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II. Zur Baukunde.

1. Vorchristliche Zeit.


Wendischer Burgwall von Friedrichsruhe.

Der Herr Pastor Willebrand zu Kladow macht dem Vereine über die Entdeckung eines wendischen Burgwalles zu Friedrichsruhe bei Crivitz folgende Mittheilungen.

In den zu Friedrichsruhe gehörenden Wiesen, in der Richtung nach Klinken hin, nahe an der Grenze der sogenannten Pöls, einer rings von Wiesen inselartig umgebenen Bauerhufe, liegt ein Burgwall aus alter Zeit, unmittelbar am linken Ufer des von Friedrichsruhe nach der Klinker Mühle fließenden "Klinker Mühlbaches". Nördlich und südlich vom Burgwalle erstrecken sich längs des Baches große Wiesen und Moorflächen. Die Breite des Wiesenthales von Osten nach Westen beträgt 800 Schritte; der Wall liegt etwas westlich von der Mitte des Thales.

Westlich von Friedrichsruhe erhält der Klinker Mühlbach einen Zufluß, welcher aus der Gegend zwischen Badegow und Radepohl herkommt und den Namen "Düvelsbek" führt; an der Seite dieses Zuflusses liegen: der Blocksberg, die Mörderkuhle, ein großes Hünengrab mit einem mächtigen Decksteine und eine Anhöhe, welche auf der schmettauschen Charte "Hölle", von den Leuten in der Umgegend aber "uppe Hell" genannt wird.

Die Form des Wallringes ist abgerundet viereckig; die südliche, östliche und westliche Seite sind noch ganz erhalten, die nördliche Seite dagegen ist vor etwa 30 Jahren von dem damaligen Pächter von Friedrichsruhe fast ganz abgeräumt, um die umliegenden Wiesen damit zu verbessern. Der Wallring ist etwa 16 Fuß höher, als die ihn umgebenden Wiesenflächen; die innere Fläche des Burgwalles, innerhalb des Wall=

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ringes, ist in der Mitte höchstens 2 Fuß höher als die Wiesen, also etwa 14 Fuß tiefer als der Wall. An der östlichen und westlichen Seite des Wallringes finden sich tiefe Einschnitte, etwa 4 bis 6 Fuß über die Wiesen erhaben, als Durchgänge durch den Wall.

Durch diese beiden thorartigen Einschnitte führt jetzt ein Fußsteig. Vom östlichen Thore führt ein 373 Schritte langer, aufgetragener Damm durch die Wiesen bis an den Rand des Gehölzes. Verfolgt man diesen Fußsteig durch das Holz weiter, so gelangt man nach 534 Schritten (907 Schritte vom Burgwalle) zu einer Gruppe von 8 Hünengräbern, an deren Außenseite aber keine Steine bemerkbar sind. Einige hundert Schritte weiter liegt links vom Steige noch ein einzelnes Grab. Weiterhin führt dieser Fußsteig zur friedrichsruher Holzwärterwohnung.

Aus dem westlichen Thore führt ein 22 Schritte langer, erhöheter Damm bis zum Bache; von hier geht derselbe noch 300 Schritte weiter in der Richtung nach Göthen. Am Ende dieses Dammes sieht man im Sandberge noch deutlich die Stelle, von welcher die Erde, zur Aufschüttung des Dammes oder auch vielleicht selbst des Burgwalles, genommen ist; doch erscheint es wahrscheinlicher, daß die schwarze Erde des Burgwalles von Osten her aus dem Holze genommen ist, wo ebenfalls noch einige Vertiefungen wahrzunehmen sind.

Mißt man von der äußern Seite des östlichen Durchschnittes bis zur äußern Seite des westlichen, so beträgt der Durchmesser des östlichen Ringwalles unten an seinem Grunde 31 Schritte, der des westlichen Ringwalles 33 Schritte, der des Burgwalles innerhalb des Wallringes 52 Schritte, der Durchmesser des ganzen Burgwalles von Osten nach Westen also etwa 116 Schritte.

Da die Nordseite des Wallringes abgetragen ist, so läßt sich hier an den Rändern das Innere des Walles bequem untersuchen. Die Erdwand bietet keine auffallenden Schichten dar; die Erde ist überall gräulich=schwarz und besteht, wie auf allen heidnischen Burgwällen, aus sandiger Moorerde mit wenig Steinen vermischt.

