zurück zur Metadatenansicht auf dem Dokumentenserver
zurück
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen   zur nächsten Seite zur letzen Seite
Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen
Inhalt:
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen   zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Iohann Albrecht I. 1547   † 1576
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen   zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Jahrbücher

des

Vereins für meklenburgische Geschichte
und Alterthumskunde,

aus

den Arbeiten des Vereins

herausgegeben

von

Dr. G. C. Friederich Lisch,

großherzoglich=meklenburgischem Archivar und Regierungs=Bibliothekar,
Conservator der Kunstdenkmäler des Landes,
Vorsteher der großherzoglichen Alterthümer= und Münzensammlung zu Schwerin,
Inhaber der großherzoglich=meklenburgischen und der königlich hannoverschen goldenen Verdienstmedaille für Wissenschaft und Kunst
Ehrenmitgliede
der deutschen Gesellschaft zu Leipzig und der geschichts= und alterthumsforschenden Gesellschaften zu Dresden, Mainz, Görlitz, Hohenleuben, Meiningen, Würzburg, Sinsheim, Königsberg, Lüneburg und Christiania,
correspondirendem Mitgliede
der geschichts= und alterthumsforschenden Gesellschaften zu Lübeck, Hamburg, Kiel, Stettin, Hannover, Halle, Jena, Berlin, Salzwedel, Breslau, Cassel, Regensburg, Reval, Riga, Leyden, Kopenhagen, der königlichen Akademie zu Stockholm und der kaiserlichen archäologischen Gesellschaft zu St. Petersburg,
als
erstem Secretair des Vereins für meklenburgische Geschichte und Alterthumskunde.


Achtzehnter Jahrgang.


Mit zwei Steindrucktafeln und vier Holzschnitten.


Mit angehängtem Jahresberichte.

Auf Kosten des Vereins.

Vignette

In Commission in der Stillerschen Hofbuchhandlung zu Rostock und Schwerin.


Schwerin, 1853.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen   zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

 

 

 

 

 


Gedruckt in der Hofbuchdruckerei in Schwerin.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen   zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Inhaltsanzeige.


A. Jahrbücher für Geschichte.

Seite
I. Andreas Mylius und der Herzog Johann Albrecht I. von Meklenburg, in ihrer Wirksamkeit und in ihrem Verhältnisse zu einander, von dem Archivar Dr. Lisch 1
II. Caspar Calovius und des A. Mylius Genealogie der Herzoge von Meklenburg, von demselben 153
III. Ueber den Obotritenfürsten Mistuwoi, von dem Pastor F. Boll zu Neu=Brandenburg 160
IV. Ueber des Obotritenkönigs Heinrich Tod und Begräbniß, von dem Archivar Dr. Lisch 176
V. Ueber die sogenannte protestantische Glosse zum Reineke Voß, von dem Pastor F. Boll 178
VI. Beitrag zur Geschichte der meklenburgischen Kirchenordnungen, von dem Professor Dr. J. Wiggers zu Rostock 180
Anhang, vom Archivar Dr. Lisch 187
VII. Ueber die Verbindungen des fürstlichen Hauses Werle mit dem herzoglichen Hause Braunschweig-Lüneburg, von dem Archivar Dr. Lisch 189
Urkunden=Sammlung 211

B. Jahrbücher für Alterthumskunde.

Seite
I. Zur Alterthumskunde im engern Sinne.
1. Vorchristliche Zeit.
a. Zeit der Hühnengräber 227
b. Zeit der Kegelgräber 246
Kegelgräber von Grabow 247
Goldfund aus der Gegend von Sukow 254
Mit 3 Holzschnitten.
Bronzener Armwulst von Neustadt 257
Mit 1 Holzschnitte.  
2. Mittelalter und neuere Zeit 265
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen   zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Seite
II. Zur Baukunde.
1. Vorchristliche Zeit 273
Der wendische Burgwall von Friedrichsruhe 273
Der wendische Burgwall von Brenz 276
2. Mittelalter 280
a. Weltliche Bauwerke 280
Die Burg Retschow 280
b. Kirchliche Bauwerke 285
Die Kirche zu Neuburg 285
Die Kirche zu Retschow 289
Mittelalterliche Altäre zu Rostock 295
III. Zur Münzkunde 298
IV. Zur Wappenkunde 299

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen   zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

A.

Jahrbücher

für

Geschichte

 


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen   zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 1 ] zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

I.

Andreas Mylius

und

der Herzog Johann Albrecht I. von Meklenburg,

in

ihrer Wirksamkeit und in ihrem Verhältnisse zu einander dargestellt

von

G. C. F. Lisch.


F reundschaft zwischen Regenten und Untergebenen ist eine so seltene und merkwürdige Erscheinung, daß sie sich in langen Zeiträumen selten wiederholt und als ein einflußreiches Ereigniß Jahrhunderte lang in der Geschichte lebenskräftig fortwirkt: ich meine jene Freundschaft, welche zwischen edlen und hochbegabten Männern auf die erhabensten Gefühle und Gedanken gegründet ist und bis zum Tode mit voller Kraft und Frische des Geistes fortdauert. Eine solche Freundschaft, von welcher die ganze meklenburgische Geschichte kein zweites Beispiel aufzuweisen hat, bestand zwischen dem Herzoge Johann Albrecht I. und seinem Rathe Magister Andreas Mylius.

Der Herzog Johann Albrecht I. (1547, † 1576) ist seinem innersten Wesen nach der bedeutendste Fürst, welcher über Meklenburg geherrscht hat. Klar und geistreich, warm und einsichtsvoll, kraftvoll und thätig, voll der glühendsten Begeisterung für jede Art hoher geistiger Bildung und für des Vaterlandes Wohl und Menschenglück, war er mit einer seltenen Kraft und Beharrlichkeit der Schöpfer ganz neuer Pflanzungen, unter deren Schatten wir noch heute friedlich wohnen. Er schuf einen ganz neuen Staat: im Kirchen= und Staatswesen, in der Wissenschaft und in der Kunst öffnete er neue Bahnen und

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 2 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

wußte mit überlegener Geisteskraft seine Plane durchzuführen. Vor allen Bestrebungen aber war es die Liebe zu den Wissenschaften, welche sein ganzes Leben durchdrang und allen seinen Unternehmungen den Stempel der Sicherheit und Dauer aufdrückte.

Und bei allen seinen Gedanken und Unternehmungen, von dem ersten Schritt auf den Thron bis zum letzten ins Grab, war ihm Andreas Mylius völlig und herzlich vertraut; nichts bewegte seine Seele, was er nicht mit seinem Freunde überlegt und getheilt hätte. Und so spiegelt sich des Herzogs Johann Albrecht I. ganzes Sein und Leben in seinem Freunde Andreas Mylius wieder. Mylius ward des Herzogs Lehrer, als dieser bereits den Thron bestiegen hatte, und blieb es auch bis zu des Herzogs Tode; Johann Albrecht hörte während seines ganzen Lebens keine Woche, keinen Tag auf, sich in den Wissenschaften zu üben, und folgte hierin bis an sein Ende der Unterweisung seines Freundes. Dies war des Herzogs größte, herzlichste Freude, und hierin liegt vorzüglich das Geheimniß der treuen und innigen Freundschaft zwischen beiden.

Das Leben des M. Andreas Mylius ist schwer aufzufassen und zu beschreiben, da Mylius fast ununterbrochen um den Herzog war und der Stoff überaus groß und bedeutsam ist. Aber beide Freunde hatten nicht genug an dem persönlichen Umgange, sondern schrieben sich auch, zum Theil zur wissenschaftlichen Erhebung und Fortbildung, häufig Briefe, stets in lateinischer Sprache, von denen noch sehr viele erhalten sind, und diese bilden die Hauptquelle der Geschichtschreibung; das großherzogliche Archiv zu Schwerin bewahrt noch an 200 Briefe allgemeinen Inhalts von Andreas Mylius an den Herzog und über 30 viel corrigirte Concepte von Briefen des Herzogs an Andreas Mylius, außer den vielen eigentlichen Geschäftsbriefen über bestimmte Gegenstände. Außerdem existirt noch eine zuverlässige Lebensbeschreibung des Andreas Mylius, indem sein berühmter Schwiegersohn, der Professor Johannes Caselius, zuerst Professor in Rostock, dann zu Helmstädt, noch sehr spät, im J. 1611, eine Gedächtnißrede auf ihn drucken ließ:

"Oratio funebris scripta Andreae Mylio, viro clarissimo, illustrissimorum ducum Megapolitanorum consiliario Ιωήυης Κασήλιος Helmaest. in acad. Julia. Typis Jacobi Lucii. Anno MDCXI." (13 Bogen in 4, auf der Rückseite des Titels mit dem großen meklenburgischen Wappen in Holzschnitt.)

Diese den Herzogen Adolph Friedrich und Johann Albrecht II. gewidmete Schrift war trotz Jahre langer Bemühungen auf

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 3 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

keiner Bibliothek aufzufinden, bis sie sich nach Entwurf dieser Abhandlung noch in Helmstädt fand. Man konnte zweifeln, daß diese Schrift wirklich gedruckt war. Sie blieb lange ungedruckt. Zuerst wurden nur einige Bogen gedruckt, dann stockte der Druck. Darauf ward Caselius durch allerlei Widerwärtigkeiten in der Versendung gestört. Endlich kam er ungefähr 1 1/2 Jahr vor seinem Tode dazu, einige Exemplare zu verschicken. Caselius schreibt 1 ) am 9. Sept. 1611 an den meklenburgischen Canzler Hajo von Nessen:

"Memineris, ut olim hac transeunti cl. Andreae Mylii, soceri mei, vitam tibi legendam dederim, plerasque videlicet paginas, quae typis erant expressae: edenda enim illa non putabam. Qua de re dum cunctantius delibero, alia atque alia me ab hac cogitatione et semiperfectis laboribus retinuerunt. - - Tandem visum mihi fuit, hanc meam narrationem ad eos mittere, quibus deberi potissimum ex eo tempore judicamus. - - Id consilium exequor nunc demum teque rogo, ut mea studia deferas utrique principi, cl. collegis tuis, qui illis a consiliis sunt; jubeas quoque lucubrationis meae exempla reddi et iis ipsis et viris equestris ordinis, quotquot bona doctrina exculti sunt, iis cumprimis, ad quos vitam ducis Caroli misi."

Da das Buch hiernach nicht in den Buchhandel gekommen zu sein scheint, so sind auch wohl nur wenig Exemplare verbreitet und erhalten.


Der Herzog Johann Albrecht I. war am 22 Dec. 1525 geboren, zu einer Zeit, wo seine Aeltern sich der jungen lutherischen Lehre zuwandten. Als aber der junge Fürst so weit herangewachsen war, daß er ernsten männlichen Unterricht erhalten mußte, war sein Vater, der Herzog Albrecht der Schöne zu Güstrow, schon wieder zum Papismus zurückgefallen und ein


1) Diese Schrift des J. Caselius giebt übrigens sehr wenig Ausbeute. Sie enthält fast nicht mehr, als was die Briefe und Acten sagen. Neu war nur die Erzählung über die Herkunft des A. Mylius und über die Art und Weise, wie er in den Dienst des Herzogs kam. Der übrige Inhalt besteht fast nur aus allgemeinen Betrachtungen und Lobeserhebungen. Sei es, daß man wirklich nicht die Geschichte seiner Zeit wahr schreiben kann, sei es, daß J. Caselius schon stumpf geworden: genug, die Schrift ist sehr arm an tiefern historischen Schilderungen, und ein Brief des Herzogs oder des A. Mylius läßt oft tiefer blicken, als die ganze Lobrede.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 4 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

harter und heftiger Verfolger der lutherischen Lehre, besonders aber seine Mutter, Anna, des Kurfürsten Joachim I. von Brandenburg Tochter, wieder eine eifrige Verehrerin der katholischen Kirche geworden, in welcher sie mit Heftigkeit und Hartnäckigkeit bis zu ihrem späten Tode im J. 1567 verharrte. Es läßt sich nun leicht abnehmen, daß die fürstlichen Aeltern ihre Kinder nur in der papistischen Kirche erziehen ließen; sehen wir doch sogar das Schauspiel, daß noch im J. 1539 die Herzogin Anna in Begleitung ihres ganzen weiblichen Hofstaates mit ihrem kranken Sohne Christoph barfuß nach Sternberg wallfahrtet, um dort dem Heiligen Blute ein wächsernes Bild, so schwer wie Herzog Christoph, zu opfern, nachdem die Verehrung des Heiligen Blutes in Sternberg schon lange aufgehört hatte! - Seinen ersten Unterricht erhielt Johann Albrecht sicher bis zum J. 1538, also wenigstens bis in sein dreizehntes Jahr, im älterlichen Hause von Johann Sperling, einem papistischen Vikar des Domes zu Schwerin, aus der bekannten adeligen Familie dieses Namens. Nach dem Tode des Pfarrers zu Sternberg Dr. Heinrich von Bülow verlieh am 25. Mai 1538 der Herzog Heinrich auf Bitten seines Bruders Albrecht die Pfarre zu Sternberg dem "Johann Sperling in Ansehung daß er vom Adel und des Herzogs Albrecht jungen Herrschaft Zuchtmeister und Präceptor" sei 1 ). Trotz der Predigt des Evangeliums durch Faustinus Labes wucherte doch der Papismus nun noch über 10 Jahre lang in Sternberg fort. Jedoch ist es mehr als wahrscheinlich, daß Johann Sperling die Pfarre lange Zeit nicht selbst verwaltete, sondern durch einen Vikar verwalten ließ und in Güstrow ferner die Erziehung der Söhne des Herzogs Albbrecht besorgte. Im J. 1552, als die Reformation siegreich durchgedrungen war, stand er in Sternberg als verfallene Ruine des alten Baues.

Abgesehen von der strengen und oppositionell papistischen Richtung des güstrowschen Hofes wird doch Johann Sperling die Keime zu einer wissenschaftlichen Bildung, namentlich die Liebe zu der lateinischen Sprache, in die jungen Fürsten gelegt haben. Die Verleihung der sternberger Pfarre an Johann Sperling hing aber vielleicht mit der Veränderung in der Erziehung der jungen Fürsten zusammen; die Aeltern gaben die beiden älteren Söhne von Hause.

Der Herzog Johann Albrecht ward Ostern 1539, 14 Jahre alt, an den Hof des Kurfürsten Joachim II. von Brandenburg nach Berlin oder Cölln an der Spree geschickt, um hier mit


1) Vgl. Jahrb. XII, S. 238 und 290.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 5 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

dessen ältestem Sohne Johann Georg, der mit Johann Albrecht von gleichem Alter war, erzogen zu werden. Diese Wendung des Geschickes war für den jungen Fürsten gewiß von dem mächtigsten Einflusse, da der Kurfürst ein eifriger Beförderer der lutherischen Lehre war. Am Montage nach Jubilate 1539 schreibt Johann Albrecht von Cölln an der Spree seinen ersten Brief an seinen Vater, und unter anderm: "vnser preceptor teglich mit vns in vbung ist, die fundamenta der grammatica einzuuben, auch wurdt nicht vnderlassen, vns die recht christliche gottfurchtigkeit einzubilden"; er fügt hinzu: "so haben wir auch kein mangell an leibes noturfft vnnd kleidungen, der wir gnuglich auch nach vnserm stande glich vnseren hern vettern versehen." Sein Führer in Berlin war Christoph von Metzrath 1 ) aus der Lausitz, den er in einem Briefe vom 14. Aug. 1544 seinen "Diener Metzradt" nennt. Dieser blieb nach des Herzogs Albrecht Tode bei dessen Wittwe Anna als Hauptmann über deren Leibgedingsämter bis zu ihrem Tode und hing ihr auch in der papistischen Gesinnung an.

Im Herbste des J. 1541 wurden beide junge Fürsten, ungefähr 16 Jahre alt 2 ), auf die neue Universität Frankfurt a. O. geschickt, wo ihnen nach altem Brauche auch die Würde des Rectorats übertragen ward; beide waren dort sehr beliebt. Schon am Neujahrstage 1542 bat Johann Albrecht seinen Vater von Frankfurt a. O. um gefutterte Röcke und Geld. Im Januar des J. 1544 war Johann Albrecht schon wieder am kurfürstlichen Hofe zu Berlin, wo er sicher bis in das J. 1545 blieb. Am Sonnabend nach Antonii 1544 bat er seinen Vater um 6 gute Pferde, 3 gute Knechte, 200 Gulden und ein Ehrenkleid, da der Kurfürst ihm gesagt hatte, "er solle mit s. L. auf den Reichstag gen Speier ziehen." Am Montage nach Lichtmeß 1545 bat er seinen Vater um 4 gute Hengste zum Turnier. - Am 14. Aug. 1544 schrieb er an


1) Vgl. Lisch Gesch. des Geschl. Hahn, II, A, S. 413.
2) Alles dies berichtet auch Hederich in seiner Schwerinschen Chronik, jedoch fälschlich unter dem J. 1542.
Eben so berichtet auch Joh. Caselius in seiner "Laudatio Joannis Alberti, Helmaestadii 1605": "Primus natu Joannes Albertus - - "cum Latinam linguam didicisset in haud vulgarem modum et capax esset sublimiorum disciplinarum, sub aetatis annum duodeuigesimum, consilium coepit pater cum socero Joachimo I., vel potius huius auctoritatem secutus, conditoris videlicet nouae academiae Francofurdianae ad Viadrum, eo misit filium Joannem Albertum: misit una Joachimus II. item natu primum filium Joannem Georgium, prorsus aequalem Joannis Alberti, parem animi moderatione et clementia. - - - Ob modestiam vero et humanitatem ab academicis cultos et ibi caros semper omnibus fuisse, a senibus accepimus. Fuerunt vtrique delati fasces academici." - Auch Caselius irrt, wenn er sagt, der Fürst sei im 22. Jahre nach Frankfurt gegangen.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 6 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

seine Mutter: "Wir konnen bey vns fur gutt nith erachten, das wir nu mehr lange hey sein solten, dan was wir hey sehen kunnen, haben wir albereidt gesehen, vnd verzeren geleichwol viell geldt dabey, vnd wen sich kunte ein gleicher wegk zutragen, das mein geliepter her vnd vatter alhey erschinne, so kunten wir deste besser mitt seiner g. wegkomen." - Diesen Wunsch scheinen denn auch seine Aeltern beherzigt zu haben; man erkennt aber aus diesem Wunsche das verständige, weiter strebende Gemüth des jungen Fürsten.

Hiemit scheint seine Vorbildung am brandenburgischen Hofe und auf der Universität vollendet gewesen zu sein. Im Junii 1546 ist, nach Hederich, "Herzog Albrecht zu Meklenburg mit seinem ältesten Sohn Johann Albrecht auf den Reichstag zu Regensburg 1 ), von Carl V. gehalten, dessen Kays. May. er auch vom Vater commendirt worden, und gegen den Herbst mit s. fürstl. Gn. Bruder Herzog Georgen, unter des Markgrafen Johansen zu Cüstrin Regiment, mit etlichen Reutern wider den Churfürsten zu Sachsen und Landgrafen zu Hessen zugezogen." Auf diesem Reichstage sah Johann Albrecht die äußerste Noth der Protestanten und die nahe, drohende Gefahr für sie.

Aus diesen Zügen erkennen wir die verschiedenen Einflüsse, welche sich in der Jugendbildung des jungen Fürsten geltend machten.

Johann Albrecht's nächster Bruder, der Herzog Ulrich 2 ), lebte von 1540 bis 1552 zu seiner Ausbildung am Hofe zu München und besuchte von hier 1541-1544 die Universität Ingolstadt. Er ward hier mit des baierschen Herzogs Wilhelm IV. Sohn Albert erzogen, welcher nur ein Jahr jünger war.

So ging die Erziehung der beiden Brüder ganz auseinander und beide sahen sich während ihrer Jünglingsjahre vielleicht nur einige Male auf den Reichstagen. In den letzten Zeiten kam Ulrich einige Male nach Meklenburg, um sich mit seinen Geschwistern zu bereden. Am 18. März 1551 schrieb Johann


1) Eben so sagt Joh. Caselius a. a. O.: "Caeterum vno aut altero anno "post comitia agebat Ratisbonae Carolus V. imperator, in quibus de salute Germaniae deliberaretur, ad quae cum et dux Albertus proficisceretur, secum una Joannem Albertum filium deduxit, vt et imperatori innotesceret et imperatorem ispe nosset."
2) Zur Vermeidung von Mißverständnissen sei hier bemerkt, daß Heinrich Gerlach Lehrer des Prinzen Ulrich von Dänemark, Administrators des Bisthums Schwerin, eines Enkels des Herzogs Ulrich von Meklenburg=Güstrow, war. Der Prinz empfahl im J. 1594 seinen Lehrer zum Professor an der Universität Rostock. Er wird als solcher aufgeführt "Henricus Gerlacus "Hamburgensis. Reverendissimi ac illustrissimi principis domini Ulderici episcopi Suerinensis praeceptor, post professor poes. Rostoch." Rostocker Univ.=Matr. im Rostocker Etwas 1740, S. 271.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 7 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Albrecht an seine Braut: "Mein Bruder Herzog Ulrich ist seit einem halben Jahre außerhalb Landes bei dem Herzoge von Baiern gewesen, ich bin aber seiner Ankunft bald gewärtig."

So vorbereitet stand der junge Johann Albrecht in seinem 22. Lebensjahre, als sein Vater, der Herzog Albrecht, am 7. Jan. 1547, 60 Jahre alt, aus diesem Leben schied und einstweilen die Regierung seines Landesantheils, des Herzogthums Meklenburg=Güstrow, seinen Händen hinterließ. Die Zeit war ernst und groß, des Herzogs Lage schwierig und bedrängt. Er selbst war noch jung und unerfahren und hatte vier noch jüngere Brüder hinter sich; seine Mutter Anna, streng papistisch 1 ), wollte im Hause herrschen, um wenigstens die Seelen der jüngeren Söhne zu retten; in Schwerin regierte noch sein "friedfertiger" Oheim, welcher jeden entscheidenden Schritt mied, wie auch sein einflußreicher Oheim Joachim von Brandenburg, unter dessen Augen er erzogen war, wenn auch protestantisch gesinnt, gerne der "Friedenmacher" war.

Es regten sich in der großen Seele des jungen Fürsten im Stillen gewiß die erhabensten Gedanken; aber seine Schritte waren durch die Besorglichkeit seines Oheims einstweilen gehemmt. Beide gehörten nicht dem schmalkaldischen Bunde der protestantischen Fürsten an. Ja, Johann Albrecht mußte nach dem Willen seines Vaters mit seinem Bruder Georg im J. 1546 gegen die schmalkaldischen Bundesgenossen zu Felde ziehen. Johann Albrecht beschränkte sich weise darauf, zuerst in seiner Nähe zuverlässige Freunde und Rathgeber zu gewinnen und Pläne für die Zukunft zu entwerfen, welche ihm denn auch gewogen war.


Es ist daher von der höchsten Wichtigkeit, das Leben Johann Albrecht's in den ersten Jahren seiner Regierung auf das Allergenaueste zu erforschen und zur Anschauung zu bringen.

Zuerst berief er, noch vor Ostern 1547, den begeistert lutherischen Hofprediger Gerhard Oemecke von Schwerin nach seiner Residenz Güstrow zum Propste des Domes, an welchem noch ein katholisches Dom=Capitel bestand, um den hartnäckigen Papismus mit Nachdruck zu verdrängen und den Protestantismus an seinem Hofe zu proclamiren.

Der nächste wichtigste Schritt war aber, daß Johann Albrecht sich mit dem Landrath Dietrich Maltzan auf Gru=


1) Rudloff III, 1, S. 115, irrt sehr, wenn er sagt: "Mit Albrecht's Tode war "das bisherige Hinderniß einer allgemeinen Verbreitung der Kirchen=Reformation aus dem Wege geräumt. Seine Gemahlin war bis dahin der protestanischen Religion treu geblieben." - Im Gegentheil war gerade der gereizte Widerstand der Herzogin bisher das vorzüglichste Hemmniß gewesen und noch lange ein großes Hinderniß.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 8 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

benhagen († 1563), einem Manne von erhabenem Geiste und seltener Bildung, freundschaftlich verband. Dietrich Maltzan hatte seit Ostern 1514 auf der Universität Wittenberg und darauf zu Padua studirt, und war der lutherischen Reformation mit der aufrichtigsten Begeisterung gefolgt; er soll der erste meklenburgische Edelmann gewesen sein, der sich zum Lutherthum bekannte. Sicher ist, daß er sehr viel für die Erhebung der protestantischen Fürsten 1 ) gegen den Kaiser Carl V. im J. 1552 that. Außer dem Fürsten selbst und ihm und dem Canzler wußte Niemand um die vorbereitenden geheimen Bündnisse. Joh. Caselius 2 ) hebt mit richtigem Blicke den Verkehr mit Dietrich Maltzan als ein wichtiges Ereigniß in dem Leben Johann Albrecht's hervor und preiset dessen Gelehrsamkeit, Beredsamkeit und Weisheit, und aus andern Berichten 3 ) ist bekannt, daß Dietrich Maltzan mit seinem Rath in der Politik und in Landesangelegenheiten von dem allerbedeutendsten Gewicht und in jeder Hinsicht ein Vorbild aller Gebildeten im Lande war. Er stand auch mit Melanchthon in Briefwechsel und wird einige Male sogar Doctor genannt. Am 23. Jan. 1550 machte ihm der Herzog Johann Albrecht für seine wichtigen Dienste ein Ehrengeschenk 4 ) von 3000 Gulden.

Der erste einflußreiche Dienst, welchen Dietrich Maltzan dem jungen Fürsten erweisen konnte, war, daß er ihm den Licentiaten Johann Lucka († 1562) zum Canzler zuführte, einen Mann von seltener Gelehrsamkeit und Beredsamkeit, kraft=


1) Vgl. Voigt's Markgraf Albrecht Alcibiades von Brandenburg, 1852, I, S. 217.
2) "Praeter eos, quos sibi in aula a consiliis praesto semper habebat, vtebatur crebro aliis provincialibus, duobus praecipue, Theodoro Molzanio et Joachimo Crusio, viris nobilissimis. - - Interfui privatis sermonibus viri: eum ego, siue nostra lingua vteretur, siue Latina, admiratus, coepi et cum ipsum colere, tum magis amplecti dicendi studium. Erat in homine orationis suavitas cum prudentia."
Joh. Caselius a. a. O.
Auch von Joh. Posselius ward Dietrich Maltzan in seiner Rede auf den Canzler Joh. Lucanus eben so gerühmt als: "clarissimus nobilitate generis, sapientia, doctrina et eloquentia heros, Theodericus Molzanus."
3) "Quantus autem ingenio, doctrina rerumque usu praestantissimus vir Diedericus Malzan fuerit, tam est notum omnibus, ut multa nos dicere supervacuum videatur. Tanta ejus apud suum principem fuit auctoritas, ut quod suo ille consilio non comprobasset, haud probe factum videretur. Tanta in conficiendis negociis solertia, ut ille unus multorum vices sustinuerit. Tanta denique in consiliis fuit felicitas, ut prosperum omnia successum et optatum finem habuerint. - - Ille pietatis, eruditionis ac moderationis exemplum suis popularibus praebuit, ut quem ceteri nobiles intuerentur, quem suspicerent, quem imitarentur, hunc haberent praecipue. - Ille suae patriae decus, ille suae ornamentum familiae fuit."
Aus der Gedächtnißrede des Professors Christoph Sturcius auf Wigand Maltzan, den Sohn des Dietrich Maltzan, Rostock, 1598.
4) Vgl. Lisch Maltzan. Urk. IV, 1853, S. 543.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 9 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

voller Thätigkeit, unerschütterlicher Rechtlichkeit und der reinsten Treue gegen seinen Herrn, dem er in der Durchführung der reinen Grundsätze der Reformation, Fortführung der neuen Kirche und der wissenschaftlichen Bildung und Begründung eines sichernden Rechtszustandes mit Aufbietung bedeutender Kräfte zur Seite stand 1 ). Johann Lucka (oder Lucanus) hatte zu Wittenberg studirt, wo er auch Melanchthon's eifriger Schüler war, ward hier, kaum 21 Jahre alt, Licentiat der Rechte und im J. 1543 Professor der Rechtsgelehrsamkeit unter großem Beifall.

Am 24. April 1547 waren durch die unglückliche Schlacht bei Mühlberg die Fürsten des schmalkaldischen Bundes einstweilen vernichtet und tief gebeugt. Auch die Stadt Wittenberg mußte sich dem Kaiser ergeben und die Universität flüchten. Johann Lucka flüchtete mit seiner Familie unter großen Gefahren 2 ) nach Meklenburg, wo ihm Dietrich Maltzan zu Grubenhagen eine ehrenvolle und angenehme Freistatt bot 3 ), bis er ihn dem Herzoge mit gutem Gewissen empfehlen konnte. Am 4. Sept. 1547 sprach der Herzog den Licentiaten zu Waren und am 15. Sept. zu Schwerin 4 ). Am 5. Oct. 1547 berief ihn der Herzog unter dem Titel eines Hofraths zum Canzler, mit der Clausel: "Wir haben im auch zugesagt vnnd versprochen, inen vnd die seinen bei seiner itzigen christlichen Religion, die man lutterisch nennt, zu schutzen, vnd da vorenderung in der Religion in vnsern Furstenthum vnnd landen, welche Got gnedigklich vorhuten wolle, solte vorgenommen werden, daß alßdan seine vorpflichtung vnd diese bestallung auch von der Zeit soll todt vnd abe sein."

Ohne Zweifel gab Dietrich Maltzan auch Veranlassung zu einer andern Annäherung, welche von den bedeutendsten Folgen


1) Vgl. Jahrb. I, S. 58 flgd.
2) Vgl. das. S. 188.
3) "In hoc exilio, cum clarissimus nobilitate generis, sapientia, doctrina et eloquentia heros, Theodoricus Molzanus, hospitium ipsi benignum et liberale in sua domo integrum fere annum praebuisset, illustrissimus princeps Johannes Albertus dux Megapolensis, audiens ipsius ingenium et eloquentiam ac mores honestos Theodorico Molzano viro sapienti et aliis bonis probari, vocat Luccanum in aulam et cancellarii munus ipsi commendat."
De Johanne Luccano oratio habita a M. Johanne Posselio, Rostochii, 1571.
4) In einer herzoglichen Rechnung heißt es: "6 ßl. in des Licentiaten Johan von Lucka herberge zur ausrichtunge weil ihn mein g. h. hertzog Johan Albrecht gein Warne bescheiden haben, gegeben. Actum Warne Montags nach Egidii (4. Sept.) Anno etc. . XLVII."
und:
"3 fl. hat der Licentiat Johan von Lucka in der Engelischen haus in Swerin vertzert, aus beuelich meines g. h. hertzog Johan Albrechts betzalt, dan s. f. g. ine dahin bescheiden haben. Actum Swerin Freitags nach Exaltationis Crucis etc. ." (15. Sept.)
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 10 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

ward. Einer der größten Männer Europa's in der ersten Hälfte des 16. Jahrh. war der Ritter Joachim Maltzan, des gewaltigen "bösen" Ritters Bernd Sohn, von der Linie Wolde=Penzlin, ein eben so großer Staatsmann, als Kriegsheld. Dieser (geb. 1492) hatte schon in den italiänischen Kriegen, zuerst unter Georg von Frundsberg, dann als Feldherr gefochten, namentlich als ein Jüngling von 22 Jahren in der großen Schlacht von Marignano am 13. Sept. 1515 auf der Seite der Italiäner den "freien Haufen" von 7500 Kriegsknechten gegen den König Franz I. von Frankreich bis Mitternacht siegreich geführt; er war bald darauf als Rath, Gesandter und Feldherr in die Dienste des Königs Franz gegangen und hatte sich hier und auf seinen Gesandtschaftsreisen vertraute Kenntniß der europäischen Zustände erworben. Im J. 1525 ging er in die Dienste des Kaisers Carl V. nach Deutschland zurück und erwarb hier den erblichen Pfandbesitz der Herrschaften Graupen und Töplitz in Böhmen. Er leistete nun dem Kaiserhause die allergrößten Dienste, indem er vorzüglich des Kaisers Sohn Ferdinand zu der römischen Königskrone verhalf, und als kaiserlicher "Oberster Feldmarschall" in "Eroberung und Einnehmung der Krone Ungarn" und folgends in den Türkenkriegen das größte Feldherrntalent bewies. Der Kaiser erhob daher ihn und seine Nachkommen im Gefühle großer Dankbarkeit auf dem denkwürdigen Reichstage zu Augsburg 1530 zu "Reichsfreiherrn zu Wartenberg und Penzlin" und belehnte ihn mit der freien Standesherrschaft Wartenberg in Schlesien, die er kurz vorher erworben hatte. Auf diesem Reichstage hatte er die Protestanten kennen und achten gelernt und sich zu ihnen geneigt, denn er führte bald darauf in seiner Herrschaft Wartenberg die lutherische Lehre ein. Dennoch mußte er als kaiserlicher Rath noch lange dem Willen seines Herrn folgen und war in dem schmalkaldischen Kriege 1546-47, als der Kaiser "in den allergrößten Nöthen war", einer der obersten Feldherren des Kaisers. Damals diente er dem kaiserlichen Hause als Gesandter und Rath unermüdet und war dabei der schlesischen Lande und der Lausitz Oberster Feldhauptmann. Doch als nach der Schlacht von Mühlberg am 24. April 1547 die Fürsten des schmalkaldischen Bundes, zu denen er sich hingezogen fühlte, scheinbar vernichtet waren, ergriff ihn die Begeisterung für das deutsche Vaterland und die Furcht vor dem Untergange desselben. Joachim Maltzan war wiederholt auf Legationen nach Polen, welches dem Kaiser schon im J. 1548 verdächtig ward; hier lebte er namentlich mit den edlen Lasco's in vertrauter Freundschaft. Er trat auch mit

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 11 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

dem jungen Herzoge Johann Albrecht von Meklenburg, dem Lehnherrn seiner Familie, in Verbindung und entwarf mit diesem einen geheimen Plan zur Befreiung Deutschlands. Jedoch schon am Ende des J. 1549 schien er dem kaiserlichen Hofe gefährlich und es erging am 12. Dec. 1549 ein Befehl, ihn wegen seiner "Practiken" gefänglich einzubringen. Von dieser Zeit an verschwindet er über ein Jahr lang fast ganz aus der Geschichte. Am 25. Junii 1550 war er aus dem kaiserlichen Dienst geflohen und kam bei dem Herzoge Johann Albrecht in Güstrow an, dessen oberster geheimer Rath er ward. Der kaiserliche Hof war jedoch gut unterrichtet und es erging am 22. Dec. 1550 ein Befehl, ihn im "geheimen zu Handen zu bringen". Als dies nicht gelang, so ward am 20. Jan. 1551 gegen ihn wegen seines "Verbrechens und Ungehorsams die Execution" ausgesprochen und sogleich sein Schloß Wartenberg durch Eroberung eingenommen und die Herrschaft eingezogen. Joachim Maltzan ließ sich aber nicht irre machen, sondern wirkte bei den norddeutschen Fürsten eifrig fort und genoß das ganze Vertrauen derselben. Im Julii 1551 war er auch Statthalter des Kurfürsten von Brandenburg. Er war es vorzüglich, der durch den Herzog Johann Albrecht die verschiedenen Versammlungen der protestantischen Fürsten im J. 1551 und endlich das Lochauer Bündniß derselben (5. Oct. 1551) gegen den Despotismus Carl's V. betrieb. In Folge desselben ging Joachim Maltzan am 26. Oct. 1551 als Gesandter zu den Königen von Frankreich und England, um den Bund der Protestanten zu stärken und kam früh genug wieder heim, um den glücklichen oberländischen Krieg gegen den Kaiser (März 1552) als alter erfahrner Feldherr mit Erfolg führen zu helfen.

Eine andere wichtige, ritterliche Person in der frühesten Zeit in den Umgebungen des Herzogs war Werner Hahn von Basedow (geb. 1515), ein hochgebildeter und kräftiger Mann. In seiner Jugend lag er den Studien ob und soll bei dem Kaiser Carl V. in Italien in Diensten gestanden haben. Darauf ward er, noch im J. 1547, am braunschweigischen Hofe Rittmeister. Im J. 1548 nahm ihn der Herzog Johann Albrecht als Kriegsbefehlshaber und Hofmarschall in seine Dienste und vertraute ihm die wichtigsten Angelegenheiten. Im J. 1550 "führte er dem Herzoge Reiter zu". Er übernahm häufig wichtige Gesandtschaftsreisen für den Herzog. Als sich die protestantischen Fürsten zur Erhebung gegen den Kaiser Carl V. zu rüsten begannen, unternahm er im Dec. 1551 eine Gesandtschaft nach Königsberg an den Herzog Albrecht von Preußen, und als kurz

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 12 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

vor dem Feldzuge am 6. Febr. 1552 der Herzog Heinrich der Friedfertige gestorben war, besetzte er im Namen des Herzogs Johann Albrecht die damals einzige und wichtige Landesfestung Plau 1 ), wobei er dem Herzoge rieth: das Schloß etwas mehr zu bespeisen und besetzen "nach Gelegenheit der geschwinden Läufte". Werner Hahn ward darauf ein wichtiger und hoch betraueter Mann und leistete dem Lande und dem Fürstenhause als gewiegter Landrath und Gesandter die wichtigsten Dienste. Er starb im J. 1593, 78 Jahre alt.


So war im Allgemeinen die erste vertraute Umgebung des jungen Herzogs Johann Albrecht I. beschaffen, als Andreas Mylius in diesen Kreis trat.

Andreas Mylius 2 ), in seiner Jugend nach seinen Aeltern Müller 3 ) genannt, war am 30. Nov. 1527 4 ) zu Meißen geboren. Er datirt selbst einen Brief an den Herzog Johann Albrecht an seinem bestimmt bezeichneten 44sten Geburtstage also:

"Datum Suerino prid. cal. Decemb. ipso die natali meo, qui initium est anni quadragesimi quinti, anno MDLXXI."

Er wird öfter ein Meißner (Misnensis) genannt, seine Brüder und Verwandten wohnten zuerst alle in Meißen und er selbst ging wiederholt zum Besuche nach seiner Vaterstadt.

Seine Aeltern waren zwar nicht reich, aber anständig. Sein Vater Peter Müller war in Meißen Baumeister, der nicht bloß Privatgebäude aufführte, sondern auch in Brückenbauten und andern öffentlichen Werken seine Geschicklichkeit und Kunst bewährte. Seine Mutter Gertrud geb. Spengler war aus einer der ersten Familien Meißens.

Da der Vater die großen Fähigkeiten seines Sohnes Andreas erkannte, so beschloß er, ihm eine gelehrte Bildung geben zu lassen, indem er genug Vermögen zur passenden Erziehung


1) Vgl. Jahrb. XVII, S. 151.
2) Der Name Mylius, eine griechisch=lateinische Uebersetzung von Müller, ward zur Reformationszeit sehr verbreitet. Es giebt ein eigenes großes Werk:
"Historia Myliana vel de variis Myliorum familiis, a M. Joh. Christoph. Mylio. Jenae. 1751."
3) Einer von den Brüdern des Andreas Mylius, der Steinmetz Peter, ward noch im J. 1560 in Schwerin Peter Möller genannt. Nach einem Briefe des Jac. Egerd vom J. 1551 soll Andreas Mylius bei dem kirchlichen Aufgebote vor der Heirath unter dem Namen "Andreas Mylius" (statt Müller) proclamirt und seit dieser Zeit allgemein so genannt worden sein.
4) Dieser Geburtstag des Andreas Mylius war schon früher bekannt; vergl. G. Fabricii Rerum Misniacarum Lib. III, p. 85, und Historia Myliana, p. 148.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 13 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

seiner Kinder hatte. Schon als Knabe übertraf A. Mylius die Erwartungen des Vaters und war ein Gegenstand der allgemeinen Bewunderung und Liebe, da er nicht allein in Kenntnissen Fortschritte machte, sondern auch in seinem Betragen große Liebenswürdigkeit ("morum elegantiam") zeigte. Jeder erkannte in dem Knaben den dereinstigen großen Mann.

Zuerst besuchte A. Mylius die Rathsschule. Da errichtete Kurfürst Moritz die Fürstenschule zu Meißen, welche auf A. Mylius den wesentlichsten Einfluß übte. Hier lehrte der junge Mathias Marcus Dabercusius, von welchem er sich besonders angezogen fühlte; er bekannte später oft, daß er dem Dabercusius Alles verdanke. Die Berufung des Georg Fabricius von Straßburg nach Meißen machte nicht geringern Eindruck auf den Knaben. In besonderer Achtung und Liebe blieb bei ihm jedoch Dabercusius, so daß dieser auf seine Empfehlung und durch seine Vermittelung im J. 1553 von dem Herzoge Johann Albrecht zum Rector der von diesem damals gegründeten, so berühmt gewordenen Fürstenschule zu Schwerin berufen ward.

Andreas Mylius war zu Meißen unter Dabercusius ein Mitschüler des Heinrich Siberus, welcher späterhin, als ein unverwüstlicher Jugendlehrer, nach langer Zeit auf Mylius Empfehlung zu Schwerin Lehrer des Prinzen Sigismund August, des jüngern Sohnes des Herzogs Johann Albrecht, ward. H. Siberus schreibt am 4. Sept. 1567 an A. Mylius:

"Virum venerabilem - - dominum M. Marcum Dabercusium communem nostri praeceptorem ex me officiose et amanter saluta."

Gut vorbereitet bezog A. Mylius früh die Universität Leipzig, welche ihm zunächst lag und einen großen Ruf hatte. Hier nahm er sich vorzüglich den großen Philologen Joachim Camerarius, der ihn lieb gewann, zum Vorbilde. So berichtet Caselius. Merkwürdig ist es aber, daß sich in der Matrikel der Universität Leipzig in der "Natio Misnensis", wo er doch nur aufgeführt sein könnte, sein Name nicht findet; ja es findet sich hier von Anfang 1540 bis Ende 1546 überhaupt kein Student mit dem Namen Müller, Möller oder Mylius oder einem ähnlich klingenden Namen. Im Promotions=Buche ist jedoch unter den im J. 1546 zu Baccalaureen erhobenen 27 Studenten als der 23ste Andreas Müller aufgeführt 1 ).


1) Ich verdanke diese Mittheilungen dem Herrn Professor Dr. Wuttke zu Leipzig, welcher in Gemeinschaft mit dem Herrn Oberbibliothekar Dr. Gersdorf die Matrikel und das Promotions=Buch durchgegangen ist, aber nichts weiter hat finden können.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 14 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

In der Matrikel der Universität Wittenberg ist er eben so wenig zu finden; es wurden hier in der angegebenen Zeit zwar drei Andreas Müller immatriculirt, aber alle aus andern Städten und nicht aus Meißen. Dennoch scheint A. Mylius in Wittenberg bekannt gewesen zu sein, da er sich der besondern Liebe Melanchthons zu erfreuen hatte. Melanchthon läßt ihn späterhin in den meisten Briefen nach Meklenburg immer grüßen und erkannte in ihm ein vorzügliches Rüstzeug zur Durchführung der Reformationsbildung; er schreibt z. B. an David Chytraeus 1 ):

"dabis omnino Mylio patriae Mysiae laudationem."

Die wunderbare Veranlassung, welche den A. Mylius dem Herzoge Johann Albrecht zuführte, erzählt J. Caselius ausführlich. Es kam einmal (wahrscheinlich im Herbst des J. 1547) einigen leipziger Studenten, unter denen auch A. Mylius war, in den Sinn, Ferien zu machen und sich den Norden Deutschlands zu besehen, da sie gehört hatten, daß an der Ostsee sehenswerthe und mächtige Städte lägen, welche oft große Flotten ausgerüstet hätten; sie hatten Lust, Schiffe und den Seeverkehr zu sehen. Sie wanderten also aus Leipzig und kamen nach Meklenburg, wo sie zuerst in Strelitz Rast hielten, als gerade der Herzog Johann Albrecht sich dort aufhielt. Da kam es zu den Ohren des Fürsten, es sei ein Jüngling von besonderer Feinheit im Benehmen und bewundernswürdiger Beredsamkeit angekommen. Zufällig war bei dem Herzoge auch der Canzler Johann von Lucka, welcher dies bestätigte. Der Herzog wollte nun den jungen Mann sehen und hören; er ließ also sogleich den jungen Baccalaureus zu Hofe kommen und befahl ihm, nachdem er ihn gesehen und gehört hatte, zu warten, da er mit ihm zu verhandeln habe. Da der Herzog nicht länger warten konnte und auch den A. Mylius wohl noch genauer kennen lernen wollte, so nahm er ihn mit nach Schwerin. Hier redete ihn der Herzog also an:

"Ich liebe, wie Du siehst, Andreas, die Wissenschaften und erfreue mich an dem Studium der Schriftwerke. Ich glaube nämlich, daß ich aus ihnen großen Nutzen ziehen kann, nicht allein zur Ausbildung in der Beredsamkeit, sondern auch zur Gewinnung guten Rathes, dessen ich für das Land bedarf. Ich bin jung und werde täglich daran gemahnt, weiß aber wegen meines Alters und wegen meiner Geschäfte nicht auszuwählen, was ich vorzüglich lesen könnte; und dazu kommt


1) Vgl. Epist. Chytraei p. 1235.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 15 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

mir Vieles in den Weg, wobei ich anstoße. Hierin bedarf ich täglich Deiner Hülfe: Du wähle aus, was ich mit Nutzen lesen kann, und gieb mir dann, was mir dient. In den ersten Monaten werde ich lieber Dich lesen und schwierige Stellen erklären hören. Vor allen Dingen aber wisse das, daß ich an der Reinheit der Rede große Freude habe und darin mich selbst ausbilden will, so viel die wichtigen Staatsgeschäfte es mir vergönnen. Ich habe wenigstens gelernt, daß wenn den Fürsten Glanz umgeben soll, ihn vorzüglich Schönheit der Rede ziert, jedoch nicht jene leere oder mit dem Schein der Weisheit leicht gefärbte Fertigkeit."

So redete ihm der Herzog freundlich zu; sie gefielen sich beide auf den ersten Blick, und Andreas Mylius blieb, freilich sich entschuldigend, daß "er ein Fremdling sei und der Hofsitte ungewohnt, jedoch furchtlos, da es ihm nicht an Geistesgegenwart fehle und in dem unterrichtet sei, was er zu sagen und zu thun habe."

So ward sogleich ein rein wissenschaftliches Band zwischen dem Herzoge und A. Mylius geknüpft.

Ohne Zweifel reiste A. Mylius nun zuerst gleich wieder nach Hause, und von dort wahrscheinlich nach Wittenberg, wo er den Herzog erwartete; sicher hatte ihm der Herzog empfohlen, sich in Wittenberg umzusehen.

Möglich ist es, daß A. Mylius in Wittenberg Magister ward, da seine Ernennung zum Magister in diese Zeit fallen muß.

Von hohem Interesse ist nun die Beantwortung der Fragen, zu welcher Zeit und welchem Zwecke A. Mylius in die Dienste des Herzogs Johann Albrecht berufen ward.

Aus vielen Aeußerungen geht hervor, daß der Herzog den A. Mylius auf seiner Reise zu dem großen Reichstage zu Augsburg 1547-1548 persönlich von Wittenberg mit nach Meklenburg nahm, nachdem er ihn auf die geschilderte Weise kennen gelernt hatte. Es ist gewiß, daß der Herzog nicht während der ganzen Dauer auf dem Reichstage war; wahrscheinlich reiste er einige Male ab und zu. Er unterschrieb mit seinen Brüdern Ulrich und Georg am 31. Julii 1548 den Reichstagsabschied; von Bedeutung war, daß für den Herzog Heinrich den Friedfertigen der Landrath Dietrich Maltzan dem Reichstage als Gesandter beiwohnte. A. Mylius sagt selbst in der Einleitung zu seinen Annalen (bei Gerdes Urk. S. 255):

"Ich bin eben im ersten Eintritt des Jahres, als Hertzog Johan Albrecht von den großen Reichs=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 16 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Tag, so Kayser Carl a. 1548 zu Augspurg gehalten, in Meklenburg wieder angelangt, zu Dienste S. F. G. aufgenommen."

Hiemit stimmen denn auch die übrigen Nachrichten genau überein. Als sich A. Mylius am 9. Nov. 1558 dem Herzoge auf Lebenszeit zum Dienste verschrieb, sagte er, daß er ein ganzes Jahrzehend bei demselben gewesen sei:

"beneuolentia illustrissimi principis etc. . qua me iam integrum decennium singulari complexus est."

Und am 7. Mai 1574 sagt er, daß er damals ganze 27 Jahre ("jam integros uiginti septem annos") dem Herzoge in allen Dingen beigestanden habe. Hiernach würde er schon im J. 1547 mit dem Herzoge in Verbindung getreten sein.

Hiemit stimmt auch eine Aeußerung des großen D. David Chytraeus gegen A. Mylius vom 25. März 1591 überein, wenn er sagt, daß sie beide über 40 Jahre lang dem Lande treu gedient hätten:

"ambo senes, ambo eidem fere fato in his terris Megapolitanis, quibus ultra 40 annos fideliter seruiuimus, obnoxii, praemia, quae solent bene meritis tandem a mundo tribui, recipiamus" etc.

David Chytraeus, welcher sich den bisher genannten Personen auf das allerwürdigste anschloß, erhielt im ersten Viertheil des J. 1551, 21 Jahre alt, den Ruf als Professor nach Rostock.

Man kann also mit Bestimmtheit annehmen, daß A. Mylius im Anfange des J. 1548 von dem Herzoge Johann Albrecht wahrscheinlich von Wittenberg mit nach Meklenburg gebracht ward; A. Mylius schreibt am 11. Sept. 1562 an den Herzog:

Qui me in hanc terram deduxisti, qui mihi comes itineris idemque consiliorum rectissimus autor extitisti" etc.

Die ersten directen schriftlichen Nachrichten über Mylius stammen erst aus dem J. 1549.

So begann A. Mylius, eben erst 20 Jahre alt, im Dienste des Herzogs, welcher so eben auch erst 22 Jahre alt geworden war, eine Laufbahn, welche eben so glänzend, als einflußreich ward.

Diese ungewöhnliche Laufbahn giebt ein Zeugniß für eine ungewöhnlich große Befähigung und Bildung. Den Beweis liefert nicht allein das Leben und Wirken des Mannes, dessen Erforschung das Ziel dieser Untersuchung ist, sondern auch der

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 17 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Bericht glaubwürdiger Männer, welche einen solchen Geist zu würdigen wußten. Alle Zeitgenossen stimmen darin überein, daß A. Mylius in Geist, in der Kenntniß der alten Sprachen und in der Redekunst, d. h. in dem klaren und richtigen Ausdruck des Gedankens, oder in dem, was wir heute Philosophie nennen, vor den meisten Menschen hervorragte. Doch eben dies steht noch zur Untersuchung und soll weiter unten dargelegt werden. Hier genüge vorläufig das Zeugniß des Johannes Caselius, des geistreichsten Mannes seiner Zeit in Norddeutschland, welcher in der Leichenrede auf den Herzog Johann dasselbe von ihm sagt, was hier ausgesprochen ist:

"Nostra aetate in summorum regum aulis simul Graecis litteris et Latina eloquentia praestantiorem visum fuisse neminem, qui et hodie superest, quando Megapolitanis ducibus opera et consilio praesto fuit annos ipsos quadraginta quatuor."

und in der Leichenrede auf den Herzog Johann Albrecht zu den jungen Herzogen:

"A. Mylius cedebat nemini eloquentia, consilio, fide, industria, atque iis ad ultimum vitae finem et avo et patri et vobis praesto fuit."

Eben so sagt der große David Chytraeus (Saxonia ad a. 1594. p. 894):

"Decessit etiam in hac Megapolitano ditione vir latinae et graecae linguae cognitione et pure ac eleganter scribendi solutam et ligatam orationem facultate eximia ornatus Andreas Mylius, illustrissimi principis Johannis Alberti initio studiorum moderator, deinde consiliarius ipsius et filiorum."

J. Caselius entwirft an verschiedenen Stellen seiner Rede folgende interessante Schilderung von A. Mylius:

"Die Leichtigkeit, Reinheit, Klarheit, Fülle seiner Reden war ein Gegenstand der Bewunderung andern Völkern, auch den gebildetsten, am meisten den Polen, deren Urtheil sehr hoch anzuschlagen ist. Er war überhaupt freundlich, ohne Bitterkeit und Zorn. Er würzte seine Rede mit Witz, aber, mochte von ernsten Dingen die Rede sein oder die Sache sich zum Scherz anlegen, mit jenem heitern Witz, wie er beim Weine zu sprudeln pflegt. Seine Ausdrucksweise war angenehm und gebildet, so daß man daraus sogleich seine Selbst=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 18 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

beherrschung erkennen konnte. Er war, wenn er wollte, in allen Dingen von großem Nutzen, und trachtete darnach, es zu sein, und dachte über das Einzelne fleißig und sorgfältig nach. Seine Meinung sagte er frei, die anders Denkenden widerlegte er vorsichtig, den Fürsten unterrichtete er mit Feinheit. Er war Vielen, zumal den Guten, lieb, jedoch verfolgte auch ihn der Neid. Wer aber ist frei davon, da diese Pest das Glück hartnäckiger verfolgt, als der Schatten den Körper bei hellem Sonnenschein. Doch liebten noch mehr Leute den feinen Jüngling ("graciosum juvenem") nicht weniger wegen seiner leiblichen, als wegen seiner geistigen Gaben."

Die zweite und wichtigste Hauptfrage ist die, welche Stellung A. Mylius zuerst und im Verlaufe der Zeit bei dem Herzoge Johann Albrecht eingenommen habe. Einige sagen, er sei zuerst Secretair, andere, er sei der Lehrer des Herzogs Johann Albrecht gewesen. Nimmt man das Wort Lehrer im gewöhnlichen Sinne, d. h. nimmt man an, A. Mylius habe dem Herzoge regelmäßigen Jugendunterricht 1 ) ertheilt, so ist diese Annahme durchaus falsch. Allerdings war A. Mylius der Lehrer des Herzogs Johann Albrecht, aber in einem ganz andern Sinne, als dies von der Welt gewöhnlich verstanden wird; er leitete die Studien des regierenden Herzogs, welcher denselben bis zu seinem Tode treu blieb. Die eigentliche Stellung des A. Mylius zu dem Herzoge war eine rein wissenschaftliche, wenn ihm auch der Herzog, um seine Fähigkeiten zu benutzen, daneben andere bedeutende Aemter verlieh.

Die ersten anderthalb Jahre lebte A. Mylius ziemlich in wissenschaftlicher Muße bei dem Herzoge, welcher ihn zur auswärtigen lateinischen Correspondenz und zu seiner eigenen Unterhaltung und Weiterbildung benutzte. Der erste bekannt gewordene Brief des A. Mylius, in welchem er dem Herzoge für ein Kleid dankt, ist aus seinem Museum auf dem Schlosse zu Güstrow vom J. 1549 datirt:


1) Diese falsche Ansicht, daß A. Mylius der Jugendlehrer des Herzogs gewesen, ist besonders durch Calovius in seiner eigenmächtig veranstalteten Ausgabe der Annalen des A. Mylius verbreitet, indem er sagt:
"Johannes Albertus ist in seiner Jugend zum Studiren fleißig angehalten worden, wie er denn deßwegen zum Präceptore gehabt den hochgelehrten M. Andream Mylium, bürthig aus Meißen, so hernach fürstlich mecklenburgischer Hoffrath worden, welcher den jungen Printzen in latina lingua et graeca treulich unterwiesen, daher er nachher sein latein nett und wohl geredet."
Hievon steht in dem Originale des Andreas Mylius keine Sylbe.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 19 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

"Datum ex musaeo meo in arce uestra Gustroina anno 1549."

Darauf übertrug zunächst der Herzog Johann Albrecht dem A. Mylius den Unterricht und die Erziehung seines Bruders, Herzog Christoph, welcher 1549 im 12. Lebensjahre stand.

In der tief und ernst bewegten Zeit, wo dem Protestantismus die größte Gefahr drohte, und bei dem heftigen papistischen Streben seiner Mutter suchte der hochherzige junge Regent zuerst die Erziehung seiner jüngern Geschwister in seine Hände zu bringen.

Zuerst nahm er Michaelis 1549 seine einzige Schwester Anna zu sich, welche damals 16 Jahre alt war. Diese war von früher Jugend an bei ihrer Mutter Schwester Elisabeth 1 ), des Kurfürsten Joachim I. von Brandenburg Tochter, erzogen. Elisabeth war eine ungewöhnlich edle, hochherzige, wackere Frau. Sie war zuerst an den Herzog Erich d. ä. von Braunschweig vermählt, welcher 1540 starb. Schon während der Ehe mit diesem ihrem guten und weisen, aber papistisch gesinnten Gemahle wandte sie sich mit seltener Begeisterung und Kraft der protestantischen Kirche zu, welcher sie mit derselben Begeisterung bis zu ihrem Tode treu blieb. Diese edle Fürstin nahm schon früh, sicher seit dem J. 1537, ihre Schwestertochter Anna zur Erziehung 2 ) zu sich, theils wohl aus verwandtschaftlichen Rücksichten, theils weil sie bei der Prinzessin Gevatter 3 ) gestanden hatte. Als sie sich im J. 1546 mit dem lutherischen Grafen Poppo von Henneberg wieder vermählte, behielt sie ihren Pflegling bei sich, auch selbst dann noch, nachdem der Vater am 7. Jan. 1547 gestorben war. Elisabeth blieb mit ihrem zweiten Gemahle auf ihrem Leibgedingsschlosse Münden wohnen. Der Herzog Johann Albrecht mochte aber mit der Zeit fürchten, daß seine Mutter es erreichen würde, die Tochter in ihr Haus zurückzuführen. Daher trat er denn mit seinem Oheim Heinrich und ihrer beider Räthen zusammen und "sahen es für gut, daß der Herzog Johann Albrecht das Fräulein Anna in S. L. Fürstenthum holen lassen sollte." In Folge dessen schickte denn der Herzog Johann Albrecht, in seinem und seiner Brüder Ulrich


1) Vgl. Elisabeth, Herzogin von Braunschweig=Lüneburg, von Havemann, Göttingen 1839.
2) Havemann a. a. O., S. 64, nennt fälschlich eine Prinzessin "Anna von Brandenburg", welche zu gleicher Zeit zu Münden erzogen ward; dies ist ohne Zweifel Anna von Meklenburg.
3) Vgl. daselbst S. 114 das Einladungsschreiben des Herzogs Albrecht. Nach diesem Schreiben war Anna am 14. Oct. 1533 geboren, nicht am 6. Oct., wie Rudloff angiebt.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 20 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

und Georg Namen, um Michaelis 1549 den Hofmarschall Andreas Buggenhagen und den Rath Eitel Rohr zu der Fürstin Elisabeth und deren Gemahl dem Grafen Poppo von Henneberg, um ihre Schwester zurückzuholen, mit der Werbung: "daß die herzoglichen Brüder sich freundlich wohl wüßten zu erinnern, daß Ihre Liebe aus sonderlicher angeborner Freundschaft, Liebe und freundlicher Zuneigung, so Ihre Liebe zu der hochgebornen Fürstin Fräulein Anna, gebornen Herzogin zu Meklenburg, ihrer freundlichen lieben Schwester getragen, dahin freundlich bewogen worden, daß sie Ihre Liebe bald in ihrer Jugend freundlich zu sich genommen und bisanhero viele Jahre ehrlich, fürstlich und freundlich in Gottes Furcht und guten Sitten bei sich auferzogen und mit fürstlicher Unterhaltung nothdürftig versorgt habe etc. ., weil sie aber ihre freundliche liebe Schwester in vielen Jahren nicht gesehen und jetzt beisammen seien, des Gemüths und der Meinung sich der Regierung halber mit einander freundlich zu vergleichen etc. ., und auch nachmals Willens wären, Ihre Liebe in ihrem Fürstenthum zu unterhalten, so hätten sie ihre Räthe abgefertigt, ihre freundliche liebe Schwester in ihr Fürstenthum zu holen." Die Herzogin Mutter war zwar dagegen, "mußte es aber geschehen lassen, weil auch Herzog Heinrich dazu gerathen." Johann Albrecht setzte jedoch die Sache durch, weil es "vornämlich um die Religion und Sprache" zu thun sei. Die Gräfin Elisabeth lebte nämlich damals in der allergrößten Bedrängniß und bittersten Noth durch die gewaltsame Durchführung des Interims und die Härte ihres zum Papismus zurückgefallenen Sohnes Erich d. j. Zwar war die wackere Elisabeth unverzagt; sie schrieb aus Münden am 17. Nov. 1550 an den Herzog Johann Albrecht: "Ich kann oder wil das Wort nicht verlassen; denn ich weiß, daß ich der Berufenen eine im Herrn bin und daß meine Seligkeit gewiß ist. Es wird nicht allein das Interim allhier angerichtet, sondern das ganze verdammte Papstthum; ich halts aber noch in meiner Leibzucht bis auf die Flucht, das ich selber weichen muß. Man spannet mir die Jungfern ab, daß keine bei mir dienen muß" etc. . Johann Albrecht war ihr sehr ergeben; er schrieb ihr am 25. Julii 1551, als es sich schon kraftvoll in den hochherzigen Seelen regte: "Meine Sache betreffend, hoffe ich, werde unser Gott dermaleinst bald Zeit geben und verleihen." Ihrer Nichte gedachte Elisabeth ferner mit zärtlicher Sorgfalt und wünschte schon im Sommer 1551, daß "ihr Gott hülfe, daß sie des Herzogs Schwester könnte helfen verheirathen."

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 21 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Auch der meklenburgische Herzog Georg, Bruder der Herzogin Anna, ward, sicher ebenfalls seit dem J. 1537, an dem Hofe der Herzogin Elisabeth mit deren Sohne Erich d. j. erzogen, welcher mit Georg von gleichem Alter war, bis er im Anfange des J. 1547 als Rittmeister seinem Vetter Erich folgte 1 ), als dieser seinen Sinn wandte und dem Kaiser mit 400 Reitern zuzog.

Darauf ließ sich die Herzogin Mutter Anna von ihrem Sohne Johann Albrecht bereden, daß sie ihm ihren Sohn Christoph zur Erziehung überließ. Die Herzogin klagt darüber selbst am 6. Junii 1559 dem Kaiser:

"Darnach ist mein son herzog Hans Albrecht als der elter regirender furst fortgefahren vnde angeczeyget, das er von der romischen kayserlichen maygestat bruder vnsers aller gnedigsten herrn seliger vor ein vormunder meyner beyden vnmundigen jungsten sonen als herczog Cristoff vnde herczog Karle geseczt were vnde beyde regirende fursten sich voreniget vnde vertragen haben, yder eynen von den jungesten brudern czu sich czu nemen, vnde hat der halben meinen son herczog Cristoffer myt groser beschwerunge, sorge vnde betrubnisse von myr in schein czu sich czu nemen vnde an seinem hoffe czu erhalten" etc. .

In einem anderen Briefe sagt sie, Johann Albrecht habe ihr ihren Sohn Christoph

"mit hinderlisten abgeredt",

da sie es bis zu ihrem Tode nicht vergessen konnte, daß der Herzog Christoph als Geißel nach Frankreich geschickt war.

Im August 1550 ließ Johann Albrecht seinen Bruder von der Mutter abholen. Am 7. Aug. schrieb er seiner Mutter:

"Bitte e. g. vffs freundtlichste vnd so hoch ich macht zu bitten habe, e. g. wolten sich nit entkegen sein lassen, das die jungen hern zu vns gen Schwerin komen mochten, wir wollen sie, ob gott will, also erzihen vnd vnterhalten lassen, wie ich mich hiebeuor almall habe erbotten" etc. .

Am 28. Aug. 1550 schrieb er an seine Mutter:

Dem jungest genomenen abscheydt nach schicke e. g. ich den jhenigen zu, von welichem Derselbigen ich gesaget, dem werden e. g. meinen jungen Bruder Hertzog Christoffern befelen, mir will ich ihn auch


1) Vgl. Havemann a. a. O. S. 67 und 54.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 22 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

beuolen sein lassen; konnen e. g. ehs ihmer geschicken, das sie selbest itzo mitt anhero kemen, sehen wir gantz gerne" etc. .

So kam der Herzog Christoph unter die Obhut seines Bruders. Den Herzog Carl behielt die Mutter noch lange bei sich und führte ihn selbst auf den weitesten Reisen, z. B. in Preußen, immer mit sich umher.

Der Herzog Johann Albrecht gab nun seinen Bruder Christoph 1 ) sogleich dem A. Mylius zum Unterricht und zur Erziehung.

Nicht lange nach dem Anfange des Unterrichts dankt der Herzog Christoph seinem Bruder dafür, daß er ihn vom Nichtsthun und Spielen zum Lernen geführt habe:

"Omnino uobis, suavissime frater, gratias esse agendas maximas intelligo, qui me de ocio, aut uerius ineptiis, ad studia et disciplinam induxistis."

Er bittet, da er mit seinem Lehrer ("ipse cum magistro meo") Mangel habe, um Geld, und verspricht, daß er des Bruders Güte durch Fleiß, sein Lehrer durch Arbeit vergelten wolle:

"daturi operam, ut sumptus magnitudinem ego industria, magister meus labore cumulate compensemus."

Unter diese Erstlingsfrucht des Fleißes des jungen Fürsten schreibt A. Mylius:

"Haec sunt, illustrissime princeps, prima ineuntis diligentiae quaedam quasi rudimenta et leuia praeludia, ex quibus et ingenium eius et diligentia facile perspicitur. Caeterum quod ad petitiones nostras attinet, plane speramus, id uobis non molestum esse futurum, nobis quidem certe per est necessarium. Nostras preces, et assiduas, et fideles, ad Deum pro uobis fundimus. Andreas Mylius M."

Die Renterei=Rechnungen vom J. 1551 geben vollkommenen Aufschluß über die erste Stellung des A. Mylius:

"Andreas Mylius preceptor m. g. h. h. Christoffers des Jhars 100 Thaler, vff schreiben m. g. h. entricht den 4. Maji 37 thaler 13 ßl., vnd ghet


1) So berichtet auch J. Caselius, daß der Herzog ihm den Unterricht für seinen Bruder Christoph übertragen habe, bis ein anderer Lehrer gefunden worden sei.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 23 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

sein Zeitt Michaelis vorgangen widerumb

  an, thut 48 fl. 8 ßl. 
     Andreas Mylius preceptor 64 "  14  "  
     Andreas Mylius preceptor
  m. g. jungen hern zu einer behausung den 7. Septemb. 50 "    -  "  
  Demselben zum Rest des hauß den 29. Oct. geschenkt 50 "    -  "  

Als der Herzog Christoph am Ende des J. 1551 als Geißel nach Frankreich geschickt ward, war die Herzogin Mutter außer sich und hatte vorzüglich den A. Mylius in dem Verdacht der Mitwissenschaft in der Zeit der großen Bewegungen, deren Ausgang sie freilich noch nicht ahnte; A. Mylius tröstet sie aber am 13. Jan. 1552 damit, daß der Herzog Johann Albrecht zu ihm gesagt habe:

"es soll auch mein g. junge herr bald widderumb ins land vnd zu meiner institution gebracht werden."

Auch bittet der Herzog Johann Albrecht seine Mutter:

"sie wolte die gefassete vngnade auch von dem Andrea wenden."


Der Zeitpunkt der großen Entscheidung in der protestantischen Sache rückte immer näher. Johann Albrecht förderte sie am eifrigsten, da seine Beweggründe und seine Begeisterung am reinsten waren. Er war aber ungewöhnlich in Anspruch genommen, da er, außer der erst vor kurzem in jungen Jahren angetretenen Regierung seines Landes und seines Hauses, diese Sache ungewöhnlich lebhaft und thatkräftig betrieb; er schrieb zahllose Briefe, welche er alle eigenhändig concipirt hat, machte unaufhörlich Reisen und bereitete selbst alles mit der größten Sorgfalt vor, so daß er jeden Augenblick, wenn es sein mußte, seinen Mann stehen konnte. In einer solchen Lage bedurfte er nothwendig eines vertrauten Freundes, dem er sich ganz hingeben konnte; zwar unterstützten ihn die oben genannten ausgezeichneten Männer auf das Kräftigste, aber er bedurfte für den täglichen, ja stündlichen Umgang eines völlig vertrauten Mannes, der ihm stets zur Seite stehen und Arbeiten abnehmen konnte. Und so gestaltete sich in jenen Tagen der Begeisterung und der Gefahr jenes innige Verhältniß zu Andreas Mylius, welches in der Geschichte kaum seines gleichen findet. Johann Albrecht nahm an den wichtigen Verhandlungs= und Bündniß=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 24 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

tagen der protestantischen Fürsten 1 ) in den Jahren 1550 und 1551 persönlich den thätigsten Antheil, ja er ist als ein Haupthebel der ganzen Bewegung anzusehen; erst in unsern Tagen 2 ) ist die wichtige Stellung des Herzogs Johann Albrecht gebührend hervorgehoben. Schon im Februar 1550, auf der Hochzeit des Herzogs Albrecht von Preußen, bei welcher Gelegenheit sich am 24. Februar Johann Albrecht mit des Herzogs Tochter Anna Sophie verlobte, schlossen der Herzog Albrecht von Preußen, der Marfgraf Johann von Brandenburg und der Herzog Johann Albrecht von Meklenburg zu Königsberg das erste Hülfsbündniß 3 ), ohne jedoch etwas Schriftliches darüber festzustellen, da die größte Geheimhaltung versprochen war. Johann Albrecht hatte ohne Zweifel damals und späterhin auf seinen Schwiegervater einen bedeutenden Einfluß. Der Bund wuchs im Stillen; der Markgraf Johann schrieb 4 ) am 14. Junii 1550 an den Herzog Albrecht: "Bei Meklenburg weiß es auch Niemand als Herzog Hans Albrecht, sein Kanzler (Johann von Lucka) und Herzog Heinrich, auch der alte Dietrich Maltzan, der viel gethan hat, Herzog Heinrichen zu gewinnen." Johann Albrecht war es vorzüglich, der den Kurfürsten Moritz gewann; im Dec. 1550 fand eine Annäherung zwischen beiden statt. Moritz schrieb 5 ) nun: "Das zeige ich Euch darum an, daß Ihr Tag und Nacht auf diese Dinge denket, damit man möge den Handel in ein recht Vertrauen bringen." Schon in den ersten Tagen des Jahres 1551 erhielt der Markgraf Johann eine Botschaft: "der Kaiser habe Kundschaft, daß sich der Margkraf nebst einigen andern Fürsten unterstanden, wider ihn geheime, aufrührerische Practiken zu treiben." Der Freiherr Joachim Maltzan war dem Herzoge Johann Albrecht treu ergeben und stand ihm mit seiner ungewöhnlich großen, gereiften Erfahrung zur Seite. Er war wegen seiner "Practiken" schon seit dem Dec. 1549 dem Kaiser verdächtig, aber so klug gewesen, daß man ihn nicht hatte fangen können. Am 20. bis 24. Jan. 1551 ließ ihm der Kaiser seine freie Standesherrschaft Wartenberg einnehmen und sequestriren und seine feste Burg erobern 6 ), auch darnach trachten, ihn selbst zu fangen. Am 25. Jan.


1) Man vgl. über die Geschichte dieser Zeit vorzüglich das ausgezeichnete Werk von v. Langenn: Kurfürst Moritz von Sachsen.
2) Dies ist vorzüglich und zuerst in dem so eben erschienenen Werke von Joh. Voigt: Markgraf Albrecht Alcibiades von Brandenburg=Kulmbach, Berlin, 1852, geschehen, einem Werke, welches sich dem v. Langenn's würdig zur Seite stellt.
3) Vgl. Voigt's Albrecht Alcibiades I, S. 215.
4) Vgl. daselbst, S. 217.
5) Vgl. daselbst S. 231 flgd.
6) Vgl. Lisch Urk. zur Gesch. des Geschlechts Maltzan, Bd. V, 1853.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 25 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

1551 rieth 1 ) zuerst der Herzog Johann dringend, da die Gefahr zwinge und keine Zeit mehr zu verlieren sei, den Bund durch auswärtigen Beistand zu verstärken, sei es, daß man Frankreich oder England oder beide mit in das Bündniß ziehe. Am 20. Febr. 1551 fand zu Dresden eine Zusammenkunft 2 ) zwischen dem Markgrafen Johann und dem Kurfürsten Moritz statt; sie wechselten Verpflichtungsurkunden für die Freiheit des Vaterlandes, die Selbstständigkeit des Reiches, den Schutz der Religion laut der augsburgischen Confession und die Befreiung der beiden gefangenen Fürsten von Hessen und Sachsen. So ward Moritz für den Bund gewonnen.

Es fanden unter den Verbündeten im Geheimen fort und fort Berathungen und Zusamenkünfte statt, namentlich zu Naumburg 3 ) kurz vor dem Mai=Vertrage zu Torgau. In einer der wichtigsten im Mai zu Torgau 4 ) kam es zwischen dem Markgrafen Johann, dem Herzoge Johann Albrecht, dem Landgrafen Wilhelm von Hessen und dem Kurfürsten Moritz zum förmlichen Abschluß des Bundes. Die Unterhandlungen mit Frankreich wurden jetzt eifrig betrieben und schon im Mai, nach dem Tage von Torgau, bevollmächtigte Gesandte an den König Heinrich II. von Frankreich gesandt. Am 25. Mai 1551 schrieb Johann Albrecht "an den Rheingrafen von Torgau ab" eilig einige Worte im Geheimen ohne Unterschrift: "Der Wind hat sich bis anhero nicht fügen wollen. Er hat sich aber jetzt umgesetzt, also daß ich zu Gott hoffe, er werde wohlfeil werden. Wenn Ihr nun euer Geld dieser Orte wollet anlegen, werdet Ihr gute Waare bekommen." Am 13. und 20. Aug. schrieb er 5 ) an den Herzog Albrecht: "In Briefen wird auf gute Antwort aus Frankreich getröstet."

Am 3. Oct. 1551 traten die protestantischen Fürsten auf dem Jagdschlosse zu Lochau bei Mühlberg zusammen, um den Plan zu einem Offensivbündnisse zu entwerfen, und am 5. Oct. schlossen sie mit dem Gesandten Frankreich's, dem Bischofe de Fresse (Fraxineus) von Bayonne auf dem hessischen Jagdschlosse Friedewald 6 ) ein Schutz= und Trutzbündniß mit Frankreich.


1) Vgl. Voigt a. a. O. S. 234.
2) Vgl. daselbst S. 235.
3) Vgl. den ausführlichen Brief des Herzogs Johann Albrecht vom 17. Oct. 1551 in den Jahrb. des Vereins für meklenburg. Geschichte II, S. 199, und v. Langenn a. a. O. I, S. 484.
4) Vgl. Voigt a. a. O. S. 243.
5) Vgl. daselbst S. 253.
6) Vgl. Jahrb. und v. Langenn a. a. O.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 26 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

In Folge dieser Bündnisse stellte Johann Albrecht seinen Bruder Christoph an Frankreich als Geißel und sandte ihn sogleich (noch vor dem 17. Oct.) nach Cassel, damit er von dort mit dem jungen Landgrafen Philipp von Hessen nach Paris geschickt werden könne. Die Auswechselung der Geißeln verzögerte sich aber bis zur Bestätigung des Bündnisses durch den König von Frankreich am 15. Jan. 1552.


