhalten.

36) Wo sind besonders die Stücke gefunden worden, die Graf Potocki in seinem Werke abgebildet und beschrieben hat? Sind sie zu verschiedenen Malen entdeckt, oder zusammen gefunden, wie die ersten von Masch beschriebenen in Prillwitz? Und wo sind sie gefunden?

Antw. Da er nie bei den Nachgrabungen des Gideon Sponholz gegenwärtig gewesen und sich zu seiner Berufsarbeit gehalten, könne er über diese Dinge, als ihm unwissend, keine Auskunft geben.

37) Wo insbesondere der große Radegast? Antw. Das wisse er auch nicht.

38) Unter welchen Umständen sind die schönen metallenen Urnen und die Bruchstücke davon gefunden? Wo die beiden Grapen in der großherzogl. Sammlung?

Antw. Auch hier wisse er nichts weiter, als was er oben schon ausgesagt, daß nämlich die eine zerbrochene metallene Urne auf einem Ackerstücke im Neubrandenburger Felde gefunden worden, wobei er jedoch auch nicht gegenwärtig gewesen sei. Grapen hätte er zu der Zeit auch nicht bei Sponholz wahrgenommen, er möchte sie späterhin wohl erhalten haben, doch wisse er nicht, woher sie seien.

39) Ist der in der großherzogl. Sammlung befindliche halbmondförmige Ringkragen mit Reifen etwa bei diesen metallenen Urnen gefunden?

Antw. Woher dieser Ringkragen gekommen, könne er auch nicht sagen.

40) Hat Sponholz auch noch andere kleine Erzfiguren besessen, welche nicht in Meklenburg gefunden worden, sondern die er vielleicht auf Auctionen oder aus freier Hand von anderen erhandelt oder sonst bekommen? Hat er diese von der obotritischen Sammlung abgesondert aufbewahrt, oder damit vermischt? und als auch dazu gehörig ausgegeben?

Antw. Es sei ihm nicht erinnerlich, daß Sponholz andere Arten von Erzfiguren besessen, als die er, Befragter, bereits angegeben, auch wisse er nicht, daß derselbe jemals auf Auctionen dergleichen gekauft, so wie er auch über den andern Theil dieser Frage keine Bestimmung geben könne.

41) In welchem Verhältniß stand Sponholz zu dem Superintendenten Masch? Stand er vielleicht mit ihm im näheren Briefwechsel? Hat Masch den Sponholz öfter besucht?

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Antw. Hierüber könne er nichts anderes angeben, als daß Gideon äußerst sparsam und unwillig in und zum Schreiben gewesen sei, und daß er, Befragter, während seiner ganzen Anwesenheit im Sponholzschen Hause den Superintendenten Masch daselbst nie gesehen habe.

42) In welchem Verhältniß stand Sponholz zu dem Präpositus Genzmer in Stargard? Wie äußerte sich Sponholz darüber, als er erfuhr, daß man hin und wieder die Aechtheit der obotritischen Götzenbilder bestritt und in Verdacht zöge?

Antw. Sie hätten über Versteinerungen mit einander verkehrt und sich auch wechselsweise wohl einander besucht. Ueber die Aechtheit der Sponholzschen Alterthumsstücke habe er eben so wenig als von den Aeußerungen des Sponholz darüber etwas vernommen.

43) Hat Sponholz nicht manche der von ihm gefundenen Sachen eingeschmolzen, um vielleicht ihren vermeintlichen Metall=Inhalt zu prüfen? Hat er manche nicht nachbearbeitet, um ihnen vielleicht ein anderes Ansehen zu geben, Runen darauf eingegraben, sie mit Säuren bestrichen, in Urin gelegt, in Misthaufen vergraben, um ihnen dadurch eine grüne, braune oder graue Farbe zu geben?

Antw. Auf den Inhalt dieser ganzen Frage äußerte sich Befragter nur dahin, daß er einstens auf Gideons Verlangen auf einige Puppen Buchstaben eingeschlagen. Von allem übrigen in dieser Frage sei ihm nie etwas vorgekommen.

44) War Gideon Sponholz oder dessen Bruder Jacob im Besitz mehrerer kleiner Modelle von menschlichen und Thierfiguren, Blumen, Blättern, Thiera= und Menschenköpfen, wie sie Goldschmiede und Gelbgießer zu besitzen pflegen, um davon bei ihren Arbeiten in Gold, Silber oder Messing als Verzierungen und Beschläge Gebrauch zu machen? 56 )

Antw. Die Hauptgoldschmiedearbeiten, die während seiner Zeit vorgekommen wären, hätten bestanden in Thee= und Eßlöffeln, Rockknöpfen und Pfeifenkopfbeschlägen, Schuh= und Knieschnallen, Knöpfen an Kleidern, goldenen Ringen und Vergoldungen und silbernen Leuchtern. Zu einigen dieser Gegenstände, als Schnallen und Pfeifenbeschlägen, hätten sie allerdings Formen gehabt und zwar von Blei. Daß er noch andere Modelle im


56) Diese Frage beantwortet Buttermann dahin: "Modelle, welche die Goldarbeiter Patronen zu nennen pflegen, hätte sein Lehrherr Jacob allerdings in ziemlicher Menge gehabt, wovon Comparenc bei den vorkommenden Arbeiten ebenfalls Georauch gemacht, solche auch oft gereiniget habe; er könne aber ganz bestimmt versichern, daß darunter sich durchaus nichts gefunden habe, was mit den Gegenständen der hiesigen Sammlung einige Aehnlichkeit oder Beziehung darauf habe".
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Sponholzschen Hause, besonders solche, deren in der Frage erwähnt wird, sollte gesehen haben, sei ihm nicht erinnerlich.

45) Hat sich Sponholz nie geäußert gegen den Befragten, wie die Prillwitzer Erzbilder und die Geräthe an ihn und seine Familie gekommen? War Gideon in dem alleinigen Besitz derselben, oder hatte sein Bruder Jacob auch Theil daran? Und wie haben sich beide Brüder darüber verglichen?

Antw. Gideon habe sich gegen ihn geäußert, daß die Erzbilder und Geräthe, welche nachher an Hempel überlassen worden, von seinem Großvater ererbt und in Prillwitz gefunden wären. An diesen, habe er, Befragter, wol gehört, hätten alle 3 Brüder Theil gehabt, und Gideon nicht allein; wie sich aber die Brüder darüber verglichen, sei ihm nicht bekannt geworden.

46) Warum wurden dem Dr. Hempel nicht alle Figuren auf einem Male überlassen, sondern der Besitz der übrigen verschwiegen?

Antw. Diese Frage vermöge er nicht zu lösen; es könne wol sein, daß Gideon nach Abgabe der Prillwitzer Stücke an Hempel erst nach und nach wieder in Besitz anderer gekommen sei.

47) Oder sind die übrigen erst späterhin von Sponholz oder anderen fabricirt oder ausgegraben worden?

Antw. Von Fabriciren sei ihm nichts bewußt, und bei Nachgrabungen sei er nie gegenwärtig gewesen.

48) Sind dem Deponenten späterhin ähnliche Bilder und Runensteine auch bei anderen Besitzern in Meklenburg vorgekommen? und etwa bei welchen?

Antw. Er habe nie dergleichen bei irgend Jemand sonst gesehen.

49) Oder ob er auch nur von ähnlichen Entdeckungen bei anderen in Meklenburg gehört? und von welchen und wo? Antw. Auch das nicht.

50) Ob er glaube, daß noch unberührte Grabmäler vorhanden, die noch eine ähnliche Ausbeute, als die früher gemachte, liefern könnten.

Antw. Er habe davon keine Kenntniß, weil er sich nie persönlich damit abgegeben.

51) Ob sich die Grabmäler, worin die Runensteine, Götzenbilder, Geräthe und dergleichen zu finden sein möchten, von außen besonders und vor anderen auszeichnen, und wodurch?

