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Der Burgwall von Brenz.

Das Dorf Brenz, am linken Ufer der Elde, eine halbe Meile östlich von Neustadt, an der Straße von Neustadt nach Parchim, war in alten Zeiten der Hauptort eines eigenen Landes Brenz, welcher durch die Gründung der Stadt Neustadt im Laufe des 13. Jahrhunderts seine Bedeutung verlor. Oestlich von dem Lande oder Gau Brenz lag das Land Warnow, welches eine ganze Völkerschaft und ungefähr die Länder oder spätern Vogteien Parchim, Ture, Quetzin (Plau), Sternberg und Richenberg 1 ) umschloß. Das Land Brenz wird von dem Lande Warnow ausdrücklich getrennt und gehörte wohl zu einer andern größern Völkerschaft oder war ein neutrales Gebiet. Am 29. April 1230 bezeugen 2 ) die Fürsten Johann und Pribislav von Meklenburg, "daß der Bischof von Schwerin ihnen die Hälfte der Zehnten im Lande Warnow an beiden Seiten der Elde und im Lande Brenitz, so weit ihr Gebiet sich erstreckt, abgetreten habe."

Das kleine Land Brenz hatte ohne Zweifel in wendischer Zeit eine wichtige Lage, da an demselben die Grenzen der drei Bisthümer Havelberg, Schwerin und Ratzeburg zusammenstießen. Die Pfarren Spornitz und Brenz ("villa Brenzsen, Hauelbergensis diocesis, aduocatie Nyenstad" 1361) bildeten die nördliche Grenze des Bisthums Havelberg, bis zur Elde; die Stadt Neustadt am rechten Ufer der Elde, sicher die alte Burg, gehörte zum Bisthume Schwerin,


1) Vgl. Beyer in Jahrb. XI, S. 45.
2) Vgl. Lisch Mekl. Urk. III, S. 78, und Jahrb. XI, S. 46.
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dagegen gehörte das im dreißigjährigen Kriege zerstörte St. Georgen=Hospital vor dem parchimschen Thore der Stadt, also am linken Eldeufer, schon zum Bisthume Havelberg ("sunte Georiens kerke vor der Nyenstadt in deme slichte to Hauelberge" 1421). Die Stadt Grabow und die Pfarre Gr. Laasch zwischen Grabow und Neustadt gehörten noch zum Bisthume Ratzeburg, eben so aber auch noch das jetzt zur Pfarre Muchow gehörende Dorf Zierzow, am linken Ufer der Elde, welches früher eine eigene Pfarre hatte ("Conradus de Honouere et Johannes de Spornitze, ecclesiarum in Cyrtzowe et Spornitze rectores, Raceburgensis et Hauelbergensis dyocesis" 1354). Die Pfarre Brenz im Bisthume Havelberg stieß also im Westen an die Bisthümer Schwerin und Ratzeburg, welche sich zwischen Neustadt und Grabow schieden. Da nun die kirchlichen Grenzen der frühesten christlichen Zeit mit den alten heidnischen Grenzen gewöhnlich übereinstimmen, so wird hier eine wichtige heidnische Völkerscheide gewesen sein.

Noch im J. 1247 wird das "Land Brenz" ("terra Brence") genannt. In diesem Jahre gab nämlich der Graf Gunzelin III. von Schwerin diejenigen Güter, welche er im Lande Ture im Besitz hatte (wahrscheinlich bei Siggelkow und Zachow, südlich von Parchim), dem Fürsten Pribislav von Parchim=Richenberg zurück, wogegen Pribislav das, was der Graf im Lande Brenz besaß, Pribislav aber immer als sein Eigenthum beansprucht hatte, dem Grafen abtrat 1 ). Hierunter sind wohl nur einige Besitzungen am linken Ufer der Elde 2 ) vor der gräflich=schwerinschen Burg Neustadt, damals noch Chlewe genannt, zu verstehen. Diese Abtretung einiger Besitzungen im Lande Brenz geschah ohne Zweifel in Folge der Erbauung der gräflichen Burg zu Chlewe (Neustadt) und der Stiftung der Neuen Stadt Chlewe ("Noua ciuitas Chlewa") oder der Stadt Neustadt, welche in der Zeit von 1251=1253 als eine vor kurzem gegründete Stadt zuerst 2 ) genannt wird.

