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Kegelgräber von Grabow.

Im Dec. 1852 ließ die Kämmerei der Stadt Grabow auf den Weide= und Holzflächen der Stadt Pflastersteine ausbrechen. Die Arbeiter wählten die Tannenwaldung eine halbe Meile nordnordöstlich von der Stadt und erhielten dazu Genehmigung. Bald erscholl in der Stadt das Gerücht, daß bei dem Ausbrechen der Steine viele Urnen ausgegraben und in denselben auch Goldsachen gefunden seien. Einige Urnen, auch Alterthümer von Metall kamen in verschiedene Hände nach der Stadt, glücklicher Weise in solche Hände, welche die gefundenen Sachen nur zu retten bemühet waren. Der Herr Senator Bollbrügge nahm eine Urne, einen goldenen Fingerring und die Bronzen, der Herr Buchhalter Ritter brachte zwei schöne Urnen an sich. Da nun die Sache bedeutend zu werden schien, so meldete der Herr Apotheker Jänecke mir den Hergang und wünschte dringend meine Ueberkunft. Nach näheren Erkundigungen reisete ich denn auch sogleich auf den 16. und 17. Dec. nach Grabow und fand hier noch die Arbeiter in voller Beschäftigung. Dankbar ist vorzüglich die große Theilnahme und vielfache Aufopferung des Herrn Apothekers Jänecke zu rühmen, bei welchem sich an diesen Tagen auch ein Mittelpunkt aller Männer der Stadt bildete, welche regere Theilnahme an der Sache hatten, und welcher die ganze Besorgung übernahm. Besonders bemüheten sich noch die Herren Senator Bollbrügge, Senator Weidemann, Apotheker Schreiber und Zahnarzt Meinhoff.

I. Kegelgräber im Nordosten der Stadt.

A. Kegelgräber bei der Ziegelei.

An der bezeichneten Stelle im NNO. der Stadt, in den Tannen, bei der Ziegelei, auf der höchsten Erhebung über der nahen Elde liegen viele Kegelgräber auf einem Platze, welcher mit alter brauner Haide bedeckt ist und durch seine Färbung einen finstern Anblick gewährt. Namentlich zeichnen sich gegen 6 größere Gräber aus, welche die "Hünenberge" genannt werden. Alle diese Gräber haben einen großen Umfang von ungefähr 40 bis 50 Schritten, aber keine bedeutende Erhebung, indem sie nur etwa 5 Fuß über den Urboden emporragen. Aus diesen Gräbern ragten überall mäßige Feldsteine hervor, so groß, daß sie durchschnittlich ohne Zerschlagung zu Pflastersteinen benutzt werden können, viele aber auch etwas größer, jedoch keine Steinpfeiler oder große Platten, wie sie in den Gräbern der Steinperiode stehen. An diese Gräber waren die Arbeiter zuerst ge=

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gangen und hatten sie beim Ausbrechen der Steine umwühlt, auch zufälliger Weise größten Theils die in denselben liegenden Alterthümer gefunden; es ist freilich möglich, daß in denselben noch dies oder jenes verborgen liegt, die Abgrabung der bedeutenden Erdmassen steht aber in keinem Verhältnisse zu dem, was vielleicht noch gefunden werden könnte, um so mehr da die Ordnung durch das Ausbrechen der Steine zerstört ist. Glücklicher Weise ließ sich in Gegenwart der Arbeiter an Ort und Stelle noch Alles erforschen.

Kegelgrab Nr. 1.

Schon im Anfange dieses Jahrhunderts hatte der Hauptmann Zink hier gegraben und das bedeutendste Grab aufgedeckt, in welchem er 5 Urnen und 6 Bronzen gefunden hatte, wie dies im Friderico=Francisceum, Erläuterung, S. 57, Nr. 16, beschrieben ist. Er hatte die Mitte des Grabes bis auf den Grund ausgegraben; in der umwallten Vertiefung ist jetzt ein Bienenschauer für den Sommer angelegt.

Kegelgrab Nr. 2.