Antw. Darüber könne er auch keine Auskunft geben. Sponholz habe aber sich wol geäußert, daß er die Grabmäler an der Hügelform und Stellung der Steine erkenne. Auch habe derselbe bei seinen Nachsuchungen sich eines Erdbohrers bedient.

52) Wann der Befragte sich von Sponholz getrennt habe, und warum?

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Antw. Nachdem er, Befragter, 6 Jahre als Lehrling und 17 Jahre als Geselle bei Sponholz gestanden, habe er endlich mit demselben brechen müssen, weil er seinen Meister nicht dahin bringen können, mit ihm ordentliche Rechnung zuzulegen. Denn obgleich derselbe ihm zu seinen Bedürfnissen je zuweilen Auszahlungen gemacht, so habe er ihm doch nie seinen Lohn völlig und richtig bezahlt. Wie er, Befragter, gewilligt gewesen, sich zu verheirathen, so habe er nicht länger warten können, habe aber am Ende zufrieden sein müssen mit dem, was er habe erhalten können. So sei er von ihm gegangen und mit seiner nachherigen Frau und deren Vater, einem Fleischer, gezogen, wo er 4 Jahre lang gewohnt und auf seine eigene Hand Brau= und Brennwirthschaft getrieben, da er eingesehen, daß er von seiner Kunst sich in Neubrandenburg nicht füglich hätte ernähren können.

53) Ob er noch späterhin mit Sponholz in Verkehr gestanden? Und dieser nach des Befragten Abgange aus dessen Hause noch seine Nachgrabungen fortgesetzt? Mit wessen Hülfe? Was dadurch gefunden? Und ob das später Gefundene auch in die großherzogl. Sammlung gekommen? Ob nicht der Sponholz auch ein oder anderes Alterthumsstück an andere Liebhaber derselben in oder außerhalb Landes überlassen? Was solches gewesen? Und wohin es gekommen?

Antw. Sein Verkehr mit Sponholz habe nun gänzlich aufgehört und er könne auf den übrigen Theil der Frage nichts angeben.

54) Ob der Befragte sich nicht selbst auf eigene Hand mit Untersuchungen von Gräbern und Nachgrabungen abgegeben? Wo solches gesehen? was er gefundene und wohin solches gekommen?

Antw. Er habe sich nie mit dergleichen abgegeben.

55) Ob Sponholz gefundenes edles Metall, Gold, Silber, eingeschmolzen, zu seinen eigenen Goldschmiedsarbeiten verbraucht oder verkauft habe? Und welche Form und Gestalt dies ursprünglich bei der Entdeckung gehabt? Etwa als Münzen, oder Geräthe, Schmuck, Waffen und dergleichen?

Antw. Er habe nie etwas davon verspürt, glaube auch, daß wohl sehr wenig edles Metall möchte gefunden sein, da er nie davon habe reden hören, außer daß Gideon in der Gegend von Weitin auf dem Wege nach Treptow einst einen Hügel habe ausgraben und daselbst eine Menge Steine habe auswerfen lassen, und endlich einen Griff, dem Anscheine nach, wie gesagt worden, eines Opfermessers gefunden, welcher Griff oben und unten mit Ringen von dünnem Goldblech belegt gewesen. Diese

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Ringe habe Gideon hernach in einer Schachtel auf Baumwolle sorgfältig aufbewahrt. In der hiesigen Sammlung habe er jedoch solche nicht angetroffen. Weiter sei ihm in Gold oder Silber dieser Art nichts vorgekommen.

56) Ob Sponholz bei seinen Ausgrabungen und Nachsuchungen sich auch besonderer Mittel bedient, als z. B. der Wünschelruthe, Zauberbücher, abergläubischer Gebräuche, Beschwörungen, religiöser Ceremonien, Gebetsformeln und dergleichen?

Antw. Von allem diesen habe er niemals etwas bemerkt.

57) Ob derselbe diejenigen, die ihm bei seinen Nachsuchungen und besonders, wenn etwas Bedeutendes gefunden worden, zur Geheimhaltung und strengem Stillschweigen verpflichtet? Ob er sie nicht, wenn sie plaudern würden, bedrohet? und wie und womit?

Antw. Auch hiervon habe er nie etwas bemerken können.

58) Ob Sponholz seine Helfer beim Nachgraben belohnt und wie?

Antw. Sein Haupthelfer, der alte Nix, habe von ihm, dem Sponholz, Essen und Trinken gehabt, was er sonst diesem und anderen gegeben, sei Befragtem nicht wissend.

59) Ob derselbe bei seinen Zeitgenossen in Neubrandenburg und sonst nicht den Namen eines Schatzgräbers bekommen? und wodurch solches wol veranlaßt sei?

Antw. Einige Leute möchten sich das wol eingebildet haben wegen dessen vielfältiger Nachgrabungen, er, Befragter, hätte nicht daran geglaubt.

60) Mit welchem seiner Zeitgenossen Gideon Sponholz am meisten Freundschaft gehalten und verkehrt habe und am vertraulichsten umgegangen sei?

Antw. Außer seinen Helfern bei Nachgrabungen wisse Befragter nicht, daß Gideon sonderlich vertraute Freunde gehabt habe, doch habe er sich mehrere Jahre mit einem seiner ehemaligen Schulgenossen, Namens Keller, jüngstem Sohn eines verstorbenen Bürgermeisters in Neubrandenburg, abgegeben, der so wie Gideon selbst sich ohne bestimmten Beruf und Geschäfte herumgetrieben.

61) Ob Befragtem die Handschrift mancher Zettel und Notizen, welche sich bei einzelnen Stücken und Gattungen der Alterthümer hieselbst befinden, und die ihm vorgezeigt wurden, bekannt sei? Ob Sponholz selbst solches geschrieben habe, oder wer sonst?

Antw. Nein, er kenne sie nicht.

62) Wohin sich Befragter gewendet, als er das Sponholzsche Haus verlassen?

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Antw. Befragter bezieht sich auf vorige Angabe.

63) Ob er auf Reisen und im Auslande Alterthümer der Art, wie sie in hiesiger Sammlung vorhanden, gesehen? Antw. Er habe keine Reisen gemacht.

64) Ob er als sachkundiger Metallarbeiter gewisse Kennzeichen habe, wodurch sich alte ächte Metallwerke, besonders in Kupfer, Messing und Silber, in ihrem grünen, braunen oder grauen Roste von neueren und falschen unterscheiden?

Antw. Gewisse Kennzeichen des Alters wisse er nicht namhaft zu machen, da er sich mit Versuchen dieser Art nicht befaßt habe.

65) Ob er glaube, daß der grüne, sogenannte edle Rost so künstlich nachzumachen sei, daß man ihn von dem durch Länge der Zeit in der Erde von selbst entstandenen nicht unterscheiden könne?

Antw. Beruft sich auf die vorhergehende Antwort, und sei ihm dieser Unterschied nicht bekannt.

66) Bei wem Jacob Sponholz die Goldschmiedekunst erlernt habe?

Antw. Bei seinem Vater.

67) Ob Jacob Sponholz gereiset? Antw. Nein.

68) Bei wem Jonathan, der zweite der 3 Gebrüder Sponholz, gelernt habe?

Antw. Jonathan sei schon Geselle gewesen, wie er, Befragter, in die Lehre gekommen. Bei wem er gelernt, wisse er nicht bestimmt anzugeben.

69) Ob solcher auch gereiset?

Antw. Ja, er sei, so viel Befragter wisse, in Hamburg, Berlin und zuletzt in Danzig bei seinem Onkel ein Jahr gewesen.

70) Wer von den beiden Brüdern, Jacob oder Jonathan, nach des Befragten Meinung wol der geschickteste Goldarbeiter gewesen?

Antw. Jonathan möchte seiner Reisen wegen wol den Vorzug verdient haben.

71) Ob von den Gebrüdern Sponholz noch Kinder am Leben seien?