Jetzt fühlte Johann Albrecht, daß er den Andreas Mylius nicht missen könne. Er beschloß daher, ihn für seine Person bei sich zu behalten, und für seinen Bruder einen andern Lehrer zu suchen, welcher denselben nach Paris begleiten sollte. Diese Entschlüsse reiften auf der wichtigen Reise Johann Albrecht's zum Kurfürsten Moritz nach Dresden, welche er am Ende des J. 1551 zur letzten Beschlußnahme über die protestantische Angelegenheit unternahm und auf welcher ihn Andreas Mylius und der Canzler Johann von Lucka begleiteten. Der Herzog nahm seinen Bruder Christoph mit nach Dresden, sicher von Berlin aus. Johann Albrecht reiste um die Mitte des Monats Dec. nach Grimnitz, wo er am 14. mit dem Markgrafen Johann verhandelte 1 ), und von dort nach Berlin, wo er am 16. Dec war. Mit großer Anstrengung, zur Winterszeit, in welcher er sich mehrere Male die Nächte hindurch die Wege durch Boten zeigen ließ, kam er am 20. Dec. in Dresden an und verhandelte hier am 21. Dec. "Beide Kurfürsten hatten ihm Handlung in ihrer Irrung (zu Lochau) eingeräumt." Er redete auch an diesem Tage mit Melanchthon. Um Mitternacht des 21. Dec. berichtete 1 ) er noch seinem Schwiegervater Herzog Albrecht von Preußen, mit den Schlußworten: "Das wird dem Vaterlande und Euer Liebden selbst mit zum besten gereichen." Am 22. Dec. früh reiste er von Dresden über Torgau, Wittenberg, Alt=Brandenburg, von wo er Briefe nach Leipzig und Wittenberg und an den Kurfürsten von Brandenburg schrieb, in die Heimath zurück, wo er am 27. Dec. ankam; am 31. Dec. war er in Wismar.

Die baldige Auslieferung des Herzogs Christoph war nun beschlossen. Andreas Mylius war auf der Reise nach Dresden am 19. Dec. nach seiner Vaterstadt Meißen von dem Herzoge abgegangen, um hier mit Mathias Marcus Dabercusius zu unterhandeln. In der Reiserechnung heißt es:


1) Vgl. den Brief vom 21. Dec. 1551 in Jahrb. II, S. 203, und die Antwort flgd.
1) Vgl. den Brief vom 21. Dec. 1551 in Jahrb. II, S. 203, und die Antwort flgd.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 27 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Ausgab zu Dresden den 21. Tag Dec. Ao. 51.
3 1/2 Groschen einem Boten gegeben, der Andreas Mylius einen Brief von meinem g. Herrn gen Meißen gebracht hat."

Am 30. Dec. 1551 empfahl Dabercusius dem Herzoge den Wolfgang Leupold, aus Freiberg gebürtig, einen Schüler der meißner Schule, einen guten und gelehrten jungen Mann, welcher sich damals zu Leipzig aufhielt und auch dem Andreas Mylius bekannt war, zum Lehrer des Herzogs Christoph. - Andreas Mylius war nach Meißen gegangen, nicht allein um einen Lehrer für den Herzog Christoph zu suchen, sondern auch den Dabercusius, Lehrer an der Fürstenschule zu Meißen, zur Gründung der Fürstenschule in Schwerin zu gewinnen, da Johann Albrecht sich zur gründlichen Durchführung der Reformation gerade damals zugleich eifrig sowohl mit der Stiftung gelehrter Schulen, als auch mit der Abfassung einer protestantischen Kirchenordnung und mit einer allgemeinen Kirchen=Visitation 1 ) beschäftigte. Dabercusius ging, nach Berathung mit Melanchthon, auf seine Berufung nach Schwerin ziemlich willig ein, stellte aber noch mehrere Fragen und Bedingungen; er ging jedoch schon Ostern 1553 nach Schwerin und eröffnete dort am 10. Aug. 1553 die Fürstenschule.

Mit der Annahme der Schulregierung der künftigen Fürstenschule zu Schwerin schickte Dabercusius am 13. Jan. 1552 den Wolfgang Leupold von Meißen nach Schwerin:

"Mitto ad Celsitudinem Tuam Vuolfgangum Leopoldum Fribergensem, adolescentem optimum et modestissimum et utriusque linguae peritum eumque clementiae tuae commendo."

Der Herzog Johann Albrecht hatte seinen Bruder Christoph in Dresden gelassen. Er schrieb seiner Mutter, der Kurfürst Moritz habe ihn und seinen Bruder Georg zum allerfleißigsten gebeten, ihren Bruder Christoph eine Zeit lang bei ihm zu lassen, da er ihm sehr wohl gefalle und er dort mit dem jungen Landgrafen von Hessen und dem Markgrafen von Anspach erzogen werden solle, auch dort viel mehr sehen und lernen könne, als in Meklenburg. Der Kurfürst Moritz schrieb selbst dasselbe am 21. Dec. 1551 an die Mutter. Die Herzogin Mutter, von Argwohn erfüllt, war außer sich und grämte sich fast zu Tode und


1) Zu der großen Kirchen=Visitation ordnete der Herzog den M. Simon Leupold, Secretair des Herzogs Heinrich des Friedfertigen, als beständigen Secretair ab, da er denselben nicht nur als einen ächt protestantischen und kenntnißreichen, sondern auch kräftigen und geschäftskundigen Mann kannte. Vgl. Jahrb. V, S. 145. S. Leupold hatte schon die erste Visitation vom J. 1541 mit ausgeführt.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 28 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

warf den bittersten Haß auf A. Mylius, von dem sie glaubte, daß er die Sache eingeleitet habe, obgleich ihr Johann Albrecht versicherte, daß Mylius vor seiner Abreise nichts davon gewußt habe, wie denn überhaupt der Herzog die ganze Sache vor Jedermann sehr geheim hielt. Ja, die Herzogin wollte selbst ihre Tochter Anna nicht sehen, weil sie dieselbe im Verdacht der Mitwissenschaft hatte. Johann Albrecht hatte seinem Bruder einen Kammerherrn ("Kammerdiener") Joachim von Klenow als Hofmeister gelassen, schickte ihm den Wolfgang Leupold als Lehrer 1 ) nach Dresden nach und gab ihm noch einen Knecht, einen Jungen und 4 Pferde. Am 26. Febr. 1552 reiste der Herzog Christoph von Dresden ab. Am 7. März berichtete 2 ) der Markgraf Albrecht von Culmbach an den Kurfürsten Moritz, daß am Tage vorher "der junge Herzog Christoph von Meklenburg bei ihm zu Crailsheim (bei Ansbach) angekommen sei und er ihn am folgenden Tage mit dem frühesten weiter schicken wolle an Ort und Ende, wiewohl die Zeit sehr kurz sei und der Herzog Tag und Nacht zu reiten haben werde." Darauf schrieb 3 ) Joachim v. Klenow unter "erdichtetem Namen" an Alhart Raumsattel zu Nürnberg: "Er sei mit seinem Herrn am 12. März zu Basel angekommen, mit großer Gefahr, wie Wolf der Knecht berichten werde, und bitte, dies dem Herzoge Johann Albrecht zu schreiben; der junge Landgraf sei acht Tage vor ihm angekommen, diesen habe ein altes Weib von Castel dahin gebracht und ihn für ein Mägdlein ausgegeben (" "ausgemacht" "). Am 23. April kam der Herzog Christoph in Paris an. Wolfgang Leupold hielt den jungen Fürsten mit Ernst zu Studien nach deutscher Weise an 4 ) und war mit dessen Bestrebungen zufrieden. Im Januar 1553 kam der Herzog Christoph mit seiner Begleitung wieder nach Meklenburg zurück 5 ). Am 13. Jan. 1553 schreibt der Herzog Jo=


1) In einem Briefe an den H. Johann Albrecht vom 3. Sept. 1557 sagt W. Leupold:
Functus sum munere instituendi fratris d. Christophori "a Celtitudine Vestra mihi imposita."
Es ist ohne Zweifel nicht richtig, wenn sogar J. Caselius in der Leichenrede auf den Herzog Carl 1610 sagt, Wolfgang Leupold sei auch der Lehrer des Herzogs Carl gewesen:
"se vidisse Christophorum et Carolum principes educari ab erudito viro Leopoldo Misnico."
2) Nach einem Original=Briefe im königl. sächsischen Archive zu Dresden.
3) Nach einem gleichzeitigen Auszuge aus dem Briefe in demselben Archive.
4) Das großherzogl. Archiv zu Schwerin bewahrt noch einen Brief Leupold's aus Paris über die Studien des Prinzen vom Aug. 1552.
5) Vgl. A. Mylii Annales bei Gerdes S. 261. Mylius giebt an: "Gegen die Weihnachten ist Herzog Christoffer in Meklenburg wieder ankommen." Die Zeitangaben bei Mylius sind überall nicht genau. So soll Herzog Johann Albrecht "kurz nach Fastnachten" (15. Febr.) von Schwerin abgezogen und "kurz vor Palmarum" (26. März) zu Augsburg angekommen sein.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 29 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

hann Albrecht an v. Heydeck: "Wollte Gott, man hätte unserm einfältigen, getreuen Rathe gefolget, es sollte jetzt gewißlich besser im Reiche stehen und unsern Vetter und wir in weniger Sorge und Gefahr stehen, unser junger Bruder sollte auch derselben jetzt frei sein, denn ob wir wohl Herrn Joachim Maltzan in Frankreich, unsern Bruder herauszubringen, abgefertigt, so hat er doch für sich selbst eine Bestallung vom Könige erlangt und unsers Bruders sich nicht hart angenommen; doch wollen wir es unsers Bruders halben an keinem Fleiß hinfürder mangeln lassen." Der Herzog Christoph war also damals noch nicht zurück. Im Anfange des Monats Febr. 1553 sehen wir jedoch den Prinzen Christoph wieder an seines Bruders Hofe zu Schwerin und am 3. Febr. ward mit dem Hofmeister Joachim v. Klenow und dem Lehrer Wolfgang Leupold der Kosten wegen abgerechnet.

Wolfgang Leupold erhielt im J. 1553, wahrscheinlich um Ostern, das Rectoramt der Schule zu Güstrow 1 ), welches damals gerade erledigt war. - Joachim von Klenow ward Hofmarschall.


Einen höchst wichtigen Abschnitt in dem Leben des Herzogs Johann Albrecht, und zugleich ein sehr wichtiges Ereigniß für A. Mylius, bildete die Verlobung des Herzogs. Als sich der Herzog Albrecht von Preußen mit des Herzogs Erich d. ä. von Braunschweig Tochter, also einer Mutterschwestertochter des Herzogs Johann Albrecht, im Febr. des J. 1550 zum zweiten Male vermählen und auch der Herzog Johann Albrecht mit den übrigen Verwandten zur Feier nach Königsberg ziehen wollte, starb am 28. Jan. der edle Herzog und Bischof Magnus von Meklenburg, sein Vetter; obgleich dieser Verlust ihm sehr zu Herzen ging und seine Reise augenblicklich hemmte, so führte er diese dennoch aus, so betrübt er auch war. Auf dieser Hochzeit ward am 24. Febr. (am Montag nach Invocavit) 1550 zwischen des Herzogs Albrecht Tochter erster Ehe, Anna Sophia, und dem Herzoge Johann Albrecht eine "Vermählung der heiligen


1) Die Reformation der Schule zu Güstrow geschah schon im J. 1551, als Friedrich Winkler aus Prettin, ein Zögling der Universität Wittenberg, das Rectorat der Schule erhielt. Dieser ward jedoch im J. 1552 zum Rector der Schule in seiner Vaterstadt Prettin berufen, wo er schon Johannis 1553 ungefähr ein Vierteljahr gewirkt hatte. Vgl. Jahrb. V, S. 148-149. Unter W. Leupold's Rectorat ward zwar die Schule etwas verbessert, hatte aber, wie früher, mit zahllosen Widerwärtigkeiten zu kämpfen, da sie nicht einmal ein ausreichendes, festes Gebäude hatte. Die Geschichte der Domschule zu Güstrow in ihrer jetzigen Verfassung beginnt eigentlich mit dem Bau des großen, noch stehenden Schulhauses durch den Herzog Ulrich im J. 1560.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 30 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Ehe" gestiftet. Diese Verlobung war allerdings für den jungen Herzog von der allergrößten Bedeutung, indem sie theils dem Herzoge eine so wackere und erhabene Fürstin zuführte, daß sie als ein Musterbild in der Reihe der meklenburgischen Herzoginnen dasteht, theils den Herzog Albrecht noch inniger an die Sache des Protestantismus fesselte, indem er seitdem, nach dem Abschlusse eines geheimen protestantischen Bündnisses während der Vermählungsfeier, sogleich mit voller Seele mit seinem Schwiegersohne darüber in den lebhaftesten Briefwechsel trat. Die Vermählung sollte zwar innerhalb des ersten Jahres der Verlobung gefeiert werden; aber Johann Albrecht wollte nicht eher an sein eigenes Glück denken, als bis er den Glauben und das Vaterland gerettet und gesichert sah. Er schob die Vermählung noch 5 Jahre hinaus, um so mehr, da er auch seine Geldkräfte im Geheimen zusammenhalten mußte, um für den Fall eines Kriegszuges augenblicklich die nöthigsten Mittel zur Verfügung zu haben, wenn auch keine Spur davon vorhanden ist, daß Johann Albrecht je Geld sollte gespart oder geschont haben, wenn es auf die Befriedigung irgend eines edlen Bedürfnisses ankam. Zwar drang seine Tante Elisabeth häufig in ihn, sich bald zu vermählen. Am 27. Junii 1551 schrieb sie: "Ich bitte vor Allem, E. L. wollen Ihr Gemahl sich in allewege zum treulichsten lassen befohlen sein und sich des Sehnens beide ein Mal abhelfen; denn Ihr seid Eheleute vor Gott und der Welt. Darum halte sich E. L. freundlich gegen sie und fördere auch ein Mal das Beilager. E. L. lasse sich nicht abhalten, denn eine bessere Zeit zu erleben, ist nicht zu hoffen. Grüße mir Ihre allerliebste Anna Sophie, die befehl ich E. L. in Ihr Herz hinein und wünsche Euch bald in ihren Arm." Johann Albrecht ließ aber erst die deutsche Sache sich fester gestalten, ordnete erst die Regierung seines eigenen Landes nach allen Seiten hin und bauete 1553-54 zu der Vermählung das interessante Schloß zu Wismar, das Hauptdenkmal des nordischen, eigentlich meklenburgischen, Renaissancestyls im Ziegelbau, ebenfalls ein redendes Zeichen von dem reinen Geschmack und der hohen Bildung des Fürsten. Sein Leben war ganz makellos. Aber er wollte nicht früh heirathen, so schwer ihm dieser Entschluß auch ward. In einer schriftlichen Selbstbetrachtung oder Beichte vom 29. Nov. 1553, in welcher er seinen ganzen Zustand schildert, betet er: "Keusch vnd ohne Weib kan ich Dir bas dienen; erhalte vnd sterke mich darin."


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 31 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Der Druck des Kaisers war unerträglich. Schon früh regten sich die Gemüther, sich von dieser Last durch Gewalt zu befreien. Der schlaue, viel gewandte und weit bekannte Ritter Friedrich Spedt 1 ), welcher 1553 als Rath, Gesandter und Oberster in die Dienste des Herzogs Johann Albrecht trat, war schon im J. 1548 der Ansicht 2 ), "daß durch kein ander Mittel diese des Kaisers ewig vorhabende Dienstbarkeit deutscher Nation abzuwenden sei, als daß durch eine stattliche Gegenwehr Ihrer Majestät begegnet werde" und daß "kein ander Mittel sei, die deutsche Nation unser Vaterland vor dem vorhabenden Verderben der Spanier und Türken zu retten." Vor allen Dingen rieth er schon damals, dem Kurfürsten Moritz vorzustellen, daß er bedenke, in welcher Gefahr und welchem bösen Leumund er stehe, und er sich mit der That zu verantworten habe.

Endlich brach der Tag der großen Entscheidung für den Protestantismus an, eine That, so kühn und erhaben und groß, wie wenige in der Weltgeschichte. Unter allen protestantischen Fürsten durchschauete wohl keiner so klar die Lage der Dinge, wie der junge Johann Albrecht von Meklenburg. Es galt nicht allein den Christenglauben vor der Abgötterei des Papismus zu retten, sondern auch die deutsche Freiheit vor der "Herrschaft und Tyrannei der Spanier", d. h. Oesterreichs mit spanischer Politik, - es galt das traurige Geschick abzuwenden, welches nicht lange darauf die blühenden Niederlande mit Blut überschwemmte. Die Freiheit des deutschen Reiches und des christlichen Glaubens werden in unzähligen, geheimen Briefen immer zusammen als die Kleinodien genannt, an deren Rettung man Leib und Leben setzen müsse. Mögen auch bei andern Fürsten Nebenrücksichten, wenn auch nicht unedle, bei der Schilderhebung gegen den "spanischen" Druck, der seit dem Interim unerträglich auf dem deutschen Reiche lastete, gewaltet haben: bei Johann Albrecht von Meklenburg waren es die reinsten, edelsten Beweggründe, welche ihn für die höchsten Güter des Lebens in einen sehr gewagten Kampf hinausriefen. Er schreibt öfter an seine vielgeliebte Braut, wenn auch nur in allgemeinen Zügen, da er in seinen Briefen an sie sonst die Politik nicht berührt, sehr offen und innig, z. B. schon am 2. Dec. 1550:

"Ich hoffe dennoch, glaube und bitte auch darum, daß der die Seinen züchtigt, ihm zum Lobe, werde dieselbigen auch zu seiner Zeit und größerm seinem


1) Vgl. Jahrb. I, S. 33 flgd. und 36 flgd.
2) Vgl. daselbst S. 184 flgd.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 32 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Preise erretten und dermaleinst erhören, sie auch in rechtem Glauben an ihn und öffentlichem Bekenntniß, neben wahrem ihm wohlgefälligen Gottesdienste erhalten: behalten wir das, als wir sollen, so können wir nichts, ja nichts verlieren."

und am 18. März 1551:

"Neben E. L. will ich hoffen, daß das Unkraut dermaleinst möchte ausgerottet werden, damit wir mit Freuden zusammen kommen."

Am 30. Nov. 1553 aber schreibt er an sie aus der Tiefe seines Herzens:

"Nachdem sich denn eine Weile her unser eheliche Handel aus hochwichtigen Ursachen, nämlich die Erhaltung unserer wahren Religion, Freiheit, Friede und Vaterland belangend, von deswegen ich noch Lust zu sterben hätte (wiewohl ich damals wenig wahre und rechte Gehülfen erfunden), verzogen, weil denn auch die Dinge jetzt etwas friedlicher und durch Schickung des Allmächtigen linder worden, dafür ihm ewiger Dank billig gehört, so bin ich nunmehr entschlossen, den Handel dahin zu befördern, wie ihn der Herr ersehen."

In einer eigenhändig am Neujahrstage 1551 geschriebenen Bitte oder Beichte sagt er:

"Ach Gott, hilf doch deinem armen Häuflein, das sonst keinen menschlichen Trost hat, und allein ihre Augen auf Dich sehen. - - - - - - - Herr, mache Deiner und unserer Feinde Trotzen zu Schanden."

"Laß sie ihre Hoffnung, die sie auf viel Reuter und Knechte setzen, betrügen. Errette die, welche sich auf Dich allein verlassen."

"Gieb nicht nach, daß sich die Gottlosen über Deine armen Christen erfreuen." - - - - -

"Sie haben nichts Gutes im Sinne, sondern eitel arges denken sie zu vollbringen."

"Sie achten weder Gottesfurcht, noch wahren Gottesdienst."

"Sie achten weder Vaterland, noch Freiheit."

- - - - - - - - - - -

"Darum laß Dich erbitten, Deinem schwachen Häuflein, ist es anders Zeit, zu Hülfe zu kommen, von welchem Du Größeres und mehr Lobes und Ehren erlangen kannst." - - - - - - -

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 33 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

"Mache ihre Anschläge, die sie für gewiß achten, zunichte." - - - - - - - - -

"Ich hoffe, Du wirst Deinem armen verlassenen Häuflein ex inopinatis helfen, wiewohl es wider meine und die Vernunft ist, dennoch kannst Du es thun." - - - - - - - - -

und am 11. Jan. 1551 ("cum milites missi sunt facti"):

"Wo ist nun die Standhaftigkeit der Religion?"

"Wo ist die von Natur eingegossene Liebe zum Vaterlande?" - - - - - - -

Gott, es hat Dir also wohl gefallen, Du eilest zum Ende; Dein Reich komme, wollen wir bitten."

Du hast aber den gottlosen Tyrannen, die Verräther sind ihres Vaterlandes, auch Deiner Lehre und Wahrheit, einen Graben aufgeworfen, da werden sie, wann Du ihnen die Zeit fast angestellet, vorkommen und nicht über denselbigen springen."

"Um eines aber, Herr, bitten wir, - das Andere wollest Du verleihen - , daß wir beständiglich bei unserer wahren Religion und bei dem von Dir angenommenen und gebotenen Gottesdienst bis ans Ende mögen verharren, und daß Du nicht wollest nachgeben, daß sich die Feinde Deines Wortes über uns erfreuen. Amen."


Als Johann Albrecht am 28. Nov. 1551 den Werner Hahn nach Königsberg zu seinem Schwiegervater sandte, um mit diesem die Zurüstungen zu der Schilderhebung zu verabreden, schrieb er an denselben:

"Weil auch unsere Gemüther dermaßen zu einander gethan, so werden E. L. mit der Kürze zufrieden sein. E. L. bitte ich allein, die sich auch ohne mein Bitten werden wohl zu verhalten wissen, sie wollten zur Erhaltung und Rettung des Vaterlandes, von welches wegen wir nicht zu viel thun können, das Ihre thun, zudem und über das weil es der einzige und kein anderer Weg jetzt menschlich davon vor der Hand oder zu finden ist, durch welchen man die Unterthanen und uns mit göttlicher Hülfe bei reiner Lehre halten und bleiben möchte."

Endlich war die Stunde gekommen. Der Herzog Heinrich der Friedfertige, welcher zwar die Sache unterstützen, aber nicht selbst das Schwert erheben wollte, ging am 6. Febr. 1552 zum

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 34 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

ewigen Frieden ein, und dadurch ward Johann Albrecht gerade zu der Zeit, wo es ihm am dienlichsten war, fürs erste alleiniger Regent von Meklenburg. Nun trieb er die Sache um desto eifriger, obgleich er mit Regierungsgeschäften überall beladen war. Aber die Noth drängte. Die protestantischen Fürsten, welche sich zur Schilderhebung rüsteten, waren ihm alle durch Verwandtschaft nahe verbunden: sie waren alle Geschwisterkinder, Enkel des Herzogs Magnus von Meklenburg, und zum Theil unter einander und mit den übrigen protestantischen Fürsten vielfach verschwägert.

Nach den geheimen Verabredungen sammelte Johann Albrecht Allen unerwartet und plötzlich 600 "wohlgerüstete Reiter", um zu Moritz von Sachsen zu stoßen. Auf einem Landtage, welchen der Herzog am 25. Julii 1552 während des Feldzuges durch seine Statthalter und Räthe halten ließ, forderte er von den Landständen die Erstattung der Kriegskosten und baldige Hülfe, da er schon im fünften Monate mit dem Volke im Felde liege. Die Landstände aber verweigerten 1 ) engherzig unter mancherlei Vorwänden wegen Verletzung der Form, z. B. daß der Stand der - Prälaten nicht anwesend sei, nachdem der Papismus so eben siegreich vernichtet war, jede Hülfe, indem sie dem Herzoge kränkend entgegenstellten, "sie wüßten nicht, daß der Herzog diesen Zug aus hochnöthigen Ursachen zur Beschützung des Landes vorzunehmen gedrungen worden sei, viel weniger daß er mit jemand aus ihrer Mitte über solche hochwichtige Dinge gerathschlagt und solche mit Wissen und Vollmacht der Landstände angefangen habe", wie es im Herkommen begründet sei. Aber Noth kennt kein Gebot; der Herzog hatte den Zug nur mit wenigen sichern Vertrauten vorbereitet, ohne daß im Lande jemand eine Ahnung davon hatte. Eben so vorsichtig hatte Moritz von Sachsen seine Pläne zu verbergen gewußt, so daß der Kaiser in der vollsten Sicherheit in den Bergen Tyrols ruhte. Johann Albrecht brach mit dem unglücklichen und unstäten Herzoge Wilhelm von Braunschweig, welcher damals von den meklenburgischen Herzogen die Johanniter=Comthurei Mirow inne hatte, mit 600 Reitern in der Mitte des Monats März von Schwerin auf. Als alter erfahrner Kriegsheld begleitete den Zug der Freiherr Joachim Maltzan, welcher entweder von Schwerin mitzog oder unterweges zustieß, da er so eben von der wichtigen Gesandtschaft zum Könige von Frankreich zurückkehrte. Nach der Aufforderung des Kurfürsten Moritz


1) Auch in Sachsen war "eine sehr unwillige Landschaft". Vgl. Voigt's Albrecht Alcibiades I, S. 262.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 35 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

sollte Johann Albrecht mit seinen Reitern am 21. März "auf dem Musterplatz zu Halle" ankommen. Am 14. März antwortete Johann Albrecht von Schwerin aus, daß er am bestimmten Tage zur Stätte sein werde; er habe bereits einen Theil seiner Reiter vorangeschickt und werde alsbald selbst folgen. Der Herzog zog zunächst nach Wolmerstädt, welches sein Bruder Georg inne hatte, und nahm auch seinen Bruder Ulrich mit dahin, damit die Brüder mit einander reden könnten. Von Wolmerstädt schrieb Johann Albrecht am 22. März: da der Kurfürst von Brandenburg mit seinen Reitern alle Herbergen eingenommen, so daß kein Unterkommen mehr zu finden sei, so werde er am 25. März zu Mansfeld einkommen und bitte um eilige Nachricht, welche Wege er nehmen solle. Der Herzog Georg zog dem Kurfürsten Moritz zu. Der Herzog Johann Albrecht vereinigte sich am 1. April mit dem Kurfürsten und den übrigen Verbündeten vor dem belagerten Augsburg, welches am 5. April eingenommen ward. Nach einem Briefe des A. Mylius vom 22. Mai 1552 war Johann Albrecht bei der Belagerung von Ulm, welche am 12. April begann. Bei den fortwährend glücklichen und rasch gewonnenen Erfolgen der Verbündeten verlor der Kaiser alle seine Kraft und rüstete sich zur Flucht. Moritz ließ sich zu einer Unterhandlung mit dem römischen Könige Ferdinand zu Linz (18. April bis 8. Mai) bewegen, welche jedoch keinen klaren Erfolg hatte. Während dieser Zeit führte Johann Albrecht als regierender Reichsfürst in Augsburg den Oberbefehl über das Heer und übernahm am 29. April die französischen Geißeln. Da die Verhandlungen nichts anders gewesen waren, als politische Intriguen und spanischer Hohn, so drängten die Verbündeten mit Heftigkeit in den Kurfürsten Moritz, den Feldzug so schnell als möglich zu beenden, da der alte Landgraf von Hessen noch immer in der Gefangenschaft schmachtete. Moritz hatte einen Waffenstillstand, mit Vorbehalt der Einwilligung seiner Verbündeten, vom 11. Mai an beredet; die Verbündeten genehmigten ihn aber erst vom 26. Mai an, wahrscheinlich um die gewonnenen Vortheile sicher zu stellen und in der wohl begründeten Ueberzeugung, daß die kaiserlichen Heere sich sammelten, um ihnen entgegenzutreten. Am 10. Mai führte also Moritz das Heer weiter, geradezu auf den Kaiser; am 18. Mai traf er in der Nähe von Füssen ein. Am 19. Mai fiel die feste, wohl verwahrte und besetzte Ehrenburger Klause, die starke Eingangspforte Tyrol's, vorzüglich durch das Anstürmen des kühnen Herzogs Georg von Meklenburg gegen viele starke Vortheile des Feindes. Nur zwei Tagemärsche standen die Protestanten von dem gewaltigen Kaiser. Furchtbar aufgeschreckt,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 36 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

kaum fähig zu fassen, was wirklich geschehen war, ließ sich "der gichtkranke Carl durch Sturm und Unwetter in einer Sänfte bei nächtlicher Weile auf beschwerlichen Pfaden durch die Gebirge tragen" und entfloh in schwacher Begleitung in die karnischen Alpen. Sein Stern war untergegangen. Die Verbündeten zogen gen Inspruck. Am 26. Mai erreichten die Verbündeten in den Friedensverhandlungen zu Passau ihr Ziel, die Befreiung der beiden gefangenen Fürsten und die Freiheit der Religionsübung; die spanische Macht war durch die That gebrochen. Das Vaterland war gerettet durch eine Kraft, welcher nichts zu widerstehen vermag, durch die reine Begeisterung für die höchsten Güter.

Auf seinem Kriegszuge, wahrscheinlich in der ersten Hälfte des Monats Mai von Augsburg aus, erließ Johann Albrecht einen Befehl 1 ) an seine heimgelassenen Statthalter und Räthe, welchen er befahl, "die Abgötterei und papistischen Diener allenthalben abzuschaffen und die reine göttliche Lehre und christliche Ceremonien aufzurichten, eine Kirchen=Visitation vor die Hand zu nehmen, christliche Prädicanten zu verordnen und ihnen und den Schulmeistern ziemliche Unterhaltung zu nehmen, alle geistlichen Lehne im Besitze derer, welche nicht Kirchendiener seien, einzuziehen, das Stift Ratzeburg einzunehmen", die Säcularisirung der Klöster fortzusetzen, keine Fehde zu dulden, endlich ihm hundert Reiter nachzusenden und einen Landtag auszuschreiben, um auf demselben die Unterhaltung der 600 Reiter aus Landesmitteln zu beantragen, "weil er sich der wahren Religion und deutschen Freiheit halber, also Land und Leuten zum Besten, in diese Kriegshandlung eingelassen habe". Der Landtag ward am 25. Julii gehalten; die Landstände verweigerten aber jede Hülfe.

Johann Albrecht begann darauf am 17. Julii die Belagerung von Frankfurt a. M. Hier starb am 20. Julii der tapfere Herzog Georg den Tod fürs Vaterland: eine feindliche Kanonenkugel riß ihm das rechte Bein ab. Seine Leiche ward nach Schwerin gebracht und in die ehemalige Heil. Bluts=Kapelle des Domes, welche der Herzog Johann Albrecht bei der Bestattung seines Oheims Heinrich des Friedfertigen zum fürstlichen Erbbegräbnisse erwählt hatte 2 ), beigesetzt. Aus dem Lager vor Frankfurt sandte Johann Albrecht den Freiherrn Joachim Maltzan am 7. Aug. an den König von Frankreich, um diesem über die Friedensverhandlungen zu Passau zu berichten und den Herzog


1) Vgl. Jahrb. VIII, S. 52 flgd.
2) Vgl. Jahrb. XIII, S. 172 und 175.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 37 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Christoph zurückzuholen. Johann Albrecht ging am 23. August über Mainz, Hessen und Magdeburg in seine gesicherten Staaten zurück und brachte eine Büchersammlung mit, welche er zu Mainz in seinem Quartier erbeutet hatte und welche die Grundlage zu der herzoglichen Bibliothek auf dem Schlosse zu Schwerin bildete. Am 21. Sept. 1552 schreibt er an seine Mutter:

"Was in diesen Dingen von mir geschehen, ist von mir der wahren Religion, unsers Vaterlandes und Freiheit treulich gemeinet, wiewohl mir dagegen von unbilligen Leuten böser Lohn und Dank wiederfährt."

Und doch schreibt Johann Albrecht durch die Hand des Canzlers Johann v. Lucka am 13. Jan. 1553 an v. Heideck:

"Wollte Gott, man hätte unserm einfältigen, getreuen Rathe gefolget, es sollte jetzt gewißlich besser im Reiche stehen. - - Daß allerlei Practiken vorhanden sein mögen, das vermuthen wir aus allerhand Umständen und Ansuchen. Wir wollen uns aber wider unsere wahre Religion und Freiheit mit nichten abführen lassen, sondern unsers Theils mit Gottes Hülfe hinfürder bis an unser Ende dabei verharren."


Diese genaue Schilderung aller wichtigen Personen und Begebenheiten in einer wunderbar bewegten Zeit ist allein im Stande, die Umgebungen und Schritte des Herzogs Johann Albrecht in ein helles Licht zu setzen. Auch die Stellung des Andreas Mylius kann nur durch eine genaue und richtige Erkenntniß und Würdigung jener Zeitbegebenheiten und des Herzogs begriffen werden.

Zuerst war A. Mylius noch unschlüssig, ob er bleiben oder anderswo sein Glück versuchen sollte. Er hatte wohl Lust, nach Frankreich zu gehen und die Rechte zu studiren. Am 30. Nov. 1550 erklärte er dem Herzoge seine Unschlüssigkeit : "modo spes Galliae et juris studium discedendi cupiditatem, modo contra vestra benevolentia et amor manendi voluntatem excitabat." Sobald jedoch A. Mylius seine Stellung einigermaßen befestigt gesehen hatte, hatte er sich mit Margarethe Rotermund, der jüngsten Tochter des Balthasar Rotermund († 1554), Rentmeisters des Herzogs Heinrich und Burgemeisters zu Schwerin, verheirathet 1 ); er war darin weniger stark, als der Herzog, welcher seine Vermählung so lange aufschob, bis die deutsche Freiheit gesichert war. Schon


1) Vgl. Hederich's Schwerin. Chron. zu 1554 und 1594, S. 38 und 85.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 38 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

am 30. Nov. 1550 verlobte er sich mit seiner Margarethe, einem Mädchen von ausgezeichneter Schönheit, großem Geiste und gutem Rufe, und machte dem Herzoge Vorstellungen über die Sicherung seines Lebens, damit er heirathen könne. Er war "ganz in Liebe zu seiner Braut ersoffen", wie der herzogliche Secretair Peter Eger schreibt, jedoch mußte die Hochzeit noch etwas hinausgeschoben werden. Um Ostern 1551 machte er seine häuslichen Einrichtungen und noch im Lauf d. J. verheirathete er sich 1 ). Der Herzog Johann Albrecht ehrte sowohl seinen Rentmeister Rotermund, als seinen A. Mylius durch eine glänzende Hochzeit, welche nicht nur er selbst, sondern auch der alte Herzog Heinrich der Friedfertige mit seiner Gemahlin Ursula und die Prinzen Georg und Christoph und die Prinzessin Anna mit ihrer Gegenwart beehrten. Er mußte sich jedoch bald oft von seiner jungen Frau trennen, da er den Herzog auf dessen Reisen nach Sachsen und auf dem oberländischen Feldzuge begleiten mußte. A. Mylius führte eine sehr glückliche Ehe. Seine Frau starb erst im J. 1592, zwei Jahre vor seinem Tode. - Eine zweite Tochter Rotermund's, Helena, ward an des Herzogs Mathematiker und Astronomen Tilemann Stella verheirathet. Die älteste Tochter ward an Joachim Stein, herzoglichen Haushofmeister ("primus oeconomus familiae" principis) verheirathet, welcher sich in reiferem Alter nach seiner Vaterstadt Fürstenberg zurückzog, wo er sein väterliches Erbe bauete. Wahrscheinlich stellte ihn der Herzog im J. 1555 dem A. Mylius zu Liebe 2 ) an. ("De Joachimo Stein fecimus tua causa quae rogas.")

Auf dem oberländischen Feldzuge begleiteten den Herzog Johann Albrecht von seinen Civildienern die ihm gleich gesinnten und vertrauten jungen Männer, der Canzler Johann von Lucka und Andreas Mylius, so wie der Hofprediger Ernst Rothmann, den der Herzog auf dem ganzen Feldzuge als Feldprediger 3 ) bei sich behielt. Wahrscheinlich gingen der


1) Dies geht nicht allein aus allen Umständen, Andeutungen und Folgen hervor, sondern auch aus einer bestimmten Aeußerung in einem Briefe vom J. 1551. Bei der Verheirathung soll er den Namen Mylius, statt Müller, öffentlich angenommen haben.
2) Vgl. Anl. Nr. 9, Brief des Herzogs vom 23. Mai 1555.
3) Ernst Rothmann, ein Braunschweiger, war 1533-34 zu Wittenberg immatrikulirt. Er war 1549-1552 des Herzogs Johann Albrecht Hofprediger, von 1552-1567 Domprediger und 1567-1568 wieder Hofprediger Im J. 1554 gab ihm der Herzog ein Lehn, weil er "sich mit vns in den krieg begeben hat, uns und unsern dienern darselbst das seligmachende wort Gottes gepredigt hat." Der Herzog schreibt eigenhändig in sein Tagebuch: "1568. "Jul. 27. ist mein liber und alter prediger und beichtvater Hr. Ernest Rotman zu Schwerin gestorben. 28. den tag hab ich ihn begraben lassen und bin ihm mit dem Hofgesinde gefolget."
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 39 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Canzler und A. Mylius bis Augsburg mit und blieben so lange bei dem Herzoge, bis das Heer der Verbündeten am 10. Mai von Augsburg nach den Gebirgen Tyrols aufbrach. Am 22. Mai 1552 schreibt 1 ) nämlich A. Mylius an den Herzog, daß "sie von der Reise glücklich, wenn auch von den Beschwerden angegriffen, zu Hause angekommen seien" ("salvos ex itinere domum rediisse nos"), und erzählt im Verlaufe, daß die Bilder des Königs von Frankreich bei dem Brande vor Ulm von ungefähr in seine Mappe gekommen und so von ihm ohne sein Wissen mit nach Schwerin genommen seien. Die Belagerung von Ulm, bei welcher die Vorstädte theilweise abgebrannt wurden, begann am 12. April während der linzer Verhandlungen. Es ist also keinem Zweifel unterworfen, daß A. Mylius bei dem Herzoge war, so lange dieser in Augsburg verweilte. - Daß der Licentiat Johann von Lucka den Herzog begleitete, wird durch die erwähnte Regierungs=Verordnung, welche der Herzog aus dem Feldlager erließ, bewiesen, indem der Herzog seinen Räthen schreibt 2 ) "sein Bedenken wegen etlicher Klöster werde ihnen sein Licentiat anzeigen"; der Herzog hatte ihm also mündlich Anweisungen mitgegeben.

A. Mylius hatte in den ersten Zeiten sehr um die Befestigung seiner noch nicht klar bestimmten Stellung zu kämpfen, da er durch Uebermuth und Neid viel zu leiden hatte. Blieb doch der Herzog selbst nicht unangefochten, da nicht nur die Landstände, sondern auch die Staats= und Hofbeamten von altem Schrot und Korn sehr unzufrieden mit der gewaltsamen Durchführung seiner Neuerungen waren. Es gab gewiß sehr Viele, welche den jungen, kühnen Reformator haßten und noch mehr die jungen Leute, von denen man wohl glauben mochte, daß sie den unerfahrenen Fürsten zu seinen kühnen Schritten verleitet hätten. Einen klaren Blick in die Stimmung des Hofes giebt ein Brief 3 ), welchen A. Mylius nach seiner Heimkehr von dem oberländischen Feldzuge an den Herzog schrieb; er klagt ihm mit großer Entrüstung: die Leute, welche der Herzog zur Regierung und Verwaltung heimgelassen, hätten seine Frau, als sie um Holz und andere Deputatlieferungen gebeten, mit dem größten Uebermuth zurückgewiesen, so daß sie von täglichem Kummer und Leid ganz erschöpft sei; als er heimgekehrt sei, hätten sie voll Stolz und Anmaßung ihn keiner Unterredung und keines Wortes, ja nicht einmal eines Blickes oder Grußes


1) Vgl. Anl. Nr. 3.
2) Vgl. Jahrb. VIII, S. 52 flgd.
3) Vgl. Anl. Nr. 3.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 40 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

gewürdigt, sondern ihm sogar das Pferd, welches ihm der Herzog zur Rückkehr zu eigen gegeben, mit Gewalt zu nehmen und zuletzt dem Pferde sogar den Hafer zu entziehen gewagt. Die Stimmung am Hofe muß allerdings sehr erbittert gewesen sein, wenn man gegen den Liebling des Landesherrn bei seinen rechtmäßigen Forderungen so rücksichtslos und ungerecht zu verfahren wagte. Die Klagen über den Uebermuth der Hofleute erhebt A. Mylius öfter, namentlich wieder in spätern Jahren.


Das Hauptziel unserer Untersuchung ist, zu erkennen, welche Stellung A. Mylius zu dem Herzoge Johann Albrecht eigentlich gehabt. Der Herzog erhob ihn mit der Zeit zu seinem Rathe (Geheimenrath) und übertrug ihm vorzüglich die Führung der lateinischen Correspondenz mit den auswärtigen Fürsten und häufige diplomatische Reisen. Diese Geschäfte bildeten aber nur den geringern Theil der Arbeiten des A. Mylius: er war, so viel es sein konnte, täglich um den Herzog, um ihm mit aufrichtigem Rathe und unverhüllter Wahrheit beizustehen; er führte mit dem Herzoge zur Bildung und Erholung einen ausgebreiteten lateinischen Briefwechsel über alle Gegenstände des Lebens und Denkens, wenn sie nicht zusammen sein konnten; es war seine Sorge, die Wissenschaft im Lande und am Hofe zu pflegen und für den Herzog rein wissenschaftliche Arbeiten auszuführen.

Und doch war alles dies nicht sein Hauptgeschäft. Man hat unzählige Male behauptet und wiederholt, A. Mylius sei der Lehrer 1 ) des Herzogs gewesen. Nach dem, was hier bisher mitgetheilt ist, wird sich Jeder überzeugen, daß dies nicht der Fall war. A. Mylius war nicht der Jugendlehrer des Herzogs. Andreas Mylius war der Lehrer des Herzogs Johann Albrecht so lange dieser regierte, bis zu seinem Tode. Dies ist ein Verhältniß, welches unendlich hoch und einzig dasteht. Johann Albrecht war wahrlich kein einseitiger Regent; er umfaßte mit Liebe und Kraft, was dem Lande irgend ersprießlich sein konnte: er war wohl der größte Fürst seiner Zeit. Aber er setzte sein Vergnügen und seine Erholung allein in die ununterbrochene Ausbildung und Veredelung seines Geistes und suchte um sich her Alles auf den Standpunkt zu führen, den er selbst erstrebte. Er ver


1) Selbst Chytraeus sagt (Saxonia ad a. 1594, p. 894): "Andreas Mylius, illustrissimi principis Johannis Alberti initio studiorum moderator."
- Was in A. Mylii Genealogia. herausgegeben von Casparo Calovio, von diesem über die Erziehung des Herzogs Johann Albrecht gesagt wird, ist rein erdacht und steht nicht in dem Originale des A. Mylius.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 41 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

ehrte zwar die Künste und Gewerbe: er hatte beständig Baumeister und Mathematiker, Maler und Bildhauer, Musiker und Männer des Gewerbes um sich; er baute viel und geschmackvoll, er schickte die jungen Künstler auf Reisen und beförderte, wo er nur konnte. Aber am meisten galt ihm die Ausbildung seines Geistes durch geistige Uebungen, oder das, was man heute Philosophie 1 ) nennt. Damals war freilich Philosophie nicht ein bestimmter Kreis von Gedanken in ein System ganz bestimmter Formeln gezwängt. Man setzte die höchste Ausbildung in den Besitz der klarsten Gedanken und in den Gebrauch des richtigsten Ausdruckes derselben. Daher galt die schönste und klarste Darstellung der Gedanken über irgend einen Gegenstand für die höchste Ausbildung. Diese Ausbildung erreichte man theils durch unausgesetzte Uebung im Denken, theils durch das Studium der alten Griechen und Römer, welche man dazu benutzte, die Klarheit und Richtigkeit der Gedanken zu erkennen und nachzuahmen, aber keinesweges um an ihnen oder während des Lesens derselben nebenher etwas Grammatik oder Archäologie zu lernen, was man heute in manchen Kreisen in sehr beschränktem Sinne Philologie nennt. Daher schreiben die Gelehrten jener Zeit so bewundernswerth klar; die Klarheit des Johannes Caselius ist wahrhaft staunenswerth: freilich war er auch einer der größten Denker seiner Zeit. Diesen hatte der Herzog von den großen Geistern Italiens ausbilden lassen und ihm dann selbst aufgegeben, aus den griechischen und lateinischen Quellen diejenige Philosophie, welche ein thatkräftiges Leben erzeugt, und Rhetorik aus den Quellen zu lehren 2 ).

Ein anderes, was den Herzog Johann Albrecht innig bewegte, war die Religion, in dem Sinne, in welchem er den christlichen Glauben wieder erobert hatte. Auch auf diesem Gebiete strebte er, mit ungeheuchelter Gottesfurcht, nach der


1) Daher unterzeichnet A. Mylius auch einen Brief an den Herzog vom 21. Mai 1555: "Andreas Mylius M. ό φιλόσοφος."
2) J. Caselius sagt von sich in seiner Leichenrede auf den Herzog Johann:
"Docebam ego tum in academia Rostochiana ex Latinis et Graecis fontibus iuuentutem eam philosophiae partem, quae rebus gerendis destinata est, siue privatim quis malit vitam degere, siue rempublicam capessere, quam mihi actricem libet interpretari: hanc ego docebam de sententia ducis Joannis Alberti; - - docebam et artem dicendi, non ex lacunis, sed ex iisdem fontibus."
In gleichem Sinne hatte auch Arnoldus Burenius, nach der Mittheilung des Johannes Caselius in dessen Leichenrede auf den Herzog Johann Albrecht, gemeint:
"Namque jubebat adolescentes et linguam excolere et perpolire vitam, indicans et subinde iterans, eloquentiam ex Latino oratore peti, scientiam ex Graeco philosopho."
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 42 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

klaren Erkenntniß des Christenthums unmittelbar aus der heiligen Schrift, und er stand auf dem Gipfel seiner Freude, wenn er sich auf irgend eine Weise mit der heiligen Schrift wissenschaftlich beschäftigen konnte.

Fassen wir aber die höchsten Bestrebungen Johann Albrechts recht zusammen, so war es das Ziel seines Lebens, durch möglichst hohe Ausbildung aller geistigen Fähigkeiten den Weg zum Verständniß der Heilgen Schrift zu bahnen 1 ). Daher sehen wir bei ihm so häufig beide Bestrebungen mit einander vereinigt, z. B. darin, daß A. Mylius ihm die Bibel in gutes Latein übersetzen mußte. Wenn beide sich zur Erholung geistig übten, so waren die Uebungen gewöhnlich lateinische Ausarbeitungen über Gegenstände des christlichen Glaubens.

Man darf aber nicht glauben, daß Johann Albrecht bloß ein gelehrter Mann, ein sogenannter Bücherwurm, ein "Professor" gewesen sei; er könnte durch eine solche Ansicht in manchen Kreisen in üblen Geruch kommen: Johann Albrecht war ein ganzer Mann, der Alles übte, was einen Mann und Fürsten zieren kann. Johann Albrecht war ein ritterlicher Mann im ganzen Sinne des Wortes, der auch gern und gut sein gutes Roß tummelte. Daher blüheten an seinem Hofe, wie an wenig andern, die Ritterspiele 2 ); daher hielt er sich ausgezeichnete Stallmeister, die er gewöhnlich aus Italien kommen ließ, da er mit den hochgebildeten italiänischen Höfen in engem Verkehr lebte. Die in Europa bis heute berühmt gewordene "meklenburgische Pferde=Race" verdanken wir seinen ritterlichen Bestrebungen, indem er sie auf den von ihm angelegten Gestüten durch Kreuzung der edelsten Racen, die bekannt waren, erzielte.


1) Der nachmalige Lehrer des Prinzen Johann, Heinrich Siber, schreibt am 4. Sept. 1567 an den Rath M. Andreas Mylius über die Bemühungen des Herzogs Johann Albrecht:
Quare summis atque sempiternis laudibus efferendus est princeps tuus illustrissimus, qui et ipse religionem vere intelligit et incredibili diligentia et pietate summa omniumque seculorum memoria praedicanda in id incumbit, vt ecclesiae et scholis viros doctrina, pietate et constantia praestantes praeficiat et ecclesiam Christi his miseris temporibus et perditis hominum moribus, quibus ipse potest subleuet auxiliis et ornet praesidiis.
2) Joh. Caselius sagt, als ächter Professor, in seiner Leichenrede auf den Herzog Johann Albrecht:
"Plus verborum non faciam de certaminibus et exercitiis equestribus, quae in aula illa Suerinensi vigebant, tum quod nec ipsa satis intelligo et quorum noticiam minus habeo, vereor ne de iis loquens, index sim infantiae meae atque imperitiae, tum quod facilius conseruantur, cum tractentur a pluribus et a multis etiam cupide."
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 43 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Daß er ein großer Kriegsheld war, beweiset sein persönlicher Muth und seine Ausdauer in dem oberländischen Feldzuge, auf dem er gern und freudig sein Leben für die höchsten Güter wagen wollte. Und er war nicht etwa ein stürmischer Soldat, den allein die Hitze des Kampfes für den Augenblick tapfer machte: er war ein besonnener und ruhiger, wenn auch begeisterter General. Als er im J. 1560 nach Wien 1 ) zum Kaiser zog, nahm er auch seinen Mathematiker und Astronomen Tilemann Stella mit. Die Reise ward vorzüglich unternommen, um geographische und militairische Erfahrungen zu machen. Ueberall auf der ganzen Reise ward nicht nur auf jeder Station täglich die Polhöhe aufgenommen, die Lage der nächsten Orte, die von erhabenen Puncten zu sehen waren, bestimmt, die Entfernung von Ort zu Ort geschätzt und Alles dies sorgfältig verzeichnet 2 ), sondern es wurden auch alle Schlachtfelder, Uebergänge und militairischen Bauten besehen und untersucht, neue Brückenbauten und wichtige Bastionen nach ihrer äußern und innern Construction gezeichnet, Arsenale und Magazine besichtigt, die Grundrisse von wichtigen Gebäuden aufgenommen. Ein Hauptzweck der Reise war, eine strategische Ausflucht von Wien nach Ungarn bis an die türkische Grenze 3 ) zu machen, bei welcher Gelegenheit der Herzog auch die Verbesserung der Pferdezucht im Auge hatte; der Herzog war so bekannt und verehrt, daß der Rath von Preßburg ihm ein Ehrengeschenk von köstlichen ungarischen Weinen und schönen Fischen machte. In Folge dieser und anderer militairischer Studien, ließ der Herzog durch italiänische Baumeister die Schlösser zu Schwerin und Dömitz kunstgerecht befestigen, welche noch heute von jenen Bauten den Namen Festung führen.

In seinem rein geistigen Streben aber suchte der Herzog Johann Albrecht die religiös=sittliche und classische Bildung nicht allein über seine Umgebungen, sondern über das ganze Land zu


1) Vgl. das eigenhändige Tagebuch des Herzogs in Jahrb. IX, S. 239. - In dem Reisetagebuche über diese Fahrt heißt es:
"Am 11. Tag des Augustmonats ist vnnser gnädiger fürst vnd herr nach Mittag vmb 3 zu kayserlicher Mayestät auff das schloß gezogenn, ist ime der Kayser enthgegen gangen, und nach dem ahntragen hat ihm Maximilianus König zu Behaim wider herauß belaydtet. Do haben wir des Kaysers Hartschirer gesehen, der sollen 200 seyn. - - Den 12. Augusti sein wir in die Pasteyen gezogen vnd seindt erstlich in die allergröste vnnd herligste gefürt" etc. .
2) Das Archiv bewahrt noch das mathematische Journal dieser Reise in einem Folianten von Tilemann Stella.
3) In dem Reisetagebuche heißt es:
"Ahn dem 13. Tag Augusti seindt wir mit 8 Kutschen gezogen nach deme Landt zu Hungern, die Türkische grenntze zu besehen, wie das Kay. Mayt. ahnn vnnsern gnedigen herrn begert hat."
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 44 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

verbreiten. Bei weitem die meisten Pfarren, die Schulen, die Universität, die hohen Staatsämter waren durchweg mit Männern von rein classischer Bildung und reinem christlichen Glauben besetzt, und die lateinischen 1 ) Briefe voll tiefer Bildung, welche in jener Zeit hin und her flogen, sind zahllos.

Meklenburg sah unter des Herzogs Johann Albrecht Regierung eine Bildung, welche hinter dem Glanze der italiänischen Fürstenhöfe jener Zeit nicht zurücksteht. Unser ganze heutige Zustand ist noch auf seine Einrichtungen gegründet; seine Palläste werden als Muster des Geschmacks in unserer Zeit wieder hergestellt; die Schriften aus seiner Zeit werden von den Kundigen noch heute mit der größten Liebe gelesen und bewundert.

Zur Erreichung dieses hohen Zieles bediente sich der Herzog seines Freundes Andreas Mylius, indem dieser zunächst ihn selbst dem von ihm ersehnten Ziele entgegenführen mußte. In diesem Sinne war A. Mylius, welcher des Herzogs alleiniger Freund und aufrichtiger Geheimer Rath war, Lehrer des Herzogs von dessen Thronbesteigung bis zum Tode.

Johannes Caselius sagt 2 ) sehr bestimmt und richtig: Als der Herzog Johann Albrecht zur Regierung gekommen war, ergab er sich nicht den fleischlichen Lüsten, nicht der trägen Ruhe, nicht der unaufhörlichen Jagd, wie die Söhne der Könige und oft selbst die Könige unter Vernachlässigung ihrer Unterthanen zu thun pflegen; eben so wenig vermied er Arbeiten, noch ließ er angefangene zurückgelegte Studien der Weisheit liegen, sondern er trieb mit Ernst wieder die Wissenschaften, welche er für sich am meisten nöthig hielt, und fing an, sich dabei der Bemühungen des Andreas Mylius, eines gelehrten und beredeten Jünglings, zu bedienen.

"Dux Joannes Albertus, ut accessit ad rempublicam, non dedidit se voluptatibus corporis, non ignavo otio, non perpetuae venationi, cujusmodi regum filii adolescentes solent, saepe reges ipsi, neglectis civibus: neque declinavit labores, neque abjecit inchoata et aliquandiu seposita sapientiae studia: sed serio iterum tractavit litteras, quibus jam maxime sibi opus esse intelligeret, coepitque ad eam rem industria uti Andreae Mylii, tum juvenis et doctissimi et disertissimi" etc. .


1) Bei weitem die meisten Briefe jener Zeit sind lateinisch geschrieben.
2) Vgl. Joh. Caselius Leichenrede auf den Herzog Johann Albrecht, p. XXXII.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 45 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Daher konnte auch Andreas Mylius selbst am 7. Mai 1574 mit Selbstbewußtsein dem Herzoge schreiben:

er habe jetzt 27 Jahre lang den Herzog nicht allein in dessen Jugend, sondern auch selbst im reifern Alter durch einen größern Aufwand von Sorgfalt, Fleiß, Geschicklichkeit und Treue, als irgend ein Lehrer irgend einen Fürsten, mit einem auserlesenen Schatze von Bildung im Reden, Schreiben, Erfinden und Urtheilen unterrichtet und wahrhaft bereichert. "Num Celsitudinis Tuae animum ideo offendi, quod jam integros viginti septem annos solus Celsitudinis Tuae adolescentiam et jam ipsam etiam corroboratam aetatem majori cura, diligentia, artificio et fide, quam ullus unquam docendi magister ullum unquam principem lectissimo dicendi, scribendi, inveniendi, judicandi thesauro informari et vere locupletavi?"

Mit einem so erhabenen Geiste widmete sich der Herzog sogleich nach seiner Heimkehr wieder den Studien mit A. Mylius, so viel es der Drang übermäßiger Geschäfte irgend gestattete: denn es war nicht weniger zu thun, als Staat und Kirche nach allen Richtungen umzugestalten und neu zu begründen, ein Riesenwerk, welches der Herzog während seiner nicht langen Regierung auszuführen das Glück hatte.

Bald nach der Heimkehr des Herzogs von dem Feldzuge forderte A. Mylius denselben auf 1 ), sich wieder den geistigen Beschäftigungen zuzuwenden, "welche im Feldlager hätten ruhen "müssen, und jetzt theils durch die Last der Geschäfte, theils durch die Rathschläge Uebelgesinnter, welche dem Herzoge die Ehre des wissenschaftlichen Ruhmes nicht gönnten, verdrängt werden sollten." Er ermahnte den Fürsten, daß er die "Beschäftigung mit den edlen Künsten nicht von der Ansicht des großen Haufens, nicht von den Umständen der Zeitverhältnisse, sondern von der innern Würde der Wissenschaft selbst und dem Beispiele großer Geister abhängig machen solle", und wünschte, daß der Tag bald erscheinen möge, "welcher die unstäten Musen und ihn dem Herzoge wieder zuführe."

Vortrefflich berührt Joh. Caselius diese Seite in seiner Leichenrede auf den Herzog Johann Albrecht, wenn er sagt:

"Durch Gottes Rath ward damals dem Fürsten, als er der Beredsamkeit nachsann und nachtrachtete, An=


1) Vgl. Anl. Nr. 4. Dieser Brief ist zwar nicht datirt, aber ohne Zweifel bald nach dem oberländischen Feldzuge geschrieben, sowohl nach seinem Inhalte, als nach den Zügen der Handschrift.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 46 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

dreas Mylius zugeführt, oder, wie mancher Andere sagen würde, ward durch einen Gönner beglückt. Beiden geschah nach Wunsch. Doch war darin der Fürst glücklicher, als der neue Schützling, weil es leichter ist zu finden, von wem man Geld empfangen hat, als von wem Weisheit. - - Sie hatten zum Lesen bestimmte Stunden angesetzt, aber die meisten wurden durch die Staatsgeschäfte so ausgefüllt, daß kaum eine übrig blieb und für diese königlichen Beschäftigungen keine gewisse Zeit bestimmt werden konnte. Der Fürst saß nie ohne gelehrte Unterhaltung zu Tische und oft ward in den Speisesaal ein Dichter, ein Geschichtsforscher, ein Redner eingeführt, wie ein von Edelsteinen funkelnder Kelch voll Weines. Im Wagen konnte man mehr Bücher sehen, als Schooßhunde. Das war im Norden etwas Neues und ward von sehr Vielen getadelt, welche das Vaterland nur verlassen hatten, um in Frankreich oder in Ungarn Kriegsdienste zu nehmen. - - Oft mußten die Hofleute sehen, daß der Fürst, wenn der Jagdlärm tobte, ruhig an seiner Stelle blieb und sich durch daß Hundegebell nicht von seinem Vorhaben im Lesen oder Nachdenken abbringen ließ. Denn er wünschte nicht sowohl zu reden, als vielmehr weise zu sein."

"Was nur irgend ein Volk an Schönheit besessen, das brachte der Fürst von allen Seiten zusammen und rief Künstler herbei, mit nicht geringen Kosten. Er hielt Baumeister, Maler, Bereiter, Ringkämpfer (Turner?)."

"Da er musikalische Anlage hatte, so hielt er die Musik sehr hoch, nicht sowohl weil ihm die Musik Vergnügen machte, als vielmehr deshalb, weil er die Harmonie in Wort und That hoch schätzte."

"Dabei blüheten aber auch die ritterlichen Uebungen am schweriner Hofe. - - Aber er verabscheute jedes Vergnügen, welches irgend einem lebenden Wesen Unheil oder Schmerz verursachen könnte."

Johann Albrecht's weise und kräftige Staatsregierung ist so groß, als nur gedacht werden kann.

Sehr bald sehen wir den Herzog und seinen Liebling A. Mylius in wissenschaftlichem Verkehr. Schon im Herbste des J. 1553 legte A. Mylius dem Herzoge eine lateinische Uebersetzung der Psalmen vor.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 47 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Trotz aller Hofintriguen ließen sich der Herzog und A. Mylius in ihren Bestrebungen nicht irre machen, sondern schritten muthig fort auf der Bahn, deren Verfolgung ihnen und dem Vaterlande wahres Glück brachte.


Und jetzt wird es möglich sein, das Leben des A. Mylius an einem Faden klar zu verfolgen.

Zuerst trat A. Mylius bei dem Leichenbegängnisse des Herzogs Georg öffentlich auf. Die Leiche ward, in ungelöschten Kalk gepackt, nach Schwerin geführt und hier am 7. Aug. 1552, als Johann Albrecht noch nicht wieder zu Hause war, in Gegenwart der Herzogin Mutter, des Herzogs Ulrich und der Prinzessin Anna in der Heil. Bluts=Kapelle beigesetzt. Andreas Mylius hielt, ohne Zweifel nach dem ausdrücklichen Willen des Herzogs, eine lateinische Rede 1 ).

Zunächst beschäftigte den Herzog und damit den Andreas Mylius lebhaft die vollständige Durchführung der Reformation in Kirche und Schule, wobei es eine große Menge wichtiger Arbeiten gab. Vor allen Dingen aber lag dem Herzoge die Stiftung einer Musterschule zu Schwerin am Herzen, da ihm weder die Domschule, noch die von dem Herzoge Heinrich dem Friedfertigen gestiftete Schule gefiel. Schon während der Reisen zur Vorbereitung des oberländischen Feldzuges am Ende des J. 1551 dachte der Herzog an die Gründung einer Schule, wie die Fürstenschule zu Meißen, und A. Mylius mußte in Meißen mit Mathias Marcus Dabercusius unterhandeln. Dabercusius ward als Rector der schweriner Fürstenschule gewonnen und kam schon um Ostern des J. 1553 nach Schwerin, um in Ruhe die nöthigen Vorbereitungen zu einem so wichtigen Werke zu treffen. Am 10. Aug. 1553 ward die Schule in dem ehemaligen Franziskanerkloster (an der Stelle des jetzigen Regierungsgebäudes) mit vier Lehrern aus dem ehrwürdigen Meißen eröffnet 2 ). Andreas Mylius hielt eine lateinische Einführungsrede, Dr. Justus Jonas eine zweite. Diese Stiftung war dem Herzoge ein theures Kleinod, welches er persönlich mit der größten Liebe pflegte. Er besuchte, wie einst Carl der Große zu thun pflegte, aus Neigung die Schule häufig, prüfte selbst und theilte Lohn oder Strafe aus; ja bei den öffentlichen Prüfungen wurden dem Herzoge mitunter wichtige


1) Vgl. Hederich Schwer. Chronik S. 34.
2) Die Geschichte der Stiftung der Schule und des Dabercusius wird von dem Herrn Director Wex in seinem Festprogramme zu der dritten Säcularfeier der Schule nach den Archivquellen dargestellt werden.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 48 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Zweige der Wissenschaft vorbehalten, in denen er selbst die Prüfung vornahm. Wichtig aber war es für den Herzog, daß er in Dabercusius, den er sehr hoch schätzte und herzlich liebte, einen wissenschaftlich gebildeten Mann mehr für seinen engern Kreis gewann. Wie wichtig ihm die Schule war, davon zeugt ein schriftliches Selbstbekenntniß vom 30. Junii 1566, in welchem er Gott für keinen andern weiter, als für die Kirche und Schule zu Schwerin bittet:

"Die Kirche und Schule zu Schwerin las Dir, ach mein Gott vnd liber Herr, beuolen sein."

Zu gleicher Zeit ließ es sich der Herzog sehr angelegen sein, die Universität Rostock, welche, außer dem ehrwürdigen Arnold Burenius, fast alle Stützen verloren hatte, wieder in Flor zu bringen und zu einer tüchtigen Hochschule für sein Land zu machen, was ihm denn auch in dem Maaße gelang, daß die Universität nie so sehr geblühet hat, als zu der Zeit seiner Regierung. Den Keim zu dieser Blüthe legte er schon im J. 1551 durch die Berufung des 21jährigen David Chytraeus, des Fürsten der meklenburgischen Theologen, durch den der Herzog nicht allein in seinen, sondern auch in fernen Landen, in Oesterreich und den Niederlanden, den evangelischen Glauben befestigte. Am 13. Febr. 1552 hielt Chytraeus zu Schwerin eine lateinische Leichenrede am Sarge des Herzogs Heinrich des Friedfertigen. - Diese Restauration der Universität betrieben und erhielten vorzüglich der Canzler Johann von Lucka und Andreas Mylius. J. Caselius sagt darüber, als er von den großen Erfolgen der schweriner Schule redet:

"Quod cum videret princeps, majorem ex instituto suo voluptatem cepit, et magis urgere coepit alterum consilium de instauratione academiae, quae aliquot jam saeculis minus floruerat. - - Quibus omnia debentur, sunt principes fratres germani, Joannes Albertus et Ulricus; quibus res cordi esset in aula, erant Joannes Lucanus cancellarius et Andreas Mylius, quorum ille auctoritate valebat, hic gratia; ille negotium tractabat, hic, ne jaceret, vigilabat."

Nach einiger Zeit war der Herzog endlich ernstlich bedacht und beschäftigt, sein Haus einzurichten und seine liebe Anna Sophie heimzuführen. Da aber die Schlösser fast ganz verfallen waren, so hielt er es für nothwendig, seiner jungen Gemahlin erst ein bequemes und angenehmes Haus zu bauen. Im

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 49 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Sommer 1553 1 ) fing er an, in Wismar mit vielem Geschmack das stattliche Haus zu bauen, welches noch heute als das Musterbild des Renaissance=Styls im Ziegel=Relief=Bau hochgeschätzt wird, und in Schwerin in demselben Style denjenigen Theil des Schlosses auszubauen und zu verzieren, welcher gegenwärtig in dem alten Geiste zur allgemeinen Befriedigung wieder hergestellt wird. Der Herzog kümmerte sich persönlich um alle Einzelnheiten. Am 18. Sept. 1554 schrieb er von Wittenberg an A. Mylius: "Sage dem (Formschneider und Ziegelbrenner Stacius 2 ) (von Düren) in meinem Namen, er solle baldigst die (gedruckten) Steine (mit den Reliefköpfen) in den Brennofen setzen, denn ich weiß, daß er etwas langsam ist."

Zu diesen vielfachen Unternehmungen des Herzogs zog Andreas Mylius seine Brüder ins Land.

Sein Bruder Nicolaus Mylius 3 ) ward bei der Eröffnung der Fürstenschule 1553 vierter und letzter Lehrer. Dieser starb schon im Nov. des J. 1563.

Ein anderer seiner Brüder, Peter Möller, ein Steinmetz oder Bildhauer, war während der Regierung des Herzogs bei dessen vielen Bauten beschäftigt; dieser kam im Herbste des J. 1554 ins Land, während Andreas Mylius auf einer großen Reise war. Am 23. Nov. 1554 empfohl Andreas dem Herzoge seinen Bruder Peter, der wohl in Schwerin angekommen sein würde, als seinen Bruder, als einen guten Künstler und als einen Fremden seinem Schutze, und überhaupt seine ganze Familie und seine Brüder:

"Fratrem meum Petrum istuc venisse puto, quem C. T. ut fratrem meum, ut peregrinum, ut bonum artificem vehementer etiam atque etiam commendo. - - Vehementer rogo, ut ejus habeatur ratio, ne peregrinus desertus esse videatur; erit hoc mihi in primis gratum. - - Vale illustrissime et clementissime princeps, meque totamque meam familiam et fratres commendatos habe."

In einem Geldregister vom J. 1560 heißt es:

"200 thaler dem Steinmetzen Mattes Heintzen zu Pirna auf die Capellenstein Andreä Mylii Bruder Peter Möller mitgegeben zu Güstrow d. 20. Decembris 1560."


1) Vgl. Jahrb. V, S. 15 und 35.
2) Vgl. Jahrb. V, S. 18.
3) Vgl. Hederich's Schwerin. Chronik, S. 35 und 43.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 50 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Ein dritter Bruder war Gärtner des Herzogs Johann Albrecht; in den Renterei=Rechnungen von 1558-1559 heißt es:

"10 thaler dem Gertner Mylius auf seine Besoldung geben, Schwerin am 11. Novembris."

"183 thaler Andreä Mylii seinem Bruder "für die ketzberger 1 ) Wein und für Fracht geben
Schwerin am 28. Januarii."

Am Ende des Monats März 1553 ward dem A. Mylius sein erstes Kind, eine Tochter, Gertrud, geboren, welche im J. 1571 an Johannes Caselius verheirathet ward. Das Kind ward am 1. April 1553 getauft; der Herzog stand Gevatter und schenkte bei der Tauffeierlichkeit der Mutter einen Ring. Ein zweites Kind, ebenfalls eine Tochter, ward am 6. Oct. 1554 geboren. A. Mylius meldet dieses Familienereigniß am 7. Oct. dem Herzoge und bittet ihn um Geld:

"Heri circiter octavam uxor mea, dei beneficio, cui quidem immortaleis ago gratias, peperit et salva altera nunc me auxit filiola."

Nachdem Johann Albrecht seinen Staat gesichert und einigermaßen geordnet hatte, beschäftigte ihn ernstlich seine Vermählung und seine Auseinandersetzung mit seinen jüngern Brüdern. Johann Albrecht erkannte klar die Vortrefflichkeit der Alleinherrschaft nach der Primogenitur, die schon sein Großvater Magnus practisch zu verwirklichen bemüht gewesen war und die er selbst theoretisch durch seinen letzten Willen begründete; auch kannte er aus eigener Erfahrung die Unbequemlichkeiten, welche eine willkührliche Landestheilung unter seinem Vater und dessen Bruder hervorgerufen hatte. Johann Albrecht hätte gerne die Primogenitur durchgesetzt. Aber sein nächster Bruder Ulrich, ein höchst wackerer und ehrwürdiger Mann, aber lange nicht von so hohem Geiste und härter, als er, war unbeugsam. Es entspann sich dadurch auf lange Zeit ein sehr gespanntes Verhältniß zwischen den beiden Brüdern, das auch immer etwas kalt blieb, da man an dem haushälterischen Hofe Ulrich's zu Güstrow, an welchem man die großen Thaten und die hohen Pläne Johann Albrechts nicht ganz begreifen konnte, über die Verschwendung des schweriner Hofes schalt. Freilich hinterließ Johann Albrecht viele Schulden, aber nur wahre Landesschulden; für sich selbst


1) Dies ist Wein von Kötschenbroda, zwischen Meißen und Dresden, welcher im 16. Jahrh. an den sächsischen Höfen sehr beliebt war; er heißt gewöhnlich "Ketschberger Wein". Vgl. v. Langenn's Herzogin Sidonie, S. 45.
Im J. 1558 hatte Peter Mylius für den Herzog 28 Stück Wein in Meißen gekauft, welche der Maurermeister Christoph Haubitz mit Steinen die Elbe hinab führen lassen sollte.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 51 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

hat er gewiß keine Schulden gemacht. Und was in Meklenburg Großes geschehen war, hatte doch Johann Albrecht allein und auf eigene Gefahr und Kosten gethan! Selbst die Landstände hatten ihn im Stiche gelassen. Ulrich war außerdem in seiner Jugend mehr nach strengern Grundsätzen geschult, da er seine Jugendzeit fast nur am münchener Hofe verlebt hatte; er sah daher zuerst wohl mißbilligend auf die reformatorischen Schritte seines Bruders. Es kostete viel Mühe, die beiden Brüder zu versöhnen; endlich glückte es dem Herzoge Albrecht von Preußen, bei der Vermählung seiner Tochter mit Johann Albrecht den Weg zur Ausgleichung zu bahnen.

Darauf war der nächste Hauptgegenstand der Bemühungen, die wieder Johann Albrecht allein zur Last fielen, den dritten Bruder Christoph zu versorgen. Im J. 1554 war eine Landestheilung zwischen Johann Albrecht und Ulrich beschlossen und zugleich festgesetzt, daß jeder dieser beiden Brüder einen der beiden jüngern Brüder, Christoph und Carl, versorgen sollte. Christoph fiel dem Herzoge Johann Albrecht zur Last. Dieser bewirkte, daß Christoph im J. 1554 zum Administrator des Bisthums Ratzeburg erwählt ward. "Um aber seinem Bruder eine anständigere Versorgung zu verschaffen, als ihm das Stift Ratzeburg versprach, und sich die Last seiner Unterhaltung zu erleichtern", bewirkte Johann Albrecht, daß sein Bruder Christoph im J. 1556 von dem Erzbischofe Wilhelm von Riga, Markgrafen von Brandenburg, einem Bruder des Herzogs Albrecht von Preußen, zum Coadjutor und dereinstigen Nachfolger angenommen ward. Johann Albrecht erreichte dies durch unendlich viele Bemühungen und Vorschreiben, namentlich bei dem Könige von Polen, als Schutzherrn des Erzstifts Riga, vorzüglich aber durch die Vermittelung seines Schwiegervaters Albrecht von Preußen. Diese Beförderung des Herzogs Christoph zum Erzbisthume Riga, welches vorzüglich von Meklenburg aus christianisirt war und seit uralter Zeit mit Meklenburg in innigem Verkehr 1 ) gestanden hatte, brachte viele Jahre eine Ueberfülle von Last und Leid auf unser Fürstenhaus.

Die Einleitungen zu dieser höchst wichtigen Sache und zugleich zu seiner Vermählung vertrauete Johann Albrecht wieder seinem Andreas Mylius an, welcher in der Folge Jahre lang eine sehr große Masse lateinischer Correspondenzen in dieser Angelegenheit ausarbeitete. Es ist ein glänzendes Zeugniß für das besondere Vertrauen des Herzogs zu seinem Liebling, daß er ihm die bisher noch nicht bekannte geheime Vorbereitung


1) Vgl. Jahrb. XIV, S. 48 flgd.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 52 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

dieser wichtigen Angelegenheiten anvertrauete. Andreas Mylius hatte den Auftrag, theils die Einladungen zu der Hochzeit des Herzogs zu überbringen und alles deshalb Nöthige zu verabreden, theils die Beförderung des Herzogs Christoph zum Erzbisthume Riga vorzubereiten. Es haben über diese Gesandtschaftsreise nur wenige Papiere entdeckt werden können, da Alles mündlich und geheim betrieben ward. Von Bedeutung war der Umstand, daß auch der polnische Hof zur Vermählung eingeladen ward. Zu einer Gesandtschaft nach Polen war aber damals immer ein tüchtiger Lateiner nöthig; die ganze bedeutende Correspondenz in spätern Zeiten ist immer lateinisch geführt.

Mit Andreas Mylius reisete wahrscheinlich der ausgezeichnete Professor Dr. Johann Aurifaber, welcher im J. 1550 von dem Herzoge Johann Albrecht zum ordentlichen Professor der Theologie auf die Universität Rostock berufen war. Der Herzog Albrecht von Preußen wollte ihn erst nur auf ein halbes Jahr von Johann Albrecht leihen; da er ihn aber gleich zum "Presidenten und also Superattendenten und Bischof der sambländischen Kirche angenommen", so bat er ihn von dem Herzoge Johann Albrecht ganz los: Aurifaber blieb auch bis in das Jahr 1565 in Preußen, von wo er in diesem Jahre nach seiner Vaterstadt Breslau, wo er Prediger ward, zurückging. - Daß Aurifaber mit A. Mylius gereiset sei, geht daraus hervor, daß A. Mylius in seinen Briefen von der Ankunft in Preußen in der Mehrzahl redet und daß acht Tage nach der Ankunft des A. Mylius in Königsberg auch die Ankunft des J. Aurifaber in Königsberg gemeldet wird.