Ein zweites Grab hatte eine besondere Einrichtung. Das Grab war mit einem Kreise von kleinern Steinen eingefaßt. Quer durch den innern Raum waren von gleichen Steinen aus dem Grabe hervorragende Mauern gesetzt, welche sich im Mittelpuncte des Grabes rechtwinklich begegneten und ein Kreuz bildeten,

dessen Arme genau in den Richtungen von S. nach N. und von O. nach W., also ganz in der Richtung der Himmelsgegenden lagen; die Mauern waren ungefähr 8 Fuß lang, waren etwas mit Sand bedeckt und reichten nicht tief hinab. Diese Kreuzmauer lag in ihrem längern Arme mehr an der Südseite des Grabes. Eine ganz gleiche Steinsetzung in einem Kegelgrabe fand sich vor mehreren Jahren in der Gegend von Frankfurt a. O.; der Herr Schreiber zeigte eine Zeichnung von diesem Grabe vor. Zwischen diesen Steinen war ein unverbrannter Schädel gefunden, welcher leider zerschlagen ist; die Leiche war also unverbrannt beigesetzt. Der Schädel war sehr dünne und gehörte ohne Zweifel einem jungen Menschen an. Die übrigen Gebeine sind wohl verworfen. Urnen wurden in diesem Grabe nicht bemerkt. Neben dem Schädel fanden sich folgende Bronzen, welche ebenfalls keine Spur von Brand zeigen.

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Die Bronzen lassen sich dem äußern Ansehen nach sicher in drei verschiedene Classen theilen, welche in sich immer ein gleiches Ansehen haben; die Verschiedenheit des Aussehens kommt entweder von mehreren nach der Zeit verschiedenen Bestattungen in dem Hügel oder von verschiedenen Standpuncten in dem Hügel:

a) als die ältesten Bronzen erschienen folgende, welche theilweise sehr tief, fast ganz von hellgrünem, oft blauem Roste durchfressen und daher zum Theil durchbrochen sind:

ein gewundener Halsring, mit Haken an den Enden, in 5 Stücke zerbrochen;

ein glatter Halsring mit geschmackvollen gravirten Verzierungen;

drei voll gegossene Handringe, von rhombischem Durchschnitt, von denen zwei sehr stark gerostet und durchbrochen sind.

b) als die jüngsten Bronzen erschienen folgende, welche kaum einen Anflug von Rost und eine viel weniger gediegene Gestalt haben und weniger kunstvolle Arbeit zeigen:

ein kleiner gewundener Ring, 4 " im Durchmesser, so weit wie ein Armring;

eine dünne, glatte, halbmondförmige Spange mit spitzen Enden, 3 " weit;

ein Deckel mit einem Oehr in der Mitte, wahrscheinlich ein Deckel zu einem kleinen Bronzegefäße (wie unten S. 255);

ein Doppelknopf mit aufrecht stehender Stange, wie Jahrb. XI, S. 378 oben;

ein spiral=cylindrisch gewundener Fingerring von dünnem Bronzedrath;

eine Spange von Bronzedrath, zerbrochen.

c. als Bronzen aus der Mittelzeit der Bronze=Periode erschienen folgende Stücke, welche alle kräftig und derbe und wohl erhalten und mit festem dunkelgrünem Roste bedeckt sind; diese Bronzen sind später von den Arbeitern ausgeliefert, und es ist nicht zu bestimmen, im welchem Grabe sie gefunden sind:

ein gewundener Kopfring, sehr kräftig und schön gearbeitet; von den Windungen sind immer je zwei glatt und je zwei mit dichten Querfurchen verziert, so daß kleine Buckel oder Knöpfe neben einander stehen;

zwei Paar hohl gegossene Handringe, mit Querfurchen verziert; auf dem einen Paare sind die stehen gebliebenen Erhöhungen wieder durch Querfurchen verziert, wie der Kopfring.

Diese 5 Stücke stammen zuverlässig aus Einer Fabrik.