Antw. Der älteste, Jacob, und der jüngste, Gideon, seien unverheirathet gewesen, Jonathan habe 2 Söhne, davon der älteste noch als Gastwirth in Neubrandenburg lebe, der jüngste ein Landmann sei, dessen Aufenthalt er aber nicht wisse. Außer diesen seien auch noch 3 Töchter gewesen.

72) Ob dem Befragten auch noch andere jetzt lebende Personen hier oder anderwärts bekannt seien, von denen man einige

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Auskunft über das Ganze oder einige Theile des verhandelten Gegenstandes, über das Geschichtliche und Oertliche der Auffindung oder Sammlung der hiesigen Alterthumsstücke und über die besonderen Verhältnisse der Gebrüder Sponholz erhalten könne?

Antw. Außer dem mehrmals genannten, noch in Waren lebenden Boye, dem hiesigen Goldarbeiter Buttermann, dem Goldarbeiter in Altstrelitz seien ihm keine Personen mehr bekannt, die über die Sponholzsche Familie und deren Verkehr genaue Auskunft geben könnten.

Continuatum den 19. October 1827.

73) Ob der Befragte die Mutter des Jacob Sponholz noch gekannt habe?

Antw. Ja, er habe dieselbe sehr wohl gekannt, und zwar noch während 18 Jahre seiner Anwesenheit im Sponholzschen Hause.

74) Aus welcher Familie solche gewesen? Antw. Sie sei eine Tochter des Goldschmidts Pälcke in Neubrandenburg gewesen, welchen er aber nicht mehr gekannt habe.

75) Wann solche gestorben?

Antw. Wie er glaube ums J. 1783.

76) Ob er von solcher nichts über die, wie es geheißen, in Prillwitz gefundenen Alterthumsstücke gehört, und was?

Antw. Nein, die alte Frau habe sich nie hierüber gegen ihn geäußert.

77) Ob er glaube, daß die Frau zu irgend einem Betruge in Betreff solcher Alterthümer mitgewirkt habe?

Antw. Nein, das glaube er nicht, er habe sie nicht anders als eine gar rechtschaffene und brave Frau gekannt.

78) Ob er einigen Verdacht hege, daß solches der Fall von anderen von ihm vorhin genannten und gekannten Personen gewesen sei, z. B. von den Schullehrern Schüler und Bodinus, vom Landsyndicus Pistorius, dem Präpositus Genzmer, dem Dr. Hempel oder anderen, daß nämlich von solchen Alterthumsstücke für alt und ä ausgegeben, die es doch nicht gewesen, um den Gideon Sponholz oder andere damit zu hintergehen oder zu täuschen?

Antw. Niemals habe er irgend etwas gehört, gemerkt oder erfahren, das bei ihm einen solchen Verdacht hätte begründen können, vielmehr habe er alle diese genannten Herren ebenfalls nicht anders, denn als sehr rechtliche und ehrliche Männer gekannt.

79) Ob er solches von seinem Lehrherrn Jacob Sponholz glauben könne?

Antw. Auch von diesem so wenig, als von Jonathan, habe er je dergleichen bemerkt, auch glaube er es nicht.

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80) Ob er von Gideon, dem eigentlichen Sammler, solches glauben oder vermuthen könne?

Antw. Mit völliger Bestimmtheit könne er auch dieses nicht behaupten, da dieser sich mit zu vielerlei Geschäften abgegeben, er, Befragter, sich aber mehr zu seinen Berufsarbeiten gehalten und mit dem Gideon zu wenig in Verhältnissen gestanden habe, um ihn genau genug beobachten zu können. Er wolle, weil es ihm eben beifalle, noch hinzufügen, daß Gideon auch ziemlichen Verkehr mit einem Herrn v. Haacke, welcher eine Geschichte der Stadt Neubrandenburg geschrieben, die auf Gideons Kosten gedruckt sei, gehabt, wiewol es ihm nicht genau bekannt sei, was sie mit einander verhandelt hätten.

81) Was zu seiner Zeit sonst für Goldschmiede in Neubrandenburg gewesen wären?

Antw. Er habe damals als Goldschmiede in Neubrandenburg gekannt: die Herren Oesten, Fehmer, Schröder, Appel, Petschler, auch habe er nach seinem Weggange aus Neubrandenburg wol gehört, daß noch ein Goldschmidt Jacobs aus Friedland sich in Neubrandenburg gesetzt habe.

82) Und welche derselben jetzt noch lebten? Antw. Appel sei zu seiner Zeit noch gestorben; daß Schröder und Oesten auch späterhin während seiner Abwesenheit gestorben, habe er gehört; ob Petschler, Jacobs und Fehmer jetzt noch lebten, wisse er nicht genau.

83) Wie Befragter von Neubrandenburg an seinen jetzigen Wohnort gekommen?

Antw. Da mit seinem Schwiegervater die Vertragsamkeit am Ende nicht die beste geworden, so habe er sich in Neubrandenburg selbst ein kleines Haus gekauft und darin das Gewerbe des Brennens und Brauens etwa 1 1/2 Jahre lang fortgesetzt. Da solches jedoch keinen genügenden Ertrag gegeben, so sei er nach Woldeck gezogen, wo er wieder zu seinem erlernten Berufsgeschäfte gegriffen und solches während 15 Jahre daselbst geübt habe. Wie nun seine Frau Neigung zur Geburtshülfe gehabt und sich darin sehr geschickt gemacht habe, so sei solche Anfangs nach Feldberg und zuletzt nach Altstrelitz berufen, wo er sein Goldschmiedegeschäft, theils wegen Mangels an Arbeit, theils wegen geförderten Alters nicht weiter fortgesetzt habe.

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Actum Neustrelitz den 16. Juli 1828 im großherzogl. Bibliothek=Gebäude in Gegenwart des Herrn Hofraths Reinicke und des Herrn Raths Nauwerck.

Auf eine mir, dem Rath Nauwerck, zugegangene mündliche Anzeige, daß der Goldschmied Neumann in Strelitz allerdings über die Entstehung und Geschichte der zuletzt aus der Sammlung des Gideon Sponholtz in die großherzogl. Sammlung gekommenen, angeblich obotritischcn Alterthümer sichere Aufschlüsse zu geben im Stande sei, da er wohl selbst dem Gideon Sponholtz bei Anfertigung mehrerer solcher metallenen Götzenbilder, wie sie sich in der großherzogl. Sammlung vorfinden, behülflich gewesen, hatte ich, der Rath Nauwerck, mich am 14. d. M. zu dem vorgedachten Goldschmied Neumann in Altstrelitz begeben und ihn über diese Angelegenheit vorläufig befragt. Seine Erklärung ging dahin: daß er in seinen unterm 15., 17. und 19. October v. J. in Gegenwart des Herrn Hofraths Reinicke und meiner, des Raths Nauwerck, zu Protocoll gegebenen Aussagen nicht alle ihm bekannten Umstände und Nachrichten über die fraglichen Gegenstände angegeben und sich nicht so ausführlich geäußert habe, wie er dazu im Stande gewesen. Nach reiferer Ueberlegung aber habe er sich nun entschlossen, das Fehlende nachzuholen und die Wahrheit in ihrem ganzen Umfange ohne Rückhalt vorzutragen, indem er hinzusetzte, daß die zur Untersuchung dieser Sache angeordnete Commission nunmehr Alles erfahren solle.

