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II.

Tilemann Heshusius

und

Johann Draconites.

Der Streit um die Sonntagsheiligung, die Verbindlichkeit des Gesetzes und die Uebung der Kirchenzucht
(1557-1561).

Nach den Acten dargestellt

von

Julius Wiggers.


E ine Darstellung des Streites wegen der Sonntagshochzeiten und verschiedener anderer sich daran knüpfenden Fragen, welcher zu Rostock bald nach der Mitte des sechszehnten Jahrhunderts durch Heshusius und seinen Collegen Eggerdes angeregt und nach dessen gewaltsamer Vertreibung durch die übrigen Geistlichen zu Rostock weiter geführt ward, gewährt außer dem kirchen= und dogmengeschichtlichen ein nicht geringes staats= und culturgeschichtliches Interesse. Geist und Sitte einer Zeit, in welcher die neue Gestaltung von Kirche und Staat und ihres gegenseitigen Verhältnisses noch in den Anfängen der Entwickelung begriffen war, treten in diesem Streite nach verschiedenen Richtungen hin lebendig und anschaulich hervor. Die Verhältnisse des kirchlichen Regiments zu dem weltlichen waren um jene Zeit noch sehr wenig geordnet. Die Grenzen der beiderseitigen Rechte waren noch so unbestimmt, daß dadurch für beide Theile, die weltliche Obrigkeit und das geistliche Amt, ein Anlaß zu Versuchen möglichster Ausdehnung derselben gegeben war. Die Handhabung der Kirchenzucht stand noch nicht unter der Herrschaft fester Grundsätze und

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es fehlte zur Regelung derselben noch an consistorialen Behörden und an einem deren Wirksamkeit ordnenden Statut. Einer gleichen Unbestimmtheit unterlag das Verhältniß von Obrigkeit und Gemeinde, sowohl in politischer wie in kirchlicher Hinsicht. Zu den Kämpfen, welche das durch die Reformation hervorgerufene Bedürfniß einer neuen Ordnung auf diesen Gebieten herbeiführte, gesellten sich dann noch weiter die mannigfaltigen Streitigkeiten zwischen den Landesherren und der Stadt Rostock, welche die Grenzen der beiderseitigen Herrschaft theils in weltlicher, theils in kirchlicher Hinsicht betrafen. In letzterer Beziehung handelte es sich vorzüglich um die Frage wegen des Patronatrechts über die rostocker Kirchen und wegen des Aufsichtsrechts über das Kirchenwesen und die kirchlichen Güter. Auch das Verhältniß der Universität als kirchlicher Corporation zu der Stadt bedurfte einer neuen Feststellung. Mitten in alle diese Kämpfe hinein, welche theilweise in dem ersten rostocker Erbvertrage von 1573 ihren vorläufigen Abschluß fanden, führt uns der durch Heshusius angeregte, durch die Mehrzahl der übrigen rostocker Geistlichen fortgesetzte Streit wegen der Entheiligung des Sonntags durch die Sonntagshochzeiten und der Verbindlichkeit des Gesetzes für die Christen. Die ausführliche Darstellung dieses Streites, welche hier unter Benutzung der im Archive des rostocker geistlichen Ministeriums aufbewahrten, in Band XI, ferner in den Bänden III, X und XV dieses Archivs enthaltenen Acten gegeben werden soll, gewährt neben dem Einblick in den kirchlichen Charakter jener Zeit auch ein sehr anschauliches Bild der Sitte und des gesellschaftlichen Verkehrs zwischen den verschiedenen Ständen und Classen, und vorzüglich diese letztere Seite des hier behandelten Gegenstandes ist es, worauf ich die Rechtfertigung der Ausführlichkeit der Darstellung gründen möchte.


I.

An der Jacobikirche zu Rostock wirkten im J. 1556 zwei lutherische Geistliche, welche durch ihren Eifer um Beförderung eines dem göttlichen Gebot entsprechenden Lebenswandels sich auszeichneten, Peter Eggerdes und der durch sein sturmreiches Wanderleben allgemein bekannte Dr. Tilemann Heshusius. Von ihnen war der erstere, schon ehe Heshusius ihm als Pastor an die Seite trat, durch die Art, wie er das Amt der Schlüssel verwaltete, dem Rath der Stadt Rostock so verhaßt geworden, daß dieser ihn seines Amtes entsetzte. Der Rath hatte es schon

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übel empfunden, daß Eggerdes verschiedene Male die in notorischen Sünden Lebenden vom Abendmahl und die "gotteslästerlichen Papisten" und erklärten Feinde der Lehre der lutherischen Kirche von der Taufzeugenschaft ausgeschlossen hatte, während bis dahin jeder ohne Unterschied zugelassen war. Noch mehr aber fand er sich verletzt, als Eggerdes einige vornehme Leute, welche am 1. März 1556 des "gottlosen und gotteslästerlichen, unbußfertig gestorbenen Dompfaffen" Detlev Dankwardi Leichenbegängniß mitgemacht hatten, auf der Kanzel bei Namen genannt und ihr Verhalten gemißbilligt hatte, und er hielt sich für ermächtigt, deshalb die Amtsentsetzung über Eggerdes auszusprechen. Dadurch ward der Grund zu einer Verstimmung zwischen Rath und Geistlichkeit und zur Bildung einer strengeren und einer milderen Partei gelegt. Unter andern Geistlichen nahm M. Andreas Martinus (Martini, Martens), welcher damals Rector der Universität war und der Hebung wegen für die Studenten in der Jacobikirche zu predigen pflegte, sich des abgesetzten Eggerdes an und billigte öffentlich am Ostertage (5. April) 1556 dessen Verhalten, während er die Sünde des Raths anklagte. Dabei forderte er seine Zuhörer auf, um die Wiedereinsetzung des treuen Predigers zu bitten und, wenn die Männer keine Sorge um das Heil der Kirche hätten, so sollten die Weiber bei Rathe einkommen. Zugleich erklärte er, daß er sich bewogen sehe, hinfort seine Predigten einzustellen.

Der Rath ließ sich jedoch durch die entstandene Aufregung nicht irre machen, sondern sandte den Dr. Draconites, um den Gottesdienst in der Jacobikirche zu versehen. Kaum aber hatte die Gemeinde diesen erblickt, als die meisten Männer und Weiber die Stühle zusammenklappten und die Kirche verließen. Draconites trat seit diesem Vorfall in der Jacobikirche nicht wieder auf. Doch fand sich ein anderer bereit, nach dem Willen des Raths die Predigten in der Jacobikirche zu übernehmen, M. Lucas Randow, Prediger am Heil. Geist, welcher ohne Berücksichtigung der durch die Absetzung von Eggerdes gegen das geistliche Ministerium geübten Eigenmacht des Raths mehrere Monate lang in der Jacobikirche predigte.

Ein Versuch, welchen Herzog Ulrich machte, den Rath in Güte zur Wiedereinsetzung von Peter Eggerdes zu bewegen, blieb erfolglos. Herzog Ulrich sandte nämlich am 4. Juli seinen Superintendenten zu Güstrow Gerhard Oemeke und den M. David Chyträus mit dem Auftrage an den Rath, diesen zu bitten, daß er den gegen Eggerdes gefaßten Unwillen fahren lassen möchte. Da jedoch der Rath in gespanntem Verhältnisse zu dem Herzoge stand und von dieser Einmischung eine Schmäle=

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rung seiner kirchlichen Rechte besorgte, so ließ er sich zur Erfüllung der Bitte des Herzogs nicht willfährig finden, 1 )

Herzog Ulrich hielt sich jedoch für berechtigt, das, was im Wege der Bitte nicht zu erreichen stand, mittelst eines Befehles durchzusetzen. Am 26. Juli ward auf Befehl des Herzogs Eggerdes durch den Superintendenten Oemeke wieder in seine Stelle eingesetzt. An demselben Tage ward Dr. Tilemann Hehusius als Pastor an der Jacobikirche eingeführt und ein auf beide bezügliches landesherrliches Schreiben von der Kanzel verlesen.

Dr. Tilemann Heshusius, geboren zu Wesel im Clevischen am 3. Nov. 1527, hatte auf verschiedenen Universitäten, unter anderen zu Paris, studirt und war dann längere Zeit in Frankreich, England, Dänemark, Deutschland und den österreichischen Staaten auf Reisen gewesen. Im J. 1550 ward er Magister und 1553 Doctor zu Wittenberg, letzteres auf Kosten der Stadt Goslar, wo er seit 1552 als Pastor primarius und Superintendent wirkte. Am 6. Mai 1556 dieses Amtes entsetzt, ging er nach Magdeburg, von wo er zwei Monate später als Professor der Theologie und Pastor an St. Jacobi nach Rostock berufen ward.

Heshusius verfolgte nun in Gemeinschaft mit Eggerdes, was die Auffassung und Anwendung der Kirchenzucht betrifft, denselben Weg, welcher diesen bereits in eine schroffe Stellung zu dem Rath gebracht hatte. Es gab um diese Zeit in Rostock, namentlich unter den Geschlechtern, noch manche Freunde des Papstthums. Diese wurden von Heshusius oft scharf zurechtgewiesen und als unbußfertige Sünder von der Theilnahme am Sacrament ausgeschlossen, gleich den Gotteslästerern, Ehebrechern, Wucherern und mit ähnlichen Lastern Behafteten. Auch die unbußfertig gestorbenen Feinde der Wahrheit und Gotteslästerer sollten mit der Kirchenzucht nicht verschont und nicht wie andere


1) Zu den verschiedenen andern Streitpunkten zwischen den Landesherren und der Stadt Rostock war noch um Ostern 1556 dadurch ein neuer hinzugekommen, daß, als um die gedachte Zeit Dr. Georg Venetus, vom Herzoge Johann Albrecht zum Pastor an St. Marien und Professor an der Universität berufen, mit Familie in Rostock eingetroffen war und nach des Pastors Matthäus Adeler (Eddeler) Tode († 6. Mai 1556) dessen Amtswohnung beziehen wollte, der Rath ihm dies versagte. Noch in denselben Jahre gab die Reise, welche Dr. Georg Venetus in Begleitung von M. David Chyträus am 18. August im Interesse der Universität nach Sternberg auf den Landtag machte, Anlaß zu der Beschuldigung, daß diese beiden es darauf abgesehen hätten, die Stadt ihrer Privilegien und Freiheiten zu berauben, und die Waffen der Fürsten gegen die Bürgerschaft anrufen wollten. Dies Gerücht entstand, nachdem Peter Brümmer und der andere auf dem Landtage anwesende rostocker Bürgermeister über die Schritte der beiden Professoren zu Sternberg Bericht eingesandt hatten. Zur Aufdeckung der Grundlosigkeit dieser Berleumdung ließen diese letzteren darauf ihre Bittschrift drucken, in welcher sie bei den Fürsten eine gewisse Dotation der Universität beantragten und um deren Unterstützung sie die zu Sternberg versammelten Stände gebeten hatten.
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Christen mit christlichen Gesängen und gewöhnlichen Ceremonien begraben werden, sondern, nach dem Ausdruck der Schrift, des Esels Begräbniß zu erwarten haben. Ein anderer Gegenstand seiner Aufmerksamkeit und Bekämpfung war die aus der alten Zeit herübergekommene und besonders bei den Vornehmeren beliebte Sitte, die Hochzeiten an einem Sonntage zu veranstalten und große Gelage mit denselben zu verbinden, wodurch der Gottesdienst erhebliche Störungen erlitt. Es wurden dadurch 500, 600, bisweilen sogar 1000 Menschen am Besuch der Kirche verhindert, darunter viele, welche die Wochenpredigten nicht besuchen konnten. Diese Gelage begannen Mittags und dauerten mindestens bis Nachmittags vier oder fünf Uhr, häufig aber bis tief in die Nacht hinein. Der Vormittag ging mit der Zurüstung hin. Nachdem Heshusius ein volles Jahr hindurch diesen Mißbrauch gerügt hatte, erklärte er endlich im Juli 1557 offen heraus, daß er sowohl wie sein College Peter Eggerdes nicht länger jene mit dem dritten Gebote streitende Sabbathsentheiligung durch ihren Dienst und Verrichtung der Copulation begünstigen und fördern könnten und daß sie daher beide zu dem Entschlusse gelangt wären, mit Anfang des nächsten Monats eine Copulation am Sonntage nicht mehr zu verrichten.

Dieser Schritt war dem Rath, welcher die bisherige Gewohnheit beizubehalten wünschte, sehr mißfällig, und einer der Bürgermeister, Peter Brümmer (Ratsherr seit 1536, Bürgermeister seit 1552), äußerte sich darüber in einer Versammlung der Bürgerschaft auf eine Weise, welche den Anfang sehr stürmischer Ereignisse und endlich eines entschiedenen Zerwürfnisses zwischen Rath und Geistlichkeit bildete. Diesen Vorgang und seine nächsten Folgen schildert Heshusius in einer Schrift, welche später noch nähere Erwähnung finden wird, folgendermaßen.

Nachdem er erwähnt hat, daß der Rath zu Rostock ihn wegen seiner doch durchaus in Gottes Wort gegründeten Lehre bereits etliche Male vor dem Fürsten von Meklenburg, Herzog Ulrich, "mit unverschämten Lügen" verklagt habe, fährt er fort: "Insonderheit aber am 12. Tage Augusti, des Donnerstags nach Laurentii (1557), hat sich zugetragen, daß die ganze Gemeine aufs Rathhaus gefordert ist, mit dem Rathe zu schließen, was man den Fürsten auf dem Landtage zum Sternberge von wegen der bewilligten Hülfe solle antworten".

"Daselbst hat Peter Brümmer, Bürgermeister, vor der ganzen Gemeine das Wort gehalten. Was er nun von Sachen, die Stadt betreffend, geredet, ficht uns nicht an. Das aber wissen sich alle Bürger zu erinnern, daß er mit vielen beschwerlichen Worten uns Prediger bei St. Jacobi hat angegriffen und

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die Gemeine mit bitteren, giftigen Worten wider uns hetzen wollen, auf daß sie desto unwilliger wären, dem Herrn Dr. Georgio Veneto, welchen die Fürsten von Meklenburg (als die Patroni aller Kirchen binnen Rostock) zur Lieben Frauen für einen Pastoren haben verordnet, dieselbe Pfarre einzuräumen, und unter anderen stinkenden Lügen hat Peter Brümmer die groben und unverschämten Lügen dürfen reden, daß wir Prediger zu St. Jacobi uns hätten geweigert, die Kindlein auf den Sonntag zu taufen, welches er doch als ein schändliches Lügenmaul und ein Feind der Prediger aus des Teufels Befehl und Eingeben hat erdichtet und in Ewigkeit nicht kann wahr machen."

"Ueber das hat der unbedächtige Mann seine Feindschaft wider Gott und sein Wort daselbst vor der ganzen Gemeine noch klarer an den Tag gegeben, denn, unangesehen daß er gewußt, daß wir eine heilsame, reine, ungefälschte, tröstliche Lehre haben geführet von allen Artikeln des Glaubens, wie uns die ganze Gemeine wird Zeugniß geben (denn wir haben nicht heimlich gepredigt); dennoch hat er sich nicht gescheuet, diese gotteslästerlichen Worte zu reden, daß die Prediger zu St. Jacobi eine neue pharisäische Secte anrichten, über welcher Gotteslästerung und Schmähung des Evangeliums, so wir gepredigt, viel frommer Bürger sich entsetzt und etliche gesagt haben: das heißt dich der Teufel reden. Als nun die Bürger vom Rathhause gekommen, haben uns etliche fromme Christen mit großem Herzeleid diese Lästerung und Schmähwort wider die heilsame Wahrheit angezeigt und uns auch hoch vermahnet, daß wir uns auch vor der Gemeine sollten verantworten. Wiewohl nun diese grausame und teuflische Lästerung uns hoch betrübt und wir für nöthig geachtet, solchen Lästerern zu antworten; so haben wir doch eine Zeit lang Geduld getragen und erstlich fleißig danach geforschet, welche Worte Peter Brümmer habe geführet. Da haben viele Bürger gleiches Lauts bekannt und bezeuget, daß Peter Brümmer vor der ganzen Bürgerschaft uns Prediger zu St. Jacobi mit vielen beschwerlichen Schmähworten habe angegriffen, und ausdrücklich gesagt, die Prediger zu St. Jacobi richteten eine neue pharisäische Secte an."

"Als wir nun durch vieler Bürger Zeugniß, welche alle übereinstimmen, die Wahrheit befunden, haben wir als Diener des Evangelii unsere Lehre vertheidigt und dem Gotteslästerer geantwortet."

"Und ist das der Inhalt meiner Antwort gewesen: Zuerst habe ich der Gemeine Gottes vorgehalten, was die Pharisäer bei den Juden für Leute gewesen, welche schreckliche Irrthümer sie gelehrt und wie grausame Feinde Christi sie gewesen seien;

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dagegen habe ich die Gemeine erinnert, daß sie bedenken wollen, was ich das ganze Jahr über von allen Artikeln des christlichen Glaubens hätte gelehrt, und that dazumal mein Bekenntniß von den vornehmsten Artikeln. Zuletzt zeigte ich der Gemeine Gottes an, welche grausame Sünde Peter Brümmer in dem begangen hätte, daß er unsere heilsame und christliche Lehre als eine pharisäische Secte verdammt hätte; nemlich daß er solche Worte als ein lügenhafter, ehrloser und gotteslästerischer Mensch geredet habe und daß er damit habe angezeigt, daß er sei ein Kind des Teufels, ein Feind des heiligen Geistes und ein Verfolger des Predigamts, und wo er nicht Buße thäte und diese Gotteslästerung sich ließe leid sein, so habe er keine Seligkeit, sondern ewiges höllisches Feuer zu getragen; da er aber wollte Buße thun und sich bessern, so sollte ihm die Thür der Gnaden nicht verschlossen sein."

"Desgleichen hat auch mein Mithülfer Er Peter Eggerdes auf den Nachmittag in der Gemeine den Gotteslästerer gestraft und fast einerlei Worte gebraucht, nur das dazu geredet, daß Peter Brümmer nicht allein als ein Gottloser und Lügner, sondern auch als ein Eidvergessener geredet habe; denn er habe mit seiner Lästerung wider den Eid, den er dem allmächtigen Gott in der Taufe gethan, gehandelt."

"Ueber dieser unserer Verantwortung und Strafpredigt ist der Rath fast toll und unsinnig, wüthend und tobend geworden; unangesehen daß sie in unserer Kirche nicht zu gebieten gehabt und wir uns keines Rechten geweigert, sind sie doch mit dem teuflischen Trotz fortgefahren und haben unsere Kirche, darin die Fürsten von Meklenburg das jus patronatus haben, verschlossen und durch zween Stadtknechte mir und Herrn Peter Eggerdes die Stadt verboten.

"Diese grausame Gewalt haben wir unserm gnädigen Herrn Herzog Ulrich angezeigt mit Erbietung, daß wir zu Recht stehen wollen, darauf Seine Fürstl. Gnaden dem Rath ernstlich geboten, uns die Kirche einzuräumen und uns an unserem Amt mit nichten zu hindern, uns aber, daß wir uns in Ihrer Gnaden Stadt Rostock enthalten und mit Predigen und Lehren unseres auferlegten Amtes wahren sollten. Doch wären Ihre Gnaden bedacht, die Sache den Brümmer betreffend aufs Förderlichste verhören zu lassen."

"Auf diesen Befehl sind wir in der Stadt Rostock geblieben; der Rath aber hat den Befehl verachtet und die Kirche noch weiter beschlossene

" Sechs Wochen aber nach dieser Zeit haben sie nochmals uns durch einen Stadtdiener und zween Bürger die Stadt zu

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räumen gebieten lassen, mit Anzeigung, da wir nicht weichen wollten, würden sie das thun, das uns nicht gefallen sollte. Solches haben wir abermals unserem gnädigen Herrn schriftlich zu erkennen gegeben."

"Ehe wir aber beantwortet sind, haben die von Rostock öffentliche Gewalt an uns geübt. Denn als sie auf den Sonnabend den 9. October die zwei Bürger mit dem Stadtknecht auf den Mittag zu uns schicken und hören, daß wir ohne Befehl des Fürsten nicht weichen wollen, hat der Rath eine ganze Rotte, in die dreißig Mann, Diener und Bürger, mit Büchsen, Stangen und Spießen gewaffnet, allerding wie die Juden im Garten zum Herrn Christus eingefallen sind, abgefertigt, welche mitten in der Nacht um Zeigers Elf meinem Bruder und Mithülfer Herrn Petro ins Haus mit großem Getümmel und Geschrei gefallen sind und die Thür mit Stangen aufgebrochen; und da die ehrliche und tugendsame Frau des Predigers Gemahl, welche durch Gottes Segen groß Leibes schwanger gehet, hoch erschrecket und jämmerlich schreiet, haben die ehrlosen Buben solche Gelegenheit nicht angesehen, sondern sie mit harten Worten gedräuet, auch einer ihr den Spieß vor die Brust gehalten und also den Mann aus dem Hause weggeführt und alsbald aus der Stadt, nicht wieder darin zu kommen, verweiset und ihn in die drei Meilen von der Stadt gefüllt und bei Nienkirchen gehen lassen."

"Als ich nun über diesem Getümmel erwachte und sammt meinem Gesinde in Herrn Peters Haus komme, meines Bruders Gemahl zu trösten, kommt alsbald Claus Kock mit feiner Rotte wieder, und als er mich dort findet, zeigt er an, er habe Befehl, auch mich hinwegzuführen wie Herrn Peter, aber er wolle es auf sich nehmen und mir Zeit gönnen bis an den Morgen um acht Schläge. Des anderen Morgens kommt alsbald ein anderer Stadtdiener und zeigt an, da ich nicht würde ziehen, so würde ein Rath auch mit Gewalt dazu thun."

"Dieweil ich denn sah, daß sie ganz toll und unsinnig und mit dem Teufel auf dem Rathhause besessen waren, habe ich mein Weib und Kindlein und meines Bruders Herrn Peters Weib hinausgeführt. Also sind die von Rostock umgegangen, desgleichen nicht gehört ist in den Städten, da das Evangelium wird gepredigt, sint der Zeit Lutherus hat angefangen zu predigen". Im Wesentlichen stimmt mit dieser Darstellung des Heshusius selbst ein Bericht überein, welcher unter dem Titel De dissidiis in ecclesia Rostochiana et primis eorum fontibus vera narratio in Band XI. der Acta min. Rost. (S. 1 flgd.) enthalten ist. Es läßt sich jedoch aus diesem Bericht die Darstellung des Heshusius noch in einigen Punkten ergänzen. Der

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Sonntag, an welchem die beiden Prediger an St. Jacobi dem Bürgermeister Brümmer öffentlich den Zorn Götter verkündigten, war der 22. August. Die scharfen Worte, durch welche Eggerdes den Heshusius noch überbot, werden ausführlicher dahin angegeben: Peter Brümmer habe seinen in der Taufe abgelegten Eid gebrochen, und wenn er auch vor der Welt große Ehre und Würde genieße, so habe er doch vor dem lebendigen Gott und allen frommen Christen, wenn er sich nicht bekehre, keine andere Ehre, als Hannas, Kaiphas und Judas vor Christus und den Aposteln gehabt hätten. Der bei Heshusius erwähnte Claus Kock wird in diesem Bericht als der Stadtwachtmeister (praefectus vigilum) bezeichnet. Als der Ort, wohin Heshusius sich nach seiner Ausweisung begab und wohin Eggerdes vorausgegangen sei, wird das Städtchen Schwaan (Cygnea) genannt, welches ungefähr eine Meile Östlich von dem in der Erzählung des Heshusius erwähnten Ort Nienkirchen liegt.

Was nach längerer Zögerung den Rath bestimmt zu haben scheint, die schon früher den beiden Predigern gebotene, von diesen aber verweigerte Räumung der Stadt jetzt mit Gewalt durchzusetzen, ist folgender Vorfall, der jener Vertreibung der Prediger um wenige Tage voranging. Ein Rostocker Magister wollte seine Hochzeit feiern. Als diesem die Studenten, der damaligen Sitte gemäß, ein Hochzeitsgeschenk, bestehend in einem silbernen Becher, verehren wollten, brachten sie auf den Rath von M. Arnold Burenius die Geldbeiträge unter der Bedingung zusammen, daß die Hochzeit nicht an einem Sonntage gehalten würde. Der Bräutigam unterwarf sich auch dieser Bedingung. Aber ein Verwandter der Braut, ein rostocker Bürgermeister, bestand darauf, daß die Hochzeit an einem Sonntage stattfinde, und setzte seinen Willen durch. Die Hochzeit ward am Sonntag den 3. October gehalten. Von den Professoren und Studenten fanden sich aber dabei nur wenige ein und das übliche Geschenk ward Seitens der letzteren nicht gereicht. Dieser Vorfall gab dem Widerwillen des Raths gegen die beiden Prediger an St. Jacobi neue Nahrung und ihre gewaltsame Vertreibung erfolgte noch in derselben Woche.

Einmal im Zuge, kündigte am 11. October der Rath auch dem M. Andreas Martini Gehalt und Stelle, hauptsächlich aus dem Grunde, weil derselbe öffentlich erklärt hatte, er sei ein Freund Tilemanns und seines Collegen und mißbillige deren Sache nicht.