A. Mylius reiste am 4. Nov. 1554 von Schwerin ab. Er schrieb 1 ) noch an diesem Tage am Morgen früh vor Anbruch des Tages, als er noch in die Frühpredigt gehen wollte, einige Worte an den Herzog. Mylius ging nach Rostock, wo damals der Herzog war, vermuthlich auch um Aurifaber abzuholen. Wahrscheinlich am 12. Nov. reiste A. Mylius von Rostock ab, denn ein Brief an den Herzog Albrecht, den er mitnahm, ist zu Rostock am 10. Nov. 1554 datirt. Johann Albrecht schreibt, daß er wegen der Coadjutorei nichts ohne des Herzogs Rath, um den er bitte, vornehmen und daß er ihm den Dr. Aurifaber ganz überlassen wolle. Am zehnten Tage nach der Abreise von Rostock kamen sie nach einer beschwerlichen Reise bei großer Kälte in Danzig an, allerdings in kurzer Zeit. Am 23. Nov. 1554 schrieb A. Mylius aus Danzig an den Herzog; er empfahl demselben seinen Bruder Peter, dessen An=


1) Vgl. Anl. Nr. 7.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 53 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

kunft in Schwerin er vermuthete, und seine Frau, der er einen "Trostbrief" mitsandte, den Rector Dabercusius und die Schule und bat, diesen Holz und seiner Frau Korn verabfolgen zu lassen u. s. w. Er hoffte, in drei Tagen in Königsberg sein zu können; aber die Weichsel, welche schon fest zugefroren gewesen war, war wieder aufgegangen und konnte nicht ohne Lebensgefahr überschritten werden. Er langte daher erst am 28. Nov. in Königsberg an. Am 1. Dec. schrieb er an den Herzog, nachdem er bei dem Herzoge Albrecht und der Braut sein Gewerbe angebracht hatte. Der Herzog Albrecht mißbilligte ganz die Uebergabe der deutschen Empfehlungsschreiben für den Herzog Christoph bei dem Könige von Polen und versicherte, man werde dadurch am polnischen Hofe und in Liefland sicher Alles verderben. A. Mylius entschloß sich, dem Rathe des Herzogs zu folgen, aber doch an den polnischen Hof zu gehen, da er die Einladungen zur Hochzeit anzubringen und Verträge mit Polen vorzubereiten hatte und bei dieser Gelegenheit persönlich zu wirken hoffen konnte, und bat seinen Herrn, vor seiner Rückkehr in der liefländischen Sache nichts zu thun. Am 5. Dec. 1554 war er in "Ragnit in Litthauen", wo er erfuhr, daß der König von Polen in Wilna sei, wo er eine Reichsversammlung wegen des moskovitischen Krieges hielt. Er erfuhr durch den preußischen Secretair Balthasar Gans, daß der Herzog Albrecht auch dahin gehen wolle, um für Johann Albrecht's Plane zu wirken. A. Mylius ging nach Wilna; wenn auch die Hauptbriefe über diese Sendung noch nicht aufgefunden sind, so geht doch aus einem Briefe 1 ) des Herzogs Radzivil, welcher auch zur Hochzeit eingeladen war und des A. Mylius rühmend gedenkt, deutlich hervor, daß er am 18. Dec. 1554 in Wilna war. Die Folgen beweisen, daß A. Mylius die Sache gut angefangen hatte.

Da die Vermählung des Herzogs Johann Albrecht nahe bevorstand, so mußte A. Mylius mit seiner Heimkehr eilen. Man brauchte damals zu der Reise von Wilna nach Schwerin ungefähr 4 Wochen. Am 7. Febr. war er sicher in Schwerin und bat den Herzog um ein Geschenk zu der Vermählungsfeier.

Am 24. Febr. 1555 feierte der Herzog Johann Albrecht seine Vermählung mit der Herzogin Anna Sophie von Preußen auf dem neu gebaueten Schlosse zu Wismar, da die Stadt Schwerin damals für die Menge der Gäste viel zu klein war, mit einem Glanze, welcher in Meklenburg selten gesehen war: die Vermählungsfeier war zugleich ein Fest des schwer


1) Vgl. Anl. Nr. 8.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 54 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

und kühn errungenen Sieges des Geistes über verdummende Pfaffenherrschaft und politische Tyrannei. Es war eine große Zahl fürstlicher Personen und Gesandten anwesend, so daß Wismar gedrängt voll vornehmer Gäste war. Nichts vermag aber den hochgebildeten Geist des Herzogs Johann Albrecht und seine innige Liebe zu seinem Freunde Andreas Mylius klarer zu beweisen, als die Rolle, welche er diesem bei der Vermählungsfeier zutheilte. Als Glanzpunct der glänzenden Feier hielt Andreas Mylius vor der Versammlung eine lateinische Festrede, welche, 6 Bogen stark, in sauberer Abschrift von seiner Hand im Originale noch im großherzoglichen Archive zu Schwerin aufbewahrt wird.

Man muß in unsern Zeiten wirklich über diese Begebenheit, welche einzig in ihrer Art ist, staunen. Ein junger Mann, der nichts ist, - nichts weiter ist, als der gelehrte Freund eines Fürsten, und nichts hat, nichts weiter hat, als Geist, Gelehrsamkeit und Gewandtheit, also ein junger Mann ohne Amt, Stand und Rang wird dazu ausersehen, bei einer großen fürstlichen Feier in einem glänzenden Fürstenkreise zur eigentlichen Feier, als Mittelpunct des Festes eine lateinische Festrede zu halten. Man weiß in der That nicht, ob man mehr über die fürstliche Freundschaft und deren Folgen, als über einen so seltenen Bildungsstand staunen soll, der jedenfalls eine ganz ungewöhnliche Hoferscheinung war. Man mag es sich aber auch klar denken, welche innige, stille Freude der beglückte Johann Albrecht an seinem Ehrentage über seinen Liebling empfunden habe, den er vor aller Welt und aller Welt zum Trotze, und damit zugleich die Wissenschaft so hoch ehrte. Die Ehre, welche Johann Albrecht sich dadurch erwarb, ist nicht geringer, als die Ehre, welche er dem Andreas Mylius erzeigte.

A. Mylius beginnt seine Rede mit den Worten (in deutscher Uebersetzung):

"Sollte Jemand sein, hohe königliche Gesandte, durchlauchtigste Fürsten, hochedle und hochgelehrte Männer, der mein Leben und meine Stellung nicht kennt, so glaube ich wohl, daß er sich wundern mag, warum bei einem so hohen Feste und bei einer Versammlung so hoher Personen mir vor Allen der ehrenvolle Auftrag zu reden geworden ist, da ich weder an Alter, noch an Geist, Ansehen und Gelehrsamkeit auf irgend eine Weise mit den Andern verglichen werden kann. Und fürwahr, ich will es, wie ich muß, offen und ehrlich bekennen, auch ich werde durch den Gedanken an eine hohe Erwartung und Bewunderung,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 55 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

da ich nicht einmal in geringem Maaße das habe, was Andere reichlich besitzen, so bewegt, daß, wenn mich nicht Ihr Wohlwollen stützt, ich fürchten muß, eine größere Last auf mich genommen zu haben, als ich tragen kann. Schwer ist die Last der Rede, schwerer noch macht sie eine hohe Erwartung und eine so glänzende Versammlung, und dazu fehlt ihr himmlischer Geist, Uebung, Zeit und tägliche Gewohnheit. Ich aber habe, sollte ich auch alles Andere haben, kaum Zeit genug gehabt, weil sie mir durch eine Gesandtschaftsreise in auswärtige Staaten zum großen Theile geraubt war. Welche Nothwendigkeit, könnte man nun sagen, zwang dich denn, hier aufzutreten, da du in deinem Alter hinreichenden, in dem Mangel an Zeit den gerechtesten Grund zur Entschuldigung hast? Ich antworte hierauf: Seitdem ich in diesen Landen lebe und, ich weiß nicht wodurch, ich glaube durch Gottes Rathschluß, dem durchlauchtigsten Fürsten Johann Albrecht zugeführt bin, habe ich sogleich das besondere Wohlwollen des durchlauchtigsten Fürsten gegen mich empfunden. Denn obgleich meine Studien, welche damals aus der Schule und der häuslichen Uebung zuerst ans Licht und in die Bekanntschaft hervorzutreten anfingen, weder durch Uebung befestigt genug waren, noch ich selbst an Geist viel vor Andern bervorragte, so herrschte doch zwischen uns, obgleich der Unterschied des Lebens und der Lage so groß war, als möglich, eine gewisse Aehnlichkeit des Charakters und des Geistes, so daß der durchlauchtigste Fürst nicht anstand, sich meiner in der Ausübung der edelsten Künste als Führers ("commonstratore"), denn so muß ich mich ausdrücken, zu bedienen. Welche Fortschritte darin der durchlauchtigste Fürst gemacht habe, ist kaum zu sagen, vorzüglich da es bekanntlich jedermann weiß; das aber ist wunderbar, daß er unter einer so großen Last von Staats= und Landesgeschäften, welche in seine Zeit fielen und welche ihn einige Jahre lang mit großer Unruhe erfüllten, doch seine Richtung festhalten konnte und seine Gewohnheit, täglich etwas zu hören, zu lernen und zu lesen, unverrückt festhalten zu müssen glaubte. Indessen, um auf mich zurückzukommen, zauderte der durchlauchtigste Fürst, der an meinem Umgange Gefallen fand, nicht, mir mit seinem besondern Wohl=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 56 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

wollen zu begegnen, mich reich und überhäufend zu unterstützen, endlich auch mich zu zieren. Ja, ich weiß nicht, was man dazu sagen wird, denn es ist neu und wunderbar zu sagen, wenn ich sage, daß der durchlauchtigste Fürst die Veranlassung war, daß ich, der ich einen andern Lebensweg und eine andere Lebensart zum Ziele hatte, eine neue Studienweise auffaßte und verfolgte; durch seinen Einfluß und seine Aufforderung geschah es, daß ich, ob weise oder nicht, doch entschlossen den Plan der Erforschung der Rechtskunde aufgab und mich ganz der Redekunst zuwandte, so daß ich dem durchlauchtigsten Fürsten nicht allein alle meine Habe, welche ich ihm allein schuldig bin, sondern auch meine Studien, dazu Ehre und meine Würde, wenn ich eine bekleide oder einst erlangen werde, zu verdanken habe. Ich muß bekennen, daß ich mit so großen Wohlthaten von dem durchlauchtigsten Fürsten überhäuft bin, daß ich keinen Theil derselben zu vergelten, ja nicht einmal angemessen und dankbar zu gedenken im Stande sein werde. Denn daß ich dem, der mich aus der Niedrigkeit freundlich aufrichtete, mich stärkte und zierte, eine gleiche Gnade erzeige, ist unmöglich; aber ich werde immerdar und ewig ein treues Gedächtniß der dankbarsten Seele bewahren, und da mir außer diesem Bekenntnisse, einem Zeugnisse meiner Liebe und Ergebenheit, nichts anders übrig bleibt, so will ich ihm, der den Grund gelegt hat, wenigstens eine Frucht bieten, in diesen Tagen, wo alle Menschen aller Stände, in dieser allgemeinen Freudigkeit der Menschen und der Zeiten, zum Schmucke etwas beizutragen mit aller Sorge und allem Eifer bemühet sind. Aus diesen Gründen vorzüglich ist mir der Auftrag geworden, hier zu reden, nicht erwählt als der einzige, der großen Geist hätte, aber fast allein als der, welcher so mit den größten Wohlthaten überhäuft ist, daß ich bei dieser öffentlichen Glückwünschung, ohne mich eines schändlichen Lasters und schwarzen Undankes schuldig zu machen, nicht würde schweigen können. Dazu kam noch der Befehl dessen, dessen großes Wohlwollen gegen mich ich nicht verkennen, dessen Wunsch und Willen ich mich nicht entziehen durfte. Deshalb, hohe königliche Gesandten, durchlauchtigste Fürsten, edle, einsichtige und gelehrte Männer, die Ihr hier in diesem

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 57 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Kreise sitzet, bitte und beschwöre ich Euch, daß Ihr aufmerksam und nachsichtsvoll meine Worte höret, indem ich im Vertrauen auf Eure Würde und Weisheit die schwere Last des Redens übernommen habe, welche ich nach Kräften tragen werde, wenn Ihr sie mir zum Theil erleichtert, vorzüglich da ich lieber von der Last der Pflicht erdrückt werden, als meine Aufgabe aus Schwäche ungelöset lassen möchte. Dich aber, durchlauchtigster Fürst, bitte ich, daß Deine Hoheit sich vor allen Dingen in dieser Stunde und an diesem Orte mir so zeige, wie ich sie in Zuneigung zu mir schon viele Jahre erkannt habe. Da nun an diesem Tage, welcher diesem Lande schon seit vielen Jahren als der heiterste und heilbringendste erschienen ist, geredet werden soll, so habe ich geglaubt, das Eheband des durchlauchtigsten Fürsten, welches ihm nach dem Wunsche und Gebete aller Guten der allerhöchste Gott segnen wolle, durch mein Lob verherrlichen zu müssen. Wenn auch dieses Thema weder für meine Studien, noch für meine Person paßt, so will ich doch aus den Quellen, in denen dieser Stoff liegt, schöpfen. Wenn ich hierin irgendwie strauchle oder anstoße, so bitte ich, Euch vorzüglich, deren Ohren an solche Reden gewöhnt sind, daß Ihr mich durch Euer Wohlwollen unterstützet und mich, als einen Philosophen (hominem philosophum), der ich nach meinen Ansichten über die Ehe, nicht im Allgemeinen, sondern von der Ehe, welche der allerhöchste Gott an dem heutigen Tage durch seine Hände geschlossen hat, zu reden beabsichtige, aufmerksam und wohlwollend anhöret."

Im Originale lautet der Anfang, um eine Probe von dem oratorischen Latein des A. Mylius zu geben:

"Si quis nunc adsit, amplissimi legati regii, illustrissimi principes, nobilissimi etiam et doctissimi viri, vitae conditionisque meae ignarus, illum ego mirari credo, quid sit, quod in tanta celebritate et clarissimorum hominum consessu mihi potissimum hic amplissimus dicendi locus datus sit, qui neque aetate sum, neque ingenio, autoritate autem et doctrina nullo modo cum caeteris comparandus. Et certe, aperte enim, ut debeo, ingenueque fatebor, ipse quoque recordatione tantae expectationis et admirationis,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 58 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

cum quae in caeteris summa sunt, in me vix aut ne vix quidem sint mediocria, sic commoveor, ut nisi me vestra sublevabit benignitas, verear ne plus oneris, quam ferre possim, sustulerim. Grave dicendi onus est, gravius expectatio tanta et celeberrimus consessus facit, eget autem ingenio divino, exercitatione, tempore et consuetudine prope cotidiana. Ego autem, ut summa haberem caetera, temporis certe, quod quidem peregrinando, dum officio legationis apud exteros functus sum, magna ex parte consumptum est, vix satis habui." etc. .

Gegen das Ende der Rede wendet er sich, im Geiste seines Herrn, an die Fürsten:

"Ihr seht, in welcher Zeitbewegung, in welchem Umschwung und Wirbel der Dinge wir leben, welche Wunden in den nächstverflossenen Jahren dem Staate geschlagen sind, die alle durch Euren Rath und Eure Hülfe geheilt werden sollen. Die, denen Ihr gleich sein sollt, haben in der Beurtheilung dessen, was der öffentliche Nutzen und die Wohlfahrt, was die Zeitumstände des Staates forderten, immer ernst und weise gedacht. Nicht geringere Anstrengung fordert und erflehet von Euch, denen die Reinheit des Glaubens anvertrauet ist, das Vaterland, damit, an dieser Grenze der Welt und bei der entnervten und muthlosen Erschlaffung, je näher wir das Ende dieses Elends glauben, Ihr mit desto größerer Sorgfalt darauf wachet, daß kein Fehler und Irrthum sich in die Kirche einschleiche. Wenn Euch das Vaterland der Würde, wenn es Euch dieser Ehre würdig gehalten, wenn Jesus Christus Euch zu Hütern der Seelen gesetzt hat, die er durch sein heiliges Blut erlöset hat, so fordert das Vaterland, daß Ihr dessen eingedenk und dankbar, Jesus Christus aber, daß Ihr wach und treu seid."

So ungewöhnlich ehrenvoll und ausgezeichnet, wenn auch schwierig, die Stellung des Andreas Mylius war, so drückend war seine Lage, da er weder eine bestimmte Stellung, noch ein bestimmtes Gehalt hatte. Er war so sehr der Liebling des Herzogs, daß dieser ihm keinen vorzog und nur wenige gleichstellte, und doch mußte er Allen nachstehen: er war nichts und hatte nichts. Er theilte darin mit vielen Andern in allen Zeiten

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 59 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

das Loos, daß am wenigsten für diejenigen gesorgt wird, welche den Fürsten und dem Vaterlande in der That am meisten nützen: die Wissenschaft pflegt von den Hofleuten am wenigsten geschätzt zu werden. A. Mylius hatte gar keine andere Stellung, als die eines Freundes und Privatgehülfen des Herzogs: und ein Freund erhält als solcher kein Gehalt. Nur einmal, als er noch Lehrer des Herzogs Christoph war, finden wir, daß er über seinen ganzen Jahressold von 100 Thalern für das Jahr von Michaelis 1551 bis 1552 quittirt. Alles, was er gebrauchte, mußte er in zahlreichen Briefen dem Herzoge - abbetteln, und das oft noch ohne bedeutende Erfolge; A. Mylius theilte mit dem Herzoge Alles, auch die Geldnoth: oft hatten beide nichts. Er stand zu dem Herzoge zu vertraut, als daß er förmlich zu ihm hätte stehen können. Daher sind fast alle seine Briefe voll von Klagen über Noth und Jammer. Seine Familie mehrte sich rasch, die Frau fing an zu kränkeln, er selbst war die meiste Zeit außer dem Hause bei dem Herzoge beschäftigt, seine Stellung forderte Aufwand und häufiger Gelehrtenbesuch blieb nicht aus. Endlich suchte der Herzog, wie es scheinen muß, gründlich durch feste Anstellung zu helfen; aber auch späterhin wollte es nicht nach Wunsch gehen; als angestellter Beamter hatte er nach damaliger Sitte ein ländliches Hauswesen: bald mußte er seine mißrathenen Kornärnten besichtigen, bald machte ihm sein Hausbau Sorgen, dann ward ihm seine Gartenbefriedigung gestohlen, seine Fischerei im See vernichtet u. s. w. Und die Klagen über Geldmangel hörten nie auf. Am 24. Nov. 1571 schreibt ihm z. B. der Herzog von Zarrentin: "Obgleich ich Deine Bitte für gerecht und Alles, was Du mir mittheilst, für wahr halte, so glaube mir doch auf mein Wort, daß ich hier kein Geld bei mir habe. Ich bin selbst, wie Du weißt, in der größten Verlegenheit; doch der Zahlungstag nahet und ich werde Dich nicht verlassen." Andreas Mylius litt von allen Beamten am meisten Noth; denn wenn er nicht bat, so sorgte Niemand für ihn.

In der Stellung, in welcher A. Mylius in den ersten Jahren lebte, konnte er nicht bleiben. Er hatte dem Herzoge sieben Jahre mit ganzer Kraft und Hingebung gedient und nichts erreicht, nicht so viel, wie jeder Schreiber, am allerwenigsten waren ihm seine außerordentlichen, glänzenden Dienste, welche freilich nicht nach gewöhnlichem Maaßstabe gemessen werden konnten, belohnt. Er hatte bis dahin alle Gelegenheiten, sich anderswo geltend zu machen, was damals so leicht war, aus Liebe zu dem Herzoge versäumt. Er konnte nichts erwerben. Endlich faßte er Muth und schilderte am 21. Mai 1555 in einem ausführlichen Briefe, den er nur mit "Andreas Mylius

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 60 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

der Philosoph (ό φιλόσοφος)" unterzeichnet, dem Herzoge seine Lage eindringlich: "Er habe täglich mit Noth zu kämpfen und der Kummer mehre sich von Tage zu Tage. Es sei ihm und dem Herzoge gleich lästig, daß er unaufhörlich mit Bitten kommen müsse. Er darbe daher oft lieber und nehme zu andern Leuten seine Zuflucht, als daß er dem Herzoge beschwerlich falle. In seinem Hause werde nichts gegessen und getrunken, was nicht für baares Geld gekauft werden müsse, und das habe er nicht. Er könne es nicht begreifen, warum der Herzog ihn allein, und gerade denjenigen, der ihm den Weg zur Quelle der Weisheit zu zeigen ausersehen sei, der Armuth preisgebe. So dürfe er ferner nicht - leben, oder vielmehr - nicht leben, und er wolle und könne fortan dem Herzoge, dem er nützen und dienen solle, nicht weiter lästig fallen. Er lege jetzt alle seine Sorge auf den Herzog und beschwöre ihn, auf diesen Brief aufrichtig und offen zu antworten. Er glaube nicht, daß das Band zwischen ihnen des Geldes wegen zerrissen werden könne, und wenn er vielleicht zu heftig und bitter geschrieben haben sollte, so möge der Herzog ihm das verzeihen." Der Herzog antwortete 1 ) ihm hierauf in Eile freundlich: "Das Band der Seelen zwischen uns ist mir immer lieb und werth gewesen und ich werde mich künftig bemühen, daß ich es fester schlinge. Wenn Du bei Deinen Bitten zu heftig und bitter geschrieben hast, so will ich Dir dies verzeihen. Ich nehme dergleichen leicht hin, denn es verdrießt mich nicht, wenn jemand schreibt, was er denkt."

Um ihm wenigstens seine treue Gesinnung zu beweisen, stellte ihm 2 ) der Herzog, welcher allerdings immer Mangel an Geld hatte, dafür "daß er uns etzliche Jahre hero getreulich und also gedienet hat, daß wir seiner treuen Dienste halber gegen ihn besondere Gnade tragen, derwegen auch mit gnädiger Beförderung und sonderlicher Begnadigung ihn billig bedenken sollen", am 13. Oct. 1555 eine Schuldverschreibung auf 500 Thaler, zinsbar zu 5 Procent, aus, welche derselbe im Umschlage 1559 einzulösen oder ferner zu verzinsen versprach. Aber dies brachte dem A. Mylius kein Geld, wenn es auch seine Jahreseinnahme erhöhete; der Mangel drückte nach, wie vor. Am 20. Nov. 1555 wiederholte A. Mylius seine dringende Bitte; er war wieder, wie unzählige Male, in Noth: er und Frau und


1) Vgl. Anl. Nr. 9.
2) Auffallend ist, daß der Herzog in dieser Schuldverschreibung den A. Mylius schon "seinen Rath" nennt. Ohne Zweifel ist dies nur ein Titel, den der Herzog seinem Günstling nur nach der Stellung gab, die er in der That einnahm. Die förmliche Ernennung zum öffentlichen Rath und Staatsdiener geschah erst im J. 1556.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 61 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Kinder mußten Winterkleidung haben, und die Geburt eines Kindes stand bevor.

Endlich schlug die Stunde seiner Erlösung. Nachdem er "eine Zeit lang dem Herzoge getreulich, fleißig und wohl gedienet, darob derselbe jeder Zeit sonderlich gutes Gefallen getragen", erhob ihn der Herzog, "in Erwägung seiner Geschicklichkeit" am zweiten Ostertage (6. April) 1556 zu seinem "Hofrath auf die Zeit seines Lebens, zu Raths Diensten und zu Verschickungen in und außerhalb Landes." Er erhielt jährlich ein Gehalt von 150 Thalern, 1 Ochsen, 2 Drömt Roggen, 4 Schweine, 3 Schiffe voll Brennholz und für ihn und seinen Knecht gewöhnliche Hofkleidung, alle drei Jahre ein Ehrenkleid und selbstverständlich täglich "Mahl und Futter bei Hofe" oder Hoftafel. Dies war damals ungefähr das gewöhnliche Gehalt der herzoglichen Räthe, welches nur in den Victualien zuweilen verschieden war; selbst der Canzler Johann von Lucka erhielt nicht mehr an Geld. A. Mylius erhielt übrigens nicht voll so viel Victualien, als die andern Räthe. "Aus sonderlicher Gnade und Zuneigung" ward ihm dieses Gehalt für jeden Fall auf Lebenszeit versichert, auch wenn er wegen Krankheit oder Schwäche nicht sollte dienen können, also als Pension, und seiner dereinstigen Wittwe ein Gnadengeschenk von 400 Thalern.

Der Entschluß des Herzogs ward wohl dadurch gereift, daß im März 1556 des Herzogs "gar geliebter und getreuer Rath, desgleichen er nicht habe, noch überkommen werde", der berühmte Reichsfreiherr Joachim Maltzan auf Wartenberg und Penzlin, gestorben war. Es war ehrenvoll genug für A. Mylius, daß der Herzog ihn an dessen Stelle setzte, da dieser auch nur in höhern Angelegenheiten Rathsdienste geleistet hatte und ein Mann von europäischem Rufe und hohen Würden gewesen war.

Erst am 9. Nov. 1558 stellte Mylius als herzoglicher Rath einen lateinischen Dienstrevers aus. Er wird also schon seit dem J. 1556 die Bestallung und die Einkünfte als Rath erhalten haben, aber erst im J. 1558 aus unbekannten Gründen in das Raths=Collegium eingetreten sein; vielleicht wollte der Herzog durch diese Zögerung von seinem Freunde den Neid ferne halten, der ihn bis zu seinem Tode unerbittlich verfolgte. Daß er wirklicher Rath, d. h. nach unsern Begriffen Geheimer Rath oder Regierungsrath war, beweisen die spätern Copialbücher, z. B. vom J. 1568, in denen er unter den Räthen aufgeführt wird, wenn diese Sitzung hielten und Bescheide erließen.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 62 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Nachdem der Herzog Johann Albrecht sein Haus und seinen Staat geordnet und fest begründet hatte, wandte er sich im J. 1557 mit ungeschwächter Kraft und Neigung den Studien zu, denen er bis zu seinem Tode treu ergeben blieb. A. Mylius munterte ihn wiederholt ernstlich auf, sich nach so langer Unterbrechung wieder den höhern Studien zuzuwenden, zum Heile des Vaterlandes. Der Herzog begann nun in seinen Mußestunden die wissenschaftlichen Arbeiten, die er bis zu seinem Ende mit Liebe pflegte. Um durch eine bestimmte Ordnung das vorgesteckte Ziel zu erreichen, gab A. Mylius dem Herzoge am 17. Junii 1558 eine Studien=Ordnung ("ratio methodi") oder einen Stundenplan 1 ), nach welchem der Herzog jeden Morgen von 6-8 Uhr zur Fortbildung seines Geistes grammatisch=philosophische Uebungen anstellen sollte; er empfahl ihm für den Montag und Dienstag das Studium der lateinischen Grammatik und Sprache, als der Hauptquelle für vollkommenes Denken und Schreiben, für den Mittwoch und Donnerstag die Beschäftigung mit der Philosophie und dazu vorzüglich das Studium von Cicero's Büchern von den Pflichten, für den Freitag Stylübungen durch Uebersetzen und Verbessern, und dabei den Quinctilian, für den Sonnabend das Studium des Evangeliums für den folgenden Sonntag durch Ausarbeitung einer Disposition ("methodus") des Inhalts desselben, welche am Sonntag Morgen nachgelesen werden sollte. Die Abendstunden von 7-8 Uhr waren zum Wiederholen und Abschreiben bestimmt.

Und wirklich finden wir Anzeichen, daß der Herzog diesen Plan befolgt habe. Im Archive zu Schwerin wird noch ein mächtiger Foliant aufbewahrt, in welchem von des Herzogs Hand lateinische grammatische Uebungen sauber geschrieben stehen.

Für die Leitung dieser regelmäßigen Studien ("ratio methodi"), denen A. Mylius ohne Zweifel beiwohnte (man stand in jenen Zeiten sehr früh auf), schenkte der Herzog ihm 1000 Goldgulden 2 ), von denen er ihm am 1. Nov. 1560 abschläglich gleich 400 Stück und am 10. Febr. 1562 den rückständigen Rest mit 110 Thalern auszahlte.

Eine andere fast tägliche wissenschaftliche Beschäftigung des Herzogs war der lateinische Briefwechsel desselben mit A. Mylius; der Herzog fand an dessen Briefen eine so große Freude, daß er sie häufig mit Bewunderung als "weise" geschrieben anerkennt. So sagt er am 9. Nov. 1557:


1) Vgl. Anl. Nr. 11.
2) Vgl. Anl. Nr. 20.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 63 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

"Literas, humanissime vir, tuas sapienter profecto scriptas a te ipso, vt scis, accepi, quas perlegi diligenter."

im J. 1560:

"Humanissime vir. Literas tuas et longas et profecto sapienter scriptas hic in ista meorum negociorum multitudine semel atque iterum perlegi."

und am 25. Jan. 1563:

"Literas tuas et eleganter omnino et sapienter scriptas a tuo puero accepi."

Und auf die Rückseite eines von A. Mylius aus Prag am 21. April 1570 an den Herzog geschriebenen Briefes schreibt dieser eigenhändig: Das ist ein Meisterstück von Schreiben.

"Inest artificium in hoc scripto."

Die Concepte zu den Briefen des Herzogs an A. Mylius, deren noch wenigstens 40 vorhanden sind, sind sehr sorgfältig geschrieben und durchgängig vielfach corrigirt, so daß man deutlich sieht, wie viel Sorgfalt der Fürst auf die Ausbildung seines Styls verwandt habe. - Die Briefe von Andreas Mylius an den Herzog, von denen allgemeinen und wissenschaftlichen Inhalts noch wenigstens 200, in bestimmten Geschäftssachen aber sehr viele im Archive aufbewahrt werden, sind alle sehr geläufig und bestimmt geschrieben.

Daß der Herzog sehr viel las, ist bekannt und natürlich, eben so, daß er die erste Bibliothek in Schwerin gründete, welcher sein Mathematiker, Ingenieur und Astronom Tilemann Stella, des A. Mylius Schwager, vorstand, der sich als Geograph einen begründeten und dauernden Ruf in Deutschland erworben hat.

Für alle außerordentlichen Bemühungen war der Herzog dem Andreas Mylius mit der Zeit auch außerordentlich erkenntlich. Der Herzog notirt in seinem Tagebuche:

"1557. 400 Thaler dem Andreä Mylio sein versprochen gnadengelt ganz entrichtet. Actum Swerin am 28. Mai."

"1558. 500 Thaler Andreä Mylio entrichtet vnnd betzalet auf die ime versprochene vnd verschribene Summe zu Swerin am 6. Februarii 1558."

"1560. 654 fl. Magister Andreä Mylio verehrt zu seiner Haushaltung. Febr. 14."

"1562. 30 Thaler Magister Andreas zum ehrkleide."

Alle diese und andere Geschenke waren außerordentliche, da sie aus des Herzogs Tasche gingen, indem er sie in seinem Tagebuche verzeichnete, dieselben also nicht aus öffentlichen Cassen gezahlt wurden.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 64 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Zur Beförderung und Erleichterung der grammatisch=philosophischen Studien des Herzogs mußte A. Mylius ihm mehrere Bücher verfassen, welche der Herzog handschriftlich bei seinen Studien benutzte, da es damals noch an ausreichenden Lehrbüchern fehlte. Zunächst schrieb er für den Herzog eine Art Handbuch der Logik, welche in den Briefen gewöhnlich "Methodus" genannt wird. Auch hiefür gab der Herzog ihm ein besonderes Geschenk, nach dessen Aufzeichnung in seinem Tagebuche:

"1560. 150 fl. Andreä Mylio geben vf den Methodum, wie der abscheydt ist. Wredenhagen d. 14. Julii."

Dann schrieb er für den Herzog eine Art Rhetorik, eine Anleitung, Gedankenstoff zu finden und zu disponiren. Dieses Werk wird in den Briefen gewöhnlich "Facultas argumentandi", auch "Ratio argumentandi" oder "Facultas oratoria" genannt. Er überreichte es dem Herzoge schon früh in einem undatirten Briefe als ein Zeichen seiner unwandelbaren Liebe und Verehrung:

"Librum de facultate oratoria, uestra, illu"strissime princeps, adductus uoluntate et mea "erga uos eademque submississima beneuolentia confirmatus, collegi, eo tempore, quo mihi uestra presentia et iucundissimo erat congressu carendum. Hunc igitur uobis offero et trado quasi quoddam sempiterni mei amoris et pietatis monumentum."

Ferner verfaßte A. Mylius eine Anleitung zu Stylübungen, wenn man es so nennen darf, eine Anleitung zur Nachahmung großer Vorbilder, in den Briefen gewöhnlich "Ratio imitandi" genannt und als eine neue Erfindung anerkannt ("noua et inaudita imitationis ratio").

A. Mylius schrieb für den Herzog noch mehr Bücher dieser Art, deren Inhalt sich aber schwer ermitteln läßt, da in den Briefen die Titel nicht bestimmt und oft verschieden und nur allgemein nach dem Inhalte angegeben sind.

Außerdem schrieb A. Mylius für den Herzog manche andere Schriften, welche mehr zur Befriedigung und Erhebung seines Geistes dienen sollten.

Da der Herzog der griechischen Sprache nicht so ganz mächtig war, daß er sie fließend lesen konnte, so übersetzte ihm A. Mylius einige griechische Werke, welche der Herzog besonders liebte und gerne las. Vorzüglich war es Dio Chrysostomus, welcher, ein Liebling des Kaisers Trajan, 80 Reden über allgemeine philosophische Sätze geschrieben hat, die damals vor kurzem, 1551, zu Venedig zuerst gedruckt waren. In dem

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 65 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Briefwechsel zwischen dem Herzoge und A. Mylius wird des Dio sehr häufig gedacht. Auf die Empfehlung des Landraths Dietrich Maltzan übersetzte A. Mylius die 4 Bücher des Dio Chrysostomus vom Königthum (De regno) für den Herzog ins Lateinische, weil der Inhalt des Buches zu den Zeitverhältnissen des Herzogs stimmte. Am 14. Mai 1564 hatte A. Mylius die Arbeit begonnen; er schrieb an diesem Tage an den Herzog:

"Librum Sapientiae per Caselium misi. Dionem de Regno, ut scripsi antea, verto luculenter, quem quidem Celsitudinis Tuae auribus, ut spero, probabo."

In zehn Monaten war die Arbeit vollendet, wie er hoffte, zur Zufriedenheit des Herzogs, dem er sie am 22. Jan. 1565 vorlegte. Er schreibt dabei:

"Huc accedebat summa libri majestas et apta Celsitudinis Tuae temporibus tractatio, quam et ipse legens facile probavi et de Theodori viri longe prudentissimi commendatione et ex illa veteri memoria repetebam. Verti igitur Dionem, et quidem, ut spero, verti accurate; - - ego in tantulo opere decem menseis consumpsi, ut et tanto principe dignus et quam maxime politus prodiret."

Auch J. Caselius hebt besonders hervor, daß A. Mylius bei der Uebersetzung des Dio Chrysostomus 1 ) viel Fleiß und Geschick gezeigt habe. Am 22. Jan. 1565 widmete er das Werk dem Herzoge; es wird noch im schweriner Archive in einem saubern Pergamentbande, mit des Herzogs Bibliothekbuchstaben und der Jahreszahl 1565, aufbewahrt, mit der eigenhändigen Zuschrift: "Andreas Mylius M. et uertit et dedit, Anno 1565. 22. Januarii.

Der Herzog hatte darauf

"50 fl. Magistro Andreä Mylio für die Version Dionis et Demosthenis gegeben zu Wismar 1565 den 26. Jan."

Dieser Handschrift des A. Mylius ist eine Uebersetzung des Agapetus vom Königsamt von Dabercusius angehängt:


1) "Multa legerat in utroque Dione: Nicetas multis notior est: tum vero alterius lectionem sive forte, sive consilio iteravit, eius, qui a flumine orationis Chrysostomus dictus fuerat. - - Statim latine et quidem admodum luculente a se redditum cum amicis communicavit, nosque novam illius et feliciter positam operam mirifice probavimus." J. Caselii Oratio funebris scripta Andreae Mylio.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 66 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

"Sequuntur Agapeti ad Justinianum imperatorem de officio Regis praecepta. Strelicii, Calend. Octobr. anno salutis MDLXV. Vertebat Magist. Matthias Marcus Dabercusius."

Der ganze Band ist von Samuel Fabricius abgeschrieben: "Scripta sunt haec omnia manu Samuelis Fabricii Suerinensis."

Späterhin ließ A. Mylius den Dio bei Jacob Lucius in Rostock drucken, unter dem Titel:

Dionis Chrysostomi de regno libri quatuor. Andrea Mylio interprete. Cum priuilegio Caesareo ad annos VI. Rostochii. Excudebat Jacobus Lucius. Anno MDLXXIX.

in Quart, 20 Bogen. Die schon im J. 1577, ein Jahr nach des Herzogs Johann Albrecht Tode geschriebene Vorrede, 12 Seiten stark, "Dat. Suerino Non. Maiis Anno MDLXXVII", von "Andreas Mylius consiliarius Megapol." unterzeichnet, ist dem Könige Friedrich II. von Dänemark dedicirt:

Serenissimo et potentissimo principi et domino d. Friderico II. regi Daniae etc. . domino suo clementissimo.

Er sagt in der Vorrede, daß er dem Könige das Buch für seinen Sohn sende und dem Herzoge Ulrich für die ihm dazu gewährte Muße danke:

"Regiam Maiestatem Tuam qua debeo reuerentia et pietate et plane supplicibus verbis oro, vt hunc Dionem, munus meum, Regis filii nomine a me clementissime accipiat et suo tempore paterne commendet."

Der König war seit dem J. 1572 mit des Herzogs Ulrich, seit 1576 alleinigen Regenten von Meklenburg, schönen und guten Tochter Sophie vermählt, und deren Sohn Christian IV. war am 12. April 1577 geboren. A. Mylius mochte also die Vorrede gleich nach dem Eingange der Nachricht von der Geburt des Prinzen geschrieben haben. Wahrscheinlich schickte er dem Könige aber schon damals eine Abschrift und ließ später die Dedication mit dem Buche drucken. Als der König von seinen Censoren die Wichtigkeit und Schönheit des Buches erfahren hatte, schickte er dem A. Mylius, nach J. Caselius Mittheilung, ein königliches Geschenk neben einem gnädigen Danke.

Zu gleicher Zeit übersetzte er des "Demosthenes Oratio funebris", welche ebenfalls von der Hand des A. Mylius mit der Dedication vom 22. Jan. 1565 noch im schweriner Archive aufbewahrt wird.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 67 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Ferner übersetzte er für den Herzog Xenophon's Cyropädie ("Cyrus sive de principe"), jene einfache und reine Darstellung des Ideals eines monarchischen Herrschers, für das wahrhaft fürstliche Gemüth des Herzogs gewiß ein willkommenes Buch.

Außerdem schrieb A. Mylius fortwährend kleinere Abhandlungen von besonderem Interesse für den Herzog. Bekannt geworden sind folgende:

1) Ueber Gott. Am 9. Oct. 1558 schrieb der Herzog an ihn, daß er solche Gründe, die er als einen Schatz aufbewahren werde, weder von einem Philosophen, noch von einem Theologen je gehört habe:

"Epistola tua hodie cum adiuncto pulcherrimo de Deo loco ad manus peruenit meas; per enim mihi gratum fecisti, quod in componendo atque describendo tantum laboris suscepisti: ea enim argumenta omnia neque a philosopho, neque a theologo unquam audiui: mihi profecto illa thesauri loco erunt."

2) Vom Trost im Tode. Am 13. Dec. 1560 schrieb ihm der Herzog:

"Perge tantum in tuo labore et mitte mihi dialogum et consolationes de morte."

3) Vom Gebet, eine lateinische Rede, welche der Herzog mit großem Vergnügen las. Am 24. Nov. 1571 schrieb ihm der Herzog:

"Literas tuas non solum libenter, verum etiam primam orationis tuae partem de precibus cum magna voluptate legi. Prudenter profecto facis, quod in tam sacrosancto opere non nimium properas, omnia enim verba in rebus diuinis sunt etiam atque etiam ponderanda, antequam in lucem eduntur."

Das Original dieser Arbeit auf 11 Bogen in Folio von des A. Mylius eigener Hand geschrieben, mit der Dedication vom 25. Nov. 1571, wird noch im schweriner Archive aufbewahrt.

4) Eine Uebersetzung und Bearbeitung des 53. Capitels des Propheten Jesaias, welche der Herzog besonders hoch schätzte; diese (vom J. 1560) wird ebenfalls noch im schweriner Archive aufbewahrt.

5) Eine Geschichte der Sendung des Heiligen Geistes. Aus dieser Arbeit wird zugleich klar, wie der Herzog und Andreas Mylius arbeiteten. A. Mylius legte dem Herzoge vor: 1) eine Revision des deutschen Textes von Cap. 2. der

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 68 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Apostelgeschichte; 2) eine Betrachtung über die einzelnen Aussprüche; 3) eine Prüfung der Ausdrücke; 4) einen Versuch einer Nachahmung oder Darstellung des Inhaltes.

6) Eine Schrift vom Leiden unsers Herrn Jesu Christi, lateinisch und deutsch, ebenfalls im schweriner Archive, mit dem 53. Cap. Jesaiä zusammengebunden.

7) Eine Uebersetzung des ersten und zweiten Gesanges der Iliade, vom J. 1557, welche auf der Universitäts=Bibliothek zu Rostock aufbewahrt wird.

Welche Freude der Herzog an solchen Arbeiten hatte, erhellt klar aus einem Briefe, welchen er am 23. Aug. 1569 von Mirow an A. Mylius schrieb:

"Die lateinische Schrift, welche Du mir neulich und zuletzt gegeben hast, habe ich von Anfang an immer wieder im Wagen gelesen, und ich muß in Wahrheit bekennen, daß ich in meinem ganzen Leben nichts lieber gelesen habe ("me in tota vita nihil legisse libentius"), ausgenommen die Heilige Schrift."


Aber alle diese Bestrebungen, so sehr sie des Herzogs Leben erfreueten und zierten, standen weit hinter einem großen Werke zurück, dessen Vollendung ganz die große Seele des edlen Fürsten füllte. Dies war eine lateinische Uebersetzung der Bibel durch Andreas Mylius . Diese Arbeit bildet in Wahrheit den Glanz= und Ruhepunct in dem Leben des Herzogs und veranlaßt Erscheinungen, welche sonst in den Lebensläufen der Fürsten ungewöhnlich sind. Wenn auch Johann Albrecht mit großer und inniger Freude alles beförderte, was den menschlichen Geist irgend zu heben vermag, so war doch sein höchstes Kleinod die Heilige Schrift und sein christlicher Glaube. Hiefür hatte er Leben und Stellung aufs Spiel gesetzt, in diesem Puncte vereinigten sich bei ihm alle Strahlen des aufgehenden Lichtes. Was nicht den reinen christlichen Glauben läutern konnte, achtete er nicht; aber er verstand es auch, jede Regung der Seele dem Höchsten zuzuwenden. Er trieb mit Ernst und Fleiß Grammatik, Schülerarbeit, weil er wußte, daß diese Arbeit nöthig sei, um ihn zu immer klarerer Erkenntniß der Heiligen Schrift zu führen. Alles, was die Seele läutern kann, mußte ihm hiezu dienen.

Schon früh hatte Andreas Mylius angefangen, einzelne Stücke der Bibel in die lateinische Sprache für den Herzog zu übersetzen. Schon am 29. Nov. 1553 hatte er die Uebersetzung der Psalmen, als ein Zeichen seines guten Willens und seiner

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 69 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Dankbarkeit, vollendet, wollte sie aber dem Herzoge noch nicht vorlegen, da er sie noch zu feilen die Absicht hatte. Im Nov. 1554 schrieb er dem Herzoge: "Die Psalmen und meinen Commentar werde ich mitbringen, wenn es genehm ist." Am 13. Nov. 1553 schickte er dem Herzoge die Uebersetzung der Evangelien zurück; in einem andern, undatirten Briefe schreibt er: "Die Evangelien werden auch bis Pfingsten übersetzt sein." Die Uebersetzungen wurden von beiden Seiten viel gelesen, geprüft und hin und her geschickt. Noch im J. 1558 gingen die Psalmen und die Evangelien hin und her; am 29. Aug. 1558, an dem Tage eines großen Brandes in Schwerin, als der Herzog verreiset war, schreibt Mylius, er könne ihm die Psalmen und Evangelien nicht schicken, da er wegen drohender Feuersgefahr seine wichtigen Sachen aus dem Hause geschafft habe. ("Misissem Celsitudini Tuae psalmos et evangelia, sed nihil eorum domi est meae propter metum ingravescentis incendii.")

Am 1. Aug. 1557 schickte er dem Herzoge die im schweriner Archive noch aufbewahrte Uebersetzung des Evangeliums Johannis: "Andreas Mylius M. observantiae suae declarandae causa dedit. Suerini, Anno 1557. Calend. Augusti."

Am 20. Aug. 1557 schreibt er an den Herzog: "Den 52. und 53. Psalm habe ich, nach Befehl, übersetzt und sende sie zurück. Ich habe mit Willen nichts ändern mögen; denn ändern ist leicht, aber besser machen schwer. Die Briefe Johannis kommen jetzt an die Reihe; ich werde sie, sobald sie lateinisch lauten, senden." Die Briefe an die Epheser und an Philemon werden noch im Archive zu Schwerin aufbewahrt.

Nach und nach reifte der Plan, die ganze Bibel zu übersetzen. Es war viel darüber geredet, aber noch nichts festgesetzt. Am 8. Mai 1557 bat Mylius dringend den Herzog, er möge sich deutlich und bestimmt erklären, da für ein so großes Werk außer Neigung und Fähigkeit der Auftrag einer hohen Person und die Bestimmung und Gewährung der genügenden Zeit nothwendig sei:

"Vt Illustrissimus Princeps, quid de uersione Bibliae fieri uelit, mandetur clare dilucideque significet; non solum animo parato et facultate, sed in tali et tam ardua planeque diuina re mandato iubentis magistratus opus est: et vt declaret, quantum mihi ad eam rem temporis impertiat, et ut ocium mihi praestet, quo abundem necesse est."

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 70 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Da erklärte sich denn in einem herrlichen Briefe 1 ) von Doberan am 9. Nov. 1557 der Herzog gegen A. Mylius klar und deutlich.

"Jetzt sind die Zeiten einigermaßen freundlicher geworden. Ich habe den Willen, daß ich von dem von mir gefaßten Plane über die Studien, wenn ich auch die Schwäche meines Geistes leicht erkenne, nicht weichen will, so lange ich lebe. Dies wird Gott ohne Zweifel lieb und mir nützlich sein. Ich werde mir daher so viel Muße und Zeit nehmen, als Dir nöthig scheint und meine Geschäfte erlauben, daß ich mich wieder zu unsern Studien wende. An Deinem Fleiße und Deiner Treue zweifle ich nicht und habe ich nie gezweifelt. Für Deine Neigung zu mir habe ich Dir Dank und werde ihn Dir einst mit Gottes Hülfe noch deutlicher beweisen."

"Wenn Du mir ferner von der Uebersetzung der Bibel schreibst und mir zugleich Deine Meinung mittheilst, so thust Du allerdings klug, wenn Du alles erwägst, was zu erwägen ist. Denn es ist wahrlich eine große Sache, oder vielmehr die größte, und fordert einen großen Entschluß, um so mehr da bisher noch keiner da gewesen ist, der sich so viel zutrauete, ein so großes Werk zu unternehmen und durchzuführen. Denn nach meiner Ansicht ist es nothwendig, daß der welcher das Werk durchführen will, eine vollkommene Kenntniß der drei Sprachen habe, der hebräischen, der griechischen und der lateinischen, daß er ein Christ, und nicht ein Papist, und Ciceronianer sei, daß ihm die nöthigen Mittel nicht fehlen und er sonst keine Geschäfte habe u. s. w. - - Da Du ein guter Christ bist, dem die wahre Religion am Herzen liegt, und die griechische und lateinische Sprache vollkommen inne hast, auch ein Nachahmer Ciceros bist, der mit Recht der Fürst der Beredsamkeit genannt wird, Du auch zu Deinem Nutzen die deutsche Bibel hast, welche von Martin Luther seligen Andenkens und andern gelehrten Männern aus der hebräischen Sprache in die deutsche sorgfältig und treu übersetzt ist: so bitte ich Dich sehr, und befehle es Dir auch, daß Du dieses heilige Werk unternehmest u. s. w. - - Kein Studium ist Dir nothwendiger, Deinen Namen auf die Nachwelt zu


1) Vgl. Anl. Nr. 10.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 71 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

bringen, als wenn Du allen Fleiß auf jene heilige und fast göttliche Art zu philosophiren verwendest; denn wir können nichts besseres, nichts wünschenswertheres thun, glaube es mir, vorzüglich in dem uns so kurz zugemessenen Zeitraum unsers Lebens und in diesen gefährlichen und schwierigen Zeitumständen, als wenn wir unsern Fleiß auf die heiligen Wissenschaften verwenden; denn die Lieblichkeit dieser heiligen Wissenschaften übertrifft bei weitem die menschliche Philosophie. Daß Du an Deiner Fähigkeit zur Vollendung zweifelst, begreife ich, doch ist mir auch Deine Bescheidenheit nicht unbekannt. Obgleich es, ich muß aussprechen, was ich denke, sehr schwer und viel ist, was ich verlange, so zweifle ich doch an Dir nicht: ich kenne Deinen Geist, so viel ich beurtheilen kann. Wenn Du den Fleiß anwendest, den Du bisher bei Deinen Uebersetzungen und namentlich an dem Evangelisten Johannis bewiesen hast, so wirst Du den Uebelwollenden keinen Stoff zum Schmähen geben. Es würde ungerecht sein, wenn Du so viel Mühe und Arbeit, als dieses Werk fordert, umsonst aufwenden solltest; das will und verlange ich nicht. Ueber die Summe können wir aber bequemer mündlich das Nöthige festsetzen. Ich bitte Dich, daß Du am 13. d. M. hier (in Doberan) bei mir seiest. Der allmächtige Gott erhalte Dich indessen gesund und regiere Dich mit seinem heiligen Geiste, daß Du durch das herrliche Werk das schaffst, was seines Namens Ruhm und der Sterblichen Heil fördert. Dies wünsche und begehre ich von Herzen. Was ich thun muß und kann, werde ich gern thun."

Am 16. Nov. 1557 zu Doberan stellte nun der Herzog Johann Albrecht dem Andreas Mylius für die lateinische Uebersetzung der Bibel einen Ehrensold von 2000 Thalern aus. Diese Urkunde ist das würdigste Kleinod unsers Schriftenthums. Der Herzog hat sie ohne Zweifel selbst in lateinischer Sprache abgefaßt und nach alter Weise auf Pergament mit eigener Hand sauber geschrieben und mit seinem großen, anhangenden Siegel besiegelt, und also so glänzend ausgestattet, als es möglich war. Diese Urkunde, ein Ehrendenkmal sowohl für den Herzog, als für Andreas Mylius, und zugleich das würdigste Ehrenzeugniß für den erhabenen Geist jener Zeit, steht in ihrer Art so einzig in der Geschichte da, daß ich es mir nicht versagen kann, sie nicht nur

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 72 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

im Originaltexte und in deutscher Uebersetzung, sondern auch in einem Facsimile hier mitzutheilen, damit das Andenken an jene ruhmwürdige Bewegung des Geistes mehr verbreitet und lange erhalten werde:

Ego Joannes Albertus DEI gratia Dux Megapolensis, princeps Vandalorum, Comes Suerinensis, Rostochii et Stargardii dominus, coram vniuersis et singulis, quorum interest, in primis autem haeredibus meis, huius Syngraphae meae testimonio fateor, me certis grauibusque causis adductum Andreae Mylio, consiliario meo, vt is sacrae scripturae volumina, quae, vt omnibus notum est, ab antiquis, neque commode, neque latine satis conuersa sunt, ad eum modum conuerteret, qui in eiusdem Mylii aliis versionibus cernitur, quas ille mihi exhibuit, imperasse. Quod idem his literis manuque meis eidem mando. In primis autem ei Germanicam Martini Lutheri versionem, vt Hebraicae phrasi et veritati consentaneam et proximam commendo: quam ille si expresserit, satis mihi abundeque factum esse fatebor. Atque hoc quidem se facturum esse daturumque operam, vt in eo opere neque fides in exprimenda Germana sententia, neque elegantia in dictione, quantum in ipso sit, merito desideretur, promisit. Cum autem ea tanti operis magnitudo et dignitas sit, de qua nemo, Christianus praesertim neque debeat, neque possit dubitare, nam et lucis non parum, plurimum autem sacrosanctae lectioni delectationis accesserit, eidem Mylio, et si quid ipsi humanitus accidisset, eius haeredibus, duo millia thalerorum mercedis loco promitto, et quam acceptam a maioribus meis sancte tueri debeo fidem principe dignam pro ea pecunia meo et haeredum meorum nomine interpono. Absoluto igitur eo opere et mihi aut haeredibus meis tradito, promitto me eam pecuniam sine vlla mora aut recusatione, sine fuco et fallaciis Andreae Mylio aut eius haeredibus certo benigneque esse traditurum. Quod nunc quidem testimonio harum literarum et vti principem amantem veritatis decet, sancte DEOque teste promitto, eademque promissi et debiti huius religione haeredes meos

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 73 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

obstringens. Quod vt firmum plane et immutabile esset, manu signoque meis veritatem harum literarum confirmamus. Actum Doberani, 16. Cal. Decemb., Anno a nato Christo 1557.

Manu mea scripsi.     

Ich Johann Albrecht, von Gottes Gnaden Herzog zu Meklenburg, Fürst zu Wenden, Graf zu Schwerin, Rostock und Stargard Herr, bekenne vor allen und jeden, die es angeht, besonders aber vor meinen Erben, durch die Urkunde dieses meines Briefes, daß ich, aus gewissen und wichtigen Ursachen meinem Rathe Andreas Mylius befohlen habe, die Bücher der Heiligen Schrift, welche, wie allen bekannt ist, früher weder gut, noch recht lateinisch übersetzt sind, auf die Weise, welche in desselben Mylius andern, mir vorgelegten Uebersetzungen zu erkennen ist, zu übersetzen. Ich übertrage ihm dies durch diesen Brief und diese meine Handschrift. Besonders aber empfehle ich ihm die deutsche Uebersetzung Martin Luther's, als der hebräischen Ausdrucksweise und der Wahrheit am nächsten stehend, so daß ich, wenn er diese wiedergiebt, mich völlig und reichlich damit zufrieden geben will. Und darauf hat er verheißen, daß, so viel in seiner Kraft steht, er dies thun und sich bemühen wolle, daß in dem Werke weder die Treue im Wiedergeben des deutschen Inhalts, noch die Schönheit des Ausdruckes vermißt werde. Da aber das Werk eine so hohe Bedeutung und Würde hat, daß Niemand, vor Allen ein Christ, daran zweifeln darf und kann, da es nicht wenig Licht, vorzüglich aber Vergnügen beim Lesen der Heiligen Schrift gewähren wird, so verspreche ich demselben Mylius, und wenn ihm etwas Menschliches begegnen sollte, seinen Erben, zwei tausend Thaler zum Lohne und setze mein fürstliches Ehrenwort, das ich von meinen Vorfahren überliefert erhalten und heilig zu bewahren habe, für diese Summe in meinem und meiner Erben Namen zum Pfande. Ich verspreche daher, wenn also dieses Werk vollendet und mir oder meinen Erben übergeben sein wird, dieses Geld ohne Verzug oder Weigerung, ohne Täuschung und Betrug dem Andreas Mylius oder dessen Erben sicherlich und gern auszuzahlen. Dies verspreche ich gegenwärtig mit Urkund dieses Briefes, und wie es einem wahrheitsliebenden Fürsten ziemt, unverbrüchlich und bei

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 74 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Gott zu halten, und verpflichte meine Erben zur heiligen Haltung dieses Versprechens und dieser Schuld. Auf daß dieses Versprechen völlig fest und unverbrüchlich sei, haben wir diesen Brief durch unsere Hand und Unterschrift besiegelt. Gegeben zu Doberan am 16. Nov. im Jahre Christi 1557.

Geschrieben mit meiner eigenen Hand.     

Am 25. März 1560 schickte A. Mylius die lateinische Uebersetzung des ersten Buches Mosis 1 ), welche getreu nach Luther's Uebersetzung gearbeitet war, und hoffte, daß diese erste Arbeit den Beifall des Herzogs erhalten werde. Am 13. Mai 1564 schickte er durch J. Caselius das Buch der Weisheit Salomonis u. s. w.

Auf den Ehrensold von 2000 Thalern erhielt A. Mylius von dem Herzoge:

1559. Oct. 11. die Summe von 750 Thalern (ad mercedem pro uersione Bibliae debitam), (nach seiner lateinischen Quittung),

1561. Junii 11. die Summe von 20 Gulden (pro mercede uersionis Bibliae), (nach seiner lateinischen Quittung),

1562. Jan. 25. die Summe von 100 Thalern (nach dem Tagebuche des Herzogs),

1563. Dec. 24. die Summe von 10 Goldgulden (nach dem Tagebuche 2 ) des Herzogs).

Diese Summen wird der Herzog aber dem A. Mylius außerdem geschenkt haben, da er bei der Uebernahme seiner Schulden durch den Engern Ausschuß die volle Summe von 2000 Thalern an diesen zur Berichtigung überwies und wiederholt, namentlich am 8. Jan. 1567, die Uebernahme dieser Schuld ernstlich forderte. Daß die Summe von dem Engern Ausschusse abgetragen sei, beweiset die Zurücklieferung und die durch einen Schnitt bewerkstelligte Cassirung der Schuldverschreibung des Herzogs.

Nicht lange darnach schenkte der Herzog dem A. Mylius Ostern 1562 wieder 1000 Thaler, wovon weiter unten die Rede sein wird.

Daß diese lateinische Bibelübersetzung von A. Mylius vollendet worden sei, leidet keinen Zweifel. In einem


1) "Genesim mitto. - - Non enim facta uspiam est a sententia Lutheri discessio. - - Magna me spes tenet, bene huius laboris prima quasi initia esse euentura."
2) "1563. 10 goldfl. Magister Andreas vor die version der Gallater verehret, "Landsperge, am h. Christabend."
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen   zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
vorstehender Brief im Original
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen   zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 75 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Geheimen=Raths=Protocolle unter dem Herzoge Adolph Friederich vom J. 1612 heißt es:

"Martin Baleken. I. f. g. von ihm vernommen, noch etzliche Bücher bei ihm habe, I. f. g. Groß Herr Vater gehörig, darunter auch eine Bibel, so I. f. g. Groß Herr Vater mit eigen handen schrieben; es ist also I. f. g. bofhelig, dises alles I. f. g. zu vbersenden."

Wahrscheinlich ist dies die Uebersetzung von A. Mylius, und es ist wohl ein Irrthum, wenn das Gerücht gegangen ist, der Herzog habe die Bibel geschrieben. Die guten Handschriften jener Zeit haben durch den verbesserten, ernstern Schulunterricht viel Aehnlichkeit unter einander. Möglich wäre es, jedoch ist es nicht wahrscheinlich, daß der Herzog die Uebersetzung des A. Mylius abschrieb, theils um sich zu üben, theils um sich die Heilige Schrift fester einzuprägen. Diese Uebersetzung ist noch nicht aufgefunden. Mit der vom Herzoge Johann Albrecht gestifteten Bibliothek ist seit dem Tode Adolph Friederich's übel Haus gehalten. Der Professor Tychsen nahm die letzten Reste von Schwerin mit nach Rostock für die Universitäts=Bibliothek. Von dieser habe ich vor einigen Jahren mehrere, auch für diese Untersuchung wichtige Handschriften aus der Zeit des Herzogs Johann Albrecht eingetauscht und wieder in das großherzogliche Archiv zurückgebracht. Vielleicht findet sich die Bibelübersetzung noch auf der Universitäts=Bibliothek oder sonst wo.

Aber Johann Albrecht ließ nicht allein den A. Mylius für sich arbeiten: er selbst arbeitete neben A. Mylius fleißig an der Erkenntniß der Heiligen Schrift. Im Archive zu Schwerin wird noch das von dem Herzoge eigenhändig geschriebene und sehr viel corrigirte Concept einer lateinischen Uebersetzung der Psalmen aufbewahrt. Der Hofprediger Matthäus Bohemus erzählt in seiner Leichenrede auf den Herzog, daß er "mit großer Verwunderung und Freude" den ganzen heiligen Psalter in lateinischer Sprache, den ganzen Katechismus Luthers in deutscher und lateinischer Sprache, das ganze Evangelium Johannis, die Epistel an die Galater, die Briefe Johannis, die Sprüche Salomonis, den Prediger Salomo, etliche schöne Gebete, eine schöne Lehre vom Abendmahle, einen Ausbund schöner Sprüche, eine schöne Betrachtung des Sterbestündleins und viel anderes mehr von der Hand des Herzogs Johann Albrecht geschrieben gesehen habe. Des Herzogs Meditatio de morte oder "Todesbetrachtung zu seinem letzten Stündlein" ward schon früh gedruckt 1 ).


1) Vgl. Thomas analecta Güstroviensia, p. 161 sq.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 76 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Das Archiv zu Schwerin bewahrt noch viele höchst interessante und wichtige Selbstbetrachtungen und Gebete des Herzogs, namentlich aus den wichtigen Jahren 1550-1553. Durch sein Testament vermacht der Herzog seinem ältesten Sohne Johann voraus: "ein lateinisch aus der heiligen Schrift zusammen gezogenes Trostbuch in octavo, welches wir selbst gefertiget und mit eigener Hand geschrieben."


So war die Stellung des A. Mylius gesichert und das Verhältniß zwischen ihm und dem Herzoge geordnet. Die Arbeiten mancherlei Art nahmen in einem viel bewegten Leben einen erfreulichen Fortgang. Daß häufig Reisen und andere Begebenheiten die Studien störten, läßt sich denken.

Zu den erfreulichen Störungen gehört die Hochzeit des güstrowschen Rectors Wolfgang Leupold, welcher sich Michaelis 1557 mit einer Güstrowerin verheirathete. Leupold hatte dazu auch den Herzog und dessen Gemahlin und Schwester eingeladen; diese waren zu der Zeit jedoch nicht in Güstrow, sondern schickten ein Hochzeitsgeschenk durch A. Mylius, welcher mit Dabercusius zur Hochzeit reisete.

Die Familie des A. Mylius vergrößerte sich rasch. Er hatte schon mehrere, wenigstens zwei, Töchter, als ihm zu seiner großen Freude am 24. Aug. 1557 ein Sohn geboren ward, bei dessen Taufe der Herzog Taufzeuge war. Dieser starb aber in den ersten Tagen des Monats August 1561, in demselben Jahre, in welchem auch der Herzog seinen ältesten Sohn Albrecht am 2. März zu Königsberg, wohin ihn die Großmutter mitgenommen hatte, im sechsten Jahre seines Alters verlor. Der Herzog schrieb seinem Freunde am 3. Aug. 1561 einen herrlichen Trostbrief 1 ), in welchem er unter Andern sagt:

"Du weißt, daß auch mich in diesem selben Jahre vor einigen Monaten ein gleicher Schlag getroffen hat, da ich meinen lieben erstgebornen Sohn in Preußen verlor, der schon herangewachsen war. Was konnte mir die schwache menschliche Vernunft nicht schon von ihm sagen, welche Hoffnung hatte ich nicht schon geschöpft? Doch was sollte ich in einem solchen Schmerze machen? Mit Gott durfte ich nicht rechten. Ich mußte seinem Willen gehorchen. So beruhigte ich mich in seinem heiligen Willen und sagte mit Hiob: Der Herr hats gegeben, der Herr hats genommen, der Name des


1) Vgl. Anl. Nr. 22.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 77 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Herrn sei gelobet. Ihm, der ihn mir gegeben hatte, habe ich ihn wiedergegeben, ihm, bei dem er jetzt am besten in unserer himmlischen und ewigen Schule unterwiesen wird. Von Gottes heiligem Geiste habe ich meinen Trost geholt; das sollst auch Du thun. Ja, sage ihm mit mir Dank für alle andern Gaben, mit denen er uns gnädig und reichlich geziert hat, und bitten wir den allerhöchsten Gott um seines Sohnes Jesu Christi willen , daß er uns und alle die Unsern gesund und blühend erhalte zu seines Namens Ehre."

Darauf beschenkte ihn seine Frau mit einigen Töchtern, deren er im Ganzen 6 am Leben behielt. Am 12. April 1564 ward ihm wieder ein Sohn geboren, welcher aber auch kurz vor dem 3. April 1565 starb; er schreibt an den Herzog:

"Vidi mortes filiorum et hominum mihi charissimorum. Morbus filioli mei tristissimus cotidie uersatur in oculis meis."

Sowohl seiner Familie, als seiner Stellung und Geschäfte wegen bedurfte A. Mylius eines eigenen Hauses, namentlich in jenen Zeiten, wo wegen der Art der Wirthschaftsführung jede Familie ein Haus haben mußte. Am 20. Mai 1560 kaufte er von dem Canzler Johann von Lucka dessen in der Burgstraße zunächst bei dem Mönchkloster und dem herzoglichen Schlosse gelegene Haus mit Hof, Brauhaus, Badstube, dem dahinter liegenden Garten und dem dazu gehörenden Acker. Dieses Haus an der Ecke, dem Mönchskloster oder jetzt dem Collegiengebäude zunächst liegend, ist das interessanteste Haus in Schwerin, um so interessanter, als es noch jetzt in seinen Ringmauern und seinen Hauptabtheilungen so steht, wie es in alter Zeit gebauet ist. Im J. 1548 verkaufte der Goldschmied Christoph Schneider das Haus an den Herzog Heinrich den Friedfertigen, welcher es im J. 1551 dem Canzler Johann Scheyring schenkte. Dieser verkaufte es an den Dr. med. Sigmund Krull, welcher es im J. 1553 an den Canzler Johann von Lucka verkaufte, von dem es im J. 1560 Andreas Mylius käuflich erwarb. Die Erben desselben verkauften es im J. 1602. Es ging nun auf verschiedene Besitzer über, bis es im J. 1620 der Herzog Adolph Friederich kaufte, der es zur Amtswohnung des Stadt=Commandanten bestimmte, woher es noch heute das Commandantenhaus und die daneben an der Ecke stehende Pumpe die Commandantenpumpe heißt.

Der Herzog suchte sich dem A. Mylius auf alle mögliche Weise freundlich zu erweisen, um ihm das Leben angenehm zu machen. Am 16. Junii 1560 schenkte er ihm den Garten am

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 78 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Burgsee zunächst bei dem Hause gelegen, welchen der Herzog bisher dem Canzler Johann von Lucka eingethan hatte, so wie den Kirchhofraum von diesem Garten bis an die Burgstraße aus besondern Gnaden als erbliches Eigenthum. Dieser Garten ist nun freilich durch die Anlegung der Straße hinter dem Klosterhofe bebauet. Von dem Kirchhofraume ist aber neben dem Hause an der Straße noch heute ein Theil als Garten und Hof unbebauet.

Als die Erben im J. 1602 das Haus verkauften, gehörte dazu der Teichgarten, zwischen dem Ziegelhofe und der Wasserkunst, nebst der Fischerei.

Außerdem hatte A. Mylius noch einen Garten in der jetzigen rostocker Vorstadt neben dem S. Georgen=Hospitale, da die Hospitalwiesen an des Mylius Garten stießen; der Hausgarten kann wohl nicht so groß gewesen sein, daß er am Burgsee herum bis an die Wiesen stieß, um so mehr da seit alter Zeit der Gerberhof dazwischen lag.

Im J. 1567 bauete er 1 ) an seinem Hause wahrscheinlich einen massiven Giebel, theils zur Verhütung der Feuersgefahr, theils um die Stadt mit zu zieren, da die schönen Bauwerke des Herzogs die Baulust und Verschönerungssucht erweckt hatten. Dies machte ihm viel Noth und er bat den Herzog um Mauersteine.

Am 6. Jan. 1566 verkaufte Stellan Wakenitz auf Klein=Kissow, damals herzoglich pommerscher Hauptmann zu Wolgast, "dem Cammer=Rathe Andreä Mylio, fürstlich meklenburgischen Cammer=Rathe, und seinen Erben sein Haus im Städtlein Strelitz, so noch nicht vollends vorfertiget und auf der Kapellen=Stätte, so nach Turow und Szina gehören, stehet, inmaßen er solches von Ern Jacob Heseken gewesenen Capellan zu Strelitz in den Erbkauf empfangen." Weiter ist von diesem Hause nichts bekannt geworden. Vielleicht kaufte A. Mylius dieses Haus, um es zum Absteigequartier für sich zu benutzen, da der Herzog oft im Lande Stargard, namentlich in Strelitz, war.


Seit dem J. 1561 nahmen den Herzog die liefländischen Angelegenheiten sehr in Anspruch. Er war mit dem Benehmen seines Bruders Christoph sehr unzufrieden und deshalb mit demselben sehr gespannt. Die wenig überlegten Schritte desselben


1) "Genus aedificationis meae, quam quidem partim necessitate uetandi "incendii, partim exemplo aliorum, qui satis commode ornateque ipsi aedificarunt, suscepi, coram Celsitudini Tuae ostendi. Mihi uero, non optimo architecto, crescit tractando opus. - - Oro ut mihi de tribus millibus laterculorum benigne accommodet." Brief vom 14. Aug. 1567.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 79 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

verwickelten den Herzog Johann Albrecht in eine Unzahl weitläuftiger Geschäfte und Anstrengungen, deren Ende gar nicht abzusehen war.

Im Frühling des Jahres 1561 schickte der Herzog den Andreas Mylius nach Königsberg, um mit dem Herzoge Albrecht Rücksprache über den Stand der Dinge zu halten. Am 29. März reisete Mylius von Brandenburg ab und kam am 31. März in Stettin an; dort traf er den schwedisehen Canzler und den polnischen Gesandten, welche allerdings seine Aufmerksamkeit erregten. Der Herzog schreibt u. a. an ihn: "Ich wolte gern meinem Bruder Hertzog Christoph einen erfahrnen und gelehrten Mann zuordnen, darnach ich lange getrachtet. - - Deswegen rede davon mit dem Herrn Canzler, ob der nicht könnte einen vorschlagen. Forsche fleißig darnach, wessen Todes mein Sohn gestorben ist. Ich fürchte nämlich, daß er durch Gift getödtet sei, denn es hat mir nach Deiner Abreise einer etwas gesagt, wodurch ich auf diese Gedanken gekommen bin. Deshalb ermahne ich Dich, daß Du meinen theuren Vater darauf aufmerksam machst, daß Sein Lieb und derselbigen Sohn gut Achtung auf Essen und Trinken gebe, auch auf die Geschenke, die S. L. oder derselbigen Sohn gegeben werden, daß sie sie nicht so bald in die Hände nehmen, ebenso auf Briefe, so zu eigenen Handen stehen, die von verdächtigen Orten herkommen." Am 13. Mai war Mylius wieder in Schwerin angekommen.

Im Anfange des Monats August 1561 starb des A. Mylius erstgeborner Sohn; im Anfange des Monats Septbr. hielt einer seiner Brüder Hochzeit, zu welcher auch der Herzog eingeladen war. A. Mylius bat ihn, um seinetwillen die Hochzeit durch ein Ehrengeschenk zu verherrlichen.

In eben diese Zeit fallen auch die lebhaften Verhandlungen zwischen den beiden herzoglichen Brüdern Johann Albrecht und Ulrich, bei welchen A. Mylius sehr betheiligt war, da der Herzog wichtige Dinge nicht ohne seinen Rath und Beistand that; der Herzog schreibt am 24. Sept. 1561 an ihn: "Die Unterhandlung mit Ulrich ist viel anders geworden, als wie Du da warst", und beklagt sich sehr über Ulrichs Geldliebe und Halsstarrigkeit.

Im J. 1562 unternahm der Herzog mit seiner Gemahlin und Schwester eine Reise nach Königsberg. A. Mylius mußte wieder die Reise mitmachen. Am 8. Febr. reiseten sie von Schwerin ab, blieben vom 13.-18. in Strelitz und reiseten von hier am 19. über Pasewalk und Stettin weiter; am 1. März war Rasttag in Stolpe und am 13. März kam die Gesellschaft in Königsberg an. Der Uebergang über die Weichsel

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 80 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

am 4. März war sehr gefahrvoll, da die "Stutzohren" mit einem Wagen in das Eis einbrachen.

Am 2. März übergab A. Mylius dem Herzoge zu Stolpe einen Brief, in welchem er ihm seine Vermögensverhältnisse schilderte und ihm zu bedenken gab, daß er so wenig einzunehmen habe, daß er für ein ganz geopfertes Leben nichts erübrigen könne, und daher den Herzog bat, an ihn zu denken. Es ist nicht klar, wie A. Mylius dazu kam, auf der Reise den Herzog mit seinen Angelegenheiten anzugehen; vielleicht ist der Brief nur der formelle Ausdruck eines Gespräches während der langweiligen Rast in einem kleinen Orte. Der Herzog wird aber des Mylius gedrückte Lage eingesehen haben; denn nach vier Wochen, in den Osterfeiertagen, schenkte ihm der Herzog zu Königsberg 1000 Thaler, indem er ihm eine Schuldverschreibung zu 5 Procent Zinsen ausstellte. Außerdem kommt in des Herzogs Tagebuche noch vor:

1562.  110 Thaler Magister Andreas Mylius. 11. Febr.
           12 Thaler Andreä Mylio 12. Mai.
           5 Thaler Andreä Mylio widergeben, die er zu Stolpe einem Prediger geben. 17. Junii.
Ferner:
           78 Thaler Dietrich Moltzan die er auf der Reise nach Königsberg ausgelegt. 12. Mai.

Nach drei Monaten, welche in Königsberg heiter und glücklich verliefen, reisete der Herzog mit Andreas Mylius wieder nach Meklenburg zurück, da ihn dringende Staatsgeschäfte allerlei Art, namentlich die bevorstehende Königswahl, zurückriefen. Auch war am 1. Mai 1562 sein treuer, braver Freund und Canzler Johann von Lucka gestorben 1 ), ein sehr harter Verlust für den Herzog. Der Herzog reisete am 8. Junii von Königsberg ab und kam am 25 Junii in Schwerin an. Die Herzogin ging erst am 12. Aug. von Königsberg.

Im Julii 1562 erhielt A. Mylius eine Sendung an den Kurfürsten von Sachsen. Der Herzog bemerkt in seinem Tagebuche:

"40 Thaler M. Andreä Mylio zerung nach Torgau zu dem Churfürsten von Sachsen mit 5 Pferden und 8 Personen. 1562 den 19. Julii.

Am 4. Febr. 1563 starb auch des Herzogs viel getreuer Rath Dietrich Maltzan. Der Herzog schreibt in seinem Reisetagebuche zu Warschau:


1) Vgl. die Briefe des Herzogs im Jahrb. V, S. 254-255.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 81 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

"1564 den 4. Februari ist eben heutte ein jar, da Ditrich Moltzan der gutte man starb, da ehr zu mir, als gestern, sagte, Herzog Christoffer werde sich in den Hagen verknicken, das er noch hinder sich, noch vor sich konte."

In sein Tagebuch schreibt der Herzog:

"1563. Febr. 3. den tag ist mein lieber alter Ratt Dietrich Moltzan zum Grubenhagen gestorben, dem gott gnade."

Der Herzog reiset am 18. Oct.-2. Dec. 1562 zur Königswahl nach Frankfurt. A. Mylius begleitete ihn, ging jedoch früher zurück, da er am 20. Nov. von Münden an den Herzog schrieb, daß er den Herzog Erich dort nicht getroffen habe, und am 30. Nov. wieder in Schwerin angekommen war.