Diesem zufolge hatten die vorgenannten Commissarien sich heute auf großherzogl. Bibliothek eingefunden und war der benannte Goldschmied Neumann zur Abgabe seiner weiteren Aussagen hierher beschieden und erschienen. Man machte ihm zuvörderst bemerklich, daß seine mehr oder mindere Mitwirkung bei den vielleicht von Sponholtz untergeschobenen Stücken der großherzogl. Sammlung ihm, dem Comparenten, bei seinem Verhältnisse zu den Gebrüdern Sponholtz und unter den Umständen, unter welchen der Gideon Sponholtz seine Hülfe bei dem Gießen von Metallfiguren in Anspruch genommen habe, von billigen Beurtheilern nicht eben zum Vorwurfe gemacht werden könne, da er nicht habe wissen können, daß Sponholtz die etwa angefertigten Bilder dereinst für ächte Alterthümer verkaufen werde; daß er aber, wenn er jetzt die etwanige Verfälschung entdeckte, auch nichts weiter thue, als wozu er nach seinem Gewissen und seiner Unterthanenpflicht, zur Ehre der Wahrheit, ohnehin verbunden sei, und deshalb nicht etwa auf Belohnung Anspruch machen könne, wenn er bereitwillig ein fremdes Verschulden an

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den Tag bringen helfe. Man erinnerte ihn zugleich, daß er seine jetzt niederzuschreibenden Aussagen um so mehr mit Besonnenheit und möglichster Genauigkeit abzugeben habe, da es vielleicht nöthig sein werde, daß er diese Aussagen demnächst noch eidlich zu erhärten habe.

Comparent trug nunmehr vor: Gideon Sponholtz habe es nicht verschmerzen können, daß sein Bruder die ererbten, von dem Superintendenten Masch beschriebenen Alterthümer aus den Händen gelassen; er habe daher gesucht, sich ähnliche zu verschaffen, um dadurch seine Sammlung von Seltenheiten zu bereichern; hiezu sei ihm der damals in Neubrandenburg ansässige Töpfer Pohl behülflich gewesen. Dieser in seinem Handwerke sehr geschickte Mann habe nämlich nach den ihm von Gideon Sponholtz vorgelegten Kupferstichen in einem Buche, welches Comparent aber nicht näher zu bezeichnen wußte, Thonmodelle angefertiget. Diese Arbeiten seien bei den Feierabends=Stunden, auch Sonntags auf dem Zimmer des Sponholtz verfertiget, ohne daß dem Pohl dafür eine Erkenntlichkeit gegeben worden. Von Zeit zu Zeit habe nun Gideon Sponholtz diese Thonfiguren, nachdem er solche gehörig getrocknet, gewöhnlich Sonntags Nachmittags, wenn der Goldschmidt Jacob Sponholtz abwesend gewesen, in die Werkstätte des letztern gebracht, und er, Comparent, habe dann die Thonmodelle in Sand, nach der gewöhnlichen Weise der Goldschmiede abformen und sodann in Metall, wozu Sponholtz alte Kupfer und Messing=Geräthe sich verschaffet habe, abgießen müssen. Auf diese Metallgüsse habe er dann ihm unbekannte Buchstaben oder Zeichen, nach den ihm von Sponholtz gegebenen Vorschriften, die ebenfalls aus dem obenerwähnten Buche genommen seien, mit dem sogenannten Schrootpunzen einschlagen müssen; hiernächst habe Sponholtz diese Metallbilder durch Borax mit grünem Rost anlaufen lassen und darauf in seiner Sammlung aufgestellt. Daß er von diesen Gegenständen schon damals etwas veräußert habe, sei ihm nicht bekannt geworden. Uebrigens seien von diesen Thonfiguren immer nur einzelne Abgüsse in Metall genommen worden, da die Sandformen nur einen Guß aushalten.

Es wurden nunmehr dem Goldschmidt Neumann die zuletzt von Sponholtz erstandenen Gegenstände im zweiten Schrank vorgezeigt und derselbe befragt, ob und welche Stücke er davon selbst gegossen habe? Er bezeichnete hierauf nachstehende Stücke als solche, von denen er sich bestimmt erinnere, selbige nach Thonmodellen gegossen zu haben. Sie sind in dem Werke des Grafen von Potocki unter folgenden Nummern abgebildet:

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ein Radegast Tab. 22, Fig. 78, 57 )
ein Othin Tab. 14, Fig. 32,
ein Othin mit einem Kopfe in der Hand Tab. 1, Fig. 1,
ein Rogeit Tab. 4, Fig. 11,
ein Razivia Tab. 15, Fig. 38,
ein Zarevit Tab. 9, Fig. 18,
eine Hela Tab. 11, Fig. 25,
ein Instrument, wie eine Pflugschaar geformt, Tab. 14, Fig. 34,
eine Metallplatte mit einer Schlange Tab. 30, Fig. 113, 58 ) eine ähnliche mit einem gekrönten Haupte Tab. 23, Fig. 84,
eine ähnliche längliche mit einer Schlange Tab. 21, Fig. 68,
eine ähnliche mit einem Radegast, woneben ein abgehauener Kopf, Tab. 16, Fig. 40,
eine ähnliche mit kleiner Figur des Radegast Tab. 21, Fig. 72.

Die übrigen in diesem Schranke befindlichen Figuren habe er mit wenigen Ausnahmen zwar alle bei Sponholtz gesehen, erinnere sich aber nicht mit Gewißheit, einige davon gemacht zu haben. Die in den Schubladen dieses Schrankes befindlichen Gegenstände habe er zwar ebenfalls bei Sponholtz gesehen, habe aber keinen Antheil an ihrer Entstehung, und halte sie alle für ächte Alterthümer.

Die in dem ersten Schrank aufbewahrten, von Masch beschriebenen Stücke seien bei seiner, des Comparenten Ankunft im Sponholtzschen Hause im J. 1765 noch in den Händen des Goldschmiedes Jacob Sponholtz gewesen, der sie wenig zum Vorschein gebracht, und er, Comparent, erinnere sich nur, einige kleine Stücke derselben an der Wand des Zimmers des Jacob Sponholtz gesehen zu haben. In dem Verlauf der folgenden Jahre seien diese Stücke in den Besitz des Hofraths Hempel gekommen, Gideon Sponholtz habe selbige nie unter Händen gehabt und habe damals überhaupt erst zu sammeln angefangen. Auch sei zu dieser Zeit der Töpfer Pohl noch gar nicht in Neubrandenburg gewesen. Er, Comparent, habe die Veräußerung dieser ersten Sammlung an den Hofrath Hempel hauptsächlich dadurch erfahren, daß Gideon sich über den Verlust derselben lebhaft be= klagt habe. 59 )


57) Dies ist der angeblich aus dem "wendischen Grabe auf dem Sponholtzschen Acker" hervorgegangene Radegast. Siehe oben.
58) Diese Metallplatte fand Potocki in der Sammlung zu Ratzeburg.
59) Auch Hartmann sagt aus: "Das Mißverhältniß der beiden Brüder Jacob und (  ...  )
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Auf die Frage, ob er, Comparent, sich erinnere, zu welcher Zeit er die aufgeführten Abgüsse verfertiget? erwiederte er: seiner Rechnung nach müsse es in den Jahren 1777 und 1778 geschehen sein.

Nach geschehener Vorlesung und Genehmigung hat der Goldschmied Neumann obiges Protocoll zum Zeichen der Anerkennung eigenhändig C. F. Neumann unterschrieben, und ist selbiges damit geschlossen worden.


Actum Strelitz den 28. October 1828 im großherzogl. Stadtgericht in Gegenwart des Herrn Raths Zander, des Herrn Bürgermeisters Rath Siemssen und des Herrn Senators Kruse, betreffend die eidliche Vernehmung des Goldschmiedes Neumann hieselbst auf den Antrag der großherzogl. Commissarien zur Ausmittelung der Aechtheit der in großherzogl. Bibliothek befindlichen obotritischen Alterthümer.

Der Goldschmied Neumann hat sich heute ladungsmäßig eingefunden, von den Herren Commissarien ist aber niemand erschienen. Der erstere erklärte auf Befragen: er heiße Christian Friedrich Neumann und sei 78 Jahre und 9 Monate alt.

Der Zweck seiner Vorladung ist ihm bereits im Allgemeinen durch den Diener mündlich bekannt gemacht und wurde ihm auch hier vor Gericht wiederholt. Sodann ist ihm das in der Anlage C. zu dem Anschreiben der großherzogl. Commission befindliche in dem Bibliothekgebäude zu Neustrelitz unter dem 16. Julii d. J. ausgenommene Protocoll wörtlich vorgelesen worden, worauf Comparent erklärt: daß seine darin gedachte Angabe die reine Wahrheit enthalte, welche er mit gutem Gewissen eidlich erhärten könne und wozu er bereit sei.