Zur Rechtfertigung seines Verfahrens gegen Heshusius und Eggerdes erließ der Rath am Sonntag den 17. October, acht Tage nach der Vertreibung der genannten beiden Prediger, einen

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"offenen Brief", welcher an den Kirchthüren angeschlagen ward und von den Kanzeln verlesen werden mußte. In diesem Mandat wurden die Rostocker Prediger im Allgemeinen, ohne daß Namen genannt wurden, großer Verbrechen, falscher Lehre und aufrührerischer Bestrebungen in sehr bitterem Tone bezüchtigt und den Bürgern aufgegeben, ihren Umgang und ihre Predigten zu meiden. Das in Placatform auf einem Bogen gedruckte Mandat lautet wortgetreu also:

Wi Bürgermeistere vnd Radt der Stadt Rostock, Entbeden hyr mit dessem vnserm apenen Breue, allen vnd jewelykem, Den Ersamen frommen vnd bestendigen, vnser gemeiner leuer Bürgerschop, vnd sonst allen Ehrleuenden frommen Christen vnd bistenderen des waren Gades wordes, heil vnd alles gudt, Vormanen vorbeden vnd dohen wideres wo herna, anders nichts, dann thom vorstandt des gemeinen besten, vnd jederes syner salicheit, wyder thom frede, eindracht, frommen vnd eheren, tho beholdinge vnserer olden löfflyken Priuilegien, rechten, gebruken, gewonheyden desser ehrlyker guder Stad, wor vor, stedige sorge, flydt vnd betrachtinge vnsers vtersten vermögens tho dregen vnd tho hebben, wy vns schüldich vnd plichtich erkennen, Wes wy ock desses na vnserm geringen verstande einiges weges können, (Godt weith) dat wy vnser jn deme nicht sparen, wat möyhe vnd arbeydes vns solckes, sonderlick in dessen beswerlyken löpen gifft, twyuelen nicht, können alle fromme Verstendyge wol vnd fründtliken affnemen. Dann vns nicht alleine vperlecht, Bürgerlykes gemein Regiment, sonder ock de Vorsorge befalen, vpsicht tho hebben, Dat wy nicht van dem waren worde Gades, vnderem losen schyne des wordes, vnd gefinseder hillicheyt vorföret, vnd gebracht vth Christlyker Euangelischer fryheit, jn Tyrannischen bedruck vnd eigendohm gesettet, wo dann etliche sick vorgenamen vns tho bannen, tho verdammen, tho verwysen, tho besweren, tho beladen, mit affgepredigen Censuren, aggrauationen, einer auer de anderen, vnd ock welcker nicht gelick vorth wolde wo se, Dennen mit der Villekulen tho bedreuwen, darhen alse eynen Esel, Kohe, Perde, vnd andere beeste tho begrauen. Item, de Lichamme vp de Villekulen tho verdammen, vnd de Seelen dem Düuel auerthogeuen, vor welcke Christus vnser einger Heylandt, vnser Eckstein, vnd einiger Middeler twischen Godt dem Vader, vnd armen Minschlykem geschlecht syn dühre Blodt vor=

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gaten. Wo se dar nicht mit gesediget, sonder ock jn vnsere Politisch Regiment getastet, willende van dem hilligen Ehestandt, den Godt de Vater jm Paradiß süluest jngefettet, den syn leuer Sön Christus Jesus süluest mit syner jegenwerdicheyt, ock syner hilger Moder vnd leuen Discipulen geehret, vnd mit synem ersten Mirakel consecreret, Wan solcker hilliger standt, Den der Herr süluest approberet, vp des Hern dach geholden, scholde Sünde, vnd Godtloß dinck syn, allein vnd nergens anders, Dann vmb des Jödisch Phariseeschs Sabbats willen, welcken Sabbat Christus affgedahn vnd vordempet, na bestendiger Doctoris Mariini Lutheri vnd mehr anderer trefflyker Theologen leren, wo in korten dagen (efft Godt wil) volkamener bericht ant licht wurdt breken, gemeyner vnser trüwer Bürgerschop thom besten, Als dann, wat wolde bestendich blyuen, wat gewißheyt konden wy vth aller hilger Schrifft hebben, wenn dat Godtloß dinck scholde syn, welckes Godt süluest jngesettet? Wo men vnderstanden vns de meinunge jnthodringen, jn de erringe schyr mit gewaldt tho bringen, vnd Sabbats knechte, jegen alle vnseren danck, van vns tho maken, vnd also, vns mit solckem anslage, vth Christlyker leue, vth Börgerlykem freden, ruw vnd einicheyt, tho rucken und tho spalden, Selckes ys nicht hemlick noch vorborgen, hebben alles mit der dadt apentlick verspöret. Vnd als wy solcks nicht hebben mögen gehengen edder gestaden, wo ock gemeine trüwe ehrlyke Borgerschop van sick süluest dar van ein schreck vnd affkerendt gehat, vnd noch hefft, vnd dat, vth Gödtlyken, billyken, natürlyken, reddelyken orsaken. Weßhaluen wo se van den Predickstölen vns vthgeschryet, Diffameret, Blasphemeret, jn vnsere gelimp Vnd ehere, so klegelick vnd jamerlick gegrepen, vns swerlykest verhönet, vnd vnder de föthe tho treden vnderstanden, geswygen noch den vnuorschemeden homodt, stoltheyt, trotze, vorkleininge vnd vorachtinge, so se vns hebben doruen vorstellen. Darlegen wo sedich, Maneerlick, lanckzam vnd lyderlick, wy Vns wedder hyrinne getöget, vnd nicht, dan, dar se van sick süluest gedechten, van vns tho wyken, begeret, Dar ehnen, na Recht, eine sware straffe geböret. Woruor de Ouericheyt tho holden, vnd der tho gehorsamen, leret Paulus thon Römeren am 13. Cap.: Welcker der Ouericheyt (secht he) weddersteit, de weddersteit Gade, vnd welcker weddersteit, bekumpt sick de vordammenisse.

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Wo se den spröke gefolget, ys apenbar befunden, Wat se anderen tho predigen plegen, breken süluest. Wowol dem allem so, vnd gemeiner ehrlyker Borgerschop allenthaluen bewust, vnd wowol de gemeine, fromme, trüwe, ehrlyke, Borgere, hyrinne mit vns ein trüwlick mitlydent gedragen, vnd noch hebben, vnd jn deme sick bewysen, als ehrleuenden, welcke ere Ouericheyt, na der lere Pauli, der Christlyker Basunen, vprechtlykes gemötes vor ogen holden, Des wy vns jegen allen vnd jewelyken bedancken. Dannoch sind etlyke Prediger, de ock mit vnser geduldt nicht thofreden syn können, welcke sick vornemen laten, als hedden wy vnrecht gehandelt, wünschen desser Stadt Helschführ, blixem vnd donner, vordömen vnd vormaledyen, springen vnd slaen vp den stölen als vnsinnige. De ander darss sick hören laten, Dat desse Stadt mit Tyrannischer Ouericheyt besettet, reitzen vnd kratzen jo so veninich, hetisch vnd betisch, als de verfremmeden: Vorsöken sick, efft se noch ychtes eynen vproer konden erwecken, Auerst de Almechtige Godt wurdt vns, vnd de trüwe Christlyke Borgerschop, wol in eynicheyt, ehren vnd freden erholden. Tyrannen sint, de gein Recht, gein ehr, gein redelicheyt ansehen, Sonder, eren eigenen stößferdigen kop folgen, welcke eres eigenes forssens willens, vnd halsstarricheyt gebruken vnd fetten vor de Gesette vnd Rechte, welcke dat rechtferdiges Blodt vorgeten, de vnschüldigen morden vnd vmmebringen, wo Nero gedahn, vnd der Köninck Dyonysius van Syracusa, vnd mehr andere Tyrannen. Vor alsolcken, hebben vns noch de anderen doruen so gahr vnuorschemet vthschryen, welcker könheyt sick wahrlick alle Christen Minschen mögen vorwunderen, van dennen, de dat wordt Gades handelen, Dat de also, eine Ehrlyke fromme Ouericheyt doruen schelden vor Tyrannen: Wo hefft Christus jewerle solckes geleret edder gedahn ? Wor fint mens jn der hilligen Schrfft? Effte desse Lüde des hilligen Geistes sint, vthwyfen desse dingen Weme ys binnen Rostock, so lange Rostock gestanden, Tyrannie beyegent? Jdt meinen etlyke bywylen, ehnen geschehe dorch vnseren Rechtspröke Vnrecht, so steyt dennen doch apen de wech der Apellation, vnd wat sonst Stadtrecht vnd KeyserRecht vormach, Darna hebbe wy stedes fort gefaren, Darna vnd anders nicht richten wy, wat ock apener schynbarer bekanter dadt ys, richte wy alles na solcken rechten vnd anders nicht. Vnd dat ys gein

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Tyrannie, Auerst vnerkanter saken, Jtem, sick süluest to Richteren setten, eigener authoritet, sick auer Lyff vnd Seel macht vnd gewaldt antomaten, tho bannen, to plagen, mallicks Conscientz tho besweren, to vorwunden, ja tho vormorden, vp de Villekule tho verdammen, dem Düuel de Seel to geuen, jn eyner Ehrlyker fryen Stadt, coniuration, conspiration, vnd vordechtige archwanige Conuenticulen tho hebben, sick to befluten, mit wat Düuelschem grym, vnder gestaldt eins Engels, dat Führ vth vnd jn den gemeynen Man to blasen, Dat ys Tyrannie, dat ys (mach men anders de warheyt seggen) rechte ware Tyrannie. Dewyle wy solcker Tyrannie wedderstan, vnd, dal, vnsern Eiden vnd plichten na, to donde, vns schüldich erkennen, nu byten se hinder sick vmme, vnd schelden vns vor Tyrannen. Wat nu, van solcken leidtsprekeren vnd blasphemischen Minschen tho holden, vnd efft se werdt, de Predickstöle henfürder tho bekleyden, edder ere ehrenrörige Sermone anthohören syn schölen, stellen wy in eins jeders frommes, trüwes Borgers, eigene gericht vnd geweten, wy willen ock (wil Godt) jn desser saken guder vornufft gebruken, Dat ydt wordt Gades vns lutter vnd reine, jn warem fruchten, rechtem gelouen, leue vnd einicheyt, nicht dorch solcke blasphemische Muler, sonder sedige Ehrleuende Lüde geprediget werde, vnd daran mögelykes flytes syn, Wente vns gein gudt der Werldt vor vnsere Salicheyt tho setten. Vnd vorstanden, dat vnsere gemöte darhen gericht vnd alle ehrlyke trüwe vnd fromme Borgerschop, desses mit vns vnd wy mit ehnen, einich, sindt wy dannoch jn warheit berichtet, dat erer etlyke mit densüluesten Predicanten scholden holden, jn solckem erem scheldent, vorhönent, vnd blasphemerende, willen vnd gefallen dregen, erer Coniuration deilhafftich syn, mögen velichte, vth simpelheyt, vnd einfoldt, vnderem schyne der hillicheyt vnd vordeck des Euangelij, vorföret vnd dar by gebracht syn, welcke nicht vth bösem grunde gesündyget, Dennen wy solckes, vth Christlykem mitlyden, tho gude richten vnd holden, De vortredinge dythmahl, Vaderlykes gemötes nageuen, vnd willen vth dem süluesten, jederen by deme Borgerlykem Eidt vnd plichten vns gedahn, Christlyken fründtlick vns ernstlick vormanet hebben, sick erer tho entholden, der vorbadenen vprörischer anslegen mötich tho gahn, geiner vndüchtiger worden vnd vpspraken auer vns sick forder hören tho laten, einicherley

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wyse edder gestaldt, Wo wy jn gelykem, allen anderen jnwaneren, wo se ock gestaldt, van wat wesendt se syn, wo ock dat süluest jn sick ehrlick, billich vnd recht ys, vperlecht vnd jngebunden willen hebben, vnd hyr mit jn krafft desses Mandats jegenwerdich vperleggen vnd jnbinden. Vnd, dar se solckes hörden edder erfören, vns stracks, wo se schüldig, anbröchten vnd nicht vorheleden. So dann hyr jegen nu vorth mehr emandts dohn würde vnd hyrinne wedder synen Borgerlyken Eydt vud ehre würde handelen (dar wy doch nemande so vorgeten achten) hefft to erkennen dat desülffeste jn hoge straffe vorfallen, de wy alßdan, einem anderen thom Exempel, mosten vornemen, Wor vor wy hyrmit eynen jewelyken, trüwlick willen gewarnet hebben, Doch, der straffe vnbegeuen, welcke wetentlick, vpsetlick, vch bösem grunde vnd affecten, erer Eyde vnd plichten vorgeten, mit ehnen gestanden, ju solckem Radt wedder vns gewesen, vnd de handelinge hebben mit helpen stofferen. Darna sick wolde ein jewelick weten tho richten, Gegeuen vnder vnserem Segel, den 15. Octobris, Anno 1557.

II.

In derselben Woche, wo der Rath mit seinem Mandat gegen die Prediger hervorgetreten war, suchte er durch Einsetzung des Dr. Johann Draconites als Superintendenten eine Stütze gegen die rostocker Geistlichkeit zu gewinnen, von welcher er besorgen mußte, daß sie die Sache ihrer vertriebenen Collegen zu der ihrigen machen würde. Um sich einen desto größeren Einfluß auf die Geistlichen zu sichern, verfügte er zugleich, daß die Versammlungen der Prediger nie anders als in Gegenwart von zwei Rathsherren abgehalten werden und alle Verhandlungen und Beschlüsse von diesen beaufsichtigt werden sollten. Den Predigern ward befohlen, dem Dr. Johann Draconites als Superintendenten zu gehorchen.

Zur Lebensgeschichte dieses vom Rath der Geistlichkeit aufgedrungenen ersten rostocker Superintendenten möge hier Folgendes bemerkt werden. Johann Draconites oder eigentlich Drach war 1494 zu Carlstadt im Würzburgischen geboren. Er studirte zu Erfurt, wo er später Magister ward und Vorlesungen hielt, und zeichnete sich besonders im Hebräischen aus. Im J. 1520 machte er eine Reise in die Niederlande, um Erasmus kennen zu lernen. Von Erfurt ging er nach Wittenberg, hörte hier

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Luther, Melanchthon und andere, promovirte zum Doctor der Theologie und blieb hier, bis er 1522 ein Pfarramt zu Miltenberg im Mainzischen erlangte. Hier brachte ihn aber schon im folgenden Jahre die papistische Geistlichkeit zum Weichen, worauf er sich nach Werthheim und von da nach Nürnberg, Erfurt und endlich wieder nach Wittenberg wandte. Auf Luthers Empfehlung erhielt er 1525 ein Pfarramt zu Waltershausen bei Gotha. Drei Jahre später gab er jedoch diese Stelle wieder auf und widmete sich mehrere Jahre hindurch in Eisenach gelehrten Arbeiten. Im J. 1535 ward er an die Stelle von Erhard Schnepf nach Marburg als Professor und Prediger berufen. Während seines dortigen Aufenthalts war er 1536 auf dem Fürstentage zu Frankfurt am Main, 1537 zu Schmalkalden und 1541 bei dem Religionsgespräche zu Regensburg. Im J. 1547 gerieth er in heftige Streitigkeiten mit seinem Collegen Theobald Thamer. Während des schmalkaldischen Krieges folgte er seinem Fürsten als Feldprediger. Nach seiner Rückkehr entbrannte der Streit mit Thamer noch heftiger als zuvor. Draconites erklärte auf der Kanzel, Thamer sei ewiglich vor Gott verdammt und als ein Uebelthäter öffentlich mit Ruthenstreichen aus der Stadt zu treiben, und übergab dabei alle Papisten, Wiedertäufer und Werkheiligen mit Thamer dem Teufel. Diese Streitigkeit und der Wunsch, für eine gelehrte Arbeit über die Verheißungen, Figuren und Gesichte einen Verleger und Drucker zu gewinnen, führten ihn von Marburg noch im J. 1547 hinweg. Er ging zunächst nach Nordhausen und Braunschweig, ward von hier durch den Rath dem Rath von Lübeck empfohlen und an dem letztgenannten Ort bei seiner Ankunft im J. 1548 sehr freundlich aufgenommen. Hier fand er auch den gesuchten Verleger für sein Werk. Ein Anerbieten Melanchthons, ihn nach Kopenhagen zu empfehlen, ward von ihm abgelehnt. Neben der Beschäftigung mit seiner gelehrten Arbeit wirkte er zu Lübeck auch durch sehr beifällig aufgenommene Vorlesungen über den Propheten Haggai, die später ebenfalls im Druck erschienen sind. Im J. 1551 ward er bei dem Streit zwischen Lorenz Mörske und den anderen Predigern zu Lübeck über die Nothwendigkeit guter Werke mit als Schiedsrichter zugezogen. Noch in demselben Jahre ward er von dem Rath zu Rostock als Professor der Theologie berufen. Er predigte hier zugleich in der Johanniskirche, welche damals noch keinen eigenen Prediger hatte.

Von diesem Manne erwartete nun der Rath, daß er als von ihm eingesetzter Superintendent ihn gegen die rostocker Geistlichkeit schützen und diese in diejenigen Grenzen zurückweisen werde, welche der Rath für die rechten hielt. An gutem Willen

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fehlte es ihm dazu auch nicht. Indessen war doch weder er selbst die geeignete Persönlichkeit, um der seiner Einsetzung zu Grunde liegenden Absicht zu genügen, noch die damalige Geistlichkeit zu Rostock aus so biegsamem Holz geschnitten, um dem wider sie in Bewegung gesetzten Einschüchterungs= und Zwangsversuche nachzugeben. Vielmehr knüpfte sich an seine Einsetzung ein Streit, welcher Jahre lang allen Vermittelungsversuchen Trotz bot.

Schon der Act seiner Einführung, welcher am 21. Octbr. 1557 stattfand, ward durch einen sehr stürmischen Widerspruch einzelner Geistlicher bezeichnet. Es waren nämlich dazu die Rostocker Geistlichen und die Pastoren von Kessin, Bentwisch und Rövershagen auf die Schreiberei zu 8 Uhr Morgens vor den Rath geladen. Ausgeschlossen von dieser Ladung waren jedoch die beiden Geistlichen an St. Nicolai, der Raster M. Georg Reiche und sein Sacrist (Diakonus) Joachim Bansow. Reiche fand sich jedoch, nach einer Besprechung mit Joachim Schröder, Pastor an St. Petri, dennoch ein und ließ sich in seinem Vorsatze, diese Gelegenheit zu benutzen, um eine kräftige Verwahrung gegen die Handlungsweise des Raths einzulegen, nicht stören durch die Versuche, welche der Rathsschreiber M. Peter Radke machte, um ihn wegzunöthigen. Als dieser den Versuch bereits mehrmals wiederholt hatte, sprach Reiche, wie er selbst in einem darüber aufgesetzten Bericht erzählt, wiederum mit großer Heftigkeit: "Ich gehe nicht also weg, sondern bitte: geht noch einmal hinein und sagt E. E. Rath, daß ich um Gottes Ehr und Namen willen bitte, sie wollten mich hören, daß ich nicht Ursache habe, andere Unruhe vorzunehmen, das vielleicht E. E. Rath nicht lieb sein möchte". Nun ward er vorgelassen und bat zunächst, drei oder vier Prediger als Zeugen zuzuziehen, was jedoch nicht gewährt ward. Nach Anführung einiger Sprüche in Betreff der rechten Führung des obrigkeitlichen Amtes sprach er laut seines Berichtes weiter: "Dieweil euch nun der allmächtige Gott so hart und ernstlich anredet und ermahnet, daß ihr ein recht Gericht sollet halten und Niemand sollet Gewalt noch Unrecht thun (da nahm ich ihr Mandat unter meinem Rock herfür) : wie kommt denn E. E. Rath dazu, daß er ein solch greulich, lästerlich Mandat hat lassen ausgehen wider die armen unschuldigen Prediger, damit nicht allein die Prediger, sondern die heilige göttliche Majestät, der Sohn Gottes und das ganze heilige liebe Predigtamt aufs Höchste geschmähet und geunehret wird, und weil ihr die Prediger nennet, so bin ich hier gegenwärtig, als ein armer unwürdiger Prediger, und begehre zu wissen, welchen E. E. Rath hiemit meinet, ob ihr auch mich

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damit meinet und mich der Laster zeihet, welche in eurem Mandat ausgedrückt sind". Als Bürgermeister Hinrich Gültzow (Rathsherr seit 1534, Bürgermeister seit 1542) hierauf eine ausweischende Antwort gab, hob Reiche noch einmal an: "Nicht also, meine Herren. Ihr sollt namhaft machen, welchen ihr meinet, daß nicht der Unschuldige mit dem Schuldigen verdammt und gelästert werde. Ich habe durch Gottes Gnade meine alten grauen Haare so weit bracht mit Ehren und hoffe zu Gott, daß mich Niemand mit Wahrheit meiner Lehre oder meines Lebens einer Schande und Laster überzeugen soll, habe auch ehrliche Freunde, die auch wie ihr am Gerichte sitzen, desgleichen meine armen Kinder, dieselben sollen durch Gottes Gnade und Hülfe keine Schande noch Laster von mir hören noch erleben. - Gott wird solche greuliche Unehre nicht ungerochen lassen, denn man sieht, daß euer Mandat ein lauter papistisch Werk und Verfolgung ist". Zuletzt gerieth Reiche noch mit dem des Papismus verdächtigen Syndicus in einen Wortwechsel, welcher eingestehen mußte, daß er das Sacrament in beider Gestalt in Rostock noch nicht empfangen habe. Hierauf entfernte sich Reiche und ermahnte die übrigen Prediger, ihm in seinem Verhalten gegen das Mandat zu folgen, was auch der Raster an St. Petri that, welcher jedoch kaum zu Worte gekommen war, als ihm Schweigen vom Rath geboten und damit der Schluß gemacht ward, daß Draconites als Superintendent anzuerkennen sei.

Dieser hatte mit der Uebernahme seines Amts selbstverständlich die Verpflichtung auf sich genommen, das Verhalten des Raths in der Angelegenheit der Vertreibung der Prediger zu vertheidigen und damit dann zugleich die Sonntagshochzeiten gegen diejenigen in Schutz zu nehmen, welche dieselben für verwerflich hielten. Er that das letztere, indem er den Gegensatz von Gesetz und Evangelium scharf betonte und die Freiheit vom Gesetz als das durch das Evangelium gewährte Gut darstellte, die Gegner aber als solche bezeichnete, welche einer widerevangelischen Auffassung huldigten. Vom Rath aber redete er überall nur Gutes und niemals hörte man aus seinem Munde auch nur den leisesten Tadel der Vertreibung der Prediger und der in dem Mandat gegen die Geistlichen gerichteten Anschuldigungen. Durch dies alles trat er Von vorn herein in ein feindliches Verhältniß zu der Geistlichkeit, die ihm als Superintendenten gehorchen sollte, sich dessen aber aus mehreren Gründen gleich Anfangs entschieden weigerte.

Das erste, was Draconites nach dem Antritt seines neuen Amtes ins Werk setzte, war, daß er im Auftrage der Bürgermeister und in Gemeinschaft mit dem Syndicus des Raths,

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Dr. Matthäus Röseler, welcher damals Rector der Universität war, die Aufforderung an die Studenten richtete, dem früher erwähnten Magister noch nachträglich das ihm vorenthaltene Hochzeitsgeschenk zu geben. Die Studenten aber ließen sich darauf auch jetzt noch nicht ein, sondern antworteten, wiederum auf des M. Arnold Rath, daß sie sich nicht dazu hergeben könnten, die mit dem dritten Gebote streitende Sitte der Sonntagshochzeiten zu befestigen. Da fiel ihnen Draconites in die Rede und Sprache "Es ist keine Sünde, am Sonntag Hochzeit zu halten, weil den Christen nicht das Gesetz aufliegt und Paulus spricht: Niemand möge euch richten in Speise oder in Trank oder im Sabbat".

Später wiederholte er in der Predigt ähnliche Sätzen "Diejenigen irren, welche uns aus freien Christen zu Knechten des Gesetzes und Sabbaths machen wollen; die Christen dürfen nicht mit dem Gesetz gezwungen werden, sondern man muß warten, bis sie aus freien Stücken und mit freiem Herzen ihre Pflicht erfüllen. Ich bin weder noch will ich sein ein Doctor legis, sondern das Evangelium habe ich im Munde und Christus im Herzen. Die Christen dürfen nicht mit dem Gesetz geschreckt werden. Wer das Gesetz predigt den Christen, der beleidigt Gott im Himmel. Trolle dich, Moses, trolle dich! Wer Andere aus dem Gesetz für Sünder erklärt und selbst ein Sünder ist, der sündigt doppelte Solche Sätze brachte er häufig auf die Kanzel. Anfangs schwiegen die Prediger meistentheils dazu, weil das Mandat und die Drohungen des Raths sie eben so wie die Bürger in Schrecken gesetzt hatten. Nach und nach aber schöpften sie wieder Muth und begannen in ihren Predigten des Draconites Lehre anzugreifen.

Der erste, welcher gegen die Lehrsätze des Draconites und zugleich gegen den Rath wegen Vertreibung der Prediger und wegen des Mandats auftrat, war der unerschrockene und eifrige Pastor an St. Nicolai, M. Georg Reiche. Er ermahnte seine Zuhörer, sich vor des Draconites antinomistischen Irrthümern zu hüten, und bediente sich dabei der Worten er wolle sie vor des losen Heuchlers und höllischen Drachen Heuchelei gewarnt haben. Auch trat er nochmals vor den Rath und machte die Mittheilung, daß er durch sein Amt sich verpflichtet finde, die Gottlosigkeit, welche überall aus dem Mandat hervorleuchte, zur Erweckung eines bußfertigen Sinnes, ihnen vorzuhalten. Der Rath erklärte jedoch, daß es ihm an Zeit fehle, ihn zu hören, und ersuchte ihn, seine Meinung schriftlich vorzutragen. In Folge dessen setzte M. Georg Reiche eine deutsche Schrift auf, welche er drei Tage vor Weihnachten 1558 (d. i. nach der jetzigen Bezeichnungsweise Weihnachten 1557, indem damals das neue Jahr

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schon mit dem ersten Weihnachtstage anfing) dem Rath zustelle. In dieser Schrift machte er damit den Anfang, daß er dem Rath ein fröhliches Neujahr wünschte, und zählte dann, in der Absicht, über seine Handlungen und Aussprüche Rechenschaft abzulegen, nach der Reihe acht oder neun in dem Mandat enthaltene Unwahrheiten auf, womit er eine ausführliche Ermahnung an den Rath verband, um ihn zur Erkenntniß seiner Sünde und zur Buße zu bewegen. Der Rath übergab diese Schrift dem Draconites und den übrigen Predigern zur Begutachtung, in der Hoffnung, dadurch den Streit in die Mitte der Geistlichkeit zu verpflanzen und den Angriff von sich abzulenken. Indessen wenn gleich Draconites die Reichesche Schrift vollständig verdammte, so erklärten doch fast alle übrigen Prediger, daß sie in derselben nichts Unrechtes oder Gottloses finden könnten.

III.

Inzwischen ward auch eine Schrift von Heshusius, in welcher er das Mandat in sehr heftiger Sprache einer weitläufigen Beurtheilung unterzog, hie und da verbreitet. Sie war in beider vertriebenen Prediger Namen abgefaßt und führte den Titeln Antwort Dr. Tilemanni Heshusii und petri Eggerdes auf das lügenhafte, ehrlos und gotteslästerliche Mandat der Bürgermeister und des Raths zu Rostock.