Darauf starb am 4. Febr. 1563 der Erzbischof Wilhelm von Riga, und der Herzog Christoph konnte Besitz von dem Erzstifte nehmen. Aber sein Verfahren war so unpolitisch und ungeschickt, daß die Polen, welche unterdessen Liefland erhalten hatten, ihn belagerten und am 4. Aug. gefangen 1 ) nahmen.

Andreas Mylius mußte bei der nahen Wendung der Dinge wieder nach Königsberg. Am 14. Febr. 1563 schrieb er von Güstrow dem Herzoge: "Die Ansicht Deiner Hoheit, welche ich in Deinem ersten Briefe auseinandergesetzt sehe, billige ich sehr. Hätte Gott doch mehrern deutschen Fürsten einen solchen Sinn gegeben, und zwar früher: nie wäre Liefland in so großes Leid gerathen. Ich werde daher mit dem Herzoge von Preußen alle Bedenken genau überlegen. Kurz meine Treue und Sorge soll auch diese Reise beweisen." Am 19. Febr. schrieb er aus Stettin an den Herzog, und dieser an ihn am 16. März 2 ). Am 1. Mai war A. Mylius schon wieder in Schwerin.

Bei der Gefahr, die dem Herzoge Christoph drohete, wollte ihm der Herzog Erich von Braunschweig ein kleines Heer zur Unterstützung zuführen. Er rückte im August durch Meklenburg und Pommern bis gegen die Weichsel, wo ihm aber nicht nur der König von Polen, sondern auch der Herzog von Preußen den Uebergang wehrten. Unterdessen war auch Herzog Christoph gefangen genommen und Herzog Erich mußte sich zurückziehen und seine Armee am 28. Sept. auseinander gehen lassen. In dieser kritischen Lage mußte A. Mylius wieder nach Preußen. Er schrieb am 4. Sept. 1563 an den Herzog aus Stolpe, wo


1) Des Herzogs Christoph Lied in der polnischen Gefangenschaft ist gedruckt in Conr. Schlüsselburg's Leichenrede auf den Herzog Christoph.
2) Vgl. Anl. Nr. 25.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 82 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

er die ganze Lage der Dinge erkundet hatte, und bat den Herzog, den Herzog Erich baldmöglichst davon zu unterrichten, daß man ihn nicht über die polnische Grenze lassen werde. Er schreibt auch:

"Den Herzog von Preußen werde ich hoffentlich sehen. Danzig werde ich wegen des Heeres nicht berühren. Um keinen Verdacht zu erregen, werde ich durch die polnische Wüste den Weg nehmen."

Kaum war A. Mylius von seiner zweiten Reise nach Preußen im J. 1563 heimgekehrt, als der Herzog selbst sogleich nach Preußen und Polen aufbrechen wollte und A. Mylius ihn begleiten sollte. Das war diesem doch zu viel. Am 12. Oct. schrieb er dem Herzoge und versicherte ihm, daß er vor dem November in Preußen nicht erwartet werde. Er habe sich noch nicht erholt und bekenne, daß er ein Mensch sei und sich nicht sogleich aus den Armen seiner Lieben losreißen könne, in der sichern Voraussicht, daß er sie vor dem April nächsten Jahres nicht wieder sehen werde. Er bat daher den Herzog um einen halben Monat Ruhe, unter dem Versprechen, zum Anfange des Monats November bei ihm in Königsberg sein zu wollen.

Der Herzog trat nun bald seine berühmte Reise nach Polen an. Ob A. Mylius ihn von Anfange an begleitet habe oder ihm nach einiger Zeit nachgereiset sei, ist nicht zu ermitteln. Am 21. Oct. reisete der Herzog von Strelitz nach Küstrin zum Markgrafen Johann; seine Gemahlin gab ihm das Geleite bis Gransee. Am 26. kam er in Küstrin an und zog von hier am 28. Oct. über Posen, Gnesen, Thorn, Graudenz und Marienwerder nach Königsberg, wo er am 12. Nov. ankam, aber leider seinen "viel geliebten Herrn Vater nicht dermaßen gefunden, wie er denselben vor 1 1/2 Jahren verlassen." In Königsberg blieb der Herzog vom 12 Nov.-15. Dec.

Der Herzog hatte sich zu dieser Reise sehr großartig und nach seiner Ansicht sicher gerüstet. Er hatte sechs ausgezeichnete Räthe bei sich, welche ihn entweder von Hause aus begleitet hatten oder von Königsberg mit ihm auszogen: Andreas Mylius, die beiden Landräthe Werner Hahn und Joachim Krause, die gelehrten Hofräthe Dr. Johann Hoffmann und Christoph Wirspirg und des Herzogs von Preußen Rath Dr. Christoph Jonas. Am 15. Dec. ging Werner Hahn nach Meklenburg zurück. Joachim Krause, Dr. Hoffmann und Dr. Jonas wurden als Gesandte nach Warschau vorausgeschickt.

Am 15. December ging der Herzog von Königsberg nach Warschau ab, wo er am 7. Jan. 1564 ankam. Er blieb hier wenigstens zwei Monate: noch am 10. März schrieb er aus Warschau an A. Mylius. Er verhandelte persönlich unablässig;

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 83 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

er konnte wohl seinen gefangenen Bruder Christoph sprechen, aber nichts für ihn ausrichten, da dieser Alles verdorben hatte. Die große Anstrengung der Reise war ganz vergeblich.

Die Reise hatte aber Ereignisse im Gefolge, welche für das Leben des Herzogs und sein Verhältniß zu A. Mylius von Wichtigkeit sind. Der Herzog machte die gewagte und beschwerliche Reise mit großer Entschlossenheit; er rüstete sich dazu mit ungewöhnlichen Mitteln und glaubte daher ganz sicher zu gehen. Nun aber ereignete es sich, daß ihn seine Räthe aus Sehnsucht nach der Heimath, aus Ueberdruß über das unwirthliche Land, aus Kränklichkeit und andern Ursachen alle verließen und er in dem fremden, ungewohnten Lande in einer schwierigen Lage und bei einem wichtigen Geschäfte ganz allein stand, ein Moment, der in dem Leben des Herzogs sehr groß und einzig in seiner Art dasteht. Zuerst beurlaubte sich schon am 15. Dec. 1563 Werner Hahn. Dann quälte A. Mylius den Herzog so lange, bis dieser ihn entließ; am 18. Febr. 1564 schrieb er von Stettin an den Herzog. Später, wie es scheint, verließen ihn Joachim Krause und Christoph Wirspirg. Endlich in der zweiten Hälfte des Monats Februar ging Dr. Hoffmann in großer Eile und Bestürzung fort, weil sein Sohn gestorben war. Um das Maaß voll zu machen, ward Dr. Jonas gefährlich krank. Der Herzog stand nun ganz allein und war im höchsten Grade betrübt und unwillig; es ist aber sehr wohlthuend zu sehen, wie groß und edel er in seinem gerechten Zorne war.

Namentlich zürnte er heftig auf A. Mylius, daß dieser ihn verlassen hatte. Mylius fühlte sein Unrecht tief und schrieb am 18. Febr. aus Stettin kläglich an den Herzog: "Nur das Eine bitte ich flehentlich von Deiner Hoheit, daß sie meinen Fortgang nicht unwilliger trage, als meine so viele Jahre bewährte Treue und besondere Liebe zuläßt. Auch möge D. H. sicher überzeugt sein, daß die mir gewährte geringe Muße D. H. Frucht tragen werde. Ich bitte noch einmal flehentlich, daß D. H. ihr Wohlwollen gegen mich durch diesen Fortgang nicht schwächen lasse. Es trieb mich die Liebe zu den Meinigen, es forderte die Anhänglichkeit, die unaussprechliche Sehnsucht nach den Meinigen, etwas lästiger, als gebührlich war, die Erlaubniß zum Abreisen zu erbitten." ("paulo quam oportuit incommodius discedendi maturitatem flagitare".) Der Herzog aber ließ am 10. März von Warschau aus seinem edlen Unwillen 1 ) gegen ihn ganz freien Lauf: "Ich fange, gegen die Regel, nicht gerne mit dem Unwillen an, sondern hätte lieber


1) Vgl. Anl. Nr. 26.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 84 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

nach einem Ausdruck des Wohlwollens gesucht, wenn die Sache darnach wäre; ich klage Dich nicht gerne an, sondern vielmehr meine eigene Kurzsichtigkeit, daß ich Euch Alle, meine Räthe, und dazu in dieser Zeit, entlassen habe; aber das ist nicht sowohl durch meine, als durch Eure Schuld und Euren Willen geschehen. So bin ich nun ganz von Räthen entblößt, ich habe fast Niemanden, mit dem ich sicher reden und überlegen könnte über die ernsten Dinge, welche jetzt nach Eurem Abgange verhandelt werden und Anfang genommen haben. Du weißt am besten, daß ich zu meiner Ehre und mit großen Kosten und Geschenken Christoph Wirspirg, Werner Hahn und Johann Kruse mitgenommen habe; nun ist nicht einmal Dr. Hofmann bei mir, weil sein Sohn gestorben ist, weshalb er auf die Nachricht von dem Tode in großer Eile und Verwirrung vor drei Wochen von hier ging. Dazu kommt noch das Leiden, daß Dr. Jonas so gefährlich krank geworden ist, daß er darnieder liegt. Welch böser Gedanke hat Euch zu dem Fehlgriffe verleitet, daß Ihr Alle zugleich nach Hause geht und Euren Fürsten in diesem fremden Lande allein lasset? Ich habe es geschworen und schwöre es noch einmal, daß ich eine solche Tyrannei der Meinen aus gutem Willen nie wieder dulden werde, weil es weder billig, noch recht ist, noch sich für Diener schickt, die Herren zu beherrschen und zu verlassen. Ist es nicht sehr zu beklagen, wenn nicht gar schändlich, daß ich, der ich so viele Räthe halte und unterhalte, von den Meinigen keinen, nicht einen einzigen bei mir habe, vorzüglich jetzt, da ich vor dem Könige und den Ständen dieses großen Reiches verhandeln soll? Du hast gegen Gott und gegen mich und gegen Dich selbst gesündigt, und das schwer. Bitte erst Gott um Vergebung, hernach will ich Dir auch antworten. - - Mehr kann ich nicht, denn ich bin aufgeregt und noch nicht beruhigt. Dennoch lebe wohl. Ich wünsche, daß Du meine Befehle sorgfältig ausführst. Uebersetze möglichst bald das Buch der Weisheit Salomonis. Grüße in meinem Namen meinen Matthias Dabercusius, von ihm laß Dich schelten, und das nicht mit Unrecht, oder vielmehr züchtigen." Am 12. April bat A. Mylius sein großes Unrecht dem Herzoge ab und bekannte, daß er "in seinem ganzen Leben nichts Thörichteres begangen habe". Für die Zukunft hatte der Vorfall keine nachtheilige Wirkung auf das Verhältniß zwischen ihm und dem Herzoge, da der Herzog edel war. Johann Albrecht kam von der Reise am 24. Mai 1564 wieder in Fürstenberg an. - Der Herzog Christoph erhielt erst im J. 1569 seine Freiheit wieder.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 85 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Dieses Jahr 1563-64 ist das letzte viel bewegte in dem Leben des Herzogs und des A. Mylius. War auch das fernere Leben beider nicht minder reich an Thaten und Arbeit, so bewegte sich diese doch mehr innerhalb der engern Grenzen des Vaterlandes. A. Mylius nahm an allen Staatsgeschäften den lebhaftesten Antheil und machte sich immer mehr als wirklicher Regierungsrath geltend, da er schwer zu entbehren war und seine Stellung sich nach und nach befestigte. Es ist aber unmöglich, alles im Einzelnen zu verfolgen; es können und sollen daher im Folgenden nur die Ereignisse erzählt werden, welche das Leben des A. Mylius näher berühren.


Zwei Dinge quälten den A. Mylius ohne Aufhören: Neid und Geldmangel. Neid und Verläumdung verfolgten ihn bis ins Grab; er aber, wie der Herzog, widerstanden mit Ausdauer dieser Megäre, die jeden ausgezeichneten Mann verfolgt; daher war auch A. Mylius mit den Gefahren, die ihn umringten, und auch mit den Personen, vollständig bekannt. Er wußte sehr wohl, daß die einzige Schutzwehr gegen Neid und Verläumdung die Wahrheit ist. Der Geldmangel war ihm aber oft sehr empfindlich. Obgleich der Herzog viel für ihn that, so reichte dies doch nicht aus, da Mylius kein Vermögen hatte und durch seine Stellung zu einigem häuslichen Aufwande gezwungen war. Sein Schwiegersohn J. Caselius sagt von ihm: "Er hatte zu Schwerin ein Haus, Gärten, einige Morgen Acker; sein Hauswesen aber war für die Stellung eines Rathes kaum mäßig. A. Mylius war freundlich, ohne Bitterkeit und Heftigkeit; er hatte in der Unterhaltung Witz, aber nur heitern, geistreichen; seine Rede war angenehm und gebildet, so daß man aus ihr die unbefleckbare Reinheit seiner Seele erkennen konnte. Von seinem Hause konnte man sagen, was man von dem Tempel der Musen sagt: seine Pforten standen offen, allen Guten, vorzüglich aber allen wissenschaftlich Gebildeten. Er zog bei jedem Besuche, den er machte oder empfing, geistreiche und wissenschaftliche Unterhaltung dem Essen und Trinken vor. Dazu liebte und übte er die Musik von Jugend auf und spielte und sang selbst. Sein Hauswesen und die Erziehung der Töchter regierte seine Frau allein, da er immer mit Geschäften überhäuft war."

Am 3. April 1565 klagte er wieder: "Ich habe wieder Noth und habe vom Anfang Januar an von dem Geschenke des Herzogs von Preußen meinen Hausstand erhalten."

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 86 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Im J. 1566 ward A. Mylius Ehren halber bei der Universität Rostock 1 ) eingeschrieben.

Sehr störend waren für sein häusliches Leben die vielen, damals beschwerlichen Reisen, welche er mit dem Herzoge oder allein für denselben zu machen hatte. Er erzählt in seinen Annalen eine Geschichte, welche allerdings sehr merkwürdig ist. Er war im Julii 1565 mit dem Herzoge nach Küstrin zu dem Markgrafen Johann gereiset. Der Herzog ward dort an einem "Halsgeschwüre", seinem gewöhnlichen Leiden, krank und mußte das Bett hüten. Am 4. Julii zog ein furchtbares Gewitter auf, welches in den Eßsaal des Schlosses einschlug, als der Markgraf gerade zu Tische saß. "In Herzog Johann Albrechten Gemach, darinnen S. F. G. an einem Halsgeschwüre schwach zu Bette gelegen, und vor ihm Dr. Christoph Lersner und Andreas Mylius zu den Füßen gesessen, hat derselbe Schlag, zwischen den beiden innen, hart bei des Herzogs Kopfe, in die Wand geschlagen."

Am 8. Dec. 1566 legte ihm der Herzog zur Unterhaltung seiner Pferde für Hafer und Rauhfutter, wofür er seit einigen Jahren 25 Thaler erhalten hatte, noch 15 Thaler jährlich zu, weil er seine Pferde oft in fürstlichen Geschäften gebraucht habe und mit 25 Thalern nicht erhalten könne.


Um den A. Mylius für irgend einen Todesfall sicher und überhaupt besser zu stellen, erneuerte der Herzog für sich und seine Erben Michaelis 1569 seine Bestallung auf Lebenszeit und stellte ihn in jeder Hinsicht viel besser, als es früher der Fall war. Der Herzog ernannte ihn durch diese Bestallung nicht allein zum Hofrath, d. h. zu einem beim Hofe des Fürsten angestellten Rathe (Regierungsrath), im Gegensatz der Landräthe, sondern verpflichtete ihn auch zur Theilnahme an den "Geheimen Kammerhändeln, wozu ihn der Herzog jeder Zeit zu ziehen" versprach, d. h. zum Geheimen=Rathe. Daher nennt ihn Stellan v. Wakenitz schon am 6. Jan. 1566 auch "Cammer=Rath". Zur Zeit der Erneuerung der Bestallung war A. Mylius schon der älteste Rath des Herzogs und hatte daher den ersten Rang; deshalb versprach ihm auch der Herzog, "der Stelle halben Verordnung zu machen, damit seines ältesten Rathes Reputation in Acht genommen werde."

Die ganze ungewöhnliche Bestallung, welche einen klaren Blick in alle Verhältnisse des A. Mylius gönnt, lautet also:


1) Vgl. Rostocker Etwas, 1740, S. 236.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 87 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Wir Johans Albrecht von Gottes gnaden, Hertzog zu Mekelnburgk, Furst zu Wenden, Graf zu Schwerin, der lande Rostock vnnd Stargardt Herr, Bekennen vnd thuun kundt hiermitt, fur vns, vnsere Erben vnd sonsten Jedermenniglich, Nachdem der hochgelarte vnser Rath vnd lieber getrewer Andreas Mylius vns ein lange zeithero vnd fast in das zwey vnd zwantzigste Jahr an vnserm Hoff fur einen Hoffrath dermassenn vntertheniglich, trewlich vnd auffrichtig gedienett, Das wir ob seinem dienst In alle Wege ein gnedigs gefallen getragen Vnd Ihme vonwegen seiner verhaltung mit besonderen gnadenn wolgewogenn gewesenn vnd noch, Das wir derwegen mit Ihme auff fernere dienstbestallung, vnd solche auff die gantze zeit seines Lebens vns vnd vnseren Erbenn guttwillig zu bewilligen mit Fleis handeln zw lassen bewogen wordenn.
Wie er vns dan auff vorgehendes vnser gnediges gesinnen sich auch hiermitt kegen vns vnterthenig vnd willfährig erzeigt Vnd die zeitt seines Lebens In vnserm vnd vnserer Erbenn dienst fur einen Hoffrath zu bleiben, versprochen vnd zugesagt. Hierauff vnd In krafft diser vnser bestallung wollen wir gemelten Andream Mylium die zeitt seines lebens fur vnsern Rath bestellett vnd angenommenn habenn, der gestaltt, das er obgenante zeitt bey vns vnd vnseren Erben bleiben, vnser bestes, nutz, gedey vnd wolfahrtt seines höchsten vermugens vnd vorstandts In allewege wissenn, dasselbe erinnerenn, das beste rathen, vnd solches auch seines eussersten Vermugens selbst nebenn anderenn oder fur sich alleine befurderenn, Ins werck setzenn, herwiderumb vnsern vnd vnserer Erbenn schadenn, schimpff vnd nachtheil abwendenn helffen, Vns darfur warnen vnnd denselben, so viel an Ihme, bis an vns vorkommenn solle. Insonderheitt aber soll er keines andern herrn oder Potentaten neben bestallung nicht annehmenn, noch sich durch einige gefahr oder gewinst, weder gunst noch feindtschafft von vns oder vnsern Erbenn zu besserem oder höherm dienst nicht abwenden lassenn. Sondern furnemblich dohin trachtenn helfenn, damitt vnsere obligende hendel mitt Fleis gefurdertt, die rathschlege ordentlicher Weise gehaltenn Vnd also durchaus vnser nutz vnd forteil muge gesucht vnd gepflantzett werden, So soll er auch fur seine Person

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 88 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

vnsern Rathschlegenn In gemein vnd vnsern geheimen Cammerhendelen, darzu wir Ihnen Jeder zeitt zihen werdenn, getrewlich vnd fleissig beiwohnen, das beste darinnen rathen, keine muhe, so zu vollenzihung der rathschlege gehörett, schewen, Vnd alles, so er in solchenn gemeinen vnd geheimenn reten, Auch sonsten bey oder von vns hörenn, erfahrenn, oder einige wissenschafft vberkommenn wurde vnd zu schweigen gebüren thete, Dauon soll er keinem menschen niders oder hohes standes einige meldung thun, Sondern solches alles in eusserster verschwigenheitt bis in seine gruben beruhen vnd bleiben lassen.
Obwoll wir auch angesehen seiner langen dienste, Ihnen mitt vielen verschickungen ausserhalb vnsers Furstenthums hinfuro, soviel muglich, zu uorschonen geneigt, Doch in zutragenden nothfellenn, da wir seiner Person nicht entrathenn, noch seine stadt durch andere ersetzen konnen, Soll er sich auff vnsere Vnkosten, auch In verschickungen gutwillig gebrauchen, vnd In solchen werbungenn nicht weniger, als oben bey seinem wesentlichen Hoffdienst gemeldett, getrew, fleissig vnd auffrichtigk sich erzeigenn.
Da er aber in solchem seinem dienst, In oder ausserhalb landes gefangen, nidergewurffenn oder sonsten zu schaden kommen wurde, Wollen wir Ihnen fur vns vnd auff vnsere Unkostenn zu entfreien vnd alle andere schedenn von Ihme abzutragenn himitt verpflicht sein.
Vnd ob wir woll zu furstlicher Institution vnserer Jungen Söhne eine besondere verordnung an notturfftigenn Personen alberaitt gemacht, So habenn wir doch, damitt vnsere Söhne vmb so viel besser, sonderlich in lateinischer sprach, in anstehender Ihrer Jugendt vnterrichtet werdenn möchtenn, fur gutt angesehenn, das Magister Mathias Dabercusius neben dem ordentlichenn Paedagogo alle tage In den Fundamentis Lateinischer sprach vnsere Söhne woll vnterweise, Vnd weil vnser Rath M. Andres, was er hieruber gutts vnd nutzliches erinneren könte, In sonderheitt aber die Examina selbst zu halten, vnd alles, so zu Lateinischer vnd deutscher sprach dienstlich sein möchte, beförderen zu helffen sich erbotten, Als haben wir sollich sein erbietenn mit gnaden angenommenn, Vnd wollenn, so viel er sonsten von vnseren geschefften vnd seinem dienst abbrechen können wirt,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 89 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

das er seinem erbietenn zufolge hieran nichts erwindenn lassen solle.
Vnd soll also schließlich vnser Rath in allen vnsern hendeln, darzu er gezogen oder sonsten für sich erinnern vnd forttstellenn könte, wie dieselbe nahmen habenn vnd In diser bestallung nicht alle ausdrucklich genennett werdenn mugen, mit allem getrewen Fleis seines höchesten verstandes vnd vermugens getrewlich vnnd vnuordrossenn erzeigenn, Sich dauon durch keinerlei freundtschafft oder feindtschafft, weder geschenck noch gabenn oder einige liebe, gunst noch furbiet dem Rechte vnd seinen Rathspflichtenn zuwider abschrecken, noch dawider bewegen lassenn, Sondern alles thun, was zu erhaltung vnserer furstlichen Reputation gehörig, vnd einem frommen, getrewen, auffrichtigen Rath vnd Diener gegenn seinem herrenn zu thun eigenett vnd geburett. Wie er dessen einen leiblichen eidt geschworenn vnd vns hieruber seinen schriefftlichen besigeltenn vnd mit seinen eigenen handen geschriebenen Reuerß zugestellett hatt.
Dagegenn vnd zu nothwendiger seiner jehrlichenn vnterhaltung haben wir Ihme zu Jehrlicher besoldung zwey hundertt vnd funfftzigk Thaler vnd dan zu seiner Haushaltung einen Ochsenn, vier fette Schweine, vier Hammell, Acht Drömbt Rocken, acht Drömbt Maltz, eine Thonne butter, alle Jahr, vnd dero helffte auff Michaelis, und die ander helffte auff Ostern entrichten zu lassenn, Desgleichenn vff zwo Personen vnsere gewönliche hoffkleidung vnd dan Ihm auff seine Person vmbs dritte Jahr ein eherkleidt zu geben versprochen vnd zugesagt. Fur sein kostgeldt haben wir Ihme alle Monaten gleich anderen vnseren Rethen vier Thaler geben zu lassenn verordenett.
Nachdem auch vnser Rath In seiner vorigen bestallung sechs beume auff dem halse zu notturfftiger seiner feurung hawen zu lassenn macht gehabt, vns aber solches ferner nicht gelegen, Als habenn wir Ihme dagegenn zu Jahrlichem holtzgeldt dreissig Thaler, dero helffte auff Ostern, die andere auff Michaelis gefallenn solle, verordnet, Vnd Ihm frey gelassen, In vnsern höltzern Wittenföhrde vnd Leuitz sein notturfftig brenholtz, wann es Ihme gelegen, hawen vnd fuhren zu lassenn. In der Leuitze soll vnser Rath allein Birckenn vnd Ellern vnd Lagerholtz auffhawenn, ausfuhrenn vnd

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 90 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

an der Stoer oder wo es Ihme am gelegenstenn, aufstapelen vnnd seiner gelegenheit nach abholenn lassenn.
Ferner vnd nachdem er zu solcher notturfft des Brenholtzes, zu bestellung seines Ackerbawes Vnd dann Je zuweilen auff vnser erfordern seiner eigenen Pferde zu gebrauchen hatt, haben wir Ihme zu dero vnterhaltung dreissig Drömbt Hafernn auf die Schwerinische Kirchmeß alle Jahr entrichten zu lassen versprochenn vnd zugesagt.
Befehlen hierauf allen vnseren Ambtleuten, Kuchmeistern, Kornschreibern, Holtzvoigten alhie zu Schwerin, das sie alles obgeschriebene, vnd was einem Jedern hierinnen zu bestellenn vnd vnserm Rath folgen zu lassen geburett, Ihme, vnserm Rath, Jehrlich ohne einige weigerung vnd ohne fernern vnsern schrifftlichen befehl, volgen vnd entrichten, vnd Ihnen obgeschriebener maß sich der holtzungenn In der Leuitze vnd Wittenforder holtze gebrauchen lassett.
Da auch vnser Rath aus schickung vnd Vorhengknus des Allmechtigenn durch leibs schwacheitt, oder andernn zustandt, seines diensts zu warten vnd denen zu bestellenn vorhindertt wurde, Wollen vnd sollen wir vnd vnsere Erbenn nichts desto weniger Ihme vonwegen seiner bis anher trewen vielfalttigenn geleisteten diensten vnd zu gnediger danckbarkeitt aus sonderen gnaden vnd zuneigung obgesatzte seine bestallung In allen Puncten, wie wir Ihme dieselbe an besoldung, Vitalien, kleidung, kostgeldt, hafer vnd holtzgeldt ausdrucklich obenn vorschriebenn, krefftiglich haltenn vnd Ihme solches alles nichts weiniger, als ob er seinen Dienst wircklich bestellen thete, zu zeitt seines lebens vnweigerlich vnd mitt gnaden folgen lassen.
Vnd Letzlich zu mehrer bezeygung vnsers gnedigen gemuets versprechen wir himitt fur vns vnd vnsere Erbenn, Das wir nach vnsers Rats tödtlichem abgangk seiner nachgelassenen Hausfrawenn, Kindern oder Erbenn eines gantzen Jahrs verschribene besoldung an allen stucken, wie sie Inn specie in diser bestallung namhafftig oben gesetzt vnd darzu bar uber funff hundertt Thaler aus gnadenn wollenn reichenn lassen.
Wir gereden auch vnd gelobenn himitt furstlich, da vnser Rath bey vns durch Jemandt, wer derselbe auch

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 91 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

were, angegeben wurde, das wir vns kegenn Ihnen zu vngnaden oder thetlichem beginnen mitt nichten wollen bewegen, Sondern Ihnen zu seiner vorantworttung, gnediger vorhör kommen lassenn, Auch In allewege vber Ihnen mitt gnaden halten vnd vns wider Ihnen durch keinerley weise verhetzenn lassenn.
Nachdem auch vnser Rath nunmehr vnter allen vnsern Rethen der Elteste ist, Damitt zwischen Ihme vnnd anderen, so hernach ankommen werdenn, der stelle halbenn kein mißvorstandt oder abgunst erregt werde, soll zwischenn vnserm Rath vnd andern der stell halben alle wege ordenung gemacht vnd vnsers Eltestenn Rats Reputation In acht genommen werdenn.
Alles getrewlich ohn einige argelist vnd gefehrde, Des zu mehrer Vrkundt, stetter vnd Vester haltunge habenn wir diese vnsere bestallung mitt eigenen handen vnterschrieben vnd mitt vnserm furstlichen anhangenden Siegel wissentlich versigelenn lassenn Vnd gegebenn zu Schwerin am tagk Michaelis Archangelj. Nach Christi vnsers Heilands geburtt Im funfftzehenn hundertt vnd neun vnd sechtzigstenn Jahre.

Hans Albrecht     
H. z. M.          
Manu propria.    


Mittler Weile waren auch die Söhne des Herzogs herangewachsen und es liegt sehr nahe zu vermuthen, daß bei dem hochgebildeten Sinne des Herzogs dem A. Mylius die Leitung der Erziehung derselben übertragen worden sei. Dies wird denn auch durch die Geschichte bestätigt und ist um so interessanter, als dies einen bedeutenden Einfluß auf das Leben des A. Mylius hatte. Nach der vorstehenden Bestallung sollte Dabercusius fernerhin neben dem ordentlichen Lehrer die beiden Prinzen alle Tage in den Fundamenten der lateinischen Sprache unterrichten und A. Mylius die Aufsicht über den Unterricht in der lateinischen und deutschen Sprache führen und die Prüfungen selbst halten.

Aber Dabercusius ward alt und schwach und auch wohl für eine Jugend am Hofe nicht mehr gewandt und frei genug, um so mehr, da er viel Unglück gehabt und mit der Noth des Lebens zu ringen hatte, und es war nöthig, daß bald jüngere

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 92 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Kräfte eintraten. Die Verhältnisse führten bald eine Aenderung herbei, indem der bisherige Lehrer Georg Volrath am 12. Jan. 1570 entlassen ward. Es war nun wohl kein besserer Lehrer zu finden, als der geistreiche, hochgefeierte Johannes Caselius, dem der Herzog viele Jahre lang in Italien eine hohe Bildung hatte geben lassen und jetzt für sich zu benutzen wünschte. J. Caselius war seit zwei Jahren aus Italien heimgekehrt und wirkte als Professor in Rostock. Er ward nun, ohne Zweifel auf den Rath des A. Mylius, nach Schwerin berufen und hier am 1. Aug. 1570 als Lehrer der beiden Prinzen Johann und Sigismund August auf 4 Jahre angestellt. A. Mylius behielt die obere Leitung und Dabercusius, der schon am 17. Febr. 1572 starb, den Beirath.

Da der jüngere Prinz weniger befähigt war, so ward seit Ostern 1572 Heinrich Siberus, ein unverwüstlicher und leidenschaftlicher Schulmann und Jugendfreund des A. Mylius, zum Lehrer dieses Prinzen bestellt.

A. Mylius wirkte nun eifrig für die Erziehung der jungen Fürsten und nahm den lebhaftesten Antheil an dem Gange und der Form des Unterrichts.

Die Berufung eines so großen Mannes, wie J. Caselius, war ein großer Gewinn für den Herzog, für A. Mylius und für Hof und Stadt. Die Schaar der gebildeten Männer in Schwerin erhielt eine kräftige Stütze in J. Caselius, welcher natürlich sehr bald in die engsten geistigen Beziehungen zu dem Herzoge und A. Mylius trat. Der große David Chytraeus nennt beide am 7. Sept. 1571 des Herzogs Vertrauete ("Celsitudinis Vestrae familiares d. Mylius et d. Caselius"). Namentlich ward das Haus des A. Mylius durch J. Caselius ungewöhnlich verschönert, welcher wiederum dadurch sehr glücklich ward, daß er am 30. Sept. 1571 des A. Mylius ausgezeichnete Tochter Gertrud heirathete und so das Band unter den Hochgebildeten seiner Zeit noch enger schlang.


Nach dem Tode des Mathias Marcus Dabercusius, der dem A. Mylius sehr zu Herzen ging, erfüllte dieser den gewiß schmerzlichen Auftrag, dessen Nachfolger Bernhard Hederich in sein Amt einzuführen, bei welcher Gelegenheit er eine lateinische Rede hielt, da ihm die Schule noch immer sehr am Herzen lag.

Am 21. April 1570 schrieb A. Mylius von Prag aus einen feinen, geistreichen, leider halb zerrissenen Brief 1 ) an den Herzog, welcher denselben als ein "Meisterwerk" bezeichnet.


1) Vgl. Anl. Nr. 30.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 93 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Wahrscheinlich war A. Mylius damals auf einer Gesandtschaftsreise zu dem Kaiser Maximilian II., zu welchem er nach dem Berichte des J. Caselius geschickt ward.

Bei dieser Gelegenheit lernte der Kaiser Maximilian II. (1564 † 1576) ohne Zweifel den A. Mylius von der vortheilhaftesten Seite kennen und fühlte sich bewogen, denselben in den Adelsstand zu erheben, wie er im J. 1567 den Adel des J. Caselius erneuert hatte. Daß A. Mylius in den Adelsstand erhoben ward, dafür zeugen nicht nur unverdächtige Zeitgenossen und Geschichtschreiber, sondern auch die ganze Stellung seines Sohnes. J. Caselius, des A. Mylius Schwiegersohn, schickt der Lebensbeschreibung seines Schwiegervaters eine Zuschrift an dessen einzigen Sohn Joachim, seinen Schwager, vorauf, in welcher er ausdrücklich sagt, daß der Kaiser Maximilian den A. Mylius in den deutschen Adelsstand erhoben habe:

"Magnum esse creditur, nec ipse negarim, quod sapientissimus imperator Maximilianus patrem tu um ob virtutem et merita in patriam adscripsit in album nobilitatis Germaniae, insignibus de more tributis."

Caselius glaubte, A. Mylius habe auf Vortrag des kaiserlichen Vice=Canzlers Zasius († 1570) das Adelsdiplom, welches dieser noch mit unterschrieben, erhalten.

Latomus "Vom Adelsstande" berichtet: A. Mylius sei auch vom Kaiser Maximilian zum Dienst erfordert und obgleich er solches abgeschlagen, nichts desto weniger aus Betrachtung seiner Ehrbarkeit, Redlichkeit, Geschicklichkeit, adeliger guten Sitten, Tugend und Vernunft, auch der getreuen, gehorsamen, fleißigen und willigen Dienste, so er dem H. Reiche und dem Hause Oesterreich leisten solle, in den Adelsstand erhoben und ihm das Diplom kostenfrei durch den Ritter Spedt in seiner Behausung überreicht.

Nach diesen Nachrichten und der Sitte gemäß erhielt A. Mylius bei der Erhebung in den Adelsstand ein neues Wappen. Die Sinnbilder in beiden Siegeln sind "redende" und beziehen sich auf seinen Lebenslauf. Sein früheres Siegel, welches er fast allein gebraucht, stellt dar, wie ein aus einer Wolke ragender Arm ein auf der Erde liegendes nacktes Kind segnet oder es aufheben will; über dem Schilde stehen die Buchstaben A. M. M. (d. i. Andreas Mylius Magister.) Im J. 1588 führt A. Mylius einmal sein neues, adeliges Siegel: im Schilde eine nackte Fortuna auf einer Kugel und auf dem Helme einen

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 94 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Stern zwischen zwei Hörnern: darüber stehen die Buchstaben A. M. Dieses Siegel führt er, so viel bekannt geworden ist, nur ein Mal am 10. März 1588 für sich und seinen Sohn Joachim. Am 14. Jan. 1607 führt sein Sohn Joachim auf Gädebehn ganz dasselbe Siegel, nur mit den Buchstaben I. M.


Endlich, nach langem Harren, ward ihm die große Freude, daß ihm noch am 23. Nov. 1571 ein Sohn geboren ward, welcher den Namen Joachim erhielt ("Hac hora nona natus est mihi filiolus salva uxore"). Der Brief an den Herzog ist leider nicht datirt, doch gehört er wahrscheinlich zu einem andern Briefe, der vom 23. Nov. 1571 datirt ist und in welchem er dem Herzoge die bevorstehende Geburt eines Kindes meldet. Im J. 1565 waren seine früher gebornen Söhne todt und er hinterließ nur Einen Sohn; ohne Zweifel ist das am 23. Nov. 1571 geborne, wahrscheinlich letzte Kind sein einziger Sohn Joachim.

Da seine Familie fortwährend gewachsen war und er wenig hatte erübrigen können, so flößte ihm der Gedanke an seinen eigenen oder des Herzogs tödtlichen Abgang ernstliche Besorgnisse ein; und die Folgen entschuldigen seine Besorgnisse, indem der Herzog schon nach einigen Jahren starb. Er wandte sich daher am 21. Aug. 1572 in einer sehr ausführlichen, deutsch geschriebenen Vorstellung an den Herzog und schilderte ihm seine Lage eindringlich: wie

"aus hochdringenden, vnumgänglichen Ursachen ich bewogen, meinen beschwerlichen Zustand und allerhand trübselige Zufälle, die mich und alle meinen auf einen oder den andern Fall einiges Todfalls treffen würden, E. f. g. in aller Unterthänigkeit zu vermelden, darüber e. f. g. aus fürstlicher angeborner Tugend vnd christlichem Mitleiden bewogen gnädiglich selbst bekannt, daß diese Erwägung und Bitte nicht allein nothwendig, sondern e. f. g. hinfüro gebühren wolle, auf Mittel und Wege zu trachten, damit ich auf alle Fälle sammt den Meinen beständig versorgt und im Ungewissen nicht dürften als trostlose unverdiente Leute ins Elend verstoßen und verlassen werden. - - Denn da einen Fall zu setzen, E. f. g. Söhne befänden sich des Unterhaltes beschwert, neue Räthe disputirten solches, die Gunst wäre todt, meine Zeit dahin, was wäre gewisser, als Verstoßung, Verfolgung und gewisser

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 95 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Mangel an allem, so ich mit so vielen kleinen Kinderlein täglich bedürfen würde. - - Deshalb müßte die Versorgung auf einen gewissen Grund gebauet und bei E. f. g. Leben ins Werk gerichtet werden. - - Im Dorfe (Herren=) Steinfeld haben Volrath und Heinrich Preen und zu ihren Höfen ein jeder 3 1/2 Hufen Landes gehabt. Diese Preen hat Herzog Heinrich ausgekauft und an ihre Stelle zwei Hofmeier gesetzt. - - Wenn nun E. f. g. aus fürstlichen Gnaden mir und den Meinen diese beiden Bauerhöfe gnädiglich wollten übergeben, so könnte und wüßte ich die Gelegenheit zu treffen, daß ich E. f. g. einiger fernerer Zulage bei dem Leben nicht dürfte bemühen und hätte dennoch in 25 Jahren so viel verdient, daß ich und die Meinen auf einen Todfall nicht dürften das Brot betteln. - - - Wo wollte ich nach E. f. g. oder die Meinen nach meinem Tode bleiben? Item, was haben E. f. g. löbliche Vorfahren mit gnädiger Versorgung ihrer Diener unterlassen! Haben sie nicht ganze Aemter, als Lübz, Crivitz, Grabow, Eickhof, Garnitz, Item einem Canzler Dömitz und erblich Schönfeld, Item E. f. g. selbst Johann Lucken und Wakenitzen, auch Andern mehr stattliche Güter gegeben? Warum wollten sich denn E. f. g. ihrem alten treuen Diener ein Stücklein Brotes zu geben ungnädig weigern?"

Diese Bitte mußte ihm der Herzog aus wichtigen Gründen am 28. Aug. abschlagen, vorzüglich weil er im Falle der Gewährung die Gier gewisser anderer Leute nicht würde stillen können; er bat ihn daher, ihm eine Bitte vorzutragen, die er ohne große Beschwerung erfüllen könne, und tröstete ihn einstweilen, so gutes gehen wollte.

Es fand sich auch sehr bald eine Gelegenheit, den A. Mylius besser und standesmäßiger zu versorgen, ohne daß der Herzog ihm gerade aus seiner Tasche etwas schenkte. Der Herzog verlieh ihm das kleine, hübsch gelegene Lehngut Gädebehn, an der Warnow, bei Crivitz, nicht weit von Schwerin. Durch dieses Gnadengeschenk war A. Mylius befriedigt und gesichert und der Herzog außer Gefahr, von Andern belästigt zu werden. Das Landgut war nur klein, gewährte aber doch den nothdürftigen Lebensunterhalt. Gädebehn war in alten Zeiten eine Pertinenz des großen Lehngutes Langen=Brütz. Beide gehörten zuletzt der adeligen Familie von Helpte, deren "erledigte" Güter

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 96 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

der Herzog Heinrich am 30. Julii 1549 einnehmen und inventiren ließ. Bis zu der Verleihung an A. Mylius war Gädebehn im Besitze der Herzoge. Jetzt machte man es wohl ausfindig, daß das Gut ein erledigtes Lehn sei und es sich für den Herzog nach altem Staatsrechtsgebrauche zieme, es einem verdienten Manne wieder zu verleihen und es nicht selbst zu behalten. Der Herzog konnte die Verleihung um so sicherer vornehmen, als A. Mylius in den Adelsstand erhoben war. Am 1. Oct. 1572 verlieh der Herzog seinem "Kammerrath" Andreas Mylius in Betrachtung seiner treuen Dienste das Dorf Gädebehn erblich, nachdem Mylius sich am 30. Sept. zuvor verpflichtet hatte, das Gut gegen ein anderes austauschen zu wollen, wenn die Verhältnisse des Amtes es erforderten. Bald darauf ertheilten auch die andern Herzoge ihren Consens. Uebrigens war die Verleihung heimgefallener Lehngüter oft gerade kein großes Glück. Häufig waren die Güter durch Schulden und sonst belastet oder an Gebäuden und Ackerwirthschaft heruntergekommen. Dies mußte auch A. Mylius empfinden, der sich als Gutsbesitzer jetzt oft in Verlegenheit befand. Das Gütchen war ein Nebengut; es fehlte also an passenden Gebäuden für einen Wohnsitz. Dennoch war A. Mylius oft sehr glücklich, die Freiheit des Landlebens genießen zu können. Schon am 17. Oct. 1572 schrieb er an den Herzog: "Der Staat selbst, sagt Ew. Hoheit Vertrauter Cicero, erlaubt uns, aus der Stadt wie aus den Banden auf das Land auszufliegen und das Landwesen zum Vergnügen anzusehen. Da ich nun weder der Freiheit, noch des Vergnügens wegen, sondern wegen der Saatzeit mir einen einzigen Tag genommen habe, so hoffe ich um Nachsicht von dem besten Fürsten."

A. Mylius war jetzt häufig auf seinem Landgute Gädebehn; von hier aus datirt er öfter Briefe an den Herzog, theils Geschäftsbriefe, theils Entschuldigungsschreiben über sein Ausbleiben. Er datirt die Briefe gewöhnlich: "auf dem Lande an der Warnow" ("ruri ad Varnam", "ruri ad Varnouium") oder "zu Gädebehn" ("Godebenae" "in Godebennano"). Er hatte freilich viel sorgen müssen, um das Gut in den gehörigen Stand 1 ) zu bringen. Der Bau nahm viel Geld in Anspruch. Im Sept. 1573 war Mylius in Wismar, um Geld aufzunehmen, da er nichts im Hause hatte, konnte aber auch in Wismar nichts auftreiben, da die Schifffahrt alles Geld verschlang. Im Mai 1574 klagt er dem Herzoge, man verläumde ihn wegen


1) "Villam Gaedebendanum novus hic vitae rusticae cultor coepit primum magis exornare." J. Caselius in der Leichenrede auf A. Mylius.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 97 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

seiner häufigen Abwesenheit, aber "es sei ihm doch nicht zu verdenken, wenn er zusehe, wo sein Geld, dessen er über 2000 Gulden in das Gütlein gesteckt habe, bleibe." Jedoch meint er, als er am 5. Oct. 1573 dem Herzoge einen Geschäftsbrief von Gädebehn schrieb und diesen mit einem Distichon schloß: "So redet meine Muse; Ew. Hoheit glaube nicht, daß ich mit den Musen keinen Umgang mehr pflege und ganz ein Bauer geworden sei." Er mußte es sich aber mit seiner Landwirthschaft sehr sauer werden lassen; einige Kühe hatten ihm seine Freunde geschenkt; am 15. Julii 1573 bat er den Herzog um 10 magere Schweine, um sie in die Mast zu treiben.

Der Haß verfolgte ihn jedoch bis ans Ende. Am 7. Mai 1574 hatte man ihm in seiner Abwesenheit eine Fischwehr im schweriner See bei dem fürstlichen Garten, die er 23 Jahre besessen hatte, eingerissen und seine zweite Fischwehr bei seinem Garten zu zerstören versucht. Mylius war darüber so aufgeregt, wie er nie gewesen war, und klagte in einem sehr heftigen Briefe 1 ) dem Herzoge sein Leid, gleichsam in der Voraussetzung, als habe der Herzog den Befehl zu dieser Gewaltthat gegeben. Jedoch zog sich alles wieder zurecht und das glückliche Verhältniß zwischen beiden ward durch die größere Ruhe des Herzogs immer gleich wieder hergestellt.


Es war ein großes Glück für A. Mylius, daß ihn der Herzog zu rechter Zeit sicher gestellt hatte. Denn des Herzogs Gesundheit, welche nicht sehr fest war, da er allerlei skrophulöse Leiden hatte, fing früh an zu wanken und ward bald ganz untergraben. Bald nach Neujahr 1576 machte er seine letzte Reise zu Schlitten nach Wittenburg, um dort mit dem Rathe der Stadt Lüneburg über die Schaalfahrt zu verhandeln. Am 5. Jan. kam er von dieser Reise wieder in Schwerin an. Am 10. Jan. schickte er noch Gesandte an seinen Bruder Ulrich, um die Ausschreibung eines Landtages zu bereden. Aber noch ehe die Räthe wiederkamen, hatte Johann Albrecht schon die Sprache verloren. Am 24. Jan. reisete Herzog Ulrich mit seiner Gemahlin zu dem Todtenbette seines Bruders. Johann Albrecht wünschte sehnlichst, daß sein Bruder die Vormundschaft seiner Söhne übernehmen möge. Herzog Ulrich hatte Gründe, dies abzulehnen, und ließ sich viel bitten. A. Mylius, der den Herzog Johann Albrecht allein ganz genau kannte, mußte als Dolmetscher für den sprachlosen Herzog auftreten. Als, nach


1) Vgl. Anl. Nr. 33.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 98 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

dem Instrument über die Annahme der Vormundschaft durch den Herzog Ulrich, "nichts bei dem Herzog Johann Albrecht hat haften, noch Trost wirken können, sondern S. f. g. nur allein oft nach Andreä Mylio gefraget, darüber dann Herzog Ulrich befohlen, das man Andream Mylium hat auf das Schloß holen lassen, da sonderlich nur Mylius hat verstehen und merken können", was des Herzogs Herzenswunsch sei, so ward 1 ) "sehr spät in der Nacht nach Mylio geschickt und abermal vor seinem Siechbettlein, dabei Herzog Ulrich in der Person sammt dero Gemahlin und den jungen Herren gestanden, die vorige Bitte wiederholen lassen. Darauf der Allmächtige endlich seine Gnade verliehen, daß Herzogs Ulrich brüderliches Herz mit brüderlichem Mitleiden so weit bewogen, daß S. f. g. auf so vielfältiges Bitten die Vormundschaft im Namen des Allmächtigen angenommen, solches auch dem Herzoge Johann Albrecht mit gegebener Hand und mündlicher Erklärung versprochen und zugesagt, darauf nach gebührender Danksagung, die auf Herzogs Johann Albrecht Befehl Mylius gethan, welche auch Herzog Johann Albrecht mit Hand und wenig deutlichen Worten und vielen Seufzern bekräftiget."

So waren die letzten Thaten beider ihres ganzen Lebens würdig und A. Mylius trat von der Laufbahn mit dem vollen, unbegrenzten Vertrauen, mit welchem ihn der Herzog in seiner Jugend aufgenommen hatte. Ein gewiß seltenes Beispiel, daß Jemand bei Hofe trotz aller Anfechtungen in jugendlicher Wirksamkeit bis an das Ende verbleibt.

"Den 12. Februar 1576, war ein Sonntag Nachmittag zwischen 2 und 3 Uhr, hat der allmächtige Gott seinen väterlichen Willen geschlossen und Herzog Johann Albrechten aus diesem Jammerthal zu sich in die ewige Seligkeit ganz christlich abgefordert" (Mylii Annales). So starb dieser edelste Fürst in noch kräftigem Alter, im 51. Jahre seines Lebens, nach Gottes Rath auf dem höchsten Gipfel seiner Wirksamkeit. Er hatte mit Gottes Hülfe die Reformation des ganzen Landes im gesammten Staats= und Kirchenwesen angefangen und gerade glücklich durchgeführt. Seiner Einrichtungen erfreuen wir uns noch heute. Seine Regierung hatte nur Eine Schattenseite, daß er viele Schulden hinterließ, die er freilich zum Wohle des Landes nothgedrungen hatte machen müssen.


1) Nach A. Mylii Annalen bei Gerdes S. 298.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 99 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Mit der Leiche dieses edelsten Fürsten ward des A. Mylius bessere Hälfte zu Grabe getragen. Mit dessen Tode verstummt seine höhere Muse. Die lateinischen Briefe des A. Mylius hören ganz auf.


Vorzüglich beschäftigte sich A. Mylius in den letzten Jahren seines Lebens mit der Geschichtschreibung. Er verfaßte:

1) eine kurze meklenburgische Geschichte unter dem Titel: "Genealogia" oder "der Hertzogen zu Meckelnburg erste Ankunft". Dieses Werk nimmt eine hervorragende Stelle ein, indem es die erste kritische und deutsch geschriebene meklenburgische Geschichte ist, nachdem vor Mylius nur Nicolaus Marschalk Thurius mehrere Werke dieser Art schrieb, deren Inhalt Mylius unbarmherzig säubern mußte. Er vollendete das Werk im J. 1571 und überreichte es dem Herzoge mit dieser Dedication:

"Dem durchlauchtigen hochgebornen Fürsten vnd hern hern Johan Albrechten Hertzogen zu Meckelnburg etc. . Thue ich Andreas Mylius diese s. f. g. loblichen vorfaren der hertzogen zu Meckelburg Stams= vnd geschichtbeschreibung vntertheniglich vorehren. Geschrieben zu Schwerin den 16. May Anno 1571."

Dieses Original=Exemplar, welches in reich verziertem Pergamentband den Namen des Herzogs und die Jahreszahl 1571 auf dem Deckel trägt, wird noch im schweriner Archive aufbewahrt. Dieses Exemplar hat zuletzt einige Zeilen über die Geburt und die erste Versorgung des Herzogs Carl und schließt mit einem Glückwunsche des A. Mylius an die Herzoge. Er präsentirte, nach Gerdes, am 18. Mai 1571 auch ein Exemplar der Herzogin Elisabeth von Güstrow, Herzogs Ulrich Gemahlin, hatte das Werk aber keinesweges, wie Gerdes meint, auf Befehl dieser Herzogin geschrieben. Gedruckt ist dieses Werk in Gerdes Sammlungen S. 212 flgd. nach einem Exemplare, welches A. Mylius am 23. Sept. 1593 unter seiner eigenen Hand dem Heinrich Pelican, Hauptmann zu Schwerin, verehrte. Dieses Exemplar ist am Ende in kurzen Sätzen bis zum J. 1593 fortgeführt. Später, im J. 1599, gab es Caspar Calovius, 1588-1589 Pastor zu Müsselmow, nahe bei Gädebehn, in den Druck.

Ferner verfaßte A. Mylius noch

2) "Annales etzlicher fürnehmer und glaubwürdiger Geschichten und Händel, so sich bey Leben vnd Regierung Herrn Johann Albrechten, Hertzogen zu Mecklenburg etc. . zuge=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 100 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

tragen." Dieses ungleich wichtigere Werk, welches nach dem Vorworte am 4. Oct. 1592 vollendet ist, ist in Gerdes Sammlungen S. 255 flgd. abgedruckt; "vielleicht ist dieses Exemplar", welches Gerdes besaß, "das einzige, so noch vorhanden sein mag". Im großherzoglichen Archive zu Schwerin befindet sich kein Exemplar.

Am 17. Mai 1593 legte Mylius dem Herzoge Ulrich, der vorherrschend einen historischen Sinn hatte, diese Werke vor; sie sollten gedruckt werden, kamen jedoch nicht dazu.


Nach dem Tode des Herzogs Johann Albrecht blieb A. Mylius zu Schwerin Regierungs=Rath sowohl der vormundschaftlichen Regierung, als der verwittweten Herzogin Anna Sophie, welche auf ihrem Leibgedinge zu Lübz wohnte. So wird er im J. 1576 Rath der Herzogin Wittwe zu Lübz für sie und ihre Söhne genannt; am 4. Febr. 1578 schickte ihn die Herzogin als Gesandten an den Herzog Ulrich mit einem Creditiv des Inhaltes, "daß wir den ehrbaren und hochgelahrten unsern Rath und lieben getreuen Andream Mylium an E. L. abgefertigt und ihm etliche Gewerbe und Anträge, daran uns und unsern lieben Söhnen gelegen, dieselben E. L. unsertwegen mündlich anzuzeigen und zu berichten befohlen haben." So ward Mylius öfter in außerordentlichen, wichtigen Geschäften zu Rathe gezogen. Als z. B. der Herzog Ulrich die Bearbeitung eines Lehnrechts beabsichtigte, ward auch er neben andern Räthen und erfahrnen Vasallen am 23. Dec. 1580 zur Beantwortung mehrerer Lehnrechtsfragen vom Herzoge nach Güstrow berufen.


Im J. 1585 (12. Sept.) trat der Herzog Johann die Regierung an. Es zeugt von der einsichtsvollen, dankbaren Gesinnung des jungen Herzogs, daß er den alten, hoch verdienten Rath und Lehrer seines Vaters und den Führer seiner Jugend in seine Nähe berief. Der Regierungsantritt nach einer Vormundschaft war ohne Zweifel ein sehr wichtiges Geschäft. Daher holte sich der junge Herzog wiederholt persönlich von A. Mylius Rath. Schon am 19.-20. Febr. 1585 besuchte ihn der Herzog selbst von Lübz aus zu Gädebehn und wiederholte diesen Besuch am 22.-24. März, nach den eigenhändigen Aufzeichnungen des Herzogs in dessen Schreibkalender:

"1585.

"Febr. 18. Von hinnen nach Criuitze."
 - 19. Zu Gödebende.
 - 20. Wiederumb nach Luptze.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 101 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
März 22. Von Luptze nach Gödebende.
 - 23. Zu Gödebende stil gelegen.
 - 24. Zu Wittenburgk wieder angelanget.

Schon am 29. Junii 1585 ließ ihm der Herzog 50 Thaler eins für alles für Hufschlag auf 3 Pferde und Wagenzeug auszahlen, welches seit des Herzogs Johann Albrecht Tode rückständig und ihm jährlich mit 30 Thalern verschrieben war.

Am 12. Sept. 1585 trat der Herzog Johann die Regierung förmlich an. Er bemerkt auch in seinem Schreibkalender: "1585. Sept. 9. Von Luptze nach Schwerin getzogen. Sept. 12. Von den Herren Vormündern zu Schwerin einzukommen schriftlich erfordert." Er reisete in den ersten Zeiten viel zwischen Lübz und Schwerin hin und her. Am "11. Oct. 1585 ist Mylius vnd Johannes Friederich außetzogen nach Krakewitzen, 17. Oct. seind sie alhir wiederumb bey mir angelanget."

Bis der Herzog seine Regierung und seinen Hof bestimmt eingerichtet hatte, stellte er den A. Mylius an die Spitze aller Geschäfte und ernannte ihn für diese Zeit zum Canzler. So berichtet J. Caselius, und dies wird wahr sein, obwohl es bezweifelt und nicht angenommen ist. Mylius wird auch in den Acten wiederholt ausdrücklich Canzler genannt, jedoch nur in den Jahren 1586 und 87, als er das Canzleramt interimistisch verwaltete. In dem "Register der fürstlichen Räthe und Hofdiener Besoldung von 1587" wird namentlich aufgeführt: "M. Andreas Mylius Canzler", und eben so wird er im J. 1587 wiederholt in Verwaltungs=Acten genannt. Zugleich war er damals auch Amtmann zu Crivitz; im J. 1586 ertheilte der Herzog Johann seinem "Rath und Amtmann zu Crivitz Andreas Mylius zu Godebende" und einigen Andern ein Commissorium.

Der Neid hatte den A. Mylius unablässig verfolgt. Jetzt ward aber eine schändliche Intrigue gesponnen, um ihn durch Verläumdung bei dem jungen, unerfahrenen Fürsten, den man auf jede Weise aus seinen Händen reißen wollte, gänzlich zu stürzen. Mylius sah überall bei Hofe das Netz, das ihn umgarnte, konnte aber lange nicht ergründen, wer die Fäden lenkte. Er ging in dem starken Bewußtsein und der glühenden Liebe der Wahrheit unbekümmert einher, forschte, entdeckte endlich den Verläumder ("belluam in cubili oppressam") und zog ihn kräftig in seiner ganzen Blöße ans Licht. Da ward ihm der Herzog noch viel gewogener und vertrauete alle wichtigen Angelegenheiten seiner Einsicht. - So berichtet J. Caselius.

Im J. 1587 wurden für A. Mylius 40 Thaler zur Ausrüstung zu einer Reise nach Preußen ausgezahlt.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 102 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Die Geschäfte bei dem Regierungsantritte, der Auseinandersetzung mit dem Bruder und der bevorstehenden Vermählung waren bedeutend und nahmen alle Kräfte in Anspruch.

Im J. 1588 bestellte der Herzog Johann den Dr. Michael Graß 1 ) zum Canzler, und Andreas Mylius gab den beschwerlichen Theil seiner Geschäfte ab und blieb vertraueter Hofrath des Herzogs.

Die Vermählung des Herzogs mit der wackern Sophie von Holstein ward am 17. Febr. 1588 zu Reinbeck gefeiert.

Bei Gelegenheit der Vermählungs=Verhandlungen wird A. Mylius auch zum holsteinschen Rath ernannt worden sein. Als A. Mylius im J. 1591 seine Tochter Elisabeth an Johann Creissius verheirathete, wurden mehrere Gedichte zur Feier in Helmstädt gedruckt, wo ohne Zweifel J. Caselius den Druck besorgte, und unter diesen das erste von J. Caselius selbst, welches gewidmet ist: "Mag co et Cl mo . v. Andreae Mylio, consiliario Megapol. et Holsat., socero obs." Diese Anrede ist ohne Zweifel richtig.

Als Alles geordnet und im Gange war, erneuerte ihm der Herzog am 24. Julii 1588 schriftlich die Versicherung des Gnadenjahres und des Gnadengeldes von 500 Thalern für seine Erben auf den Fall seines Todes, wie es der Herzog ihm im vergangenen Jahre und "dem hochseligen Herzoge an dessen Todtbette, Mylii Person belangend, in sohnlichem Gehorsam mit Hand und Munde zugesagt."

Zwar mochte A. Mylius äußerlich ganz angenehm gestellt sein, um so mehr da er die Freude hatte, sein kleines, angenehmes Landgut aufblühen zu sehen. Am 11. März 1588 erhielten er und sein Sohn Joachim von den v. Bülow auf Zibühl und Critzow die Fischerei auf der Warnow, so weit sie Gädebehn berührt, freundlich nachgegeben. Solche Annehmlichkeiten wurden ihm wohl öfter vergönnt. Seine Kinder waren versorgt.

Aber sein Geist erlitt zu viele Schläge; Alles starb vor ihm weg, was er hoch gehalten und wofür er vorzüglich gelebt hatte. Am 6. Febr. 1591 starb des Herzogs Johann Albrecht verwittwete Gemahlin Anna Sophie. Am 3. März 1592 starb Herzog Christoph. Am 22. März 1592 folgte der junge Herzog Johann seinen Aeltern in die Gruft. Seine an J. Caselius verheirathete Tochter Gertrud war am 10. Febr. 1583 kaum 30 Jahre alt gestorben.


1) J. Caselius sagt: "Michael Grassus Mylio in cancellariatu successerat absque omni antecessoris invidia."
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 103 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Seine geliebte Frau Margaretha lag gefährlich krank. Da verbreitete sich die Nachricht, den Herzog Johann habe in Ivenack ein Unglück betroffen und er liege im Sterben. A. Mylius, die Todesgefahr seiner Frau nicht achtend, flog zum Herzoge und reisete Tag und Nacht. Kaum war er in Ivenack angekommen, als der Herzog seinen Geist aufgab. Er eilte zurück; aber schon unterweges traf ihn ein Bote mit der Trauerpost von dem Tode seiner Frau. Sie war am 18. März (1592) im 60. Jahre ihres Alters gestorben. Dieser Verlust war für ihn sehr hart, da die geistreiche, tüchtige Frau, nach dem Berichte des J. Caselius, das ganze Hauswesen in Schwerin und die Erziehung der Töchter allein regiert hatte.

Am 4. Febr. 1592 starb Samuel Fabricius, den der Herzog in Italien zum lateinischen Secretair hatte ausbilden lassen; er hatte, der erste Archivar Meklenburgs, unter A. Mylius das Archiv verzeichnet und dem Mylius im Abschreiben beigestanden. Die Reihen der Gelehrten Johann Albrechts wurden immer lichter.

Der Herzog Johann hatte ebenfalls unmündige Kinder hinterlassen. A. Mylius mußte noch ein Mal einer Vormundschaft dienen; er selbst sagt in der Einleitung zu seinen Annalen am 4. Oct. 1592, daß er "bis in diese andere Vormundschaft im Leben und in meklenburgischen Diensten erhalten" sei. Am 17. Mai 1593 legte er dem Herzoge Ulrich noch seine historischen Schriften vor, die gedruckt werden sollten.

Seine Kräfte schwanden freilich, aber er gönnte sich keine Rast und blieb bis zu seinem Tode im Amte und in Arbeit. Endlich hatten Arbeit und Alter seine Kräfte aufgezehrt und er schlummerte am 30. April 1594 1 ) sanft und ruhig ein und ward am 3. Mai neben seiner Frau im Dome zu Schwerin beigesetzt. Er war 66 Jahre alt geworden und hatte dem Fürstenhause 45 Jahre mit der seltensten Auszeichnung gedient.

Im Junii 1594 kamen die Schwiegersöhne, auch J. Caselius, mit dem Sohne Joachim Mylius in dem väterlichen Hause in Schwerin zusammen, blieben dort bis in den zweiten Monat und verglichen sich freundlich.

Am 16. Jan. 1595 baten "A. Mylii seel. sämmtliche nachgelassene Erben", daß ihnen das versprochene Gnadenjahr und Gnadengeld ausgezahlt werden möge, worauf die Zahlung befohlen ward.



1) Diesen Todestag geben die sichersten Quellen an, namentlich sein Schwiegersohn J. Caselius in der Oratio funebris scripta Andreae Mylio, B. Hederich in seiner schwerinschen Chronik, D. Chytraeus in der Saxonia.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 104 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Die Familie Mylius pflanzte sich einige Generationen hindurch fort.

Andreas Mylius hinterließ 6 Töchter und einen Sohn, nachdem mehrere Kinder, unter denen wenigstens gewiß zwei, wahrscheinlich vier, Söhne jung während seines Lebens gestorben waren.

Die 6 Töchter waren:

1) Gertrud, geboren am Ende des Monats März 1553, am 30. Sept. 1571 mit dem berühmten rostocker Professor Dr. Joh. Caselius verheirathet, welcher damals als Prinzenlehrer nach Schwerin berufen war. Sie starb zu Rostock am 10. Febr. 1583, kaum 30 Jahre alt, im "neunten Wochenbette" und hinterließ ihrem Manne 2 Söhne und 3 Töchter, von denen die jüngste bei der Großmutter an einem hitzigen Fieber starb; vier Kinder waren schon vorher gestorben. Die beiden Söhne Ulrich und Johann Carl starben im besten Alter, nachdem der Vater sie in Italien und Deutschland tüchtig hatte ausbilden lassen, Ulrich ungefähr 1596, Joh. Carl im Febr. 1611. Von den beiden Töchtern war Margarethe an den Professor Theodor Adam, Anna Sophie an Theodor Hupaeus, beide ausgezeichnete Juristen, verheirathet.

2) Anna, verheirathet an David Lönnies ("Lanesius"), einen Officier, eines parchimschen Rathmannes Sohn. Dieser ward, nachdem er in jungen Jahren im Auslande Kriegsdienste genommen hatte, späterhin Rathmann zu Parchim; aber es erwachte in ihm wieder die Lust zum Kriegsleben und er zog wieder ins Feld, unter Kaiser Rudolph II. zum Türkenkriege. Er war noch nicht zum Kriegsschauplatze gekommen, als seine Frau im 40. Jahre ihres Lebens im Wochenbette starb. Lönnies selbst fiel in der Schlacht. Von 6 Töchtern überlebten 5 als Waisen die Aeltern.

3) Margarethe, an den Dr. Eobald Brummer, eines rostocker Rathsherrn Sohn, verheirathet, einen Juristen, welcher später Rath zu Stargard in Pommern ward. Im J. 1610 bezeugte J. Caselius dem Eobald Brummer über den Verlust seiner zweiten Frau durch eine Schrift sein Beileid.

4) Sophie, an den Advocaten Johann Schwartz aus Parchim verheirathet; ohne Zweifel ist dies derselbe Johann Schwartz, welcher sich im J. 1602 "der Rechte Doctor und Burgermeister zu Parchim" nennt.

5) Elisabeth, im November 1591 an Johann Kreiß ("Creissius") verheirathet. Zu der Hochzeit erschien ein gedruckter Bogen in 4° mit griechischen und lateinischen Gedichten von Joh. Caselius, Theodor Adam u. A., zu Helmstädt bei Jac.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 105 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Lucius gedruckt ("Ornatissimo juveni Joanni Creissio et lectissimae virgini Elisabethae Myliae, sponsis, gratulantur amici"). Kreiß war "Bürger zu Schwerin" und in der Burgstraße wohnhaft, hatte also seine Elisabeth aus nachbarlicher Freundschaft kennen gelernt. Er diente dem Fürsten und dem A. Mylius als Geheimschreiber ("principi in secretorum negotiorum scriptura operam dabat.") Nach dem Tode seines Schwiegervaters hatte er, "Johannes Kreiß, Notarius und Bürger zu Schwerin", dessen Haus von den Erben zu Kauf angenommen und verkaufte es am 14. Jan. 1602 für sich und mit Vollmacht seiner Hausfrau Elisabeth Milies an Hans v. Lützow auf Dutzow; Johannes Schwartz, der Rechte Doctor und Burgermeister zu Parchim und Jochim Milies bestätigten den Verkauf und erklärten sich für befriedigt.

6) Helena, war bei des Vaters Tode unverheirathet, sollte aber im J. 1595 oder 1596 verheirathet werden. Als die Erben des A. Mylius am 16. Jan. 1595 das Gnadenjahr und Gnadengeld forderten, sagten sie, daß ihre jüngste, noch unberathene Schwester und Schwägerin Jungfrau Helena Mylia jetzt auch ehelich versprochen und des Geldes zu ihrem jungfräulichen Geschmuck und zur Aussteuer benöthigt sei.

Die Geschichte der Familie Mylius hängt seit dem Tode des Andreas Mylius eng mit dem Gute Gädebehn zusammen.

A. Mylius hinterließ nur Einen Sohn Joachim, welcher erst am 23. Nov. 1571 geboren ward (vgl. oben S. 94). Er ward früh nach Rostock zur Erziehung zu J. Caselius gegeben und besuchte darauf die Universität daselbst. Er verkehrte schon als Knabe im väterlichen Hause und am herzoglichen Hofe und später auf der Universität mit den Söhnen vornehmer Aeltern und gewann eine sehr feine Bildung, durch welche er sich überall beliebt machte. Ueber der Beschäftigung mit den Wissenschaften vernachlässigte er die ritterlichen Uebungen nicht. Nachdem er von der Universität zurückgekehrt war, nahm ihn der Herzog Johann als Hofjunker an seinen Hof ("in familiam suam adscivit in ordine equestri", sagt J. Caselius, - als "Hengstreiter" sagt Latomus). Bald aber, als seine Mutter, welche die ganze Wirthschaft allein geführt hatte, schwächlich ward, übergab ihm der Vater die Bewirthschaftung des Gutes, da dieser sich wegen seiner Geschäfte nicht viel darum bekümmern konnte und die Beschäftigung mit den Wissenschaften vorzog. Nach dem Tode des Vaters nahm er das Gut Gädebehn an, welches er auch bewohnte, nachdem er sich ganz vom Hofleben zurückgezogen hatte, und heirathete eine Tochter des Joachim

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 106 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Sperling auf Schlagstorf. Das väterliche Wohnhaus in Schwerin hatten die Erben im J 1602 an Hans v. Lützow auf Dutzow verkauft. Diesen Hans v. Lützow nennt Joachim Mylius 1607 "seinen lieben Schwager und Bruder"; wahrscheinlich hatte derselbe auch eine Tochter des Joachim Sperling zur Frau. Von diesem H. v. Lützow kaufte es Joachim Mylius wieder und verkaufte es am 14. Jan. 1607 an den Küchenmeister Johann Hoppe zu Rehna. Joachim Mylius starb früh, zwischen 1610 und 1620 und hinterließ zwei Söhne Curt Joachim und Christoph Andreas, von denen aber der ältere früh gestorben zu sein scheint, da späterhin nur der jüngere im Besitze des väterlichen Gutes erscheint.

Christoph Andreas Milies, der sich nur "Milies" nennt, war der einzige Erbe seines Vaters Joachim. Wahrscheinlich war er bei seines Vaters Tode minderjährig, da er erst am 12. Mai 1635 den Lehneid für das Gut Gädebehn leistete. Das Gut war nur klein und hatte früher nur aus wenigen Bauerhöfen bestanden, von denen sich Andreas Mylius einen oder einige zum Wohnsitze für sich eingerichtet hatte. Im dreißigjährigen Kriege waren nun die Bauern theils gestorben, theils davongelaufen und die Gebäude alle eingeäschert. Christoph A. Milies hatte darauf das ganze Gut, aus Mangel an Leuten, zu einem Meierhofe gemacht und die nöthigen Gebäude wieder aufgeführt. Beiläufig ward darüber gestritten, ob das Gut Lehn oder Allod sei. Christoph Andreas Milies kommt noch 1667 in den Acten vor.

Dessen Sohn Joachim Christoph von Milies, wie er sich unterzeichnet, verkaufte am 7. April 1687 das Gut Gädebehn pfandweise an den Major Hans v. Schack auf Rehagen für 6200 Gulden, nachdem ihm als nächsten Agnaten das Lehngut Frauenmark im J. 1683 zugefallen war. Joachim Christoph v. Milies starb am 17. April 1725.

Bald nach ihm, noch in demselben Jahre 1725, trug man auch seinen Sohn Christoph Ulrich v. Milies, den letzten männlichen Sprossen des Geschlechts, zu Grabe.

Von zwei Töchtern des Christoph Ulrich v. Milies blieb die eine unverheirathet; die andere ward an den Lieutenant Daries verheirathet, welcher demnächst auch mit Frauenmark belehnt ward.

Vignette
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 107 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Anlagen.


Nr. 1.

Andreas Mylius an den Herzog Johann Albrecht.

D. d. Güstrow. 1549.


Illustrissimo uirtutibus et laudatissimo Principi, Domino Joanni Alberto, Duci Megapolensium etc, domino suo clementissimo.

S. Etsi, illustrissime Princeps, gratiarum actionem uos minime requirere certo scio, ab eo praesertim, qui, si uitam pro uestra illustri gratia (si fieri opus esset) profunderet, se tamen uestris tam multis beneficiis parem esse non posse aperte confiteatur, tamen est ea mihi necessaria, non tam ut me gratum uobis esse ostenderum, quam ut nihil praetermisisse uidear, quae sint ab homine uestri obseruantissimo expectanda. Ego igitur uestrae illustri gratiae non quas pro magnitudine beneficii debeo, sed quas pro ingenii tenuitate possum gratias de ueste ago maximas, quodque saepe de mea uobis debita opella recepi, id confirmo, me quotidie Deo adiuuante esse libenter prolixeque curaturum. Haec, illustrissime Princeps, scripsi, non tam rei magnitudine adductus, quam ut uestram gratiam ad idem scribendi exercitium excitarem: quod quia coram uobis ostendi, quam sit futurum utile, spero id uestrae gratiae comprobari. A me in custodiendo, quae debetur, diligentissima dabitur opera. Vale, Princeps illustrissime, eundemque erga me animum, quaeso, retineat uestra gratia perpetuo. Datum ex Musaeo meo in arce uestra Gustroina. Anno 1549.

Vestrae illustrissimae gratiae

Submisissimus           
Andreas Mylius.        

Nach dem Originale.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 108 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Nr. 2.

Andreas Mylius an den Herzog Johann Albrecht.

D. d. Schwerin. 1551. Oct. 12.


S. Vestrae mihi, illustrissime Princeps, praeter expectationem saerius redditae sunt literae, quam, praesertim in hac uecturae inopia, de itinere quicquam conficere possem. Sed tamen hodie omnino eram discessurus, nisi me uecturae morabitur tarditas. Ac uellem, ita uoluntas matris uestrae Sereniss. ferret, ut illic mature cum D. Christophoro discedere et ad diem istuc uenire concedatur. Vereor enim, ne ante quam ex aula Lubecensi dimittar, istinc uos discesseritis. Ego uero nisi me aliud uestrae coëgissent facere literae, quanquam nullo mandato, uestra tamen (ut opinor) uoluntate, cum eodem, qui has reddit literas, istuc excurrissem. Sed motus mandato uestro et literis, et quod ipsa dies D. Christophorum ex illa impunitate et libertate in curriculum quasi et carceres reduci oportere postularet, consilium huius profectionis meae praetermisi. Plura propter tabellarii festinationem et temporis inopiam non licet. Tibi me, optime et mihi pro centum millibus charissime princeps, totum commendo et trado, uehementerque nostros congressus et communem humanitatis operam desidero et expecto. Vale. Datum Suerini 4. Id. Octob, Anno etc. 51.

          Vestrae Celsitudinis.

submisissimus

Andreas Mylius M.       

Illustrissimo et Serenissimo Principi ac Domino, Domino Joanni Alberto, Principi Megapolensium etc. , domino sibi charissimo et singulari pietate obseruando.

Ad manus celsitudinis       
proprias.               

Nach dem Originale.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 109 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Nr. 3.

Andreas Mylius an den Herzog Johann Albrecht.