Da der Regen die Erde allmählig abspült, so stehen Gefäßscherben, große Stücken Kohlen von Eichen= und anderm Holze, allerlei Thierknochen, zum Theil roth gebrannte Lehmstücke aus der Wand hervor. Da diese Gegenstände oft tief im Innern des Ringwalles stehen, so liegt die Vermuthung nahe, daß im Laufe der Zeit der Ringwall erhöhet und dazu Erde von der innern Fläche des Burgwalles genommen ward, wobei denn zugleich all jener Schutt und

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Abfall mit auf den Wall gebracht ward. Hieraus erklärt sich denn auch zugleich die auffallende Tiefe des innern Burgraumes und die ungewöhnliche Höhe des Ringwalles.

Diese Gefäßscherben, welche sich in einer Tiefe von 1 Fuß tiefer in der aufgeschütteten Erde überall finden, stimmen alle mit denen von den Burgwällen aus der letzten Zeit des Wendenthums völlig überein. Der Thon zu diesen Gefäßen ist, nach heidnischer Weise, mit Sand und Granitgrus durchknetet; die Ränder sind mit den bekannten breiten, wellenförmigen Verzierungen verziert. Es fand sich auch nicht eine einzige im Brennofen gebrannte Scherbe aus der christlichen Zeit. Der Burgwall ist also rein wendisch. Außerdem fand der Herr Pastor Willebrand eben so viele Bruchstücke von Thierknochen, einige gelbroth gebrannte Lehmstücke und hin und wieder einzelne Kohlen: alles wie auf allen andern wendischen Burgwällen.

Der Herr Pastor Willebrand untersuchte den Burgwall auch in botanischer Hinsicht 1 ), da sich in ihm der Gedanke regte, ob sich vielleicht einzelnes, von den frühern Bewohnern Angepflanztes im verwilderten Zustande erhalten habe. Diese Seite der Forschung ist ganz neu, könnte aber bei fortgesetzten Studien zu interessanten Ergebnissen führen. Ich selbst habe nicht sehr darauf geachtet, und nur auf dem Burgwalle von Dobin, an der Döpe, bei Hohen=Viecheln am schweriner See, verwildertes Gestrüpp von Plaumenbäumen gefunden, am Rande, wo der Pflug die Erde nicht genug umwühlen kann.

Auf dem Burgwalle von Friedrichsruhe fand Herr Willebrand z. B. als Seltenheit die bekannte Schlüsselblume (Primula veris), welche sich sonst in der Umgegend nicht häufig findet; bemerkenswerth war sonst noch das Vorkommen von Fragaria collina (Knack=Erdbeere) und Polygonum bistorta (Wiesen=Knöterich, Natterwurz, ein kräftiges Heilmittel), welche beide Pflanzen in der Umgegend auf den Burgwall beschränkt sind. Auf dem Burgwalle stehen wenig Bäume und hin und wieder vereinzelt ein Busch.

Früher hatte Friederichsruhe den Namen Gömetow und war ein Lehn und Burgsitz der alten Ritterfamilie von Mallin. Im J. 1385 zerstörte der König Albrecht von Schweden mit den Lübeckern die Feste ganz, weil Henneke von Mallin zu Gömetow eine Hauptperson unter den Straßen=


1) Der Herr Pastor Willebrand hat nach der Einsendung dieser Mittheilungen einen Aufsatz: "Zur Flora der Burgwälle" in dem Archiv des Vereins der Freunde der Naturgeschichte in Meklenburg Heft VI, 1852, S. 152 flgd. erscheinen lassen.
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räubern war, welche damals das Land unsicher machten (vgl. Detmar's Lüb. Chron. I, S. 332 und dazu den ausführlichern Bericht des Chronicon Rufi; vgl. Lisch Maltzan Urk. II, S. 355). Bis hieher war Gömetow sicher im Besitze der von Mallin. Im 16. und 17. Jahrh. war es im Besitze der v. Grabow. Den Namen Gömetow führte es noch bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts.

Der durch den Herrn Pastor Willebrand entdeckte Burgwall kann der Burgwall der im J. 1385 zerstörten mallinschen Feste nicht sein, da auf demselben sich keine Spur von mittelalterlichen Alterthümern, die so leicht zu erkennen sind, findet. Die mittelalterliche Burg Gömetow wird auf derselben Stelle gestanden haben, wo jetzt der Hof Friedrichsruhe steht.

G. C. F. Lisch.