Im Eingange dieser Schrift bezeugt Heshusius seine Freude daß ihn die Verfolger des Evangelii gehöhnt und geschmähet hätten, indem er dadurch Christo ähnlich geworden sei, und spricht seine Hoffnung aus, daß fromme Christen und insbesondere die Gemeinde Gottes zu Rostock daran kein Aergerniß genommen haben würden, indem sie ja aus Gottes Wort wüßten, daß nicht allein den Propheten und Aposteln solches widerfahren sei, sondern auch dem Sohne Gottes Jesu Christo selbst, welcher auch weissage, daß es allen treuen Dienern des Wortes in der Welt also gehen werde. Dann fährt er fort: "Nachdem aber die Bürgermeister und Rathmanne der Stadt Rostock nicht allein als freche und frevele Tyrannen an uns Dienern des Evangelii öffentliche Gewalt geübet, sondern auch ein offenes Lügenmandat im Druck haben ausgehen lassen, darin sie ihre Mißhandlung und geübte Gewalt wider das Predigtamt beschönigen, uns aber aufs höchste verunglimpfen, schmähen unser Amt, verdammen unsere Lehre als ketzerisch und uns mit schändlichen Lügen beschweren, dadurch dann Gottes heiliger Name aufs Aeußerste wird gelästert und der heilige Geist in vielen frommen Christen betrübt, auch etliche schwache und ungegründete Christen

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verwirret sind, als sollten wir etwas dem göttlichen Wort ungemäß haben: so erfordert es nun die hohe Noth, sonderlich auf daß Gottes Name werde verteidiget wider die Lästermäuler und daß die einfältigen Christen einen rechten Bericht der Sachen haben möchten, daß wir auf das lügenhaftige, gottlose und gotteslästerische Mandat des Raths von Rostock etwas antworten. Und damit auch die Christen an anderen Oertern vernehmen mögen, was den Lügen, so die Rostocker in ihrem teuflischen Mandat ohne alle Scheu häufen, zu glauben sei, wollen wir zuvor unser Bekenntniß thun und danach von der Sache reden, so sich zwischen uns Predigern und dem Rath zu Rostock hat erhoben". Es folgt nun dies Bekenntniß, welches sich auf die Schriften der Propheten und Apostel beruft und alles, was der Lehre derselben zuwider ist, "als der Juden Abgötterei, der Türken Blindheit, der jetzigen Juden Gotteslästerung, der Ketzer, als Sabellii, Arii, Samosateni, Pelagii, Montani, Marcionis, Manichäi und aller Ketzer Lügen, der Papisten falsche Lehre, das Interim, Osiandri Irrthum", als "verdammte Lüge, Abgötterei und Gotteslästerung" verwirft. "Die Schrift aber der Propheten und Apostel verstehen wir nicht anders, denn wie sie aufs Einfältigste lautet und wie die Artikel christlichen Glaubens im Symbole Apostolico, Nicaeno, Athanasiano und in der Confession, die dem Kaiser Karl zu Augsburg a. 1530 ist überantwortet, sie erkläret, wie auch dieselbe Lehre des Evangelii ohne Verfälschung in den "Sechtzigisten" Städten als Wittenberg, Magdeburg, Lübeck und Hamburg wird gepredigt." Heshusius beruft sich dann auf die Treue, mit welcher er und sein College ihr Amt geführt hätten, und gelangt damit zu den Sätzen, über welche der Streit sich erhoben hatte, nämlich daß die Unbußfertigen vom Abendmahl auszuschließen seien, bis sie Buße gethan hätten, daß dieselben auch als Gevatter bei der Taufe nicht zugelassen werden könnten, daß sie eines christlichen Begräbnisses nicht würdig seien, und endlich daß die Sitte der Sonntagshochzeiten wider das dritte Gebot streite. Der Verlauf des Streites wird dann in der bereits angegebenen Weise erzählt.

Hierauf wendet Heshusius sich zu der Beurtheilung des Mandats und bemerkt in dieser Hinsicht u. A. Folgendes: "Die verrückten und besessenen Bürgermeister der Stadt Rostock haben auch ein öffentliches Lästermandat ausgehen lassen, darin sie sich gern wollten schmücken und ihre Mißhandlung vertheidigen. Sie zeigen aber gröblich an, wie sie weder Sinn noch Vernunft mehr haben und daß sie dem Worte Gottes gar spinnefeind sind und als die vom Teufel ganz Eingenommenen und Besessenen das Predigtamt gern mit Füßen wollten treten

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und Christum vom Himmel stürzen, welcher sie doch in Ewigkeit wohl werden lassen. So viel unsre Person anbetrifft, mögen wir uns erfreuen, daß die von Rostock solch eine Lästerschrift haben ausgehen lassen. Denn wir zweifeln nicht, es werde ein jeder Christ, der dieses Mandat liest und hört, greifen und fühlen, was unsre Widersacher für Leute sind, wie sie nicht allein ohne alle Liebe und Furcht Gottes sind, sondern auch ohne alle menschliche Vernunft und von vielen Teufeln besessen. Denn sie bekennen mit ihrem Siegel und Briefe, daß sie den Befehl Gottes von Haltung des Sabbaths trötzlich verachten und wollen den Feiertag nach Gottes Gebot nicht heiligen. Damit sie nicht für Sabbathsknechte gehalten werden und daß sie wider Gott und sein Wort wüthen und toben und allen Muthwillen üben, nennen sie eine christliche Freiheit, und wo sie um ihrer Missethat willen gestraft werden, das heißen sie einen tyrannischen Bedruck. Den christlichen evangelischen Bann, den der Sohn Gottes selbst mit seinem Befehl eingesetzt und bestätigt und die Gemeine Gottes zu allen Zeiten wider die Unbußfertigen gebraucht hat, verdammen sie als eine Tyrannei. Dazu ertichten sie so grobe, unverschämte, tölpische, teuflische Lügen, daß der Teufel in eigener Person nicht unverschämter reden mag. Denn da schreibt der Lügenrath von Rostock in seinem Lügenmandat, wir Prediger haben den Ehestand ein gottloses Ding und Sünde geheißen, so doch die ganze Gemeine zu Rostock weiß und zeugen muß, daß wir den heiligen Ehestand allezeit in der Predigt als eine heilige und selige Ordnung des allmächtigen Gottes haben gerühmt und gelobt".

"Zudem siehet man auch der Bürgermeister tyrannisch, teuflisch und mörderisch Herz wider das heilige Predigtamt, sintemal daß sie bekennen, daß sie uns nicht allein haben vertrieben, sondern drohen auch den anderen Predigern zu St. Petri und St. Nicolai, daß sie dieselben auch vertreiben und verjagen wollen, darum daß sie von ihnen zur Buße ermahnt sind."

"Ueber das so beeidigen sie und gebieten sie ihren Bürgern, daß sie der Prediger und ihrer Seelsorger, so sie verloren haben, nicht mit einem Worte gedenken sollten. Das mögen so freventliche, thurstige, trotzige und besessene Tyrannen und Verfolger der Prediger und Verächter der Gemeine Gottes thun. Darum sagte ich, daß wir für unsere Person wohl leiden könnten, daß der Lügenrath von Rostock solche Lästermandat und Lügenbrief wider uns nun viele ließe drucken, hätten auch wohl leiden können, daß sie uns beide mit Namen darin genannt hätten. Denn es ist uns eitel Ehre bei der Gemeine Gottes und frommen Christen, daß uns die besessenen und vom Teufel gefangenen Bürgermeister

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so höhnen und schmähen, wie auch Christus sagt Matth. 5: freuet euch und seid fröhlich, wenn euch die Menschen schmähen und alles übel wider euch reden; selig seid ihr, so sie daran lügen."

"Weil aber nicht allein unsere Person, sondern Gott selbst und sein heilsam Wort in dem teuflischen Mandat geschmähet und auch etliche Artikel göttlichen Worts als Ketzerei verdammet und das ganze Predigamt als aufrührerisch gescholten, wollen wir etliche Punkte des Bubenmandats erklären und die Lästerung der Lügenmäuler widerlegen".

"Anfänglich rühmen sie sich selbst mit vielen Worten, wie die Gottlosen pflegen, wie sie ihrer Gemeinde so wohl und treulich mit aller Kraft vorstehen, und des nicht allein mit gutem Frieden und Regiment wachten, sondern auch Gottes Wort mit allem Fleiß fördern. Was man vom Rühmen halten soll, will ich jetzt gehen lassen, wiewohl ich ihnen viele Artikel vor die Nase halten könnte, damit zu bezeugen ist, daß sie sich allezeit als öffentliche Feinde des Evangeliums und Verfolger der Wahrheit gezeigt haben. Man frage die alten Bürger, wie mit frommen Predigern wie Ern Joachimo Schlüter ist umgegangen, der zu Rostock zuerst das Evangelium hat gepredigt, welchem, da man ihn nicht konnte hinwegbringen, weil man die Gemeine fürchtete, hat man ihm eine falsche "Supffen" zugerichtet und ihn vergeben. Dem Dr. Herrn Henrico Smedenstedt habt ihr verdammte und blutgierige Bürgermeister die Kirche schier ein Vierteljahr verschlossen, und da euch die Fürsten von Meklenburg dazu gezwungen, daß ihr Feinde Gottes dem Doctori die Kirche mußtet wieder einräumen und mit Gewalt nichts durftet vornehmen, habt ihr den frommen, gottseligen und treuen Diener um 30 Silberlinge verkauft. Wie ist mir recht, ihr seid das mal etwas milder gewesen denn Annas und Kaiphas, denn ich habe mir sagen lassen, des Gerechten Blut gestehe euch wohl in die 500 Gulden. Schande ist wahrlich, daß der Diener mehr gegolten hat, denn sein Herr und Gott, wie ihr auch den Herrn Adeler täglich gemartert und geplaget habt mit eurer Tyrannei. Sind noch viel Leute, die es aus seinem Munde gehört haben."

"Auch vor anderthalb Jahren, da ihr Ern Petro (Eggerdes) ohne alle billige Ursache den Predigtstuhl verboten, habt ihr klärlich angezeigt, mit welchem teuflischen Haß ihr das Predigamt verfolget, und daß ihr ja zunehmet in eurer Tugend und väterlichen Sorge, so habt ihr jetzt nicht allein als freventliche und thurstige Tyrannen, sondern als mörderische und blutdurstige Hunde und öffentliche Feinde Gottes und seiner Diener eure Prediger, die Gottes Wort treulich gelehrt, mit

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tyrannischer Gewalt unverhörter Sachen und unerkannter Rechten verjagt und vertrieben, wie oben angezeigt und ihr selbst im jüngsten Gerichte müsset bekennen."

Er wendet sich dann zu der ersten Beschuldigung in dem Mandat. "Zum ersten "spiet" (speiet) und lästert der Teufel durch seine Bürgermeister in seinem höllischen satanischen Mandat wir Prediger haben die Bürger zu Rostock aus christlicher evangelischer Freiheit gebracht und sie in tyrannischen Bedruck gesetzt. Denn wir hätten sie gebannet, verdammet und mit der "villekule" (Schindanger) bedräuet." Indem er dann näher auf diesen Vorwurf eingeht, bestimmt er den Begriff der christlichen Freiheit dahin, daß wir durch den Mittler Jesus Christus von der Tyrannei des Todes und des Teufels, vom Zorn Gottes und ewiger Verdammniß, vom Fluch des Gesetzes und Gewalt der Sünde entfreiet sind, und diese Lehre hätte er und Eggerdes stets gepredigt. Dieser Freiheit aber sei es nicht zuwider, daß sie den unbußfertigen Menschen mit Gottes Gericht gedrohet hätten. Denn wer in seiner Sünde sich verstocke, dürfe sich nicht der christlichen Freiheit rühmen, sondern sei des Teufels und der Hölle Gefangener und des ewigen Todes leibeigener Knecht. Solche Unbußfertige hätten sie nach Laut der meklenburgischen Kirchenordnung und aus Gottes Befehl zum Sacrament des Altars nicht zugelassen und von der Kindertaufe gewiesen und ihnen angezeigt, daß sie des Esels Begräbniß zu gewärtigen hätten. Wer wissentlich einen Unbußfertigen zum Abendmahl gehen lasse, der verachte Leib und Blut Christi und setze sich mit dem Befehl, die Sünden zu lösen und zu binden, in Widerspruch. Die Verreichung des Sacraments an den Unbußfertigen sei eine bewußte Sünde, da man ja wisse, daß ein solcher die Vergebung der Sünde nicht habe, ihm aber vorlüge, daß er sie habe. Anstatt ihm seine Sünde vorzuhalten, bestärke er ihn darin und morde dadurch seine Seele. Ebenso könne Niemand leugnen, daß es Gottes Befehl sei, die Unbußfertigen, welche mit groben äußerlichen Lastern, als Mord, Ehebruch, Diebstahl, Hurerei, öffentlicher Feindschaft, Wucher, Irrthum, Gotteslästerung, Zauberei, besudelt, davon nicht ablassen wollen, nicht lasse Gevatter stehen. Denn man solle nicht mit den Ungläubigen an einem Joch ziehen und keinerlei Gemeinschaft mit den Gottlosen haben. Dies wird durch viele Sprüche und Beispiele der Schrift belegt. Ebenso müsse der Christ von dem Unbußfertigen auch bei dessen Begräbniß sich absondern. Es sei ein Mißbrauch des göttlichen Worts, wenn man die, welche dieses Wort bis in den Tod verachtet haben, mit christlichen Gesängen und Ceremonien ehre. Dadurch mache man Gottes Wort dem Gottlosen

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zum Schanddeckel, gleich als sei der Feind Gottes christlich gestorben und habe auch Hoffnung der fröhlichen und seligen Auferstehung. Zudem sei das christliche Begräbniß ein öffentliches Zeugniß der Gemeine, daß der Verstorbene in Gottes Erkenntniß und Anrufung verschieden sei und die Gemeine gebe daher durch christliche Beerdigung einem Gottlosen ein falsches Zeugniß, als habe er Hoffnung des ewigen Lebens, während er doch zum ewigen, höllischen Feuer von Gott verurtheilt und verdammt sei. Gott drohe auch selbst mit des Esels Begräbniß und "ville kulen", Jerem. 22: "Er soll wie ein Esel begraben werden". Als Zeugnisse in diesem Sinne werden auch angeführt 2. Chron. 22, Luc. 9 u. s. w.

So hätten sie gelehrt, dem Worte Gottes gemäß, aber diesen ihren treuen Dienst verkehrten "die verfluchten Bürgermeister" also, daß sie sie beschuldigten, die Gemeine aus christlicher Freiheit gebracht zu haben. Er wendet sich hierauf zu dem Begriffe, welchen die Gegner mit dem Worte "christliche Freiheit" verbinden:

"Wolan, ihr verdammten Eselsköpfe und höllischen Feinde der Wahrheit, sagt an, was christliche, evangelische Freiheit sei. Ihr denket vielleicht, die christliche Freiheit sei, daß ihr nach eurem frechen Willen möget glauben und leben, alle Sünde ungewehret und ungestrafet thun, daß ihr Gott und sein Wort trotzlich möget verachten, die Lehre des Evangeliums schändlich schmähen und lästern, den Predigern des göttlichen Worts allen Schmach und Hohn anthun, auf den heiligen Feiertag keine Predigt hören, sondern Wirthschaft anrichten, fressen und saufen, den Vogel schießen, in den Schüttingen zechen und den Predigtstuhl reformiren, dazu alle Werke des Fleisches thun, die Kirchengüter an sich bringen und dem Armen in Hospitalen das Brot aus dem Munde nehmen, schändlichen Wucher treiben, Hurenhäuser nicht allein stiften und schützen, sondern auch selbst Hurerei, Ehebruch und allerlei Schande allda treiben und was der Werke mehr sind. Solches thun mögen und dennoch wollen ungestraft sein Von Gottes Wort, ja auch den Himmel und das ewige Leben wollen unversagt haben, soll eine evangelische Freiheit sein".

"Wie dünket dich, lieber Christ, um solche freie Gesellen, meinst du nicht, die von Rostock haben das Evangelium recht studirt in den dreißig Jahren? Aber ihr verdammten Lästerer und Verfolger des heiligen Evangelii, wollet ihr euren verdammten Muthwillen nun christliche Freiheit heißen? Meinet ihr Bösewichter, daß der eingeborene Sohn Gottes darum sei Mensch geworden und habe im Garten Blut geschwitzt, den Zorn Gottes getragen und am Kreuze sich tödten und verfluchen lassen, auf

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daß ihr desto mehr Freiheit hättet, zu sündigen und mit eurem gottlosen Leben den allmächtigen Gott zu zürnen und wider sein Wort zu leben? Nein, nicht also, es ist andere Ursache, darum der Sohn Gottes Blut hat vergossen, und eine andre Freiheit ist uns durch Christus erworben, die euch gottlosen Buben zu Rostock unbekannt ist, und ihr die nicht achtet, die Gemeine Gottes aber kennet und liebet sie als ihren höchsten Schatz." - -

"So auch Christus mit seinem Blut vom Zorn Gottes erlöst und aus der Gewalt des Teufels errettet, so habt ihr nicht eine wolfische, satanische, höllische und rostocker Freiheit zu sündigen, sondern eine rechte christliche evangelische Freiheit." - "Hörst du toller und unsinniger Geist von Rostock, was dir Paulus sagt? Aber du fragest viel nach Paulo. Die christliche Posaune schreiet und schallet dir viel zu hart in die Ohren durchs Predigamt, darum erdenkst du Tücke und Ränke, daß du das Predigamt mit Füßen tretest und suchest sittige, manierliche (wie du redest und geiferst) und sein stille Prediger, die dir nicht so hart posaunen, daß du möchtest von deinen Sünden aufwachen, sondern pfeifen dir sein leise und sanft, daß du ja in deiner evangelischen, ja teuflischen Freiheit sollte ich sagen, nicht gestöret wirst. Aber das sollt ihr wissen, beide Pfeifer und Ehrenspötter, es wird Gott einmal vom Himmel posaunen,

"Des sind wir aber wohl bekannt, daß wir die wolfische, teuflische und höllische vermeinte Freiheit der Teufelsknechte von Rostock nicht billigen noch loben. Sind doch die Heiden viel redlicher und vernünftiger gewesen, denn der unsinnige und besessene Rath von Rostock ist. Cicero lobt den Spruch Crassi: legum servi sumus, ut liberi esse possimus. Denn das ist eine rechte Freiheit, ehrlich, redlich, göttlich nach dem Gesetze leben; so viel Sinn und Vernunft haben die Lasterknechte und Schanddiener von Rostock nicht, denn sie meinen, das sei Freiheit, wenn sie Fleisch fressen, saufen und schlemmen mögen, in keine Predigt gehen, kein Sacrament begehren, alle Schande und allen Muthwillen treiben und gleichwohl von keinem Prediger wollen gestraft sein, ja die Prediger ihres Gefallens höhnen, vertreiben und verfolgen." -

"Also siehst du, wie der Teufel nicht allein die Wahrheit spottet und Gott im Himmel lästert, sondern sich selbst zum Gott setzet mit seinem Gaukelmandat. Aber es plaudere und plärre der Teufel sammt seinen besessenen und gefangenen Bürgermeistern, Hunden und Drachen, was er will, so wissen wir doch, daß er ein Lügenmaul ist." - "Dieweil die

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Bürgermeister zu Rostock Gott lästern, das Predigamt hassen und die Diener Christi verfolgen und vertreiben, so sind sie nicht freie Christen, sondern des Teufels und des Todes gefangene verstrickte Knechte und unter die Sünde verkauft, also daß sie der Teufel treibt und führt, wie etwa ein Jäger eine Koppel Hunde führt oder ein Schweinhirt die Säue forttreibt, wie wir auch täglich erfahren, daß sie der Teufel aus einer Sünde in die andere treibt und von Tag zu Tag mehr rasend und toll macht, bis er sie endlich in die ewige Verdammniß stürzt." -

Heshusius wendet sich in seiner Vertheidigungsschrift dann zu dem zweiten in dem Mandat erhobenen Vorwurf:

"Zum Andern beschuldigen uns die Bürgermeister der Stadt Rostock, daß wir ihnen in ihr politisch Regiment haben gegriffen und gelehret, der Ehestand sei Sünde und gottlos Ding, um des jüdischen pharisäischen Sabbatbs willen. Hie soll sich Niemand wundern, ob er gleich das Widerspiel weiß und versteht, daß die Rostocker grobe unverschämte ertichtete Lügen vorgeben. Denn wir haben droben gehört, daß der Rath von Rostock die wolfische Freiheit hat unverschämt zu lügen, zu fluchen, zu huren, zu morden, zu lästern und allerlei Werke des Teufels zu thun". -

"Was wir vom heiligen und seligen Ehestand gelehrt, weiß die Gemeine Gottes binnen Rostock, welche meine Predigt haben gehört, und das kann uns unser Gewissen Zeugniß geben trotz dem Teufel in der Hölle und allen gotteslästerischen Bürgermeistern der Stadt Rostock, daß wir den Ehestand mit allen Kräften haben geehret und gerühmet, und weiß mich auch zu erinnern, daß etliche Rathmänner dazumal in meiner Predigt gewesen, als ich die Lehre vom Ehestande habe gehandelt und den Rath seines Amts erinnert, daß sie die Hurenhäuser, so binnen der Stadt Rostock sind, abschaffen und die unzüchtigen Personen verweisen sollten. Denn eine Obrigkeit wäre nicht dazu berufen, daß sie sollten Hurenvögte sein, wie sie in vielen Städten sind, sondern Götter nennet sie die Schrift, daß sie an Gottes Statt Zucht und Ehrbarkeit sollen erhalten." -

"Ihr wisset, daß viel irriger Sachen in allen Gemeinen vorfallen und sind bei euch zu Rostock viel betrübte Ehesachen, in welchen die Leute oft Hülfe und Rath begehren. Hie hindert Niemand mehr den Ehestand denn der gottlose Rath, welcher nicht will, daß man ein Consistorium und geistlich Gericht zu Rostock anrichte, wie sie denn dawider auf allen Landtagen protestiren."

"Zudem seid ihr auch durch viele fromme Prediger vermahnet, daß ihr die unzüchtigen Häuser sollt abschaffen. Aber

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dem Ehestand seid ihr also Feind, daß, wo kein Hurhaus wäre binnen Rostock, ihr würdet erstes Tages eines bauen lassen."

Aber so sehr gerade im Gegensatz zum Rath sie den Ehestand als einen von Gott gestifteten ehrten, so müßten sie doch darauf bestehen, daß die Hochzeit nicht auf einen Feiertag angesetzt werde. Denn Gott gebiete: du sollst den Feiertag heiligen. "Auf diesem Grund und Felsen stehet unsere Sache und bieten Trotz den besessenen Bürgermeistern, Doctor Cynicus und Doctor Drach und Otterngezüchte und allen Feinden des Sabbaths, auch dem Satanas in der Hölle. Laß sehen, ob sie diesen Grund werden umstoßen; denn du Gotteslästerer weißt sehr wohl, auch deine Doctores Drachen und Hunde wissens auch, daß solch Gebot nicht von Menschen ertichtet noch von Engeln erfunden sei, sondern die ewige göttliche Majestät, Gott der Vater, Sohn und heiliger Geist haben diesen Befehl auf dem Berg Sinai dem ganzen menschlichen Geschlecht gegeben und verkündiget." -

"Es wissen aber alle gläubige verständige Christen, daß in diesem dritten Gebot "heiligen" heißt: die Zeit mit Gottes Wort zubringen, sich aller äußerlichen Werke, die das Predigamt und Betrachtung göttlichen Worts verhindern, als pflügen, säen, ernten, bauen, Holz hauen, Wirtschaft machen, Vogel schießen, backen, brauen, Kaufhandel treiben, schmieden, Kleider machen und dergleichen, enthalten und dagegen die Zeit über Gottes Wort fleißig hören, lesen, betrachten, lernen, fleißig beten, Gott für seine Wohltaten danken, das Predigamt befördern, die Sacramente gebrauchen, dem Gesinde die Lehre des Katechismus vorhalten und was der Werke mehr sind, damit nicht dem Bauch, sondern der Seele wird gedient." - -

"Solches Gebot haben wir nun Gott zu Ehren und der Gemeine zu ewigem Heil und Seligkeit getrieben und gelehret, daß man die Wirthschaften auf den Feiertag nicht soll halten, weil das Amt des Evangelii wird dadurch verhindert. Das ist nun die große Sünde, darum wir von dem gottlosen Rath zu Rostock sind vertrieben."

"Wer ist denn nun so kühn, daß er thäte sagen, daß die Wirthschaften das Predigamt nicht verhindern?"

"Der Lügenrath von Rostock durch seinen Lästergeist und nach seiner Freiheit that es wohl sagen, aber beweisen kann ers nicht. Denn das müssen alle vernünftige und wahrhaftige Menschen bekennen, daß wenn die Wirthschaften auf den Sonntag gehalten werden, alsdann viele hundert Menschen verhindert werden, daß sie die Predigt nicht können hören. Die Braut und Bräutigam, beiderseits nächste Freunde, die Diener, so Speise und alles müssen zurichten, haben so viel zu schaffen, daß

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sie nicht einmal auf die Predigt gedenken, und wenn man alsbald auf den Nachmittag die Hochzeit anfängt, wie zu Rostock gewöhnlich, da werden die Hochzeitsleute von der Predigt abgehalten. Dies ist ja so klar, daß kein Mensch oder kein Teufel der Hölle, auch der Lügenrath von Rostock nicht, dawider kann reden."