D. d. Schwerin. 1552. Mai 22.


S. Saluos ex itinere domum rediisse nos, si ante apud C. T. auditum non est, his cognosces literis, quae quidem firmitatem corporis meam et ualetudinem testabuntur, aegritudinem autem mentis et perturbationem (quam Stoici recte morbum esse dixerunt) significare saltem et loqui aperte non possunt. Ego enim etsi confectus itineris molestia, tantam lassitudinem corporis domum afferrem, ut ad eam leuandam integrum octiduum non satisfaceret, tamen cum alia multa ita luctuosa domi offendi et misera, tum praesertim ea, in quibus ego te autore magnam spem praesidii et auxilii collocaram, ut C. T. uel maximam apud Deum immortalem gratiam inisse credam, quae me benignissime ablegarit. Neque uero ego is sum, qui eos homines, quos cum imperio esse scio relictos domi, et mandatis uestris aut iniquitatis accusem et iniuriae, qui uxorem meam, cum ea ligna et quae tribuuntur mihi alia peteret, superbissime reiecerunt, aut fastidii et arrogantiae, qui me redeuntem non modo non colloquio suo et sermone, sed ne uultu quidem suo et nutu dignum iudicarunt, aut indignitatis, qui equum meum, quem (ut scit C. T.) mihi proprium ad reditum concesseras, per uim auferre, ad extremum ne auenam quidem tribuere conati sunt. Quibus rebus et istorum iniquitate effectum est, ut, cum se cotidie uxor mea affligeret et maceraret, in eam corporis infirmitatem caderet, quae meam spem, quam in ipsam collocaram, ex maerore suoet luctu totam (ut fit) perderet. Quae res quem mihi dolorem attulerit, suspicari C. T. arbitror. Nunc te pro diuina tua et nobilitata prudentia, singulari et regia clementia, incredibili in me studio et beneuolentia rogo atque oro, ut paulisper personam deponas principis, induas autem amici aut meam potius et eas cogitationes et curas, quibus me angi, sollicitum exerceri, dubium teneri cotidie necesse est, ad punctum saltem temporis suscipias: sic qua te prudentia esse scio et clementia, facile de me et sapienter statues,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 110 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

quae prudentissimo principi et pio erunt dignissima. Hanc caussam constituendam Deo optimo maximo proximo tibi sapientissimo et mihi charissimo principi committo atque trado. Cui enim uitam meam, cui studia mea, cui me totum quodam tempore commisi, huic deliberationem de itinere dubitem committere? aut cur eum, quem patrem in meis rebus semper sum expertus, in hac causa duriorem futurum esse metuam? Vestras literas expectabo, quae me de uoluntate uestra docebunt, et comprecabor Deum, ut is manum C. T. scribentis sic regat, ut mandata uestra ad utriusque nostrum emolumenta feliciter cadant. Ad Engelken Rostock plane necessarias existimo C. T. literas, ut ligna mihi curet conuehenda, et ad legatos C. T. die stadhalter, ut auenam equo meo tribuant, et equum apud me in meis aedibus relinquant, Sie wollen in hin vnd wider lassen abreiten, das sie mir doch mochten mein pferd mit friede lassen etc. .

Voluntatem tuam et beneuolentiam tanto studio retinere cupio, ut nulla res tam gratam mihi in uita esse sciam, quam tuo nomine non uelim dimittere.

Imagines Regis Franciae, in ipso incendio ad Vlmam forte in meum fasciculum coniectae, nesciente me Suerinum sunt allatae, saluae apud me custodiuntur, Libellos meos omnes descripsi, qui aut per ipsum me, si me redire uoles, aut per fratrem meum, si me manere uoles, transmittentur. Deus optimus maximus, cui ego cotidie C. T. salutem et fortunam diligenter (ut debeo) et fideliter commendo, is in hoc C. T. periculo comitem se tibi et ducem et consiliarium adiungat, et te confectis his rebus, qibus Germaniae Salus, religionis inorementum continetur, saluum et incolumem domum reducat.

Faxit hoc omnipotens, qui uitam morte redemit.
Tuque diu felix duxque parensque Vale.

Datum Suerini XI. Cal. Jun. Anno MDLII. C. T.

submisissimus

Andreas Mylius M.       

Illustrissimo ac Serenissimo Principi ac Domino. Domino Joanni Alberto, Principi Megapolensium etc. ., domino sibi submisiss. pietate et debita obseruantia.

Ad manus Cels.          
proprias.               

Nach dem Originale.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 111 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Nr. 4.

Andreas Mylius an den Herzog Johann Albrecht.

D. d. [1552].


Illustrissimo principi, Joanni Alberto, Duci Megapolensium etc. . Domino suo clementissimo.

S. Magno me et (fatebor enim) difficili leuari onere gaudebam tum, illustrissime princeps, cum te cohortatione mea ad studia humanitatis non egere cognoscerem. Animum enim sua sponte satis ad rectissimum uirtutis iter incitatum urgere etiam aut inflammare, quid attinet? Itaque facile fuit, principi amantissimo humanitatis studia uirtutum commendare et quasi equum, ut aiunt, cupidum curriculi et expectatione stadiorum exultantem ad cursum excitare. Quam promptitudinem C. T. et cupiditatem cum optimis semper, ut scis, ominibus et uotis sum prosequutus, tum uero dolui equidem molesteque tuli, in ea tempora utriusque nostrum studia incidisse, quibus innumerabiles alii ad dignitates et opes quasi aditus quaererentur, haec uero studia partim inculta, partim inuidiosa et principibus uiris indigna neglecta iacerent. Sed erant in illo, et (ut spero) communi nostro dolore, cum alia, quae leuare solicitudinem meque a maerore deducere possent, tum uero cotidiani congressus nostri: quod enim temporis surripere negociis caeteris poteras, id in literis et hoc honestissimo ocio socio quasi et commonstratore me terebatur. Quem C. T. animum si nulla inflexit maleuolorum inuidia, nec fregit astutia, cum utrique uehementer gratulor et mihi gaudeo, tum uero bona me spes tenet, fore ut quas Musas singulari studio semper antea complexus es, in posterum quoque colloquio tuo et societate dignas esse statuas sapienter. Posteaquam enim horridum militem (ut ait ille) amari et armis decertari coeptum est, caruerunt fructu iucundissimae communitates. Itaque illa nobis praeclara studia excussa de manibus iacuerunt et sine quibus nec uiui honeste, nec bene geri respublica potest, delectationes nostrae tanto temporis interuallo conticuerunt. Neque solum iis mensibus, quibus imperatori tibi in castris non multum temporis ad haec studia datum est,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 112 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

sed nunc etiam partim multitudine negociorum, partim maleuolorum consiliis (grauiore enim verbo uti non libet), qui tibi huius laudis dignitatem inuident, ita dispulsae iactantur et incertis peregrinantur sedibus, ut nusquam apud C. T. consistere aut antiquum locum suum tenere possint. Itaque dimisso uersantur capite seque sordibus caedere conqueruntur. Quid autem, obsecro te, potest his esse humanius, quid ad omnem fortunam aptius, quid singulis conuenientius, quid (quod caput est) principi dignius, quid ad consilia, prudentiam fructuosius, quam ille humanitatis, dignitatis, prudentiae fons perennis et sempiternus? Hinc quibus secundae res ornantur, vitae splendor et dignitas, hinc quibus adversae defenduntur, auxilia et consolationes, hinc quibus iuuentus regenda est, praecepta et autoritates, hinc quibus senectus alenda est, delectationes hauriuntur. Harum beneficio diuinus Plato, clarus Pythagoras, immortalis Numa Pompilius, admirabilis Aristoteles, Cato, Alexander quique innumerabiles alii harum beneficio excellentes extiterunt. Eaedem C. T. nunc quoque non uerborum uenditatione, aut ementito splendore et ostentatione, sed aperte (ut solent) et sine fuco assiduitatem suam et frequentiam, beneficium praeterea suum et amplissimos fructus pollicentur: quaeque earum dignitas apud laudatos uiros semper fuit, pro ea monere C. T., hortari etiam, et, si id quoque requiri intelligant, orare non dubitant, ut honestissimarum artium tractationem non uulgi opinionibus, nec temporum rationibus, sed ipsarum dignitate et principum uirorum, qui his artibus excelluerunt, exemplis metiaris: neue autoritatem suam maleuolorum hominum uoculis imminui, aut istorum artificio cursum tuum inflecti aut impediri patiaris. Sed quoniam te exemplis praestantium uirorum moueri certo sciunt, recolligere te memoria, et tenere commendationem eorum principum cupiunt, qui ab his profecti initiis in sempiterna commendatione laudeque uixerunt, quorum te simillimum esse exoptant. Quamobrem, illustrissime Princeps, humanitatem, quaeso, Musarum complectere teque totum ipsis da et trade, quae C. T. locupletare praeceptis, augere consiliis, ornare prudentia et iudicio solaeque illustrare encomio et celebrare possunt. Haec ad C. T., siue necessaria esse putabis, siue minus, adductus de studiis C. T. solicitudine mea, quae quidem in

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 113 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

ipso cursu ab inuidis et improbis retardari et exarescere minime uelim, scribenda esse iudicaui. Atque utinam ille C. T. feruor et promptitudo uanam solicitudinem meam minimeque necessariam cohortationem extitisse declaret: quam ego me falsum tuaque alacritate uictum esse laetabor. Quapropter si integra sunt etiam nunc et suum statum pristinum tenent omnia, existat aliquando ille dies, qui C. T. Musas peregrinanteis, me uero C. T. reducat et restituat. Hae enim si ius apud C. T. et autoritatem antiquam obtinebunt (quod quidem de C. T. sperare omnino licet), me quoque Musarum asseclam, administrum et quem me esse uolui certe comitem non aspernabere. Vale illustrissime Princeps.

C. T.

submisissimus          
Andreas Mylius M.       

Nach dem Originale. Der Brief ist zwar nicht datirt, aber nach dem Inhalte und nach der noch sehr ungeläufigen Hand des A. Mylius wohl im J. 1552, oder doch sehr bald darnach, geschrieben.


Nr. 5.

Herzog Johann Albrecht an Andreas Mylius.

D. d. Wittenberg. 1554. Sept. 18.


Dei gratia Jo. Alb. dux Megapol.

S. Dic Stacio meo nomine, vt cumprimum lapides in fornacem immittat, scio enim eum Diphilo tardiorem esse. Cura etiam, si quispiam istic in mea absentia ex Prussia aduenerit, me hic consequatur. Tertio adhortor te, ne velis obliuioni dare, vt mihi per ocium imperatorias orationes conuertas Liuianas (tute scis), quomodo eo conuenimus. Saluta meis verbis Mathiam M. Dabercusium. Si illi tibique aliquid desit, fac me certiorem. De lignis conuehendis ante discessum curaui. Vale. Datae Witeberge 18. Septemb. Ao. 54.

Manu mea.          

Nach dem Concepte.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 114 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Nr. 6.

Andreas Mylius an den Herzog Johann Albrecht.

D. d. Schwerin. 1554. Oct. 7.


S. Heri circiter octauam uxor mea dei beneficio, cui quidem immortaleis ago gratias, peperit et salua altera nunc me auxit filiola. In quo Dei beneficio cum multa essent, quae me laetitia extulerunt, illud profecto laetitiam cumulauit, quod me ad profectionem minus impedimenti habiturum esse, sublata hac cura, intelligo. Quamobrem totum me ad illud iter compono, ut C. T. optime de me merito principi uicissim possim gratissimi animi fidelem memoriam et debitam operam comprobare. Ad baptismum meae filiolae scit C. T. nonnihil nostro more sumptus esse faciendum. Si igitur me pecunia, quae domi meae nulla est, adiuuerit C. T., humanissime fecerit, egenti fecerit, memori aliquando fecerit. Quod ut faciat mihique per meum puerum mittat. quem ad me redire hodie cupio, etiam atque etiam rogo. Vale, illustrissime Princeps, meque, quoniam ipse amare nunquam desinam, in tuis habe. Datum Suerini die solis, quem puto esse 7. Octob., Anno 1554.

C. T.

submissus               
Andreas Mylius M.       

Illustrissimo ac serenissimo principi et Domino, D. Joanni Alberto, duci Megapolensi etc. ., Domino suo clementissimo et perpetua observantia colendo.

C ito            

Nach dem Originale.

Nr. 7.

Andreas Mylius an den Herzog Johann Albrecht.

D. d. Schwerin. 1554. Nov. 4.


S. Periucundae mihi fuerunt C. T. literae, cum propter singularem humanitatem, erant enim plenae beneuolentiae erga me et amoris tui, tum uero quod ex

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 115 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

iis C. T. conualuisse intellexi. Cui enim incommodum ualetudinis C. T. non minimum maerorem attulisset, ei profecto nuncius de salute et ualetudine confirmata non potest non esse laetissimus. Sed qui meus in C. T. amor, quae pietas est, rogare C. T., obsecrare etiam obtestarique non dubito, eam corporis rationem adhibeas, ita uiuas, ut C. T. diutissime potius praesentem amare, quam (quod omen deus auertat) afflictum morbo lugere cogamur. Epistolam Aurifabri dedi puero. Psalmos et commentarium meum, si utrique erit commodum, afferam, diemque praestitutum, et quod Deus Optimus Maximus gubernet et moderetur, iter suscipiam meum. Haec scripsi festinans ante lucem, cum mihi in templum, quoniam Christo auspice et duce proficiscar, esset abeundum. Bene et diutissime vale. Datum Suerini Prid. Non. Nouemb., Anno 1554.

C. T.

submiss.                  
Andreas Mylius M.       

Illustrissimo et serenissimo principi ac domino, D. Joanni Alberto, duci Megapolensi etc. ., Domino suo clementissimo et carissimo.

Nach dem Originale. - Der Herzog Johann Albrecht war damals in Rostock.

Nr. 8.

Der Herzog Nicolaus Radzivil antwortet dem Herzoge Johann Albrecht von Meklenburg auf die durch dessen Gesandten Andreas Mylius angebrachte Werbung.

D. d. Wilna. 1554. Dec. 18.


Illustrissime princeps et domine, domine amice obseruandissime. Salutem, omnium rerum perpetuam foelicitatem nostrique et offitiorum nostrorum studiosam comendacionem. Reddidit nobis ab Illustrissima Celsitudine Vestra litteras legatus et consiliarius Ipsius, clarissimus vir dominus Andreas Milius, homo et

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 116 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

eruditione et eloquencia insignis. Ex iis cum admirabilem quandam in Sacram Regiam Poloniae Maiestatem vniuersumque illius Regnum obseruantiam et promptitudinem cognouimus, tum vero in nos ipsos summum ac singularem animi et beneuolenciae affectum perspeximus non obscure. Quod enim Ill. Cels. Vestra, nulla nobis antehac mutua intercidente noticia, in hoc tempore non litteris tantum summa humanitate refertissimis, sed etiam viua et loculenti nunctii Sui oratione nos et ad noticiam et amicitiam suam accerserit, mirum dictu est, quam ea res nobis acciderit et grata et iucunda, in qua facile videmus, quantum nos sibi polliceri de sua erga nos uoluntate velit et quantum Ipsa sibi vicissim de nobis persuadeat atque promittat. Itaque plurimas eo nomine Ill. Cels. Vestrae agimus habemusque gratias, etsi quid erit in quo animum quoque nostrum illi iam vehementer deuinctum et eam quam pro tanto offitio par est gratitudinem facere testatam aliquomodo possimus, in eo illi omne nostrum studium omnesque conatus libentissime pollicemur. Caeterum peticionem Ill. Cels. Vestrae apud Serenissimum Regem et dominum dominum nostrum clementissimum, ita vt nobis quidem tum licuit, promouimus pro virili cupiebamusque in ea et nobis ipsis et expectacioni Ill. Celsitudinis Vestrae satisfacere. Verum quod aliter acciderit, Ill. Cels. Vestra de domino consiliario suo, qui testis nostrae voluntatis est et cum quo confidenter contulimus, abunde, vt opinamur, cognoscet.

In nuptias quod nos Ill. Cels. Vestra inuitarit, indicio nobis est fore vt haec nostra officio litterarum inita amicita et constans sit et diuturna, quibus quod ipsi propter reipublicae Regiaeque Maiestatis summa et grauissima negotia interesse non possimus, mitemus aliquem ex peculiaribus nostris seruitoribus, qui sub id tempus ibi sit pro nobis in loco nostro affuturus et qui sit de nostra erga Ill. Cels. Vestram propensissima voluntate acturus coram pluribus.

Bombardam porro, quam nobis nomine Ill. Cels. Vestrae dominus nunctius munus obtulit, gratissimo animo accepimus a principe nimirum militaribus studiis clarissimo, ipse miles, pignus beneuolenciae mutuae perpetuo inter nos duraturae. Illud quibuscunque maximis rebus licebit, pari animi nostri testificacione

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 117 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

referre et promereri Ill. Cels. Vestrae conabimur dabimusque operam, vt si illi in vna re comode obsequi non potuimus, in aliis id eoetiam et allacrius et locuplecius faciamus.

Sed interim vt Ill. Celsitudo Vestra optime diutissimeque valeat et nos, vt coepit, amplecti beneuolencia Sua non desistat, illud ipsi hoc nobis cupimus ex animo. Datum Vilnae, die 18. Decembris, anno domini 1554.

Illustrissimae Celsitudinis Vestrae

     amicus obseruantissimus et seruitor

                    Nicolaus Radziwil

dei gracia in Olika et Nieswis dux, palatinus Vilnensis, magni ducatus Lithvaniae supremus marsalcus et archicancellarius, Brestensis, Borisouiensis, Schavlensisque capitaneus generalis etc. . manv propria sst.

Illustrissimo Principi et domino domino Joanni Alberto Dei gracia Duci Megapolensi etc. ., domino amico nostro obseruandissimo honorandissimoque.

(L. S.)

Nach dem im großherzogl. meklenburg. Geh. u. H. Archive zu Schwerin aufbewahrten Originale, gesiegelt mit einem mittelgroßen Siegel, auf welchem ein Adler mit einem Brustschilde; Umschrift:

NICOLAVS. RADZIWIL. DEI. GRACIA. DVX.N[I.].

Nr. 9.

Herzog Johann Albrecht an Andreas Mylius.

D. d. Güstrow. 1555. Mai 23.

Dei Gratia Joannes Alb. Dux Megapol.


S. Literas plenas consilii et sapienter a te ipso scriptas heri accepi, ex quibus perspexi, te de sociata inter nos studia et officia recte commemorare. Vtinam vt in illis quotidie euigilarem. Quod attinet ad coniunctionem inter nos animorum, ea mihi semper acceptum gratumque fuit, et dabo in posterum operam, vt eam firmiter conseruem. Adhortationem tuam ad studia literarum gratiarum cum

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 118 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

actione accipio precorque Deum optimum maximum, vt mihi hanc mentem det, ne vnquam a studio humanitatis deficerem. Quod mihi existimationem tuam commendas, velim sic existimes me de te ita iudicare, vt neminem tibi anteponam, comparem paucos. Scio etiam te honori mihi interesse, volo igitur in tua inopia tibi aliquando (mihi crede) subuenire. Quod petis, si fortasse vehemencius acerbiusque scripsisti, vt id velim tibi ignoscere, hoc facile patior, nam mihi non molestum est, vt quisquis quod sentit scribat. De Joachimo Stein fecimus tua causa, quae rogas. Jacobum Mors presentem hic habeo, et ipse suam petitionem vrget. Vix tantulae epistolae tempus habui atque id ereptum e summis occupationibus. Quapropter ignoscas breuitati mearum literarum; nam propediem vna futuros nos arbitror. Vale. Datae Gustrouiae, 23. die Maii, Ao. 55.

Manu mea.          

Humanissimo doctrina et eruditione praedito viro Andreae Mylio, consiliario meo charissimo.

Ad manus eius           
proprias.              

Nach dem Originale. - Joachim Stein war ein Schwager des A. Mylius, da er die älteste Tochter des Balthasar Rotermund zur Frau hatte.


Nr. 10.

Herzog Johann Albrecht an Andreas Mylius.

D. d. Doberan. 1557. Nov. 9.


S. Literas, humanissime vir, tuas sapienter profecto scriptas a te ipso (vt scis) accepi, quas perlegi diligenter. Quod primo de intermissis meis studiis scribis, ita est. Verum quod semper dicere et fateri debemus, culpa enim non tua, neque omnino mea fuit, sed temporum iniquitas fecit. Cum autem nunc Devs optimus maximus, cui causam meam ad dis=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 119 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

ceptandam commisi antea, nunc iterum etiam atque etiam me ipsum quoque et mea omnia commendo et trado, qui iustissimus est iudex et in coelo et in terra, qui et curat res humanas, nunc, inquam, tempora aliqua ex parte mitiora reddidit, eo sum animo, quod semel a me inito consilio de studiis. quanquam imbecillitatem ingenii mei facile agnosco, tamen id non mutare dum viuam volo. Deo sine dubio hoc gratum erit et mihi vsui. Sumam mihi igitur tantum ocii atque temporis, quantum tibi videbitur et meae res ferre possunt, vt ad studia nostra me referam. De diligentia autem et fidelitate tua non dubito neque dubitaui vnquam. Pro animi tui erga me affectione habeo tibi gratias et agam tibi aliquando Deo adiuuante maiores. Quod altero mihi scribis de versione Bibliae et simul tuum iudicium indicas, eo prudenter facis, vt ponderes ea omnia, quae sunt ponderanda. Nam certe magna est res vel potius maxima et magni consilii, ita etiam, vt nemo vnquam fuit, qui sibi tantum confidit, tale opus ad perficiendum suscipere. Nam meo quidem iudicio, qui id vult perficere, necesse est, vt habeat harum trium linguarum cognitionem perfectam, nempe vt scit Haebraicam, Graecam et Latinam linguam, vt Christianus, et non Papista, atque Ciceronianus sit, vt sumptibus non egeret necessariis et aliud nihil haberet ocii atque negocii. Etsi dubium non erit te incidere in aliquos vituperatores, quis enim sermones inimicorum effugere potest, tamen mea quidem sententia illud non est laborandum, arbitror enim opus futurum esse, quod ipso Deo, multis piis Christianis et doctis quoque viris placebit. Quis non sexcenties libenter in sacris monumentis legerit, quam nunc? Quae erit delectatio! Omnibus enim fere constat, quam male Hieronimi versio latine loquitur et a nemini potest recte intelligi. Emphasim habet nullum, Hebraismi plurimi. Posteaquam tu bonus es Cristianus, cui vera religio curae est, et qui literas Graecas atque Latinas perfectissime didicisti, et imitator Ciceronis, qui princeps eloquentiae merito appellatur, quia elegantissime locutus est. Habes etiam ad tuam vtilitatem Bibliam Germanicam, quae a Martino Luthero pie memoriae atque aliis doctis hominibus e lingua Haebraica in Germanicam est diligentissime atque fidelissime conuersa. Quapropter te vehementer oro,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 120 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

tibi quoque in mandatum do, vt sanctum hunc suscipias laborem. Videris etiam, tibi enim facile est videre, si interdum a verbis, at tamen non a sententia versione Lutheri, qui verus fuit Theologus et Germanus, Cicero discedas, quidam antiqui termini tibi optime noti non possunt mutari, ne accusaueris propter nouitatem et heresim, vt aduersarii volunt, nihilominus tamen (si ita tibi visum fuerit) potes in margine rationem indicare, quam ob causam terminum illum fas non esset commutari, et simul adiungere, quomodo Latinus diceret. Nullum enim studium tibi magis est necessarium ad commendationem nominis tui immortalitatem, quam si in illo sancto plane et diuino philosophandi genere curam omnem incumbas, nihil enim melius quicquam, nihil optabilius (mihi crede) agere possumus, praesertim in tanto breui nostrae vitae spacio et in his extremis atque difficillimis temporibus, quam si sacris demus literis operam. Harum enim literarum diuinarum suauitas longe humanam superat philosophiam. De efficiendi facultate, quod dubitas, intellexi etiam, tua quoque modestia mihi non est incognita. Etsi, fatendum enim est quod sentio, est perdifficile et multum, quod postulo, tamen de te mihi dubium non est, noui enim tuum ingenium, quantum iudicare possum. Si eam adhibeas diligentiam, vt soles facere semper in reliqua versione, quam in Euangelistam Joannem contulisti, maleuolis hominibus calumniandi nullam praebebis materiam. Habes etiam Matthiam nostrum Dabercusium, qui plurimum in iudicio, praesertim in rebus diuinis valet, is tibi interdum proderit, et faciet libenter. Iniquum plane hoc esset, si tantum operis et laboris in illo opere consumas, vt id gratis facias, hoc neque volo, neque cupio. De summa autem possumus coram statuere commodius. Cum enim necessitas flagitat, vt hac de causa, de rebus quoque aliis atque publicis, de studiis etiam vna sermones conferamus, abs te igitur peto, vt ad 13 diem huius mensis apud me hic his. Longius quam ante statueram, [me] processisse video, reliqua reseruemus ad tuum vsque aduentum. Omnipotens Devs te interea incolumem conseruet regatque te cum sancto suo spiritu, vt id in illo praeclaro opere efficias, quod ad gloriam sui nominis et ad salutem mortalium pertineat. Hoc ex animo opto atque cupio, quid ego

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 121 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

et debeo et possum facere, faciam libenter. Vale. Doberani, 9. Nouembris, Ao. 1557.

J. A. H. z. M.          
Manu mea sst.          

Exemplum literarum mearum ad A. Mylium.

Nach dem Concepte.


Nr. 11.

Des M. Andreas Mylius Studien=Ordnung für den Herzog Johann Albrecht.

D. d. Wredenhagen. 1558. Jan. 17.


S. Quod cum antea semper, illustrissime princeps, domine clementissime, tum uero posteaquam uitam meam meque ipsum Cels. tuae dedi, uel in primis optaui, ut mihi incredibilibus Cels. tuae erga me beneficiis aliquo saltem modo respondere diuinitus concederetur et in optimarum artium cognitione, linguae latinae perfectione commonstrandaque methodo debitam Cels. tuae nauare operam: hoc post tam diuturnum interuallum nunc quidem me spero esse consequuturum. Non enim uereor, ne qui toties libros ociumque de manibus Cels. tuae extorsit, in posterum quoque sit facultatem eius rei perficiendae habiturus, praesertim cum Cels. tuae ipsi uiderint cupiditatem, nec dubitem, Cels. tuae studia, ut huic patriae salutaria et exoptanda sunt, ita ad nominis Cels. tuae aeternam commendationem uel sola sufficere. Quamobrem ut in sententia propositoque suo constanter Cels. tua permaneat speretque, fortunam felicem non esse nobis defuturam et Deum, honestissimarum artium magistrum atque autorem, conatus Cels. tuae esse fortunaturum, Cels. tuam etiam atque etiam rogo. De me tantum habeo polliceri, me in colenda amandaque Cels. tua, fidelissimi hominis officio, in commonstranda methodo et rebus necessariis, diligentis et fortassis non imperiti doctoris muneri satis esse abundeque facturum. Quod si consequor, probatum iri Cels. tuae confido, meque centesimam saltem beneficiorum Cels. tuae par=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 122 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

ticulam remunerando attigisse laetabor. In ordine obseruando diligentia et assiduitate opus est. Sunt enim omnia obseruato ordine cum faciliora, tum etiam diuturniora. Quapropter meam de ordine sententiam exponam, totam autem eius rei disponendae potestatem Cels. tuae iudicio sapienti permittam.

Diebus Lunae, a sexta ad septimam, proponantur latinae linguae fundamenta, in quibus est dicendi scribendique perfectio.

Iisdem diebus, a septima ad octauam uespertinam, eadem repentantur.

Eadem fiant diebus Martis.

Diebus Mercurii et Jouis rerum et locorum philosophicorum tractatio suscipiatur. Quae est in lectione officiorum prope singularis. Illa autem minus annotationum est, plus autem lectionis in posterum habitura. Nam 1, ad Grammaticae praecepta 2, ad resolutiones locutionum 3, ad obseruationem salutarium praeceptorum omnia breuissime referentur.

Eadem iisdem diebus a septima ad octauam uespertinam repetantur.

Diebus Veneris, a septima ad octauam antemeridianam, stylus, qui uel solus est dicendi artifex, uertendo emendandoque exerceatur, Quintilianus. Emendatio pars studiorum utilissima.

A septima ad octauam uespertinam emendata describuntur.

Diebus Saturni, a septima ad octauam, sequentis diei festi Euangelium in methodum certam includatur. Quae res quantam sit utilitatem allatura, res ipsa facile declarabit.

Diebus Solis methodus Euangelii relegatur.

Atque hunc quidem ordinem, illustrissime princeps, probatum Cels. tuae iri confido. Sin sentit Cels tua aliter, a Cels. tuae iudicio non nimium discrepabo. Quamobrem ut certum ipse scire et constanter sineque immutatione utrinque obseruari possit, cupio me fieri a Cels. tua de mente sententiaque sua certiorem. Nihil est enim quod malim, quam ut Cels. tuae non solum paruisse perpetuo, sed eidem plurimum uidear

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 123 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

profuisse. Quod quidem, si hoc usu confirmabitur, fore confido. Vale. Dat. Vredenhagae, XVII. Junii, Anno M.D.LVIII.

          Cels. tuae

famulus

Andreas Mylius M.       

Auf der Rückseite steht:

Ordo studiorum.

Ordo rebus lumen affert.
Quicquid peccatur, peccatur neglectione rationis et ordinis.

1558. 18. Junii Vredenhagae.

Nach dem Concepte.


Nr. 12.

Herzog Johann Albrecht an Andreas Mylius.

D. d. Wismar. 1558. Oct. 9.


S. Epistola tua hodie cum adiuncto pulcherrimo de Deo loco ad manus peruenit meas, per enim mihi gratum fecisti, quod in componendo atque describendo tantum laboris suscepisti, ea enim argumenta omnia neque a philosopho, neque a theologo ante vnquam audiui, mihi profecto illa thesauris loco erunt. Dux Christophorus animum suum fraternum a me abalienauit, sed sine causa tamen. Ab hinc heri vesperi discessit et neminem nostrorum salutauit. Statuit se cum matre omnia esse locuturum et cum aliis principibus, quaerit etiam commicia et moram non necessariam, ne iter in Liuoniam faceret. Legatos Archiepiscopi ad se Schonenbergum est vocatus, et illi vsque in hunc diem nullum acceperunt responsum; quo spectant res, vides optime. Sed haec hactenus et coram fusius etc. .

Domina et coniux Vdalrici heri ad matrem quoque Meckelburgum est profecta.

Restitutionem Schonenbergi reiecit ad commicia, quae habere vult propter dilationem et alias ob causas etc. . Dixit Christophorus cum suis, ei nunc opus non esse curatoribus, suas res ipse prouidere et seipsum defendere facile posse. Frater Vdalricus de nihilo scit etc. .

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 124 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Quanta in istis inaudita est perfidia, nemo bonus credere potest. Ora mecum omnipotentem Devm, vt propter suum filium nostrum Dominum Jesum Christum istam perfidiam primo quoque tempore puniat.

Fac vt apud me diutius perendie hic sis, qui est vndecimus huius mensis, aut bene mane aut vesperi. Vale. Datae Wismariae, 9. Octobris, Ao. 1558.

Dei gratia J. A. H. z. M.     
Manu mea.             

Exemplum mearum litterarum ad Andream Mylium.

Wismariae 9. Octobris Ao. 1558.

Nach dem Concepte.


Nr. 13.

Andreas Mylius an den Herzog Johann Albrecht.

D. d. Schwerin. 1560. Jan. 3.


S. Vidi agrum Zetinensem, illustrissime Princeps, domine clementissime, et magnitudine pastionis et commoditate loci ad instituendam rem pecuariam amplam et fructuosam prope singularem. Quam huius etiam partis felicitatem Cels. tuae ex animo gratulor. Non enim uidi in hac terra locum rei pecuariae magis idoneum. Joachimus Plessen pecuniam se negat habere: quod siue ita est, siue consuetudinem suam in negando seruat, ego Magistrum Vuitebergensem cum aliqua eius molestia tenere cogor. Rogo autem Cels. tuam, ut mihi 20 Renanos mittat, quos illi nomine Cels. tuae reddam. Sed oro toto pectore Cels. tuam, quam secundum Deum et amaui semper et amabo dum uiuam, ut mihi ad literas meas clementer respondeat. Hanc Cels. tuae benignitatem non dubito multis commodis a Deo recompensatum. Vale. Dat. Suerini, III. nonas Januarias, anno M.D.LX, cuius, ut initia, progressus et finis reipublicae Celsitudinis tuae felicissimus et ipsi Celsitudini tuae faustissimus sit, Devm ex animo precor.

               Cels. tuae

famulus

Andreas Mylius M.        

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 125 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Illustrissimo Principi ac domino, D. Joanni Alberto, Duci Megapolensium etc, domino suo clementissimo.

Admanus Cels.        
eius proprias.            

(L. S.)

Nach dem Originale. - Der "ager Zetinensis" ist das Gut Settin, wo der Herzog ein Gestüt anlegte. - Der "Magister Witerbergensis" ist Johannes Caselius.


Nr. 14.

Herzog Johann Albrecht an Andreas Mylius.

D. d. Güstrow. 1560. Jan. 7.


Ad petitionem tuam quod attinet, quanquam statueram tibi aliquid certi scribere, tamen ea est eiusmodi, vt hoc tempore et statu rerum mearum non possim ad eam neque ad rem respondere. Ergo tibi mecum alia est expectanda occasio. Fide mecum intera Deo et curam, si quam habes, inanem abiice. Ipso enim Deo dicente est seruare profecto fideliter promissa et constanter. Ab ipso optimo maximo nunquam deserti sumus, neque deserit nos vnquam, quia curam de nobis suscepit. Quamobrem hortor te, vt si non omnem, at aliquam moeroris et perturbationis partem deponas. Videbimur enim Deo autore ad breue tempus cura metuque releuati. Aetas tua et valitudo istam solicitudinem nunc non postulat. Scis ipse, quid pro mea tenuitate semper feci, et id quidem libenter et non grauate feci. Scis quoque, quomodo se meae res habent, et si cum certis hominibus non transactum esset, quorum fidem et diligentiam, negligentiam potius et ruditatem magna mercede didici, in posterum non fient. Et ex animo vellem, vt tecum et mecum gestum fuisset illo quo scribis modo. Te memorem esse bene pro acceptis beneficiis laetor. Vtinam omnes essent etc. . Vale. Datae Gustrouii, 7. Januarii a nato Jesv Christo redemptoris nostri anno 1560.

J. A. H. z. M.             
Manu mea.               

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 126 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Doctissimo et humanissimo viro Andreae Mylio, consiliario meo fideli.

Ad manus eius proprias.        

Exemplum literarum mearum ad Mylium.
Gustrouii 7. Jan. Ao./60

Nach dem eilfertigen, viel corrigirten Concepte.


Nr. 15.

Andreas Mylius an den Herzog Johann Albrecht.

D. d. Schwerin. 1560. Jan. 8.


S. Illustrissime princeps, domine clementissime. Mirabile est quod scribam, sed quoniam ita accidit mihi, scribam tamen. Cels. tuae literae incredibili me laetitia et maerore simul affecerunt. Cum enim elegantiam styli et ipsam orationis formam contemplor, non possum non laetari, et Cels. tuae eam felicitatem ex animo gratulari. Quam quidem caeteri quanti faciant, ipsi uiderint, ego maximi honoris ornamentum in principe uiro existimaui semper, et sapienter cogitare et eleganter posse sensa animi siue dicendo siue scribendo exprimere. Quod quoniam Cels. tua est consequuta, et ipsi Deo unico et primo autori, et si patitur Cels. tua, certis quibusdam nonnihil gratiae deberi iudico. Exposui laetitiae meae causam. Venio nunc ad maerorem. Nihil mihi potuit a Cels. tua, nihil in uita unquam responsum fuit, quod minus expectationi meae conueniret. Ideoque literae Cels. tuae prope me exanimarunt, cum neque ad rem certi quicquam, neque spem ullius certitudinis afferrent. Ego si ii mihi parti thesauri essent, quos fortasse Cels. tua sibi persuadet, non solum a Cels. tua nihil peterem unquam, sed id pro magnitudine sumptuum iniquum aut impium potius existimarem. Nunc autem ea mea est ratio, et quoniam aperte scribendum est, ea aegestas mea, ut maxima auri pars, quod ego senectuti meae comparseram, sit erogata. Et fiunt impensae cotidianae. Quomodo igitur posteritati consulo, qui in diem uiuere cogor, et a cotidiano maerore non absum et in metu sum, ne opinione citius omni et argento et auro destituor, quod

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 127 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

quidem propediem fiet, si hoc modo a Cels. tua deseror praeter expectationem meam. Ego Cels. tuae causa utinam uitam possem profundere et iactura sanguinis fortunam Cels. tuae redimere, animus nulla dubitatione permoueretur. Jam igitur per Deum oro Cels. tuam, ut responsi sui aequitatem paulo propius clementer intueatur. Me inopem et parcius, quam necesse sit, de aegestate mea scribentem, opem, consilium a Cels. tua implorantem ad occasiones incertas incerti temporis Cels. tua reiicit: nullo consilio, nulla spe sustentat. Vnde interea necessaria, unde locum meum tuebor, si uel nulla cogitatione posteritatis affligerer? Sed quoniam aliud speraui semper, aliud sperare a Cels. tua iussus sum, aliud humanitatem Cels. tuae decet, aliud Devs iubeat, aliud mihi fortassis a Cels. tua debeatur (pace Cels. tuae dixerim), putaui Cels. tuam his etiam literis submisissime esse admonendam. Si me saluum, si mei similem, si aptum ad res, si in posterum alacrem esse uult Cels. tua, si nolit me esse miserum, inopem, solicitum, corpore praesentem, animo alibi peregrinantem, oro, rogo, obtestor Cels. tuam, ut ad superiores meas literas paulo clementius respondeat. Aliter enim tanto non sum animo, ut prae maerore et solicitudine oculos possim Cels. tuae intueri et citius opinione me ab angoribus, quibus maceror, non parum fractum et immutatum esse Cels. tua experietur. Non uillas, non agros, non possessiones, non thesauros annuos postulo: tanti enim non sunt seruitia mea, quamuis tanti sint Cels. tuae emolumenta: illud unicum peto, ut hoc tempore tantum ex fonte benignitatis hauriam, ut huius temporis necessitati succurratur et aliqua particula uideatur posteritati posse relinqui. Tanti sunt igitur mille thaleri, ut omnis Cels. tuae fortuna ex iis pendere uideatur, quibus ego semel semperque perpetuo contentus, ad nutum, imperia Cels. tuae, dum haec anima hoc continetur corpore, paratus uiuerem. Sed maerore non solum animus meus praecluditur, sed ne manus quidem suum facit officium. Si Musae et humanitas rogando pro me apud Cels. tuam suum locum non tenent, est Devs, qui me Cels. tuae suis etiam precibus commendat, et id sibi accidisse olim fatebitur. Propter illum rogo, oro et obtestor Cels. tuam, ut animum suum frangi et mihi accommodari patiatur. Quod si fit, ut profecto fiet, etiam noctes assumam, ut con=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 128 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

tinuo istic sim. Iam enim nec animo neque corpore satis firmo utor, sic me literae Cels. tuae debilitarunt. Vale, illustrissime princeps, et ut ego ualere possim, clementer responde. Dat. Suerini, 8. Januarii Ao. 1560.

               Cels. tuae

famulus

And. Mylius M.        

Illustrissimo Principi ac domino, Domino Joanni Alberto, Duci Megapolensi etc, domino suo clementissimo.

Ad manus Cels. eius proprias.     
(L. S.)                             

Nach dem Originale.


Nr. 16.

Andreas Mylius an den Herzog Johann Albrecht.

D. d. Schwerin. 1560. Jan. 8.


S. Doctoris Drachstedii uiduae nuper Suerini responsum est de sententia Cels. tuae et domini Theodori, quod cum neque satis de ratione expensae pecuniae constet, neque ii petant, in quorum autoritate uiduae negocia constare uiderentur, Cels. tua eam rem integram ad dies uersurae reiecisset. Etsi autem qui eius rei causa a uidua euocati ad Cels. tuam Gustrouium proficiscuntur, non dubia in spe sunt, fore ut, quod aequitatis est, per se suaque sponte Cels. tua faciat: tamen a me literas meas testeis dati responsi postularunt. Quas ego neque negare debui, neque is esse uolui unquam, qui a communi humanitatis sensu, cum scilicet idem mihi quoque et meis accidere possit, longe abesset. Cels. tua sine admonitione mea faciet, ut existimatio Cels. tuae nullam in partem uideatur esse imminuta. Vale, illustrissime princeps. Dat. Suerini, 8. Januarii, Anno 1560.

                Cels. tuae.

famulus

Andreas Mylius M.        

Illustrissimo Principi, ac domino, D. Joanni Alberto, Duci Megapolensi etc. ., domino suo clementissimo.             (L. S.)

Nach dem Originale.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 129 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Nr. 17.

Herzog Johann Albrecht an Andreas Mylius.

D. d. 1560.


J. A. D. G. D. M.

Humanissime vir.

S. Literas tuas et longas et profecto sapienter scriptas hic in ista meorum negociorum multitudine semel atque iterum perlegi. Enumeratio tua de encomio haeroum atque fortium virorum et prudentiorum, in qua quoque meam honoriolam, quam scio esse minimam, attingis, mihi fuit periucunda. Pro me autem oro atque inuoco filium Dei, vt mihi ad sui nominis gloriam ad conseruandas in hac prouincia ecclesias et scholas, ad propagandam iustitiam et disciplinam bonam vires atque sapientiam in dies magis magisque suppeditet. Secundum illud viuitur ingenio, caetera mortis erunt: sunt enim solius eius opera et dona diuina, quique saluos nos effecit et suos bono tamen mirifico modo sustentat contra furores diaboli, tyrannorum haereticorum et omnium acerbissimorum hostium eos incolumes tandem conseruat.

A nato Jesv Christo redemptoris nostri anno 1560.

Nach dem Concepte.


Nr. 18.

Herzog Johann Albrecht an Andreas Mylius.

D. d. Güstrow. 1560. Jan. 13.


S. Hac in hora a Tilemanno tuae litterae mihi sunt redditae. Etsi statueram ante triduum ad superiores litteras tibi respondere, vt te a molestia abducerem, tamen ita multitudine negociorum fui occupatus, vt non potuissem id quod volui perficere, tam multum enim dum adfui hic legi et manu scripsi mea et die et noctu interdum, vt etiam ab oculis doleam. Non enim studio neque iracundo animo tam diu silentio meo vsus sum. Tu enim proximas literas meas non recte accepisti:

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 130 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

adiuuandi tui spem non ademi omnem, sed reieci te in tempus aliud magis idoneum. Mirum mihi profecto accidit, te tam esse animo abiecto et sollicito, qui alios soles consolari. Quare dubitas de mea erga te voluntate? Quid contra te feci? Quando te repudiaui? Quod nunc in mea incommoditate magna vel calamitate potius tibi negaui aliquid, peccatum puto non esse ita magnum. Tu quoque a me nominatim nihil petiuisti. Quomodo mecum agitur, tibi optime constat et plura his audies; quomodo isti pacta atque promissa seruant, ipse scis et multis nunc cognitum est: bona et commoda prope omnia ad se rapiunt, praesentem atque certam pecuniam contra fidem et iusiurandum auferunt, interim sinunt me quotidie sumptus facere magnos quidem et tamen necessarios, et in dies creditores a me nomina exigunt, quinquennium nunc est finitum, possessiones meas alii habent, interdum mihi dictum Maximiliani regis, quod a Virgerio audiui, in mentem venit: "Ego habeo titulum, alter vitulum", et quod inter nos liceat dicere, me totum student opprimere. Sed Deus iustissimus est iudex non in caelo solum, verum etiam in tota terra; ille enim funditus istos propediem, vt spero, delebit. Quamobrem ignosce mihi id, quod ex necessitate proficiscitur. Fer mecum nunc aduersam fortunam patienter, tenebimus aliquando Dei beneficio secundam quoque fortunam pulcherrime. Nullo enim modo sum erga te animo abalienato; te posse plurimum facile intelligo. Deus viuit, nos quoque eius beneficiis vitam agimus, reconsolabitur nos ille vicissim. Quod differtur, non aufertur. Aduentum tuum ad diem Lunae sine exceptione expecto. Euangelia et tituli desiderantur. Vale et bono es animo. Datae Gustrouii 13. Januarii Ao. 1560.

Manu mea.          

Andreas Aurifaber medicus
nuper mortem cum vita
commutauit et subito et
misere.

Exemplum literarum ad Mylium.     
13. Januarii Gust. Ao. 60.           

Nach dem viel corrigirten Concepte.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 131 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Nr. 19.

Herzog Johann Albrecht an Andreas Mylius.

D. d. Schwerin. 1560. März 28.


S. Illustrissime Princeps, domine clementissime. Superioribus literis meis adiunxi Genesin; uxori Lucani heri abeunti alias ad Cels. tuam adiunxi literas meque aureum librum Lutheri in 53 caput Jesaiae in latinum sermonem conuertisse et, si uideretur, Cels. tuae eum mittere velle ascripsi. Sed non solum nihil a Cels. tua accepi literarum, sed ne scire quidem potui, ubi Cels. tua certo posset conueniri. Affinis meus nondum uenit: cui quid euenerit et an apud Cels. tuam fidem inuenerit, nondum cognoui. Ego igitur animi pendeo. Praefectus Suerinensis reuersus mihi nihil nunciat. Quamobrem etiam atque etiam rogo, ut quid tandem factu opus, an ueniendum, quo ueniendum sit, intelligam. Quo cognito, citissime ad Cels. tuam aduolabo. Vale. Dat. Suerini, XXVIII. Martii Anno LX.

                Cels. tuae

famulus

Andreas Mylius M.          

Illustrissimo Principi ac domino, D. Joanni Alberto, Duci Megapolensi etc. ., domino suo clementissimo.

Ad manus Cels. eius proprias.     
(L. S.)                      

Nach dem Originale.


Nr. 20.

Andreas Mylius quittirt den Herzog Johann Albrecht auf die abschlägliche Zahlung von 400 Goldgulden von der ihm für die Studienleitung des Herzogs von demselben verheissenen Summe von 1000 Goldgulden.

D. d. Schwerin. 1560. Nov. 1.


Ego Andreas Mylius huius syngraphae meae testimonio fateor, posteaquam Deo optimo maximo uisum et eiusdem singulari consilio factum est, ut illu=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 132 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

strissimus princeps ac dominus D. Joannes Albertus, Dux Megapolensis etc. ., dominus meus clementissimus, rectissimis studiis atque optimis et principe uiro dignissimis artibus deditus mea opera in studiorum curriculo sibi utendum esse iudicaret, me, postulante illustrissimo principe, et de ratione studiorum et mercede mea plane cum illustrissimo principe transegisse. Ac lectionum quidem ordinem et numerum complexus tabula sum, in cuius et obseruatione et fideli atque integra expositione me ab officio boni et fidelis interpretis nusquam recessurum esse promitto. Mercedis autem loco, etsi pro illustrissimi principis infinitis in me beneficiis de referenda gratia potius, quam de noua mercede postulanda cogitare debebam, tamen sui similis optimus princeps perfecto a me docendi munere et penitus a se latina lingua cognita mille aureos, quos florenos appellant, se mihi numeraturum esse promisit. Sed rebus meis ita postulantibus, ut quaesito mihi opus esset, quadringentos aureos me ab illustrissimo principe accepisse et sexcentos mihi perfecto opere apud illustrissimum principem reliquos esse fateor. Quae res ne quam unquam dubitationem haberet, syngrapham hanc meam manu scriptam mea signo meo sciens uolensque obsignaui. Actum Suerini, Cal. Nouembribus, Anno M.D.LX.

(L. S.)

Nach dem Originale.


Nr. 21.

Herzog Johann Albrecht an Andreas Mylius.

D. d. Güstrow. 1560. Dec. 13.


Etsi a te epistolam expectabam longiorem et alia scripta, tamen ad tuam istam perbreuem in magna mea occupatione putaui breuiter rescribendum. Quod de expediendo fratre tuo et Carstedto mones, id scito ante quam Plessius ad me veniat, fieri non posse. Nimis magnum postulant, et sumptus domestici fiunt cotidie maiores. Tua tamen tuorumque causa faciam omnino aliquid. Heri literas accepi, quanquam

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 133 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

non plane ex sententia mea, a rege Franciae, a rege Nauarrae et a rege Poloniae, a Radiuilo, a cardinale Lotharingiae, a duce Prussiae, quas omnes in nostrum congressum reseruabo. Ipse autem interea quid faciendum sit, deliberabo. Perge tantum in tuo labore et mitte mihi dialogum et consolationes de morte. Vale et Matthiam saluta, cuius epistolam ad me scriptam nondum vidi. Datae festinanter Gustrouii, Idibus Decembris, Anno LX.

Manu mea.          

Doctissimo atque humanissimo viro Andreae Mylio, consiliario meo charo,

ad manus eius proprias.

Cito.               

(L. S.)

Nach dem als Original abgesandten, viel corrigirten Concepte.


Nr. 22.

Herzog Johann Albrecht an Andreas Mylius.

D. d. Gorlosen. 1561. Aug. 3.


J. A. D. G. D. M.

Epistolam tuam, humanissime vir, squaloris et tristitiae plenam, qua te paruo filiolo tuo orbatum esse scribis, cum dolore legi. Omnes mei, qui istinc veniunt, te nimium ex illo sensu paterno cruciari nunciant; quod quidem fero permoleste, mirum enim accidit mihi, quod te, qui alios soles consolari, nunc egere consolatione audiam. Scis ipse, frustra nos maerore confici, cum uideas, nihil posse profici. Quid quaeso nostris quotidianis querelis efficitur? Quid si hoc et ipsi Deo molestum sit et ab hominis constantia abhorreat? Quid facis igitur? Cur teipsum tantopere maceras? Cur Deum communem parentem autoremque rerum (cuius nos indigni sumus famuli) offendis? Quo iure hoc facis? Quis ipsum accusare, quis ipsius consilium mutare possit? Non tyrannico, sed etsi miro, paterno tamen modo nobiscum agit Deus ducitque nos. Deus multis partibus melius scit, quam ipsi nos, quid expediat nobis rebusque sit vtile nostris; ille fidelis est (vt s. Paulus

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 134 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

hodierna epistola loquitur), qui non committit, vt supra vires affligamur, sed efficit, vt calamitas habeat exitum, quem ferre possimus. Non tibi iam legem hominum communem conditionemque, ad quam nati sumus, ad animum reuocabo, sed tamen ita omnes nati sumus, vt iussu summi Imperatoris e vita tanquam e statione nobis sit decedendum. Frustra igitur dolendo legi communi resistitur: omnibus est moriendum. Quin etiam vult ipse Deus suos eiusmodi exerciciis erudire, et relictis rebus omnibus, quantumuis charis, eius voluntatem rebus mundanis anteponamus. Hoc qui faciant, scis Deo esse charissimos. Haec considera. Qui bonam fortunam moderate tulit, is luctum etiam et incommodum constanter ferre debet. Mors est contemnenda, mors piis non est mors, sed ianua et ingressus in vitam, praesertim pueris, qui in nomine Jesu baptisati sunt, in quorum uita minus est peccatorum. His mors ipsa saltem commutatio loci est, neque in morte mali est quicquam. Haec si ethnici tam constanter in suorum morte et aequissimo animo sibi proposuerunt, sine ulla spe et promissione diuina, quid nobis Christianis faciendum censes, quorum neque corpus interit, neque anima. Iam agnosce ingentem Dei amorem erga genus humanum. Nemo profecto scire potest, quantus ille fuerit, cum suum vnicum filium pro nobis morti obiiceret, nisi qui ipse quoque aliquem de suis charissimis filiis amiserit. Cum igitur te angit filii mors, recordare, quam charus Deo fueris, qui suo filio vnico non pepercit. Quapropter hortor te, vt te colligas, animum erigas, dignitatem tuam retineas, maerorem deponas et magno animo istam aegritudinem contemnas: promissorum quidem certe nondum est finis. Scis me quoque hoc eodem anno ante pauculos menses similem plagam accepisse, cum primogenito meo filio charissimo in Prussia orbarer, atque ille quidem iam nonnihil aetate progressus erat: quid mihi de eo misera ratio humana dictare poterat, quantam spem conceperam! Sed quid in tanto dolore facerem? Cum Deo altercari non licebat: fuit igitur ipsius voluntati obtemperandum; sic in ipsius sanctissima voluntate conquieui et cum Iobo dixi: Dominos dedit, Dominus abstulit, sit nomen Domini benedictum. Qui mihi illum dederat, eidem reddidi, apud quem is optime nunc in caelesti et aeterna nostra schola instituitur. A Deo

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 135 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

spiritu sancto consolationem petiui: idem tibi quoque in eadem causa censeo esse faciendum: cui etiam eidem mecum age gratias pro caeteris donis, quibus nos benignissime et cumulate ornauit, precemurque Deum optimum maximum propter filium Jesum Christum, vt nos nostrosque omnes in posterum incolumes florentesque ad sui nominis gloriam paterne conseruet. In summa: nobis est durandum (wir mussen aushalten) et auxilium Dei expectandum. Qui nos afflixit, idem ille vicissim nos aliquando recreabit. Nostri haeredes sunt in coelo, quos quidem Deo iubente nos ipsi in aeternam patriam sequamur. Vale et virum te fortem praebe. Datae festinanter Gorlosii, III. non. Augusti, Anno MDLXI.

J. A. H. z. M.          
Manu mea sst.          

Ad alternam tuam epistolam quod
attinet, triduo tecum ipse coram et
de rebus aliis loquar.

Doctissimo et humanissimo viro Andreæ Mylio consiliario meo charo.

Ad manus proprias.     
Cito.               

(L. S.)

Nach dem als Original abgesandten, häufig corrigirten Concepte.


Nr. 23.

Andreas Mylius an den Herzog Johann Albrecht.

D. d. Münden. 1562. Nov. 20.


S. illustrissime princeps, domine clementissime. Quarto a discessu meo die Mundam ueni. D. Ericum non inueni; is enim cum unam noctem in festo Martini apud coniugem fuisset, repente in Belgicum reuersus esse dicitur. Hac hora expecto cancellarium Joannem Riccium, ex quo certi aliquid cognoscam. Rogo Cels. tuam, vt supellectilem meam istic relictam Petro famulo argentario curandam mandet. Cum Ericus non sit domi, cogitandum est Cels. tuae, existimetne, con=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 136 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

iugem et sororem Neostadium ad Rubergum esse arcessendas. Vtinam Cels. tuam, rebus omnibus ex sententia expeditis, citissime uideam. Si quid causa uectigalium habitura est difficultatis, apud Caesarem et Regem instare non desinat. Cels. tua Virtebergensi non est inferior. Ego me Cels. tuae diligentissime commendo. Vale. Datum Mundae, XX. Nouemb., Anno M.D.LXII.

            Cels. tuae

famulus

Andreas Mylius M.     

Cancellarius abesse Ducem Ericum, sed cito rediturum esse affirmat. Is causam suam, de qua scribit, per se commendari uult. Commendo quantum possum et debeo causam ignotam.

Dem durchleuchtigen hochgebornen Fursten vnd herren hern Johan Albrechten, hertzogen zu Meckelnburgk, Fursten zu Wenden, Grauen zu Swerien, Rostogk vnd Stargart der lande hern, meinem gnedigen Fursten vnd herren.

Z. s. f. g.            
eigen handen.        

(L. S.)

Nach dem Originale. - Der Herzog war damals in Frankfurt a. M.


Nr. 24.

Herzog Johann Albrecht an Andreas Mylius.

D. d. Güstrow. 1563. Jan. 25.


J. A. D. G. D. M.

Literas tuas et eleganter omnino et sapienter scriptas a tuo puero accepi, ex quibus genus ipsum aequissimae postulationis tuae et condiciones intellexi. Ego uero te absente neque agere de hac re, neque statuere possum quicquam, neque meae res neque tempus plura me ad te scribere patiuntur. Tua igitur opus est praesentia teque ipsum hodie expecto; futura quid factu opus sit, quid fieri, studiose deliberabo. Multa tibi scriberem, sed neque uacat, neque diu hic commorabor. Propterea gratissimum mihi feceris, si tantum quantum poteris, properaueris. Perendie Theo=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 137 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

doricum uidebo. Vis pestilentiae neque hic, neque aliis in locis tanta est, quantus rumor fuit. Vale et propera. Datae festinanter Gustrouii, in die conuersionis Pauli, Anno MDLXIII.

J. A. H. z. M.            
Manu mea.             

Prae festinatione exemplum neque
describere, neque relegere potui.

Doctissimo et humanissimo viro Andreae Mylio, consiliario meo charissimo

descripsi.

Ad manus eius           
proprias.              
Cito

(L. S.)

Nach dem als Original abgefertigten, viel corrigirten Concepte.


Nr. 25.

Herzog Johann Albrecht an Andreas Mylius.

D. d. Schwerin. 1563. März 16.


In magno dolore sum vel potius maerore, humanissime vir, propter obitum illustrissimi meique charissimi principis Wilhelmi marchionis Brandenburgensis et archiepiscopi Rigensis sancte pieque memoriae. Dici enim non potest, quam molestissime ipsius mortem fero, ita etiam vt ipse quoque amplius viuere non cupio; amisi enim charissimum meum, excepto vno duce Prussiae, amicum, quem in toto mundo habui. Nam quod ipsum optimum principem tam amaui charumque habui, hoc a me temere factum non est, nam bene vel optime potius et de me et de tota nostra familia est, vt scis, meritus. Quis enim non videt, qui et recte vult et potest videre et iudicare, quod ille bonus princeps et . . meo et alienissimo reipublicae tempore occubuit. Quis me miscrior, qui tales et tam multos, tam veros tamque fidos amicos in paucorum spacio annorum et in hoc presenti anno et vno fere die d. archiepiscopum et

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 138 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

praecipuos meos consiliarios Theodoricum et Lucanum amiserim. Ad magnum hoc malum accedit quoque non minimum (quoniam nulla calamitas sola esse potest) inobedientia (vt leuissime dicam) ducis Christophori. Quomodo enim se viuente archiepiscopo gesserit, ex litteris adiunctis cognosces, quod ipsius factum mihi male habet et maximopere displicet. Sed quid in hac re agam, plane incertum est, praesertim in illo squalore et festinatione. Dedit mihi illustrissimus Prussiae dux consilium, quod ego quidem sequar (vt soleo), sed dubium est, an ille alter, ad quem ablegaturi sumus, sequetur, nam sepenumero est id et coram tentatum. Faciemus autem et nostra et quae possumus honeste, et euentum Deo optimo maximo commendabimus. Optandum esset propter certas causas, vt ipse essem apud regem Poloniae, sed mallem libentius, si per legatos id potuisset perfici, quod per me, nimio enim peregrinando prope sum defatigatus. Tu vtere in omnibus rebus primo loco illustrissimi ducis et sapientissimi Prussiae consilio, quid mihi factu opus erit, et postea iudicio Cancellario, viro docto et experito, cui Polonica nota est respublica, qui me etiam, vt spero, diligit. De illorum voluntate et sententia fac me primo quoque tempore certiorem.

Negocii Martini de Hoffe ne obliuiscaris velim, ille enim quotidie hic non sine suo et meo quoque incommodo responsum expectat.

Omnes tui Dei beneficio valent. Filius tuus ante aliquot dies aegrotus fuit, sed nunc melius cum eo est factum. Tu quoque cura vt valeas.

Datae Suerini raptim et in luctu, XVII cal. April., anno MDLXIII.

J. A. H. z. M.              
Manu propria sst.          

Exemplum mearum literarum ad Mylium, Swerini, XVI Martii, Ao. 63.

Nach dem Concepte. - Andreas Mylius war damals in Preußen.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 139 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Nr. 26.

Herzog Johann Albrecht an Andreas Mylius.

D. d. Warschau. 1564. März 10.


Jo. Alb. D. g. D. M.

S. Redditae sunt mihi tuae literae a Casparo Wulffstorffio. Etsi ille iter fecit Regiomontum, tamen me hic inuenit et in die paschatis, vt spero, esset inuenturus. Etsi a scribendo plane nescio quomodo abhorreo, qui idem cogitationibus et occupationibus valde sum occupatus, tamen me ipsum et vici et tantum temporis sumpsi iramque aliquantulum sedaui. Non libenter contra praeceptum vtor, ita viuam, exordio ab indignatione, sed libentius vsus essem a captatione beneuolentiae, si res pateretur, neque te libenter, sed potius amentiam meam accuso, quod omnes vos, mei consiliarii, hoc potissimum tempore dimiserim, quod tamen non factum est tam mea, quam vestrorum et culpa et voluntate. Ego vero nunc plane nudus sum a consiliariis, neminem fere habeo, quocum possum tute loqui et deliberare de rebus grauibus, quae nunc post vestrum discessum tractantur et initium coeperunt. Scis enim optime, quos mei honoris causa et magnis meis sumptibus et donis mecum adduxi Christophorum Wirspirgium, Wernerum Han, Joannem Krusium; neque doctor Hofmannus nunc est apud me, quia filius illi mortuus est, propterea accepto nunctio in magna festinatione perturbatus ante tribus septimanis vehementer hinc discessit. Ad hoc malum accedit illud quoque, quod doctor Jonas periculose aegrotat, ita etiam, vt decumbat; laborat enim ex calculo, quem morbum antea non habuit. Quae vos mala ratio in istum errorem induxit, vt domum omnes simul abeatis et principem vestrum solum in istis locis alienis relinquatis? Juraui et iuro iterum atque iterum, quod illum dominatum meis bona gratia nunquam sum concessurus, quia neque aequum, neque iustum est, neque est seruorum, imperare dominis et deserere illos. Nonne hoc maximopere est dolendum, non dicam ignominiose, quod ex meis neminem et ne vnum quidem, qui tot alo atque sustento,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 140 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

consiliarium apud me habeo, praesertim nunc, cum agam coram rege et statibus huius regni amplissimi. Hoc pro certo habeto, quod non parum me tua praepropera festinatione offendisti, et dum apud me fuisti, magis contra me non fecisti; ad hoc tempus iam diu te reseruaui, nunc autem praesentia tua mihi frui non licet. In Deum et in me et in te ipsum peccauisti, et vehementer quidem certe. Pete prius a Deo veniam, postea tibi quoque respondebo. Devs videt et animaduertit omnia, coram illo clam neque occulto fieri potest quicquam; ille amat constantiam et remunerat sua benedictione obedientes; qui vero scienter contra ipsius mandata vel agunt vel ea negligunt, punire solet et consueuit. Possem tecum exempla, si opus esset, multa enumerare. Caue, si me amas et a me vis amari, ne tale aliquid in posterum committas; res fuit profecto mali exempli et ad imitandum pessimum, et quae facile et non immerito, praesertim eorum, qui sunt in magistratu, etiam hominis clementissimi stomachum mouere solent. Sed satis de illo; redeo nunc ad epistolam tuam. Quod scribis de secreta tractatione cum duce Prussiae et de negocio illo toto etc. ., nihil est. Post festum enim venimus. Ante annum in comiciis Petrocouiensibus illi omnes excepto vno inuestituram impetrauerunt; a certis hominibus, qui ibidem adfuerunt, illa exploraui. Et puto, illud fuisse, quod Dux Prussiae audiente te dixit, me esse aliquantum negligentem etc. . Nunc cum tam multi eorum sunt, non valde curo et spem longam reseco. Deus potest et vult nihilominus mihi opem ferre etc. .

Ad tuam causam quod attinet, nescio quid plane scribam. Non solum dantis est, vt rationem habeat diligentem, cur det alicui aliquid, sed est etiam accipientis, cur accipiat aliquid ab aliquo. Ego enim propterea tibi nuper mille thaleros, quorum tu mentionem facis, dedi et quidem alieno meo, sed tamen primo quoque tempore, vt mihi vsui esse posses et consilio et diligentia ad ea potissimum negocia, quae hic et in Prussia tractantur. Non solum decet sapientem et gratum hominem, praesentia spectare et futura prospicere, verum etiam acta et praeterita recordari. Iracundia facit, vt non aliter scribam ac sentio; laudant enim Peripatetici iracundiam et vtiliter datam esse a natura dicunt, praesertim si causa sit firma etc. .

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 141 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

De rebus grauibus locutus sum cum rege solus et cum Ratziuilo, qui quater ante discessum hinc suum apud me fuit. Etsi hodie sunt IX septimanae integrae, cum huc venissem, tamen nondum mea causa est incepta. Omnes ordines Liuoniae et etiam Rigenses ante XIIII. dies huc venerunt. Omnes miramur et detestamur perditissimam regis procrastinationem. Episcopi non fauent mihi et omnino dissuaserunt, ne mecum ageret rex pro filiolo meo, et multas artes vult persuasu Ratziuili et Curlandiae rex ab archiepiscopatu abalienare; nisi ipse coram tam diu fuissem et solicitassem, omnino nihil impetrassem, quod nunc etiam non est sine dubitatione, quanquam mihi spem optimam faciunt; Liuoniae Status, quos aliquoties sum allocutus, bene mihi volunt etc. .

Multa haberem tibi et mirabilia, vt ille ait, quem nosti, quae ad aures meas peruenerunt, scribere, sed tutum non est neque consultum. Discessit Radiuilus et ex vnione Lithuanica parum vel potius nihil factum est. Etiam de executione, vt vocant, nihil erit et vana et plane vana miseraque sunt omnia.

Curlandiae Dux nunc est Regiomonti. Rex magis est inclinatus in alteram, quam in hanc partem.

Plura non licet, sum enim perturbatus et nondum placatus. Vale tamen, et velim, vt mandata mea cures diligenter, et verte cum primum librum sapientiae Salomonis ad tyrannos.

Datae Warsouiae, VI. Idus Martii Ao. M.D.LXIIII.

Manu mea          
sst.               

Meis verbis saluta Matthiam
meum Dabercusium; ille enim
certo tempore cum suis accipiet
stipendium a Plessio. Ab illo Mathia
patere reprehensionem et non imme-
rito, vel potius castigationem.

Nach dem Concepte von der Hand des Herzogs Johann Albrecht.
Auf der Rückseite steht von der Hand desselben:

Exemplum mearum literarum ad Andream Mylium, Warsouiae Anno 1564.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 142 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Nr. 27.

Andreas Mylius an den Herzog Johann Albrecht.

D. d. [1564.]


S. Illustrissime princeps, domine clementissime. Quod hoc luctuoso meo planeque misero absentiae meae tempore ueritus sum, fore ut aut indignatione Cels. tuae, aut maleuolorum calumniis aliqua mihi macula uel dignitatis, uel imminutio existimationis subeunda esset, hoc mihi nunc quidem certe intelligo accidisse. Posteaquam enim iam sedecim annos mandato Cels. tuae, a latere Cels. tuae ne quidem iter faciens, uspiam discessi: quin potius animum et aureis Cels. tuae quam potui suauissimis et a doctrina non alienis praeceptis in ipso curru refersi, fecique ut ipsum etiam iter a dignitate humanitatis non discreparet, ab hac quasi statione mea et praesidio, in quo sum a Cels. tua collocatus, iam depulsum, deiectum et cum risu partim et laetitia horum hominum, partim optimorum uirorum dolore, non leui macula me conspersum esse animaduerto. Nullius felicitati, uirtuti et dignitati inuideo, neque enim diffido meae, sed alterius dignitatem cum mea ignominia constitutam ferre non possum. Si tot annos fidem et amorem meum erga se singularem Cels. amauit tua, si dignitatis meae autor, fortunae meae totius quasi quidem Devs Cels. tua semper antea fuit: cur hac me dignum nota et tanto me excruciandum uulnere iudicat? Hac distractione et stationis meae tam diuturnae commutatione ipsam uitam mihi acerbam puto. Quamobrem, illustrissime princeps et domine clementissime, cum sciam, totius aulae et hominum prouincialium oculos ad iudicia Cels. tuae esse coniectos, nec dubium sit, quin hac mea ruina, quae depulsione a loco manifesta est, sempiterna etiam apud exteros mihi subeunda macula sit, oro, rogo et obsecro Cels. tuam, quae initio de me paterne statuit omnia, nunc etiam statuat dignitatis meae habendam esse rationem. Sin repudior, Cels. tuae hoc iudicio afflictus, neque oculos Cels. tuae neque cuiusdam pudore aspicere possem. Neque omnino imminuta existimatione esse uelim. Iterum igitur atque iterum rogo, det mihi ueterano hanc ueniam, ut aut saluo et integro honore meo

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 143 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

cum animi mei firmitate in rebus Cels. tuae elaborare possim, aut tanquam rebus suis omnibus muneribusque perfunctum sine ignominia ocio isto meo sordido remotum a negociis me contubescere patiatur.

Ouidius:

Fallitur augurio spes bona saepe suo.

Ad hoc iter Dionem et cogitationum mearum summam attuleram, idque curru rectissimo fieri potuisse speraui, sed etc. .

Sin meus mihi locus non eripitur, nec itineris magnitudine, nec temporis diuturnitate, nec negociorum difficultate me a Cels. tua unquam patiar separari.

           Cels. tuae

famulus

Andreas Mylius M.     
sst.             

Nach dem Originale.


Nr. 28.

Herzog Johann Albrecht an Andreas Mylius.

D. d. Sternberg. 1565. April 4.


Joan. Alber. Dei gratia Dux Megapol.

S. Omnia a te data mihi putabo, si te valentem videro. Etsi enim mihi aliquantulum est molestum, te hoc quidem tempore a negotiis abesse, et apud certos homines non es absque suspicione, tamen te apud illos propter aduersam valetudinem vix excusavi et apud me excusatum habeo. Valetudini enim est fideliter inseruiendum. Quamquam ipse regulam illam cuperem in primis obseruare, sed et tempora et negotia me ab illa cura maxime necessaria abducunt. Quam ob causam caeteri consiliarii non adsint, plane non video. Nam per quod tertium se putant inuidiam effugere, per illud ipsum magis in illam veniunt. Ego vero, ita viuam, istam licentiam vel stultitiam potius, quae contra meam est dignitatem, nullo modo meis ministris in posterum concedam, et nescio, quo pacto nouus ille et insulsus mos et pessima consuetudo ceperit initium.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 144 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Facile patior, vt te cum tuis recrees totum beneque confirmes. Iter nobis restat, vt scis, satis longum. Descriptionem itineris a te primo quoque tempore expecto, et initas cum praefecto meo Swerinensi conditiones, et si descripta fuerit, resolutionem methodicam in orationem Ciceronis.

Vlricus adest cum suis, et non, vt arbitror, sunt absque metu. Satis bonum Dei beneficio initium ad negotium tibi cognitum feci.

Multa praeterea haberem, sed coram tutius, et mihi tempus amplius nunc scribendi non est. Etiam atque etiam noster Tiro vale, Matthia eque meo, quem valde diligo, et quia laetus est et constans in vocatione et labore suo et in officio diligens, meis verbis salutem dic. Vale iterum meque, vt soles, ama. Datae festinanter Sternebergi, IIII. Aprilis, Ao. MDLXV.

Manu mea sst.          

Dem Wolgelarten vnserm Rath vnd lieben getrewen Magistro Andreä Mylio zu Schwerin.

Nach dem Originale.


Nr. 29.

Herzog Johann Albrecht an Andreas Mylius.

D. d. Rostock. 1565. Nov. 8.


Joan. Alb. Dei gratia Dux Megapol.

S. Etsi caeterorum, humanissime vir, consilia speciem habent magnae vtilitatis, tamen, vt ego video, quod quidem non est difficile videre, coniuncta sunt cum certo atque maximo periculo, etiam si nunc non multum esset pertimescendum: at in posterum tamen est prospiciendum. Nihil profecto certius foret, quam materia sempiternae litis. Propterea consilio tuo vtar et optimo et Christiano. Non dubito, quin omnes boni et pacis amatores et etiam posteritas hoc tuum et meum consilium et probarentur et sequerentur. Propter deum, propter conscientiam, propter famam et propter patriam omnia sunt et facienda et perferenda. RRR, rumen, rechenen, rechen, solius, vt scis, Dei partes sunt.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 145 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Ipse optime faciet, qui dixit: Mihi vindictam et ego reponam. Si ille non omnem prorsus humanitatem exuisset vel potius abiecisset, fuisset hoc certe factum pro tota nostra familia etc. . Cras, vt puto, responsum habebo. Perendie tuum hic aduentum multas ob causas expecto. Maior numerus consiliariorum tibi nunc assentiantur. Bono ergo fac vt sis animo in bona causa et timorem depone omnem. Quid dux Prussiae ad me scripsit, habes. Hac de causa matrimonii, de tempore, de literis cum coniuge et sorore loquere et originale tecum affer et meas ad ducem Vlricum literas Bolckouiae datas. Caesar heri per postam ad me quoque scripsit, item Landgrauius, qui omnino nihil scit de expeditione. Semper plus mali in metu, quam in re est. Vt tam diu commorantur Goltbirgum, donec iterum scripsero, cura. Vale. Datae Rostochio, VIII. die Nouembris, Ao. 1565.

Manu propria sst.          

Exemplum literarum mearum ad Andream Mylium.

Nach dem Concepte.


Nr. 30.

Andreas Mylius an den Herzog Johann Albrecht.

D. d. Prag. 1570. April 21.


S. Si quis nunc forte ex illo ueterum philosophorum (ex horum enim scholis et fontibus non in republica tantum praestantissimos uiros, sed principes inueniendi dicendique extitisse certum est,) ex illorum igitur numero si quis nunc adsit seque causam Cels. tuae, princeps illustrissime et domine clementissime, suppeditandis rebus ad persuadendum idoneis digerendisque argumentis praeclare adiuturum esse polliceretur, hunc ceu de caelo delapsum, quibus a Cels. tua honoribus affectum, quibus muneribus cumulatum iri dicam? Profecto quae Cels. tuae uirtus et in ornandis ingeniis liberalitas est singularis, nullis praemiis, nullis sumptibus parceret. Et recte: ea enim nostrae causae ratio, ea magnitudo est, itaque eius ad posteritatem quoque pertinet ratio, ut quo quisque in hac ornanda adiuuandaque plus industriae, ingenii fideique attulerit, hoc non tantum muneribus amplioribus, sed praedicatione multorum secu-

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 146 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

lorum dignior esse uideatur. Liceat mihi, illustrissime princeps et domine clementissime, non de me, quod inuitus semper et feci et facere debeo, gloriosius, sed de temporum nostrorum moribus et iam inueterata consuetudine cum Cels. tua paulo accuratius sermocinari. Ita uiuitur itaque consuetudo diuturna callum obduxit animis nostris, ut aliena semper expetere potius, quam domestica uel agnoscere, uel amare possimus. Quod haec quidem aut praesentia sua, aut cotidiano usu uilescere, illa opinionis errore maiorem sui admirationem concitare consueuerunt. Quem si quis Deus errorem nobis eripere posset, nec optando frustra laborare, nec aliena expetendo nostratia negligere cogeremur. Quid? inquiet Cels. tua, tu te cum illis antiqui seculi inueniendi dicendique magistris comparas? Ego uero et ingenii laudem perexiguam mihi ac fortassis nullam arrogo, et in eo quantum quisque uolet, cuiuis nostrae quoque aetatis facile concedo. Sed idem tamen thesauros rerum inueniendarum collocandarumque me non negligenter perscrutatum et ex eorum diuitiis nonnullam mihi copiolam comparatam esse non nego. In quo studio si et explicare causae inuolucra, uerum in quaque re cernere, reperire quid dicendum sit, inuenta non solum ordine, sed etiam momento quodam atque iudicio dispensare atque disponere, eademque uestire atque ornare, memoria sepire et, si sit opus, agere cum dignitate, me ex ipsorum fontibus didicisse profitebor: Sin tria illa, quibus omnis ad persuadendum ratio nititur, ut probem, uera esse, quae defenduntur, et infirmem contraria, ut conciliem eos, qui audiunt, ut omnes eorum ad causae meae utilitatem permoueam, me non ignorare dixero, a ueritate nullam in partem mea discrepabit oratio. Quod si haec omnia non ut ii, qui cum haec praeclara in scholis profiteantur, ipsi nullam eorum partem agendo consequi possunt, - - - - -

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

Ad quae omnia cum et arte et fide opus sit, utroque me beneficio instructum esse confido. Non enim nego, me artis praecepta didicisse, fidem uero iam XXII annorum curriculo Cels. tuae perspectam esse meam penitus mihi persuadeo. In ipsa uero causa ita iam aliquot annos uersatus sum itaque eius omnia momenta sum persecutus, ut nec facti, nec consilii rationem, nec

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 147 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

antiquam prisci temporis notationem, nec considerationem posteritatis me latere posse sperem. - -

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

Quamobrem si res una omnium maxime expetenda Cels. curae est tuae, si ea ad praesentis causa suae utilitatem et in posterum ad reliqua omnia, quae huius uitae afferet consuetudo, frui uolet, a Cels. tua liberale et tanto principe dignum responsum expectabo. Ego quidem certe Cels. tuae uoluntate perspecta nisi perfecta re non conquiescam. Vale princeps illustrissime et domine clementissime. Dat. Pragae XXI Aprilis, Anno MDLXX.

