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b . Kirchliche Bauwerke.
Die Kirche zu Neuburg.
Dr. Lisch hat in Jahresber. VII, S. 73 bereits einen kurzen Bericht über die neuburger Kirche gegeben. Eine detaillirtere Untersuchung, als demselben damals möglich war, hat zu einem interessanten Ergebnisse geführt, und verdient demnach der Bau, daß einer weiteren Beschreibung desselben Platz gegönnt werde.
Dr. Lisch hat a. a. O. schon das Alter der Kirche bestimmt und Jahrb. VII, S. 170 angegeben, daß bei der Stiftung des Klosters Sonnenkamp im Jahre 1219 der Priester Friedrich von Nienborg als Zeuge auftritt. In der That zeigt die Kirche auch durchweg den Uebergangsstyl, während der Thurm, wie bei den Kirchen zu Proseken und Neubukow, einer viel späteren Zeit seine Entstehung verdankt.
Der Chor ist rechteckig und mit einem sehr spitzen Gewölbe ohne Rippen bedeckt, welches in jeder der vier Ecken durch drei kleine aneinander gestellte Pilaster, die mit einem geringen Simse versehen sind, unterstützt wird. Die östliche Wand hat drei Fenster, deren Wölbung kaum erst vom Rundbogen abweicht, und von denen das mittlere bedeutend höher ist, als die beiden seitlichen. Sie sind mit einem Rundstabe eingefaßt und haben eine glatte, schräge Laibung. Ein Paar eben solcher Fenster befindet sich in der südlichen, ein anderes in der nördlichen Wand; hier sind sie aber eines Anbaues wegen, vielleicht ursprünglich schon, vermauert. Der Chor öffnet sich gegen die Kirche hin durch das Triumphthor, welches mit den erwähnten Pilastern dasselbe Sims hat, in einem ziemlich spitzen Bogen 1 ).
Das Schiff wird jederseits durch vier in gleichen Entfernungen angebrachte Fenster mit schräger, glatter Laibung ohne Stabeinfassung erhellt, und ist, wie in den Kirchen zu Lübow und Neukloster, mit einer flachen Holzdecke bebeckt, obwohl man, höchst auffallend, über dem Triumphbogen eine Aussparung, anscheinend für Gewölbekappen bemerkt. Die Seitenmauern ruhen jede auf vier Rundbogen, die von Pfeilern mit kreuzförmiger Grundgestalt getragen werden, welche in ihren
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Winkeln kleine Säulen haben oder einen um den ganzen Bogen herumlaufenden Rundstab, während der Pfeiler selbst eine abgerundete Kämpferleiste hat. Eine so gebildete Pforte führt auch aus dem Chor südwärts in einen Anbau von späterem Datum, eine andere gegenüber in den schon erwähnten Anbau, welcher, jetzt ein Grabgewölbe, seiner Lage nach ursprünglich als Sakristei gedient haben wird.
Die westliche Wand der Kirche ist mit einem großen Spitzbogen durchbrochen, welcher die Orgel enthält.
Alles ist natürlich mit Tünche übersalbt, die Balkendecke, den Vorstellungen jener pinselseligen Aufklärer von himmlischen Dingen gemäß, grau angestrichen, und die gehörige Suite von Logen und Gallerien an Ort und Stelle. Das gesammte Mobiliar ist neu und mittelmäßig oder schlecht, schlecht auch, aber alt, die Passion unter dem Triumphbogen 1 ).
Von alten Wandmalereien ließ sich nichts spüren, nur daß zwischen den Fenstern der östlichen Chorwand zwei rothe Weihkreuze auf rundem Putzgrunde sich finden. Der Triumphbogen und die Gewölbekappen, so wie die Fensterwölbungen sind natürlich abgeputzt.
Der Chor hat (ungefähr) eine Breite von 24 1/2 und eine Länge von 28 hamb. Fuß, während das Schiff in der Breite etwa 30 und in der Länge 53 Fuß im Lichten mißt.