"Solches weiß der gotteslästerliche Teufel wohl. Darum hält er auch so fest darüber, daß die Wirthschaften auf den Sonntag nicht werden abgethan; nicht daß ihm etwas am Ehestand gelegen sei, denn dem ist er Spinnefeind und wollte, daß weder Ehemann noch Ehefrau auf Erden wäre; sondern darum, daß er väterliche Vorsorge trägt, es möchten zu viel Leute zur Predigt gehen und etliche mehr aus seiner Gewalt erlöst und zu Gott bekehret werden. Da hindert er mit allen Kräften, speiet seinen mordlichen Haß wider Gottes Wort in die Bürgermeister, verjaget die treuen Prediger, beschmeißt das Papier mit seinem Lügen= und Lästermandat, schreiet von Freiheit, klaget über Tyrannei, rühmet alte Gewohnheiten und Privilegien, verdammet und ketzert die Prediger als Aufrührer, wüthet und tobt wie ein unsinniger Satanas, daß ihm sein Reich werde genommen." -

"Wenn wir den Teufel und sein Reich so wohl nicht kennten, so würden wir uns verwundern und auch erschrecken, daß ein ganzer Rath einer solchen Stadt sich also auflehnen soll wider das klare und helle Gebot Gottes und so fest halten soll über einer schändlichen, unchristlichen und teuflischen Gewohnheit, dadurch vieler Menschen Seligkeit wird verhindert. Ich rede nicht vom Ehestand, daß du Lügenrath meine Worte nicht verkehrest, sondern von deinem Gebrauch, daß du die Hochzeiten wider das dritte Gebot auf den heiligen Sonntag anrichtest und damit dem Evangelium so großen Schaden thust. Ich habe zu Rostock nur ein Jahr gepredigt und habe dennoch in meiner Pfarre auf einen Sonntag in die sechs oder sieben Paar Eheleute aufkündigen müssen. Wie viele hundert meinst du wohl, daß auf den Sonntag sind verhindert worden, die Predigt zu hören? - -

"Ich bin berichtet, daß sie also von ihrem vermeinten Superintendenten Dr. Drach und von ihrem Cynico Dr. Hundt, Ketzermeister zu Rostock, und anderen Eselsköpfen und Suppenpredigern werden gelehret, das dritte Gebot gehe uns Christen nichts an, wie sie denn in ihrem Mandat des jüdschen Sabbaths der Meinung gedenken, und es sei nicht allein frei zugelassen und willkürlich, auf den Feiertag Hochzeit zu machen, sondern es sei auch ein christliches, herrliches Werk und ein sonderlicher Gottesdienst, und solche ihre Meinung zu bestä=

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tigen, speien und kotzen sie unter die Bürger viel vom Teufel ertichteter Argumente, die Christen wider Gottes Wort irre zu machen." - "Daß der Lügendoctor sein Drachengift ausspeiet und spricht, das dritte Gebot, ja das ganze Gesetz gehe uns nicht an, wie denn der Eselskopf im Consistorio zu den Studenten die Worte hat geredet, thut er wie ein verzweifelter und verdammter Lästermaul und Lügenprediger." - -

"Wie kommt denn der Lügengeist von Rostock dazu, daß er so unverschämt lästert und speiet in seinem Lügenmandat, wir haben den Ehestand ein gottlos Ding geheißen um des jüdschen Sabbaths willen, welches doch beides schändlich erstunken und erlogen ist. Denn wir lehren, daß der Ehestand ein heiliger Stand und Gottes Ordnung ist, wenn gleich die Eheleute auf den Ostertag würden gesegnet. Denn obgleich die Eheleute mit Verachtung des Predigamts sündigen, so bleibt doch der Ehestand von Gott geordnet, heilig und gut, und den jüdischen Sabbath wieder anzurichten, ist uns nicht in den Sinn gekommen, wie das auch alle Bürger binnen Rostock zeugen können, auch die besessenen Bürgermeister selbst, ob sie uns gleich Todfeinde sind, um der Wahrheit willen. Auch wundert mich, wie der Eselskopf Dr. Drach so ein grober "Tulpel" (Tölpel) ist, daß er sagt, das dritte Gebot gehe uns nicht an, so er doch weiß, daß wir nicht vom siebenten Tag, sondern von der Heiligung streiten." - "Zum anderen geben sie vor, unsere Lügenprediger zur Liebfrauen sammt ihrem Doctor Esels, der Ehestand sei ein heiliges Werk; weil denn heilige Werke auf den Sonntag befohlen seien, so ist es recht, Wirthschaft halten." Diese Ansicht wird dann als eine irrige dargethan.

"Darum soll ein jeder fromme Christ sich vor der Verachtung des dritten Gebots hüten. Ists nicht Sünde und Schande, daß wir Christen uns hierin sperren, das uns zu ewigem Heil und Seligkeit verordnet ist. Ich meine, man spüret wohl, wie hoch es die Noth fordere, daß man die Leute reize und führe zum Predigamt. Wie viel sind wohl unter uns Christen, die die christliche Lehre recht gründlich verstehen und rechten Bericht anzeigen können von Artikeln christlichen Glaubens? Woher kommts aber denn, daß man selten zur Predigt gehet und die Feiertage gewöhnlich mit Fressen und Saufen, Spielen, Vogelschießen, Spazieren, Wirthschaft halten, Gastgehen und Banketiren zubringt? Denn der teuflische Wahn ist in vielen Leuten, daß sie denken, wenn sie nur eine Predigt oder das Evangelium gehöret, so sei der Feiertag geheiligt, wenn sie gleich in der Kirche geschlafen oder die Zeit der Predigt mit unnützem Geschwätz zugebracht haben." - "Ein jeder Hausvater ist vor Gott schuldig

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seine Kindlein und Gesinde zu unterrichten im Katechismus; wie viel sind aber der Christen, die das thun? Darum findet man auch so großen Jammer bei dem Gesinde, daß es nicht genugsam zu beweinen ist. Denn da sind wenig Knechte und Mägde, die ihren christlichen Glauben recht wissen. Fragt man sie, wie man Gott soll anrufen, wie man soll selig werden, da sind sie stummer denn kein Fisch. Woher kommt denn dieser Jammer, denn daß man den Feiertag nicht heiliget, das Predigamt nicht liebet. Darum ach und wehe immer und ewiglich über den Lügenrath und Feind des Predigamts, die mit Wirthschaften und anderem Thun der Leute Seligkeit verhindern, dafür sie im höllischen Feuer brennen werden."

"Zudem fluchet und lästert der Lügenrath in seinem satanischen Mandat, man sei der Obrigkeit ungehorsam gewesen, und will hie mit Verlaub ein Theologus sein, führet die Sprache Pauli Röm. 13, dräuet auch mit Leibesstrafe, gibt uns Schuld, wir haben nach Aufruhr gestanden und lästert wie ein unsinniger Teufel aus der Hölle. Es ist aber dem Lügenrath bald zu antworten. Denn so viel unsere Person anlanget, haben wir mit Gottes Hülfe die Obrigkeit geliebet und geehret. So viel aber unser Amt anbetrifft, haben wir nicht allein Bauern und Bürger, sondern auch Bürgermeister und Rathmannen, einen jeden unangesehen, welchen Stand er geführet, gestrafet, da er wider Gott und sein Wort gehandelt. - Daß die Gottlosen aus dem heiligen Geist, der im Predigamt redet, einen Aufrührer machen, ist nicht neu, sondern der Welt alte Gewohnheit und Gebrauch. Christus muß auch ein Aufrührer sein, item Paulus, Jeremias, Athanasius und in summa alle treuen Prediger müssen den Namen führen. Daß aber der Lügenrath meldet, die Prediger haben in einer freien Stadt Conjuration, Conspiration, argwonige Conventicula gehabt, hält sich also, daß wir Prediger zu Rostock alle Wochen auf den Mittwoch zuhauf kommen und uns von der Lehre und danach von den Gebräuchen, so in unserer Gemeine wären, unterreden, wie das nicht allein in allen christlichen Städten gebräuchlich ist, sondern auch mit dem Exempel der Apostel (Act. 15) zu bezeugen und zu bewähren."

"Weil aber der verfluchte und Lügenrath der Stadt Rostock die christlichen Colloquia, d. i. Unterredungen der Prediger, nennt argwonische Conventicula, Conjuration, Conspiration und dazu öffentlich dräuet den Predigern, so sieht ein jeder vor Augen, daß der Lügenrath zu Rostock mit vielen Teufeln muß besessen sein. - Gott, der ein Richter ist des Predigamts, wolle durch seinen lieben Sohn Jesum Christum den verdammten Buben steuern

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und seine betrübte Gemeine ohne Trost seines Wortes nicht lassen."

"Zum letzten beeidigen und gebieten sie auch ihre Bürger, daß sie der Sachen d. i. des dritten Gebots nicht sollen gedenken. Solche teuflische und tyrannische Tücke, damit die Christen zu drücken, wird der Ketzermeister Dr. Hund erdacht haben und ist fürwahr ein schrecklicher, grausamer, teuflischer Griff, darin der Feind Gottes nicht allein die Gewalt der Obrigkeit, sondern auch Gottes heiligen Namen mißbrauchen will zur Vertilgung göttlichen Namens und der Christen Bekenntniß, wie seine Gewohnheit". -

"Bisher haben wir mit Gottes Hülfe auf das verfluchte, satanische und höllische Lästermandat der besessenen Bürgermeister und Lügenraths der Stadt Rostock, so viel wir nöthig achten, geantwortet. Denn daß man ihnen auf ein jedes Schmähwort, das sie aus Eingebung des Teufels und nach ihrem satanischen Haß wider Gott viel ausspeien, sollte antworten, ist von unnöthen. - Wir müssen auch noch etwas antworten Meister Kluglein und seinen Verwandten. Denn es sind etliche des heiligen Geistes Schulmeister, welche die einfältigen Christen mit ihrem Heucheln und unzeitiger, ja teuflischer Klugheit auch irre machen und sich vernehmen lassen, ob sie gleich bekennen, daß die Lästerworte Peter Brümmers grausam sind und zu strafen, dennoch wollten sie gern, daß wir etwas gelinder mit der Sache wären umgegangen und nicht allein auf Gottes Wort gesehen, sondern auch der alten Erzhure Sophiae zum Theil gefolget, welche die Prediger bei Haus und Hof pflege zu erhalten. Auch klagen die verdammten Bürgermeister, man habe ihnen in ihren Glimpf und Ehre gegriffen. - Zum ersten tadeln in unserer Predigt des heil. Geistes Zuchtmeister, die dem heiligen Geist vorbuchstabiren, wie er im Predigamt reden soll, daß wir viele zu harte und ungewöhnliche Worte gebraucht, und sonderlich ficht sie das an, daß ich Tilemannus habe gesagt, Peter Brümmer habe als ein ehrloser Mann die Lästerworte geredet. Denn daraus will folgen, so er ehrlos sein solle, so muß er den Rathsstuhl nicht besitzen. Hie nimmt mich groß Wunder, wie Meister Kluglein sammt seiner Angsthure Sophia so vergessen, ja so blind und verstarret ist, daß er das Wort ehrlos ansieht und das Wort gottlos, welches zehnmal mehr ist, fahren läßt. Da mag ja Jedermann greiflich spüren und merken, wie die verdammte Welt sammt ihrem Hurenkind Tochter Sophia so hoffährtig und trotzig den lebendigen und heiligen Gott im Himmel verachtet, sintemal sie frei bekennt, sie könne und wolle Gottes wohl entbehren. Aber Ehre wollen sie haben, auch unangesehen, daß sie Gott und sein Wort hassen und lästern." - -

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"So ein Dieb und Mörder darum, daß sie ohne Gerechtigkeit, ehrlos sind, viel mehr muß ein Gotteslästerer ein ehrloser Schelm sein, dieweil er nicht allein ohne Gerechtigkeit ist, sondern auch dem Brunnen aller Gerechtigkeit Feind ist. Auch ist kein Diebstahl, kein Mord und Unzucht so groß und greulich, wenn auch gleich ein Sohn den Vater erwürget oder ein Vater seine Tochter beschliefe, denn da ist die Gotteslästerung. Wie ist denn möglich, daß solcher bei Ehren bleibet? Siehe zu, was Moses für ein Urtheil über solche Gotteslästerer fället, der macht ihn nicht allein zum Schelm, sondern er führet ihn zum Rabenstein und ville kule und spricht, Gott habe befohlen, man soll ihn steinigen. Nach welchem Urtheil auch der Aegyptische Mann, der den Namen Gottes hatte gelästert (wie jetzt Peter Brümmer gethan), aus dem Lager geführet ist und von den Kindern Israel gesteiniget".

In seinem Verhalten gegen die Prediger habe Brümmer Gott selbst gelästert, dessen Wort sie verkündigten. "Also siehst du, frommer Christ, wie eine verfluchte, ehrlose und verdammte Sünde Peter Brümmer mit seiner Gotteslästerung beging. Darum ich auch bekenne, daß ich viel zu wenig geredet habe und sollte billig viel mehr und härtere Worte gebraucht haben, damit die grausame Gotteslästerung desto klarer angezeigt würde. Denn welche Sünde das sei, Gottes Namen und heiliges Wort lästern, kann kein Mensch ausreden. Darum wisse Peter Brümmer, daß er nicht allein ein ehrlos Mann sei, so lange er in der Sünde beharret, sondern auch, das mehr ist, ein gottloser, christloser, geistloser, kirchloser, liebloser, friedloser, glaubloser, leibloser, freundloser, zuchtloser, heilloser, treuloser, eidloser, gnadhülf= und trostloser und von Gott verstoßener Mann sei und soll mit Wahrheit ein loser Mann heißen. Denn er von aller Gottseligkeit und Heil los und abgeschnitten ist. Dagegen soll sein Titel sein, daß er voller Sünde und Ungerechtigkeit sei, voller Feindschaft wider Gott und Gotteslästerung, und voller Teufel und höllischen Feuers, und wenn ich noch hundertmal mehr sagen könnte, würde ich dennoch viel zu wenig von diesem Gotteslästerer und Feinde der Wahrheit sagen. Das sei vom ehrlosen Brümmer geredet, darauf auch jeder Christ verstehen kann, daß mein Bruder Er Peter Eggerdes recht geredet hat, daß er ihn einen Meineidigen genömet hat. Denn Peter Brümmer hat in der Taufe einen Eid gethan, bei Gott und seinem Wort zu bleiben. Nun ist er aber von Gott abtrünnig geworden und hat sich als ein Feind, Gotteslästerer, gott= und ehrloser Schelm mit dem Teufel verbunden, die Wahrheit und sonderlich das dritte Gebot Gottes und das Predigamt

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zu verfolgen und zu vertilgen. Zum andern mißfällt den Sanftpredigern, die also Gottes Wort führen, daß die großen Hänse nicht erbittert werden und sie ihre feisten Präbenden behalten, daß wir den Peter Brümmer von der Kanzel mit Namen genömet haben, und meinen, man sollte ihn erst heimlich zur Buße ermahnt haben." Aber es sei ein großer Unterschied zwischen öffentlichen bekannten halsstarrigen und freventlichen Feinden der Wahrheit und schwachen Christen, die aus menschlicher Schwachheit und vom Teufel übereilt sündigen. "Daß Peter Brümmer nicht ein Bruder, sondern ein Feind Christi sei, hat er genugsam bewiesen. Denn dies ist nicht das erste Mal, daß er sich wider das Predigamt hat aufgelehnt. Vor anderthalb Jahren, da Er Peter diejenigen auch strafte, die dem Feind des Evangelii Detlevius nachfolgten im Begräbniß, ist Peter Brümmer ein Ursacher und Anhänger gewesen, daß Er Peter Eggerdes unverhörter Sache und unerkannten Rechts vom Amt entsetzt ward. Solcher Mutwille wider Gottes Diener ist ihm nie leid geworden, ja vielmehr darin fortgefahren und andere darin gestärket. Auch habe ichs das Jahr wohl erfahren, welches Herz er zum Predigamt trägt. Denn er hat sich sammt anderen Rathmannen stets mit allen Kräften dawider gelegt, beide auf Landtagen und auch sonst, daß die christliche Visitation, so die Fürsten vorgenommen, nicht möchte fortgehen, auch daß die hohe Schule von den Fürsten nicht würde bestellet und confirmiret. Item den Dr. Venetum hat er sammt anderen Rathmannen vorhindert, daß er in seinem ordentlichen Beruf nicht möge dienen, und wie er sammt dem ganzen Rath die frommen Diener des Worts binnen Rostock stets habe verunglimpft und geschändet, das weiß ein jeder fromme Christ binnen Rostock. Was soll man nun diesen noch brüderlich vermahnen? Ja, wenn einer donnern könnte im Predigen, wie die Propheten gethan, das wäre bei diesem elenden Menschen wohl nöthig, daß er zurückdächte und Gottes Zorn lernte fürchten." -

"Wenn das Laster offenbar und Jedermann bekannt und stadtrüchtig ist, was will man denn verhalten? Diese Gotteslästerung Peter Brümmers ist nicht heimlich geschehen, sondern vor der ganzen Bürgerschaft, in die 600 oder 700 Bürger haben sie angehört." Daß der Name öffentlich genannt sei auf der Kanzel, dafür werden dann verschiedene Schriftstellen als Rechtfertigung aufgeführt z. B. 1. Tim. 5: Die da sündigen, strafe vor allen, auf daß andere sich fürchten. Dann schließt Heshusius seine Schrift mit folgenden Worten: "Darum sollen die Christen wissen, daß wir Recht daran gethan haben, daß wir den Gotteslästerer Peter Brümmer mit Namen genannt haben

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und noch nennen, auf daß er wisse, die Strafpredigt gilt ihm, und er sich vor Gottes Gericht fürchte und Buße thue; wo er aber verharren will in der Sünde, daß die ganze Gemeine wisse, Gott werde diesem seinen Feind mit dem höllischen Feuer bezahlen. Dies wollen wir dem Lügenrath auf seine Lästerschrift haben geantwortet und bitten Gott, er wolle seine betrübte Gemeine trösten und den blutdürstigen Tyrannen steuern durch Christus, wie er wohl thun kann. Amen."

IV.

Unter dem Einflusse dieser Schrift, so wie der Bestrebungen des Pastor Georg Reiche verstärkte sich die Partei der vertriebenen Geistlichen im Anfange des J. 1558 auch innerhalb der Bürgerschaft sehr ansehnlich und die Erbitterung gegen den Rath und insbesondere gegen den Bürgermeister Brümmer griff immer weiter um sich. Klagend und murrend gedachten die Bürger der Vertreibung der Prediger, und da Brümmer überdies durch seine Theilnahme an der Bewilligung der Landescontribution das Mißfallen derselben erregt hatte, so wußten sie in einer wegen dieser letzteren Sache berufenen Versammlung am 16. April 1558 die Entfernung Brümmers aus dem Rathe durchzusetzen.

Ebenso unbeliebt wie Brümmer bei der Bürgerschaft war, ebenso wenig vermochte Draconites sich bei der Geistlichkeit Eingang und Ansehen zu verschaffen. Die letztere vereinigte sich mit ganz geringen Ausnahmen dahin, nicht ferner sich an Sonntagshochzeiten zu betheiligen. Am 24. April 1558 trat Matthäus Flege (Musca), Prediger an St. Marien, öffentlich mit einer solchen Erklärung auf. Als ihn hierauf der Rath ernstlich und wiederholt aufforderte, von diesem Vorsatz abzustehen, beharrte er trotzdem standhaft bei seiner Meinung und bat, daß man ihn nicht zwingen möchte, etwas gegen das Gewissen zu thun. Nach und nach schlossen sich die meisten übrigen Prediger an, so daß bald nachher die Sitte der Sonntagshochzeiten, durch deren Bekämpfung die beiden Prediger an St. Jacobi ihres Amtes verlustig gegangen waren, gänzlich verschwand. Die letzten beiden Sonntagstrauungen wurden die eine von Draconites am 26. Jun., auf Befehl des Raths, die andere von dem Prediger M. Author Lindemann, Prediger an St. Jacobi, am 3. Jul. 1558 vollzogen. Erzürnt über diesen Widerstand der Geistlichkeit strafte der Rath den Matthäus Flege dadurch, daß er ihn seines Amts entsetzte und dasselbe dem M. Lucas Randow, Prediger am Heil. Geist, verlieh.

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Um diese Zeit, am 11. August 1558, ereignete sich zwischen Matth. Flege (Musca) und Draconites im Hause des M. Strevius, Predigers an St. Jacobi, der beide zur Kindtaufe geladen hatte, in Gegenwart des Dr. Joh. Tunnichäus (Tönnchen), des M. Strevius und des Hrn. Vitus (Veit Berg), Sacrist (Diakonus) zu St. Jacobi, am Ende der Mahlzeit, Nachmittags 2 Uhr, eine heftige Scene, welche für Draconites im höchsten Grade charakteristisch ist und uns in ihm einen Eiferer zeigt, der an Derbheit des Ausdrucks dem Heshusius nichts nachgibt, die hier aber um so gehässiger auftritt, als sie nicht von einem heiligen Eifer um die Ehre des Amts getragen wird, sondern nur aus persönlicher Gereiztheit hervorgeht. Der Verlauf dieser Scene ist von Musca selbst aufgezeichnet und die Treue dieses Berichtes wird von Strevius mit der Bemerkung bezeugt, daß von Draconites noch viel stärkere Worte als die hier niedergeschriebenen gebraucht seien. Der Bericht beginnt:

"Da die anwesenden tugendhaften Frauen sich entfernt hatten, fing Draconites an zu Strevius zu reden: David habe im 18. Psalm einen herrlichen Ausspruch gethan: "cum bonis bonus eris, cum perversis perverteris." Sic etiam tibi accidit, d. Streui, tu etiam cum perversts et inobedientibus conversaris, quare etiam es perversus et inobediens et sophista es. Darauf antwortete M. Henr. Strevius und sprach: Herr Doctor Gevatter, das bin ich nicht, ich bin kein Sophist, ich bin kein homo perversus. Da sprach der Dr. Draconites: Ja, lieber Streui, ich mein euch auch nicht. Darauf antwortete ich (Matth. Musca) (hätt' lieber geschwiegen und weggegangen, wenn ich gewußt, daß solch ein Sturm vorhanden gewesen wäre): Herr Doctor, ihr werdet mich vielleicht meinen, dieweil ihr Streuium und den Herrn Dr. Johannem nicht meinet. Da sprach Draconites: Ja, dich meine ich, du Bube und grober Esel. Darauf antwortete ich: Herr Doctor, das bin ich nicht. Ich muß die Worte nur leiden. Aber was habe ich gethan, daß ihr mich also scheltet? Sprach er: Du hältst mich für einen Antinomum und hast mich dafür gescholten und leugst es mich über, wie ein Bube und Schalk und ein Nebulo. Ein grober Esel, der du bist, der nicht weiß, was Gesetz, was Evangelium ist". Nachdem Musca geantwortet, spricht Draconites weiter: "Was solltest du grober Esel thun, du weißt nichts mehr, et nihil docere potes, nisi quod alii miseri aselli tibi praescribunt. Es ist man Betelwerk mit dir". Musca: damit beleidige er seine Lehrer, Luther, Brenz und Melanchthon. Warum er ihn denn als Superintendent nicht abgesetzt hätte. Später äußerte Draconites noch: "Ja, ja, man weiß

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wohl, was du für ein Bube bist, ich will dich für einen Buben halten, so lange du lebst". Musca habe im Heiligen Kreuz gesagt: Bittet Gott, daß wir ja die zehn Gebote behalten. Musca: für einen Antinomum habe er ihn nicht gescholten; ob er ihn dafür halte, das könne Draconites nicht wissen. Die Worte "Trolle dich, Moses, trolle dich" aber habe er aus Draconites eigenem Munde in der Johanniskirche gehört. Da sprach Draconites: "Das sollst du lügen wie ein ehrloser Schalk und Bösewicht, du grober Esel". M. Strevius bezeugte nun, daß er auch jene Worte gehört hätte. Dr. Tunnichäus ermahnte zum Stillschweigen, da schon ein Zeuge dadurch angelockt sei und noch mehrere kommen würden. Dennoch setzte sich das Gespräch zwischen Draconites und Strevius mit größter Heftigkeit fort. "Da sprach ich (Musca): Seht, Herr Doctor, solch ein lubricus homo seid ihr, der vor der Gemeinde etwas reden darf und wills nicht geständig sein. - Da sprach er: Was sagst du, loser Bube? -- - Was bist du denn? Nur ein Sacrist zu Unserer Lieben Frauen. Ich bin da ein Herr. Man kann dich absetzen, wenn man will, das weiß ich wohl." Musca erklärte, nicht wieder schelten zu wollen, wozu auch Tunnichäus ihn ermahnte. Draconites aber fuhr fort zu schelten. Strevius bemerkte: "Wenn ihrs mir thätet, ich wollte euch mit der Kannen auf den Kopf schlagen". Später wird noch die Aeußerung des Draconites gegen Musca erwähnt: "Du kannst wohl schreien, quando debes concitare plebem adversus magistratum."

Während in Rostock die beiden Parteien sich immer mehr gegen einander erhitzten, verloren die Herzoge den Gedanken an die Wiedereinsetzung der beiden vertriebenen Prediger nicht aus dem Sinne. Als gegen Ende Novembers die Gesandten der benachbarten Städte zu Güstrow über die Beilegung der Streitigkeiten zwischen den meklenburgischen Fürsten und der Stadt Rostock unterhandelten, wurden diese Streitigkeiten in zwölf Punkten zusammengefaßt, von welchen der letzte die Vertreibung der Prediger aus der fürstlichen Kirche und Pfarre betraf, wofür die Herzoge eine Geldbuße von 60,000 Goldgulden forderten. Als diese Sache im December 1558 vor die rostocker Bürgerschaft kam, erklärten die Bürger in Ansehung der vertriebenen Prediger: sie seien ohne ihren Rath und Wissen aus der Stadt vertrieben, und sie würden, wenn deswegen den Fürsten etwas zu zahlen sei, dazu keinen Pfennig beitragen. Sie verbanden mit dieser Erklärung das Verlangen, daß der Rath den Matthäus Musca, welcher schon Unterhandlungen wegen Uebernahme eines Pfarramts in Lübeck angeknüpft hatte, in sein Amt wieder einsetze und den M. Lucas Randow an das Hospital zum Heiligen

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Geist zurück versetze. Auch stellten sie an den Rath das Begehren, daß er den Johann Crispinus (Kruse), einen durch Frömmigkeit, Gelehrsamkeit und Beredtsamkeit ausgezeichneten Mann, als Prediger anstelle. Dieser war im Jahr vorher aus Dorpat in Liefland von den Russen vertrieben und am 22. Sept. 1558 nach Rostock gekommen, um hier an der Universität an dem Umgang mit Gelehrten seinen Geist zu erfrischen, bis es ihm gelänge, ein neues Amt zu erlangen. Der Rath ging in alle diese Forderungen der Bürgerschaft ein, obgleich dadurch die Partei seiner Gegner sich verstärkte. Denn auch Crispinus, welcher am 18. Decbr. 1558 seine Antrittspredigt in St. Marien hielt und hier jeden Mittwoch die Lehre von der Buße erläuterte, erwies sich bald als einen der hervorragendsten Gegner des Draconites und des Raths.