          Cels. tuae

famulus

Andreas Mylius.        

Illustrissimo principi ac domino, d. Joanni Alberto, duci Megapolensi etc. ., domino suo clementissimo.

Ad manus Celsitudinis proprias.     

Von des Herzogs Johann Albrecht eigener Hand ist auf die Rückseite unter der vorstehenden Aufschrift geschrieben:

Inest artificium in hoc scripto.

Nach dem Originale. - Der Brief hat aus zwei Bogen bestanden. Von dem ersten Bogen sind nur die beiden ersten Seiten mit dem Anfange des Briefes beschrieben. Von dem zweiten Bogen, welcher eingelegt gewesen ist, ist nur, jedoch glücklicher Weise noch ein abgerissener Viertelbogen vorhanden. Daß dieser zu dem ersten Bogen gehört, beweisen alle Umstände: Inhalt, Styl, Handschrift, Dinte und Format, Farbe und Wasserzeichen des Papiers.


Nr. 31.

Herzog Johann Albrecht an Andreas Mylius.

D. d. Zarrentin. 1571. Nov. 24.


S. Literas, humanissime vir, tuas non solum libenter, verum etiam primam orationis tuae partem de precibus cum magna voluptate legi. Prudenter profecto facis, quod in tam sacrosancto opere non nimium properas, omnia enim verba in rebus diuinis sunt etiam atque etiam ponderanda, antequam in lucem eduntur. Perpendi enim diligenter reliquos methodititulos, quos maximopere probo auidissimeque expecto, et velim inseras, quae a Deo sunt expetenda

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 148 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

sine conditione, et quae cum conditione. Et pergratum mihi feceris, si breuibus exempla aliqua ex sacro volumine annotaueris, quorum preces in rebus grauibus a Deo optimo maximo et eius filio JesvChristi cito audituri fuerunt.

Ad tuam petitionem quod attinet, quanquam eam honestam esse puto, vera etiam ea omnia esse, quae narras, arbitror, tamen iurato mihi credas velim, me plane nullam mecum hic habere pecuniam. Etsi ipse sum, vti scis, partim in maxima calamitate et dies pecuniae appropinquat, vel potius adest (non enarrabo, qui sumptus quotidie fiunt), tamen te non deseram. Et mando tibi, Vt meo nomine Joachimo Plessio significes, vt perendie, qui est dies lunae, bene mane cum nummis, quos secum habet et a praefectis accepit, ad me Witeborgam veniat. Postea aliquid tibi dabo, vt possis meam erga te beneuolentiam vti semper agnoscere.

Interim perge, quo coepisti, in tuo honestissimo ocio.

Constitutam diem Dux Magnus Saxoniae heri renunciauit. Sed puto episcopum Lubecensem hodie ad me esse venturum.

Quid noster Spedius et ad me et ad te scribit, habes. Profecto nescio, quae vera sunt necne. Notus tibi et mihi Vlysses. Ille quidem multa dicit et nemo illi fidem tribuit, sed tamen audiendus est, cum venerit. Inprimis cuperem, te ibidem fuisse. Vale. Festinanter Zerrentino, XXIIII Nouembris Anno 1571.

Manu mea sst.          

Literas quas tibi nuper tradidi, mihi et has remitte.

Nach dem Concepte von der Hand des Herzogs Johann Albrecht.
Auf der Rückseite steht von der Hand desselben:

Exemplum mearum literarum ad Mylium.


Nr. 32.

Andreas Mylius an den Herzog Johann Albrecht.

D. d. Schwerin. 1571. Nov. 30.


S. Mitto igitur Cels. tuae, princeps illustrissime et domine clementissime, ad miserum illum Michaëlem et praefectum Caletanum literas, quas quaeso Cels. tuam, ut si quid erit, quod minus aptum et conueniens uide-

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 149 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

bitur, emendet, corrigat, ut uolet. Munus Cels. tuae neque non gratum, neque parum mihi uisum fuit, et expectationem meam et laboris mei magnitudinem Cels. tua longe superauit. Et recte: principes enim neque magnificentia neque liberalitate a suis uinci debent. Ago igitur gratias, et in ipsius muneris commoditate et praestanti Cels. tuae beneuolentia conquiesco. Devm precor, ut millesimas gratias cumulate Cels. tuae compenset. Dat. Swerino, prid. cal. Decemb., ipso die natali meo, qui initium est anni quadragesimi quinti, anno M.D.LXXI.

          Cels. tuae

famulus

Andreas Mylius.        

(L. S.)

Illustrissimo principi ac domino, d. Joanni Alberto, duci Megapolensi etc. ., domino suo clementissimo.

Ad manus Cels.           
eius proprias.             

(L. S.)

Nach dem Originale.


Nr. 33.

Andreas Mylius an den Herzog Johann Albrecht.

D. d. Schwerin. 1574. Mai. 7.


S. Illustrissime princeps, domine clementissime. Me domum redeuntem duo satis acerba uulnera me absente familiae meae imposita exceperunt. Nam et uxorem meam febri ardentissima decumbentem inueni et ex meis cognoui, pridie eius diei quosdam homines iussu Cels. tuae exiguam illam et satis tenuem piscatiunculam, quae mihi in stagno Swerinensi proxime ad hortos Cels. tuae constituta fuit, facto impetu et ex fundamentis erutis sepibus penitus dissipasse, eosdemque in alteram etiam, quae mihi secundum meos est hortos, idem tentasse, sed a meis commonefactos, ne mihi homini innocenti et cum Cels. tua absenti uim facerent, ab incepto demolitionis destitisse. Hanc ego geminatam familiae meae tristitiam ita excepi, ut alteram a Deo oblatam precibus depellendam, alteram ameo principe impositam

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 150 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

pene incredibilem et uel nesciente Cels. tua ab inuidis et maleuolis conflatam, uel si sciente Cels. tua mandata sit, a singulari aliquo errore consiliorum extitisse iudicarem. Quererer nunc et de meo iure contenderem, quod indicta causa nullo uerbo compellato mihi uis facta et ego possessione tanti temporis uiolenter depulsus sim, sed neque conturbatio animi mei patitur, neque uideo, quid ista uerborum contentione sim profecturus. Ideoque ad aliud scriptionis genus conuertar. Equidem ex Cels. tua etiam atque etiam scire cuperem, quo meo scelere et commisso uel in Cels. tuam uel uniuersam rempublicam uitio Cels. tua me tanta ignominiae macula aspergendum esse iudicarit. Non enim tanta ex illa misera piscatione emolumenti capitur, quantam rumor iactat, et in ipsa disturbatione magis hominum sermonibus et de me iudicio, quam re ipsa commoueor. Num Cels. tuae animum ideo offendi, quod iam integros uiginti septem annos solius Cels. tuae adolescentiam et iam ipsam etiam corroboratam aetatem maiori cura, diligentia, artificio et fide, quam ullus unquam docendi magister ullum unquam principem, lectissimo dicendi, scribendi, inueniendi, iudicandi thesauro informaui et uere locupletaui? An Cels. tua, quanta debeatur, non dico optimis, sed quibuslibet etiam docendi magistris, pietas, quanta sit necessitudo, caritas quanta non recordatur? Veteri prouerbio neque Deo, neque parentibus, neque magistris parem posse referri gratiam dicitur. Nisi forte Cels. tua tot elucubratis monumentis, tot annorum curriculo consumpto in studiis, me neque doctum, neque docendi magistrum extitisse fatebitur? Sed sit sane. Cur quaeso de uariis meis Cels. tuae iussu obitis legationibus, de assiduitate praesentiae meae in aulicis negociis, de suauissima sermocinandi consuetudine, qua, ego Cels. tuam saepe a maeroribus abduxi? Cur non de diuino opere scriptae historiae, cuius beneficio Cels. tua etiam mortua uiuet, potuit recordari? An oblita est Cels. tua, in quanta sit apud omnes doctos autoritate, quanto in precio, cum omnes uno ore Cels. tuam omnium principum doctissimum esse praedicant? An Cels. tua putat, hoc nullo meo merito existere potuisse? Cur epistolae Cels. tuae tantam admirationem habent et Cels.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 151 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

tuae tantam commendationem conciliant? Nullo ne meo beneficio hoc accidisse fatebere? Si dubitat, quid sit epistolam scribere, quaeso ex ipso Brucaeo, doctissimo medico et perfecto philosopho, interroget. Sin ista omnia uera sunt, cur Cels. tua solum suum Mylium odisse potest? Cur cum reliquis hominibus eadem sententia, nullo adhibito discrimine, condemnor? Cur debita mihi ueterano arctissimae coniunctionis desinit necessitudo? An Cels. tua hoc expectat, ut in descriptione huius anni mihi absenti et Cels. tuam colenti et obseruanti a Cels. tua uim factam esse in historia commemorem? Cur non potius hoc Cels. tuae in mentem uenit et suis emissariis autoribusue huius consilii dixit: Missum facite Mylium, meus est, mihi seruiuit, sua omnia mecum communicauit, quae quouis auro et omnibus totius stagni piscibus potiora sunt, ille uiginti septem annos mihi uni seruiens incipit esse ueteranus, dignus qui ingrauescente aetate in mea beneuolentia conquiescat, ille, tot liberorum pater, tantae familiae onere premitur, neque egere ipsum, neque nimis diuitem esse oportet. Fruatur suis pisciculis, siquidem ego thesauro eloquentiae, scriptorum, famae et immortalitatis ipsius beneficio fruor. Non imitabor Dauidem, cui propheta obiicit, quod, cum multa millia ouium possideat, unicam ouiculam consiliario suo eripuerit. Sed desino: si unicum tantum aspersero, qua delectatione, quo animo me illam promissam curam docendi filii Cels. tuae susceptu rum existimat Cels. tua, cum Cels. tuae erga me animus multis in rebus non obscure a me abalienatus appareat? Ich zeuge für Got dem almechtigen, dem kein Mensch ligen kan, das ich bis auf dise stunde E. f. g. von grund meines hertzens gelibet, geehret, für sie alle tage mit seufzen vnd threnen zu Got hertzlich geruffen, geschrien vnd gebetet habe, vnd hore noch nicht auff, weil mein hertz sich regen kan. Das mir nun ein zeithero wind vnd wetter so gar bei E. f. g zuwider gewesen, in deme das sich E. f. g. dahin bereden lassen, in so manchem stucke mir mit vngnaden zu begegnen, das wird mir, ehe E. f. g. dessen sorge tragen oder gedencken werden, mein hertz abgnagen vnd meine grauen har vnter die erde bringen. Man hat mir mein kostgeld, aufgerichter bestallung zuwider, abgeschaffet. Man hat mich in die gemeine landhulffen gestecket, ausgegebenen briefen vnd sigeln zuwider, do doch zu Gustrow nicht einer zu

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 152 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

befinden. Man reisset mir meines abwesens das wehr, welches ich 23 iahr besessen vnd gebraucht, mir zum hochsten spot ein, dem andern, so ich 15 iahr gehabt, wil man dergleichen auch thun. Man redet von mir, meines abwesens, sehr beschwerlich vnd vbel, wan ich ie zuweilen, ia nicht zu uordencken, das ich zusehe, wo mein gelt, das ich in das gutlein vber 2000 fl. gestecket, bleibet. Wie dan auch vnlangst meiner solte bei einem vornemen man dises furstenthumbs mit hochbeschwerlichen worten gedacht vnd an mein ehr vnd glimpf geredt sein. Man nimpt sich meiner in diesen grossen obligenden beschwerungen meiner tochter hochzeit nicht mit einem gnedigen wortlein, ich geschweige den mit darreichung einer gnedigen behulflichen hand an. Was sollte meinen armen kleinen vnerzogenen kindern vnd meiner armen frauen nach meinem tode begegnen? In Summa, wo E. f. g. nicht mit gnaden widerkeren, so hat E. f. g. einen treuen, frommen diener bis anher im leben gehabt vnd werden erfahren, das mir vber solchem hertzeleid mein hertz brechen vnd ich zum alten hauffen wandern werde etc. . Plura non permittunt lachrymae. Si Cels. tua uolet iustus esse rerum aestimator et rationibus meae personae omnium reliquorum conditiones conferre, si uolet tot annorum replicare memoriam, si uolet de posteritate.cogitare: etiam atque etiam rogo, ut me ex hoc strepitu curarum et tumultu cogitationum expediat et uim amplius piscationi fieri uetet. Quod si fecerit, me fortassis ab imminente grauissima tristitia ad spem cogitationemque meliorem reuocabit, et ego me a ueteri curriculo amoris, fidei, industriae, doctrinae et, ut unico uerbo dicam, a uera et Cels. tuae debita pietate et obseruantia singulari, dum uiuam, ne latum quidem, quod dicitur, unguem patiar dimoueri. Vale, princeps illustrissime, et ut ego quoque ualere et sine dolore Cels. tuam aspicere possim literis perfice. Datum Suerino, Nonis Maiis, Anno MDLXXIIII.

          Cels. tuae

famulus

Andreas Mylius.        

Illustrissimo principi ac domino, D. Joanni Alberto, Duci Megapolensi etc. ., domino suo clementissimo.

Ad manus solius Cels.        
eius proprias.             

(L. S.)

Nach dem Originale.

Vignette
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 153 ] zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

II.

Caspar Calovius

und

des Andreas Mylius Genealogie

der Herzoge von Meklenburg,

von

G. C. F. Lisch.


I m Jahre 1599 erschien:

Chronica oder Erster Ankunfft vnd Herkommen der Hertzogen zu Meckelenburgk etc. . von Ehrn Casparo Calovio, Diener am Worte des Herrn, Midenwaldensis, trewlich aus vielen alten Historien vnd Geschichten mit allem Fleiß zusamenen gezogen. Gedrucket zu Leiptzig, bey Abraham Lamberg, Anno MDIC.

Diese meklenburgische Chronik, welche früher oft unter des Calovius Namen als ein selbstständiges Werk betrachtet ward, ist bekanntlich nichts weiter, als ein Abdruck der Genealogie des herzoglichen Rathes M. Andreas Mylius. Die Schamlosigkeit, mit welcher dieses Werk unter fremdem Namen in den Druck gegeben ward, ist kaum zu begreifen, wenn man nicht den Menschen mit der frechen Stirne kennt. Daß dieser Abdruck ein Diebstahl ist, läßt sich gar nicht bezweifeln, da das von A. Mylius verfaßte, eigenhändig geschriebene und dem Herzoge Johann Albrecht im J. 1571 eigenhändig dedicirte Original noch im großherzoglichen Archive zu Schwerin 1 ) aufbewahrt wird.

Bis auf den Herzog Johann Albrecht ist der Abbruck wörtlich nach der Abschrift besorgt, welche Caspar Calovius hatte, auch mit allen Fehlern. So z. B. ist als des Herzogs


1) Einen authentischen Abdruck der Genealogie nach einer Handschrift des A. Mylius vom J. 1593 gab zuerst Gerdes in seiner Sammlung meckl. Urk. S. 212 flgd. Vgl. oben S. 99.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 154 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Albrecht des Schönen Geburtsjahr das Jahr 1456, statt 1486, angegeben; denselben Fehler oder eine Undeutlichkeit hatte auch das Exemplar, nach welchem Gerdes seinen Abdruck unter des A. Mylius Namen besorgte. Von Johann Albrecht an hat aber C. Calovius überall geändert, theils gekürzt, theils weiter ausgeführt und fortgeführt.

Das Plagiat ist längst entdeckt, jedoch ist noch nicht bekannt, was Caspar Calovius für ein Mensch war und wie er zu der Handschrift kam. Caspar Calovius nennt sich auf dem Titel einen "Diener am Worte des Herrn, Midenwaldensis". Gerdes S. 213 sagt, daß man von Caspar Calovius die "Hamburgische Bibliotheca historica, Zweite Centuria, Leipzig, 1716, S. 284 nachlesen könne". Hier steht aber gar nichts weiter, als was auf dem Titel steht, nämlich daß "Caspar Calovius, Midenwaldensis, wie er sich genennet, ein Prediger irgendwo in Meklenburg das Manuscriptum Mylianum in die Hände bekommen". Die gedruckten Werke lassen also völlig im Stiche. - Aus dem Titel läßt sich schließen, daß er ein Prediger aus Mittenwalde gebürtig war. Nach den Archiv=Acten war er ein unstäter, schwelgerischer, ränkesüchtiger Mensch, der sich fast immer heimathlos umhertrieb. Einen Hauptanhaltspunct giebt der Umstand, daß er 1588-89 Pastor zu Müsselmow, zwischen Schwerin, Crivitz und Brüel, war. Kurz vorher war er sicher Pastor zu Perlin, Wittenburg und Pokrent gewesen.

Nach Pokrent war er wahrscheinlich von Drey=Lützow gekommen. Um Martini 1585 war Israel Pentze als Pastor nach Pokrent gekommen, aber schon Weihnacht d. J. gestorben, nachdem er nur einige Predigten gehalten hatte. Ihm folgte im J. 1586 Caspar Calovius, welcher das Amt noch im Nov. 1587 verwaltete.

Im Jahre 1588 erhielt C. Calovius die damals noch existirende Pfarre zu Müsselmow, deren Patron Bernd v. Plessen war. Dieser hatte ihn versuchsweise auf ein Jahr angenommen. Calovius betrug sich hier aber auch unordentlich. Gegen seines Patrons Verbot hatte er sich "des Krügens und Bierzapfens übernommen und sich oft toll und voll gesoffen". Deshalb entließ ihn Berend v. Plessen. Calovius, der sich nun "jetziger Zeit dienstloser Pastor" und "exul Christi" nennt, wandte vor, daß er keine Lust habe, länger unter Berend v. Plessen zu dienen, und zog mit seiner Frau und fünf kleinen Kindern nach Schwerin, wo er sich "ohne einen Pfarrdienst armselig und kümmerlich" erhielt. Michaelis 1589 war ihm schon ein anderer Pastor im Amte gefolgt. Am 19. Dec. 1589 klagte er bei dem Herzoge, daß B. v. Plessen ihm noch mehrere Einkünfte schuldig sei und

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 155 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

nicht entrichten wolle; er habe das Amt nicht länger behalten wollen, überdies sei ihm von einem "Clemens Knesebeck in nachtschlafender Zeit Gewalt" angethan und er deshalb von Müsselmow gezogen. Der Herzog befahl dem B. v. Plessen, ihm das Schuldige zu leisten, B. v. Plessen erwiderte aber, er habe ihn nothgedrungen entlassen müssen und ihm das Seinige vollständig geleistet, da er nur auf ein Jahr angenommen gewesen sei und nicht mehr als die laufenden Hebungen des Jahres beanspruchen könne. Uebrigens "habe er es zu Perlin, Wittenburg und Pokrent und an mehreren andern Orten so gemacht, daß er nicht lange habe verharren können". Damit war die Sache zu Ende.

Am 21. Febr. 1590 war er noch als "in exilio" in Schwerin. Seitdem verschwindet er aber aus der Kirchengeschichte Meklenburgs.

Dieses Pfarramt, welches C. Calovius einige Zeit verwaltete, läßt vermuthen, wie er zu dem Besitze der Handschrift des A. Mylius kam. Mylius hielt sich damals viel auf seinem Landgute Gädebehn auf, welches zur Pfarre Crivitz gehört, die an die Pfarre Müsselmow grenzt. Ohne Zweifel lernten beide sich schon kennen, als Calovius Pastor zu Müsselmow war. Vielleicht erhielt er die Handschrift auch erst in seinem "Exile" in Schwerin, wohin er vielleicht gezogen war, um die Protection des A. Mylius zu gewinnen. Die Vermuthung, welche Franck A. u. N. M. XI, S. 83, bei der Betrachtung, wie C. Calovius zu der Handschrift des A. Mylius gekommen sein möge, aufstellt, aber selbst bezweifelt, daß nämlich C. Calovius ein Schwiegersohn des A. Mylius gewesen sei, ist ohne allen Grund und gegen die Geschichte.

Nach dem im J. 1594 erfolgten Tode des A. Mylius sann C. Calovius in seinem Exil auf Erwerbsquellen und benutzte dazu auch die Genealogie des A. Mylius, deren verschiedene Ausgaben sein abentheuerliches Leben bezeichnen.

Nach Gerdes a. a. O. soll zuerst "zu Lübeck 1699" eine Ausgabe erschienen sein, welcher "hernach" 1600 zu Leipzig eine andere Ausgabe folgte. Hierin steckt ohne Zweifel ein Fehler. Die erste Ausgabe erschien nicht 1699, sondern 1599, und zwar nicht zu Lübeck, sondern zu Leipzig, wo auch die zweite Ausgabe erschien. Dieser Druckfehler und Irrthum des Gerdes ist aber in andere Geschichtsbücher übergegangen.

Es existiren wirklich zwei verschiedene Ausgaben.

Die erste Ausgabe, wie es scheint, führt den Titel:

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 156 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Chronica
Oder
Zeitbuch
Der Durchleuchtigen, Hochgebornen Fürsten
vnd Herren, der Hertzogen zu Meckelnburg etc. .
aus alten Historien vnd Geschichten fleissig
zusammen gebracht
Durch
Ehrn Casparum Calouium [Midenwald.],
Diener am Wort des Herrn
zu Wittenborg.
Gedrucket zu Leipzig bei Abra=
ham Lamberg, Anno 1599.

und ist auf der Rückseite des Titelblattes dedicirt:

Zu Ehren vnd sonderlichen
Wohlgefallen,
Den Ehrbaren, vornehmen, Hochwolweisen
Herren Bürgemeistern vnd Rath, der weit=
berühmbten Stadt Rostock, meinen großgünstigen
Herren vnd mechtigen Befürdern.

Diese Ausgabe ist mit schwabacher Schrift gedruckt und unterscheidet sich dadurch wesentlich von den übrigen Ausgaben.

Man sieht aus diesem Titel, daß Calovius sich 1599 wieder zu Wittenburg aufhielt, dort aber wohl nicht Pastor war, indem er dies wohl ausdrücklich gesagt haben würde, wenn es der Fall gewesen wäre. Zugleich ergiebt sich aber aus dem Titel, daß er damals auch nicht Prediger zu Mittenwalde war, sondern daß sich der Titel "Midenwaldensis" nur auf seinen Geburtsort beziehen kann.

Die zweite Ausgabe hat den Titel:

Chronica
Oder
Erster Ankunfft
vnd Herkommen der Hertzogen zu Meckelnburgk
vnd von andern J. F. G. denckwirdigen Geschichten.
Von
Ehrn Casparo Calovio, Diener am Worte
des Herrn, Midenwaldensis, trewlich aus
vielen alten Historien vnd Geschichten mit
allem Fleiß zusammen gezogen.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 157 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Zu Ehren vnd sonderlichem
Wohlgefallen
den Ehrbaren vnnd Wolweisen
Herren Bürgemeistern vnd Rath der
Stadt Welßnack, Meinen großgünstigen
befürderlichen Herren etc. .
Gedrucket zu Leiptzig, bey Abraham Lam=
berg, Anno MDIC.

Diese Ausgabe, ebenfalls vom J. 1599, ist ganz mit modernen oder gewöhnlichen Fractur=Lettern gedruckt und stimmt in Seiten und Zeilen nicht zu der ersten Ausgabe, ist also von ganz anderm Satz und daher in jeder Beziehung eine ganz andere Ausgabe. Beide Ausgaben sind aber sicher von demselben Jahre 1599. - Die verzierte Einfassung der Seiten ist aber in beiden Ausgaben gleich.

Von dieser zweiten Ausgabe existirt ein Abdruck ohne Dedication vom J. 1600 mit einem andern Titel:

Chronica
Oder
Erster Ankunfft
vnd Herkomenen, der Hertzogen
zu Meckelnburgk, und von andern
J. F. G. denckwirdigen
Geschichten.
Von
Ehrn Casparo Calovio, Diener am Worte des
Herrn, Midenwaldensis, trewlich aus vielen
alten Historien vnd Geschichten, mit allem
Fleiß zusammen gezogen.
Gedruckt zu Leiptzig, bey Abraham Lam=
berg, Anno 1600.

Dies scheint die Ausgabe für den Buchhandel gewesen zu sein. Die Ausgaben mit den Dedicationen an die Magistrate zu Rostock und Wilsnack scheinen nur zum Zweck der Dedication besondere Titel erhalten zu haben. Auffallend ist es jedoch, daß in demselben Jahre 1599 zwei ganz verschiedene Ausgaben veranstaltet wurden. Calovius veranstaltete diese Ausgaben mit den Dedicationen ohne Zweifel nur darum, um sich irgendwo unterzubringen. Vielleicht gab er, um sich zu empfehlen, die ersten Abdrücke vom J. 1599 nur in wenig Exemplaren aus (Punkt fehlt) Der Abdruck von 1600 scheint für das große Publicum bestimmt gewesen zu sein. Uebrigens ist es möglich, daß sich noch andere Dedicationsausgaben finden.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 158 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Eigentlich kann man aber nur von zwei Ausgaben von 1599 reden, welche zwar dem Inhalte nach gleich, dem Satze nach verschieden sind.

Wahrscheinlich kam der Druck dieser Genealogie sehr willkommen, da sie die erste gedruckte und deutsch geschriebene Geschichte von Meklenburg war.


Im großherzoglichen Archive zu Schwerin wird nun noch eine Handschrift aufbewahrt, welche den Titel führt:

Genealogia
oder

Ankunft des Fürstlichen Hauses von Mecklenburgk, lang vor der Geburth Christi von dem ersten Könige Anthyrio an biß auff damahls regierende Hertzoge zu Mecklenburgk, etwan zusammen gelesen durch den Hochedlen und Hochgelehrten Herren M. Andream Mylium, Frstl. Mecklen=

burgischen Hoffraht,
Ehmahlen

unter der Titul: Chronica oder Erste Ankunfft und Herkommen der Hertzogen zu Mecklenburgk und von andern J. F. G. denckwürdigen Geschichten von Ern Casparo Calovio, Diener am Worte des Herren, Midenwaldensis, treulich aus vielen alten Historien und Geschichten mit allem Fleiß zusammengezogen, schon anno MDC zu Leipzig durch Abraham Lambergk zum

Druck befördert worden,
Nun aber

mit noch viel andern Historien, sampt Verzeigniß der Städte, Aempter, Klöster vnd Wassern biß auff den Tod Hertzog Carols vermehret und annotiret

durch
Martinum Majum, Pastorn zu Grantzin.

Von diesem Pastor Martin Majus oder Mege zu Grantzin ist auch nur wenig bekannt. "Martin Mege Belgrensis" (aus Belgern (?) an der Elbe im Lande Meißen) ward Ostern 1578 statt des wegen seines strafbaren und ärgerlichen Lebens und seiner Untüchtigkeit im Amte entlassenen Pastors Jeremias Maas als Pastor zu Grantzin bei Boizenburg eingeführt. Aber auch M. Mege ward mit der Zeit so anstößig, daß er bei dem Herzoge Ulrich in Ungnade und bei der Gemeinde in Verachtung kam und endlich flüchtig werden mußte. Ihm folgte Ostern 1589 Conrad Hauswalius, oder Hauswall, Hauswalt, der sich späterhin, z. B. 1635, mit seinem Sohne Johann

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 159 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Hauswedel schreibt. Dieser ward als Capellan nach Boizenburg versetzt, wo er später Pastor ward. Um Ostern 1591 bewilligte der Herzog die Bestellung des Bartholomäus Fetzelius. Aber im J. 1592 war Joachim Wanckelmuth, ein Grabower, Pastor zu Grantzin als Nachfolger des Hauswedel und erscheint als Pastor noch im J. 1598.

Es ist übrigens erschrecklich zu sehen, welche Menge wilder und untüchtiger Prediger im letzten Viertheil des 16. Jahrh. auftauchen und wie eine nicht geringe Zahl derselben ein wahres Landstreicherleben führt. Es ist wahrscheinlich, daß zuerst die Begeisterung der Reformation und darauf das Beispiel und die Sorgfalt des Herzogs Johann Albrecht, dem Lande vorherrschend die tüchtigsten Leute aus der Fremde zuführte, daß aber mit dem beginnenden Verfall der Cultur und dem Ueberhandnehmen der Zänkereien, beim Mangel tüchtiger Landeskinder, die Masse untauglicher Menschen aus der Fremde nachdrängte und die Kirche in große Gefahr brachte. Das Beispiel hat wiederholt in Meklenburg die Lehre gegeben, wie gefährlich es sei, wenn einmal die Cultur eines fremden Landes in die Mode kommt, den ungehinderten Zuzug der Masse zu gestatten; so annehmbar die Ersten, Tüchtigen zu sein pflegen, so unbrauchbar und schädlich pflegt der Rest zu sein.

Martin Mege war also nur 1578-1591 Pastor zu Grantzin. Auf dem Titel wird er nach 1600, nach der Herausgabe der Genealogie durch Calovius, noch Pastor zu Grantzin genannt. Ob er zurückgekehrt und wieder angenommen, ob der Titel erst später aus der Erinnerung hinzugefügt sei, läßt sich nicht bestimmen.

Was nun die Arbeit betrifft, so hat Mege, oft zum Nachtheil, viel daran geändert. Zuerst hat er die mythischen Könige, welche A. Mylius weggelassen hatte, nach Marschalk wieder vorangesetzt, hat überall im Styl geändert, hinzugefügt und ausgelassen und die letzten Herzoge umgearbeitet, so daß die Form der ursprünglichen Arbeit sehr gelitten hat.

Vielleicht war ein Thomas Majus oder Meje, seit 1636 Pastor zu Döbbersen, ein Sohn des Martin Mege.

Vignette
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 160 ] zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

III.

Ueber den Obotritenfürsten

Mistuwoi,

von

F. Boll,

Pastor zu Neu=Brandenburg.


U nter den Fürsten des Obotritenstammes werden zwei des Namens Mistuwoi aufgeführt; nach einer größeren Lücke, welche in ihrer Reihe durch das Schweigen der Annalisten entstanden ist, werden sie von unsern neueren Geschichtschreibern folgendermaßen geordnet: Mistui Billug oder Mistevoi I. von 960 bis 985, dessen Sohn Mitzlav von 985 bis 1018, dessen Sohn Mistevoi II. von 1018 bis etwa 1025, dessen Sohn Udo von 1025 bis 1032, dessen Bruder oder Sohn Ratibor von 1032 bis 1042, dann Udo's Sohn Gottschalk von 1042 bis 1066 u. s. w. Indeß bei einem jüngst mir gegebenen Anlasse, diese Reihe mit kritischem Auge zu prüfen, überzeugte ich mich bald, daß unter den ersten Gliedern derselben eine arge Verwirrung stattfinde. Ich wandte mich zu den Quellen und fand denn auch alsbald die Quelle des Irrthums, der dieses Mal zu meiner Verwunderung bei Adam von Bremen, einer sonst so geschätzten Autorität in der wendischen Geschichte, zu suchen war. Nicht zwei Mistuwois sind unter den Obotritenfürsten zu zählen, sondern nur einer; der zweite verdankt sein Dasein nur der von Adam irrthümlich um einige Jahrzehnte zu spät angesetzten Zerstörung Hamburgs durch Mistuwoi, ein Irrthum, der freilich bei dem eigentlichen Geschichtschreiber des Bremer=Hamburger Erzstiftes sehr befremdet, der aber doch hinreichende Entschuldigung darin findet, daß Adam fast hundert Jahre später, als diese Ereignisse sich zutrugen, und zwar bloß aus mündlicher Ueberlieferung schöpfend, darüber berichtet hat. Möglichst strenges Festhalten an den gleichzeitigen Nachrichten wird diese Verwirrung aufklären. Doch zur Sache.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 161 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Die erste Erwähnung des Mistuwoi ist eine durchaus gleichzeitige. Der korveische Mönch Widukind schrieb seine "Sächsische Geschichte", mit Ausnahme des erst später von ihm hinzugefügten Anhanges, im J. 967 oder 968 (Monumenta hist. Germ., herausgegeben von Pertz V, p. 411). Das letzte von ihm berichtete Factum ist, wie die von ihren Vätern her vererbte Feindschaft zwischen dem Fürsten der Wagrier Selibur und dem Obotritenfürsten Mistav den Anlaß gegeben, daß Wichmann, der Neffe des Sachsenherzogs Hermann Billung, im J. 967 unter den Wenden seinen Tod gefunden (Lib. 3 Cap. 68); damals war also bereits Mistuwoi, denn dieser ist, wie der Verfolg sogleich zeigen wird, unter dem Mistav zu verstehen, Fürst der Obotriten.

An das Zeugniß Widukinds reihet sich unmittelbar das Zeugniß des Bischofs Thietmar von Merseburg; dieser hat die ersten Bücher seiner Chronik im J. 1012 verfaßt (Monum. hist. Germ. V, p. 727) und den Inhalt der beiden ersten Bücher größtentheils aus Widukind geschöpft, jedoch nicht, wie andere Chronisten, ihn wörtlich ausschreibend, sondern frei ihn verarbeitend. 1 ) Er schreibt 2, 9: "Herzog Hermann machte den Selibur und den Mistui mit ihren Völkern dem Kaiser tributbar", dieses Factum, eben so wie Widukind, unmittelbar nach Unterwerfung der Lausitzer durch den Marfgrafen Gero im J. 963 referirend. Doch hat er offenbar die Angabe des Widukind nicht genau wiedergegeben; nicht damals erst wurden die Wagrier und Obotriten dem Kaiser Otto I. zinspflichtig, sondern sie waren es bereits seit dem J. 929 (Widukind 1, 36, und Thietmar 1, 6); auch spricht Widukind in der oben erwähnten Stelle von den Wagriern und Obotriten durchaus nicht als von jüngst erst unterworfenen Völkern, sondern nennt ihre Fürsten Selibur und Mistav Unterkönige (subregulos) des Sachsenherzogs Hermann, die sich gegenseitig bei dem Herzoge, als ihrem Gebieter, verklagt hätten.

Die nächste Erwähnung des Mistuwoi von Thietmar geschieht Lib. 3. Cap. 11. bei Gelegenheit des allgemeinen Slavenaufstandes im J. 983. 2 ) Er berichtet, wie der Ueber=


1) Monum. German. V, 414: (Thietmarum) magnum primi et secundi libri partem ex nostro (Widukindo) hausisse, jam satis constat. Attamen nullibi fere ipsius verba retinuit, sed suo more easdem res mutato sermone expressit.
2) Dieses Jahr nimmt Thietmar offenbar selbst als das Jahr der Slaven=Rebellion an, obwohl er es hier nicht ausdrücklich nennt; denn weiter unten, Cap. 14, setzt er mit eigner Hand erläuternd auf dem Rande der Handschrift hinzu: et in hoc anno (983) Sclavi unanimiter restiterunt Cesari et Thiedrico Marchioni, womit auch die einzige gleichzeitige Quelle, welche außer Thietmar dieses (  ...  )
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 162 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

muth, mit welchem Herzog (Markgraf) Dietrich die slavischen Völkerschaften, welche das Christenthum angenommen und den Kaisern zinspflichtig gedient, behandelt, dieselben getrieben habe, einhellig die Waffen zu ergreifen. Am 29. Juni sei zuerst Havelberg von ihnen erobert und der dortige Bischofssitz zerstört worden; drei Tage später habe Brandenburg dasselbe Schicksal betroffen; um dieselbe Zeit sei von einem Böhmischen Heere Zeitz erobert und hernach das Kloster des heil. Laurentius zu Calwe (a. d. Saale) geplündert worden. Hierauf fährt er fort: "Mistui, Herzog der Abdriten, zündete Homanburg, wo ehedem der Bischofssitz war, an und verwüstete es. Was aber Christus hier für ein Wunder vom Himmel wirkte, möge die gesammte Christenheit vernehmen. Von den himmlischen Sitzen herab kam eine goldene Hand, langte mit ausgespreizten Fingern mitten in die Feuersbrunst und kehrte gefüllt vor aller Augen zurück. Dies bewundert das Heer, dies staunt der erschrockene Mistuwoi an, und mir hat es Avico kund gethan, der damals sein Capellan war und hernach mein geistlicher Bruder geworden ist. Ich aber legte es mit ihm also aus, daß auf diesem Wege die Reliquien der Heiligen von göttlicher Hand in den Himmel erhoben wären und die Feinde in Schrecken und Flucht getrieben hätten. [Später ward Mistuwoi, in Wahnsinn verfallen, in Banden gehalten; in Weihwasser getaucht, rief er: Der heil. Laurentius verbrennt mich! und kam, ehe er befreit ward, jämmerlich um.] Nachdem damals alle Städte und Dörfer bis zu dem Flusse, der Porgera heißt, mit Raub und Brand verwüstet waren, vereinigten sich von den Slaven mehr als 30 Legionen Fußvolk und Reiterei, welche ohne Behinderung auch alles Uebrige mit Hülfe ihrer Götter verwüsten zu können nicht zweifelten [ihre Trompeter vorauf]. Aber es blieb den Unsern nicht verborgen. Es vereinigten sich die Bischöfe Gisiler (von Magdeburg) und Hilliward (von Halberstadt) mit dem Markgrafen Dietrich und den übrigen Grafen Ricdag, Hodo und Binzino, Friedrich, Dudo und meinem Vater Siegfried und vielen andern. Als der Sonntag grauete, hörten sie alle die Messe und schirmten Leib und Seele mit dem himmlischen Sacramente, griffen dann die begegnenden Feinde getrosten Muthes an, und hieben sie, wenige die auf einen Hügel entrannen ausgenommen, nieder." 1 )


(  ...  ) Auffstandes erwähnt, die Hildesheimer Annalen, übereinstimmt: et eodem anno (983) Sclavi rebelles effecti sunt. Ich kann deshalb dem trefflichen Herausgeber des Thietmar, Herrn Archivar Lappenberg, nicht beistimmen, der in der 5. Anm. ad l. c. vermuthet, daß der Slavenaufstand vielleicht in ein früheres Jahr zu setzen sei.
1) Thietmar 3, 11: Mistui Abdritorum dux Homanburg, ubi sedes episcopalis quondam fuit, incendit atque vastavit. Quid vero ibi mirabilium (  ...  )
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 163 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

- Die eingeklammerten Worte sind in dem zu Dresden noch aufbehaltenen Autograph des Thietmar später von seiner eigenen Hand auf dem Rande hinzugefügt.

Thietmar war freilich erst ein kaum neunjähriger Knabe (er war geboren am 25. Juli 974), als diese Dinge sich zutrugen. Dennoch konnte er sicherlich genau darüber unterrichtet sein, besonders was den Antheil der Obotriten und ihres Fürsten Mistuwoi dabei betraf, da Thietmars eigener Vater in diesen für das Sachsenland so wichtigen Kämpfen mitgefochten, und Mistuwoi's eigener Capellan Avico als Augenzeuge darüber später dem Thietmar berichtet hatte. Des Mistuwoi gedenkt Thietmar später nur noch ein einziges Mal. Als nach dem Tode des Kaisers Otto II. (am 7. Mai 983) der Vaterbrudersohn des verstorbenen Kaisers, Herzog Heinrich von Baiern, dem jungen Otto III. die Krone entreißen wollte, führt Thietmar unter denen, welche sich deshalb auf Ostern des folgenden Jahres zu Quedlinburg mit dem Baiernherzoge verbündeten, vor allen auf die Fürsten der Polen, Obotriten und Böhmen, Miseco, Mistui und Bolislav. Doch muß Mistuwoi noch längere Zeit gelebt haben, und die merkwürdige Todesart desselben, deren Thietmar oben einschaltend gedachte, kann erst nach Beginn des folgenden Jahrhunderts stattgefunden haben. Die Chronik des einige Meilen nordwärts von Magdeburg an der Ohre gelegenen Klosters Hillersleben hat uns nämlich die Nachricht aufbehalten, daß im J. 1000 der Fürst der Obotriten Mistuvitz das Kloster des heil. Laurentius zu Hildesleve verbrannt, die Nonnen herausgeschleppt und viele Sachsen dabei getödtet habe, ein Ereigniß, dessen zwar auch Thietmar als unter der Regierung Otto's III. geschehen gedenkt, aber ohne das Jahr und den Urheber genauer zu bezeichnen. 1 ) Diese Nachricht wirft denn auch Licht auf den Ausruf des in Wahnsinn gefallenen Mistuwoi, den man


(  ...  ) [fnpage]Christus operaretur e celis, attendat religio totius christianitatis. Venit de supernis sedibus aurea dextera, in medium collapsa incendium expansis digitis, et plena cunctis videntibus rediit. Hoc admiratur exercitus, hoc stupet Mistuwoi timoratus, et id mihi indicavit Avico, capellanus tunc ejus et spiritualis frater meus postea effectus. Sed ego cum eodem sic tractavi, reliquias sanctorum itinere in coelum divinitus collatas abiisse, hostesque terruisse atque fugasse. [Post haec Mystuwoi in amentiam versus in vinculis tenetur, et aqua benedicta inmersus, sanctus, inquid, me Laurentius incendit, et antequam liberaretur, miserabiliter obiit.] Desolatis etc. .
1) Chronic. Hillesleb. bei Riedel Beitr. 8: Mistuviz dux Obutriorum scil. Sclavorum combussit monasterium S. Laurentii martyr. in Hildesleve, eductis inde sanctimonalibus et illo die multi de Saxonibus sunt interfecti. - Thietmar 4, 32: Tempore predicti Cesaris monasterium in Hilleslevo a Sclavis combustum est, eductis sanctimonialibus, et eodem die multi ex nostris sunt interfecti. - Der Sächsische Annalist welcher den Thietmar ausschreibt, setzt das Ereigniß in das J. 999.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 164 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

in Weihwasser getaucht hatte, ohne Zweifel um ihn dadurch zu heilen; 1 ) Der heil. Laurentius verbrennt mich! schrie er, des Frevels gedenkend, den er an dem Kloster dieses Heiligen geübt hatte. Diesen Sinn legt seinen Worten offenbar schon der sächsische Annalist unter, der um die Mitte des 12. Jahrhunderts schrieb (Mon. Germ. VIII, 517); weil ihm aber die Zerstörung des Klosters des heil. Laurentius zu Hillersleben durch Mistuwoi unbekannt geblieben, entstellte er Thietmars Bericht, und ließ die Zerstörung des Laurentius=Klosters zu Calwe a(Punkt fehlt) d. Saale, welche nach Thietmar die Böhmen begingen, durch Mistuwoi und die Obotriten geschehen.

Auch der Obotriten gedenkt Thietmar im weiteren Verlauf seiner Erzählung nur seltener. Während des beständigen Kampfes mit den Wenden unter der Regierung Otto's III., der vergebens sie wieder zu unterjochen bemüht war, werden mehrere Heereszüge ausdrücklich als gegen die Obotriten gerichtet erwähnt. Die gleichzeitigen Hildesheimer Annalen berichten solche zu den Jahren 990 und 995, welchen letzteren auch Thietmar 4, 12 erwähnt. Otto's Nachfolger, Heinrich II. (seit 6. Juni 1002), befolgte gegen die Wenden eine seinem Vorgänger entgegengesetzte Politik, und erreichte durch Güte, was jener durch Waffengewalt nicht zu erzwingen vermocht hatte. Zu Ostern 1003 erschienen Abgesandte der Redarier und Leutizier zu Quedlinburg vor dem Kaiser, und wurden durch freundliche Aufnahme und Geschenke in treue Verbündete verwandelt (Thietm. 5, 19), wobei freilich von Annahme des Christenthumes nicht die Rede war. Seitdem fanden längere Jahre hindurch nur friedliche Berührungen mit den Wendenstämmen statt, ja bei den Wagriern und Obotriten war, dem Namen nach wenigstens, das Christenthum wieder hergestellt; Thietmar erwähnt mehrere Male Zusammenkünfte, welche der Kaiser mit den Fürsten der nördlichen Wendenstämme, zu welchen die Wagrier und Obotriten gerechnet wurden, gehalten habe, um ihre Angelegenheiten zu ordnen: im J. 1005 zu Werben an der Elbe (6, 21), und im October des J. 1012 zu Arneburg (6, 51).

Erst im letzten Buche seiner Chronik, welches er kurz vor seinem Tode (am 1. December 1018) abgefaßt hat, kommt er wieder ausführlicher auf die Obotriten zu sprechen. Die Leutizier hatten im J. 1017 den Kaiser auf einem Heereszuge wider die Polen begleitet; der Obotritenfürst Mistizlav hatte den Leutiziern dabei seine Hülfe nicht gewährt. Deshalb überfielen sie ihn im


1) Die Kraft, Krankheiten zu heilen und böse Geister zu vertreiben, ward im Mittelalter dem Weihwasser ganz allgemein zugeschrieben.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 165 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Februar des J. 1018, verwüsteten sein Land, vertrieben seine Gemahlin und Schwiegertochter und schlossen ihn selbst in Schwerin ein; darauf wiegelten sie seine eigenen Unterthanen gegen ihn auf, so daß er aus seinem väterlichen Erbe entweichen mußte; die Obotriten und Wagrier fielen, die Kirchen zerstörend, vom Christenthum ab und kehrten völlig zum Heidenthume zurück (8, 4).

Hiermit enden die gleichzeitigen Nachrichten Thietmars und ich gehe jetzt zu Adam von Bremen über, dem die Wendische Geschichte jener Zeiten gleichfalls sehr viel verdankt. Doch ist die Stellung beider Schriftsteller zu den Wenden sehr verschieden. Thietmar war an der wendischen Grenze aufgewachsen; seine beiden Aelterväter waren im J. 929 in der Schlacht bei Lenzen gegen die Wenden gefallen; sein Vater Siegfried, Graf von Walbeck, hatte im J. 983 bei Tangermünde gegen die empörten Wenden mitgefochten; dessen älterer Bruder Lothar ward Markgraf der Nordmark, als Marfgraf Dietrich in Folge der allgemeinen Empörung im J. 983 seines Amtes entsetzt ward; Thietmar selbst war Bischof in einer Diöcese, deren Bevölkerung noch zum größten Theile aus Slaven bestand: so lebte Thietmar eigentlich inmitten der wendischen Geschichte. Ganz anders dagegen war die Stellung des bremer Magisters Adam zum Wendenlande. Dieser war in Oberdeutschland geboren (Scholie zu 4, 35), und kam, seiner eigenen Angabe nach, erst im J. 1068 nach Bremen. Nicht lange nachher, ums J. 1075 (Monum. Germ. IX, 268) schrieb er die Geschichte des Bremer=Hamburger Erzstiftes, besonders um den Verfall desselben unter dem jüngst verstorbenen berühmten Erzbischofe Adelbert und die Ursachen desselben zu schildern. Er führt zwar zahlreiche Schriften an, welche er dabei benutzte, unter ihnen für die frühere Zeit besonders die fränkischen Annalen; für die eigentliche Geschichte des Erzstiftes aber sah er sich, bis auf die Lebensbeschreibungen des heil. Anskar und des heil. Rimbert, nebst den kurzen Fasten des Klosters Corvei, von allen schriftlichen Aufzeichnungen verlassen. Bei seinen Berichten über das Wendenland und dessen Geschichte beruft er sich gewöhnlich auf die ausführlichen Mittheilungen, welche König Suein von Dänemark (geb. wahrscheinlich 1019, † am 28. April 1076) ihm darüber gemacht habe. So entbehren seine Nachrichten über die ältere Wendische Geschichte fast alles chronologischen Anhaltes, und es darf uns daher nicht wundern, wenn wir in dem Zeitabschnitte, den wir so eben nach Thietmar durchgegangen sind, Adam mit diesem vielfach in Widerspruch finden.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 166 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

So versichert er 2, 24: Erzbischof Adeldag, der bis 988 im Amte war, habe für Aldenburg in Wagrien, wo er um das J. 948 einen Bischofssitz errichtet hatte, die Bischöfe Egwald, Wego und Ezico ordinirt, "zu deren Zeiten die Slaven Christen blieben. So war auch Hamburg in Frieden. Ueberall wurden im Wendenlande Kirchen errichtet, Klöster für Männer und Weiber, die Gott dieneten, erbaut. Dies bezeugt der gegenwärtig noch am Leben befindliche König Suein; er berichtete, das Wendenland zerfalle in 18 Landschaften, und versicherte uns, bis auf drei wären sie alle zum christlichen Glauben bekehrt gewesen, und fügte hinzu: ihre Fürsten waren jener Zeit Missizla, Naccon und Sederich 1 ), unter denen, sagte er, beständiger Friede war und die Slaven unter Tribut dienten". - Auf Erzbischof Adeldag folgte Libentius im Amte von 988 bis 1013; auch unter diesem blieb noch über die Hälfte seiner Amtszeit hindurch das Wendenland in Ruhe und Friede. Libentius "besuchte häufig die überelbischen Völkerschaften und hegte ihre Mutterkirche Hamburg mit väterlicher Liebe" (2, 27).

Nun fährt Adam Cap. 40 bis 43 in der Erzählung fort: "Inzwischen ward das tausendste Jahr, von der Menschwerdung unsers Herrn an, glücklich erfüllt, und dies war das zwölfte Jahr des Erzbischofes. Im folgenden Jahre starb der tapfere Kaiser Otto 2 ), welcher bereits die Dänen, Slaven, desgleichen die Franken und Italiäner bezwungen hatte, als er schon zum dritten Male zu Rom siegreich eingezogen war, durch einen frühzeitigen Tod ereilt. Nach seinem Tode blieb das Reich streitig 3 ). Damals aber wurden die Slaven, von ihren christlichen Gebietern mehr als billig gedrückt, nachdem sie endlich das Joch der Knechtschaft abgeschüttelt hatten, gezwungen, ihre Freiheit mit den Waffen zu vertheidigen. Die Fürsten der Wenden waren Mistiwoi und Mizzidrog, unter deren Führung der Aufstand entbrannte. Unter diesen Führern rebellirend, verwüsteten die Slaven zuerst ganz Nordalbingen mit Feuer und Schwerdt. Darauf durchzogen sie das übrige Wendenland, zündeten alle Kirchen an, und machten sie dem Erdboden gleich. Die Priester und übrigen Kirchendiener tödteten sie auf allerlei Art, und ließen keine Spur


1) Nacco heißt bei Widukind 3, 50 ein wendischer Fürst (subregulus barbarorum) der im J. 955 Herzog Hermann von Sachsen feind war; ein Wendenfürst Namens Sederich kommt noch später bei Adam 2, 58 vor (siehe unten).
2) Otto starb erst am 24. Januar 1002.
3) Markgraf Eckhard von Meißen und Herzog Hermann von Schwaben trachteten nach der deutschen Krone. Am 6. Juni 1002 ward indeß Herzog Heinrich von Baiern zu Mainz zum Könige gewählt und gekrönt; Markgraf Eckhard war inzwischen schon erschlagen, und Herzog Hermann unterwarf sich dem neuen Könige bereits am 1. October (Thietm. 5, 14).
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 167 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

des Christenthums jenseit der Elbe zurück. Cap. 41. Bei Hamburg wurden zu dieser Zeit und hernach viele Cleriker und Bürger in die Gefangenschaft geschleppt, viele auch aus Haß gegen das Christenthum getödtet. Der oft zu erwähnende König Suein, der alle Geschichten der Barbaren, als wenn sie geschrieben wären, im Gedächtnisse hatte, erzählte uns: Aldenburg sei damals eine von Christen stark bevölkerte Stadt gewesen; sechszig Priester, sagte er, wurden dort, nachdem die übrigen wie das Vieh abgeschlachtet waren, zur Verspottung aufbewahrt, von denen der Propst des Ortes Oddar hieß, unser Blutsverwandter. Dieser ward mit den übrigen durch ein solches Marterthum vollendet, daß ihnen die Kopfhaut kreuzweise eingeschnitten und das Gehirn geöffnet ward 1 ); dann wurden ihnen die Hände auf den Rücken gebunden und die Bekenner Gottes durch die verschiedenen Städte der Slaven geschleppt, bis sie ihren Geist aufgaben. So wurden sie Engeln und Menschen ein Schauspiel 2 ), und hauchten mitten in ihrer Laufbahn siegreich ihren Geist aus. - Viel dergleichen geschah damals, wie erzählt wird, in den verschiedenen Provinzen der Slaven, was aus Mangel an Geschichtschreibern darüber jetzt für Fabeln gehalten wird. Als ich darüber den König weiter befragte, sagte er: Höre auf, mein Sohn; wir haben in Dänemark und im Wendenlande so viele Märtyrer, daß sie kaum alle könnten in einem Buche begriffen werden. - Alle Slaven also, die 70 Jahre hindurch und drüber zu der ganzen Ottonen=Zeit das Christenthum bekannt hatten, schieden sich auf solche Weise vom Leibe Christi und der Kirche, mit dem sie zuvor verbunden gewesen waren. - Dieses geschah in der letzten Zeit des Libentius, unter Herzog Bernhard, dem Sohne des Benno, der das Volk der Slaven hart heimgesucht hatte."

Adam gesteht, daß er diesen Bericht über den Abfall der Wenden vom Christenthume nach den Zeiten der Ottone nur aus mündlicher Relation, und zwar des Königs Suein von Dänemark, der noch nicht geboren war, als diese Dinge sich zugetragen haben sollen, geschöpft habe; er selbst bedauert den Mangel schriftlicher Aufzeichnungen darüber. Aus diesem Umstande sind die chronologischen Widersprüche zu erklären, in welche Adam nicht nur mit Thietmar, der gerade in dieselbe Zeit, in


1) Es soll wohl verstanden werden, daß ihnen die Hirnschale bloßgelegt ward; ferro ziehe ich zu incisa.
2) Paulus sagt 1. Corinther 4, 9 in Bezug auf die Verfolgungen, welche er litt: quiaspectaculum facti sumus mundo, et angelis et hominibus (Vulgata). Wohl mit Unrecht findet man in den Worten Adams eine Anspielung auf Virgil.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 168 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

welche Adam die Rebellion der Wenden verlegt, ihre Aussöhnung mit dem deutschen Reiche setzt,sondern auch mit sich selber tritt. Zu Anfang seines Berichts sagt Adam ausdrücklich: die Rebellion der Wenden habe stattgefunden bald nach dem zwölften Amtsjahre des Libentius, als nach dem Tode des Kaisers Otto III. die Herrschaft des deutschen Reiches eine Zeit lang streitig war, also im J. 1002. Am Schlusse aber giebt er an: dies sei geschehen in den letzten Zeiten der 25jährigen Amtsführung des Libentius, unter Herzog Bernhard II. von Sachsen dem Sohne Benno's oder Bernhard I., und auch Cap. 47 wiederholt er ausdrücklich: Herzog Bernhard habe aus Geiz die Wenden grausam bedrückt, und sie dadurch gezwungen, zum Heidenthume zurückzukehren. Nun starb Herzog Benno am 9. Februar 1011; die Rebellion der Wenden also müßte zwischen diesem und dem Todesjahre des Libentius 1013, also etwa im J. 1012, stattgefunden haben. Aber noch mehr. Adam versichert, 70 Jahre und darüber, während der ganzen Ottonen=Zeit, hätten die Slaven dem Christenthume angehangen. Nun hatte er oben Cap. 4 und 5 den Beginn des Christenthumes bei den Wenden in das zwölfte Jahr des Bischofs Adeldag, d. i. ins J. 948, gesetzt; hiernach würde also 70 Jahre später ihr Abfall ins J. 1018 fallen, in welchem nach Thietmar der zweite Abfall der Wagrier und Obotriten stattfand. Diese handgreiflichen und unauflöslichen Widersprüche Adams seinen eigenen chronologischen Bestimmungen scheinen schon den gelehrten Herausgeber seiner Chronik, Herrn Archivar Lappenberg, bestimmt zu haben, zum Schlusse des 40. Capitels die Vermuthung auszusprechen: Adam habe hier die Ereignisse, die sich nach dem Tode Otto's II. 1 ) zugetragen, in die Zeiten nach dem Tode Otto's III. verlegt. Er hätte dies um so zuversichtlicher thun können, da der sächsische Annalist schon den Bericht Adams über die Rebellion der Wenden vollkommen richtig zu dem J. 983 gesetzt hatte.

Der Beweis dafür, daß Adam, wenn er in der angeführten Stelle von der durch Mistuwoi und Mizzidrog veranlaßten Empörung der Wenden rede, bei welcher auch Hamburg zerstört ward und für deren Zeitbestimmung er uns die Wahl zwischen den Jahren 1002, 1012 und 1018 läßt, eben keine andere meine, als die nach Thietmar im J. 983 stattfand und bei welcher Mistuwoi Hamburg verbrannte, - der Beweis hierfür wäre sehr leicht aus Adam selbst geführt, wenn man bestimmt versichert sein könnte, daß die Scholien zu der betreffenden Stelle Adams von seiner eigenen Hand herrührten. Es befinden sich


1) Richtiger: in den letzten Jahren Otto's II.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 169 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

nämlich in den verschiedenen Handschriften des Adam 1 ) eine beträchtliche Anzahl von Scholien, von denen es wohl keinem Zweifel unterliegt, daß die meisten von Adam selbst später hinzugefügt sind, wiewohl einzelne auch offenbar aus einer andern Feder geflossen sind (Mon. Germ. IX, 274). Wäre nun als ausgemacht anzunehmen, daß die Scholien, welche bei unserer Stelle sich finden 2 ), von Adam selbst herrühren, so wäre, wie gesagt, jener Beweis sehr leicht geführt.

Das 30. Scholion (nach dem Wolfenbütteler und Soröer Codex) fügt als Veranlassung des Wendenaufstandes Folgendes hinzu: "Es geht die Rede, ein Wendischer Fürst (Ducem Slavanicum, wahrscheinlich der im Text genannte Mistiwoi) habe für seinen Sohn die Nichte des Herzogs Bernhard zur Gemahlin gewünscht und dieser habe sie zugesagt. Darauf schickte der Wendenfürst seinen Sohn mit dem Herzoge nach Italien, nebst 1000 Reitern, die fast alle dort getödtet wurden. Als aber der Sohn des Wendenfürsten die versprochene Gemahlin forderte, hintertrieb Markgraf Dietrich die Sache, indem er erklärte, die Blutsverwandte des Herzogs könne ihm nicht gegeben werden" 3 ), - und die Scholien 31 und 32 fügen nach denselben Handschriften noch hinzu: dieses sei der Markgraf Dietrich gewesen, der durch seine Untüchtigkeit die Wenden zum Abfall getrieben habe, und der, deshalb seines Ehrenamtes und seiner väterlichen Herrschaft entsetzt, zu Magdeburg als Präbendarius gestorben sei. Nun ist dieser Markgraf Dietrich eben kein anderer als der marchio aquilonaris Dietrich, dessen Uebermuth (superbia) nach Thietmar 3, 10 die Wenden im J. 983 zur Rebellion trieb, und der nach dem sächsischen Annalisten (zum J. 983) deshalb die Markgrafschaft verlor und Thietmars Oheim Lothar zum Nachfolger erhielt (cf. Annalista Saxo ad a. 998 u. 1010) und nach den Quedlinburger Annalen (Mon. Germ. V, 67) bereits im J. 985 verstarb. Wären also diese Scholien von Adam selbst geschrieben, so wäre unwiderleglich, daß auch er


1) Außer in dem Wiener Codex, welcher in den Monumentis Germaniae zu Grunde gelegt ist, in dem jedoch einzelne Scholien in den Text selbst eingeflochten sind.
2) Im 28. Scholion wird erzählt: Mistiwoi habe dem Christenthume nicht entsagen wollen, sei deshalb aus seinem Vaterlande vertrieben worden und habe sich über die Elbe nach Bardowik geflüchtet, wo er als Christ sein Alter zugebracht habe. Diese Angabe hält Hr. Archivar Lappenberg wohl nicht mit Unrecht für eine Verwechselung mit dem, was sich nach Thietmar 8, 4 mit Mistizlav zutrug.
3) Noch beleidigender fiel nach dem Kopenhagener Codex die Erklärung des Markgrafen Dietrich aus: consanguineam ducis non esse dandam cani; diese Version war schon Helmold bekannt, welcher 1, 16 schreibt: Theodoricus marchio intercepit consilium, consanguineam ducis non dandam proclamans cani.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 170 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

keinen andern Aufstand der Wenden meinen könne, als den im J. 983 erfolgten, und nur der Mangel an chronologischen Bestimmungen ihn verleitet habe, diesen Aufstand um einige Jahrzehnte zu spät anzusetzen.

Doch auch aus andern Angaben Adams läßt es sich zeigen, daß er in der Zeitbestimmung des Abfalles der Slaven vom Christenthume durchaus im Irrthume sich befinden müsse. Als die in dem Zeitraume, während dessen die Slaven zum Christenthume sich bekannten, für den aldenburger Sprengel von Erzbischof Adeldag ordinirten Bischöfe hatte er 2, 24 den Egward, Wego und Ezico angegeben; im 44. Capitel zählt er als die von Libentius (988 bis 1013) für Aldenburg ordinirten Bischöfe den Folcward und Reginbert auf, "deren erster, aus dem Slavenlande vertrieben, von dem Erzbischofe nach Schweden und Norwegen gesandt ward". Für Folcward sind mir zwar keine Zeitbestimmungen bekannt; Reginbert war aber nach den Quedlinburger Annalen schon im October des J. 992 Bischof der Slaven. Auch Thietmar erwähnt 6, 30 seiner und erzählt: seine (Thietmars) Großmutter habe den Reginbert, einen Ost=Franken, zum Propste des von ihrem verstorbenen Gemahle gegründeten Klosters Walbeck ernannt; nach dem Tode seiner Großmutter und seines Vaters aber, die beide im J. 990 aus der Welt gingen, sei Reginbert durch Vermittelung von Thietmars Oheim, dem Nordmarkgrafen Lothar, durch Kaiser Otto III. zum Bischofe von Aldenburg ernannt worden. Es ist also klar, daß, wenn schon Reginberts Amtsvorgänger Folcward durch den Abfall der Wenden vom Christenthume aus seiner Diöcese vertrieben ward, dieser Abfall nicht erst nach dem Tode Otto's III. kann stattgehabt haben, also auch Adam eben keine andere Empörung der Wenden meinen könne, als die von Thietmar als im J. 983 geschehen berichtete.

Kürzer kann ich mich über die weiteren Nachrichten Adams fassen. Auf Erzbischof Libentius folgte im Amte Unwan von 1013 bis 1029. Unter diesem ereignete sich der von Thietmar berichtete zweite Abfall der Wagrier und Obotriten vom Christenthume zu Anfange des J. 1018, dessen Ausgang Thietmar nicht mehr erlebte. Adam dagegen erzählt 2, 46: Herzog Bernhard II. habe sich (nach den Hildesheimer Annalen im J. 1019) gegen Kaiser Heinrich erhoben, sei aber durch Unwans Vermittlung wieder mit demselben ausgesöhnt worden; bald darauf habe der Herzog mit Beihülfe Unwans die Slaven wieder dem Tribute unterworfen und dem Lande Nordalbingien und seiner Mutterkirche Hamburg den Frieden wiedergegeben; hierauf habe der Erzbischof Hamburg, Stadt und Kirche, neu aufgebaut;

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 171 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

für das Wendenland habe er nach Reginberts Tode den Benno zum Bischofe eingesetzt 1 ), welcher durch seine Verkündigung des Christenthumes viel unter den Slaven gewirkt habe; Unwan, fügt er im 58. Capitel noch hinzu, habe oft mit Herzog Bernhard Hamburg besucht und habe Jahre lang sich hier aufgehalten, und hier Zusammenkünfte sowohl mit König Knut von Dänemark, als auch mit den Wendenfürsten Uto und Sederich gehabt. Auch von Unwans Nachfolger Libentius II. (von 1029 bis 1032) berichtet er Cap. 64, daß er Hamburg oft besucht habe, weil damals durch das Verdienst Königs Knut und Herzogs Bernhard der Friede über der Elbe gesichert gewesen und auch der Kaiser (Konrad) die Wenden durch einen Sieg gebändigt habe 2 ); "ihre Fürsten, Gneus und Anatrog, schreibt Adam, waren Heiden, und der dritte, Uto, ein Sohn des Mistiwoi, ein schlechter Christ, weshalb er auch für seine Grausamkeit von einem sächsischen Ueberläufer getödtet ward; er hatte einen Sohn Gottschalk u. s. w." Dieser ist der bekannte Gottschalk, der nachdem er eine Zeit lang unter König Knut 3 ) und dessen Nachfolgern in England Kriegsdienste gethan und darauf König Sueins Schwiegersohn geworden war, das obotritische Königreich aufrichtete, und weil er mit großem Eifer (er trat selbst als Verkündiger des Evangeliums auf) das Christenthum unter den Wenden auszubreiten bemüht war, im J. 1066 zu Lenzen ermordet ward. Nach Adam war also Gottschalk ein Sohn des Uto und ein Enkel des Mistiwoi. Da Adam diese Angaben dem eigenen Schwiegervater Gottschalks, dem Könige Suein, verdankte, so ist nicht wahrscheinlich, daß sie unrichtig sein sollten; doch will ich nicht unterlassen zu bemerken, daß nach dem berühmten Geschichtschreiber Dänemarks, Saxo Grammaticus (Lib. 10), der Vater des Gottschalk Pribignevus 4 ) hieß. Vielleicht, daß Pribignev sein wendischer, Uto oder Otto sein christlicher Taufname war, wie denn solche Doppelnamen auch


1) Auch den Bischof Benno setzt Adam zu spät an, denn wir werden unten sehen, daß er schon vor 1005 von Libentius muß ordinirt worden sein.
2) Nach dem Lebensbeschreiber Kaiser Konrads, Wippo, und dem Sächsischen Annalisten waren die Wenden in den ersten Regierungsjahren des Kaisers friedlich und gehorsam; erst im J. 1032 wurden die Leutizier unruhig und machten einen Feldzug des Kaisers an die Elbe nöthig, und erst im J. 1035 trug der Kaiser einen großen Sieg über sie davon. Was Adam hier also als zu Lebzeiten des Erzbischofs Libentius II. geschehen berichtet, trug sich erst später zu.
3) König Kunt starb am 11. November 1035; Gottschalk kann also nur in seinen letzten Lebensjahren bei ihm in England gewesen sein.
4) Adam nennt neben Uto einen Wendenfürsten Gneus; sollte dieser der Pribignevos des Saxo sein? Der Name Gneus ist sehr verdächtig; es kommt gnev (Groll) häufig in zusammengesetzten Namen vor, wie Jarognev (Starkgroll), Mirognev (Sanftgroll), Gneomir u. s. w., aber für sich allein ist es mir noch niemals begegnet.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 172 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

bei andern Wendenfürsten jener Zeit sich finden, z. B. bei dem letzten Wendenfürsten von Brandenburg, dessen eigentlicher Name Pribislav und dessen christlicher Name Heinrich war 1 ).

Es ist noch übrig, mit den Nachrichten Thietmars und Adams auch die Angaben Helmolds in seiner Slavenchronik zu vergleichen. Zwar ist dieselbe fast hundert Jahre später (um das J. 1170), als Adams Geschichte des Bremer=Hamburger Erzstiftes abgefaßt, und Helmold hält sich in den älteren Zeiten so genau an seinen Vorgänger Adam, daß er meistens dessen eigene Worte wiedergiebt; allein er hat doch auch Manches mit eingeflochten, was er wohl wahrscheinlich aus der Ueberlieferung der Aldenburger Diöcese, welcher er angehörte und deren Bischöfen er nahe stand, geschöpft hat. Dadurch ist freilich in seinem Bericht über die Ereignisse, um die es sich hier handelt, noch mehr chronologische Verwirrung gekommen, als wir schon bei Adam fanden; allein mit Hülfe der Chronologie läßt sich auch hier einiges Licht in der Wirrniß schaffen und Richtiges ausscheiden.

Helmold berichtet Cap. 12 die Stiftung des Bisthumes zu Aldenburg, welchem das Wendenland bis zur Peene und Demmin hin unterworfen ward, und setzt sie gleichzeitig mit der Stiftung des schleswiger Bisthumes, die anerkanntermaßen im J. 948 stattfand (Monum. Germ. IX, 307. 392). Cap. 13 erzählt er, wie Bischof Wago von Aldenburg, der noch vom Erzbischofe Adeldag († 988) ordinirt war, mit dem Fürsten (regulus) der Obotriten Billug sich verschwägert habe, indem er ihm auf wiederholtes Begehren seine Schwester zur Gemahlin gab; eine aus dieser Ehe entsprossene Tochter Hodica machte ihr Oheim, noch ehe sie erwachsen war, zur Aebtissin der Klosterfrauen zu Meklenburg. Dieses verdroß ihren Bruder Missizla (wahrscheinlich nur ein Stiefbruder, von einer früheren wendischen Gemahlin Billugs), welcher den Vater der Untreue an den väterlichen Sitten zieh, indem er eine Deutsche zur Frau genommen und seine Tochter in ein Kloster gesperrt habe. Im folgenden 14. Cap. berichtet er, wie Billug den Bischof überredet habe, seine Natural=Hebungen im Obotritenlande seiner Nichte zu überlassen und Landgüter dafür zum Tausche zu nehmen, und, nachdem dieses geschehen, er diese Güter des Bischofs habe plündern und verwüsten lassen, ja endlich die Schwester des Bischofs wieder verstoßen habe. Ausdrücklich sagt Helmold an


1) Auch war es Sitte, bei der Confirmation den Namen zu ändern. So hatte Bischof Adelbert von Böhmen in der Taufe den slavischen Namen Woitech, bei der Confirmation dafür den deutschen Namen Adelbert erhalten, Thietmar 4, 19.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 173 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

zwei Stellen (Cap. 13 zu Anfang und Cap. 14 §. 9), daß diese Geschichten zwischen Bischof Wago und dem Obotritenfürsten Billug unter Kaiser Otto II. und Otto III. sich zugetragen hätten; er kann also unter Billug nicht füglich einen andern Obotritenfürsten verstehen, als den bei Thietmar unter diesen Kaisern namhaft gemachten Obotritenfürsten Mistuwoi, dessen Taufname Billug gewesen sein mag.

Nachdem Helmold dieses, wie ich muthmaße, aus der Tradition der Aldenburger Diöcese erzählt, geht er Cap. 14, 11 wieder zu Adam 2, 24 über, und berichtet Cap. 15, 2 ebenfalls nach dieser Stelle Adams, wie zu diesen Zeiten über die Wenden Misizla, Nacco und Sederich geboten hätten, und identificirt sofort §. 3 diesen Misizla Adams mit dem Sohne Billugs Misizlaus, und setzt hinzu, daß dieser, nunmehr nach dem Tode des Vaters selbst über die Obotriten gebietend, seine Schwester Hodica aus dem Kloster zu Meklenburg genommen und mit einem gewissen Bolislav verheirathet habe. Nun erst, im folg. Cap., kommt Helmold auf den allgemeinen Slavenaufstand vom J. 983, verwickelt sich aber, indem er Adams Angaben folgt, auch in dieselben chronologischen Widersprüche. Auch er nennt die Wendenfürsten Mistiwoi und Mizzudrag die Führer der Rebellion, welche er noch ausdrücklicher, als Adam, als auf die Empörung Herzogs Bernhard II. gegen Kaiser Heinrich im J. 1019 folgend setzt (Cap. 16, 3. 4), also offenbar wohl mit dem zweiten Aufstande der Obotriten unter Micizlav im J. 1018 verwechselt, dabei aber den Markgrafen Dietrich, der im J. 985 starb, zum Genossen Herzogs Bernhard II. macht, und am Schlusse (16, 10) behauptet: alles dieses habe sich zugetragen in den letzten Zeiten des Bischofes Libentius I., der im J. 1013 starb. Im 17. Capitel erzählt er weiter, wie zu den Zeiten dieses allgemeinen Wendenaufstandes der Bischof Volkward, aus seinem Bisthume Aldenburg vertrieben, nach Norwegen gegangen sei, und nach seinem Tode Erzbischof Libentius den Reginbert für Aldenburg ordinirt habe, von dem ich oben gezeigt habe, daß er schon im J. 992 Bischof von Aldenburg war. Dann kommt er im folgenden 18. Cap. auf Reginberts Nachfolger, den Bischof Benno, zu sprechen, und folgt nun wieder nicht Adam, sondern wahrscheinlich der Aldenburger Tradition. Er erzählt, wie Benno mit Hülfe Herzogs Bernhard 1 ) in seiner Diöcese wieder festen Fuß zu fassen gesucht habe, aber kaum habe erreichen können, daß, statt der bedeutenden Hebungen, wie sie zu den


1) Es ist, wie wir sogleich sehen werden, der erste dieses Namens, sonst auch Benno genannt, zu verstehen.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 174 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Zeiten des Kaisers Otto d. Gr. verordnet gewesen, von jedem Hause im ganzen Obotritenlande 2 Pfennige ihm gesteuert und daß die Landgüter in Wagrien ihm zurückgegeben würden. Als nun Kaiser Heinrich zu Werben an der Elbe eine Zusammenkunft mit den Wendenfürsten gehalten, hätten diese auf des Bischofs Beschwerde zwar versprochen, die von Kaiser Otto vorgeschriebenen Hebungen ihm zu entrichten; aber, nachdem der Hof zu Werben vorbei gegangen, sei nicht mehr die Rede davon gewesen. Endlich sei Benno der Plackerei müde geworden und habe sich zu Bischof Berenward von Hildesheim begeben, der ihm eine Freistätte gewährt habe; hier sei Benno, bei Gelegenheit der Einweihung der Michaeliskirche beinahe im Gedränge erstickt, bald nachher gestorben.

Hier lassen sich wieder chronologische Haltpunkte gewinnen. Die Zusammenkunft Kaisers Heinrich mit den Wendenfürsten zu Werben fand nach Thietmar 6, 21 im September oder October des J. 1005 statt. Im J. 1014 scheint Bischof Benno oder Bernhard, wie ihn Thietmar 7, 4 nennt, bereits außerhalb seiner Diöcese gewesen zu sein. Denn in der angezogenen Stelle erzählt Thietmar, daß Bischof Bernhard von Aldenburg die zu Gernrode verstorbene Wittwe des Grafen Siegfried daselbst inmitten der Kirche zur Erde bestattet habe; das Kloster Gernrode ober lag in dem an den hildesheimer Sprengel stoßenden Theil der Mainzer Diöcese. Auch bei Gelegenheit des im J. 1018 auf Betrieb der Leutizier erfolgten Abfalles der Obotriten und Wagrier vom Christenthume redet Thietmar von dem aldenburger Bischofe so, daß man annehmen muß, er sei von seiner Diöcese fern gewesen 1 ). Seiner Anwesenheit bei Einweihung der hildesheimer Klosterkirche gedenken auch die Hildesheimer Annalen zum J. 1022, welche nebst den Quedlinburger Annalen 2 ) seinen Tod in das folgende Jahr setzen.

