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IV.

Des Obotritenkönigs Heinrich

Tod und Begräbniß,

von

G. C. F. Lisch .


E ine der großartigsten Erscheinungen in der Geschichte der wendischen Ostseeländer ist der "Obotritenkönig" Heinrich, welcher im vollen Heidenthume seiner Länder ein eifriger, warmer Christ ward und für die sichere Anpflanzung des Weinberges des Herrn die kräftigsten Arbeiten ausführte, obwohl er sorgfältig jede Gewalt vermied.

Das Ende eines solchen Mannes ist so wichtig, wie sein Leben. Nach den bisherigen Nachrichten starb er in seiner Residenz Lübeck 1 ) am 22. März 1119 2 ). Helmold I, cap. XLVI, §. 5 (vgl. XLI, §. 6) sagt einfach:

"Fama velox pertulit, Henricum regem Slavorum, praesenti vita decessisse."

Es sind aber in neuern Zeiten andere, zuverlässigere Quellen über sein Ende eröffnet, welche es verdienen in die meklenburgische Geschichte eingeführt zu werden.

Heinrich ward am 22. März (1119) getödtet und im Michaeliskloster auf dem Kalkberge bei Lüneburg begraben 3 ).

Der Tag seines Todes ist in dem Todtenbuche 4 ) des Michaelisklosters sicher angegeben:

(22. März) XI kal. Aprilis.
Heinricus rex Sclauorum.

Diese Nachricht ist von der ältesten Hand dieses Todtenbuches am Ende des 12. Jahrh. aus ältern Todtenbüchern, also ohne Zweifel richtig, aufgeführt.


1) Die Grundmauern seines Pallastes sind im J. 1852 neben den Grundmauern der alten romanischen Kirche auf dem Burgwalle von Alt=Lübeck entdeckt.
2) Vgl. Giesebrecht Wendische Gesch. II, S. 212.
3) Vgl. Wedekind Noten zu einigen Geschichtschreibern des deutschen Mittelalters, II, S. 295.
4) Vgl. daselbst III, S, 22.
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Der Grund, warum in dem Todtenbuche dieses Klosters sein Gedächtniß aufgezeichnet ist, giebt eine alte, um das J. 1230 geschriebene Chronik des Michaelisklosters 1 ) an, deren Verfasser sicher noch alte Nachrichten und das Grab Heinrichs kannte, da bei der Abfassung dieser Chronik kaum ein Jahrhundert nach dem Tode desselben verflossen war. Diese Chronik sagt:

Der Wendenkönig Heinrich ist getödtet und seine Leiche nach Lüneburg gebracht und in der Kirche des Michaelisklosters begraben worden.
(1126). "Occisus est etiam Henricus rex Slauorum, cuius corpus delatum Luneburg sepultumque in ecclesia sancti Michaelis."

Diese Nachricht gewinnt dadurch noch mehr an Interesse, daß auch Pribislav, Niklots Sohn, der erste meklenburgische Fürst des christlichen Staates, welcher am 30. Dec. 1178 zu Lüneburg in einem Turniere getödtet ward, eine Zeit lang in der Kirche des Michaelisklosters auf dem Kalkberge bei Lüneburg begraben lag, bis seine Leiche im J. 1219 in das Kloster Doberan versetzt 2 ) ward, wo sie, nach Reimar Kock's lübischer Chronik 3 ), noch in der ersten Hälfte des 16. Jahrh. "int Norden under einen schonen Stene mit Mißinck belecht" ruhte. Es ist wahrscheinlich, daß der Verfasser der lüneburgischen Chronik diese Abführung der Leiche Pribislavs selbst erlebte.

Von den Gebäuden auf dem Kalkberge bei Lüneburg sind nur noch wenige, unscheinbare Fundamente vorhanden.

Vignette

1) Vgl. Wedekind a. a. O. I, S. 413; vgl. S. 329.
2) Ueber alle diese Vorgänge vgl. Jahrb. II, S. 19 flgd. und 291 VI, S. 174 und IX, S. 409 und 415.
3) Vgl. Jahrb. IX, S. 415.