Als Draconites am Tage Epiphanias (heil. Dreikönigstage) 1559 wiederum in St. Johannis eine Predigt voll heftiger Angriffe gegen die rostocker Geistlichkeit gehalten hatte, fand sich dadurch Crispinus bewogen, des Draconites Lehre öffentlich von der Kanzel als eine Irrlehre zu bezeichnen. Draconites hatte u. a. gesagt: "Der Rostocker Brief und Siegel zeugen, daß ich ein berufener Superintendent bin Unserer Frauen Kirche", und hinzugefügt: Superintendent heiße ein Prediger, der ob dem gewissen Wort hält und mächtig ist, nicht allein zu ermahnen durch solche Lehre, sondern auch die Widersacher zu strafen. Darum begehre er, daß ihm die Rostocker gestatten, in der Kirche zu antworten, wo seine Lehre gelästert sei. Seine Worte: "Troll dich, Moses, aus meinem Herzen in Noth und Tod und komm du, Christus, herein", seien aus dem Zusammenhange zu erklären. Man müsse die Leute nicht überpoltern. Statt seine Predigt richtig auszulegen, komme man wie Straßenräuber, um ihn zu Schanden zu machen in seiner Kirche und nehme aus seiner Predigt nur, womit man ihn fange. Namentlich aber hatte er folgende Sätze aufgestellt, deren Echtheit außer verschiedenen rostocker Predigern auch Jacob, Pastor zu Kessin, bezeugte: "Immer zum Teufel mit den Sabbathsknechten, die da lehren: du sollst am Sabbath allein fromm sein und die Woche über eine Bestia", ferner: "wenn dich einer straft und spricht: du bist ein Sünder, so sprich wieder zu ihm: hörst du, Bube, hab' ich in einem gesündigt, so hast du in dreien gesündigt".

Ungefähr um dieselbe Zeit ließ Draconites auch eine lateinische Oration drucken, in welcher er die "Sonntagsköste" zu vertheidigen bemüht war. Er nannte hier die Gegner parricidas und gab ihnen Schuld, daß sie den Namen der löbl. Universität, auch des Ehrbaren Raths zu Rostock, auch seinen eigenen Namen

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unbillig geschmähet und verunsäubert hätten. Er erwähnt auch Leute, welche anonyme Carmina wider ihn angeschlagen hätten. Gegen diese Oration trat bald darauf Joh. Frederus mit folgender Schrift auf: "Bericht Joh. Freders van dem, wat Dr. Joh. Draconites mit groter Unbeschedenheit in einer Lateinischen Oration van den Sonndages Hochtiden geschreuen vnd wo hart he vnschuldige truwe Dener Christi angetastet vnd sonst sick versündiget hefft" Er bewies in dieser Schrift, daß es falsch sei, was Draconites behaupte, es seien, so lange Rostock stehe, daselbst Hochzeiten am Sonntag gehalten. Alte glaubwürdige Leute hätten ihm berichtet, daß dieselben früher am Sonntag Abend, nach Beendigung aller kirchlicher Ceremonien, angegangen seien. Auch sei selbst dies nicht mit Einwilligung der Kirche geschehen, und auch wenn dieselbe eingewilligt hätte, so könne doch ein evangelischer Prediger sich nicht auf die Billigung des Papstthums berufen. Auch habe man solche "Brautlacht" (Hochzeitsgelage) zu Wittenberg, Braunschweig, Hamburg und in anderen vielen Städten, besonders im Oberlande, allenthalben abgeschafft. Freilich habe man nicht allenthalben diese Abschaffung durchsetzen können. Draconites berufe sich auch darauf, daß Dr. Smedenstede (Smedenstädt), den er als severissimum concionatorum bezeichne, nur den Mißbrauch bei den Sonntagshochzeiten, nicht diese selbst verdammt habe. Dies sei schon an sich zweifelhaft, aber solle es einmal auf Gewährschaften ankommen, so könne man sich auf Luther und alle Wittenberger, auch Brentius, Vitus und viele andere treffliche hohe Leute im Oberlande und Sachsen berufen, welche solches gestraft hätten. Aber auch wenn Smedenstede nur den Mißbrauch strafte, hätte er darin mit den Predigern übereingestimmt. Denn das sei der größte Mißbrauch, daß viele Leute von der Predigt abgezogen würden. Luther habe vor 30 Jahren zu Wittenberg solchen Mißbrauch abgeschafft. Bei dem Ansehen, welches Draconites bei dem Rath genösse, würde es ihm möglich gewesen sein, denselben für die Abschaffung der Sonntagshochzeiten zu gewinnen. Dann würden auch die wenigen Prediger, welche ihm noch anhingen, der Meinung der übrigen treuen Prediger beigetreten und alles einig geblieben sein. Daß Hakendal die anderen Sabbatharios genannt, sei nicht mehr nachzuweisen und habe auch nur dann Bedeutung, wenn seine Bezeichnung Seitens des Draconites als fidelissimus ecclesiae Marianae minister eine berechtigte sei. Wenn aber Draconites behaupte, daß die Prediger die Leute aus christlicher Freiheit in jüdische Knechtschaft bringen wollten, so sei dies "eine graue, schentlicke, dicke, fette, swulstige, gasteryge, stinkede, smelike, vnvorschemede Lügen und Lästerung".

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V.

Am 10. März 1559 gingen endlich acht Prediger mit der Erklärung vor den Rath daß sie den Dr. Draconites als Superintendenten nicht anzuerkennen vermöchten und gaben dafür neun verschiedene Gründe an. Da der Rath die Antwort verzögerte, so traten am 21. Jun. 1559 die Prediger im Hause des M. Joh. Schregelius (Schreyl, auch Cantor genannt) zusammen und beschlossen, drei Deputate an den Rath zu senden, wozu "Hr. Joachim (Schröder) tho S. Peter, M. Joh. Schreyl und Hr. Matthäus (Musca)" bestimmt wurden. Unmittelbar darauf ward dieser Beschluß jedoch dahin abgeändert, daß die Gesammtheit vor den Rath gehen sollte, was am 22. Jun. geschah. Hier führte nun M. Georg Reiche das Wort. Er stellte die Anfrage, ob die Prediger auf die Schrift vom 10. März keine Antwort erhalten würden, und wünschte zu wissen, ob nicht schon Draconites sich auf die Schrift erklärt hätte, und ob man diese Erklärung nicht sehen könne, worauf Bürgermeister Gülzow erwiederte: eine Erklärung von Draconites sei noch nicht eingegangen; sobald dieselbe da sei, solle deren Mittheilung erfolgen. Darauf hob M. Georg eine scharfe und harte Vermahnung an, daß sie einmal bedenken möchten, wie nun schier bei drei Jahre lang der Name Gottes gelästert und das heilige Predigamt von ihnen geunehrt sei, da sie sich demselben als Feinde entgegengesetzt und die Prediger verjagt hätten und noch heutiges Tages auf seine Person, wie auf alle treuen hier gegenwärtigen Prediger hart erbittert seien. Sie möchten sich doch endlich einmal erklären, was sie denn an den Predigern auszusetzen hätten und wie sie es hinfort zu halten gedächten, und ihren Zorn gegen das Predigamt fallen lassen. Wo nicht, so werde der Zorn Gottes über sie kommen; denn man wüßte wohl, wie es in anderen Städten und Ländern ergangen wäre. Sie sollten sich mit dem Predigamt versöhnen und dasselbe von dem Drachen befreien ("des Draken quidt maken"). Diese Rede bekräftigte darauf ein jeder Prediger mit einer sonderlichen Vermahnung. Der Rath ließ sie darauf abtreten und sandte dann den Schreiber Radke zu ihnen hinaus, um ihnen anzukündigen, da die Uhr schon elf und die Sache sehr wichtig wäre, so sollten sie später wieder vorbeschieden werden. M. Georg antwortete: das Vorkommen hätte nun schier das ganze Jahr lang gedauert; es müßte nun einmal ein Ende gemacht und sogleich ein bestimmter naher Termin dazu angesetzt werden. Sonst müsse man sich auf andere Weise gegen den Drachen helfen. Nachdem die Prediger inzwischen noch einige Zusammenkünfte gehalten hatten,

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ließ sie am 29. der Rath zum 30. Morgens 8 Uhr auf die Schreiberei citiren. Hier waren Draconites, Dr. Matthäus Röseler, der als Rathssyndicus fungirte, M. Bernhard Mensing, damals Rector der Universität M. David (Chyträus), M. Johann Possel, imgleichen Herr Author (Lindemann) und M. Lucas (Randow), auch etliche Bürger, wie Claus Paselick, Franz Quant, Henning Beselin, Hans Runge, Claus Hamel, Hinrich Brant und Baltzer Gule.

Als die Prediger eintraten, wollten einige von ihnen dem M. Lucas und Herrn Author die Ehre bieten, zwischen ihnen zu sitzen. Da sprach Draconites: "Lasset die accusatores allein sitzen", was denn auch geschah. Darauf kam Joachim Bansow, welcher sich mit den Gegnern zusammensetzen wollte, worauf M. Georg (Reiche) sprach: "Kommt her zu uns accusatores, quia illi sunt disjuncti a nobis et seducti a Dracone", und M. Lucas erwiederte: "Non sumus disjuncti, praedicamus eundem Christum vobiscum licet disjuncti".

Nachdem sie vorgetreten waren, nahm Dr. Röseler das Wort und verlangte, mit Bezug auf die am 22. Jun. gefallenen Aeußerungen, daß vor allen Dingen die Prediger anzeigen sollten: 1) was denn der Rath für schwere Sünde gethan; 2) welche Mitglieder des Raths Gottes Worte nicht gewogen wären; 3) welche Beispiele von Uneinigkeit in anderen Städten die Prediger im Sinne gehabt hätten. Die Prediger aber wollten sich darauf nicht einlassen, daß zuerst die Sache mit dem Rath vorgenommen würde, und verlangten, daß zuerst über die Angelegenheit mit Draconites verhandelt werde. Da man sich hierüber nicht einigen konnte, mußten sie abtreten, und man sandte ihnen noch den M. Mensing, M. David und M. Johann Possel nach, um sie für die andere Ansicht zu gewinnen. Doch ohne Erfolg, da die Prediger erklärten, daß nur dann eine dauerhafte Verfolgung mit dem Rath werde abgeschlossen werden können, wenn zuvor Draconites seine Entlassung als Superintendent erhalten hätte. Auf die weitere Bitte, von dieser Sache auf der Kanzel zu schweigen, versprachen sie nur, es einen oder einige Sonntage so mit anzusehen.

Als die drei Professoren wieder zum Rath hineingegangen waren, kam Draconites mit Herrn Author, die nun ebenfalls hatten abtreten müssen, zu den übrigen Predigern hinein. M. Lucas war inzwischen nach Hause gegangen. Als Draconites eintrat, grüßte er nicht, die Prediger ihn auch nicht. Er setzte sich stumm nieder und sah gar finster ("byster") aus. Da er eine Weile gesessen hatte, hob er an und sprach: Fratres. quem ego vestrum in tota mea vita vel dicto vel facto laesi?"

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In dem weiteren Inhalt seiner Rede machte er den Predigern wegen der gegen ihn gehegten Verachtung Vorwürfe. Während er noch redete, wurden sämmtliche Versammelte durch den Schreiber Mastenkamp wieder vor den Rath gefordert und hier benachrichtigt, daß der Rath einwillige, zuerst die Sache mit Draconites vorzunehmen; doch sei letzt, da es am Mittage Schlag Elf sei, die Zeit abgelaufen. Sie seien daher für jetzt entlassen, würden aber bald wieder vorgefordert werden. Schon wollten sich nun die Prediger entfernen, als Draconites noch eine Rede anhob. Er sei der Sonntagsköste wegen angegriffen erstens in einer Schrift, in welcher er nebst einem Ehrsbaren Rath und anderen geschmähet werde, zweitens in einer vor der ganzen Bürgerschaft verlesenen Schrift, darin er so hart verklagt sei, daß man geschrieen habe, man solle ihn zum Thor hinausjagen, und er in Lebensgefahr gekommen sei, drittens in einer Schrift, welche sein Amt angehe und seine Absetzung verlange, weil er seinem Amt nicht genüge und ein Bacchant sei. Aufgefordert, darauf schriftlich zu antworten, habe er binnen drei Tagen eine Rechtfertigungsschrift bei Rath eingereicht. Er erbiete sich zu einem schweren Eide, daß ihm Unrecht geschehe. Ihm werde auch zugemessen, daß er von dem heiligen Leiden Christi unrecht gepredigt habe. Hier unterbrach ihn M. Georg mit den Worten: "Draco, concludite, denn wir wollen auch reden", und fragte ihn dann auf sein Gewissen, ob er zu dem Mandat geholfen oder darein gewilligt habe. Draco antwortete: "Nein, so ich von dem Mandat gewußt, ehe ichs an der Kirchthüre stehen gesehen, so thue sich die Erde auf und verschlinge mich". Weiter fragte M. Georg den Draconites, ob der Rath recht oder unrecht gethan habe, die Prediger zu verjagen, worauf Draconites erwiederte, daß er darüber nicht Richter sei, und nöthigenfalls es mit einem Eide erhärten könne, nicht davon vorher gewußt zu haben. Da sprach M. Georg: "Herr Dr. Draco, wir glauben euch und euren Eiden nicht, ihr seid zu leichtfertig"; worauf Draconites: "Das bin ich nicht, ihr thut mir Unrecht, ihr haßt mich ohne Ursache. Wer seinen Bruder haßt, ist ein Mörder und wird bösen Lohn empfangen". Hierauf erwiederte M. Georg: "Fiat tibi secundum verbum tuum" und ging mit den Predigern davon. Herr Johann Crispinus aber wendete sich zu Draconites und zu den über die Rede zugekommenen Bürgermeistern und sprach: "Meine Herren, die Rede, die Draco gehalten hat, die muß und soll zu seiner Zeit genugsam beantwortet werden". Da sprach Draco zu ihm: "Wartet, ich will euch noch eine bringen". Herr Johann antwortete: "Ich wills gewärtig sein". Damit gingen alle von der Schreiberei

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Da der Rath zögerte, die Prediger, seiner Zusage gemäß, bald wieder zusammenzuberufen, so sandten diese am 7. Juli drei Deputirte an den Rath: M. Georg Reiche, Herrn Johann Crispinus und M. Henr. Strevius. Jeder von diesen drei hielt eine scharfe Ermahnung an den Rath und führte ihm alle von ihm gegen Gott und das heilige Predigamt begangene Sünde zu Gemüth.

Zum 24. Juli war eine neue Rathssitzung zur Erörterung der Streitigkeit anberaumt, an welcher von der Universität Dr. Kirchhoff, der Rector M. Mensing, M. Conrad Pegel, M. David (Chyträus), M. Johann Possel und außer den oben genannten Bürgern noch Hans Dumradt, Simon Kölpin, Johann Blaffer, Caspar Lyndenberch, Hinrick Nettelbladt, Hans Bolte, Jochim Wulff und Hinrick Hesse Theil nahmen. Mit Draconites erschienen Herr Author (Lindemann) und ein Freund von Draconites, Namens Carolus (Günther), ein Student.

Nachdem Dr. Röseler den Zweck der Zusammenkunft, die Erledigung der Angelegenheit mit Draconites, dargelegt und bemerkt hatte, daß man noch mehr Herren aus der Universität zugezogen habe, um die Sache desto förmlicher zu vertragen, hielt auch Dr. Kirchhoff eine Rede. M. Georg bat um die Erlaubniß, zunächst eine schriftliche Verantwortung auf die Rede des Draconites verlesen zu dürfen, welche Verlesung demnächst durch Matth. Flege geschah. Im Eingange wurden E. E. Rath und die ehrhaften Bürger ersucht, nachdem sie den Draconites mit besonderer Aufmerksamkeit und Freude ihres Gemüthes gehört, nun auch dasselbe Gemüth der Gegenrede nicht zu vertagen. Dann heißt es weiter: Draconites gebe Worte ohne That, was ihm Gott wohl bezahlen werde. Er sei durch Dr. Venetus, Dr. Heshusius, M. Andreas Wesseling, Peter Eggerdes fleißig und freundlich ermahnt, aber ohne Erfolg. Um so weniger hätten sich die Prediger Erfolg versprechen können, da sie in seinem Herzen und Augen rechte Todtenköpfe seien. So habe er sie mehrmals auf der Kanzel genannt. Die drei von Draconites erwähnten Schriften solle derselbe namhaft machen, worauf er dann Bescheid erhalten werde. Meine er mit der ersten Schrift die von Georg Reiche, so sei derselbe gegenwärtig und erbiete sich zur Antwort. Meine er mit der zweiten Schrift die auf dem Rathhause vor den Bürgern verlesene, welche die Sache des Herrn Matth. Flege wider Draconites betreffe, so sei auch dieser hier und erbiete sich zur Antwort. Flege habe die Verlesung vor der Gemeine nicht angeordnete viel weniger ihn vor der Bürgerschaft angeklagt. Meine er mit der dritten Schrift die

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von den Predigern eingereichte, so wollten sie alle, die hier versammelten Prediger, den Inhalt vertreten. Sie hätten in dieser Schrift die Gründe angegeben, weshalb sie ihn nicht für ihren Superintendenten anerkennen könnten und wollten, und seien ferner zu dem Beweise erbötig, daß die weltliche Obrigkeit keine Macht habe, nach ihrem Gefallen, ohne Consens und Vollmacht ("Vulbort") der Pastoren und Prediger in einer Stadt, einen Superintendenten oder Bischof anzunehmen, zu behalten oder abzusetzen. Es würde dem Draconites besser angestanden haben, dem Rath von Rostock seine Sünde vorzuhalten, als sie alle fromme gottesfürchtige Leute zu nennen, von denen er nichts Böses wisse, und sie dadurch in ihren Sünden zu stärken.

Nachdem hierauf auch noch die früher übergebene Schrift der Prediger Verlesen war, nahm Draconites das Wort und sprach: "Ich muß diesmal den drei Mäulern antworten, nemlich M. Georgio als dem großen Goliath, dem Flegen und Bansowen und den acht Jägern, die das kleine Rebhuhn ("Raphoeneken") erhaschen wollen". Wenn der rostocker Superintendent abgesetzt würde, so wären acht Superintendenten wieder da. Er habe mehr von der Lehre gelesen und geschrieben, auch mehr darüber gelitten, als sie alle acht. Dann fuhr er fort: "Ich habe aber hier ein Buch, daraus ich meine Lehre geschöpft (damit zog er die hebräische Bibel hervor), das gebe ich M. Georgio zu lesen". Er reichte das Buch seinem Freund Carolus, um es dem M. Georg einzuhändigen. Dieser aber fragte: "Was ist es für ein Buch?" Draconites antwortete: er solle es besehen. M. Georg: "Ich wills nicht besehen, sagts was es ist". Draconites: "Es ist die hebräische Bibel". M. Georg: "Ich kann nicht hebräisch". Draconites: "Sieh da, das ist ein Prediger, der einen anderen strafen und reformiren will, und kann noch in der Bibel nicht lesen". M. Georg: "Höret, Draco, der Teufel kann besser hebräisch als Draco, er taugt aber deshalb gar nichts. Wem ist je mit eurem Hebräisch geholfen hie zu Rostock?" Hiemit schloß diese Verhandlung.

In einer neuen Versammlung am 26. Juli, zu welcher nur die acht Prediger vorgefordert waren, nicht aber Draconites und seine Anhänger, ward bestimmt, daß die zugezogenen Mitglieder der Universität die Verhandlungen weiter führen und wo möglich bis Aegidii (1. Sept.) beendigen sollten. Im Falle des Mißlingens der Aussöhnung wollte der Rath die Acten an andere Universitäten oder benachbarte Kirchen zum Urtheil versenden, damit endlich dieser verderbliche Zwiespalt aufhöre. Die Prediger wiederholten hier die Erklärung, keinenfalls den Draconites als Superintendenten behalten zu wollen. Der Rath begehrte, daß

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die Sache inzwischen nicht auf die Kanzel gebracht würde, worauf aber Jochim (Schröder) von St. Peter und M. Georg erklärten, daß bisweilen solche Evangelia kämen, wo man nicht unterlassen könne, die Sünden zu strafen, und daß man in solchen Fällen dem heiligen Geist nicht wehren dürfe. Der Bürgermeister Hans von Harverden (Rathsherr seit 1530, Bürgermeister seit 1552) hielt darauf eine harte Gegenrede, in welcher er den Predigern ihr Verhalten nachdrücklichst verwies.

Acht Tage vor Aegidii übergaben die Unterhändler den Predigern eine Schrift, in welcher vorgeschlagen war, daß man sich des Kampfes über die Lehre vom Verhältniß des Gesetzes zum Evangelium gänzlich enthalte. Draconites solle eine Erklärung auf die Klageartikel abgeben und die Privatsachen sollten durch Etliche der Universität und des Raths friedlich und christlich vereinigt und vertragen werden. Die Frage wegen der Superintendentur werde zu der Obrigkeit Erkenntniß und Erörterung vor stellt. Diese Schrift war unterzeichnet von M. Bernh. Mensing, Rector der Universität, Laurentiuns Kirchhoff, der Rechte Dr., M. Conrad Regel, M. David Chyträus und M. Johann Possel. Die Prediger waren aber mit diesen Vorschlägen nicht zufrieden und wurden nun zu Gegenvorschlägen aufgefordert. Sie thaten dies in einer schriftlichen Erklärung: "wo Dr. Joh. Draconites mit dem heiligen Predigamt möge versöhnet werden", welche unterzeichnet war von M. Georgius Reichius, Joachim Schröder, M. Joh. Schreygel, Joh. Crispinus, M. Henr. Streuius, Vitus Berg, Matth. Flege, Joachim Bansow. Die Prediger begehrten hier: 1) eine Erklärung der in ihrer Denunciationsschrift angeführten Stellen aus der Predigt des Draconites in der Johanniskirche, gemäß der augsburgischen Confession, Apologie und schmalkaldischen Artikeln, und zwar an demselben Orte, wo die Rede gefallen sei; 2) eine gewisse schriftliche Antwort Seitens des Draconites auf die Artikel, in welchen er ihnen bisher widerstrebt habe, nemlich a. ob die Prediger die Sünden öffentlich und insonderheit strafen dürfen, b. ob solche Hochzeiten und Gastgebote, welche den Gottesdienst verhindern, Sonntags gehalten werden dürfen, c. ob E. E. Rath zu Rostock darin recht und billig gehandelt habe, daß er den ehrwürdigen, hochgelehrten und beständigen, der heiligen Schrift Doctorem und Professorem der Universität zu Rostock, Dr. Tilemann Heshusius und seinen getreuen Mitgehülfen Ern Petrus Eggerdes, unverhörter Sachen an ihrem tragenden Amt mit Verschließung der Kirche gehindert, verwiesen, verjagt und weggeführt habe, und ob das Mandat, welches E. E. Rath wider sie und das ganze heilige Predigamt im Druck habe ausgehen lassen, recht und zu billigen oder zu verwerfen

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sei; 3) weil sie nicht allein früher von ihm mit unbilligen und unleidlichen Schmähworten, sondern auch am nächstvergangenen 24. Juli in Gegenwart etlicher Herren der Universität, des ganzen Raths und etlicher Bürger aufs Höchste als untüchtige, unwürdige Personen zum Predigamt ganz höhnisch verachtet, geschmähet und verworfen sind, so begehrten sie, daß er entweder solches beweise oder sie an eben dem Ort ehre, wo er sie verunehret habe, um ihres Amtes willen. Nach Empfang dieser Erklärung werde man sich in aller Gebühr und Billigkeit wohl weiter wissen zu halten.

Da die Prediger auf diese Schrift gar keine Antwort erhielten, so wandten sie sich am 13. Novbr. wieder an den Rath und baten, daß derselbe jenes traurige Aergerniß von der Kirche wegnehmen und dem Draconites Stillschweigen auflegen, auch verhindern möchte, daß derselbe fortfahre, Lügen auszuschütten, deren er in einer Predigt im vorigen Jahr eine ungeheure Menge gleichzeitig vorgetragen hätte. Am 20. Novbr. erschienen sie persönlich vor dem Rath, wo in aller Namen Joh. Crispinus die Bitte vortrug, den Draconites "niederzulegen" und ihm nicht länger zu gestatten, daß er Predige und Schriften herausgebe. Denn Draconites sei verdächtiger Lehre, weil er den vornehmsten Gebrauch des Gesetzes, Sünden und Laster zu strafen, aufhebe und das dritte Gebot nicht achte. Auch habe er eine sonderliche Lehre von der Höllenfahrt Christi, nach welcher Christi Seele nach dessen Tode in der Hölle höllische Marter und Pein gelitten habe, was jeder Christ bei Verlust seiner Seligkeit zu glauben schuldig sei. Ferner widerstrebe Draconites der Kirchenzucht, welche er doch vor etlichen Jahren selbst gebilligt habe, gewähre den Gottlosen ein christliches Begräbniß und den öffentlichen Sündern die Zulassung zum Sacrament. Endlich rügte er seine böse Nachrede gegen die Prediger, woraus auch Zwist und Parteiung in der Bürgerschaft entstehe, indem jeder Theil seinen Anhang habe.

Der Rath versprach eine baldige Antwort, worauf Seitens der Prediger die Bemerkung erfolgte, daß sie für den Fall weiterer Verzögerung andere Wege einschlagen würden. Sie würden 1) Christum um Schutz anrufen und auf allen Kanzeln für diesen Mann bitten, daß ihn Gott bekehren wolle oder diese Gemeine von ihm erlösen, und 2) zur Darlegung der Ursachen dieses Gebots den ganzen Handel erzählen, auch sich der Druckpresse bedienen, die ihnen ja so gut wie dem Draconites zu Gebote stehe, um die umliegenden Städte über die Angelegenheit zu unterrichten. Diese schriftlich abgegebene Erklärung war unterzeichnet von Andreas Martinus, Rector der Universität, Georg Reiche, Joachim Schröder, Joh. Schregelius, Joh. Crispinus, Henr.

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Streuius, Matth. Musca, Vitus Berg, Joachim Bansow, Thomas Johannes. (Der letztere war Prediger an St. Georg.)

Unterdessen war Draconites sehr geschäftig, unter der Bürgerschaft und den Studenten für seine Sache zu wirken. Er wurde hierin von Dr. Lorenz Kirchhoff unterstützt, welcher ungefähr zwanzig Bürger, darunter viele Papisten und offenbare Feinde des lutherischen Bekenntnisses, aber Anhänger von Draconites um sich versammelte, um sie gegen die Prediger aufzuwiegeln. Lorenz Kirchhoff verlangte ihre Unterstützung des Gesuches, daß Draconites auch des Sonntags predigen möchte. In einer anderen am Tage darauf gehaltenen Versammlung, bei welcher auch eine Anzahl von Studenten zugegen war, von welchen aber viele nie einen Vortrag des Draconites gehört hatten, wiederholte er seine Ansprache und fügte hinzu, daß auch diese Studenten die Reinheit der Lehre des Draconites bezeugten und den Wunsch hegten, daß Draconites nicht bloß predige, sondern auch an der Universität seiner exegetischen Vorlesung ein Collegium über hebräische Grammatik beifüge. Er führte auch zwei Studenten vor den Rath, welche bezeugen mußten, sie hätten von ihrem Lehrer Dr. Philippe (Melanchthon) gehört, daß Draconites kein Antinomer sei, aber die übrigen Prediger zu Rostock seien, wenn auch keine Antinomer, so doch ipsissimos asinos.