Weiter folgt nun wieder Helmold dem Adam, und dem Helmold sind wieder unsere ältesten Historiker und Genealogen gefolgt. Marschalk in seinen Annalen der Heruler und Wandalen (bei Westphalen Tom. 1.) läßt auf Billug dessen Sohn Misizlav, auf diesen seinen Sohn Mistiwoi, und auf diesen seine Söhne Anatrog und Udo folgen. Seit Frank hat man bis in die neuesten Zeiten die Obotritenfürsten so geordnet: Mistivoi I.,


1) Thietmar 8, 4: Bernhardus, - apostatae istius gentis tunc episcopus, id ut primo comperit, non secularis suimet dampni, sed potius spiritualis immenso dolore commotus, imperatori nostro id nunciare non destitit.
2) Noch bemerke ich, daß der gleichzeitige Ouedlinburger Annalist sowohl zum J. 1023 den Bernhard, als zum J. 992 den Reginbert "Bischof von Meklenburg" nennt.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 175 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Billug - dessen Sohn Misizlav - dessen Sohn Mistivoi II. - dessen Sohn Udo u. s. w. Nach den voraufgehenden Untersuchungen hat ein Mistuvoi II. niemals existirt, und sind die Obotritenfürsten vielmehr so zu ordnen: Mistuwoi, bei Helmold Billug, von vor 967 bis nach 1000, - sein Sohn Misizlav bis 1018 - dessen jüngerer Bruder Udo bis um 1032. Vater und Söhnen eine so lange Regierungszeit zuzuweisen, braucht man nicht bedenklich zu sein, da mit ihnen gleichzeitig die Sachsenherzöge Bernhard I. und sein Sohn Bernhard II. von 973 bis 1059 regiert haben.

 

Vignette
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 176 ] zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

IV.

Des Obotritenkönigs Heinrich

Tod und Begräbniß,

von

G. C. F. Lisch .


E ine der großartigsten Erscheinungen in der Geschichte der wendischen Ostseeländer ist der "Obotritenkönig" Heinrich, welcher im vollen Heidenthume seiner Länder ein eifriger, warmer Christ ward und für die sichere Anpflanzung des Weinberges des Herrn die kräftigsten Arbeiten ausführte, obwohl er sorgfältig jede Gewalt vermied.

Das Ende eines solchen Mannes ist so wichtig, wie sein Leben. Nach den bisherigen Nachrichten starb er in seiner Residenz Lübeck 1 ) am 22. März 1119 2 ). Helmold I, cap. XLVI, §. 5 (vgl. XLI, §. 6) sagt einfach:

"Fama velox pertulit, Henricum regem Slavorum, praesenti vita decessisse."

Es sind aber in neuern Zeiten andere, zuverlässigere Quellen über sein Ende eröffnet, welche es verdienen in die meklenburgische Geschichte eingeführt zu werden.

Heinrich ward am 22. März (1119) getödtet und im Michaeliskloster auf dem Kalkberge bei Lüneburg begraben 3 ).

Der Tag seines Todes ist in dem Todtenbuche 4 ) des Michaelisklosters sicher angegeben:

(22. März) XI kal. Aprilis.
Heinricus rex Sclauorum.

Diese Nachricht ist von der ältesten Hand dieses Todtenbuches am Ende des 12. Jahrh. aus ältern Todtenbüchern, also ohne Zweifel richtig, aufgeführt.


1) Die Grundmauern seines Pallastes sind im J. 1852 neben den Grundmauern der alten romanischen Kirche auf dem Burgwalle von Alt=Lübeck entdeckt.
2) Vgl. Giesebrecht Wendische Gesch. II, S. 212.
3) Vgl. Wedekind Noten zu einigen Geschichtschreibern des deutschen Mittelalters, II, S. 295.
4) Vgl. daselbst III, S, 22.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 177 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Der Grund, warum in dem Todtenbuche dieses Klosters sein Gedächtniß aufgezeichnet ist, giebt eine alte, um das J. 1230 geschriebene Chronik des Michaelisklosters 1 ) an, deren Verfasser sicher noch alte Nachrichten und das Grab Heinrichs kannte, da bei der Abfassung dieser Chronik kaum ein Jahrhundert nach dem Tode desselben verflossen war. Diese Chronik sagt:

Der Wendenkönig Heinrich ist getödtet und seine Leiche nach Lüneburg gebracht und in der Kirche des Michaelisklosters begraben worden.
(1126). "Occisus est etiam Henricus rex Slauorum, cuius corpus delatum Luneburg sepultumque in ecclesia sancti Michaelis."

Diese Nachricht gewinnt dadurch noch mehr an Interesse, daß auch Pribislav, Niklots Sohn, der erste meklenburgische Fürst des christlichen Staates, welcher am 30. Dec. 1178 zu Lüneburg in einem Turniere getödtet ward, eine Zeit lang in der Kirche des Michaelisklosters auf dem Kalkberge bei Lüneburg begraben lag, bis seine Leiche im J. 1219 in das Kloster Doberan versetzt 2 ) ward, wo sie, nach Reimar Kock's lübischer Chronik 3 ), noch in der ersten Hälfte des 16. Jahrh. "int Norden under einen schonen Stene mit Mißinck belecht" ruhte. Es ist wahrscheinlich, daß der Verfasser der lüneburgischen Chronik diese Abführung der Leiche Pribislavs selbst erlebte.

Von den Gebäuden auf dem Kalkberge bei Lüneburg sind nur noch wenige, unscheinbare Fundamente vorhanden.

Vignette

1) Vgl. Wedekind a. a. O. I, S. 413; vgl. S. 329.
2) Ueber alle diese Vorgänge vgl. Jahrb. II, S. 19 flgd. und 291 VI, S. 174 und IX, S. 409 und 415.
3) Vgl. Jahrb. IX, S. 415.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 178 ] zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

V.

Ueber die sogenannte protestantische Glosse zum Reineke Voß,

von

F. Boll,

Pastor zu Neu=Brandenburg.


S eit Rollenhagens Erklärung in der Vorrede zu seinem Froschmäuseler (vgl. Jahrbücher IV, S. 198) hatte der Rostocker Nicolaus Baumann für den Verfasser oder richtiger Bearbeiter des plattdeutschen Reineke Voß gegolten, bis Hackmann im J. 1711 die älteste Ausgabe des Reineke, die lübecker vom J. 1498, wieder ans Licht zog, und nun eine Zeit lang der in der Vorrede als Bearbeiter namhaft gemachte Heinrich von Alkmar für den Autor des Reineke angesehen ward. Die älteste lübecker Ausgabe enthielt schon eine (die sogenannte katholische) Glosse, an deren Stelle in den späteren rostocker Ausgaben des Reineke eine weit ausführlichere protestantische Glosse trat. Für den Urheber dieser protestantischen Glosse erklärte Gottsched in seiner hochdeutschen Bearbeitung des Reineke mit der doppelten Glosse (Leipzig 1752) den Nicolaus Baumann, um ihm wenigstens doch einigen Antheil an der Herausgabe des plattdeutschen Reineke zu lassen, und diese Annahme Gottscheds hat man bisher gelten lassen (vgl. Jahrb. IV, S. 203), wenigstens, so viel ich weiß, nirgends ausdrücklich widerlegt, obgleich ihre Widerlegung sehr leicht ist.

Nicolaus Baumann starb im April 1526 (vgl. Jahrb. IV, S. 193), und in der angeblich von ihm herrührenden Glosse werden häufig Schriften angeführt, die erst mehrere Jahre nach seinem Tode erschienen sind. So z. B. wird B. 1, C. 33 und B. 4, C. 13 angeführt der bekannte Reformator Johannes Brentius "super ecclesiasten", welche Schrift zuerst deutsch im J. 1528 und lateinisch im J. 1529 erschien (Leben des Joh. Brenz von

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 179 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

K. Jäger, Hamburg 1840, Th. 1, S. 388). B. 1 C. 1, und sehr häufig durch die ganze Glosse, wird eine Stelle aus den Fabeln des Erasmus Alberus mitgetheilt, welche zum ersten Male im J. 1534 zu Hagenau in Druck erschienen (vgl. Elf Bücher deutscher Dichtung von K. Gödeke, Leipzig 1849 Th. 1, S. 96) u. s. w. Ueberhaupt deuten viele Spuren in dieser Glosse darauf hin, daß sie erst gegen 1539 kann abgefaßt sein und also die rostocker Ausgabe des Reineke von 1539 die erste ist, welche die protestantische Glosse enthalten haben kann, nicht aber die angebliche rostocker Ausgabe von 1522, von welcher Rollenhagen a. a. O. redet. Auch sagt Rollenhagen ausdrücklich, daß Ludwig Dietz, bei welchem die rostocker Ausgabe von 1539 erschien, die Glosse verfertigt habe: "Nic. Baumann hat den Reineke Fuchs dem Buchdrucker zu Rostock, Ludowigen Ditzen, welcher ein Oberländer von Speierund(Leerz. fehlt) ein guter Reimer war, verehret. Derselbige hat die Glossen aus andern Reimbüchern dazu gesetzt, und ihm damit im J. 1522, als wenns zuvor ein altes Welsch und Frantzösich gemacht worden, in Druck gegeben". Da Rollenhagen mit dieser angeblichen rostocker Ausgabe von 1522 offenbar einen durch Ludw. Dietz glossirten Reineke bezeichnet, so erhellet zugleich, daß die Angabe Rollenhagens, dieser glossirte Reineke sei im J. 1522 zu Rostock im Druck erschienen, nur auf einem Irrthume beruhen kann, wie man denn auch eine rostocker Ausgabe des Reineke vom J. 1522 bisher überall vergebens gesucht hat (vgl. Jahrb. IV, 164).

Ueberhaupt scheint Rollenhagens und Lindenbergs Behauptung von einer Betheiligung des Nic. Baumann an der Herausgabe des plattdeutschen Reineke aus einer gänzlich grundlosen Vermuthung oder Sage geflossen zu sein, wie denn auch Hoffmann in der Einleitung zu seiner zweiten Ausgabe des Reineke (Breslau, 1852) dies anerkennt. Weit eher möchte der rostocker Stadtsekretair und Buchdrucker Hermann Barckhusen dabei betheiligt gewesen sein, in dessen Besitze im J. 1510 die Lettern gewesen zu sein scheinen, mit denen der lübecker Reineke von 1498 gedruckt war, und der sich erbot, die Reimchronik Nic. Marschalks, nicht bloß mit diesen Lettern zu drucken, sondern aus dem Oberländischen "in unse düdesch woll to wandelnde unde nichtesdeweyniger im Ryme to blivende". (vgl. Jahrb. IV, 73.)

Vignette
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 180 ] zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

VI.

Beitrag

zur

Geschichte der meklenburgischen Kirchenordnungen,

von

dem Professor Dr. Julius Wiggers

zu Rostock.


R ichter in seiner Ausgabe der evangelischen Kirchenordnungen des sechszehnten Jahrhunderts schickt dem Abdruck der meklenburgischen Kirchenordnung von 1552 (Bd. II, S. 115 ff.) folgende Bemerkung vorauf:

"Nach Rudloff, meklenb. Gesch. Th. III, Bd. 1, S. 131, Schröder, evang. Meklenb. Bd. I, S. 135, ist der Entwurf dieser für die norddeutschen Landeskirchen sehr wichtig gewordenen K. O. auf Befehl des Herzogs Johann Albrecht durch den rostocker Professor Johann Aurifaber, die Superintendenten Johann Riebling und Joachim Nossiophagus und den Feldprediger Ernst Rothmann verfaßt und von Melanchthon begutachtet worden, der einige, wiewohl außerwesentliche Aenderungen und Zusätze gemacht haben soll (s. auch Wiggers meklenb. Kirchen=Gesch. S. 126). Daß jedoch der Antheil des letztern ein größerer gewesen sei, geht daraus hervor, daß das von ihm herrührende Examen ordinandorum hier zuerst erscheint, und daß die von ihm verfaßte s. g. wittenberger Reformation zum Grunde gelegt ist. Auch spricht dafür die besondere Theilnahme, mit welcher Melanchthon gerade dieser K. O. in seinen Briefen gedenkt: Corp. Ref. T. VIII. p. 1007, 1016, 1032, 1033. T. VIII. p. 32. Deshalb ist derselbe früher oft geradezu als Verfasser bezeichnet worden, z. B. von Osiander, Epit. hist. eccl., Tubing. 1602. p. 614, von Masch, Beitr. zur Gesch. merkwürd. Bücher, S. 135 u. a."

"Eine zweite Ausgabe erschien im J. 1554. Sie enthält im Ganzen den Text wörtlich; doch ist im Exam. ord. der Beweis der Gottheit Christi Bl. 9, 10 vollständiger, in der Lehre vom Abendmahl Bl. 33 sind einige Worte verändert,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 181 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

und aus der im J. 1554 erschienenen besondern Ausgabe des Exam. Ord. ist Bl. 127 b eine Vermahnung zu den wirdigen Herrn Pastoren, das sie das Volck von den Ehegelübden oft Christlich erinnern wollen, eingeschoben. Zwar behauptet Wiggers a. a. O., nach Eschenbach, Bemerk. aus dem meklenb. Rechte, Rostock 1815, S. 3, daß eine zweite nicht völlig übereinstimmende Ausgabe bereits im J. 1554 erschienen sei, zu der sich die Ausgabe von 1554 nur als unveränderter Abdruck verhalte. Ein uns vorliegendes Exemplar von 1552, in dem, wie in der Ausgabe von 1554, das herzogliche Wappen auf dem Titel und dessen Kehrseite fehlt und der Drucker Hans Lufft auf dem Titel genannt ist, enthält jedoch nicht die Aenderungen, durch welche die Ausgabe von 1554 sich auszeichnet.

Eine Ausgabe in niedersächsischer Sprache datirt vom J. 1557. Die in dieser vorgenommenen Aenderungen betreffen namentlich die Kirchenzucht. U. a. wird in ihr verordnet, daß die öffentlichen Sünder mit Namen von der Kanzel abgekündigt werden und weder Gevatter stehen, noch christlich begraben werden sollen. Sie ist von Heshusius veranlaßt und hat den Titel: Kerckenordeninge: wo ydt mit Christlyker Lere etc. . Im hertochdome tho Meckelenborch etc. . geholden werdt. 1557. Gedrücket tho Rostock by Ludowich Dietz.

Endlich giebt es auch eine lateinische Uebersetzung unter dem Titel: Liber continens doctrinam, administrationem sacramentorum, ritus ecclesiasticos, formam ordinationis, Consistorii, Visitationis et scholarum in ditione - ducum Megap. - a Jo. Fredero in lat. ling. conv., Francof. 1562. 8."

In dieser Vorbemerkung scheint der Satz: "Zwar behauptet Wiggers" etc. . nicht bloß dagegen, daß die Ausgabe von 1554 mit einer der beiden Ausgaben von 1552 wörtlich übereinstimme, sondern auch gegen die Existenz einer doppelten Ausgabe von 1552 überhaupt einen Zweifel erheben zu sollen. Sofern dies die Meinung Richters ist, kann ich meine "Behauptung, daß eine zweite, nicht völlig übereinstimmende Ausgabe im J. 1552 erschienen sei", hier nur noch einmal mit der Bemerkung wiederholen, daß beide Ausgaben auf der hiesigen Universitäts=Bibliothek wirklich vorhanden und vor einigen Jahren von mir einer neuen Vergleichung unterzogen sind. Indem ich die Ergebnisse dieser Vergleichung im Nachstehenden darlege, bezeichne ich die Ausgabe ohne Wappen durch A, die mit dem meklenburgischen Wappen versehene Ausgabe durch B.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 182 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Vergleicht man die beiden Ausgaben vom Schlusse an rückwärts, so findet man, daß bis S. 62 a die Seiten und Zeilen einander genau entsprechen, nur daß A die Worte am Schlusse: "Gedruckt zu Witteberg, durch Hans Lufft. Im jar 1552", welche in B sich finden, nicht hat, wofür aber in B, statt der Worte: "Witteberg 1552" der Ausgabe A, die ausführlichere Bezeichnung: "Witteberg, gedruckt durch Hans Lufft, 1552" auf dem Titelblatte befindlich ist. Unbedeutende Abweichungen in dem angegebenen Abschnitte der beiden Ausgaben sind: S. 65 a steht in B "Das ander Teil", in A "Der ander Teil"; S. 111 b und 130 b ist die Druckverzierung in B etwas vollkommener eingerichtet, als in A, auch mit einem Schlußzeichen versehen; S. 123 b zeigt das D eine Verschiedenheit; S. 126 b Z. 1 fehlt in B das Komma nach "wüste", welches A hat, und auf derselben Seite steht in B "Rostok", während A "Rostock" liest. Auch hat A an einer Stelle "des Heiligen Geistes", B ebendaselbst "des heiligen Geistes". Erst mit S. 62 a hört die vom Schlusse bis hierher reichende Uebereinstimmung der Seiten auf, indem in B zwei Zeilen noch auf S. 61 b Platz finden, welche A erst auf S. 62 a bringt. S. 60 a beträgt der Unterschied drei, S. 59 b wieder nur zwei Zeilen; S. 59 a hat B vier Zeilen gewonnen, S. 58 a sechs Zeilen, S. 57 a acht, S. 56 b neun, S. 56 a elf, S. 55 a dreizehn, S. 54 b sechszehn, S. 53 b neunzehn, S. 51 b dreiundzwanzig Zeilen. Die Zeilen selbst stimmen durchgängig nach Anfang und Ende überein und der ganze Unterschied rührt allein von einem engeren Zusammenrücken der Zeilen her. S. 46 a der Ausgabe B entspricht der S. 46 b der Ausgabe A. Doch stimmen Anfang und Ende der Zeilen fortdauernd überein. Weiterhin vergrößert sich der Unterschied noch mehr. Er beträgt S. 31 a schon über zwei Seiten, S. 20 b der Ausgabe B findet sich fast ganz erst auf S. 22 a der Ausgabe A. Auf S. 17 a gelangt man zur Entdeckung der Ursache dieser großen, erst allmälig durch Raumersparung in der Ausgabe A wieder verschwindenden Abweichung. Hier hat nämlich B eine viel kürzere Version als A zwischen den Worten "ewige Seligkeit" und "durch diese Verheißung". Was B dazwischen in 11 Zeilen enthält, dafür nimmt A über eine Seite in Anspruch. Der Gegenstand dieser Ausführung ist das Alter des Evangeliums. Von S. 16 a bis zu Anfang findet völlige Uebereinstimmung statt. An sonstigen Verschiedenheiten macht sich nur bemerkbar, daß S. 42 b die Ausgabe B "Ps. 49" nennt, die Ausgabe A dagegen an der entsprechenden Stelle "Ps. 50", und daß

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 183 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

einige wenige orthographische Abweichungen vorkommen, z. B. S. 60 b, wo B "Goliath", A "Goliad" liest.

Die Uebereinstimmung ist demnach so groß, daß man nicht wohl annehmen kann, es liege beiden Ausgaben ein verschiedener Satz zu Grunde. Es scheinen vielmehr die Verschiedenheiten in der Weise erklärt werden zu müssen, daß nach vollendetem Druck einer Anzahl von Exemplaren man die gedachte Veränderung auf S. 17 a vornahm, mag dieselbe nun in einer weiteren Ausführung oder in einer Verkürzung bestanden haben, und dabei zugleich den stehen gebliebenen Satz der folgenden Bogen und des Titelblattes einer erneuerten Correctur unterzog. Welche von den beiden Ausgaben unter dieser Voraussetzung als die frühere anzusehen sei, ist schwer zu ermitteln; doch möchte ich annehmen, daß die Ausgabe B, die Wappenausgabe, die spätere sei, da es nicht wahrscheinlich ist, daß man das Wappen, wenn man den betreffenden Holzschnitt einmal besaß, auf den später gedruckten Exemplaren sollte wieder weggelassen haben, auch nach den angeführten Abweichungen die Wappenausgabe einige Vorzüge in typographischer Hinsicht vor der anderen hat. Aus der von Lisch entdeckten Rechnung des Aurifaber wegen seiner Reise nach Wittenberg und der auf den Druck der Kirchenordnung verwendeten Kosten (Jahrb. V, S. 227) läßt sich eine Entscheidung dieser Frage nicht entnehmen, da aus jenem Document nur hervorgeht, daß 500 Exemplare abgezogen worden sind. Ein abschließendes Urtheil über die Entstehungsursache der doppelten Recension ist daher von der Auffindung weiterer urkundlicher Nachrichten abhängig zu machen. Während nun hiernach die Existenz der beiden Ausgaben nicht angefochten werden kann, hat dagegen Richter darin vollkommen Recht, daß die Ausgabe von 1554 nicht, wie S. 127 meiner " Kirchengeschichte Meklenburgs", angegeben wird, ein "ganz unveränderter" Abdruck einer der beiden Ausgaben und zwar der Ausgabe A sei. Ich selbst hatte schon, ehe mir seine berichtigende Bemerkung zu Gesichte kam, aus "M. U. L., unpart. Prüfung etc. ." S. 9, so wie aus einer Vergleichung der Ausgaben von 1554 und 1552 mich davon überzeugt, daß verschiedene Abweichungen stattfinden. M. U. L. in der angeführten Schrift bemerkt darüber Folgendes: "A. 1554 wurde jetztgedachte Kirchenordnung mit gutem Willen der Ritter= und Landschaft revidiret und in Johann Albrechts Namen wieder aufgeleget, nachdem darin einige Ender= oder vielmehr Verbesserung in den Lehrstücken wider die Päpstler geschehen. Insonderheit ist im dritten Theil der Titul: von Ehegelübden und verbotenen Graden der Ehe hinzugethan". Im Uebrigen recurrirt noch

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 184 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

der wismarsche Vertrag vom J. 1555 auf die "bewilligte und von gemeiner Landschaft angenommene meklenburgische Kirchenordnung a. 1552 ausgegangen". (Gerdes, Samml. S. 180.)

Hinsichtlich der plattdeutschen Kirchenordnung von 1557 bemerkt Nettelbladt in der succ. notitia p. 127: "1560 novis repetita fuit typis", und diese Mittheilung wiederholt Rudloff, M. Gesch. III, 1, S. 138. Es existirt jedoch, soviel bekannt, nirgends eine Ausgabe mit der Jahreszahl 1560, und schon der Regierungsrath Schmidt in seinen handschriftlichen Bemerkungen zu dem in der hiesigen Kämmererschen Bibliothek befindlichen Exemplare der Nettelbladtschen succ. notitia stelle daher die Behauptung auf, daß, wenn wirklich im J. 1560 eine neue Ausgabe der plattdeutschen Kirchenordnung erschienen sei, dies ein bloßer, auch in der Jahreszahl übereinstimmender Nachdruck der Ausgabe von 1557 sein müsse. Er führt zur Bestätigung dessen an: 1) daß im Archive über eine Ausgabe von 1560 sich nichts finde; 2) daß Herzog Ulrich in einem Rescripte vom Jan. 1560 die Prediger auf die vor drei Jahren gedruckte Kirchenordnung verweise; 3) daß in den Acten der revidirten Kirchenordnung keine andere als die von 1552 und 1557 angeführt werde, obgleich sonstiger außerhalb Landes gemachter Abdrücke Erwähnung geschehe. Ueberdies sei auch deshalb nicht glaublich, daß 1560 ein neuer Abdruck gemacht sei, weil im Archive noch ein Vorrath von Exemplaren der Ausgabe von 1557 vorhanden sei; oder es müßte dies der Nachdruck von 1560 selbst sein, der mit Beibehaltung der Jahreszahl 1557 beschafft wäre. Die einzige Stütze für die Existenz eines solchen bloßen Nachdruckes möchte in einem Berichte des Chytraeus von 1599, betreffend die Revision der Kirchenordnung, gefunden werden, in welchem er dreimal eines Drucks der Kirchenordnung "nun vor 40 Jahren" erwähnt, falls die Zahlenangabe als eine ganz genaue und nicht vielmehr als Angabe einer runden Zahl anzusehen wäre.

Aus dem so eben erwähnten Bericht des Chytraeus von 1599, den Schmidt in seinen handschriftlichen Bemerkungen zu Nettelbladt succ. notitia excerpirt, theile ich hier noch einiges Nähere zur Geschichte der revidirten Kirchenordnung mit. Chytraeus schreibt: Schon vor 30 Jahren habe Herzog Johann Albrecht ihm aufgetragen, eine besondere Kirchenordnung zu verfertigen. Er habe daran fleißig gearbeitet und die Vorrede dem Herzog eingesendet, welche gnädig aufgenommen worden sei. Weil er aber durch den frommen Mann Friedrich Spe ("glaublich ist dieser Spe der kaiserliche Precista Fr. Spädt in dem hiesigen schwerinschen Thum de a. 1567, wovon die

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 185 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

11. Beilage zu dem Scripto Rudloffs: Verhältniß des Stifts zu dem Herzogthum Meklenburg, redet") und dessen Eidam in Ungnade gefallen wäre, so wäre alles bis zum Ableben des Herzogs liegen geblieben. A. 1584 wäre ein Befehl von ihm, Herzog Ulrich, an die Superintendenten und auch an ihn, Chytraeus, zur Revidirung der Kirchenordnung ergangen. Die Superintendenten hätten die alte Kirchenordnung ausflicken und bessern wollen. Er für sich hätte solches Flickwerk widerrathen und den Vorschlag zu einer ganz neuen gemacht, aber, obgleich er seinen Aufsatz mit eingeschickt hätte, in fünfzehn Jahren keine Antwort bekommen. Und so hätte er lieber seinen Aufsatz privatim zu Rostock drucken lassen. Da jetzt wieder im J. 1599 der Befehl an die Superintendenten und ihn erneuert worden sei, bliebe er seiner früheren Ansicht getreu, daß eine ganz neue Kirchenordnung auszuarbeiten sei. Denn nachdem Herzog Johann Albrecht die Friedenshandlung zwischen den wittenberger und magdeburger Theologen vorgenommen, welches in Sachsen sehr übel empfunden sei, hätten die Wittenberger den Titel "zu Meklenburg" cassirt und vor die Edition von 1554 gesetzt: "Sächsische Kirchenordnung". Daher es schimpflich wäre, solche als eine nunmehrige fremde Ordnung zu Grunde zu legen. Endlich bequemte sich aber, wie Schmidt berichtet, Chytraeus, den ganzen Aufsatz nach des Herzogs Willen zu machen. Er starb aber im J. 1600, und so hat Luc. Bacmeister nach seinem Tode mit den übrigen Professoren zu Rostock und den Superintendenten seine Ausarbeitung beibehalten und ist dieselbe mit einigen wenigen Veränderungen zum Druck befördert worden. Diese Veränderungen betrafen nur die Ceremonialia, während hinsichtlich der Doctrinalia die Arbeit des Chytraeus unverändert blieb.

Im Manuscript ist die Arbeit des Chytraeus noch zu Schwerin vorhanden. Sie war aber auch, wie aus dem obigen Bericht des Chytraeus hervorgeht, durch den Druck veröffentlicht worden. Chytraeus hatte seinem Schreiben an Herzog Ulrich vom J. 1599 ein Exemplar davon beigelegt, welches aber nach Schmidt im Archive vermißt wird. Was die Geschichte der Kirchenordnungen seit 1557 betrifft, so ist außerdem zu vergleichen: Dav. Chytraeus, oratio de Jo. Lucano, cancell. Meg., suasore novae editionis ordinationis ecclesiasticae. 1562. Rost. 1571. Von Neuem gedruckt in Chytraei Orationes p. 246. Ein genaues Verzeichniß der zur Geschichte der Revision der Kirchenordnung gehörigen Actenstücke befindet sich im Archiv des geistlichen Ministeriums zu Rostock Bd. I S. 23 ff. Die Actenstücke selbst füllen den ganzen

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 186 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

folgenden Theil des ersten Bandes und den zweiten Band der Acten des sogenannten Archivs. Nach dem Bericht im ersten Bande werden als Revisoren, in Uebereinstimmung mit dem bereits Bekannten, die "sämmtlichen meklenburgischen Herren Theologi und Superintendenten" genannt, sonderlich D. Dav. Chytraeus, D. Luc. Bacmeister, D. Joh. Frederus, D. Jac. Colerus, D. Henr. Dinggravius, D. Joh. Neovinus, D. Jo. Fabricius, M. Ant. Bocacius u. s. w.; als Correctoren: D. David Lobechius und M. Luc. Bacmeister.

Was endlich noch die plattdeutsche Kirchenordnung von 1557 betrifft, welche sich von der früheren hauptsächlich durch verschiedene, die Kirchenzucht und Sonntagsheiligung auf strengere Grundsätze zurückführende Zusätze unterscheidet, so ist ihre Entstehungsgeschichte noch immer nicht in dem wünschenswerthen Grade aufgehellt. Dabei erinnern wir zugleich daran, daß auch die Geschichte des Kampfes und der Leiden, welche ihr Urheber, der Professor und Pastor Tilemann Heshusius, dieser "unverhörter Sache und unerkannten Rechtes" seines Amtes entsetzte und gewaltsam aus Rostock vertriebene Märtyrer seiner Ueberzeugung, in unserer Mitte zu erdulden hatte, wohl einmal im Zusammenhange dargestellt zu werden verdiente. Reiches Material zu einer solchen Darstellung ist im Archive des rostocker geistlichen Ministeriums vorhanden.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 187 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Anhang,

von

G. C. F. Lisch.


Des
Professors Dr. David Chytraeus
zu Rostock

Bericht von der Kirchenordnung

an den Herzog Ulrich von Meklenburg.
1599.

Der Anfang vnd erste beredung von der Meckelnburgischen Kirchenordnung verfassung ist anno 1551, Mense Novembri geschehen, da vff E. F. G. herrn brudern, hertzog Johann Albrechten, nu in Gott ruwenden, anhalten, der Durchleuchtige vnd Hochgeborne Fürst, Hertzog Henrich zu Meckelnburg, seinen Superintendenten, Ern Johann Riebling, mit einem gemeinen schreiben, an D. Johannem Aurifabrum die zeit J. F. G. Pastorn zu S. Nicolaus in Rostock, vnd andere abgefertigt, vnd von einer gewissen bestendigen Kirchenordnung zu berathschlagen befohlen. Es hette aber derselbe Riebling ein besonder nebenschreiben von seinem herrn, hertzog Henrich, an D. Aurifabrum, das er nichts newes stellen, sondern bey der Ordnung der Missen, so wenig iar zuvor herr Riebling hette drucken lassen, verbleiben solte. Welche widerwertige furstliche schreiben, als sie mir hernachmals von meinem Praeceptore vnd collega D. Aurifabro angezeiget, mich die zeit, als ein iungen gesellen, nicht vnbillig ettwas befremdet, aber nicht gedacht, das mir vber 48 Jar, in meinem alter, ettlicher maßen dergleichen begegnen würde. Nu blieben die sachen die Zeit, wie sie Er Riebling practicirt hatte, in einem stillstand ettliche Monat, biß vff hertzog Henrichs seligen abschied (1552).

Da alsbald nach Ir f. G. leichbestettigung, hertzog Johann Albrecht die Theologen nach Suerin verschrieben, vnd ein Newe gemeine Kirchenordnung zu verfassen befohle. Welches auch alsbald für die hand genommen, vnd als sie entworffen vnd von Ir f. G. approbieret, Doctori Aurifabro dieselbe drucken zu lassen befohlen ist. Der damit nach Witteberg gereiset, vnd Philippum Melanthonem mit zu Rath gezogen, der sonderlich das erste teil,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 188 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

die Lere, Artikell im Examine ordinandorum formlicher vnd besser gestellet, vnd sonst hin vnd wider ettliche Stück eingesetzt hat.

Diese Kirchenordnung ist vnter dem Namen des hertzogthumbs Meckelnburg erstlich gedruckt, 1552, aber nur funff Jar dabey geblieben, denn als im eingange des 1557 Jars E. f. G. herr bruder, aus guter Christlicher wolmeinung, die vnglückselige friedeshandlung zwischen den Theologen zu Witteberg vnd Magdeburg fürgenommen, vnd kurtz zuvor Doctor Heshusius (1556), als die Kirchenordnung alhie in Meckelburgische sprache vertiret, ettliche Artikell von der Kirchen disciplin (als das mann die Offentliche sünder namhafft von der Cantzel auffkündigen, nicht gefattern stehen vnd mit Christlichen cerimonien begraben sol) hinein geflicket hat, die Philippo nicht gefallen, die Artikell aber der Friedeshandlung von hertzog Hans Albrecht fürgeschlagen gantz widerlich vnd bitterlich verhasst waren:

Da haben Philippus vnd sein tochterman D. Peucer den namen des hertzogthumbs Meckelburg auff dem titel der Kirchenordnung weg gethan, vnd dieselbige forthin in der Wittenbergischen Kirchen namen zu drucken befohlen. Auch den Churfursten Augustum gar beschwerlich wider E. f. G. herrn bruder angereitzet vnd verbittert. Dieweil nu diese Kirchenordnung (ob sie wol erstlich (1552) in des hertzogthumbs Meckelnburg namen ausgangen, dennoch alsbald funff jar hernach (1557) demselbigen wider genommen, vnd dero zu Witteberg vnd anderen Kirchen nu vber die 40 Jar zugeeignet) nicht mer der hertzogen zu Meckelnburg allein vnd eigene kirchenordnung ist: hat E. F. G. herr bruder, hertzog Johann Albrecht, schon lang vor 30 Jaren mit mir geredet, ein besondere vnd eigene Kirchenordnung für das hertzogtbumb Meckelburg zu entwerffen, welches auch mit zimlichem Fleiß die zeit fürgenommen, auch die Vorrede, mit A. gezeichnet, Ir f. G. hernach zugeschicket, darann sie ein gnädiges gefallen gehabt. Als aber hernach bey Ir f. G. ich, durch den frommen Man, Friderich Spe vnd seinem Eidam in vngnade gebracht: ist alles biß vff Ir. f. G. seligen Abschied liegend geblieben.

Nach dem Originale im großherzogl. meklenburg. Geh. und Haupt=Archive zu Schwerin mitgetheilt von dem Archivar Dr. Lisch zu Schwerin.

Vignette
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 189 ] zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

VII.

Ueber die Verbindungen

des

fürstlichen Hauses Werle

mit

dem herzoglichen Hause Braunschweig=Lüneburg,

von

G. C. F. Lisch .


Verdensche Chronik über die Grafschaft Lüchow
1315-1320.

D er Herr Landschafts=Director von Hodenberg zu Lüneburg hat eine höchst wichtige Urkunde unter dem Titel:

Andreae de Mandelslo († 31. Aug. 1585) Registrum Ecclesiae Verdensis

drucken lassen, in welchem sich S. 5-6 folgende interessante Nachricht, offenbar aus einer alten Chronik, findet:

Anno, die et mense, quo illustris princeps dominus Otto dux Luneburgensis bone memorie in ciuitate Ullesszen tradidit sororem suam nuptui comiti de Warningerode et filiam suam domino Nicolao de Warle domino Slauie, solempnitatibus nuptiarum fere consummatis comes de Luchauwe cum magna solemnitate recepit comitatum suum in pheodo a uenerabili in Christo patre domino Nicolao episcopo Verdensi pie memorie et in aperto factus fuit uasallus ecclesie in presentia multorum nobilium et

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 190 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

aliorum fide dignorum fecit homagia iuramenta homagii cum magna deuotione et humilitate; eratque vir robustus, iustus et persequens impios usque ad sanguinem. Eo tempore bellum magnum inter marchionem Woldemarum et ducem Luneburgensem. Comes dimisit ducem et adhesit marchioni. Lite durante comes sine liberis moriebatur. Comitatus vacabat. In continenti marchio Woldemarus cepit castrum Luchouwe cum ciuitate et Snege cum potentia et manu forti. Facta pace marchio moriebatur et vacabat marchionatus. Tunc temporis surrexit Otto domicellus patre adhuc viuente ad regendum ducatum Luneborgensem et emit a quodam nobili de Thuringia comitatum Luchauwe cum omnibus suis attinentiis et fuit impheodatus per dominum Nicolaum antedictum et recepit partem Antique Marchie in pheodo, ea que fuerunt in districtu episcopatus Verdensis situata, videlicet theolonium in Schnakenborgh, Wisch et terram circa iacentem, in qua erexit plura castra, que tamen semicoactus (?) auunculo suo Ludowico Creato de Berge, qui fuit vasallus ecclesie sine heredibus, cuius comitatum rapuit dux in toto, licet possessionem nunquam uiuente comite esset adeptus.


Die Zeitbestimmung

dieser interessanten Chronik ist durchaus nöthig und wichtig. Die Chronik enthält freilich viele bestimmte Thatsachen; leider fehlen aber fast alle Urkunden darüber im königlichen Archive zu Hannover. Der Herr Archiv=Secretair Dr. Sudendorf hat den größten Fleiß darauf verwandt, noch mehr urkundliche Nachrichten zu entdecken, jedoch vergebens. Eben so wenig findet sich nach angestellten Forschungen des Hrn. Archivraths Dr. Schmidt in dem herzoglich braunschweigischen Archive zu Wolfenbüttel eine Urkunde, welche über die in dieser Chronik bezeichneten Begebenheiten und die folgenden Untersuchungen directen Aufschluß geben. Alles, was von Wichtigkeit sein könnte, ist bereits in Riedel Cod. dipl. Brand. II, 1, gedruckt.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 191 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Der braunschweigische Herzog, von dem hier die Rede ist, ist der Herzog Otto der Strenge zu Lüneburg (1277 † 1330), der auch mit seiner Gemahlin Mechthild von der Pfalz zu Lüneburg in der Michaelis=Kloster=Kirche unter einer prächtigen Messingtafel 1 ) begraben lag, welche jedoch in neuern Zeiten vernichtet 2 ) und verschwunden ist.

Zwei Begebenheiten sind es besonders, welche einen sichern Anhaltspunct geben: die Uebertragung der Mitregentschaft des Landes Lüneburg durch den Herzog Otto den Strengen auf seinen Sohn Otto und ein Krieg des Herzogs Otto mit dem Markgrafen Waldemar von Brandenburg. Beide Begebenheiten werden in einer zu Uelzen gegebenen Urkunde 3 ) vom 28. Nov. 1315 berührt. In dieser sagt der Herzog Otto der Strenge:

We bekennet ok, dat we vnseme sone Otten laten vnde beuolen hebben alle de slot, de we leddich hadden vnde vorseth hebben, ane Luneborch vnde Winsen vnde Tzelle, dath he de hebben vnde vorstan scal, dhe wile dat we leuen.

Ueber den Krieg mit dem Markgrafen und dessen Veranlassung giebt es weiter keine Nachrichten, als die in der vorstehenden Chronik und in der eben erwähnten Urkunde vom 28. Nov. 1315, in welcher der Herzog Otto sagt:

We hebbet ock vns vorbunden mit vnseme sone Otten, dat we an dem orleghe, dath we anghegrepen hebbet mit deme markgreuen, - - eme vullenkomeliken helpen willen.

Auf diesen Krieg beziehen sich ohne Zweifel noch 6 gleichlautende Urkunden 4 ) der lüneburgischen Ritter Johann Pusteke, Otto von Thun, Johann von Thun, Heinrich Ribe, Gottfried von Odem und Eckhart von Estorf vom 4. Nov. 1315, durch welche sie für ihren Herrn den Herzog Otto von Braunschweig und Lüneburg und dessen Sohn Otto dem Markgrafen Johann von Brandenburg für die Haltung der geschlossenen Verträge bürgen und geloben, daß die Herzoge niemals des Markgrafen Feinde werden sollen.


1) Vgl. Orig. Guelf. IV, ad p. 77.
2) Vgl. Wedekind Noten III, S. 248. - Die geschnitzte Einfassung des Grabes wird jedoch noch im Chore der Michaelis=Kirche aufbewahrt. G. C. F. Lisch.
3) Vgl. Riedel Cod. dipl. Brand. III, 1, S. 379, Nr. 464. - Das Original dieser Urkunde ist nach der Mittheilung des Hrn. Archiv=Secretairs Dr. Sudendorf zu Hannover jetzt im königl. Archive zu Hannover aufgefunden.
4) Vgl. Riedel a. a. O. II, 1, S. 378, Nr. 463.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 192 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Der Krieg mit dem Markgrafen Waldemar und die lüneburgische Regierungsabtretung fällt also in den Nov. 1315.

Hiezu stimmen auch die übrigen in der Chronik erzählten Begebenheiten, in derselben Reihenfolge. Am 5. März 1317 gelobten 1 ) die "Freunde" (Verwandten) des Grafen Heinrich von Lüchow, daß dieser während seiner Lebenszeit dem Markgrafen Johann von Brandenburg das Schloß Lüchow öffnen und daß die Grafschaft Lüchow nach dem Tode des Grafen an den Markgrafen Johann fallen solle. Am 9. Julii 1319 bestätigte der Graf Günther von Kevernberg ("nobilis de Thuringia"), ein Verwandter ("Freund") des Grafen Heinrich von Lüchow 2 ), nach dem unbeerbten Ableben desselben, als Graf von Lüchow und Kevernberg der Grafschaft Lüchow alle Gerechtigkeiten 3 ), welche sie unter den Grafen von Lüchow gehabt hatte. Sogleich aber bemächtigte sich, nach der vorstehenden Chronik, der Markgraf Waldemar der Grafschaft Lüchow: schon am 17. Julii 1319 bestätigte er der Gräfin Mechthild von Kevernberg und Lüchow die Grafschaft Lüchow, welche ihr Gemahl, der Graf Günther, von ihm zu Lehn trage, zum Leibgedinge 4 ). Nach dem Tode des Markgrafen Waldemar (1319) verkaufte der Graf Günther von Kevernberg sogleich am 6. Jan. 1320 die Grafschaft Lüchow 5 ) an den Herzog Otto von Lüneburg und dessen Söhne Otto und Wilhelm.

Hiedurch sind alle Hauptbegebenheiten der vorstehenden Chronik in ihrem ganzen Verlaufe für die Zeit vom Nov. 1315 bis zum Jan. 1320 urkundlich fest bestimmt.



1) Vgl. Riedel Cod. dipl. Brand. II, 1, S. 398, Nr. 483.
2) Vgl. Riedel daselbst, Note.
3) Vgl. Riedel daselbst, S. 432, Nr. 524; vgl. Nr. 525.
4) Vgl. Riedel daselbst, S. 436, Nr. 528.
5) Vgl. Riedel daselbst, S. 450, Nr. 540.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 193 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

1.

Der Fürst Nicolaus II. von Werle

und dessen

Gemahlin Mechthild, Herzogin von Lüneburg.


Die vorstehende verdensche Chronik sagt:

"Zur Zeit des Krieges zwischen dem Markgrafen Waldemar von Brandenburg und dem Herzoge Otto dem Strengen von Lüneburg habe der Herzog Otto seine Schwester dem Grafen von Werningerode und seine Tochter dem Fürsten Nicolaus von Werle, Herrn von Wenden, in der Stadt Uelzen vermählt."

("Otto dux Luneburgensis in ciuitate Ulleszen tradidit sororem suam nuptui comiti de Warningerode et filiams uam domino Nicolao de Warle, domino Slauie. - - Eo tempore bellum magnum inter marchionem Woldemarum et ducem Luneburgensem.")

Diese Nachricht ist sehr zuversichtlich und bestimmt ausgedrückt und doch ist von der Begebenheit bisher noch nichts urkundlich bekannt gewesen. Damit stimmt jedoch die Angabe älterer Geschichtschreiber überein, daß des Herzogs Otto Schwester Elisabeth mit dem Grafen Conrad von Werningerode vermählt gewesen sei, wenn auch im hannoverschen Archive darüber keine Urkunde vorhanden ist.

Es hat sich jedoch im großherzogl. meklenburgischen Geh. und Haupt=Archive zu Schwerin eine Urkunde 1 ) gefunden, welche, weil sie in manchen Puncten unbestimmt zu sein scheint, bisher noch nicht benutzt ist, jedoch im Stande sein wird, die ganze Sache aufzuklären. Am 10. Julii 1314 zu Crivitz bekannten die Fürsten Nicolaus und Johann von Werle, daß sie ihren Oheim Nicolaus, Grafen von Schwerin=Wittenburg, von der Bürgschaft befreien wollten, welche er für sie dem Herzoge Otto von Lüneburg und dessen Sohne über das der Tochter des Herzogs, der Prinzessin Mechthild, ("filie


1) Vgl. Urkunden=Sammlung Nr. VII.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 194 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

ducis domine Mechtildis") zu bereitende und in ihren dem Herzoge übergebenen Urkunden verschriebene Leibgedinge geleistet habe. Es ist hier offenbar von einer Vermählung die Rede, welche zwischen einem Fürsten von Werle und einer Tochter des Herzogs Otto des Strengen von Lüneburg vorbereitet war und vollzogen werden sollte. Die Braut ist in der Urkunde Mechthild genannt. Es handelt sich nur noch um den Bräutigam. Ohne Zweifel war dies einer der beiden werleschen Fürsten, welche dem Grafen Nicolaus von Schwerin die Versicherungs=Urkunde ausstellten. Aber auch diese sind in der Urkunde nicht bestimmt bezeichnet, da in dem Fürstenhause Werle die Namen Nicolaus und Johann in jener Zeit häufig sind. Es ist jedoch zuverlässig, daß der die Urkunde mit ausstellende Fürst Johann von Werle: der Fürst Johann II. († 1337) war, da an der Urkunde sein bestimmt ausgeprägtes Siegel mit der Umschrift:

Umschrift

hängt. Dann ist der ihm vorangesetzte, also ältere Fürst Nicolaus von Werle kein anderer, als Johann's II. älterer Bruder Nicolaus II. (1284 † 12. Oct. 1316), obgleich die beiden Fürsten in der Urkunde sich nicht Brüder nennen 1 ). Nicolaus II. ist als solcher freilich durch sein Siegel nicht zu erkennen, da er ein im werleschen Fürstenhause in ältern Zeiten sonst gar nicht vorkommendes, rundes Siegel führt; aber es giebt im J. 1314 keinen andern Fürsten Nicolaus von Werle, als Nicolaus II. Da nun Johann II. bis 1332 mit des Herzogs Heinrich I. zu Braunschweig Tochter Mechthild vermählt war, so kann der hier zur Frage stehende Bräutigam nur der Fürst Nicolaus II. von Werle sein, von dem die Urkunde sagt, daß er sich im J. 1314 mit des Herzogs Otto des Strengen von Lüneburg Tochter Mechthild verlobte, und von dem die Chronik berichtet, daß er sich im J. 1315 während des Krieges zwischen Lüneburg und Brandenburg zu Uelzen mit derselben vermählte.

Der Fürst Nicolaus II. von Werle war schon früh mit der dänischen Königstochter Rixa vermählt 2 ) gewesen, welche aber schon früh (vor Oct. 1308) gestorben war. Darauf ward der Fürst siech. Nach dem alten Stammbaume 3 ) zu der Ge=


1) Die Brüder Nicolaus II. und Johann II. von Werle nennen sich öfter im Eingange der Urkunden nicht Brüder, wenn sie auch im Texte der Urkunden ausdrücklich als Brüder bezeichnet werden.
2) Vgl. Rudloff mekl. Gesch. II, S. 224.
3) Vgl. Jahrb. XI, zu S. 26.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 195 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

nealogie im parchimschen Stadtbuche hatte er den Aussatz, mittelhochdeutsch: die Miselsucht:

"Nicolaus leprosus factus, in Pustecowe obiit."

Er suchte Heilung bei den Aerzten in Montpellier. Doch, so erzählt Kirchberg in seiner meklenburgischen Reimchronik 1 ):

doch waz syn krangheyt zu der schicht,
daz man ir kunde virtrieben nicht;
Darum wart her zu der stund
gemachit gentzlich nicht gesund,
aber im wart doch dy genade,
nach der wysen meystere rade,
daz die suchêde sundir nyd
wart gestillet lange czyd.
Abir her inkunde sundir wan
dy lant so genczlich nicht virstan,
als her hatte getan vur ee,
auch virsuchte hers nicht me.

Die Krankheit ward zwar nicht geheilt, doch in ihrem Fortschreiten gestillt. Er begab sich aber der Regierung und starb schon am 12. Oct. 1316.

Es ist schon früher die Vermählung eines Fürsten Nicolaus von Werle mit einer Tochter des Herzogs Otto, wahrscheinlich nach der oben mitgetheilten verdenschen Chronik, behauptet, jedoch nicht allein diese Vermählung, sondern auch überhaupt die Existenz einer Tochter des Herzogs Otto des Strengen von Lüneburg immer bestritten worden 2 ); seitdem aber diese Chronik und die Urkunde über das Leibgedinge ans Licht gekommen sind, ist alles dies nicht mehr zu leugnen.

Der Fürst Nicolaus II. von Werle vermählte sich also im J. 1315 in zweiter Ehe mit des Herzogs Otto des Strengen von Lüneburg Tochter Mechthild. Von dem bald darauf erfolgten Wittwenstande der Fürstin haben wir keine Nachricht.

Der Graf Nicolaus I. von Schwerin wird in der Urkunde vom 10. Julii 1314 Oheim von mütterlicher Seite 3 )


1) Vgl. v. Westphalen Mon. ined. II, p. 832 (Cap. 175).
2) Vgl. Vaterländisches Archiv des historischen Vereins für Niedersachsen, Jahrgang 1842, S. 376.
3) Vgl. Jahrb. XVI, S. 171.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 196 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

("avunculus") der beiden Fürsten Nicolaus II. und Johann II. von Werle genannt, nach folgender Stammtafel:

Stammtafel

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 197 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

2.

Der Fürst Johann II. von Werle

und dessen

Gemahlin Mechthild, Herzogin von Braunschweig.


Unzweifeihaft sicher hatte der Bruder des Fürsten Nicolaus II. von Werle, der Fürst Johann, eine braunschweigische Prinzessin Mechthild, eine Tochter des Herzogs Heinrich des Wunderlichen zu Braunschweig (eines Vaterbrudersohnes des Herzogs Otto des Strengen), zur Gemahlin.

Am 23. Oct. 1311 bestätigte 1 ) die Herzogin Agnes von Braunschweig, Gemahlin des Herzogs Heinrich des Wunderlichen, die Verlobung ihrer Tochter Mechthild mit dem Fürsten Johann II. von Werle, welche durch ihren Bruder, den Markgrafen Friederich von Meißen, zu Eisenach vermittelt war und zu welcher der Fürst einen erfahrenen und bedeutenden Ritter und frühern Marschall Thesmar von Rehberg abgesandt hatte.

Die Fürstin hatte ohne Zweifel Schloß, Stadt und Vogtei Plau zum Leibgedinge verschrieben erhalten. Bei der großen Wichtigkeit der Lage dieser Stadt, namentlich für die frühern Zeiten, entsagte sie bei drohenden Zeitumständen der ihr geleisteten Huldigung und ließ 2 ) am 22. Mai 1318 die Stadt ihrem Gemahle Johann II. von Werle wieder auf.

Mechthild starb vor ihrem Gemahle im J. 1332 3 ) und ward zu Röbel begraben 4 ):

Darnach dy edele furstynne myld
hern Johannis wib frow Mechthild
starb dyses lebens kortzir vard,
zu Robele dy begraben ward
by hern Johannis mutir gar
und by syne brudere beyde virwar.

Ihr Gemahl, welcher am 27. Aug. 1337 starb, ward zu Doberan begraben.

Ueber diese Mechthild ward im vorigen Jahrhundert ein wissenschaftlicher Streit 5 ) geführt. In einer von dem Herzoge


1) Vgl. Urk. Sammlung Nr. VI.
2) Vgl. Urk. Samml. Nr. VIII.
3) Vgl. Rudloff mekl. Gesch. II, S. 282.
4) Nach Kirchberg mekl. Chron. a. a. O. cap. 178, p. 836.
5) Nach Mittheilungen des Herrn Archivraths Dr. Schmidt zu Wolfenbüttel.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 198 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Heinrich dem Wunderlichen am 21. Sept. 1309 ausgestellten Urkunde, durch welche er dem Kloster Marienthal das Eigenthum eines Hofes in dem Hagen zu Braunschweig schenkt (gedruckt in Scheidt's Anmerk. und Zusätzen zu Moser's braunschw. lüneb. Staatsrechte, Cod. dipl. Vorrede p. XCVIII), werden als zustimmende Töchter desselben nur Alsine, Adelheid und Facie aufgeführt. Hieraus folgerte H. A. Koch in seinem Supplem. vitae Ottonis Tarentini, mit Beziehung auf eine daselbst p. 1 abgedruckte Urkunde vom J. 1322, daß Agnes, Rixe und Mechthild nicht des Herzogs Heinrich d. W. Töchter gewesen seien. Scheidt blieb bei seiner Meinung. Koch konnte sich aber nicht überzeugen, sondern beharrte in seiner pragmat. Geschichte des Hauses Braunschweig und Lüneburg, 1764, S. 128 bei seiner Ansicht.

In Berücksichtigung der Urkunde vom 23. Oct. 1311 und des Siegels der Fürstin Mechthild an der Urkunde vom 22. Mai 1318, so wie der Vermählung der übrigen Mechthilden, möchte sich aber gegen die oben gegebene Darstellung kaum etwas sagen lassen.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 199 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

3.

Der Fürst Heinrich I. von Werle

und dessen

Gemahlin Mechtild, Herzogin von Lüneburg.


Es giebt in dem werleschen Fürstenhause noch eine dritte Mechthild aus dem herzoglichen Hause Braunschweig=Lüneburg. Der Fürst Heinrich I. von Werle=Güstrow (1277 † 1291) war zuerst mit der schwedischen Königstochter Rixe 1 ) vermählt, welche vor dem 13. Dec. 1282 starb. Der alternde Fürst vermählte sich darauf wieder mit der Prinzessin Mechthild von Lüneburg, einer Tochter des Herzogs Johann und Schwester des Herzogs Otto des Strengen. Noch am 16. Dec. 1283 schloß der Herzog Otto der Strenge mit dem Bischofe von Hildesheim einen Vertrag 2 ), durch welchen der Herzog und seine drei Schwestern: Mechthild, Elisabeth und Helena, dem Bischofe die Burg Lauenrode und die Stadt Hannover mit allen dazu gehörenden Gütern zu Lehn auftragen, und verbürgte sich durch eine zweite Urkunde von demselben Datum dafür, daß seine Schwester Mechthild ihr Eigenthum an den genannten Gütern bis zum Sonntage Invocavit übertragen und seine Mutter Luitgard ihre Zustimmung zu dem ganzen Lehnsauftrage ertheilen werde (vgl. Scheidt's Anmerk. u. Zusätze zu Moser's braunschw. lüneb. Staatsrecht, Cod. dipl. p. 752 und 757 und Vorrede p. XCII).

Ueber die Vermählung des Fürsten Heinrich von Werle wurden dessen unnatürliche Söhne so entrüstet, daß sie ihm am 8. Oct. 1291 auf der Jagd das Leben nahmen 3 ) und damit eine Greuelthat verübten, welche die Länder lange Zeit in die größte Verwirrung und Noth versetzte.

Diese Vermählung ist durch mehrere Urkunden ebenfalls sicher verbürgt.

Am 14. Aug. 1295 versprach der Markgraf Otto von Brandenburg dem Herzoge Otto dem Strengen von Lüneburg, mit den Fürsten von Wenden oder Werle nicht eher Frieden zu


1) Am 13. Dec. 1282 sagen ihre Söhne Nicolaus und Heinrich von Werle:
"memoria pie recordationis matris Rickeze domine de Werle
quondam regine Suecie".Vgl. Schröder P. M. I, p. 770.
2) Nach Mittheilungen des Herrn Archivraths Dr. Schmidt zu Wolfenbüttel.
3) Vgl. Rudloff mekl. Gesch. II, S. 84.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 200 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

schließen, als bis seine Nichte, die "Schwester des Herzogs Otto von Lüneburg, die Wittwe des Fürsten Heinrich von Werle" ("soror ipsius [domini Ottonis ducis de Lunenborch], relicta domini H. de Werle") wegen ihres Heirathsgutes befriedigt sei 1 ).

Wahrscheinlich ist diese dieselbe Fürstin, welche am 27. April 1294 in einer Urkunde "Frau Mechthild von Malchin" ("domina Mechthildis de Malchin") genannt 2 ) wird, wahrscheinlich weil sie ihren Wittwensitz in der Stadt Malchin hatte. Der Fürst Nicolaus von Werle verlieh an diesem Tage dem Dom=Collegiat=Stifte Güstrow in der Anwartschaft ("in exspectatione, que vulgariter anwarde dicitur") dieser Herrin 6 Hufen des Dorfes Misdorf; hieraus ließe sich denn auch die eben erwähnte Urkunde vom 14. Aug. 1295 erklären, indem damals der Fürstin ihr Leibgedinge noch nicht eingeräumt war.

Die Fürstin war aber noch im J. 1301 wegen ihrer Ansprüche nicht befriedigt. Am 11. Mai 1301 trat der sorglich und kräftig waltende Graf Nicolaus I. von Schwerin=Wittenburg ins Mittel und verbürgte sich, unter Verwillkührung des Einlagers mit 5 Rittern, gegen den Herzog Otto den Strengen von Lüneburg und dessen Schwester Mechthild, Wittwe des Fürsten Heinrich von Werle, für den Fürsten Nicolaus II. von Werle, daß dieser dem Herzoge und seiner Schwester 1500 Mark reinen Silber in zwei Terminen, Heil. Drei=Königen 1302 und 1303, zahlen solle, wobei ausgemacht ward, daß der Graf von Schwerin nur dann von der Bürgschaft befreiet sein solle, wenn bis zum nächsten Johannistage einer der Grafen von Ruppin mit 5 Rittern unter Verwillkührung des Einlagers für ihn als Bürge eintreten wolle 3 ). Die Grafen von Ruppin waren mit dem Hause Werle nahe verwandt, indem die Mutter des Fürsten Nicolaus II. von Werle, welcher damals der einzige Regent des Landes war, die verwittwete Fürstin Sophie zu Röbel, eine Tochter des Grafen Günther von Ruppin war.

Diese Mechthild ist es, welche einige Male in den Todtenbüchern der Klöster der braunschweig=lüneburgischen Lande als eine besondere Wohlthäterin genannt wird.


1) Vgl. Urk. Samml. Nr. II.
2) Vgl. Lisch Geschichte des Geschlechts Hahn, I, B, S. 170, Urk. Nr. 81.
3) Vgl. Urk. Samml. Nr. III. Ich verdanke diese Urkunde der Güte des Herrn Archiv=Secretairs Dr. Sudendorf zu Hannover.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 201 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

So heißt es in dem Nekrologium des Benedictiner=Klosters zu S. Michaelis in Hildesheim 1 ) zum 8. Januar:

"Illustris domina Mechthildis, soror incliti ducis ducis Ottonis de Luneborgh et uxor nobilis viri de Slavia nomine Hinrici, quae multa beneficia contulit ecclesiae nostrae, pro qua dantur X solidi annuatim de uno manso litonico in Huddense et X solidi pauperibus de duobis mansis in Honeghessen."

Wahrscheinlich ist es ihr Gemahl, dessen Gedächtniß am 9. Oct. aufgezeichnet 2 ) ist:

"Hinricus miles de Slavia, pro quo dantur XII solidi annuatim de uno manso litonico in Huddessen",

wenn auch die Bezeichnung mit Heinrich von Wenden Ritter (Hinricus miles de Slavia) etwas ungewöhnlich ist; jedoch sind solche Ausdrücke nicht ganz unerhört und können in einem fernen Kloster wohl gebraucht sein. Der Gedächtnißtag stimmt fast genau: der Fürst Heinrich starb nach meklenburgischen Nachrichten 3 ) am 8. Oct. 1291, und zu Hildesheim ist der Gedächtnißtag unterm 9. Oct. eingezeichnet.

Diese Mechthild ist ohne Zweifel dieselbe, welche auch in dem Todtenbuche des Michaelisklosters zu Lüneburg ebenfalls unterm 8. Jan. (Vl Idus Januarii) eingetragen 4 ) ist:

"VI Idus Januarii obiit domina Methildis de Slavia, que dedit III partes in decima in Orle .... et casulam illam cum margaritis."



1) Vgl. E. F. Mooyer das Nekrologium des hildesheimischen Michaelisklosters Benedictiner=Ordens, im Vaterländischen Archive des historischen Vereins für Niedersachsen zu Hannover, Jahrgang 1842, S. 375, und in einem besondern Abdrucke, S. 15. Vgl. auch Nekr. Hildesh. Leibn. II, 103.
2) Vgl. Mooyer a. a. O. S. 163.
3) Der Fürst Heinrich starb "octavo idus Octobris anno domini MCCXCI", d. i. am 8. Oct. 1291. Vgl. den alten fürstlichen Stammbaum im doberaner Kreuzgangsfenster in Jahrb. I, zu S. 136, und Rudloff meklenb. Geschichte II, S. 85.
4) Vgl. Wedekind Noten zu einigen Geschichtschreibern des deutschen Mittelalters II, S. 398, und III, S. 2.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 202 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

4.

Der Herzog Otto III. der jüngere von Lüneburg

und dessen

Gemahlin Mechthild von Meklenburg.


Nicht allein in dem fürstlichen Hause Werle, sondern auch in dem älteren Hause Meklenburg begegnen wir im Anfange des 14. Jahrh. einer Mechthild, welche die Verbindung mit dem Hause Braunschweig=Lüneburg noch enger knüpfte. Im J. 1310, wahrscheinlich im März, vermählte der Fürst Heinrich der Löwe von Meklenburg seine älteste Tochter Mechthild mit dem Herzoge Otto III. von Lüneburg, dem ältern Sohne des Herzogs Otto II. des Strengen, - wie einst fünf Generationen früher der braunschweigische Herzog Heinrich der Löwe seine Tochter Mechthild dem Fürsten Borwin I. von Meklenburg gegeben hatte. Die Verlobung ward schon am 11. August ("Mitternacht") 1307 zu Artlenburg zwischen den beiden Vätern geschlossen 1 ); es ward dabei der Fürstin das so eben nach dem Aussterben der Grafen von Danneberg heimgefallene Land Danneberg zum Leibgedinge verschrieben und vielleicht war diese Verlobung selbst eine Folge der Theilung der herrenlos gewordenen Grafschaft. Ferner ward bestimmt, daß innerhalb der nächsten zwei Jahre die Dispensation des Papstes eingeholt und in dem ersten Monate nach dem Eingange derselben die Vermählung gefeiert werden solle. Die beiden Fürstenhäuser waren mehrfach verwandt: theils schon von den Stammvätern her, theils mehrfach durch das Haus Werle; jedoch waren diese Verwandtschaften schon zu entfernt, als daß die Einholung einer Dispensation nöthig gewesen wäre. Dagegen war eine Verwandtschaft, welche erst vor kurzem entdeckt ist, allerdings ein Ehehinderniß: Mechthild stammte im dritten Geschlechte von einem Sohne und Otto im vierten Geschlechte von einer Tochter des Fürsten Johann I. des Theologen von Meklenburg: Otto's Großmutter Luitgard 2 ) von Holstein war eine Vatersschwestertochter von Mechthilds Vater. Auch über Brandenburg waren die beiden Verlobten verwandt: Mechthild's Mutter war eine Nichte von Otto's Großvater.


1) Vgl. Urk. Samml. Nr. IV und V.
2) Die Entdeckung dieser Tochter, Luitgard, des Fürsten Johann I. von Meklenburg, ist in Jahrbüchern XVI, S. 168, mitgetheilt. - Durch die hier entdeckte Dispensation wird die dort mitgetheilte Entdeckung noch mehr bestärkt, wenn auch umgekehrt die hier besprochene Dispensation aus jener Entdeckung Erläuterung findet.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 203 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Die Verwandtschaftsverhältnisse sind aus der folgenden Stammtafel zu ersehen.

Stammtafel
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 204 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Diese Vermählung ist sehr berühmt geworden, weil sie die Veranlassung zu dem Ausbruche der ersten großen demokratischen Revolutionen war, welche bis zum J. 1312 in mehreren Hansestädten wütheten. Der Fürst Heinrich wollte die Vermählung seiner Tochter in seiner Residenz zu Wismar feiern; die trotzige Stadt, deren Uebermuth schon einige Jahrzehnte hindurch im Wachsen begriffen war verschloß ihm aber die Thore. Der Fürst verlegte daher sogleich seine Residenz in die Stadt Sternberg 1 ), wo er die Vermählung mit großer Pracht feierte. Die rostockische Chronik 2 ) erzählt hierüber Folgendes sehr bestimmt:

It gescach in deme iare vnses heren 1310 dat Hinrick here van Mekelenborch, den men den louwen edder mit der platen plach tho nomende, sine dochter Mechilde betruwede, hartich Otten van Lunenborch vnnd begerde van dem rade siner stadt Wismer, den hoff der hochtidt des byslapendes dersuluen siner dochter in der stadt Wismer tho holdende; des ehm de stadt weigerde vmme vare willen intholatende des velen volkes, dat nha wanlickheit den hoff wart sokende. Welck weiernt Hinrick van Mekelenborch swarliken tho sick nam, alleine dat he den inwendigen vnwillen mit manlicheit vnnd grodtmodichen vtwendichliken thor tidt bedeckede vnnd lade den hoff der vorbenhomeden hochtidt tho dem Sterneberge, dar he grotliken geholden warth van forsten vnd van heren vnd van wollgebaren heren vnd luden, de Hinrick van Meckelenborch in dem ende des haues tho samende nam.

Aehnliche Berichte giebt auch Ernst von Kirchberg 3 ) in seiner meklenburgischen Reimchronik:

Syn hochczid wart zu Sterrenberg.
Da quamen zu dem hove gar
von manchin landen lude dar,
fursten, greuen, frowen schon,
rittere, knechte, edele baron,
dy her tugintlich intphing:
furstenlich der hof irging.
Syn tochtir da zu wybe wart
herczogin Otten uf der vart.


1) Vgl. Jahrb. XII, S. 193 flgd.
2) Vgl. Schröter Beiträge zur meklenburg. Geschichtskunde, S. 1 flgd.
3) Vgl. v. Westphalen Mon. ind. IV, p. 789, cap. CXLII.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 205 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Bald nach dem Tode des Fürsten Heinrich des Löwen von Meklenburg († 1329), und kurz vor dem Tode des Herzogs Otto des Strengen von Lüneburg († 1330) belehnten dessen Söhne Otto und Wilhelm am 25. Febr. 1330 des ersteren Gemahlin Mechthild zu ihrem Leibgedinge mit dem Salzzoll in Lüneburg und dem Stadtzoll in Uelzen 1 ).

Die Herzogin Mechthild dagegen entsagte am 27. Februar 1334, nicht lange vor dem Ende der Unmündigkeit ihres älteren Bruders Albrecht, allen Ansprüchen 2 ) an ihr väterliches und mütterliches Erbe zu Gunsten ihrer Brüder Albrecht und Johann, wogegen sich ihr Bruder Albrecht verpflichtete, ihrem Gemahle, dem Herzoge Otto von Lüneburg, dafür mit 100 Ritterpferden zu dienen. Ihr Vater, Heinrich der Pilger, war im J. 1329 gestorben und hatte seine beiden Söhne in Unmündigkeit unter Vormundschaft hinterlassen. Der ältere Sohn Albrecht ward erst um Ostern 1336 volljährig. Der Verzicht der Herzogin war also durch die Vormundschaft vermittelt.

Der Herzog Otto starb im J. 1352. Seine Gemahlin Mechthild lebte noch am 20. April 1358 3 ) und starb an einem 3. Junii 4 ) darnach.



1) Vgl. Urk. Samml. Nr. IX.
2) Vgl. Urk. Samml. Nr. X.
3) Vgl. Wedekind Noten zu einigen Geschichtschreibern, II, S. 398.
4) Vgl. daselbst und III, S. 42 (Nekrol. monast. S. Mich.).
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 206 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Die vielfachen Verwandtschaftsverhältnisse gestalten sich nun also (vgl. oben die Stammtafel bei Heinrich's I. von Werle Gemahlin Mechthild):

Stammtafel
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 207 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Es lebten also im ersten Viertheil des 14. Jahrh. drei Mechthilden von Braunschweig, welche in das Fürstenhaus Werle vermählt waren, wie folgende Uebersicht ergiebt. Außerdem war wieder eine werlesche Prinzessin Rixe in das braunschweigische Herzogshaus vermählt:

Stammtafel
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 208 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

5.

Der Herzog Albrecht der Fette von Braunschweig und dessen

Gemahlin Rixe von Werle.


Dagegen war zu jener Zeit wieder eine werlesche Fürstentochter in das Haus Braunschweig vermählt. Der Fürst Heinrich I. von Werle, dem seine Söhne wegen seiner Vermählung mit der lüneburgischen Prinzessin Mechthild im J. 1291 das Leben nahmen, hatte von seiner ersten Gemahlin Rixe, einer Tochter des Königs Magnus I. von Schweden, eine einzige Tochter Rixe, wahrscheinlich nach ihrer Mutter also genannt. Diese ward im J. 1284 an den Herzog Albrecht den Fetten vermählt und ist dadurch von Bedeutung, daß sie die Stammmutter des ganzen braunschweig=lüneburgischen Fürstenhauses bis auf den heutigen Tag geworden ist. Rudloff II, S. 84, will diese Vermählung dadurch beweisen, daß er nach Chemnitz handschriftlicher Chronik von Meklenburg eine Urkunde vom 10. Jan. 1284 anführt, in welcher von dem Brautschatze dieser Prinzessin Rixe die Rede sein soll. In der Original=Urkunde 1 ) steht aber hievon ausdrücklich nichts, wenn auch die Urkunde ohne Zweifel über diese Vermählung handelt, wieder ein Beweis, wie waglich es oft von Rudloff war, sich auf die Urkundenauszüge von Chemnitz zu verlassen, statt auf die Originale zurückzugehen. Am 10. Jan. 1284 versprach der Fürst Heinrich I. von Werle seinen Vettern, Helmold II. und Nicolaus I. Grafen von Schwerin, sie wegen des Gelübdes schadlos zu halten, das sie für ihn den Herzogen von Braunschweig und Lüneburg und dem Rathe der Stadt Lübeck geleistet hätten 2 ). Weiter steht in der Urkunde nichts. Sie hat aber wohl sicher ihre Beziehung auf die Mitgift der Prinzessin Rixe. Denn am 18. März verkaufte der Fürst Heinrich I. von Werle dem Heil. Geist=Hospitale zu Lübeck die landesherrlichen Gerechtsame an 22 Hufen der Feldmark der Stadt Teterow und an dem Dorfe Strisenow für 1278 Mark lüb. Pf. 3 ), welche zur Zahlung der Mitgift für seine an den Herzog Albrecht von Braunschweig vermählte Tochter verwandt wurden:


1) Vgl. Urkunden=Sammlung Nr. I.
2) Vgl. daselbst.
3) Diese Urkunde ist nach dem Originale gedruckt im Jahrb. VIII., S. 254, Nr. IV.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 209 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

"conuersas integraliter in solucionem dotis dilecte filie nostre, inclito Alberto duci de Brunswic matrimonialiter copulate".

Ohne Zweifel hatten sich also die Grafen von Schwerin am 10. Jan. 1284 für die Bereitung der Mitgift, welche erst im J. 1285 gezahlt ward, verbürgt, wie sich der Graf Nicolaus I. am 11. Mai 1301 und am 10. Julii 1314 in den Heirathsangelegenheiten zwischen den Häusern Braunschweig=Lüneburg und Werle hatte verbürgen müssen, und die Urkunde vom 10. Jan. 1284 bezieht sich ohne Zweifel auf die in Frage stehende Vermählung, wenn auch in derselben davon nicht die Rede ist. Die Vermählung war wahrscheinlich in Folge des ersten großen norddeutschen Landfriedens von Rostock vom 13. Junii 1283 und der darauf folgenden fürstlichen Verhandlungen eingeleitet.

Ueber diese Rixa existiren im herzoglichen Archive zu Braunschweig 4 Urkunden 1 ), von denen zwei noch nicht gedruckt sind:

1) D. d. 1303. in die b. Marie Magd.

Der Herzog Albert von Braunschweig bekennt, daß mit Zustimmung seiner Erben der Abt und Convent des Klosters in Nordheim die Vogtei über 14 Hufen im Dorfe und Felde Medeheym und über 3 1/2 Hufen im sogenannten Medeheymerhagen für 30 Mark und eine Wagenlast Bier von ihm gekauft haben. Die Herzogin Rixa ("Ryckza ducissa in Brunswich"), des Herzogs Gemahlin, erklärt, daß sie zu dem Verkaufe der bezeichneten Vogtei, unter Anhängung ihres Siegels ihre Zustimmung giebt und den an der letztern ihr etwa zustehenden Rechten entsagt habe. Das etwa 3 " im Durchmesser haltende Siegel der Herzogin Rixa, welches an einer aus weißen und rothen losen Fäden bestehenden dicken Schnur hängt, stellt die Herzogin dar, wie sie auf einem mit Hundsköpfen an den Seitenlehnen verzierten Sessel sitzt und mit jeder Hand die Vordertatze eines an jeder Seite aufrecht sitzenden Löwen und zugleich eine Fahne hält, von welchen die in der rechten Hand einen Greifen(?), die in der linken Hand einen Ochsenkopf als Wappenzeichen führt. Die Umschrift lautet Sigillum Rickize ducisse in Brunswic.

2) D. d. 1307. non Aug.

Die Herzoge Heinrich und Albert von Braunschweig schenken zu ihrem und ihrer Gemahlinnen Agnes und Rixa Seelenheil dem Orden der Predigermönche der Provinz Sachsen das Eigen=


1) Nach Mittheilungen des Herrn Archivraths Dr. Schmidt zu Wolfenbüttel.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 210 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

thum an einem in Braunschweig gelegenen Hofplatze des Truchseß Jordan. (Gedruckt in Rehtmeyer braunschw. Kirchen=Historie. Beil. 1.)

3) D. d. 1317. in crast. b. Kathar. v.

Der Herzog Otto, Sohn des Herzogs Albert von Braunschweig, schenkt, mit Zustimmung seines Vaters, zum Seelenheil seiner Mutter Rixa seiner Gemahlin Jutta dem Kloster Wibrechtshausen (bei Nordheim) einige Güter in Holzhausen. (Gedruckt in den braunschweig. Anzeigen vom J. 1752.)

4) D. d. 1340. feria VI ante domin. (?)

Das Capitel des Stiftes S. Blasii zu Braunschweig gestattet dem Pfarrer der S. Katharinenkirche daselbst, einen dem H. Matthäus zu weihenden Altar an der Südseite ihrer Stiftskirche bei der Säule zu gründen, neben welcher die Herzoge Heinrich und Albert und die Herzogin Rixa, die Mutter des Herzogs Otto und dessen verstorbene Gemahlinnen Jutta und Agnes begraben sind.

Vignette
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 211 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Urkunden=Sammlung.


Nr. I.

Der Fürst Heinrich I. von Werle verspricht den Grafen Helmold II. und Nicolaus I. von Schwerin, sie wegen der Bürgschaft, welche sie für ihn den Herzogen von Braunschweig und Lüneburg und dem Rathe der Stadt Lübeck geleistet haben, schadlos zu halten.

D. d. Lübeck. 1284. Jan. 10.

Nach dem Originale im grossherzogl. meklenburg. Geh. u. H. Archive zu Schwerin.


Nos Hinricus dei gracia dominus de Werle omnibus presentes litteras audituris cupimus esse notum, quod nobiles viros H. [elmoldum] et N.[icolaum] comites Zwerinenses, awnculos nostros dilectos, ab omni promisso manuali ac debito, quod pro nobis illustribus principibus ducibus Brunswicensibus ac de Lunenborch, necnon consulibus Lubicensibus promiserunt, absoluemus indempnes, quod eisdem una cum militibus nostris infra scriptis promisimus data fide; nomina uero militum sunt hec: G. Luch, H. de Vlotow, G. de Cropelin, T. de Buren, H. de Demin, H. de Wolde, M. de Ketelhut et [Lücke] de Goldebo. Super hiis firmiter obseruandis litteras presentes sigilli nostri munimine

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 212 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

iussimus roborari. Datum Lubeke, anno domini M°CC°LXXX IIII, quarto ydus Januarii.