Man tritt aus der Kirche durch den Thurm über das Fragment einer alten Steinmetzarbeit, anscheinend eines Taufbeckens. - Die östliche Chorwand wird von zwei durch einen romanischen Sockel verbundenen Lissenen eingefaßt, die sich, in Rundbogen ausgeschnitten, deren freie Schenkel von würfelförmigen Kragsteinchen unterstützt werden, an der Giebelschräge hinaufziehen. Die Fenster sind auch außen so gebildet, wie bei der Beschreibung des Innern angegeben und gleichermaßen auf der Südseite, an der sich von den Ecklissenen ein Fries von Rundbogen hinzieht, die sammt den Zwickeln zwischen ihnen ausgeputzt sind und von kleinen geschnittenen, zum Theil glasurten Kragsteinen getragen werden. Auf der Nordseite wird es sich ebenso verhalten, doch ist diese durch den oben erwähnten Anbau, dessen Mauerwerk bis zum Dache übrigens nicht viel jünger als die Kirche sein wird, der Betrachtung unzugänglich.
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Wenn auch nicht das Schönste, - das ist die wahrhaft erhabene Ostseite des Chores, - so doch der ganz besonders die Aufmerksamkeit auf sich ziehende Theil der Kirche ist das Schiff. Dr. Lisch bemerkte in den Seitenwänden Bogenstellungen, welche ihm, da seine Untersuchung nur das Innere genauer berücksichtigen konnte, als Mauervertiefungen zur Materialersparung erschienen. Betrachtet man aber die Außenwand näher, so stellt sich heraus, daß die im Durchmesser vierfüßigen Pfeiler, welche die vier Rundbogen von 7 Fuß Weite tragen, Kämpferleisten und kreuzförmige Grundfigur haben, daß theils Säulchen in den Ecken der Pfeiler sich finden, theils Rundstäbe dieselben ausfüllen und sich um den ganzen Bogen herumziehen, daß die Füllungen der Bogen keineswegs ursprünglich sind, kurz daß der untere Theil der jetzigen Außenwand nichts anders ist, als die Scheidebogen einer Kirche mit zwei niedrigen Seitenschiffen. Daß dem so ist, bezeugen auch die beiden Absätze des Mauerwerks, deren erster sich 1 1/2 Fuß über der Wölbung des äußeren Bogens, welche 1 Fuß breit ist, befindet, und deren zweiter 3 Fuß höher liegt als der erste, und welche offensichtlich dazu bestimmt sind, den Stuhl eines Pultdaches zu tragen. Abzunehmen ist aber aus dieser geringen Entfernung der beiden Absätze von einander, daß entweder die Breite dieser Seitenschiffe eine sehr geringe - 3 bis 4 Fuß - werden sollte, - denn es scheint nicht wahrscheinlich, daß sie ausgeführt wurden, - oder, wie man schwerlich annehmen darf, daß man ein ungewöhnlich geneigtes Dach, wie die Gothiker unserer Tage sich gestatten, zu legen beabsichtigte 1 ).
Der erste Absatz läuft in die beiden äußeren Lissenen fort, der zweite in eine mittlere, die daher zu beiden Seiten zwei Fenster hat. Anderthalb Fuß über dem Scheitel der Fensteröffnung beginnt das Simswerk des Daches. Es treten Kopfsteine in die hohe Kante gestellt gleich weit von der mittlern Lissene aus dem Mauerwerk hervor und tragen eine Laufschicht,
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unter der und zwischen den eben gedachten Kragsteinen der Grund geputzt ist. Ueber dieser Laufschicht liegt von einer Ecklissene bis zur andern eine Stromschicht und über dieser wieder eine Laufschicht. Dann folgt eine Schicht Kopfsteine, die so weit hervorspringt wie die Ecklissenen, und dann noch drei Schichten schlichtes Mauerwerk.
Die Kirche wäre demnach wohl würdig, dereinst mit Liebe und Einsicht wieder hergestellt und - ausgeführt zu werden. Sie steht noch im Rundbogenstyl und ist der schönen lübowschen Kirche verwandt, und ragt in die Uebergangsperiode hinein, mit deren schönstem Denkmale, der neuklosterschen Kirche, sie Vieles gemein hat. Sie bildet ein wahres Zwischenglied zwischen den byzantinischen und Uebergangsbauten in Meklenburg, wie die unferne neubukowsche Kirche zwischen letzteren und den Bauten germanischen Styls in der Mitte steht.
Der Thurm ist hoch und ansehnlich, auch von ganz guten Verhältnissen, aber ohne besondere Eigenthümlichkeit.
C. D. W.