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In dem Grabe fand sich noch ein sonderbarer Stein: eine dünne, gleichmäßig dicke Stange von festem, gneisartigen Gestein, 1 Fuß lang und 3/4 " dick, sonderbar abgespalten und an einem Ende spitz abgerundet, wie ein Meißel oder ein Polierstein.

Kegelgrab Nr. 3.

In einem andern Grabe fand sich eine kleine, schön geformte Urne, 4 " hoch, mit kugeligem Bauche und weitem Rande, hellgelb und glatt, angefüllt mit verbrannten Knochen eines Kindes. In dieser Urne lag ein goldener, spiralförmiger Fingerring von einfachem Golddrath, 3 Windungen hoch, auf den Finger einer erwachsenen Frau passend. - Dieser Ring in einer Kinderurne hat allerdings etwas Auffallendes; der Fall ist jedoch schon einige Male beobachtet.

Kegelgrab Nr. 4.

Ein anderes großes Grab enthielt eine Urne, welche jedoch zerschlagen ward. In der Tiefe des Grabes neben der Urne fand sich aber ein halbmuldenförmiger, ausgehöhlter Mühlstein aus Granit, welcher jedoch noch nicht tief ausgehöhlt ist. Ich selbst habe diese Quetschmühle von der Fundstelle wegbringen lassen, und es ist diese Mühle die vierte, welche in Meklenburg sicher in einem Kegelgrabe gefunden ist; vgl. Jahrb. XII, S. 418 flgd. und XV, S. 270.

Außer manchen andern Vorkommenheiten ist die Auffindung des goldenen Fingerringes merkwürdig. Bei weitem das meiste Gold, welches unsere Sammlungen besitzen, ist in den Kegelgräbern auf der Sandebene an der südlichen Grenze Meklenburgs, etwa zwischen Parchim und Eldena, oder in einem großen Kreise um Grabow gefunden. Von den 4 massiv goldenen Armringen der Sammlungen wurden zwei zu Cremmin und Beckentin, an die Stadtfeldmark Grabow grenzend (vgl. Frid. Franc. Erl. S. 49), der dritte bei dem parchimschen Brunnen, der vierte einige Meilen weiter nördlich zu Peccatel bei Schwerin, aber doch noch auf der Haideebene, gefunden. Zu Friedrichsruhe bei Crivitz wurden 6, zu Wittenmoor bei Neustadt 2 goldene Fingerringe gefunden. Zu Warlow bei Ludwigslust war eine Urne mit einem geflochtenen Goldfaden umwunden. Zu Bresegard ward vor einigen Jahren ein großer massiver Eidring, gegen 500 Thaler werth, gefunden. In den neuesten Zeiten sind nicht weit von Marnitz goldene Geldringe und spiralförmige Armringe und zu Göhren bei Ludwigslust spiralförmige Armringe gefunden. Dies sind die meisten und größten Goldfunde, die in Meklenburg gemacht sind. Es ist möglich, daß es ein

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Zufall ist, daß die Entdeckungen von Gold gerade in dieser Gegend bekannt wurden. Es ist aber auch möglich, daß das häufige Vorkommen von Gold gerade in dieser Gegend einem besondern Umstande zuzuschreiben ist, welcher vielleicht eine Forschung verdient.

B. Kegelgräber beim Grimoor.

Ungefähr eine Viertelstunde von diesen "Hünenbergen" fanden die Arbeiter in den Tannen "oben dem Grimoor" unter kleinen, kaum bemerkbaren Erhebungen viele Steine und zwischen diesen überall Urnen. Es war ein sehr großer Begräbnißplatz, der sich gewiß weit erstreckt. Solche große Begräbnißplätze aus der Bronzeperiode sind bisher sehr selten beobachtet, da die Acker= und Forstcultur solche Begräbnißstätten in der Regel längst zerstört hat. Es waren kleine Steinkisten, welche auf dem Urboden standen und mit den Spitzen und Deckeln ein wenig aus der Erde hervorragten, ganz kleinen Steinhaufen ähnlich. In jeder Kiste stand eine Urne mit Knochen und Asche.