Es war nun mehr als wahrscheinlich, daß bei dem Orte, welcher der Hauptort eines Landes war, eine heidnische Burg, eine Gauburg, liegen müsse. Da sich auch Kunde von dem Vorhandensein eines Burgwalles verbreitet hatte, so ging ich am 6. Mai 1852 nach Brenz, wo ich unter der freund=


1) Vgl. Jahrb. XI, S. 238 und 53.
2) Vgl. Jahrb. X, S. 188-190.
2) Vgl. Jahrb. X, S. 188-190.
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lichsten Unterstützung und Beförderung des Herrn Pastors Goß, die Forschungen anstellte. Es fand sich bei Brenz allerdings ein Burgwall, welcher noch heute diesen Namen führt. Die ganze Gegend ist bekanntlich flach und sandig. Der Burgwall liegt in dieser flachen, sandigen Ebene, 1/4 Stunde nördlich von dem Dorfe, in einer Ebene, welche freilich viel feuchter und fruchtbarer ist, als der Acker in diesen Gegenden zu sein pflegt, jedoch nicht, wie sonst die wendischen Burgwälle, in einem Moore oder an einem See, sondern in ziemlich festem Erdreich, welches jedoch in frühern Zeiten oft unter Wasser gestanden haben soll. Der Burgwall hat ein ganz anderes Ansehen, als die meisten andern Burgwälle aus der Wendenzeit. Der Burgwall von Brenz ist nur einige Fuß hoch über die Ackerfläche umher erhaben. Er ist nicht viereckig, sondern rund, 235 Schritte im Umfange und 260 Fuß im innern Durchmesser. Er ist ringsumher von einem Walle umgeben, welcher nur 2 bis 3 Fuß über den innern Burgraum emporragt. Um den Wall läuft ein schmaler Graben, in welchem gewöhnlich immer etwas Wasser steht. Dies ist die einfache Gestalt dieses freilich ziemlich ausgedehnten, aber sehr niedrigen Burgplatzes.

Es war von großer Wichtigkeit, die bekannten Alterthümer der Burgwälle zu finden. Eine an vielen Stellen auf dem Burgwalle versuchte Nachgrabung wollte kein Resultat geben; später machte der Herr Hof=Decorations=Maler Clement zu Ludwigslust die Mittheilung, daß er in frühern Zeiten Nachgrabungen auf dem Burgwalle angestellt und dabei viele Scherben gefunden habe. Ich fand jedoch dies Mal auf dem Burgwalle keine einzige Scherbe. Jedoch wurden unmittelbar vor dem Burgwalle mehrere Gefäßscherben gefunden, welche die untrüglichen Kennzeichen der Wendenzeit hatten, so daß es sicher festgestellt ward, daß der Ort zur Wendenzeit bewohnt war.

Es ist allerdings auffallend, daß dieser Burgwall in seiner ganzen Construction von den meisten andern wendischen Burgwällen des Landes abweicht. Der Grund dieser Abweichung mag aber entweder darin liegen, daß dieser Burgwall keine große Bedeutsamkeit hatte, oder ein Werk eines andern Volksstammes war, welcher anders bauete, als die Wenden von den berühmtern größern Völkerschaften, oder auch darin, daß Niclot im Anfange der Kreuzzüge die bekannten Burgwälle in der Mitte des Landes bedeutend erhöhete und mehr befestigte und diese daher ein anderes Ansehen haben, als die Burgwälle, welche von der großen Kriegsstraße entfernter liegen und daher nicht befestigt, sondern verlassen wurden. Daher sieht

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auch der herzogliche Mathematikus und Ingenieur Tilemann Stella, welcher seine Augen auch auf historische Merkwürdigkeiten richtete, in dem Amtsbuche von Neustadt vom J. 1576 den Burgwall von Brenz nur für eine Schutzwehr zur Bewahrung des Viehes zur Kriegszeit an:

"Item zu Brenß auch ein Burgwal, receptaculum pro pecoribus tempore belli."

Die nächsten Burgwälle scheinen zu sein: südlich bei Muchow, östlich bei Parchim, nördlich bei Friedrichsruhe (vgl. S. 273); ob die Burgwälle von Neustadt und Grabow im Westen heidnischen Ursprunges sind, läßt sich wohl schwerlich ermitteln, da sie im Mittelalter viel bebauet sind.

G. C. F. Lisch.