Ferner ist man mit ihm die in der Anlage B. zu jenem Schreiben enthaltenen Fragen durchgegangen, und hat er, nachdem er zuvor ermahnt worden, auch hierüber nach der reinsten Wahrheit zu antworten, so daß er auch diese Aussage eidlich zu bekräftigen vermöge, angegeben:

Fr. 1. Da sich unter den obotritischen Alterthümern auf der großherzogl. Bibliothek zu Neustrelitz mehrere Götzenbilder und andere Stücke finden, die denen von ihm, dem Neumann, gegossenen in Ansehen und Arbeit ganz ähnlich und von dem


(  ...  ) Gideon Sponholtz stammte hauptsächlich davon her, daß Gideon sagte, sein Bruder Jacob habe ihm von seinen Götzen (den Masch'schen) gestohlen und versausengert".
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Töpfer Pohl geformt zu sein scheinen, ob Befragter nicht wisse oder doch vermuthe, wer solche in Metall abgegossen habe?

Antw. Es mögen unter den unächten Gegenständen wohl noch mehrere sein, die ich selbst gegossen habe, und wenn ich sie noch mal besehe, mag ich sie auch wohl ausfündig machen können, wenngleich es schon sehr lange her ist. Ob aber noch jemand dergleichen außer mir gegossen hat, weiß ich gar nicht, und habe auch gar keine Vermuthungen darüber.

Fr. 2. Wer zu der Zeit, da Befragter im Sponholtzschen Hause nach den Formen des Töpfers Pohl gegossen, sonst noch in diesem Hause gewohnt oder sich aufgehalten habe?

Antw. Derzeit wohnte in diesem Hause niemand weiter, als die beiden Brüder Jacob und Gideon Sponholtz. Jacob war der ältere und wohnte unten, welcher die Wirthschaft besorgte, und Gideon wohnte oben. Ich bin 23 Jahre in diesem Hause gewesen, zuerst 6 Jahre als Lehrling und dann 17 Jahre als Geselle. Während dieses meines Aufenthaltes hat die Mutter von den beiden Brüdern noch 18 Jahre gelebt, und so lange diese lebte, hatte sie die Herrschaft im Hause; nach deren Tode war ich noch 5 Jahre dort. Während der ersten 9 Jahre meines Aufenthalts war noch auch ein mittlerer Bruder Jonathan Benjamin im Hause, der zwar auch die Goldschmiede=Profession gelernt, sich aber nachher als Brauer in Neubrandenburg niederließ.

Fragen des Gerichts:

  1. Ob zu der Zeit, als er, Comparent, die Götzenbilder gegossen, der Brauer Sponholtz noch im Hause gewesen sei? - Antw. Nein.
  2. ob die Mutter derzeit noch gelebt habe? - Antw. Das weiß ich nicht mehr.
  3. ob etwa der Brauer Sponholtz, da er doch auch die Profession gelernt, auch dergleichen Bilder gegossen habe? - Antw. Nein, der bekümmerte sich darum gar nicht.
  4. wie lange er darauf gegossen? - Antw. Das kann ich auch nicht sagen.

Fr. 3. Welche Gesellen, Lehrburschen, Dienstmädchen, Aufwärter oder sonstige Personen?

Antw. Gesellen waren weiter niemand als ich; der hiesige Goldschmied Völcker ist als Lehrling im Hause gewesen; es kann auch möglich sein, daß es gerade zu der Zeit war, aber er hat nichts davon gewußt. Ein Dienstmädchen war daselbst; ich weiß aber nicht mehr, welches zu dieser Zeit. Sonstige Aufwärter und andere Personen waren im Hause gar nicht.

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Fr. 4. Ob keine von diesen Personen von seinem Metallgießen der Pohlschen Thonbilder etwas gemerkt?

Antw. Nein, kein Mensch.

Fr. 5. Ob er selbst diesen Personen in oder andern außer dem Sponholtzschen Hause etwas davon vertraut oder merken lassen?

Antw. Ich habe auch niemand etwas davon gesagt, außer seit ich jetzt darüber von dem Herrn Hofrath Reinicke und dem Herrn Rath Nauwerck darüber vernommen worden bin. Der Gideon Sponholtz hat mir versprochen, er wolle ein Haus kaufen und ich solle bei ihm einziehen, aber ich solle ihm auch zuschwören, daß ich an niemand von dem Abgießen dieser Bilder etwas sagen wolle, und solches habe ich ihm derzeit auch versprochen.

Fr. 6. Ob er wisse oder glaube, daß der Töpfer Pohl solches gethan habe?

Antw. Das weiß ich nicht, und kann nichts darüber sagen.

Fr. 7. Ob das Metallgießen auch zuweilen wohl außer dem Sponholtzschen Hause geschehen sei?

Antw. Nein, so viel ich weiß, nicht.

Fr. 8. Ob der Gelbgießer Wurm in Neubrandenburg auch Metallbilder nach Pohlschen Formen für Gideon Sponholtz gegossen habe?

Antw. Das weiß ich auch nicht.

Fr. 9. Wo der Töpfer Pohl seine Thonfiguren gemacht habe?

Antw. Manchmal machte er sie bei dem Gideon Sponholtz auf dem Boden, manchmal auch in seinem, des Pohl, Hause, wo sie nun grade zusammen waren.

Fr. 10. Wo derselbe solche erhärtet und gebrannt?

Antw. Das kann ich auch nicht sagen; wenn ich die Formen kriegte, waren sie getrocknet, aber gebrannt waren sie gar nicht.

Fr. 11. Wer dem Pohl zu den in Thon geformten Götzenbildern und andern Stücken Anleitung gegeben?

Antw. Das weiß ich auch nicht anders, als Sponholtz, der das Buch vom Superintendent Masch hatte.

Fr. 12. Wo die vom Töpfer Pohl gemachten Thonfiguren nach dem Metallabgusse geblieben und hingekommen?

Antw. Die sind entzweigeschmissen, weil sie nicht weiter gebraucht wurden.

Fr. 13. Ob von solchen wohl noch etwas vorhanden sei, und wo?

Antw. Nein, diese sind lange alle weg.

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Fr. 14. Ob Pohl selbst oder Gideon Sponholtz diese Figuren des Pohl zerbrochen und vernichtet?

Antw. Das weiß ich auch nicht, wer das gethan hat.

Fr. 15. Da sowohl in hiesigen Gegenden, als auch in der Ferne, z. B. in Rostock und an andern Orten, schon seit vielen Jahren die Rede gegangen, daß manche Götzenbilder und andere Stücke in der großherzogl. Sammlung der obotritischen Alterthümer nicht ächt und in der Erde gefunden, sondern von Gideon Sponholtz oder dessen Gehülfen gemacht seien: wie Befragter es sich erklären könne, daß solche Gerüchte und Reden entstanden, wenn nicht einer oder der andere Theilhaber an solchen Arbeiten geplaudert habe?

Antw. Darüber weiß ich nichts anzugeben. Ich habe zuerst vom Herrn Hofrath Reinicke erfahren, daß ein Professor aus Berlin hier gewesen und sie für unächt erklärt habe.

Fr. 16. Wer sonst, außer ihm, dem Befragten, dem Töpfer Pohl und Gideon Sponholtz, noch von dem vorgeblichen Geheimniß des Thonfigurenbildens und dessen Metallabgießens etwas gewußt habe oder habe wissen können?

Antw. Ich weiß gar nicht, daß außer uns Dreien jemand darum gewußt hat; der Jacob Sponholtz hat zwar auch die Thonformen gesehen und mit seinem Bruder Gideon Sponholtz darüber gescholten, was er mit den alten Dingern machen wolle, aber weiter und wozu sie gebraucht werden sollten, hat er auch nicht gewußt.