Am 14. Decbr. war der ganze Rath nebst mehreren Bürgern ("Claus Paselick, Bartol. Willebrant, Andr. Lange, Hinr. Brant, Bülow, Caspar Lindenberg, Henning Goldenisse, Hinr. Nettelblat, Simon Kaffmester, Hans Moller ein Boddeker, Jochim Stolteuot, Vincent Gladow, Bernd Rheder, Baltzer Gule, Caspar Nacke, Jacob Rathe") wieder mit den Predigern zusammen. Der Syndicus theilte diesen mit: Draconites sei vorgefordert, habe aber alle Beschuldigungen für unbegründet erklärt, wäre auch bereit, sich jederzeit zu verantworten. Denn er hätte schon eher sich auf Reichstagen sehen lassen und hier die Lehre vertheidigt. Auch lobte der Syndicus den Draconites als einen gelehrten und trefflichen Mann, des ihm viele Zeugniß gäben. Es sei am 7. Novbr. Dr. Lorenz Kirchhoff mit einer guten Anzahl ehrliebender Bürger vor dem Rath gewesen, die das auch bezeugt und den Draconites gebeten hätten, er möchte auch des Sonntags predigen aus den Propheten, darin er einen solchen Verstand hätte, wie man noch nicht gespürt. Am 28. Novbr. wäre er wieder da gewesen mit vielen Studenten und hätte gebeten, man möchte ihn noch einige Collegia halten lassen. Die Studenten begehrten auch von ihm ordinirt zu werden. Eben so wäre auch Dr. Lambert Kirchhoff mit einer guten Zahl Bürger vor dem Rath gewesen und hätte ein gleiches Begehren wie

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Lorenz Kirchhof gestellt. Es sollte noch einmal durch unparteiische Unterhändler ein Vergleich versucht werden. Gelänge dies nicht, so wolle man beider Theile Rede und Gegenrede an andere Universitäten schicken, als Wittenberg, Erfurt, Marburg, Leipzig und Frankfurt, und darauf erkennen lassen.

Die Prediger behielten sich hierauf die Antwort vor. Es nahm aber noch M. Jochim von St. Peter das Wort in Betreff der beschwerlichen Rede des Bürgermeisters von Harverden gegen M. Georg. Der Bürgermeister vertheidigte sich gegen die ihm gemachten Vorwürfe und suchte die Ausweisung der Prediger zu rechtfertigen. Dieselben hätten etlichen Mitgliedern des Raths in Ehre und Glimpf gegriffen. Der Rath hätte Trost und Hülfe bei den Fürsten gesucht, aber nichts erlangt. Sie hätten sie durch Bürger, Diener und andere davon abmahnen lassen, aber nur spöttische Antworten erhalten. Dr. Tilemann sei übrigens von Peter Eggerdes dazu verleitet worden. Der Rath hätte endlich ans Nothwehr zur Ausweisung schreiten müssen. Die Sache sei jetzt beim Kammergericht anhängig; an dem hier zu fällenden Urtheil wollten sie sich genügen lassen, und das sollten die Prediger auch thun. Danach redete auch Bürgermeister Gülzow: "Ich sitze hier und habe hier gesessen eine lange Zeit als ein armer, elender, betrübter Sünder und weiß nicht, wie lange der Herr mich will leben lassen. Denn ich wäre schier jüngsthin ("negest") auf den Kirchhof niedergefallen und wäre mir gegangen wie Matth. Adeler, der starb auch gleich. Sollte man darum sagen, daß er ein böser Mensch gewesen. Und wenn man so hinstürbe, sollte man begraben werden wie Unchristen. Daß weiß ich nicht, ob es recht ist. Denn ich bin kein Mörder oder Todtschläger. Auch weiß ich nicht, daß ich ein Kind womit erzürnt hätte, und hätte eher geglaubt, daß mir der Himmel sollte auf den Kopf gefallen sein, ehe man mir das Sacrament als einem Christen geweigert hätte".

Hierauf hielt der Rector (Andr. Martinus) eine harte und scharfe Ermahnung, daß der Rath das doch nicht so gering achten sollte, was er gethan. Sie sollten Buße thun, damit sie an jenem Tage bestehen könnten und dort nicht ewige Schmach ("smaheit") und Schande haben möchten. Bürgermeister von Harverden erwiederte: man sollte sehen, was man sage, und nicht von Schmach und Schande reden. Sie hätten nichts der Schande Werthes gethan. Sie hätten ein Mandat ausgehen lassen, welches die Prediger ein Schandbuch nennten. Das wäre aber so böse nicht, wie man es darstelle, und nur in der Absicht erlassen, gemeine Bürger damit zu unterrichten und zu stillen. Die Prediger aber hätten daraus etwas ganz Anderes gemacht.

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VI.

Schon um die Mitte des J. 1559 waren von Hamburg aus mit Joh. Crispinus Verhandlungen eingeleitet, denselben für die dortige Petrikirche zu gewinnen. Joh. Crispinus ließ sich auch bereit finden, die Berufung dorthin auf Neujahr 1560 anzunehmen. Damit drohete den Predigern zu Rostock, für deren Partei Crispinus eine wesentliche Stütze gebildet hatte, ein großer Verlust, welchen abzuwenden oder wenigstens zu verzögern sie sich nach Kräften bemüheten. Am 18. Sept. 1559 erließ das geistliche Ministerium zu Rostock ein Schreiben an das Ministerium zu Hamburg mit der Bitte, daß man den Crispinus den Rostockern noch lassen und ihn seines Versprechens, nach Hamburg zu gehen, entbinden möge. Derselbe ward in diesem Schreiben als ein guter Helfer in den kirchlichen Wirren gerühmt, welche vor zwei Jahren mit der Vertreibung des Dr. Tilemann hereingebrochen seien. Jetzt seien zwar die meisten von diesem gerügten Mißbräuche beseitigt, unter Zustimmung der Mehrzahl der Bürgerschaft, jedoch unter Widerstreben mehrerer Rathsmitglieder. Würde aber Crispinus gehen, so würde der Teufel wieder losbrechen. Mit der Ueberbringung dieses Schreibens nach Hamburg ward M. Andreas Martinus nebst dem Ratsherrn Jürgen Bunger (seit 1555) und zwei Bürgern, Hinrich Dose und Franz Quant, beauftragt, welche zugleich ein Gutachten des hamburger Ministeriums über die Sonntagshochzeiten und ihr Verhältniß zum dritten Gebot einholen sollten. Nachdem die Deputation in Ansehung des Crispinus mündlich eine abschlägige Antwort zurückgebracht hatte, kam um Michaelis ein Schreiben des hamburger Superintendenten Paul von Eizen an, in welchem dieser Namens der hamburger Geistlichkeit die Mißbilligung der Sonntagsgastereien aussprach, so daß der Rath zu Rostock sündige, wenn er sie gestatte. In Betreff der ebenfalls angeregten Begräbnißfrage ward auf eine Schrift des Dr. Joh. Anpinus verwiesen. Ein neues Gesuch, den Crispinus nur noch auf ein oder zwei Jahre den Rostockern zu lassen, welches Andr. Martinus am 25. Oct. 1559 nach Hamburg absandte und in welchem er unter anderem klagt, daß die Mitglieder der Universität, welche der Geistlichkeit beistehen sollten und könnten, theils sich um diese Fragen nicht bekümmerten, theils mit giftigem Munde in Versammlungen und in Briefen an ihre Lehrer und Andere die Prediger verleumdeten. In Hamburg wollte man jedoch auch auf dies Gesuch nicht eingehen, sondern sich höchstens dazu verstehen, später, wenn es nöthig sein sollte, den Crispinus auf einige Wochen den Rostockern zu leihen. Diese

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Antwort des Superintendenten Paul von Eizen (vom Freitag nach Allerheiligen 1559) ward in einem Schreiben der hamburger Pastoren Joachim Westphal und Johannes Bötker an M. Andr. Martinus vom 7. Novbr., so wie durch ein Schreiben derselben an das rostocker Ministerium von demselben Tage noch weiter begründet. Auch die "Swaren" (Geschworenen, Juraten) "des Carspels St. Petri binnen Hamburg" erließen in dieser Angelegenheit ein Schreiben vom 8. Novbr., in welchem sie sich auf ein Antwortschreiben des hamburger Raths an den rostocker Rath beziehen, welches letzterer der Geistlichkeit wohl mittheilen werde, die daraus die Gründe der ablehnenden Antwort entnehmen könne. Ein nochmaliger Versuch, den Crispinus wenigstens bis Ostern in Rostock zu halten, mißglückte ebenfalls, indem die Antwort der Juraten (7. Dec. 1559) die Ablehnung von Neuem aussprach.

So mußte denn Crispinus an seine baldige Abreise denken. Einige Wochen vorher war er noch Ohrenzeuge eines sehr heftigen Ausfalls, welchen Draconites in einer am 15. Decbr. 1559 gehaltenen Predigt über Psalm 23 sich gegen die übrigen Prediger erlaubte, und er nahm darüber in Gemeinschaft mit Matth. Musca, Joachim Bansow, Heinr. Duuerlich und Joh. Stüdemann, die gleichfalls der Predigt beigewohnt hatten, ein Document auf, demzufolge Draconites sich also geäußert hatte: "1) Da man höhnet, schändet und lästert, da läuft man gerne hin. Aber da man tröstlich den Weg zur Seligkeit predigt, da will man nicht hinkommen. Aber da fraget Christus und das Evangelium nicht nach und ich auch nicht. Ich will viel lieber drei fromme Zuhörer haben, als zwei oder drei tausend lose Herzen. 2) Sie wollen Kirche und Gemeine regieren und den Menschen gebieten, was sie thun und lassen sollen, und können ihr eigen Herz nicht regieren, bannen, schänden, lästern und richten alle Getümmel und Aufruhr an, so sie doch nicht werth sind, die losen Buben, daß sie denen, die sie strafen, die Schuhriemen auflösen sollten".

Nachdem von Seiten der rostocker Geistlichkeit dem Crispinus am Weihnachtsfest 1559 (in feriis natalibus filii Dei inchoantibus annum 1560) ein Zeugniß ausgestellt war, unterschrieben von Andreas Martinus, Rector, M. Georg Reichius und M. Joh. Schregelius, hielt er am Nachmittage des Neujahrstages 1560 seine Abschiedspredigt über den Text Ap. G. 20: so habet nun Achtung auf euch selbst. Am Mittwoch darauf (3. Jan.) Mittags begab er sich unter dem Geleite einer großen Menge trauernder Anhänger in feierlichem Zuge vor das Thor, wo ein von der Stadt Hamburg gesandter Wagen auf ihn wartete. Er ging in der Mitte von M. Andreas Martinus und M. Georg

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Reiche. Außerdem waren von der Geistlichkeit M. Henr. Strevius, Matth. Flege und Joachim Bansow im Gefolge, auch viele Studenten und Bürger. Crispinus ermahnte die Versammlung noch vor dem Thor, sich zu hüten vor des Drachen Gift. Viele Männer und Frauen weinten bei dieser Rede bitterlich. Auch M. David (Chyträus) war draußen und hatte noch eine Unterredung mit Crispinus.

In der noch an demselben Tage gehaltenen Versammlung der Prediger ward beschlossen, dem Rath zu erklären, daß er ohne Willen und Wissen der Prediger keinen Nachfolger von Crispinus anstellen solle. Wahrscheinlich hegte man die Besorgniß, daß der Rath den Draconites an die Marienkirche setzen würde. Jener Beschluß ward am Tage darauf dem Rath durch zwei Prediger zur Kenntniß gebracht und der Rath erklärte sich dazu auch bereit. In einer noch am 4. Jan. gehaltenen Versammlung der Prediger ward eine gemeinschaftliche Erklärung von der Kanzel über die Streitigkeiten mit Draconites auf den nächsten Sonntag verabredet. Die erwähnte Predigt des Draconites am 15. Dec. hatte den Streit zu neuer Heftigkeit entzündet.

Die am nächsten Sonntag von den Kanzeln verlesene Erklärung stellte drei Anklagen gegen Draconites auf: in Betreff der Lehre, der Kirchenzucht und des Lebens. Als ein ungewöhnlicher Schritt ist noch zu erwähnen, daß M. Georg einige Tage vorher in die Johanniskirche gegangen war und nach beendigtem Gottesdienst sich mit des Draconites Zuhörern unterredete, um sie von ihrer Anhänglichkeit an dessen Lehre zurückzubringen.

Als nun M. Andreas Martinus die verabredete Erklärung über Draconites auf der Kanzel abgegeben hatte, war auch der Anhänger des letzteren, Dr. Lorenz Kirchhoff gegenwärtig, welcher ihn nach dem Gottesdienst draußen erwartete und bis auf den Markt vor sein Haus begleitete, um ihn zur Rede zu stellen. Beide griffen zu harten Worten, was Kirchhoff bewog, den M. Andreas vor dem Rath zu verklagen. Ein Termin ward in dieser Sache am 11. Jan. auf der Schreiberei abgehalten, wo die beiden Gegner sammt beiderseitiger Freundschaft erschienen, außerdem aber auch die übrigen Prediger sammt einigen Studenten sich einfanden. Kirchhoff erklärte hier, mit dem Predigamt wolle er nichts zu thun haben, sondern nur mit Andreas Martens, den er durchweg so schlechthin bei seinem Namen nannte, ohne ihm den gebührenden Titel Magnificus Dominus Rector oder Magister oder Pastor zu gönnen. Er müsse auch gegen etliche Bürger protestiren, die wider Recht zusammenliefen und ihm den Hals zu brechen droheten. Er habe Herren und Fürsten gedient und sei der Prediger Unterhändler gewesen bei Herzog Franz.

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Andreas Martens, den er seinen gewesenen Freund nannte, habe ihn überfahren auf einer freien Straße. Derselbe habe alle Bücher und Lehren des Draconites verdammt, auch gesagt, daß etliche Doctores und Studenten, welche dem Draconites anhingen, des Teufels wären. Andreas Martens hätte sich unterstanden, die Augen der Gemeine auf ihn zu werfen, und er hätte darauf begehrt, daß derselbe ihm die Doctoren und Studenten, die er im Sinne gehabt, namhaft mache. Dieser aber habe ihn eine grobe Bestie gescholten.

Man beschloß zwar, diese Verhandlung, da sie nicht an diesem Tage beendigt werden konnte, am folgenden weiter zu führen. Inzwischen kam jedoch durch die beiderseitigen Freunde ein Vergleich zu Stande.

Bald darauf nahm die Pparteiung einen noch leidenschaftlicheren Charakter an. Am Mittwoch den 11. Jan. 1560 predigte Draconites wiederum gegen die rostocker Geistlichkeit. Der Predigt wohnten aber einige Anhänger der letzteren bei, welche dem Draconites laut widersprechend ihn in seiner Predigt unterbrachen. Auch führten einige von ihnen Knittel und Steine bei sich, in der Absicht, sie gegen ihn zu gebrauchen. Als die gerade auf der Schreiberei versammelten Prediger dies hörten, schickten sie aus ihrer Mitte Jochim (Schröder) von St. Petri hin, um das Volk on solchem Unfug abzumahnen, was ihm auch gelang. Nach dem Schlusse der Predigt gesellte sich auf der Straße Caspar Nacke zu Herrn Jochim und redete gegen ihn harte Worte. Dies gewahrten einige Bootsleute und Jungen und meinten nicht anders, als daß Herrn Jochim Schade zugefügt werden solle, weshalb sie mit Steinen und Unrath nach Nacke warfen, so daß dieser Gott dankte, als er in ein Haus sich flüchten und dadurch vor weiterer Verfolgung, die seinem Leben Gefahr drohete, sich retten konnte. Später wagte er sich auf den Marienkirchhof, um sich zu entschuldigen, worauf aber eine neue Verfolgung gegen ihn entstand, der er endlich durch die Flucht in sein eigenes Haus sich entzog.

Noch bedenklicher ward der Zustand, als die Bürger vernahmen, daß Dr. Kirchhoff auf die Absetzung des M. Andreas vom Predigamt angetragen habe, und sich nun in der Marienkirche versammelten, um zu hören, wie die Sache ablaufen werde, während die Prediger auf der Schreiberei vor dem Rath versammelt waren. Ein Geselle Brant (Bernd?) Smyt, der zu der Rathspartei gehörte, trat hier zu den Bürgern und rief in die Versammlung hinein: diese Unruhe würde nicht früher gestillet werden, bis man etliche aus dem Haufen heraus "kippen" würde, die dies Spiel also trieben. Von den Bürgern ward

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ihm geantwortet: er wüßte wohl, wie er seinen Vater gekippt hätte, womit sie darauf hinwiesen, daß er vor einigen Jahren seinen Vater und Mutter geschlagen hatte, weshalb er auf einige Jahre aus der Stadt gewiesen war. Darum wäre er werth, daß man ihn kippte. Man schickte sich darauf zu Thätlichkeiten an, und er mußte froh sein, sich in die Schreiberei flüchten zu können. Da nun der Rath von der ausgebrochenen Unruhe hörte, sandte er aus seiner Mitte Thom. Gerdes (Ratsherr seit 1558), die Bürger zu beschwichtigen. Dieser aber fand kein Gehör. Hierauf kam ein Diener zu den in der kleinen Stube ("staue") auf der Schreiberei versammelten Predigern gelaufen und sprach: Liebe Prediger, hier werfen sie mit Steinen auf dem Kirchhof. Da ging Herr Jochim von St. Peter zu den Bürgern in der Kirche. Diesem schenkten sie Gehör. Es ward still und jeder ging nach Haus.

Eine Frucht dieser Bürgerversammlung war, daß am folgenden Sonnabend die Bürger an die Prediger die Bitte um eine Zusammenkunft richteten, worauf denn sechs Bürger vor den Predigern erschienen, nemlich Dynniges Sirckmann, Hinr. Dosse, Herm. Nagel, Baltzer Gule, Hans Bolte und Hinr. Hoedt (von denen Dosse noch 1560, Gule 1567 in den Rath gelangte), und die Anfrage stellten, ob es den Predigern recht wäre, wenn sie als die Bürger sich ihrer Sache annähmen. Sie wollten dieselbe zu Gottes Ehre, zur Erhaltung des heiligen Predigamts und Liebe und Eintracht dieser Gemeine zu Ende führen. Die Prediger nahmen dieses Anerbieten dankend an.

VII.

Bereits im J. 1558 hatten die Herzoge, welche durch das eigenmächtige Verfahren des Raths gegen Heshusius und Eggerdes sich in ihren Rechten beeinträchtigt fanden, die Angelegenheit der Vertreibung der beiden Prediger vor den Kaiser (das Reichskammergericht) gebracht und von diesem war ein Befehl ergangen, welchen die Rostocker befolgen oder sich sonst verantworten sollten, weshalb dies nicht geschehe. Der Rath zu Rostock hatte das letztere vorgezogen und (1559) einen Bericht erstattet, in welchem er die beiden Prediger beschuldigte, "daß dieselben über Gottes und apostolischen Befehl getreten, den gemeldeten Rath öffentlich auf der Kanzel mit höhnlichen und solchen lästerlichen Worten zu mehreren Malen angegriffen, die wohl anderen hätte sein müssen crimen laesae majestatis. Wiewohl sie oft freundlich ersucht, das Wort Gottes lauter und rein zur

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Bauung und nicht zur Störung zu predigen, ist doch alles vergebens gewesen, zuletzt sich verdreistet und einen unserer Bürgermeister, Peter Brümmer genannt, bei Namen und Zunamen, der eine Prediger Vor=, der andere Nachmittag auf Sonntag in großer Menge des Volks zum Schändlichsten und Heftigsten angesprengt, an sein Ehr und Glimpf und ihrer aller guten Leumund getastet und als unehrliche Leute gescholten. Darüber schier eine ganze Stunde mit zugebracht, in keiner anderen Verhoffnung, denn wider die Obrigkeit einen Aufruhr zu erwecken. Darum und um Verhütung weiteren Unglücks willen haben wir ihnen Kirche und Predigt müssen verbieten lassen, wie geschehen, aber sie haben es wenig geachtet und ihres Vorhabens geblieben, was sie nicht in der Kirche vermocht haben, in den Häusern ausgerichtet. Ob wir wohl ihnen ansagen lassen, der Stadt selbst auszuziehen, dessen zu mehrmalen vermahnet, haben sie für und für getrutzt und den Rath da nicht für wollen ansehen. Was ein ungehört Calumniren und Blasphemiren sie da für sich genommen, wie sie auch ein gar schändliches Libell über den Rath gestellt und publiciret, ist jetzt zu lang, wird zu gelegener Zeit davon an das Licht kommen. Als sie im Fürstenthum Meklenburg genugsam getobet, sind gen Heidelberg gekommen, da sie nicht lange verhalten und haben es wie zu Rostock vorgenommen, also daß sie jetziger Kurfürst der Pfalzgraf von dannen auch verjagt. Darauf sie gen Bremen gekommen, und heben es da, wie man sagt, gleicher Gestalt an, sonderlich der Tilemann, und nicht ohne, das sich vernehmen lassen, in das Fürstenthum Meklenburg und also wieder binnen Rostock zu kommen, halten es dafür, der gemeine Mann würde ihnen zufallen, sie einholen, wider allen Willen und Dank des Raths, welche wenn sie das Haupt dahin wendeten, also ergehen könnte, daraus dann großer Jammer und Elend, auch Verwüstung und Verstörung der guten Stadt, ja des ganzen Fürstenthums und umliegender Städte und Lande wollte entstehen." Schließlich bat der Rath um einen ernsthaften Befehl an die Herzoge, die beiden Prediger, welche "ihre Mund nicht zäumen" können, nicht wieder in das Land zu verstatten.

Dieser Proceß versprach jedenfalls nur langsam zum Ziele zu führen und die Herzoge schlugen daher im J. 1560 noch ein anderes Verfahren ein, um ihre kirchliche Autorität in Rostock wiederherzustellen. Ein Schreiben der Herzoge Johann Albrecht und Ulrich (d. d. Güstrow, 10. Jan. 1560) an M. Andreas Martini, M. Georg Reiche und andere Prediger machte diesen die Anzeige, daß die Fürsten zur Beilegung des Streites mit Draconites in Güte oder Recht folgende Commissarien ernannt

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hätten: Joachim Krause zu Verchentin, Lütke Bassewitz zu Lühburg, Joh.Bowken, der Rechte Dr., Hubertus Sieben, der Rechte Lic., M. David Chyträus und M. Arnold Burenius. Diese sollten am Sonntage Sexagesimä, den 18. Febr., in Rostock ankommen. Bis zum Austrage der Sache sollten sich die Prediger alles Schmähens, Schimpfens und Abrufens von den Kanzeln sowohl gegen Draconites als andere Bürger und Studenten, auch Einwohner zu Rostock enthalten, "bei Verlust ihrer Dienste und Unserer Stadt Wohnung, auch bei Vermeidung Unserer höchsten Ungnade und Strafe".

Bald darauf traf in Rostock ein fürstliches Mandat (d. d. Güstrow, 13. Jan. 1560) ein, welches am 21. Jan. öffentlich von den Kanzeln verlesen werden mußte und Befehl für die Prediger enthielt, sich in allen Punkten nach der meklenburgischen Kirchenordnung zu richten oder sonst das Land zu räumen.

Der Rath, welcher die Einmischung einer fürstlichen Commission höchst ungern sah, wollte versuchen, ob nicht die Streitigkeit sich vorher ausgleichen ließe, und ließ daher die städtische Commission ihre Thätigkeit von Neuem am 19. Jan. beginnen. Zu dieser Commission wurden Seitens der Universität M. David Chyträus, M. Mensing und M. Joh. Possel verordnet, Seitens des Raths Hinrich Poppendick, Joh. Drewes, Peter Sasse, Hinr. Dassow, Bernt Pawels und Thom. Gerdes, auch mehrere aus der Bürgerschaft. M. David forderte die Prediger auf, ihre Klage gegen Draconites wegen seiner Lehre in kurze Artikel zu fassen, was auch geschah. Diese Schrift ward am 24. Jan. den Unterhändlern auf der Schreiberei mit der Bitte übergeben, sie dem Draconites mitzutheilen und diesen zu einer Antwort anzuhalten.

Eine neue Vorladung erging auf den Abend vor Mariä Reinigung (1. Febr.) Morgens 7 Uhr. Die Verhandlung begann jedoch erst um 10 Uhr. Die Zwischenzeit brachten die Prediger in dem Hause zu, wo früher Joh. Kruse (Crispinus) wohnte. Von den Unterhändlern ward angezeigt, daß Draconites eine Schrift übergeben hätte, die aber nicht so wäre, wie sie sein sollte, keine eigentliche Antwort auf die Schrift der Prediger. Die letzteren baten wiederholt um Mittheilung der Schrift, aber vergeblich. Als Grund der Weigerung gab Dr. Röseler an: es wäre auf ihren Handel nicht mit einer Silbe geantwortet. Draconites schwöre darin, daß er ein gelehrter Mann fei, der vor Kaisern, Königen, Fürsten und Herren gestanden, er versichere, daß auch Philippus (Melanchthon) etwas auf ihn halte u. s. w. Die Unterhändler mahnten zur Geduld und versprachen, sich weiter bei Draconites um eine Antwort zu bemühen. Da standen

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die Aelterleute auf, die aus etlichen Aemtern zu Theilnehmern an der Commission verordnet waren und sprachen: wenn es so hergehen solle, daß man dem einen mehr als dem anderen helfen wolle, so wollten sie nicht dabei sein. Hatten die Prediger ihre Schrift dem Draconites gegeben, so sei es nur in der Ordnung, daß ihnen die Schrift des Draconites wiedergegeben werde. Damit wollten sie aufbrechen. Den Predigern war dieses Verhalten sehr tröstlich und erfreulich, und des Draconites Anhänger beklagten, daß er solche Schrift gemacht habe, die man nicht vor die Leute bringen dürfe. Die Verhandlung hatte hiemit für diesen Tag ein Ende.

Am 6. Febr. beschlossen die Prediger, jeden Nachmittag um 4 Uhr zusammenzutreten und gemeinschaftlich zu beten, so lange diese wichtige Sache verhandelt werde.