Nachdem die Arbeiter in einem Hügel einen goldenen Ring und Bronze, die sie für Gold hielten, gefunden hatten, zertrümmerten sie, gierig nach Gold suchend, die Urnen, als sie diese in den kleinen Steinkisten entdeckten, da das Ausräumen der fest gelagerten Knochensplitter etwas mühsam und zeitraubend ist. So zertrümmerten sie an 40 Urnen aus eben so viel Begräbnissen. Nur 5 Urnen wurden gerettet. Diese Urnen gehören sicher in die beste Zeit der Bronze=Periode. Alle Urnen haben sehr edle und schöne Formen, eine hellbraune Farbe und ziemliche Festigkeit. Drei große Urnen haben eine vasenförmige Gestalt, eine, die größte, mit abgerundetem, zwei mit scharfem Bauchrande, wie sie in Jahrb. XI, S. 356 und 357 abgebildet sind; eine hat auf dem Bauchrande jene charakteristischen schrägenSchwingungen, wie Jahrb. XI, S. 363, und zwar in sehr zierlicher und edler Führung, unter diesen Schwingungen jedoch Gruppen von eingeritzten senkrechten Linien, welche freilich roh gemacht sind, aber doch noch eine Erinnerung an die Stein=Periode geben. Was diese Begräbnißstätte besonders charakterisirt, ist der Umstand, daß alle Knochenurnen durch andere Gefäße geschützt waren. Gewöhnlich stand jede Urne in einer zweiten Urne; andere Urnen waren mit großen Deckschalen überdeckt, bei andern waren kleinere Deckschalen über die Gebeine in die Urnen gelegt. Die nicht mit großen Schalen zugedeckten offenen Urnen waren mit gespaltenen

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Platten aus jungem, mürben, rothen Sandstein, wie er sich gewöhnlich in den Gräbern der Steinperiode findet, zugedeckt.

Auch die Steinkisten waren sorgfältig geschützt. Eine war mit einem großen Steine zugedeckt, welcher künstlich behauen zu sein scheint: unten bildet er einen Würfel, welcher in die Steinkiste paßte; ein rings umher hervorstehender Rand ruhte auf den Wänden der Kiste und darüber war eine dreieckige Erhebung wie ein dreieckiger Hut, so daß das Ganze aus der Ferne einem Kopfe mit einem dreieckigen Hute ähnlich sah.

Alle Urnen enthielten gar keine Alterthümer. Kurz vor meiner Ankunft auf der Stelle waren so eben 2 große Urnen ausgehoben; ich habe sie selbst sorgfältig ausgeleert, aber in denselben nichts als Sand, Asche und zerbrannte Knochen gefunden. Die Schädelfragmente waren nur dünne.

Aus allem diesem ergiebt sich, daß dieser Platz ohne Zweifel eine große Begräbnißstätte für das geringere Volk aus der besten Zeit der Bronze=Periode bildete.

II. Kegelgräber im Südwesten der Stadt.

Im Südwesten der Stadt, der Region der eben beschriebenen Kegelgräber gerade entgegengesetzt, eine Viertelstunde von der Stadt, neben der Eisenbahn nach Warnow, in der Nähe des Galgenberges, bis gegen die "Dorfstätte" des in die Stadtfeldmark aufgegangenen ehemaligen Dorfes Lassahn, liegt auf leichtem, unbebaueten Sandboden eine sehr große Menge hoher Hügel, welche sicher alle Kegelgräber sind; es liegen wohl selten noch so viele Kegelgräber neben einander. Aufgegraben ist jedoch noch keines und gefunden ist hier auch noch nichts.

III. Wendenkirchhof.

In derselben Richtung, "vor dem Mühlenthore, neben den kronsberger Tannen", bei der bedeutendsten Erhebung der Gegend, ward bei der Anlage der Eisenbahn nicht tief unter der Erdoberfläche neben braunen Urnenscherben und zerbrannten Knochen eine eiserne Lanzenspitze, 9 " lang, gefunden und von dem Herrn Senator Weidemann, der sie gefunden, dem Vereine geschenkt.

G. C. F. Lisch.