Fr. 17. Wenn sonst noch jemand, wer oder welche Personen es gewesen?

(Ist auf die Antwort auf vorstehende Frage 16 Bezug zu nehmen.)

Fragen des Gerichts:

  1. Ob er, Comparent, als Geselle eigentlich bei Jacob Sponholtz in Arbeit gewesen? - Antw. Ja.
  2. ob dieser ihn nie darnach gefragt, oder mit ihm darüber geredet habe, als er die fraglichen Abgüsse gemacht, was er betreibe? - Antw. Nein, das hat er nie gethan.

Fr. 18. Ob er wisse oder glaube, daß seiner, des Befragten, Frau, die im Sponholtzschen Hause in Diensten gestanden, etwas von den hier in Frage stehenden Gegenständen bekannt geworden, und wie und was?

Antw. Nein, als meine Frau dahin kam, war es in den beiden letzten Jahren, wie ich da war, und da war diese Geschichte schon lange vergessen.

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Fr. 19. Ob ihm von dem Bilden der Thonfiguren des Töpfers Pohl aus dem Abgießen derselben in Metall in oder außer dem Sponholtzschen Hause, und von den auf solche Metallbilder eingegrabenen Schriften noch weiter etwas bekannt sei, als was er in dem ihm vorgelesenen Protocoll vom 16. Julii d. J. und auf die ihm so eben vorgelegten Fragen ausgesagt und angegeben habe, und was?

Antw. Nein, davon weiß ich weiter nichts. Nach geschehener Vorlesung und Genehmigung dieses Protocolls erklärt Comparent wieder, daß er auch diese Aussagen beschwören könne, und ist der Gerichtsdiener Jonas substituirt, diese Eidesleistung anzusehen, worauf der Neumann nachstehenden Eid:

Ich Christian Friedrich Neumann schwöre zu Gott dem Allmächtigen, daß ich bei meiner Vernehmung sowohl in Neustrelitz als heute hieselbst die rechte lautere Wahrheit, niemand zu Lieb oder zu Leide, ohne Vermischung einiger Falschheit ausgesaget habe, und dies nicht unterlassen weder aus Freundschaft, Feindschaft, Gunst, Haß, Neid, Gabe oder Nutzen, noch sonst anderer Ursachen wegen, wie Menschensinn erdenken mag: so wahr mir Gott helfe und sein heiliges Wort -

nach vorgängiger Verwarnung vor dem Meineide, körperlich, nämlich unter Aufhebung des Daumens und der beiden Vorderfinger der rechten Hand, durch wörtliches Nachsprechen der ihm vorgesagten Eidesformel geleistet hat, womit geschlossen.


Actum Neustrelitz den 10. August 1829 im großherzoglichen Bibliothekgebäude in Gegenwart des Herrn Hofraths Reinicke und des Herrn Raths Nauwerck, als allerhöchst bestellter Commissarien.

Obgleich der alte Goldschmied Neumann aus Strelitz seine unterm 16. Julii v. J. zu Protocoll gegebene verbesserte Erklärung unterm 28. October desselben Jahres nebst commissarischer Seits sowohl, als gerichtlich zugefügten Ergänzungsfragen und Antworten vor dem Strelitzschen großherzogl. Stadtgerichte eidlich bestärkt hatte, womit man damals, wegen des Deponenten hohen Alters und sich damit verbunden habenden nicht ungefährlichen Krankheit eilen zu müssen glaubte, so hat man doch für nöthig erachtet, ihn noch einmal einzuladen, weil man Stücke vorfand, die er zwar im erwähnten Protocoll vom 16. Julii v. J. speciell als sein Gußwerk nicht anerkannt hatte, die aber Formen trugen,

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welche mit andern von ihm anerkannten nicht nur Aehnlichkeit, sondern völlige Gleichheit hatten. Da sich der alte Neumann schon früher und im gerichtlichen Verhör auf seine Unbesinnlichkeit wegen so lange verflossener Zeit berufen hatte, so glaubte man, daß eine wiederholte Ansicht ihm vielleicht doch eins oder das andere ins Gedächniß zurückrufen würde. Man zeigte ihm z. B. eine Schale mit einem Rabenkopf, welcher Kopf mit dem Rabenkopfe auf dem Standbilde Othins von völlig gleicher Form schien. Bei genauerer Ansicht gestand er denn auch, daß er dagegen nichts einwenden könne und er höchst wahrscheinlich die Schale auch gemacht habe; so wie er denn zugleich nach einer noch einmaligen ganz genauen Musterung der im obern Theile des zweiten Schranks befindlichen Alterthumsstücke, zwar mit erneuerter Berufung auf sein durch Zeit und Alter geschwächtes Gedächtniß, doch hinzufügte, daß er nach seiner Kunde des Metalls sowohl als dem äußerlichen, Grünspan ähnlichen Roste, welcher nach des Deponenten Aussage durch Borax bewirkt sei, so wie auch nach den von ihm mit dem Punzen darauf geschlagenen Buchstaben, es für höchst wahrscheinlich halte, daß wohl die meisten dieser Alterthumsstücke mit den von ihm gegossenen gleich falschen Ursprung haben, ja sogar wohl von ihm selbst gemacht sein möchten. Indessen fanden sich doch auch einige, wiewohl verhältnißmäßig wenige Stücke, von denen der Neumann mit Bestimmtheit behauptete, sie nicht gegossen zu haben und sie daher für ächt halten zu müssen.

Zum Ueberfluß wurde ihm nun auch noch einmal der erste Schrank, die von Masch beschriebenen Stücke enthaltend, vorgezeigt, um seine Meinung darüber zu hören. Er wiederholte, wie schon vormals, daß er diese Stücke vorher nie mit Augen gesehen, und fügte noch hinzu, daß er an allen diesen Stücken nichts wahrzunehmen vermöge, was ihm einen Anschein ähnlicher Entstehung, wie der von ihm im zweiten Schrank gegossenen, gebe.

Nach geschehener Vorlesung und Genehmigung hat Deponent dieses Protocoll eigenhändig C. F. Neumann unterschrieben und ist damit geschlossen.


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Anlage B.

Schlußbericht der Untersuchungs=Commission.

Allerdurchlauchtigster Großherzog,
Allergnädigster Großherzog und Herr!

Von Anfang an der Bekanntwerdung der hier bei der Großherzogl. Bibliothek jetzt aufbewahrten obotritischen Alterthümer, scheint ein Geist des Widerspruchs über solche gewaltet zu haben. Ruhte er auch eine Zeitlang, so regte er sich doch von Zeit zu Zeit wieder, wovon sich die Spuren bis in die neueste Zeit gezeigt haben. Der Erstunterzeichnete hat es an Bemühungen nicht fehlen lassen, auf den Grund des Zweifels an die Echtheit der Sammlung zu kommen. Es ist ihm nicht nach Wunsch gelungen. Die Zweifler schienen damit nicht recht dreist hervorgehen zu wollen. Man muß aber hierbei unterscheiden. Die Sammlung enthält ganz gewiß eine große Menge völlig echter Stücke, die es sowohl historisch, als ihrer Eigenschaft nach sind, um so mehr da sich dergleichen auch in andern ähnlichen Sammlungen vorfinden, und allgemein für echt anerkannt werden. Die Hauptfache betrifft besonders die mit Runenschriften bezeichneten Götzenbilder, da unser Vaterland im alleinigen Besitz derselben ist und sich bis jetzt, was zu bedauern ist, nirgend solche oder ähnliche vorgefunden haben.

Im Herbst des Jahres 1825 kam der durch Gelehrsamkeit, und vorzüglich durch Alterthumskunde rühmlichst ausgezeichnete Professor Levezow hieher und widmete mehrere Wochen der genauen Untersuchung der hiesigen Sammlung.