Eine neue Vorladung vor die städtische Commission fand auf den 16. Febr. statt, wo M. Mensing im Namen der Commission den Predigern endlich eine schriftliche Verantwortung des Draconites mit der Bitte einhändigte, daß sie noch denselben Nachmittag ihre Antwort darauf abgeben möchten. Draconites war in dieser Rechtfertigungsschrift bemühet, den Zwiespalt auf ein möglichst unscheinbares Maß zurückzuführen, und nahm, wie Gryse im Leben Slüters (zum J. 1560) richtig bemerkt, in derselben manche seiner früher aufgestellten Behauptungen gänzlich zurück, indem er ohne Zweifel auch für seine Person den Wunsch einer Beilegung des Streites vor dem Einrücken der fürstlichen Commission mit dem Rath theilte. Doch gelang wegen Kürze der Zeit diese Beilegung nicht mehr.

Da die gedachte Schrift des Draconites, auch wenn sie ihren Zweck allerdings verfehlte, doch manches neue Licht auf den Verfasser selbst, wie auf die damaligen Verhältnisse wirft, so ist hier auf deren Inhalt noch etwas genauer einzugehen. Die Prediger waren in der von ihnen am 24. Jan. 1560 überreichten Schrift ("Artikel up dat korteste vorvatet, de gades erhe, reine lerhe vnd christliche Discipline vnd frede bedrepen, Dr. Draconites haluen, den heren vnderhandlern van den Predigern tho Rostock auergegeuen") von dem ihnen durch den Rath zur Verlesung von den Kanzeln mitgetheilten fürstlichen Mandat ausgegangen und hatten bemerkt, daß sie sich stets treulich nach der Kirchenordnung gerichtet hätten, und daß daher der größte Theil der Uneinigkeit als gehoben angesehen werden dürfe, wenn auch Draconites dem fürstlichen Mandat gehorsam sein wolle. "So aber Jemand, was die Kirchenordnung belangt, Ausflucht suchen will, daß diese Artikel im ersten Druck, zu Wittenberg ausgegangen, vom Herrn Philippe nicht wären mit hineingesetzt, so ist doch des Herrn

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Philippus Zeugniß vorhanden, der, als ihm diese Artikel zuvor, ehe sie hier zu Rostock gedruckt wurden, zugeschickt waren, mit seiner eigenen Hand auf dieselbe Schrift sein Judicium mit diesen Worten geschrieben hat: Judico habentes notoria peccata non admittendos esse, ut sint testes baptismi et a coena domini plane arcendos esse. So hat auch der Herr Philippus erst vor einem Monat in einer Oration diese Worte ausdrücklich gesetzt: Optandum est omnino, ut censura divinitus instituta severe exerceatur in ecclesia et arcendi sunt a coeua domini omnes, qui in delictis ulterius perseverant pugnantibus cum voce divina, de quibus convinci possunt. (Diese Worte stehen in der bei der Promotion von Paul Eber und drei anderen Theologen am 7. Dec. 1559 gehaltenen Rede.) Wenn nun Draconites so große Lust zur Einigkeit hat, so wird er ohne Zweifel die früher von ihm bestrittenen vier Artikel (betr. die Sonntagsköste, den Ausschluß der Unbußfertigen vom Abendmahl, von der Taufzeugenschaft, von der Gewährung eines christlichen Begräbnisses) für recht erkennen und uns deshalb nicht mehr als Gesetzesprediger, Tyrannen, Herrscher über die Gemeine Gottes, doppelte Sünder, Buben und Schelm men schelten".

Hieraus antwortete Draconites: er habe neun Jahre lang zu Rostock die fürstliche Kirchenordnung gebraucht, wenn er ordinirt habe, und werde sie auch, so lange er in Rostock lebe, gebrauchen. Er wisse auch von gar keinem Streit von Sonntagskösten, Ausschluß der Unbußfertigen vom Sacrament und christlichem Begräbniß, wider der Landesfürsten Kirchenordnung, den er mit den Predigern jemals gehabt hätte, auf der Kanzel, in der Schule oder sonst. Gott wisse, daß er immer nach Einigkeit getrachtet habe, aber Niemand außer Peter Hagenthal (Hakendal), wie dessen Schrift ausweise, habe ihm treulich dazu geholfen. Der Sonntagsköste Mißbräuche und Hindernisse des Worts habe er allezeit verdammt, die Sonntagsköste selbst aber nicht, die mit Verwilligung geschehen und ohne Hinderniß des Worts. Die Leute von der Taufe und dem Altar zu weisen oder zum Sacrament zu zwingen, wie geschehen sei, indem man eine Person mit dem Kinde deshalb von der Taufe gewiesen habe, weil sie nicht habe geloben wollen, über acht Tage zu communiciren, könne er nicht loben, sondern eine Synode habe darüber zu erkennen, welche Gottlose zu nennen und vom Sacrament zu verstoßen seien, und welchen ein christliches Begräbniß zu versagen sei. Daß ein Unterschied im Begräbniß der Gottseligen und der Gottlosen gemacht werde, mißbillige er nicht. Wie er Dr. Tilemann geantwortet habe, da er begehrte einen

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Bann anzurichten, daß er gern mit ihm und dem Synode rathschlagen wolle über Einführung einer Kirchenzucht, so habe er auch jetzt nichts dagegen.

Hinsichtlich der Heiligung des Sonntags bemerkte Draconites, er wolle davon nichts anders halten und lehren, als die Propheten und Apostel und in dem Verstande, welchen er mit Luther, Philippus, Brentius, Pomern (Bugenhagen), aller protestirenden Stände Theologen und Prädicanten unterschrieben habe zu Schmalkalden. Da nun die rostocker Prediger schrieben, sie lehrten wie Luther, Philippus, Brentius, so stimme er mit ihnen überein. Er müsse der Stadt Rostock Zeugniß geben, daß sie den Sabbath alle Sonntag Vormittage heilige dreifaltiglich, "denn man prediget um 6, um 7, um 8 das Evangelium Gottes". Dazu würden auch noch die Sacramente gereicht. Wer nun nach dieser Heiligung Nachmittags hochzeitliche Werke thue in Zucht und Ehren, der sei nicht zu verdammen. "Wie Luther im Evangelio von der Hochzeit in Galiläa schreibt: also kann es auch den Fürsten und Herren nicht verwehrt sein, wenn sie von dem dem Predigamt zu Ehren erlassenen Verbot der Sonntagsköste dispensiren, wie unsere gnädigen Fürsten in verschienenen Tagen zu Wismar Barolden erlaubten, Sonntagskost zu halten, als mir der hochgelahrte Dr. Kirchhoff angezeigt." Weiter äußert er sich noch über die ihm gemachten Vorwürfe wegen Verachtung des dritten Gebots, daß er über das letztere den Studenten im Commentar über die hebräische Bibel folgende Auslegung vorgelesen habe: "Obschon des jüdischen Sabbaths Gehorsam oder Heiligung am christlichen Sonntage hangen bleibt, so muß doch des jüdischen Sabbaths Fluch an dem Tage nicht hangen bleiben". - "Für meine Person möchte ich wohl leiden dem Predigamt zu Ehren, daß der Rath zu Rostock am Sonntag Thor, Weinkeller, Schütting und Krüge zuschlösse und alle Hausväter ihr Gesinde zum Worte Gottes vermahneten und hielten", indessen müsse der Christ allenthalben nicht genöthigt, sondern frei sei. Das Wort "Sabbathsknechte" habe er nie gebraucht und von Niemand gehört sein Leben lang als von Peter Hakendal in der Marienkirche.

Draconites kommt auch noch einmal auf seine Oration zurück, welche zwar nicht vor die Unterhändler, sondern vor das Concilium gehöre, auf welche er aber doch, da Georg Reiche ihn lästere, daß er mit einem Apfel zu gewinnen und mit einem Ei zu kaufen sei, zur Widerlegung der ihm gemachten Vorwürfe eingehen wolle. Es sei zunächst ganz falsch, daß er seine Oration heimlich an fremde Orte versandt habe. Er habe dieselbe zur Vertheidigung des Raths, Conciliums und seiner Ehre

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drucken lassen, und dieselbe wissend keinem Menschen außer Rostock gesandt, mit Ausnahme des trefflichen Helden Joachim Camerarius zu Leipzig, dem sie dedicirt sei. "Bin ich nicht auch lutherisch, von Luthern zum Doctor promovirt 1525? Hab' ich nicht der Universität Wittenberg Brief und Siegel eines guten Zeugnisses?" Was er von dem friedseligen Hakendal, bei welchem er gewesen, da er seinen Geist dem Herrn befahl, geschrieben, sei zum Theil mündlich von demselben geredet, zum Theil mit dessen Handschrift zu beweisen. Sein Ausruf: O praeclarum intellectum mandati tertii, luce dominica in ganeum ire malle, quam ad convivium nuptiale, werde schändlicher ausgelegt als in dem Hause geschehe, das er nenne. "Es stand einer im Concilio, der begehrte vom Rector, daß ihm M. Possel deshalb das im voraus gegebene Hochzeitsgeschenk zurückgebe, weil dieser an einem Sonntag Hochzeit machen wolle. Er aber war berüchtigt, daß er am Sonntag nach dem Orte ginge, dahin er nicht gehen sollte. Wie es aber unbillig war, das Geschenk wieder fordern, also war es unter diesen zweien besser zur Hochzeit gehen, denn am Sonntag gehen an den Ort, dahin das sechste Gebot zu gehen Verbietet."

Endlich bemerkt er über seine Lehre vom Gesetz, daß er auch hierin mit der Schriftlehre und den von ihm 1538 unterschriebenen schmalkaldischen Artikeln übereinstimme. "Weil aber das Gesetz alle Menschen zugleich angreift - und öffentlich zu Rostock kein unchristlicher Gottesdienst gehalten wird und weltliche Obrigkeit den gottlosen Mönchen und Nonnen gar nicht gestatten sollte, heimlich Abgötterei zu treiben, so muß ich die ganze Zahl schwacher Christen, so das Wort Gottes hören und nicht lästern, unter die zählen, von denen Jesaias weissagt, daß Christus das zerstoßene Rohr nicht zerbrechen wolle, und sagen, daß die Schwachgläubigen immer zu vermahnen und mit evangelischer Predigt zu locken seien. Ich bezeuge vor dem künftigen Richter der Lebendigen und der Todten und vor seines Leibes Gliedern den hochgelahrten Dr. Lambert Kirchhoff, Dr. Laurenz Kirchhoff, Dr. Johanne Tonnechenn, Dr. Laurenz Bankelow, und dem wohlgelahrten M. Author (Lindemann), evangelischem Prädicanten, und den gelehrten Studenten Carl Günther, Hilbrant, sammt anderen, und den gottesfürchtigen Bürgern Henning Beselin, Heinr. Brant, Joh. Blaffert, Heinr. Brenger und anderen, und den gottseligen Seelen Margarita Kirchhoffisch, Justina Kirchhoffs, Anna Crons, Anna Lawens, Engel Goldenitzs und anderen mehr, daß ich des Gesetzes rechten Brauch also getrieben habe, als sichs gebührt." - "Gehe ich zu Rostock mit Papisten

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und Sündern um, so thue ichs nach dem Spruch Pauli: den Schwachen bin ich geworden ein Schwacher. - Ist nun zu Rostock kein papistischer Gottesdienst öffentlich und keine öffentliche Sacramenterei, Gotteslästerung und Verfolgung des Evangelii, und doch alle Papisten und Sünder zu Rostock vor den Prädicanten (ausgenommen Lucas und Author) mehr Friede haben denn der einige Draconites, vor Gott ein armer Sünder nach dem Gesetz wie alle Rostocker, vor seiner christlichen Kirche auf Erden aber in Christo Jesu beständig und rein in allen Artikeln des Glaubens und rechter Lehre, so will ich nicht in meinem, sondern in Christi Namen begehren, daß von mir hinfort nicht gesagt noch geschrieben werde: er lobet, stärket, vertheidigt Papisten, Sacramentirer, Gotteslästerer und Verfolger des Predigamts."

Vor der Hand wurden jedoch diese Verhandlungen der städtischen Commission durch das Eintreffen der fürstlichen unterbrochen, auf welche sich die Prediger schon am 13. Febr. durch die Anfrage an den Rath vorzubereiten anfingen, ob sie sich mit den fürstlichen Commissarien einlassen dürften oder nicht, indem sie in Betreff der Privilegien der Stadt nicht gern zu viel oder zu wenig thun möchten. Die Abgesandten der Prediger, welche mit dieser Anfrage vor dem Rath erschienen, waren der Rector M. Andreas (Martinus), Herr Jochim (Schröder) zu St. Peter, M. Joh. Schreygel und M. Henr. Strevius. Der Rath erbat sich Bedenkzeit und ließ darauf am 19. Febr., an dem Tage, wo die fürstliche Commission ihre Wirksamkeit beginnen sollte, die Prediger auf der Schreiberei zusammenkommen, wo der Bürgermeister von Harverden ihnen mittheilte, daß der Rath die Verhandlung mit der fürstlichen Commission gestatte, jedoch die Prediger ersuche, auf dieselbe nur mit der Verwahrung einzugehen, daß diese Handlung den Privilegien der Stadt nicht nachtheilig sein solle. Der Rath habe Dr. Röseler, Hans Drewes, Thomas Gerdes und etliche Bürger erwählt, daß diese von Seiten der Stadt ebenfalls protestiren sollten. Das fürstliche Mandat werde von dem Rath nicht als ein Gebot aufgefaßt. Zugleich wies der Bürgermeister darauf hin, daß mit der Abweisung vom Abendmahl u. s. w. nicht viel Gutes ausgerichtet werde. Wenn das Volk sich nicht wolle zähmen lassen, so könne es auf andere Weise in Zwang gehalten werden, und wenn die Leute dann nicht wollten sich weisen lassen, so sollte man es dem Rath anzeigen; dann gebe es ja noch "Bödeleien", mit welchen man sie zähmen könne. Der Bürgermeister Göldenitz äußerte über das fürstliche Mandat dieselbe Ansicht und forderte die Prediger auf, mit dem Rath Hand in Hand

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zu gehen. Die Prediger stellten darauf noch die beiden Fragen: ob der Rath auch leiden könne, daß die fürstliche Commission in dieser Sache richterlich handle, und ob der Rath sie auch für treue Diener Christi erkennte, die bisher ihr Amt recht ausgerichtet hätten, worauf die Antwort ertheilt ward: die Prediger müßten erst hören, in welcher Art der Handel sollte vorgenommen werden, und könnten sich dann nöthigenfalls mit dem Rath besprechen, und, was den zweiten Punkt angehe, so sei dies eine unfreundliche und ungütige Frage, auf die sie später zu gelegener Zeit Antwort erhalten sollten. Sofort nach dem Schlusse dieser Verhandlung begaben sich die Prediger, in Begleitung der zur Einlegung der Protestation beauftragten Rathsherren und Bürger, vor die fürstliche Commission.

Hier übergaben die Prediger eine Schrift, datirt vom 18. Febr. 1560, welche folgende acht Punkte betraf: 1) die Sonntagshochzeiten, 2) die Auslegung des dritten Gebots, 3) ob man das Gesetz predigen solle in der Gemeine, 4) ob Papisten und andere unbußfertige Sünder zur Taufe und zum Abendmahl zuzulassen, 5) ob Wiedertäufer und Verstockte Papisten christlich zu begraben, 6) was man von dem Bann halten solle, 7) von Christi Höllenfahrt, 8) daß man den Draconites nicht als Superintendenten annehmen könne.

In Ansehung der Sonntagshochzeiten ward außer dem oft wiederholten Vorwurf gerügt, daß er dem Drucker seiner Oration strenge verboten habe, irgend einem zu Rostock ein Exemplar davon zukommen zu lassen, sondern alle Exemplare "meuchlings" gen Leipzig und andere Orte geschickt habe. In dieser Oration verunglimpfe er die Prediger mit zehn oder zwölf öffentlichen Lügen. Dieselben hätten von Draconites kein Exemplar bekommen können und sich endlich mit Mühe eines aus Holstein verschaffen müssen. Auf Blatt B 1-4 dieser Schrift habe er sich gegen die länger als ein Jahr vorher publicirte Kirchenordnung erklärt und die Sonntagsköste mit "losen, nichtigen Fratzen" vertheidigt und unter Anderem (B 3) behauptet: quod Deus unus et trinus per ministerium, magistratum saecularem, ecclcsiam Christi constituerit, approbarit et sanciverit nuptias dominicales.

Hinsichtlich der Ausschließung von den Sacramenten bemerken sie: "Wir wissen und bekennen, daß man ohne vorhergehendes Verhör und Erkenntniß des Consistorii oder Synodi um Ungewisser und dunkler Beschuldigung willen, die nicht notorie oder öffentlich zu beweisen, Niemand mit Namen in den Bann thun soll, sondern man muß den Proceß halten, Matth. 18 vorgeschrieben. So pflegen wir auch allewegen diese, so

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notoria peccata haben, zuvor privatim zu ermahnen, daß sie sich erkennen und bessern, und wo sie das nicht zusagen wollen, werden sie erst erinnert, daß man sie zu des Herrn Nachtmahl und bei der Taufe Gevatter zu stehen nicht zulassen wolle". Ueber das den Unbußfertigen zuzuerkennende stille Begräbniß erklären sie sich dahin, daß dasselbe, wie es auch stets gehalten sei, auf dem Kirchhof stattzufinden habe.

In Bezug auf den Kirchenbann enthält die Schrift Folgendes: "Wir haben nie Jemand in den öffentlichen Bann gethan, ist auch nie Jemand von uns genannt als Dr. Draconites, mit welchem wir den Proceß Matth. 18 für überflüssig gehalten haben. Denn er ist vor zwei Jahren, als Dr. Tilemann vertrieben ward, von vielen privatim admonirt, erstlich von Dr. Ge. Veneto, der ihn treulich gewarnt hatte, daß er nicht sollte des Raths Schanddeckel sein, danach ihn Herr Jochim Schröder, M. Joh. Schreygel, Herr Matth. Musca und M. Henr. Streuius oft und vielmals ermahnt". Darauf, länger als vor einem Jahre, hätten sie alle schriftlich ihre Anklage gegen Draconites verfaßt und dem Rath zugestellt, auch noch vieles Andere versucht. "Als aber wir mit unserem demütigen Begehren nichts anderes ausgerichtet haben, denn daß etliche fürnehme Bürger und Studenten wider uns erreget, welcher Worte Herr Dr. Lorenz Kirchhoff vor dem Rath geredet und uns als muthwillige Leute und grobe Esel höchlich und dazu mit vielen Unwahrheiten beschweret, so hat uns die hohe unvermeidliche Nothdurft dazu gezwungen, daß wir uns vor der ganzen Kirche Gottes, die uns befohlen, entschuldigt haben und Dr. Draconites also mit Namen genannt, doch nicht verbannt, sondern die Zuhörer gewarnt, daß sie sich vor seinen ärgerlichen Reden und bösen Händeln und Lügen wider uns hüten und den nicht Glauben sollten geben."

Aus den Gründen gegen die Anerkennung des Draconites als Superintendenten will die Schrift nur einige hervorheben. Es wird angeführt, daß er keine ordentliche Versammlung und Synode der Prediger halte, sondern etliche fordere, andere zu Hause bleiben lasse, wie es ihm gerade beliebe; daß er nicht allein untüchtige, leichtfertige Leute ordinire, sondern auch kein rechtes Examen halte; daß er dazu die Prediger von Rostock nicht zuziehe, sondern "grobe Gesellen vom Lande"; daß er sich der Schul= und Kirchendiener nicht annähme, damit sie den nöthigen Unterhalt hätten und nicht ohne genügende Ursachen leichtlich abgesetzt und verjaget würden; daß er öffentliche Sünden und Laster, in dieser Stadt gebräuchlich, weder mit dem Worte strafe noch bei der weltlichen Obrigkeit um deren Abschaffung anhalte, sondern dazu stillschweige und wohl noch gar öffentliche Sünde

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und Mißbräuche vertheidige; daß er unnöthige Neuerungen und Veränderungen wider der ordentlichen "Kaspelkirchen" Gerechtigkeit, ohne der Pastoren Vollmacht und Bewilligung, verrichte, daß er aus der Kapelle zu St. Johannis eine Kaspelkirche mache und die Leute ermahne, da zum Sacrament zu gehen, auch dort ordinire "ohne Besein aller treuen Prediger". Aus der Predigt des Draconites vom 11. Jan. 1560 wird hier noch folgende Stelle angeführt: M. Andreas hätte ihn aus der Kirche getrieben, da er vorher drei Jahre Prediger gewesen und nicht mehr als drei Tonnen Bier bekommen; jedoch hätte er Briefe vom Rath, daß er sollte Pastor zu Unserer Lieben Frauen sein, imgleichen Briefe, daß er zu St. Jacobi sollte Pastor sein und wäre nirgends angenommen; endlich könnten die Prediger auch nicht leiden, daß er zu St. Johannis predige, so er doch von E. E. Rath und frommen Bürgern gebeten sei, daß er auch auf den Sonntag einen Propheten predigen sollte, welches er auch verhoffte, bald zu thun.

Die fürstlichen Commissarien ertheilten auf diese Schrift folgende Antwort: Der Gegenbericht des Draconites sei noch nicht eingelaufen und daher müßten die Beschuldigungen gegen ihn zur Zeit auf ihrem Werthe beruhen. Was die Superintendentur betreffe, so hätten die Commissarien keinen Befehl, den Draconites als Superintendenten zu bestätigen, viel weniger wollten sie, um viel wichtiger Ursachen willen, die Prädicanten damit beschweren, den Draconites als Superintendenten anzuerkennen. Die Lehre der Prediger sei recht und der heil. Schrift und Kirchenordnung gemäß. Aber über die Ordnung und Weise des Verfahrens bei dem Ausschluß vom Sacrament müsse die Commission auf die Beobachtung folgender Grundsätze dringen. Norm des Verhaltens sei Matth. 18. Man solle Niemand öffentlich mit Namen in den Bann thun, der zuvor nicht ernstlich ermahnet und danach ordentlich vor dem Kirchengericht beklaget und überwiesen und verurtheilt sei, es wäre denn die Gotteslästerung so greulich und das Factum so notorisch, daß ein gottseliger, eifriger Pastor einen sonderlichen Ernst dazu gebrauchen müßte, zumal wenn kein ordentliches Kirchengericht bestellet sei. Die Sünder seien dabei natürlich im Allgemeinen zur Buße zu ermahnen. Bekennten sie ihre Sünde und gelobten Besserung, so seien sie zum Abendmahl zuzulassen. "So sie aber ihre Sünde und Gotteslästerung vertheidigen und die Vermahnung trotziglich verachten und keine Besserung zusagen würden, so sind die Prediger schuldig, sie von des Herrn Nachtmahl, von der Taufe und der christlichen Kirchengemeinschaft abzuweisen, bis daß sie sich bekehren. Jedoch soll man einen

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solchen nicht alsbald von der Kanzel ausrufen und öffentlich verbannen, es sei denn, daß er per sententiam consistorii verurtheilt sei oder sonst andere Umstände einen solchen Ernst erforderten". Die Gevattern sollten den Predigern einen Tag vorher angezeigt und dann vorher und nicht mehr öffentlich in der Kirche abgewiesen werden. Unter dem Ausdruck "Verfolger des Prdigamts" solte man nicht diejenigen begreifen, welche mit einem einzelnen Prediger in Privatstreitigkeit lebten.

Mit diesem Bescheid hatten die Prediger bereits in allen wesentlichen Punkten den Sieg errungen. Ihre Lehre war für recht erklärt und Draconites auch von den fürstlichen Commissarien als Superintendent nicht anerkannt, wie schon darum zu erwarten war, weil die Herzoge überhaupt dem Rath das Recht der Bestellung eines Superintendenten nicht zugestanden. Nach Gryse im Leben Slüters (zum J. 1560) ward dieser erste Bescheid später noch dahin erweitert, "daß man Dr. Draconites wegen seiner Unrichtigkeit vom Superintendenten= und Predigamte entsetzen sollte". Wenige Tage darauf reiste Draconites ab und räumte für immer die Stadt. Er starb am 18. April 1566.

VIII.

Mit dem Abgang des Draconites war zwar ein großes Hinderniß der Versöhnung der Parteien beseitigt. Es blieb aber dessenungeachtet noch immer ein Zwiespalt zurück, welcher auf Seiten der Prediger darin seinen Ausdruck fand, daß sie fortwährend alle diejenigen, welche an der Vertreibung des Heshusius und Eggerdes sich betheiligt hatten, und namentlich Peter Brümmer, als unbußfertige Gotteslästerer von der Theilnahme am Sacrament ausschlossen. Was Peter Brümmer betrifft, so ersieht man die Stellung zu ihm aus folgendem vom 1. Aug. 1560 datirten und "alle Diener der Kirche Christi zu Rostock" unterzeichneten Actenstück:

"Erbar weiser Herr Peter Brümmer. Nachdem E. E. W. am nächsten Dienstag dem 23. Jul. von dem würdigen Herrn Matthäo Flegen, Prediger zu Unserer Lieben Frauen, erstlich begehret hat, Ursache zu wissen, warum man E. E. W. zu des Herrn Nachtmahl und bei der Taufe Gevatter zu stehen, nicht zulassen wollte; so haben wir die vornehmste Ursache, so uns dazu bewogen, kürzlich in dieser Schrift gefasset, welche wir E. E. W. zustellen und bitten, E. E. W. wolle sie mit Fleiß durchlesen und bewegen, wünschen auch von unserem Herrn Gott,

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daß E. E. W. ihre Sünde erkenne, wahrhaftig Buße thue und ewig selig werde".

Es werden dann zunächst verschiedene Sprüche angeführt, welche zur Ausschließung der Gotteslästerer vom Sacrament verpflichten (1. Kor. 5, 2. Kor. 6, Matth. 16, Joh. 10), so wie auch die Lehre der Wittenberger und ein Gutachten Melanchthons. "Nun wissen sich E. E. W. zu erinnern, mit was großer, greulicher und öffentlicher landrüchtiger Gotteslästerung und Verfolgung der treuen Prediger E. E. W. befasset ist, welche Sünden E. E. W. (das noch das Gefährlichste und Greulichste ist) nicht allein nicht erkennen, sondern auch noch für recht und löblich halten und vertheidigen will. Denn es ist ja unleugbar, daß E. E. W. am 12. Tage Augusti a. 1557 vor der ganzen Bürgerschaft diese Gotteslästerung öffentlich geredet hat, daß die Prediger zu St. Jacobi (welche doch die heilsame, reine und unverfälschte Lehre des Evangelii von allen Artikeln des Glaubens geführt haben, welche auch, was die Abweisung der Gottlosen von der Taufe und vom Abendmahle, die Sonntagsköste und Unterschied im Begräbniß zu halten belanget, recht und christlich gelehret haben, wie E. E. W. eigener Prophet Dr. Draconites, der E. E. W. und den ganzen Rath in dies Spiel mit geführt hat, jetzt selber ohne seinen Dank und wider seine vorige Rede bekennen muß) eine neue pharisäische Seele anrichten."

Auch habe Peter Brümmer dasselbe Mal die Prediger zu St. Jacobi "mit dieser öffentlichen unverschämten Unwahrheit verfolget, daß sie sich geweigert hätten, die kleinen Kindlein auf den Sonntag zu taufen". - "Dazu hat E. E. W. die frommen und treuen Prediger zu St. Jacobi, nachdem sie ihre christliche Lehre und Handlungen wider E. E. W. ernstlich verantwortet haben, nicht allein mit lästerlichen Worten, sondern auch mit Gewalt verfolget und erstlich die Kirche zu St. Jacobi sechs ganzer Wochen zugeschlossen und darin Gottes Ehre, die Predigt des heiligen und allein seligmachenden Wortes Gottes, die Reichung der heiligen Sacramente und andere Gottesdienste verhindert, gleichwie der gottlose König Ahab die Thüren des Tempels zu Jerusalem zugeschlossen und die wahren und von Gott befohlenen Gottesdienste abgethan hat. Hiemit ist E. E. W. noch nicht gesättigt gewesen, sondern hat auch dahin gedrungen, daß die treuen und beständigen und aus sonderlichen Gnaden Gottes dieser Stadt gegebenen Prediger Dr. Tilemannus und Herr Peter Eggerdes ohne alle vorgehende Erkenntniß ganz unchristlich aus der Stadt verjaget. Dadurch denn nicht allein dieso Stadt bei allen frommen gottesfürchtigen Leuten einen schändlichen bösen Namen

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bekommen, sondern auch Gottes Ehre und dieser Stadt und der umliegenden Kirchen Wohlfahrt vielfältig ist verhindert worden. Es sind auch E. E. W. sammt etlichen anderen mit dieser schändlichen und unchristlichen Verjagung der treuen Prediger noch nicht zufrieden gewesen, sondern haben noch dazu ein unwahrhaftiges und gotteslästerliches Mandat wider die entfremdeten und alle anderen treuen Prediger und alle christlichen Bürger, die es mit ihnen hielten, in den Druck gegeben, anschlagen und von der Kanzel ablesen lassen. Und wiewohl dies Mandat unter eines ganzen Ehrbaren Raths Namen ausgegangen ist, so ist dennoch dieses offenbar, daß E. E. W. "garnach" die vornehmste Ursache ist dieses großen Jammers, Elends und der greulichen Verfolgung und Verjagung der treuen Prediger, dadurch diese Stadt in Gottes Zorn und ewige Schande und Unehre, auch bei den Nachkommen gebracht ist."

"Denn erstlich als der gottlose, unzüchtige und schändliche Canonicus und Gotteslästerer Detlevus Danquardi gestorben, wissen sich E. E. W. zu erinnern, daß der würdige treue Diener Christi Herr Peter Eggerdes vor des Detlevi Begräbniß E. E. W. und die anderen Bürgermeister christlich ermahnet und auf das demütigste gebeten hat, daß sie einen Unterschied zwischen des gotteslästerlichen Canonici und der frommen Christen Begräbniß halten wollten, und den Schulmeistern und Küstern befohlen, daß sie des Detlevi Leichnam nicht sollten mit christlichen Gesängen, Läuten und anderen Ceremonien bestätigen, wie auch der würdige Herr Matthäus Adler, Herr Jochim Schröder und andere Prediger ebendasselbe zur selben Stunde für recht und christlich erkannt und Herrn Peter gerathen haben. Wider diese christliche und demütige Vermahnung hat E. E. W. aus Trotz den treuen Predigern und dem Predigamt zuwider nicht allein den Schulmeistern und Küstern ernstlich befohlen, daß sie alle gewöhnlichen Ceremonien, damit man fromme Christen zu ehren pflegt, auch diesem Canonico erzeigen sollten, sondern ist auch selber am allerersten dem gottlosen Gotteslästerer nachgefolgt."

"Zum andern als garnach alle Prädicanten öffentlich bezeugten, daß Herr Peter recht und christlich gehandelt hätte, und E. E. W. baten, daß sie sich an ihm nicht vergreifen sollten, ist E. E. W. sammt den anderen gleichwohl muthwillig fortgefahren und den gottseligen treuen Diener Christi Herrn Peter Eggerdes seines Predigamts entsetzt."

"Zum dritten als unser gnädiger Herr und Landesfürst Herzog Ulrich zu Mecklenburg eine gnädige Vorbitt für Herrn Peter Eggerdes gethan, daß er wieder in sein Amt eingesetzt

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würde, habend E. E. W. auch getrieben und dahin befördert, daß solches ganz ist abgeschlagen worden."

"Zum vierten als nun Herr Peter wiederum in sein Amt von Unserem gnädigen Herrn ist eingesetzt worden, haben E. E. W. mit allen Kräften danach gestanden, daß die frommen, treuen und beständigen Prediger Dr. Tilemann und Herr Peter Eggerdes ihres Amts wiederum beraubt würden, wie auch Gott erbarms letzlich geschehen ist."

"Zum fünften sind E. E. W. mit allem diesem unchristlichen Handeln nicht gesättiget, sondern unterstehen sich noch, dasselbe als recht und löblich zu vertheidigen und haben sonderlich den Spruch Christi vor vier Jahren etliche Male und nun am nächsten auch gegen Herrn Matthäus im Beisein Herrn Jochimi Schröders eingeführt: Richtet nicht, so werdet ihr nicht gerichtet, damit E. E. W. zu beweisen sich unterstehet, daß die Prediger Niemand von den Sacramenten abweisen und ohne christliche Ceremonien sollen begraben lassen." - -

"Dieweil nun E. E. W. mit dieser öffentlichen Gotteslästerung und Verfolgung der treuen Prediger und anderen Sünden wider die andere Tafel behaftet ist und dieselbe Sünde nicht allein nicht erkennen und bekennen, sondern auch noch für recht vertheidigen wollen, so können wir Diener der Kirche Christi zu Rostock vermöge unseres Amts und ernsten Befehls der ewigen göttlichen Majestät mit gutem Gewissen E. E. W. und andere, so zu dieser Lästerung und Verfolgung des Predigamts wissentlich gerathen und geholfen haben, und sich nicht erkennen, als Christen gebührt, zu des Herrn Abendmahl und anderem Sacrament und christlicher Ceremonien Gemeinschaft nicht zulassen und wollen die Gefahr, so uns darauf stehet, unserem Herrn Jesus Christus, der uns diesem Amt treulich vorzustehen berufen hat, befehlen."

"Welches wir E. E. W. auf ihr ernstliches Anfordern zur Antwort nicht haben können verhalten. E. E. W. sind wir in allem, was wir mit Gott und gutem Gewissen thun können, zu willfahren geneigt und wünschen E. E. W. von Herzen, daß E. E. W. als die jetzt auf der Gruben geht ihre Sünde erkenne und wahrhaftig Buße thue und an den Sohn Gottes glaube und ewig selig werde."

Auch mit den übrigen Mitgliedern des Raths, welche an der Vertreibung der beiden Prediger sich betheiligt hatten, verzögerte sich die Versöhnung noch längere Zeit, wie aus einem Actenstück (in den Acten des geistl. Min. zu Rostock Band XI. S. 433 ff.) ersichtlich ist, welches, datirt Rostock am Tage Concordiä 1561, die Ueberschrift führt: "Der Prediger zu Rostock

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letzte Antwort an die Herren Bürgermeister und etliche Rathsherren daselbst von wegen des Mandats, so wider das heilige Predigamt öffentlich unter E. E. Raths Namen publicirt ist, und von wegen der verjagten Prediger", und welches folgende eigenhändige Unterschriften von zehn rostocker Predigern trägt: M. Andreas Martinus, M. Georgius Reichius, Joachimus Schröderus, M. Simon Pauli, M. Henricus Streuius, Matthäus Fleghe, Joachimus Bansow, Thomas Johannes, Vitus Berg, Bartoldus Dethardingus.

In dieser Schrift gehen die Prediger davon aus, daß sie den Rath öffentlich auf dem Predigtstuhl mit Gottes Wort gestraft und zur Erkenntniß seiner Sünde und wahrer Buße vermahnt hätten wegen des "unchristlichen Mandats", durch welches er den Herrn Christus öffentlich in seinen Dienern angetastet habe. Danach, als die öffentliche Bußpredigt nicht sonderliche Frucht geschafft, hätten sie noch gebeten, daß der Rath sich mit dem Predigamt versöhnen möge, und zwar in einer anfangs (28. Febr.) 1560 eingereichten Schrift, welche in plattdeutscher Sprache verfaßt, dann eingerückt wird, und in welcher sie sich unter anderem auf zwei Schriften Luthers berufen, die, auf gleichen Fall gestellt, im 9. Bande der wittenberger Ausgabe S. 466 und 469 sich finden. Sie verlangen auch nicht öffentliche Abbitte vor der ganzen Gemeine, sondern nur Bekenntniß im Beichtstuhl, daß sie sich wider Gott und das heilige Predigamt, insonderheit mit dem Mandat und der Handlung wider die treuen Prediger versündigt haben. Auch mündlich hätten sie diese Ermahnung wiederholt. Aber hierauf habe der Rath geantwortet, daß er darin keine Sünde erkenne, und habe sogar die Verfolgung des heiligen Predigamts als eine rechte christliche und löbliche That entschuldigt und geschmückt, auch befohlen, daß die Prediger sich hinfort der Worte enthalten sollten, daß E. E. Rath seine Sünde in diesem Fall erkennen wolle und daß ein greuliches unchristliches Mandat von E. E. Rath publicirt sei. Wiewohl ihnen dies befohlen sei, so erfordere es doch ihr Amt, die scharfe und, wie es Dr. Röseler nenne, grobe Verantwortung E. E. Raths kürzlich aus Gottes Wort zu widerlegen. Die Lehre Tilemanns und sämmtlicher Prediger sei vor der ganzen Bürgerschaft eine pharisäische Secte genannt. "Danach haben E. E. W. diese christliche und gottselige Lehre, die Dr. Tilemann und wir unterschriebenen Prediger mit ihm einträchtig lehren, auch mit einem öffentlich gedruckten und von allen Kanzeln abgelesenen Mandat auf das allerschändlichste und greulichste gelästert und mit vielen öffentlichen Unwahrheiten beschwert und verfolgt." Die vortrefflichsten Diener Jesu Christi hätten sie un=

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verhörter Sache zum Stadtthor hinaus verjaget und den einen mit Spießen und Stangen bei nächtlicher Zeit, wie die Juden den Herrn Christus im Garten, überfahen, aus seinem Haus hinweggerissen und der Stadt verwiesen.

Dann werden die Entschuldigungen des Raths geprüft, welcher in seiner letzten Antwort behauptet hatte, das Mandat habe nicht den Zweck, das ganze Predigamt oder die frommen Prediger anzugreifen, sondern allein die Personen, so sich wider den Rath gesetzt, auch auf die Ausfälle in den Schriften von M. Georgius und Dr. Tilemann gegen den Rath Bezug genommen hatte. "Dagegen befindet sich öffentlich das Widerspiel, wenn man das gedruckte Mandat liest. Denn der Buchstabe des Mandats durchaus beweiset, daß es wider alle Prediger ausgegangen sei, welche die Verunheiligung des Sabbaths und den Mißbrauch der Sonntagsköste gestraft und den Unterschied frommer Christen und gottloser Lästerer im Begräbniß und anderen christlichen Ceremonien gehalten haben, und auch wider alle Prediger, die sich vernehmen lassen, daß E. E. W. mit der Verfolgung der treuen Prediger unrecht gehandelt haben. Nun müssen wir unterschriebene Prediger uns alle dazu von Gottes wegen bekennen, daß wir der verfremdeten Prediger Lehre und die Abschaffung der Sonntagsköste und anderer Mißbräuche für recht und christlich halten. So muß ja das Mandat wider uns alle sämmtlich publicirt sein, sonderlich dieweil etliche unter den Predigern, insonderheit als M. Georgius, M. Johannes Schregelius, Er Matthäus, E. E. Rath gebeten haben, daß man ihnen sagen wollte, ob sie damit gemeint würden. Man hat ihnen aber nichts eigentlich, weder ja noch nein antworten wollen. So sind Er Joachim Schröder und M. Georgius und andere also im Mandat abgemalt, daß man sich leichtlich kennen kann. Daraus öffentlich ist, daß das ganze Predigamt in dieser Stadt oder ja alle Prediger in dem Mandat gemeinet und darin als Verführer, Tyrannen, Aufrührer, Mörder und blasphemische Leidsprecher gelästert und geschändet werden. Und ist darum keiner namkundig gemacht, damit sie allzumal verdächtig gehalten und geschändet werden. Denn daß man vorgibt, es sei das Mandat allein wider die Prediger gestellet, die sich wider E. E. Rath gesetzt haben, da müssen wir dieses bekennen, wenn eine Obrigkeit außer ihrem Amt schreitet und öffentlich unrechte Sachen wider Gott und sein heiliges Predigamt vornimmt, daß in diesem Fall nicht allein die Prediger, sondern auch die anderen Unterthanen nicht sollen ihrer Obrigkeit gehorsam sein, nach dem Spruche Petri: Oportet Deo magis obedire quam hominibus. Item: Time dominum, mi fili, et regem."

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In Betreff der Schriften von Tilemann und Reiche bemerken die Prediger, daß diese Verantwortungen durch das gotteslästerliche Mandat hervorgerufen wären, und daß man Gott, welcher den Rath durch M. Georgium zur Buße vermahnt habe, demüthiglich hätte folgen sollen.

"Was nun den anderen Artikel, von der Vertreibung Dr. Tilemanni und Er Peter Eggerdes belanget, haben E. E. W. erstlich durch Dr. Röseler reden lassen, daß wir den Anfang bedenken sollten. Eggerdes hätte ein neu Regiment (mit den Sonntagskösten, mit Abweisen von der Taufe, mit dem Unterschied im Begräbniß) wollen anrichten, ohne der anderen Prediger Wissen und Willen, derer noch etliche in unserem Mittel wären. Dagegen wissen sich E. E. W. zu erinnern, daß zuvor, ehe denn Er Peter Eggerdes abgesetzt ward, die ältesten Prediger als Er Matthäus Adler, Er Peter Hakental, Er Jochim Schröder, auch M. Andreas Martinus allhie auf der Schreiberei gewesen und vor E. E. W. öffentlich Er Peters Lehre und Handlung vertheidigt haben; und hat sonderlich Adler gesagt, was Er Peter Eggerdes gelehret hätte, das hätte er auch gelehret und wäre Gottes Wort. Auch sagt der alte Er Peter Hakental, daß er vor zwanzig Jahren also gelehret hätte, daß man sollte einen Unterschied zwischen gottesfürchtigen und gottlosen Leuten im Begräbniß halten, und man sollte sich an dem jungen Manne nicht vergreifen, er hätte hohe Gaben, er hätte den heiligen Geist. Dasselbe haben auch Er Jochim Schröder und M. Andreas da vor dem ganzen Rath öffentlich bekannt."

"Darum nimmt uns Wunder, daß E. E. W. dieses reden darf, daß Er Peter Eggerdes ein neues Regiment ohne der anderen Prediger Wissen und Willen angefangen habe, so es doch alle Prediger, die dazumal vor E. E. W. vorgefordert waren, für recht erklärt und bewilligt haben. Daß aber hernach der alte Er Peter (Hakendal) abfiel und zu der treuen Prediger Verfolgung half, das lassen wir Gott richten."

"Was nun E. E. W. von dem Proceß haben reden lassen, daß Er Peter Eggerdes wider die Notel, so uns von den fürstlichen Commissarien ist zugestellet, gehandelt habe, kann sich E. E. W. erinnern, daß von den fürstlichen Commissarien unsere Lehre und angefangene Disciplin ausdrücklich für recht und christlich erkannt ist. Wir haben uns auch nie anders mit dem Proceß gehalten als in der Notel vorgeschrieben ist, allein dieses ausgenommen, daß wir die Gevattern unterweil in der Kirche angesprochen haben, welches die Commissarien nicht als unrecht strafen, sondern allein, damit weniger Ursache zur Verbitterung wider das Predigamt gegeben werde, für gut angesehen, daß

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man die Gevattern nicht in der Kirche, sondern wo es Noth wäre, privatim ansprechen und berichten soll."

"Daß man aber dieses sehr hoch aufmutzt, daß Er Peter etliche, so dem gottlosen Detlevo gefolgt, mit Namen von der Kanzel genennet hat, wissen E. E. W., daß Er Peter vor dem Begräbniß die Herren Bürgermeister vermahnet hat, daß sie den gottlosen Lästerer nicht sollten wie einen anderen frommen Christen begraben. Aber man hat den Predigern und dem Predigamt zuwider und zum Trotz, den Gotteslästerer mit allen Ceremonien, damit man fromme Christen zu ehren pfleget, bestätiget. So hat auch Herr Peter Niemand in den Bann gethan, sondern allein geklaget, daß dieselben seine Schäflein, die christliche Gemeine, so öffentlich geärgert hätten, und ob er schon darin etwas zu viel gethan hätte, so können wir in solchen göttlichen Sachen, die Gottes Ehre und der Menschen Seligkeit belangen, mit St. Paulo sprechen: thun wir zu viel u. s. w. Und folget darum ganz und gar nicht, daß man deshalb einen frommen treuen Prediger, der da seines Herrn Christi treuer Diener und in der Lehre und Leben unsträflich ist, sollte der Ursache halben seines Amtes entsetzen und zum Thor hinausführen."

"Daß man auch vorgibt, die Entschuldigung gelte nicht, daß man den Rath einmal zuvor darum begrüßt hätte, man sollte drei= oder viermal vor den Rath gekommen sein, wissen sich E. E. W. selbst zu erinnern, wie oft die Prediger zu derselben Zeit begehrt haben, mit E. E. Rath zu reden, daß man sie noch nicht gut dafür geachtet hat, daß man sie vorlassen ("furstaden") wollte, und sind in einer Woche dreimal abgewiesen worden, bis daß sie hintennach damit Audienz erhalten haben, daß sie anzeigen ließen, wo sie E. E. Rath nicht hören wollte, so würden sie es unserem Herrn Gott und der christlichen Kirche öffentlich klagen."

"Es hat auch Dr. Röseler und andere den 83 Canonem Apostolorum, wie man sie unverschuldet nennt, angezogen, daß die weltliche Obrigkeit eigene Macht habe, solche Prediger, die wider die Obrigkeit handeln, abzusetzen und zu bestrafen: Quisquis Imperatorem auf magistratum contumelia affecerit, supplicium luito, et quidem si clericus sit, deponitor, si laicus, a communione removetor. Nun ist noch dieses ganz disputirlich, ob der, so der Obrigkeit Sünden Amts halben straft, die Obrigkeit höhne und lästere, und ob schon dem also wäre, so folgt aus diesem Canone noch nicht, daß ihn die weltliche Obrigkeit darum absetzen soll. Denn daß er nicht von der weltlichen Obrigkeit Strafe rede, scheint daraus, daß er die Laien, so ihre Obrigkeit lästern, nur von dem Sacrament weisen heißt, welches nicht der weltlichen Obrigkeit, sondern der geistlichen

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Obrigkeit als dem Bischof oder Pastor zusteht. Aber wenn wir aus den Canonibus hievon handeln wollen, möchten wir auch wohl Canones zusammensuchen, die viel anders lauten, als 17. 9. 4. cap.: Si quis suadente diabolo in clericum violentas manus iniecerit, anathematis vinculo subjaceat, et nullus Episcoporum illum praesumat absolvere, nisi mortis urgente periculo. Aber bei uns Christen soll Gottes Wort billig höher denn alle Canones geachtet werden, welches also spricht: Fürchte den Herrn von ganzem Herzen und halte seine Priester in Ehren" u. s. w.

"Daß aber E. E. W. sich allezeit vernehmen läßt, daß sie nicht Verfolger des Predigamts und Gottes Worts können gescholten werden, dieweil sie nun über die dreißig Jahre Gottes Wort haben predigen lassen und demselben allezeit alle mit einander von Herzen zugetan und gewogen sind gewesen, da wollen wir auf diesmal, größere Verbitterung zu verhüten, nicht von handeln. Es wird sich aber E. E. W. gleichwohl zu erinnern wissen, wie ihrer etliche viele Jahre her gegen das Evangelium und die treuen Prediger, die fast alle über E. E. W. als Verfolger der treuen Prediger stets heftig geklagt haben, gesinnt gewesen sind, und wie man mit Er Jochim Slüter, mit Er Adler, mit Dr. Smedenstet, mit Er Jochim Schröder, mit Dr. Tilemann und uns anderen, die wir noch hier sind, gehandelt hat, das ist jedermänniglich bekannt."

"Und daß E. E. W. den gefaßten Haß und Neid und die Verfolgung wider die treuen Diener Christi Dr. Tilemann Heshusius und Er Peter Eggerdes noch nicht fallen lassen, ist daraus offenbar, daß ihr sie nicht allein hie giftiglich und feindlich ohne alles Aufhören lästert, sondern auch noch neulich an die Römisch Kaiserliche Majestät ein Schreiben habt stellen lassen, darin ihr sie auf das allerbeschwerlichste und heftigste angebet und darum fordert, daß man sie nicht wiederum in dieses Land und sonderlich nicht in die Stadt Rostock einkommen soll lassen."

"Nun wisset ihr ja selber aus Gottes Wort, wenn ihr schon in allen anderen Sachen löblich gehandelt hättet, daß ihr gleichwohl, so lange ihr in Haß und Neid lebet und euch mit eurem beleidigten Widersacher nicht vertragen habt, das Sacrament nicht würdiglich empfangen könnt. Daß E. E. W. aber spricht, wir sollen euch das Sacrament reichen und euch dafür sorgen lassen, ob ihr es würdiglich oder unwürdiglich zu eurem Gericht empfanget, das ist zumal unbedächtig geredet. Denn gleich wie allen Christen empfohlen wird, daß sie sich selber prüfen sollen, daß sie nicht unwürdig den Leib Christi essen, also ist allen treuen Seelsorgern befohlen, daß sie Niemanden, den sie

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wissen, daß er es unwürdig und zu seinem Gericht empfangen würde, das Sacrament reichen sollen. Dieweil ihr nun in öffentlichen und landrüchtigen Sünden, in Verfolgung, Haß und Neid der treuen Diener Jesu Christi lebt, und darin verharret und dieselben weder erkennen noch bessern wollt, so erfordert unser von der göttlichen Majestät uns auferlegtes Amt, so wir dasselbe als treue Haushalter ausrichten und nicht von euertwillen verdammt sein wollen, daß wir euch zu der Gemeinschaft des hochwürdigen Sacraments des Herrn Nachtmahls nicht zulassen können, ehe wir gewisse Anzeigung von euch haben, daß sich E. E. W. diese Verfolgung der treuen Prediger lasse leid sein und sich mit den beleidigten Predigern ernstlich zu versöhnen begehren."

"Nun haben wir keinen Zweifel, es werden in eurem Mittel ja noch etliche fromme gottesfürchtige Herren sein, die sich den heiligen Geist werden regieren lassen und diese unsere Bußpredigt und treue Vermahnung zu Herzen nehmen und ihnen herzlich lassen leid sein, daß sie zu der Verfolgung des heiligen Predigamts und der treuen Prediger geholfen oder gewilligt haben. Dadurch unser Herr Christus heftig erzürnet und viele fromme heilige Leute in dieser Stadt und anderswo geärgert und herzlich betrübet und diese Stadt im ganzen Deutschland einen bösen Namen bekommen hat."

"Wo nun etliche aus E. E. W. Mittel sich also christlich gegen uns Diener Christi in diesem Handel erklären werden, so wollen wir uns auch wiederum, als ihren lieben und treuen Seelsorgern gebührt, gegen sie christlich und freundlich erzeigen, also daß sie selbst ein christliches und freundliches Gefallen daran haben sollen. Wir wünschen auch allen E. E. W. von Herzen, daß sie diese unsere treue und ernste Vermahnung, dabei wirs forthin wollen bleiben lassen, fleißig betrachten und zu Gemüth führen und sich vor der ewigen göttlichen Majestät und unserem Heiland Jesu Christo herzlich demüthigen, ihre Sünden erkennen und forthin das heilige Predigamt und die treuen Diener lieb und werth halten und zu Gottes Ehre und der Kirche und ihrer selbst Wohlfahrt alle ihre Handlungen richten. Da wird unser Herr Gott wiederum seine Gnade, Segen, Ehre und Glück und alle zeitliche und ewige Wohlfahrt E. E. W. und dieser ganzen löblichen Stadt reichlich verleihen. Amen."

Durch die Vermittelung des pommerschen Superintendenten Dr. Jacob Runge, welcher im Jahr 1561 zu Rostock anwesend war und hier den M. David Chyträus und M. Simon Pauli zu Doctoren der Theologie promovirte, gelang es endlich, eine Aussöhnung zwischen Geistlichkeit und Rath zu Stande zu bringen, welche am Sonntage Cantate, den 4. Mai

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1561, in der Marienkirche am Schluß der Predigt folgendergestalt durch Dr. Runge öffentlich verkündigt ward: "Lieben Freunde in Christo. Nachdem in dieser Kirchen Uneinigkeit und Irrung zwischen dem Ehrbaren Rath und dem Predigamt etliche Zeit gewesen, so hat der allmächtige liebe Gott seine göttliche Gnade verliehen, daß solches alles christlich und wohl ist vertragen; daß Gottes Ehre gepreiset und die Conscientien gestillet sind. Und hat E. E. Rath sich dermaßen erklärt, daß die Prediger mit dem Rath und wiederum der Rath mit den Predigern wohl zufrieden sind. Als aber an solcher gottseligen Vereinigung unserer lieben Obrigkeit mit dem heiligen Predigamt unserem Herrn Jesu Christo, der lieben Kirche und der ganzen Stadt groß gelegen, sollen alle Christen von Herzen Gott dem Herrn dafür danken und bitten, daß er mit seinem heiligen Geist, das er angefangen, wolle stärken und bestätigen. Amen".

 

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