Es bedarf eben keines gar scharfen Auges, um zwischen den Götzenbildern, Opfergeräthen etc. . der sogenannten Mascheschen Sammlung im ersten Schranke und den später hinzugekommenen, vom Grafen Potocki schon früher, als sie noch im Sponholzischen Besitz waren, abgebildeten und beschriebenen im zweite Schranke einen auffallenden Unterschied zu bemerken, der sich sowohl im Styl der Bildung und im Metallgehalt, als auch im Ausdruck, in der ganzen äußern Gattung, in den zwar nicht unrichtigen,

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aber doch anders beschaffenen Runenschriften, wie auch in dem bekannten edlen Rost (aerugo nobifis, patine) zeigt, worauf Erstunterzeichneter auch immer alle diejenigen, welche diese Alterthümer unter seiner Vorzeigung sahen, aufmerksam gemacht hat. Der Herr Professor Levezow war hiermit ebenfalls gleich einverstanden. Dies schien jedoch kein ausreichender Grund zur Anklage und Verurtheilung der letztern Sammlung zu sein, da die Möglichkeit ihrer Entstehung in einer andern, vielleicht spätern Zeit nicht geradehin und ohne trifftige Gründe konnte abgeläugnet werden. Herr Professor Levezow setzte seine Untersuchungen fleißig und ununterbrochen fort und war überdem mit manchen gedruckten und handschriftlichen Hülfsmitteln früherer Zeiten von deren Besitzern hier im Lande unterstützt worden. Fanden sich nun zwar für diesen Kenner hie und da Bedenklichkeiten, so reichten solche doch bei weitem zu einem kräftigen Angriff, weniger noch zu einer bestimmten Entscheidung nicht aus. Als Herr Professor Levezow bei seiner Rückkunft nach Berlin diesen Gegenstand durch eine Vorlesung in einer gelehrten Gesellschaft berührte, so wurde ihm von einem ehemals in Rostock angestellten, nachher aber nach Berlin berufenen Gelehrten darüber ein freundschaftlicher Vorwurf gemacht, mit der Beifügung, daß diese Sache als ausgemacht bedeutungslos und auf Täuschung und Unterschiebung beruhend, keine Aufmerksamkeit weiter verdiene. Jener Gelehrte schien jedoch dieses Urtheil nur als auf eine allgemeine Sage sich stützend angenommen zu haben, ohne besondere Gründe dieser seiner Aeusserung angeben zu können.

Dem gründlichen Forscher aber war nun um so mehr daran gelegen, da sich ohnehin wieder Stimmen für und gegen diesen Gegenstand im Publikum hören ließen, so viel jetzt noch möglich eine förmliche und genaue Untersuchung durch Abhörung solcher Zeugen und Menschen, die mit den vorigen Besitzern dieser Alterthümer in Beziehung gestanden hatten, anzustellen. Er schlug zu dem Ende eine höchsten Orts zu ernennende Commission vor, welche auf demnächstigen allerunterthänigsten Antrag auch sofort allergnädigst, nach dem Wunsche des Herrn Professors Levezow in den beiden Unterzeichneten bestellt wurde.

Mir, dem Hofrath Reinicke, zeigte sich bald, daß der Rath Nauwerk den oben erwähnten Abstich und Unterschied beider Sammlungen sehr lebhaft auffaßte, sich auch geradehin äußerte, daß nach seiner Ansicht, wenn unerwünschte Aufklärungen erfolgen möchten, solche wohl vorzüglich nicht zu Gunsten der zweiten Sammlung ausfallen dürften, während der Erstgenannte seinen alten patriotischen Glauben an die Echtheit des Ganzen noch gerne festhalten wollte, und zwar aus folgenden Gründen:

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1) waren ihm während der Jahrreihe seiner geführten Aufsicht, seines Forschens und oft gemachter Anregungen ungeachtet, doch keine stichhaltige Gründe für das Gegenteil vorgekommen;

2) waren bisher, weder in der Bildung der Götzen und ihren Attributen oder Beizeichen, noch in den Runenschriften Widersprüche unter sich, noch mit den bekannten nordischen und skandinavischen Mythologien zu entdecken gewesen, im Gegentheil schien alles aus denselben ungezwungen sich erklären zu lassen, und mit solchen in Uebereinstimmung zu stehen;

3) hatte der Graf Potocki, ein Mann, der sich durch Herausgabe mehrerer Werke als einen feinen Gelehrten rühmlich bekannt gemacht hatte, in seinem Werke und zwar ganz besonders über den zweiten Theil der Sammlung, der damals noch im Besitz des Gideon Sponholz war, gar keinen Zweifel über die Echtheit derselben geäußert;

4) auch der fast ganz Europa durchwandert habende nordische Alterthumsforscher Martin Friedrich Arendt, der im Jahre 1819 mehrere Wochen sich mit der Untersuchung dieser Alterthümer mit ausgezeichnetem Fleiße hier beschäftigt hatte, und in diesem Fache wohl als ein competenter Richter angesehen werden mochte, hatte weder hier mündlich oder schriftlich, noch nachher irgend nur einen Gedanken oder eine Vermuthung über Unechtheit derselben geäussert;

5) eben so wenig hatte Referent während der Zeit von 14 Jahren, in welchen derselbe schaulustigen Fremden und Einheimischen diese Alterthümer vorgezeigt hatte, worunter, wie das von ihm angelegte Fremdenbuch nachweisen kann, gelehrte und kenntnißreiche Männer waren, auch nur einen Einzigen gefunden, der freimüthig gegründete Zweifel gegen die Echtheit des Ganzen oder gegen einzelne Stücke vorgebracht hätte;

6) so hatten auch die spätern mühsamen Untersuchungen selbst des Herrn Professors Levezow im Herbst des Jahres 1825 keine der Sammlung nachtheilige Entscheidung bewirken können;

7) sollte ja mit Hinsicht auf die zuletzt abgegebene Sponholzsche Sammlung eine Verfälschung haben Statt finden können; so hätte solches nur durch die Gebrüder Sponholz und etwanige Gehülfen derselben geschehen können, welches aber deshalb nicht glaublich war, weil diesen Männern, nach dem Ausspruch aller derjenigen, welche sie gekannt haben, die dazu nöthige Fähigkeit und Kenntniß abging, vorzüglich dem Jüngsten, Gideon, als besondern und eigentlichen Jahaber und fortwährenden Vermehrer seines Cabinets, der als ein verhätscheltes Muttersöhnchen, der Schule frühe entweichend, weder in solcher noch nachher irgend etwas Nützliches gelernt hatte, und welchen Erstunterzeichneter in

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seiner letzten Schulzeit zu Neubrandenburg persönlich gar wohl und aus eigner Erfahrung zwar als einen, Schlauheit und Ueberlistung zum Besten seiner Sammlung nicht schonenden, übrigens aber auch als einen ganz kenntnißlosen und rohen empirischen Sammler gekannt hat. 60 )

Hiergegen ist nun allerdings nicht zu läugnen, daß das Ursprüngliche, Geschichtliche, Urkundliche und unabweislich Beglaubende schon bei der Mascheschen Ausmittelung und Beschreibung der ersten Sammlung sehr vernachläßigt worden, um so mehr, als damals noch manche Personen lebten, die bessere Auskunft, als geschehen, geben konnten; mehr aber war dies noch nöthig bei Uebernahme der zweiten Sammlung der Sponholzischen Götzenbilder, Geräthe etc. ., wo man zu freigebig mit gutem Glauben verfuhr und ohne specielle Nachweisung sich mit des Besitzers allgemeinen Versicherungen, diese Sachen seyen bei seinen oftmaligen Ausgrabungen und Umwühlungen des Neubrandenburger Feldes und dessen Umgegend aufgefunden worden, zufrieden stellen ließ, welches um so weniger hätte genügen sollen, da sowohl damals, als selbst bis jetzt keine einzige Sammlung vorhanden ist, die slavische oder skandinavische Götzenbilder aufzuweisen hat, am allerwenigsten solche oder Opfergeräthe etc. . gar mit Runenschrift versehen.

Abgesehen jedoch hiervon lag es nun der Commission ob, nach höchster Vorschrift dem vorgesteckten Ziele entgegen zu streben und zu bewirken, was jetzt noch möglich war. Es glückte ihr auch, mehrere Personen auszumitteln, welche mit den Brüdern Sponholz in zum Theil enger Verbindung gestanden hatten und selbst mehrjährige Hausgenossen derselben gewesen waren. Dahin gehören:

der hiesige Goldschmied Buttermann,
der Goldschmied Neumann in Strelitz,
der Goldschmied Völcker ebendaselbst,
der Bürger Boie in Wahren,
der Bürger Wurm im Wesenberg.

Nachdem nun der hiesige Notar Gundlach als Protocollführer angenommen war, eröffnete die Commission in der Nähe der Alterthümer in einem Zimmer des Bibliothek=Gebäudes ihre Sitzungen und die Vorgenannten Personen wurden der Reihe nach vorgeladen und ihre Aussagen schriftlich aufgenommen.


60) Als A. F. Reinicke sich als Advocat bereits in Neustrelitz niedergelassen hatte, schrieb er im J. 1775 in Gideons Stammbuch: "Seyd gelinde und erbarmungsvoll gegen die Fehler und Vergehungen, die unsrer cörperlichen Konstitution zuzuschreiben sind, und leget den Tugenden, die aus eben dieser Quelle fließen, kein zu großes Lob bey!" Von seiner Hand befinden sich auch in diesem Stammbuche zwei gelungene Federzeichnungen.
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Die daher entstandenen Abhörungs=Verhandlungen fügen wir hier allerunterthänigst an und zwar, unter

A. die Abhörungen von etc. . Buttermann vom 26. Septbr., 1. 3. 4. 5. 7. October 1827 auf 75 Seiten ;
B. die von etc. . Neumann vom 15. 17. und 19. Oct. desselben Jahres auf 62 Seiten;
C. die von etc. . Völcker vom 22. und 24. Octbr. dess. J. auf 47 Seiten;
D. die von etc. . Boie vom 30. und 31. Octbr. und vom 1. Novbr. dess. J. auf 56 Seiten;
E. die von etc. . Wurm vom 5. Mai 1828 auf 6 Seiten

Bis hieher hatte sich über den Hauptzweck der Commission, die Ermittelung irgend einer vorsätzlichen Täuschung oder Verfälschung, eben noch nichts Entscheidendes in diesen Abhörungen vorgefunden, außer daß der Goldschmied Neumann im Protocoll vom 17. October S. 22 und 23 ausgesagt hatte, er habe auf Verlangen des Gideon Sponholz auf metallene Puppen mit einem Schrootpunzen Buchstaben eingehauen, welches allerdings auffallen mußte, wiewohl sich daraus noch weiter nichts Besonders wollte und konnte machen lassen.

Allein im Monat July 1828 kam mir, dem Rath Nauwerk unter der Hand die Nachricht zu, daß der alte Goldschmied Neumann über die Entstehung und Geschichte der zuletzt aus der Sammlung des Gideon Sponholz in die Großherzogliche Sammlung gekommenen obotritischen Alterthümer bedeutende und bessere Aufschlüsse, als vorher von ihm geschehen, zu geben im Stande sey, weswegen ich mich denn auch sofort am 14. July zu ihm begab und mündlich von ihm das Geständniß erhielt, daß er sich nun eines bessern besonnen und entschlossen sey, der Commission alles, was er wisse, zu offenbaren. Diesemnach wurde er aufs neue vorgeladen und am 16. desselben Monats wiederholt vernommen, da sich denn ergab, wie er nach den von dem Töpfer Pohl in Neubrandenburg angefertigten Modellen viele Götzenbilder etc. ., die von Polocki angeführt sind, auf Verlangen des Gideon Sponholz in Metall abgegossen habe, wie solches nach Bezeichnung der von Potocki angeführten Stücke im Protocoll selbst einzeln sich angegeben findet.

Um nun diesem Geständnisse das gehörige Gewicht und die möglichste Glaubwürdigkeit zu geben, entschloß sich die Commission, diese Aussagen gerichtlich eidlich bestätigen zu lassen und zwar um so eher, da man das Alter des Deponenten in Betracht zog, der obenein damals von einer vielleicht nicht unge=

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fährlichen Unpäßlichkeit befallen war. Dies findet sich in dem Convolut der gerichtlichen Verhandlungen vor dem Großherzogl. Stadtgerichte in Strelitz im October und November 1828 unter

F. , enthaltend:

  1. Ein Anschreiben der Commission an das Strelitzer Stadtgericht, nebst beglaubter Abschrift des hohen
  2. Commissorii, und noch hinzugefügten, dem Neumann zur Beantwortung vorzulegenden Fragen;
  3. dem Protocoll mit der Aussage des Neumann vom 16. July 1828;
  4. die Einladung des Gerichts zur Vernehmlassung und Beeidigung des Neumann;
  5. Mittheilung des über diesen Gegenstand abgehaltenen gerichtlichen Protocolls vom 28. October 1828.

Da der vor dem Gericht befragte Neumann auf die erste demselben mitgetheilte Frage Seite 2 die Antwort gegeben hatte: "es möchten unter den erwähnten Gegenständen, wohl noch mehrere seyn, die er selbst gegossen habe, und wenn er sie noch einmal sähe, wohl ausfindig machen könnte"; so gab dies der Commission Veranlassung, den alten Neumann noch einmal vorladen zu lassen und ihn zur recht genauen An= und Uebersicht des Ganzen und der einzelnen Stücke zu ermuntern. Das Ergebniß der Verhandlungen dieses Tages findet sich unter

G. dem Protocoll vom 10. August dieses Jahres.

Hiernach möchten nun freilich von den Götzenbildern der zweiten Sammlung wohl nicht viele übrig bleiben, die für echt anzuerkennen wären und eben dieses möchte auch wohl von den meisten Geräthen im zweiten obern Schranke gelten, wogegen sich sowohl in den kleinern, als in den großen Schubladen eben dieses Schranks viele Stücke finden, deren Echtheit gar nicht zu verkennen ist, um so mehr, da sich eben solche oder ihnen ganz ähnliche auch in anderen Sammlungen finden und dort als echte Alterthumsstücke anerkannt sind.

So sehr nun auch die zweite Sammlung durch diese Ausmittelung an Werth und Achtung verloren hat, so ist es dagegen um so erfreulicher für den Vaterlandsfreund, daß es mit der ersten oder Mascheschen Sammlung völlig beim Alten geblieben ist und solche durch diese letztem Untersuchungen wenigstens weder Flecken noch Tadel erlitten hat. Sollten wir über diesen Gegenstand noch mehrere und nähere Umbände auszumitteln Gelegen=

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heit finden, so werden wir nicht ermangeln, solches pflichtschuldigst nachträglich einzureichen.

Schließend erlauben wir uns noch die allerunterthänigste Anfrage, ob Ew. Königl. Hoheit nicht geruhen wollen, diesen Bericht, nebst beigefügten Anlagen nach genügendem Gebrauch dem Herrn Professor Levezow in Berlin, der mit mühsamen Fleiß und Aufwendung von Zeit und Kosten sich der Untersuchung der hiesigen Alterthümer gewidmet hat, und sehr wünscht mit seiner Ansicht derselben, so viel möglich aufs Reine zu kommen, allergnädigst unter Bedingung der Rücksendung nach vollendeter Einsicht mittheilen zu lassen?

In der tiefsten Verehrung verharren wir

Ew. Königlichen Hoheit

allerunterthänigst treu gehorsamste
A. F. Reinicke.   L. Nauwerck.   

Neustrelitz den 3. October 1829.

Allerunterthänigster Bericht
des
Hofraths Reinicke und des Raths
Nauwerck zu Neustrelitz, als aller=
höchst ernannten Commissarien
mit Anlagen zur näheren Beleuchtung der
unter obotritischen Alterthümer.
     A. B. C. D. E.        
F. und G.

 

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