Nach dem Originale, auf Pergament, in einer sehr flüchtigen, unschönen Minuskel. An einem aus der Charte geschnittenen Pergamentstreifen hängt von des Fürsten Heinrich von Werle schildförmigem Siegel noch der innere Theil mit dem werleschen Stierkopfe; der Rand ist abgebrochen.


Nr. II.

Der Markgraf Otto von Brandenburg verpflichtet sich gegen den Herzog Otto von Lüneburg, mit den Fürsten von Werle eher keinen Frieden zu schliessen, als bis die Wittwe des Fürsten Heinrich von Werle wegen ihres Heirathsgutes befriedigt worden sei.

D. d. Salzwedel. 1295. Aug. 14.

Original im königlichen Archive zu Hannover.


Nos Otto dei gratia marchio Brandenburgensis presentis scripti tenore protestamur, quod cum dilecto auunculo nostro domino Ottone, iliustri duce de Lunenborch, placitauimus in hunc modum, qucd cum dominis Slauie nullam debeamus facere compositionem siuc sonam, nisi nepte nostre, sorori ipSius, relicte aornini II. de Werle, fuerit de dote sua secundurn consilium amicorum suorurn satisfactum In cuius rei testimonium presentes litteras iussimus appensione sigilli nostri confirmari. Datum Saltwedci, anno domini M°CC°LXXXXV°, in vigilia assumpcionis beate Marje virginis.

Nach dem im königl. hannoverschen Archive befindlichen Originale gedruckt in Riedel Cod. dipl. Brandenb. II. 1, S. 214, Nr. 277.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 213 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Nr. III.

Der Graf Nicolaus I. von Schwerin übernimmt gegen den Herzog Otto den Strengen von Lüneburg und dessen Schwester Mechthild, der Wittwe des Fürsten Heinrich von Werle, für den Fürsten Nicolaus II. von Werle unter Verwillkührung des Einlagers, die Bürgschaft zur Zahlung von 1500 Mark reinen Silbers.

D. d. 1301. Mai 11.

Nach dem Originale im königlichen Archive zu Hannover.


Nos Nicholaus dei gratia comes Zuerinensis vniuersis presentia uisuris recognoscimus per presentes, illustri principi domino Ottoni duci de Bruneswic et Luneburg ac inclite domine Meichtildi sorori sue karissime, quondam relicte nobilis uiri domini Hinrici de Werle pie memorie, ac veris eorum heredibus pro nobili uiro domino Nicholao de Werle mille marcas et quingentas marcas puri argenti cum quinque militibus infra seriptis: Bor[chardo] de Jesow, Johanne de Luzow, Hermanno et Wiperto fratribus de Bluchere, necnon Wernero de Marsow, nobis dilectis, nos in solidum promisisse, quarum dimidietatem in festo Epiphanie proximo nunc futuro et abinde ad unius anni spacium, videlicet in eodem festo, reliquam dimidietatem dabit aut persoluet, que si non attenderit, quod absit, post quemlibet terminorum predictorum in crastino cum militibus memoratis intrabimus oppidum nostrum Wittenburg ad intus iucendum, inde non exituri, nisi dicto domino duci aut sorori sue de prehabita pecunia fuerit satisfactum. Preterea adiectum est, si vnus comitum de Reppin cum quinque militibus domino duci, sorori sue seu suis militibus, quos ad

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 214 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

boc destinauerit, se dederit Adeiussorem pro pecunia nominata cum condicionibus supra scriptis infra hinc et festum Johannis baptiste proximo nunc futurum, ab omni obligatione seu, fideiussoria caucione prescripta erimus liberi penitus et soluti, quod si infra hinc et prefatum terminum neglectum fuerit siue, caucio fideiussoria ab uno comituin de Reppin facta non fuerit, tenebimur. ad omnia supra dicta. Et cum pecunia fuerit persoluta, ipsam de Wismaria Dannenberich uel Thunis conducemus pre omnibus, qui quicquam faciendum duxerint nostri causa. Quod sigilli nostri munimine roboramus. Datum anno domini millesimo CCC° primo, die ascensionis domini.

Nach dem Originale, auf Pergament, im königlichen Archive zu Hannover. An einem Pergamentstreifen hängt ein beschädigtes schildförmiges Siegel mit zwei Lindwürmern an einem Baume und der Umschrift:

Umschrift

Nr. IV.

Der Herzog Otto von Braunschweig und Lüneburg verlobt seinen Sohn Otto mit des Fürsten Heinrich von Meklenburg Tochter Mechthild.

D. d. Artlenburg. 1307. Aug. 11.

Nach dem Originale im königlichen Archive zu Hannover.


We van godes gnâdhen hertheg Otte van Bruneswic vnde van Luneborch dôd to wêtende al dhe ghênen, dhe dessen brêf h ov ret vnde sêt, dat we dhem edelen manne her Hinriche von Mekelenburg vnde von Stargarde hebbet gel ov uet, dat we vsen sône Otten scolen geven sîner dochter Mechtilde to êneme echten vnd to êneme rechten manne. We hebbet dhe medegift sîner dochter to eme lâten, dat he ere mede geve als he se lêt hebbe, We scolet ôch sîner

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 215 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

dochter, vnses s ov nes wîve, v f dat got insên hevet, daz se sich nemet, mâken to lîfghedinghe hûsz vnde stat to Dannenberghe vnde dat lant dâr to mit alleme rechte, alse we it hebbet, vnde de riddere, man vnde borgere scolen ere huldeghen. To dheme slote scole we ere mâken vifteynhundert mark geldes Luneborgere penninghe. Were dat dhe gulde in dheme slote unde in dheme lande al nicht enwere, so scal man ere dhe vul mâken, vppet neiste dâr it ere legelec is. Were dat also dat vses sônes to kort wurde, des got nicht newille, swen se sîn wîf is, so scal dat slot vs vnde vsen rechten erven ôpen wesen to al vsen n ov den. Och hebbe we gelôuet dor de mâchscop, de vnder den kinderen is, dat we vnder vser beider kost irweruen scolen dat ôrlôf van dem pâvese binnen twên iâren, de nu anstânde sîn, daz se sich echtliken hebben môghen; swenne we âuer dat ôrl ov f irworuet hebbet vnde de brêve, dâr na scal man se to sâmene geuen binnen dem êrsten mânedhe. Vppe dat desse redhe vast vnde stede blîue, dat hebbe we gelôuet vnde swôren vppen hilgen, vnde desse riddere hebbet mit vs gelôuet: her Werner von Medinghe, her Werner van Bodendike, her Conrat von Estorpe, her Jordan von Hidsackere, her Zegebant von dem Berghe. Hîr to scole we noeh setten drê vnde twintich riddere. Vppe dat dat vast unde vngebrôken blîue, so hebbe we mit vsem inghesegele besegelt desse brêue. Desse brêf is gegeven to Erteneborch na godes bôrt dûsent drêhundert vnde in deme seuenden iâre, des nêgesten dâges sunte Laurencius to midernacht.

Nach dem Originale, auf Pergament. An einem Pergamentstreifen hängt ein stark beschädigtes rundes Siegel mit einem schreitenden Löwen. Von der Umschrift ist nur noch übrig geblieben:

Umschrift

 


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 216 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Nr. V.

Der Fürst Heinrich von Meklenburg verlobt seine Tochter Mechthild mit des Herzogs Otto von Braunschweig und Lüneburg Sohn Otto.

D. d. Artlenburg. 1307. Aug. 11.

Nach dem Originale im königlichen Archive zu Hannover.


[Wi van godes gnâdhen her Hinrich van Mek]elenburgh vnde van Stargarden dôth to wêthende al den ghênen, de [dessen brêf hôret vnde sêt, dat we dhem edelen f]orsten hertoghen Otten van Bruneswik vnde van Lunenburgh hebben ghe[l ov uet, dat we vse lêue dochter Mechtild scolen ge]uen sîneme sône Otten to êneme echten vnde to eneme rechten wîue. Wie [willen ôck vser lêuen dochter dhe medegift mede geven,] so alse wie se lêf hebben. Dat hefd hertoghe Otte to vs ghelâten vnde [scal vser lêuen dochter Mechtild, sines sones wî]ue, vft id ghod insên hefd, dad se sik nemet, mâken to lîfghedinghe hûs [vnde stat to Dannenberghe vnde dat lant dâr] to mit alleme rechte, alse he id hebbet, vnde de riddere, man vnde [borgere scolen ere huldeghen. To dheme slo]the schal men er mâken viftenghundert mark gheldes Lunenburgher [penninghe. Were dat dhe gulde in deme slo] the vnde in deme lande al nicht ene were, so schal men ere de wl mâken, [vppet neiste, dâr it ere legelec is.] Wered dat hertoghen Otten sônes to kord worde, swen se sîn wîf is, des ghot [nicht newille, so scal dat slot hertoghen Otten vnde] sînen eruen ôpen wesen to alle eren nôden. Wie hebbet ok ghelôuet dor [de mâchscop, de vnder den kinderen is da]t wie vnder vser beyder kost erweruen scholen dad ôrlôf van dem pâuese bin[nen twên iaren, de nu anstânde sîn, d]at se sik eghtliken hebben môghen; swenne wi âuer dat

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 217 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

ôrlôf vnde de brêue vor[weruet hebben, dâr na scal men se to] sâmen gheuen binnen dem êrsten mânede. Vppe dat desse rede vast vnde stede [blîue, dat hebbe wi gelôuet vnde s]wôren vppe den hilghen, vnde desse riddere hebbet mit vs ghelôuet: her Johan van Cernin, [her . . . . . . . . . . . . ., her . . . . . . . . . . . .] her Marquard van deme Lo, her Cunrad van Cremon, her Vrederik Moltzan, her Bertold [Moltzan, her . . . . . . . . ., her Johan Rosend]al van Plesse vnde her Herman van Ordzce. Hîr to schole wie setten twinttigh riddere. [Uppe dat desse dinc vast vnde vn]ghebrôken blîuen, so hebbe we mit vseme ingheseghele beseghelet desse brêue. Desse [brêf is gegeuen to] Erteneburgh na ghodes bôrd dûsend drêhundert vnde in deme sêueden iâre, des [nêgesten dâges sunte] Laurencius to middernaght.

Nach dem Originale, auf Pergament, von dem links ein Stück abgerissen ist, dessen Inhalt nach der Urkunde des Herzogs Otto von demselben Tage in [ ] ergänzt worden ist. An einem Pergamentstreifen hängt das Siegel des Fürsten Heinrich, dessen Oberfläche aber ganz abgebröckelt ist.


Nr. VI.

Die Herzogin Agnes von Braunschweig, Gemahlin des Herzogs Heinrich, genehmigt für sich und ihren Gemahl die durch ihren Bruder den Markgrafen Friedrich von Meissen vermittelte Verlobung ihrer Tochter Mechthild mit dem Fürsten Johann II. von Werle.

D. d. Eisenach. 1311. Oct. 23.


Dei gracia nos Agnes ducissa de Brunswic profitemur presentibus et testamur, quod, ex iussu et

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 218 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

rogatu uostro speciali liberoque consensu, illustris princeps Fridericus, marchio Misnensis, frater noster dilectus, amiciciam effecit et contractum legitimum ordinavit cum inclito Johanne domino de Werle atque Slavie, filiam nostram Mechtildam dilectam eidem promittens legitime desponsandam, cui quidem facto etiam pro illustri domino Heinrico duce, conthorali nostro, presentibus libere consentimus, gratum et ratum obseruare volentes et effectui mancipare, quicquid de premissis per fratrem nostrum Fridericum marchionem prefatum placitatum existit et promissum. Testes vero sunt: Fridericus filius noster dilectus, Eckehardus de Wallenhusen, Siffridus de Sleze, milites, et Thidericus de Dorstat, noster notarius, qui nostri de parte interfuerunt; item Hartmodus de Wylewitz, Heinricus de Myla, Hermannus dictus Goltacker, milites fratris nostri sepedicti, et Nicolaus, notarius eiusdem; item Thesmarus de Reberge, miles, et Statius de Trabecin, domini Johannis de Werle procuratores in hac causa. Nosque in testimonium premissorum sigillo nostro presentes fecimus communiri. Datum Isenaco, anno domini MCCC undecimo, X kalendas Novembris.

Nach dem Abdruck in Tentzelii vita et fata Friderici admorsi, Sectio IV, in Menckenii scriptores rerum Germanicarum, Tom. II. p. 962.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 219 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Nr. VII.

Die Fürsten Nicolaus II. und Johann II. von Werle versprechen ihrem Oheim, dem Grafen Nicolaus I. von Schwerin=Wittenburg, ihn von der Bürgschaft zu befreien, welche dieser für sie dem Herzoge Otto dem Strengen von Lüneburg wegen des der Tochter desselben, Mechthild, zu bereitenden Leibgedinges geleistet hat.

D. d. Crivitz. 1314. Julii 10.

Nach dem Originale im grossherzogl. meklenburg. Geh. u. H. Archive zu Schwerin.


Nos Nycolaus et Johannes dei gratia domini de Werle tenore presenti liquide constare cupimus vniuersis, nos promisisse fide prestita nostro awunculo comiti Zwerinensi domino Nycolao super eo, quod ipsum absoluere debebimus et sibi precauere de promisso prestito pro nobis duci Luneborgensi domino Ottoni illustri et filio eiusdem super dotalicio filie ducis eiusdem domine Mechtildi ostendendo et ordinando per modum et formam, que in nostris litteris euidentibus duci predicto super hoc a nobis traditis plenius continetur. Pro cuius confirmatione sigilla nostra presentibus sunt appensa. Datum Criwitze, anno domini M°CCC° XIIII°, in die septem fratrum martirum.

Nach dem Originale, auf einem kleinen Pergament, in einer kleinen, scharfen Minuskel. An Pergamentstreifen hangen zwei Siegel aus ungeläutertem Wachs:

1) ein bisher nicht bekannt gewesenes Siegel des Fürsten Nicolaus II. von Werle, von runder Form, mit dem werleschen Stierkopfe und der Umschrift:

Umschrift

2) das bekannte, schildförmige Siegel des Fürsten Johann II. von Werle, mit dem werleschen Stierkopfe und der Umschrift:

Umschrift

 


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 220 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Nr. VIII.

Die Fürstin Mechthild von Werle entsagt der ihr geleisteten Huldigung der Stadt Plau zu Gunsten ihres Gemahls, des Fürsten Johann II. von Werle.

D. d. Güstrow. 1318. Mai 22.

Nach dem Originale im Archive der Stadt Plau.


Megtildis dei gracia domina de Werle fidelibus suis consulibus in Plawe constitutis graciam suam et omne bonum. Recognoscimus tenore presencium, quod omagium ciuitatis vestre nobis per vos ore et manu prestitum ad manus domini Johannis de Werle, mariti nostri karissimi, maturo consilio prehabito duximus libere resignandum et presentibus resignamus, ita videlicet quod de eodem disponere valeat pro suo comodo, arbitrio et omnimoda voluntate, vnde rogamus vestram fidelitatem volentes modis omnibus, quatenus eidem nostro marito aut alteri, cuius fidelitate et adiutorio fiduciam adhibuerit, eiusdem omagii fidelitatem prestetis et exhibeatis, cum ab eo fueritis requisiti. In cuius resignationis euidens [testimonium] sigillum nostrum presentibus est appensum. Datum Gustrowe, anno domini M.CCC.XVIII, feria secunda ante Vrbani martyris.

Nach dem Originale, auf einem kleinen Pergament, in einer flüchtigen, gedrängten Minuskel. An einem Pergamentstreifen hangen noch Reste eines grossen, runden Siegels, mit einer stehenden weiblichen Figur, welche mit jeder Hand einen neben ihr stehenden Schild hält: auf dem linken Schilde sind noch die braunschweigischen Löwen, über dem rechten Schilde ist noch der werlesche Helm mit zwei ins Kreuz gestellten Pfauenfedern erkennbar. - Auch gedruckt durch Schröter in Wöchentl. Rostock. Nachr. 1824, S. 171.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 221 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Nr. IX.

Die Herzoge Otto und Wilhelm von Braunschweig und Lüneburg belehnen des ersteren Gemahlin Mechthild, des Fürsten Heinrich von Meklenburg Tochter, zu ihrem Leibgedinge mit dem Salzzolle zu Lüneburg und mit dem Stadtzolle zu Uelzen.

D. d. 1330. Febr. 25.

Nach dem Originale im königlichen Archive zu Hannover.


Dei gratia nos Otto et Wilhelmus domicelli de Brunswik et Luneborch omnibus presencia visuris seu audituris desideranter cupimus esse notum, quod illustrem Mechtild em, filiam nobilis Hinrici domini quondam de Meklenborch, collateralem dilectam nostri Ottonis predicti, racione seu nomine dotalicii matrimonialis amice et liberaliter inpheodamus cum theloneo saline in Luneborch ac cum theloneo ciuitatis Vlsen, ita quod eadem Mechtildis ducissa prenominata dicta duo thelonea cum omni iure ac prouentibus vniuersis debet vite sue temporibus optinere. Nos quoque Otto et Wilhelmus fratres pretacti cupimus hec premissa ab heredibus et successoribus nostris quibuscunque eidem Mechtildi ducisse predicte inuiolabiliter obseruari. In quorum testimonium sigilla nostra presentibus sunt appensa. Datum anno domini M°  C C° C X X° X, in die Walburgis virginis.

Nach dem Originale, auf Pergament. Angehängt sind zwei Pergamentstreifen. Von dem ersten Pergamentstreifen ist das Siegel abgefallen. An dem zweiten Pergamentstreifen hängt ein kleines rundes Siegel, mit einem Helm mit Helmschmuck; von der Umschrift ist noch erhalten:

Umschrift

 


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 222 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Nr. X.

Die Herzogin Mechthild, Gemahlin des Herzogs Otto von Lüneburg, Tochter des Fürsten Heinrich des Löwen von Meklenburg entsagt allen Ansprüchen an ihr väterliches und mütterliches Erbe, nachdem ihr Bruder, der Fürst Albrecht von Meklenburg versprochen, ihrem Gemahle dafür mit hundert Ritterpferden zu dienen.

D. d. Lüneburg. 1334. Febr. 27.

Nach dem Originale im grossherzogl. meklenb. Geh. u. Haupt=Archive zu Schwerin .


Wie Mechtild von der gnâde goddes vrowe to Brunswich vnde to Lunenborch bekennen vnde bethûghen in disme brêue ôpenbâre, dat we mid râde vnde volbôrd vnses lîuen mannes hertoghen Otten vnde sînes brôderes hertoghen Wilhelmes herren von Brunswich vnde van Lunenborch vortîgen vnde aflâten von aller anwardinghe, de we vnde vnse eruen hebben môghen vp erue vnde lêngûd, dat vns von vnsme lîuen vâdere vnde môdere, den god gnedich sî, anvallen mochte, also dat we vnde vse eruen dâr nêne ansprâke vnde vorderinghe mêr vp hebben willen iêgen vnse lîue brôdere Albrechte vnde Johanne herren to Mekelenborch vnde ere eruen. Hîr vmme schal vnse vôrscreuene brôder Albrecht vnsme lîuen manne hertogen Otten dênen mid hundert mannen vp orsen, als sîne brêue spreken, de he dâr heft vp gegeuen. Dat disse dingh stede vnde vast blîuen, so hebbe we disse brêue besegelt tu êner bethûginghe mid vnsme ingesegele vnde is geschên to Lunenborch na goddes bôrd dûsent iâr drê hundert iâr in deme vêr vnde drittigestem iâre, des sondâghes vôr midvasten.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 223 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Nach dem Originale, auf Pergament, in einer festen, dicken Minuskel, im grossherzogl. meklenburg. Geh. u. H. Archive zu Schwerin. An einem Pergamentstreifen hängt das runde Siegel der Herzogin Mechthild: im leeren Siegelfelde steht eine gekrönte weibliche Figur, in langem Gewande; rechts neben ihr steht ein Schild mit einem links gekehrten, aufsteigenden Löwen, über welchem sie mit der rechten Hand einen vorwärts gekehrten Helm mit zwei befiederten Hörnern hält; links neben ihr steht ein Schild mit dem vorwärts gekehrten meklenburgischen Büffelskopfe mit abgerissenem Halsfell, über welchem sie mit der linken Hand den rechts gekehrten Helm der Fürsten von Meklenburg hält, mit einem vollen Pfauenwedel, vor welchem der halbe meklenburgische Schild liegt. Von der Umschrift ist noch vorhanden:

Umschrift

 

Vignette
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 224 ] zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 225 ] zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

B.

Jahrbücher

für

Alterthumskunde.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 226 ] zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 227 ] zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

I. Zur Alterthumskunde

im engern Sinne.


1. Vorchristliche Zeit.

a. Zeit der Hünengräber.


Hünengrab von Steinhagen.

Zu Steinhagen bei Bützow ward ein Hünengrab abgetragen und der für Meklenburg nicht häufige antiquarische Inhalt desselben geborgen. Es fand sich nämlich:

eine Urne, ganz in Birnen= oder Melonenform, mit den charakteristischen Verzierungen der Urnen aus der Steinperiode, abwechselnd über und unter dem Bauchrande mit Gruppen von senkrechten Parallellinien, die durch kurze Stiche oder Striche gebildet und von einzelnen wagerechten Stichen begleitet sind (vgl. Jahrb. X, S. 254-258), verziert, am Rande mit einigen Strichen ähnlicher Zickzacklinien eingefaßt und auf dem Bauchrande mit zwei kleinen durchbohrten Knoten oder Henkelchen besetzt, 7 " hoch und im Bauche 7 " weit, mit fast spitzem Boden von kaum 2 " Durchmesser,

ein Keil aus hellgrauem Feuerstein, 4 1/4 " lang, und
ein Schmalmeißel aus hellgrauem Feuerstein, 6 " lang.

Der Verein verdankt diese Alterthümer dem Geschenke des Herrn Dr. Crull zu Wismar.

G. C. F. Lisch.


zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Hünengrab von Schlutow Nr. 1.

Zu Schlutow bei Gnoyen wurden beim Steinbrechen in einem Hünengrabe folgende steinerne Alterthümer gefunden:

ein breiter Keil aus gelbgrauem Feuerstein,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 228 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

ein Stück von einem an beiden breiten Seiten stark und glatt ausgeschliffenen Schleifstein aus feinkörnigem, festen "alten rothen Sandstein" von rother Farbe, 3 bis 4 " im Quadrat groß,

ein Gypskrystall, 6 " lang.

Diese Alterthümer wurden in einem und demselben Hünengrabe beim Steinbrechen gefunden, da für häufige Häuser= und Straßenbauten in Gnoyen viele Steine auf den benachbarten Gütern gebrochen werden. Der Herr von Kardorff auf Nemlin zu Gnoyen, welcher alle Steinarbeiten in dortiger Gegend sorgfältig überwacht, hat diese Gegenstände erworben und dem Vereine geschenkt.

In einem andern

Hünengrabe von Schlutow Nr. 2

ward ein Keil aus grauem Feuerstein, und in einem dritten

Hünengrabe von Schlutow Nr. 3

ein Schmalmeißel aus grauem Feuerstein gefunden,

und ebenfalls von dem Herrn von Kardorff auf Remlin erworben und dem Vereine geschenkt.

G. C. F. Lisch.

Hünengrab von Dölitz.

In einem Hünengrabe zu Dölitz bei Gnoyen ward beim Steinbrechen für Bauten in der Stadt Gnoyen in einem Hünengrabe eine schöne Streitaxt aus Hornblende gefunden und von dem Herrn von Kardorff auf Remlin zu Gnoyen erworben und dem Vereine geschenkt.

Hünengrab von Vietlübbe.

Einen Streithammer aus Hornblende, von der kleinsten Art, nur 3 " lang, fand der Herr Pastor Ritter auf dem Felde von Vietlübbe bei Plau bei einem halbzerstörten Hünengrabe und schenkte ihn dem Vereine.

Hünengrab von Godern.

In dem in Jahrb. XVI, S. 253 flgd. beschriebenen Hünengrabe von Godern ward ein viel ausgebrochenes und abgenutztes spanförmiges Feuersteinmesser gefunden, welches der Herr Präpositus Schencke zu Pinnow dem Vereine schenkte.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 229 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Hünengrab von Barendorf.

Als im Jahre 1849 auf dem Felde von Barendorf bei Grevismühlen zwei bei einander im Dorngebüsche liegende große Steine gesprengt wurden, welche zu Fundamentsteinen benutzt sind, fanden sich unter denselben nachstehende Gegenstände:

1) ein Schmalmeißel aus Feuerstein, 5 1/2 " lang, nur an der Spitze geschliffen,

2) unter dem andern Steine ein großes eisernes Instrument, welches Aehnlichkeit mit einem Leuchter hat, zwar alt, jedoch aus jüngern Zeiten, so wie auch ein dänisches 2 Skilling=Stück von 1665. Letzteres ist gewiß erst später dahin gekommen und nun erst bei der Bearbeitung des Steines unter denselben gekommen.

Die Arbeiter sagten aus, daß sich unter den großen Steinen eine Art Damm von kleineren Steinen befunden habe, jedoch hätten sie nichts von Urnen entdeckt, und so tief der Boden jetzt auf dieser Stelle durchgeackert ist, so findet sich doch nichts vor.

Barendorf, den 11. April 1852.

C. F. Linshöft.

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Alterthümer vom Kaninchenwerder
bei Schwerin.

Bekannt in Meklenburg ist wegen seiner reizenden Lage der Kaninchenwerder, eine kleine Insel im südlichen Theile des großen schweriner Sees, eine halbe Stunde von Schwerin. Außer der malerischen Gestaltung der Oberfläche und der entzückenden Aussichten ist die Insel auch merkwürdig wegen vieler uralter Dornen= und wilder Obstbäume; namentlich sind die Dornen von so bedeutender Größe und Stärke, daß sie den Obstbäumen gleichkommen. Jetzt liegt die ganze Insel unter Ackercultur. Nach den Erzählungen alter Leute sollen aber früher so viele Dornenbäume, denn Bäume kann man sie nur nennen, auf der Insel gestanden haben, daß sie kleine Wälder gebildet haben und man beim Anfange der Ackercultur Kühe, welche sich hinein gedrängt und verirrt haben, mit Aexten hat heraushauen müssen.

Was aber die Insel noch interessanter macht, ist der Umstand, daß sich auf derselben öfter steinerne Geräthe aus der Steinperiode gefunden haben. Der Herr Hofschlösser Duve zu Schwerin, welcher an den Bestrebungen des Vereins den lebhaftesten Antheil nimmt, hat besonders die Alterthümer auf dem Kaninchenwerder stets scharf im Auge gehabt. Er hat

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 230 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

namentlich zwei durchbohrte steinerne Streitäxte gesehen, welche dort sicher gefunden worden sind, und kennt noch gegenwärtig eine dritte solche, welche er noch herbeizuschaffen hofft.

Herr Duve selbst hat auf dem Kaninchenwerder gefunden:

1 Keil aus dunkelgrauem Feuerstein, überall ganz roh zugehauen und erst 1" lang und 1/2 " breit an einem Bahnende angeschliffen, und

1 Schmalmeißel aus weißlichem Feuerstein, 5 " lang, an der Schärfe sehr glatt geschliffen.

Der Herr Duve hat diese Alterthümer den schweriner Sammlungen übergeben und dabei berichtet, daß die Alterthümer auf dem Kaninchenwerder meistentheils auf dem Schwerin zugekehrten hohen Ufer, oberhalb der Dornenbäume, beim Abgraben des Ufers zur Gewinnung von Kiessand für Schwerin gefunden sind.

G. C. F. Lisch.

Alterthümer aus der Darnow
bei Bützow.

Der Herr Friedr. Seidel zu Bützow fand im Frühling 1850 auf dem Plan der Eisenbahn in der bei dem Bahnhofe von Bützow gelegenen Holzung, die Darnow genannt, und auf dem Bahnhofe in der von der Darnow dorthin gefahrenen Erde mehrere Alterthümer, welche er dem Vereine schenkte:

10 spanförmige Feuersteinmesser;

ein 1/2 " dickes Randstück von einer sehr großen und dicken Urne;

eine halbe Streitaxt aus Glimmerschiefer, durch das große Schaftloch mitten durchgebrochen, breit und sehr flach, ungefähr 1 " dick, sehr abgerieben und abgespült, aber doch im Schaftloche sichtbar und ohne Zweifel künstlich bearbeitet.

G. C. F. Lisch.

Feuersteingeräthe von Dreweskirchen.

Der Herr Koch auf Dreweskirchen schenkte dem Vereine mehrere Feuersteingeräthe, welche derselbe nach und nach auf der Feldmark Dreweskirchen an verschiedenen Stellen gefunden hatte:

einen an allen Seiten geschliffenen, breiten und dicken Keil;

ein Bruchstück eines geschliffenen Keils;

ein zu einem Keil oder Messer vorbereitetes, keilförmiges Stück Feuerstein;

einen Griff von einem Dolch aus Feuerstein;

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 231 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

elf Späne oder spanförmige Messer aus Feuerstein, wie solche überall auf der Feldmark, namentlich häufig auf einem Ackerstücke genannt das Neue Land, gefunden werden.

G. C. F. Lisch.

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Steinerne Werkzeuge von Tressow.

Der Pächter Herr G. Haupt zu Tressow bei Wismar hat dem Verein eine Reihe von steinernen Werkzeugen geschenkt, welche derselbe auf der Feldmark des Gutes Tressow und in der nächsten Umgebung derselben gefunden hat, nämlich:

1 kleinen Streithammer aus Hornblende, 3 1/4 " lang, dessen Schaftloch zwar ganz durchgebohrt, aber noch nicht ausgeschliffen ist, indem noch einige erhabene Ringe in demselben stehen, von denen nur der mittlere glatt geschliffen ist;

1 Keil aus Hornblende, 5 1/2 " lang;

1 Keil aus braun und grau geflammtem Feuerstein, 8 1/2 " lang;

1 kleinen, hohlgeschliffenen Keil, 4 " lang, sehr zierlich, überall geschliffen;

2 kleine Keile, an Größe, Form und Farbe gleich, 3 1/4 " lang, nur an den breiten Seiten geschliffen;

6 größere Keile, alle zerbrochen, jeder nur zur Hälfte vorhanden, 2 in der obern Hälfte, 4 in der untern Hälfte;

2 unfertige Keile oder Feuersteine von 4 und 5 " Länge, welche offenbar zu Keilen oder Messern vorbereitet, aber noch nicht vollendet sind;

1 großen Feuersteinsplitter;

2 durchbohrte Scheiben aus grauem Sandstein, Knöpfe, 1 1/2 " im Durchmesser;

1 Perle aus ganz weißem Stein.

Der Herr Haupt berichtet über diese Alterthümer Folgendes: "Die größere Hälfte dieser Alterthümer ist auf der Feldmark Tressow an einem nach Norden sanft abhangenden Hügel gefunden, dessen Flächenraum ungefähr 3000 [ ] Ruthen betragen mag. Am Fuße dieses Hügels dehnt sich eine Wiesenfläche aus, welche ein aus dem tressower See kommender Bach durchfließt. Südlich gegenüber erhebt sich wieder eine Anhöhe, auf welcher jedoch keine Alterthümer gefunden sind." Der Herr Haupt glaubt daher annehmen zu dürfen, daß der nördliche Hügel, auf welchem die Geräthe gefunden sind, eine Kampfstätte gewesen sei. Vielleicht ließe sich aber auch annehmen, daß die Stelle eine Wohnstätte oder eine Fabrik=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 232 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

stätte für Feuersteinwerkzeuge gewesen sei. Die vielen zerbrochenen und unvollendeten Geräthe, so wie die große Mannigfaltigkeit derselben scheint hiefür zu reden.

G. C. F. Lisch.

Angekaufte meklenburgische Alterthümer.

Von dem nach Amerika ausgewanderten Herrn Pastor Möller zu Cramon kaufte der Verein folgende von demselben in Meklenburg gesammelte steinerne Alterthümer:

2 Streitäxte aus Hornblende,

1 Dolch aus grauem Feuerstein,

1 Lanzenspitze aus grauem Feuerstein, zur Hälfte vorhanden und diese in zwei Stücke zerbrochen, auf einer Fabrikstätte zwischen vielen Feuersteinspänen gefunden,

1 halbmondförmiges Messer aus grauem Feuerstein,

1 breiten Keil aus gelbgrauem Feuerstein,

1 dicken Keil aus gelblichem Feuerstein,

1 Keil aus grauem Feuerstein,

1 Keil aus braunem Feuerstein,

1 Keil aus grauem Feuerstein: das Schneideende eines größern, wieder zum Keil benutzt,

1 Pfeilspitze aus Feuerstein, sauber gearbeitet, auf einer Fabrikstätte zwischen vielen Feuersteinspänen gefunden,

80 Feuersteinspäne, wie es scheint aus zwei Funden von Fabrikstätten. In einer Abtheilung lagen die zerbrochene Lanzenspitze und die schöne Pfeilspitze.

G. C. F. Lisch.

Steinalterthümer aus der Gegend der Stadt Cröpelin.

Der Herr Glasermeister Torgeler zu Cröpelin besaß eine kleine Sammlung interessanter heidnischer Alterthümer, welche er in der Gegend der Stadt Cröpelin gesammelt hatte und bei seiner Auswanderung nach Amerika im Frühling 1852 durch Vermittelung des Herrn Glasermeisters Beckmann zu Doberan dem Vereine käuflich überließ. Einige dieser Alterthümer gehören zu den seltensten, welche je in Meklenburg gefunden sind.

Keil von Meschendorf,

aus thonartigem, gemengten Gestein, 9 " lang, 3 1/2 " breit und 2 " dick, 4 Pfund 2 Loth schwer, überall geschliffen, der

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 233 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

schwerste Keil, der bisher in Meklenburg gefunden, aber vielleicht über See eingeführt ist, da er ungewöhnlich ist und Meschendorf an der Ostsee liegt.

Keil von Miekenhagen,

aus schwärzlichem Feuerstein, 10 " lang und 2 " breit in der Mitte, sehr dünne und flach, fast überall 3/4 " dick, überall geschliffen, einer der längsten und verhältnißmäßig dünnsten Keile, die in Meklenburg gefunden sind.

Keil von Basdorf,

aus grauem Feuerstein, 7 " lang, überall und an den Ecken scharfkantig zugehauen und nur an der Schärfe regelmäßig geschliffen.

Keil von Arendsee,

aus weißlichem Feuerstein, 4 " lang.

Keil von Cröpelin,

aus grauem Feuerstein, nur zur Hälfte vorhanden.

Keil von Cröpelin,

aus Thonstein, 5 1/2 " lang, überall geschliffen, wahrscheinlich fremdes Fabricat.

Schmalmeißel von Cröpelin,

aus hellgrauem Feuerstein, nur 5 " lang, scharfkantig zugehauen, nur an der Schärfe geschliffen.

Schmalmeißel von Detershagen,

aus grauem Feuerstein, zur Hälfte vorhanden.

Streitaxt von Kägsdorf,

aus Hornblende, nur in der untern Hälfte vorhanden, im Schaftloche quer durchgebrochen.

Eine große Pfeilspitze

oder Harpunspitze aus grauem Feuerstein, überall roh zugehauen, 3 1/2 " lang.

Eine kleine Pfeilspitze,

aus weißlichem Feuerstein, ziemlich regelmäßig, jedoch etwas roh zugehauen, gegen 2 " lang.

Ein spanförmiges Messer,

aus grauem Feuerstein, an den Seiten vielfach abgenutzt, 3 1/2 " lang.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 234 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Ein Feuersteinspan,

scharfkantig, 2 1/2 " lang.

Eine Scheibe aus Sandstein,

flach, durchbohrt, 1 1/2 " im Durchmesser.

G. C. F. Lisch.

Ein Keil aus Hornblende,

einer der größten und merkwürdigsten Keile Meklenburgs überhaupt und der größten Keile aus Hornblende, die je in Meklenburg gefunden sind, 8 1/2 " lang, 2 " dick, an allen Flächen ganz glatt geschliffen, geschenkt von dem Herrn Candidaten Segnitz zu Schwerin. Dieser hat ihn von dem Herrn Hof=Musicus Reinhard erhalten, welcher ihn von dem Glasermeister Torgeler (vgl. oben S. 232) zum Geschenk erhielt. Nach den von diesem dem Herrn Reinhard mitgetheilten Nachrichten soll der Keil bei Werle (bei Grabow?) gefunden sein.

G. C. F. Lisch.

Schleifstein von Stuer.

Der Herr Apotheker Schreiber, jetzt zu Grabow, war bei der in Jahrb. XIII, S. 357 flgd. beschriebenen Aufdeckung der großen Hünengräber zu Stuer im J. 1847 gegenwärtig und untersuchte nach Vollendung der Aufgrabung die ausgeworfene Erde genauer. Er fand in der Erde noch einen schönen Schleifstein, zum Schleifen der steinernen Werkzeuge benutzt, welcher sicher in dem Grabe gelegen hatte. Der Schleifstein ist von festem, quarzigen, "alten rothen Sandstein", an einem Ende offenbar verstümmelt, jetzt noch 6 " lang, 3 " breit und gegen 1 1/2 " dick. Er ist nicht nur an den beiden breiten, sondern auch an den beiden schmalen Seiten etwas concav und völlig glatt und regelmäßig ausgeschliffen und offensichtlich viel gebraucht. Bei Gelegenheit der Aufdeckung der Kegelgräber bei Grabow am 16. Dec. 1852 schenkte der Herr Schreiber diesen seltenen Stein dem Vereine.

G. C. F. Lisch.

Schleifstein von Schlutow,

aus "altem rothen Sandstein", vgl. oben Hünengrab von Schlutow Nr. 1, S. 228.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 235 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Schleifstein von Tressow.

Ein kurzes, keilförmiges Stück von gelblichem, "rothen alten Sandstein", ungefähr 2 " lang und dick, von Natur wie die Beilseite einer Streitaxt geformt, an einer Seite geschliffen, von dem Herrn Haupt zu Tressow auf der "Kampfstätte" (S. 231) daselbst gefunden und dem Vereine geschenkt.

Schleifstein von Letschow.

Ein Schleifstein oder Klopf= oder Knackstein, aus hellgrauem "alten Sandstein" von fast kugelförmiger Gestalt, 3 " im Durchmesser, nur an einer kleinen Fläche angeschliffen, vor mehreren Jahren in einem der Torfmoore von Letschow bei Schwaan beim Torfstechen, zugleich mit einem alten menschlichen Unterkiefer, gefunden und von dem Herrn Burgemeister Daniel zu Schwaan geschenkt.

Schleifstein von Gerdeshagen.

Ein großes Bruchstück eines zerschlagenen großen Schleifsteins, dessen eine Fläche mehr convex ganz geschliffen ist, aus dunkelgrauem Uebergangskalk (mit einem Graptolithen), ward zu Gerdeshagen bei Doberan gefunden und von dem Herrn Pastor Vortisch zu Satow geschenkt. Vgl. Streitaxt von Reez (S. 237).

Schleifstein von Schwaan.

Ein Schleifstein aus Gneis, von elliptischer Gestalt, 5 1/2 " lang, 2 1/2 " breit und 7/8 " dick, eine schieferige Platte, an einer Seite glatt und etwas vertieft geschliffen, gefunden unter vielen rohen Feuersteinen auf der Feldmark der Stadt Schwaan an einer sandigen Stelle des Ufers der Warnow unweit Friedrichsgabe und dem Vereine geschenkt von dem Herrn Burgemeister Daniel zu Schwaan.

Schleifstein von Losten.

Zu Losten bei Wismar ward ein interessanter Stein gefunden und von dem Herrn Dr. med. Crull zu Wismar dem Vereine geschenkt. Der Stein ist von grauem Thonschiefer und hat ganz die Gestalt eines Feuersteinkeils, 6 " lang; er ist wie ein Keil zugeschärft, an allen Seiten glatt und an den breiten Seiten regelmäßig ganz geschliffen. Er weicht von einem Keile nur dadurch ab, daß er an der einen schmalen Seite etwas eingebogen ist und dadurch ein beilförmiges Ansehen hat. Uebrigens liegt zur Vergleichung kein ähnliches Stück vor.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 236 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Schleifstein von Quaal.

Ein kleiner Wetzstein aus grauem Thonschiefer, 1 3/4 " lang, 3/8 " dick, gefunden zu Quaal bei Wismar, geschenkt von dem Herrn Haupt zu Tressow.

Schleifstein von Tressow,

aus schwarzem Thonschiefer, gefunden zu Tressow bei Wismar, geschenkt von dem Herrn Haupt zu Tressow. Für das Alter des Steins spricht, daß er mehrere Fuß tief am Saum einer Wiese gefunden und an zwei schmalen Seiten hohl geschliffen ist.

Schleifstein von Tressow.

Der Herr Haupt zu Tressow schenkte dem Vereine ein auf der Feldmark Tressow gefundenes Bruchstück, das Ende eines vierseitig regelmäßig zugerichteten Schleifsteins aus schwarzem Kieselschiefer oder Probierstein, 1 1/4 " breit, 1 " lang und 1/2 " dick.

G. C. F. Lisch.

Schleif= oder Polierstein von Tressow.

Der Herr Haupt zu Tressow fand auf der Feldmark Tressow einen merkwürdigen Feuerstein, den er dem Vereine schenkte. Dieser Feuerstein ist von Natur cylinderförmig gebildet, 3 " lang und 1 " im Durchmesser, an beiden Enden abgeschlagen. Auf einer Seite ist der Stein offenbar durch Kunst ungefähr 3/4 " breit ganz eben und glatt geschliffen. Diese Erscheinung ist an einem Feuerstein bisher noch nicht beobachtet und nicht erklärt.

G. C. F. Lisch.

Zwei viereckige Poliersteine aus Feuerstein,

gefunden bei Bützow, schenkte der Herr Friedr. Seidel zu Bützow; einen dritten derselben Art hat Herr Seidel für seine eigene Sammlung zurückbehalten.

Es sind viereckige, überall gleich dicke Platten, aus dunkelgrauem Feuerstein, welche sowohl auf den großen Seitenflächen, als an allen Ecken geschliffen sind; die Ecken sind theils abgerundet, theils dreiseitig mit gebrochenen Kanten geschliffen.

Diese Steine werden gegenwärtig von Handwerkern, z. B. Klempnern, als Poliersteine gebraucht.

G. C. F. Lisch.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 237 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Streitaxt von Reez.

Eine Streitaxt aus grobkörnigem, dunklen Grünstein=Porphyr, gefunden 1852 auf dem sogenannten "Teufelssaal" zu Reez bei Rostock (vgl. die folgende Nr.), geschenkt von dem Herrn Pastor Vortisch zu Satow.

Der Herr Pastor Vortisch hat diese seltene Streitaxt, so wie den Schleifstein von Gerdeshagen und den Keil von Seehof, alles schöne Sachen, am 16. Oct. 1852 eingesandt und zum

"Andenken an den 16. Oct. 1852"

dem Vereine geschenkt, unter der ausdrücklichen Bedingung, daß die Veranlassung dieser Gabe, die an diesem Tage gefeierte 25jährige Amtsjubelfeier des Herausgebers, Archivars Dr. Lisch, in den Jahrbüchern des Vereins bemerkt werde.

Streitaxt von Reez.

Eine Streitaxt aus gneisartigem, viel geschichteten Gestein, an den beiden Seitenflächen viel und tief ausgewaschen, gefunden 1852 auf dem sogenannten "Teufelssaal" (vgl. die voraufgehende Nr.) zu Reez bei Rostock, geschenkt von dem Herrn Pastor Vortisch zu Satow.

Streitaxt von Kritzow.

Eine Streitaxt, aus Hornblende, von gewöhnlicher Form und mittlerer Größe, gefunden zu Kritzow bei Wismar, geschenkt von dem Herrn Dr. Crull zu Wismar.

Eine Streitaxt,

aus Hornblende, von schöner Form und Arbeit, jedoch im Schaftloche von den Findern durchbrochen, aber noch vollständig, gefunden in Meklenburg, jedoch unbestimmt, an welchem Orte, geschenkt von dem Herrn Pastor Ritter zu Vietlübbe.

Streitaxt von Miekenhagen.

Auf dem Felde von Miekenhagen bei Cröpelin ward eine interessante Streitaxt gefunden und von dem Herrn Pastor Vortisch zu Satow geschenkt. Dieselbe ist von Hornblendeschiefer, im Schaftloche quer durchbrochen und nur zur Hälfte vorhanden, und im Schaftloche noch nicht vollendet, sondern von beiden Seiten trichterförmig eingebohrt; an der einen Seite streicht bis dicht an dem Schaftloche vorüber eine Schicht eines andern, röthlichen, weichen Gesteins, welche ganz abgesplittert ist und dadurch wahrscheinlich die Durchbrechung veranlaßt hat.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 238 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Streithammer aus dem Amte Bukow.

Der Herr Pastor Masch zu Demern schenkte dem Vereine einen kleinen, merkwürdigen Streithammer, welcher im Amte Neu=Bukow, ungewiß an welchem Orte, gefunden und ihm geschenkt worden war. Der Hammer ist weder in der Bohrung, noch in der Schleifung vollendet. Es ist ein kunstloser, rother Hornstein, ganz von der Gestalt eines Streithammers, roh und uneben, jedoch ziemlich regelmäßig, 3 1/2 " lang, 1 " dick und 1 1/2 " breit in dem breiten Ende des Schaftloches. An dem breiten Ende ist die Bohrung des Schaftloches angefangen und zwar so, daß von beiden Seiten her eine kegel= oder trichterförmige, fast halbkugelförmige Vertiefung von ungefähr 3/8 " Tiefe und 1 " Weite im Rande glatt eingetrieben ist; zwischen beiden Anbohrungen ist der Stein etwa 1/4 " dick noch nicht durchgebohrt.

G. C. F. Lisch.

Streithammer von Dreweskirchen.

Der Herr Pastor Lampert zu Dreweskirchen fand und schenkte dem Vereine einen kleinen Streithammer von Hornblende, welcher aus einem Bruchstücke einer größern Streitaxt gemacht ist. Die größere Streitaxt war im Schaftloche durchgebrochen. Man benutzte nun die zugeschärfte Hälfte, an welcher noch ein Theil des polirten Schaftloches und die Bruchflächen sichtbar sind, und machte daraus einen neuen Streithammer durch Einbohrung eines neuen Schaftloches. Dieses Schaftloch ist von beiden Seiten trichterförmig eingebohrt und noch nicht vollendet; dort, wo die beiden Einbohrungen zusammenstoßen, ist jedoch schon ein Ring rund und glatt ausgeschliffen.

Der Verein besitzt noch 2 Streithammer dieser Art; in dem einen ist das Schaftloch schon ganz ausgeschliffen, in dem andern ist das Schaftloch erst an beiden Seiten trichterförmig angebohrt.

G. C. F. Lisch.

Streitaxt von Barendorf.

Zu Barendorf bei Grevismühlen ward beim Aufgraben eines alten Grabens an einer Hecke die Beilhälfte einer schönen Streitaxt aus grauem Thonstein gefunden, welche wegen der Zerbrechlichkeit des Materials im Schaftloche durchbrochen ist. Geschenk des Herrn Schullehrers Linshöft zu Barendorf.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 239 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Streitaxt von Viecheln.

Eine halbe Streitaxt aus Thonstein, daher im Schaftloche zerbrochen und nur in der zugeschärften Hälfte vorhanden, gefunden zu Viecheln bei Gnoyen im Acker, geschenkt von dem Herrn von Kardorff auf Remlin bei Gnoyen.

Hornblendeblock zur Streitaxt

vorbereitet, gefunden zu Tressow bei Wismar, frei auf dem Felde liegend, geschenkt von dem Herrn Haupt zu Tressow. Dies ist ein Block aus Hornblende oder Diorit, 4 " lang, 1 3/4 " breit, 1 1/4 " dick, sehr regelmäßig gebildet, an einer breiten Seite ganz eben und glatt geschliffen. Dies ist sicher der erste Anfang zur Verfertigung einer Streitaxt; es kommt öfter vor, daß der Block zuerst zu der beabsichtigten Form in den Oberflächen geschliffen und dann das Loch durchgebohrt ward, als daß erst der rohe Block durchbohrt und dann geschliffen ward. Daß dieser Block nicht zum Schleifsteine benutzt ward, dafür stimmt die ganz ebene, nirgends hohle Fläche und die Steinart, welche nie zu Schleifsteinen benutzt ward.

G. C. F. Lisch.

Durchbohrter Stein von Quaal.

Auf der Hufe des Hauswirths Fetting zu Quaal bei Grevismühlen ward ein roher, von Natur geglätteter, ovaler, kleiner, feinkörniger Granit von 3 1/2 " Länge, 2 1/2 " Breite und 1 1/2 " Dicke gefunden, welcher von beiden Seiten trichterförmig eingebohrt und durchbohrt ist. Ob dieser Stein eine Streitaxt hat werden sollen oder zum Schleudersteine gedient hat, läßt sich wohl schwer bestimmen; vielleicht hatte der Stein auch eine andere Bestimmung, z. B. zur Thürangel etc. .

Auf derselben Hufe ward auch eine Kugel aus etwas weicherem Gestein von 1 " Durchmesser gefunden. Diese Kugel dreht und schleift sich sehr gut in den trichterförmigen Einbohrungen des oben genannten Steines. Es wäre auch möglich, daß dieser zur Bildung solcher Kugeln benutzt ward.

Es werden sowohl rohe angebohrte Granite, als kleine Steinkugeln von der angegebenen Art öfter im Lande gefunden.

Der Herr Pächter Haupt zu Tressow erwarb beide Steine und schenkte sie dem Vereine.

G. C. F. Lisch.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 240 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Keile.

Ein Keil aus hellgrauem Feuerstein, ganz und regelmäßig roh zugehauen, geschenkt von dem Herrn Dr. Gertz zu Wismar.

Ein Keil aus hellgrauem Feuerstein, sehr schön geschliffen, gegen 7 " lang, gefunden 1849 zu Seehof, geschenkt von dem Herrn Pastor Vortisch zu Satow. Vgl. oben Streitaxt von Reez und Jahrb. XVI, S. 254.

Keil von Wendorf. Zu Wendorf bei Wismar ward ein Keil von seltener Größe und Form gefunden und dem Herrn Director, Professor Dr. Crain geschenkt, welcher wieder dem Vereine damit ein Geschenk gemacht hat. Der Keil ist von hellgrauem Feuerstein, lang, breit und dünne: 11 " lang, 3 " breit in der Mitte und 1 3/8 " dick, also von sehr seltener Größe. Er ist an allen 4 Flächen überall und vollkommen geschliffen und von schönen Verhältnissen; leider sind die beiden äußersten Enden abgeschlagen. Der Keil gehört daher zu den äußerst seltenen Erscheinungen.

Ein Keil, aus grauem Feuerstein, groß und dick, von schönen Formen, überall geschliffen, 6 1/4 " lang und 3 " an der Schneide breit, vor einigen Jahren auf der Feldmark Papendorf bei Rostock gefunden, und

ein Keil, aus hellbraunem Feuerstein, 4 " lang, auf der Feldmark der Stadt Schwaan beim Bau der Eisenbahn gefunden, beide von dem Herrn Burgemeister Daniel zu Schwaan erworben und dem Vereine geschenkt.

1) Ein Keil aus bräunlichem Feuerstein, zerbrochen, gefunden zu Warkstorf bei Wismar,

2) ein Keil aus hellgrauem Feuerstein, 5 1/4 " lang, gefunden zu Hastorf bei Doberan,

3) ein Keil aus hellgrauem Feuerstein, 4 1/4 " lang, gefunden zu Kägstorf bei Cröpelin,

geschenkt von dem Herrn Dr. Crull zu Wismar.

Ein Keil aus Feuerstein, kurz und dick und viel ausgebrochen, 3 1/2 " lang, 1 1/4 " dick, gefunden zu Viecheln bei Gnoyen im Acker, geschenkt von dem Herrn von Kardorff auf Remlin zu Gnoyen.

Ein Keil aus Feuerstein, gefunden 1849 zu Wendisch=Rambow, geschenkt von dem Herrn Pastor Vortisch zu Satow.

Ein kleiner, dünner Keil aus dunkelgrauem Feuerstein, 3 " lang und 1/2 " dick, gefunden zu Scharstorf im Torfmoor, geschenkt von dem Herrn Pastor Vortisch zu Satow.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 241 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Ein Keil aus grauem Feuerstein, überall geschliffen, kurz und dick 3 1/4 " lang, gefunden zu Tressow, geschenkt von dem Herrn Pächter Haupt zu Tressow.

Keil von Brusow. Zu Brusow bei Cröpelin ward in einem Torfmoore, in welchem auch ein schöner Bernsteinknopf gefunden ward (vgl. unten), ein Keil aus bräunlichem Feuerstein, 4 1/2 " lang, gefunden und von dem Herrn Pastor Masch zu Demern geschenkt.

Ein Bruchstück von einem Feuersteinkeil, gefunden zu Tressow bei Wismar, geschenkt von dem Herrn Haupt zu Tressow.

3 keilartige Feuersteinsplitter, dick und breit, etwa 3 " lang, offenbar viel gebraucht, ohne Zweifel zu kleinen Keilen, die roheste Form derselben, gefunden zu Tressow, geschenkt von dem Herrn Haupt zu Tressow.

Keil von Tressow. Der Herr Haupt zu Tressow fand auf dem Felde von Tressow einen regelmäßigen, an einer Seite ein wenig angeschliffenen Feuersteinsplitter, 3 1/2 " lang, gut 1/2 " dick, an den Kanten vielfach ausgebrochen und offenbar viel gebraucht, und schenkte denselben dem Vereine.

Keil aus Hornblende. In der Gegend von Wismar sollte nach einem Gerüchte ein umherreisender Mann eine Alterthümersammlung besitzen. Nach vielen Bemühungen fand Herr Haupt zu Tressow endlich zu Losten diesen Mann, einen bald hier, bald dort arbeitenden Sattlergesellen, welcher eine werthlose Sammlung von Petrefacten besaß, unter diesen jedoch einen dicken Keil aus Hornblende, 6 " lang, ungefähr 2 " dick, fast ganz rund, mit spitzer Bahn, vorne breit und überall ganz geschliffen, von sehr seltener Beschaffenheit in Vergleich mit den meklenburgischen Keilen und wahrscheinlich ein nordisches, nach Meklenburg eingeführtes Product. Der Herr Haupt kaufte dem Besitzer den Keil ab und schenkte denselben dem Vereine.

Ein Keil aus Grünsteinporphyr, sehr breit und sehr dünne, 4 1/2 " lang, 2 3/4 breit und 3/4 bis 1 " dick, ganz geschliffen und in der Schneide nachgeschliffen und nachpolirt, sichtlich zum Einklemmen in einen starken Schaft oder eine Keule gebraucht, gefunden an dem Hüttenberge auf dem Gute Horst, Pf. Satow bei Cröpelin, geschenkt von dem Herrn Pastor Vortisch zu Satow.

Keil von Meschendorf, aus thonartigem Gestein, vgl. Steinalterthümer aus der Gegend von Cröpelin, S. 232.

Keil von Cröpelin, aus Thonstein, vgl. daselbst S. 233.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 242 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Ein Schmalmeißel

aus Feuerstein, ganz roh zugehauen, 5 1/2 " lang, gefunden zu Kägstorf bei Cröpelin, geschenkt von dem Herrn Dr. Crull zu Wismar.

Ein unvollendeter Schmalmeißel

aus hellgrauem Feuerstein, 4 " lang, auf der Feldmark der Stadt Schwaan unter Dammsteinen von dem Herrn Advocaten Hansen zu Schwaan gefunden und dem Vereine geschenkt.

Ein Schmalmeißel

aus weißlichem Feuerstein, gefunden zu Degetow bei Grevismühlen auf dem Acker, geschenkt von dem Herrn Landbaumeister Schumacher zu Doberan.

Ein Dolch

aus hellgrauem Feuerstein, 8 1/4 " lang, gefunden vor einigen Jahren auf der Dorffeldmark Letschow bei Schwaan, und

ein Dolch

aus dunkelgrauem Feuerstein, 6 1/4 " lang, schmal und spitz, vor einigen Jahren auf der Feldmark Wiendorf bei Schwaan gefunden, beide von dem Herrn Burgemeister Daniel zu Schwaan geschenkt.

Ein Dolch

aus Feuerstein, von schöner Arbeit, 6 " lang, gefunden zu Remlin bei Gnoyen im Acker, geschenkt von dem Herrn von Kardorff auf Remlin zu Gnoyen.

Ein Dolch

aus Feuerstein, mit viereckigem Griffe, 6 " lang, gefunden zu Hohen=Viecheln am schweriner See, geschenkt von dem Herrn Dr. Crull zu Wismar.

Ein Dolch

aus gelbem Feuerstein, 5 1/2 " lang, gefunden zu Bülow bei Güstrow beim Ackern, geschenkt von dem Ingenieur=Gehülfen Herrn Carl Beyer zu Güstrow.

Eine Lanzenspitze

aus weißem Feuerstein, zerbrochen, nur in der Spitze 3 1/2 " lang vorhanden, gefunden zu Viecheln bei Gnoyen im Acker, geschenkt von dem Herrn von Kardorff auf Remlin.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 243 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Eine Lanzenspitze

aus grauem Feuerstein, gefunden zu Schwaan, geschenkt von dem Herrn L. Fromm zu Parkentin.

Ein halbmondförmiger Feuersteinsplitter,

viel ausgebrochen, vielleicht als Säge oder dergl. gebraucht, gefunden zu Tressow, geschenkt vom Herrn Haupt zu Tressow.

Feuerstein=Späne und Splitter.

Feuersteinspäne von Tressow.

Der Herr Pächter Haupt zu Tressow schenkte ferner dem Vereine 8 Feuersteinspäne, welche größer und stärker sind (4 bis 5 " lang) als gewöhnlich, und zerstreut auf der Feldmark Tressow gefunden wurden. Bemerkenswerth ist, daß 5 derselben, namentlich die 4 größern zum Theil an den Spitzen abgebrochen, alle aber an den scharfen Langkanten sehr viel ausgebrochen und abgestumpft sind, was offenbar auf einen vielfachen Gebrauch deutet. Vielleicht dienten sie zu Lanzenspitzen und so möchte die Ansicht, daß auf der Feldmark Tressow eine alte Kampfstätte gewesen sei, noch mehr bestätigt werden (vgl. den voraufgehenden Abschnitt S. 231).

G. C. F. Lisch.

Feuersteinspäne von Tressow und Umgegend.

Der Herr Haupt zu Tressow schenkte dem Vereine 24 Feuersteinspäne von 2 bis 3 Zoll Länge, welche er größtentheils zu Tressow, theils aber auch auf den benachbarten Feldmarken von Quaal, Plüschow und Pravsthagen aufgesammelt hat. Diese Späne sind nicht, wie gewöhnlich, von vierseitigem Durchschnitte, sondern dreiseitig und ziemlich dick; viele sind offenbar stark benutzt, so daß die Wahrscheinlichkeit vorhanden ist, daß sie zu Lanzen=, Pfeil= und Wurfspießspitzen gebraucht sind. Solche Splitter finden sich auf den genannten Feldmarken sehr häufig, aber immer zerstreut liegend.

Drei andere, breitere, unbearbeitete Feuersteinsplitter sind wohl zu kleinen Keilen bestimmt gewesen.

G. C. F. Lisch.

30 Feuersteinsplitter, meistentheils spitz an einer Seite, vielfach an den Kanten ausgebrochen und offenbar viel benutzt, ohne Zweifel zu Lanzenspitzen, Wurfspießspitzen u. dgl., gefunden zu Tressow bei Wismar, geschenkt von dem Herrn Haupt zu Tressow.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 244 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

30 Feuersteinspäne, von denen viele offensichtlich als Pfeil= und Wurfspießspitzen und Messer gebraucht sind, ein auf dem Felde des Gutes Tressow bei Wismar gefunden und von dem Herrn Haupt zu Tressow geschenkt.

10 Feuersteinsplitter, größten Theils Pfeilspitzen, gefunden zu Tressow bei Wismar, geschenkt von dem Herrn Haupt zu Tressow.

Feuersteinsplitter, alle offenbar viel gebraucht, von denen vermuthlich 4 als Lanzenspitzen, und 8 als Pfeilspitzen benutzt worden sind, von dem Herrn Haupt zu Tressow auf dem Felde von Tressow zerstreut gefunden und dem Vereine geschenkt.

Eine Pfeilspitze oder Wurfspießspitze aus einem breiten Feuersteinspan, 3 1/4 " lang und 1 3/4 " breit, gefunden zu Wismar, geschenkt von dem Herrn Dr. Crull zu Wismar.

Eine Pfeilspitze oder Wurfspießspitze aus einem Feuersteinspan, 2 1/4 " lang und 1 1/4 " breit, gefunden am Strande bei Wismar, geschenkt von dem Herrn Forstmeister Plüschow zu Wismar.

Granitscheibe von Käselow.

Der Herr Haupt zu Tressow schenkte dem Vereine eine merkwürdige Scheibe aus Granit, welche von dem Herrn Evers zu Gr. Krankow auf dem Felde zu Käselow gefunden ist. Der Stein, aus feinkörnigem, festen, röthlichen Granit, ist überall völlig regelmäßig gebildet, abgerundet und geschliffen, ganz vollkommen wie eine flach gedrückte Kugel, ohne irgend eine Ecke oder einen Eindruck oder eine Durchbohrung, 9 " im Durchmesser und 3 " dick und gegen 5 Pfund schwer. Es giebt ähnliche Scheiben, welche wahrscheinlich als Schleudersteine gebraucht sind, aber diese haben alle Rillen an dem Umkreise und Eindrücke in der Mitte der flachen Seiten oder sind durchbohrt; die Scheibe von Käselow hat aber gar keine Abweichung von den regelmäßigen Linien und daher ist ihre Anwendung sehr zweifelhaft.

G. C. F. Lisch.

Eine durchbohrte Scheibe

aus Sandstein, 1 1/8 " im Durchmesser, gefunden zu Tressow bei Wismar, geschenkt von dem Herrn Haupt zu Tressow.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 245 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Eine durchbohrte Scheibe

(Knopf) von Sandstein, 1 3/8 " im Durchmesser, gefunden zu Satow, geschenkt von dem Herrn Pastor Vortisch zu Satow.

Eine durchbohrte Scheibe von Sandstein,

1 1/8 " im Durchmesser und 1/2 " hoch, und

einen kegelförmigen Knopf aus Kalkstein,

7/8 " im Durchmesser und 1/2 " hoch,

beide gefunden zu Satow bei Cröpelin und vielleicht der Steinperiode angehörend, schenkte der Herr Pastor Vortisch zu Satow.

Eine durchbohrte Scheibe von Sandstein.

Der Herr Pastor Masch zu Demern schenkte dem Vereine eine in Meklenburg=Schwerin gefundene durchbohrte Scheibe von grauem, feinkörnigen Sandstein, 2 " im Durchmesser und 3/8 " dick; jede flache Seite ist mit 3 eingegrabenen concentrischen Kreisen um das Loch verziert; das 1/2 " weite Loch in der Mitte ist sehr glatt und regelmäßig ausgerieben, woraus sich wohl der Schluß ziehen läßt, daß diese Scheibe ein Spindelstein gewesen sei.

Einen Knopf aus Thonschiefer,

gefunden zu Tressow, 7/8 " im Durchmesser und 1/2 " dick, schenkte der Herr Haupt zu Tressow dem Vereine.

Einen Knopf aus dunkelgrauem Thon,

gefunden zu Tressow bei Wismar, schenkte der Herr Haupt zu Tressow.

Ein menschlicher Unterkiefer,

breit, senkrecht stehend, ohne Zähne (welche alle ausgefallen sind), vom Moor dunkelbraun gefärbt, mit einem runden Schleifsteine (vgl. S. 235) zugleich in einem der Moore von Letschow bei Schwaan beim Torfstechen gefunden und von dem Herrn Burgemeister Daniel zu Schwaan geschenkt.

Pferdeschädel von Langen=Brütz.

Der Herr Präpositus Dr. Schencke zu Pinnow schenkte dem Vereine einen Pferdeschädel von einem sehr kleinen Pferde, welcher zu Langen=Brütz, wahrscheinlich beim Abräumen eines alten Grabes, ziemlich tief in der Erde gefunden ist.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 246 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

b. Zeit der Kegelgräber.


Kegelgrab von Gr. Pravsthagen.

Die Landgüter der Pfarre Gressow und Umgegend, zwischen Wismar und Grevismühlen, sind in antiquarischer Hinsicht dadurch von Interesse, daß sich dort viele Gräber von ausgezeichneter Größe und Schönheit finden, so wie sich dort auch eine ausgezeichnete Formation von angeschwemmten Granitblöcken findet. Die Hünengräber aus der Steinperiode bei Naschendorf gehören zu den größten und schönsten Meklenburgs und die Kegelgräber beim Sternkruge (Jahresber. VI, S. 69 flgd.) scheinen eine uralte historische Bedeutung zu haben. =

Der Herr Haupt zu Tressow hat nun in der Gegend noch andere schöne Kegelgräber entdeckt, deren nähere Bezeichnung aufbewahrt zu werden verdient.

Der Herr Haupt hatte schon lange in weiter Ferne einen hoch gelegenen Hügel bemerkt und unternahm vor kurzem die Entdeckung desselben. Er fand ein schönes Kegelgrab auf dem Felde des Dorfes Gr. Pravsthagen 1 ), auf der Hufe des Bauern Baumann, nahe an der Hilgendorfer Scheide. Die Achsenhöhe des Grabes ist 14 bis 16 Fuß; der Fuß des Grabes ist seit längerer Zeit unter dem Pfluge, der Rest hat aber noch einen Umfang von 52 Schritten. Oben hat das Grab noch die alte Rasendecke; an den Seiten ist es rund umher abgeschwemmt oder abgegraben. Oben steht an der Westseite ein Dornenstrauch (Crataegus Oxyacantha). Da das Grab sehr hoch liegt, so genießt man von demselben eine weite und schöne Aussicht, namentlich auf die Hamberge bei Grevismühlen.

Ungefähr tausend Schritte von diesem Grabe liegt auf dem Felde von Gr. Pravsthagen ein zweites Kegelgrab von ungefähr 6 Fuß Höhe und bedeutendem Umfange. Dieses Grab wird jetzt schon beackert.

Nahe bei diesem Grabe liegt im Plüschower Holze, nahe an der Hilgendorfer Scheide, ein drittes Kegelgrab, welches sich nur einige Fuß über den Urboden erhebt und nicht bedeutend an Umfang ist. Dieses Grab ist mit großen Buchen bewachsen.

G. C. F. Lisch.


1) Die Dörfer Gr. Pravsthagen (Propst=Hagen) und Hilgendorf, welches sicher bis 1462 Minnow hieß, gehörten im Mittelalter dem Kloster Neukloster.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 247 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Kegelgräber von Grabow.

Im Dec. 1852 ließ die Kämmerei der Stadt Grabow auf den Weide= und Holzflächen der Stadt Pflastersteine ausbrechen. Die Arbeiter wählten die Tannenwaldung eine halbe Meile nordnordöstlich von der Stadt und erhielten dazu Genehmigung. Bald erscholl in der Stadt das Gerücht, daß bei dem Ausbrechen der Steine viele Urnen ausgegraben und in denselben auch Goldsachen gefunden seien. Einige Urnen, auch Alterthümer von Metall kamen in verschiedene Hände nach der Stadt, glücklicher Weise in solche Hände, welche die gefundenen Sachen nur zu retten bemühet waren. Der Herr Senator Bollbrügge nahm eine Urne, einen goldenen Fingerring und die Bronzen, der Herr Buchhalter Ritter brachte zwei schöne Urnen an sich. Da nun die Sache bedeutend zu werden schien, so meldete der Herr Apotheker Jänecke mir den Hergang und wünschte dringend meine Ueberkunft. Nach näheren Erkundigungen reisete ich denn auch sogleich auf den 16. und 17. Dec. nach Grabow und fand hier noch die Arbeiter in voller Beschäftigung. Dankbar ist vorzüglich die große Theilnahme und vielfache Aufopferung des Herrn Apothekers Jänecke zu rühmen, bei welchem sich an diesen Tagen auch ein Mittelpunkt aller Männer der Stadt bildete, welche regere Theilnahme an der Sache hatten, und welcher die ganze Besorgung übernahm. Besonders bemüheten sich noch die Herren Senator Bollbrügge, Senator Weidemann, Apotheker Schreiber und Zahnarzt Meinhoff.

I. Kegelgräber im Nordosten der Stadt.

A. Kegelgräber bei der Ziegelei.

An der bezeichneten Stelle im NNO. der Stadt, in den Tannen, bei der Ziegelei, auf der höchsten Erhebung über der nahen Elde liegen viele Kegelgräber auf einem Platze, welcher mit alter brauner Haide bedeckt ist und durch seine Färbung einen finstern Anblick gewährt. Namentlich zeichnen sich gegen 6 größere Gräber aus, welche die "Hünenberge" genannt werden. Alle diese Gräber haben einen großen Umfang von ungefähr 40 bis 50 Schritten, aber keine bedeutende Erhebung, indem sie nur etwa 5 Fuß über den Urboden emporragen. Aus diesen Gräbern ragten überall mäßige Feldsteine hervor, so groß, daß sie durchschnittlich ohne Zerschlagung zu Pflastersteinen benutzt werden können, viele aber auch etwas größer, jedoch keine Steinpfeiler oder große Platten, wie sie in den Gräbern der Steinperiode stehen. An diese Gräber waren die Arbeiter zuerst ge=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 248 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

gangen und hatten sie beim Ausbrechen der Steine umwühlt, auch zufälliger Weise größten Theils die in denselben liegenden Alterthümer gefunden; es ist freilich möglich, daß in denselben noch dies oder jenes verborgen liegt, die Abgrabung der bedeutenden Erdmassen steht aber in keinem Verhältnisse zu dem, was vielleicht noch gefunden werden könnte, um so mehr da die Ordnung durch das Ausbrechen der Steine zerstört ist. Glücklicher Weise ließ sich in Gegenwart der Arbeiter an Ort und Stelle noch Alles erforschen.

Kegelgrab Nr. 1.

Schon im Anfange dieses Jahrhunderts hatte der Hauptmann Zink hier gegraben und das bedeutendste Grab aufgedeckt, in welchem er 5 Urnen und 6 Bronzen gefunden hatte, wie dies im Friderico=Francisceum, Erläuterung, S. 57, Nr. 16, beschrieben ist. Er hatte die Mitte des Grabes bis auf den Grund ausgegraben; in der umwallten Vertiefung ist jetzt ein Bienenschauer für den Sommer angelegt.

Kegelgrab Nr. 2.

Ein zweites Grab hatte eine besondere Einrichtung. Das Grab war mit einem Kreise von kleinern Steinen eingefaßt. Quer durch den innern Raum waren von gleichen Steinen aus dem Grabe hervorragende Mauern gesetzt, welche sich im Mittelpuncte des Grabes rechtwinklich begegneten und ein Kreuz bildeten,

dessen Arme genau in den Richtungen von S. nach N. und von O. nach W., also ganz in der Richtung der Himmelsgegenden lagen; die Mauern waren ungefähr 8 Fuß lang, waren etwas mit Sand bedeckt und reichten nicht tief hinab. Diese Kreuzmauer lag in ihrem längern Arme mehr an der Südseite des Grabes. Eine ganz gleiche Steinsetzung in einem Kegelgrabe fand sich vor mehreren Jahren in der Gegend von Frankfurt a. O.; der Herr Schreiber zeigte eine Zeichnung von diesem Grabe vor. Zwischen diesen Steinen war ein unverbrannter Schädel gefunden, welcher leider zerschlagen ist; die Leiche war also unverbrannt beigesetzt. Der Schädel war sehr dünne und gehörte ohne Zweifel einem jungen Menschen an. Die übrigen Gebeine sind wohl verworfen. Urnen wurden in diesem Grabe nicht bemerkt. Neben dem Schädel fanden sich folgende Bronzen, welche ebenfalls keine Spur von Brand zeigen.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 249 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Die Bronzen lassen sich dem äußern Ansehen nach sicher in drei verschiedene Classen theilen, welche in sich immer ein gleiches Ansehen haben; die Verschiedenheit des Aussehens kommt entweder von mehreren nach der Zeit verschiedenen Bestattungen in dem Hügel oder von verschiedenen Standpuncten in dem Hügel:

a) als die ältesten Bronzen erschienen folgende, welche theilweise sehr tief, fast ganz von hellgrünem, oft blauem Roste durchfressen und daher zum Theil durchbrochen sind:

ein gewundener Halsring, mit Haken an den Enden, in 5 Stücke zerbrochen;

ein glatter Halsring mit geschmackvollen gravirten Verzierungen;

drei voll gegossene Handringe, von rhombischem Durchschnitt, von denen zwei sehr stark gerostet und durchbrochen sind.

b) als die jüngsten Bronzen erschienen folgende, welche kaum einen Anflug von Rost und eine viel weniger gediegene Gestalt haben und weniger kunstvolle Arbeit zeigen:

ein kleiner gewundener Ring, 4 " im Durchmesser, so weit wie ein Armring;

eine dünne, glatte, halbmondförmige Spange mit spitzen Enden, 3 " weit;

ein Deckel mit einem Oehr in der Mitte, wahrscheinlich ein Deckel zu einem kleinen Bronzegefäße (wie unten S. 255);

ein Doppelknopf mit aufrecht stehender Stange, wie Jahrb. XI, S. 378 oben;

ein spiral=cylindrisch gewundener Fingerring von dünnem Bronzedrath;

eine Spange von Bronzedrath, zerbrochen.

c. als Bronzen aus der Mittelzeit der Bronze=Periode erschienen folgende Stücke, welche alle kräftig und derbe und wohl erhalten und mit festem dunkelgrünem Roste bedeckt sind; diese Bronzen sind später von den Arbeitern ausgeliefert, und es ist nicht zu bestimmen, im welchem Grabe sie gefunden sind:

ein gewundener Kopfring, sehr kräftig und schön gearbeitet; von den Windungen sind immer je zwei glatt und je zwei mit dichten Querfurchen verziert, so daß kleine Buckel oder Knöpfe neben einander stehen;

zwei Paar hohl gegossene Handringe, mit Querfurchen verziert; auf dem einen Paare sind die stehen gebliebenen Erhöhungen wieder durch Querfurchen verziert, wie der Kopfring.

Diese 5 Stücke stammen zuverlässig aus Einer Fabrik.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 250 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

In dem Grabe fand sich noch ein sonderbarer Stein: eine dünne, gleichmäßig dicke Stange von festem, gneisartigen Gestein, 1 Fuß lang und 3/4 " dick, sonderbar abgespalten und an einem Ende spitz abgerundet, wie ein Meißel oder ein Polierstein.

Kegelgrab Nr. 3.

In einem andern Grabe fand sich eine kleine, schön geformte Urne, 4 " hoch, mit kugeligem Bauche und weitem Rande, hellgelb und glatt, angefüllt mit verbrannten Knochen eines Kindes. In dieser Urne lag ein goldener, spiralförmiger Fingerring von einfachem Golddrath, 3 Windungen hoch, auf den Finger einer erwachsenen Frau passend. - Dieser Ring in einer Kinderurne hat allerdings etwas Auffallendes; der Fall ist jedoch schon einige Male beobachtet.

Kegelgrab Nr. 4.

Ein anderes großes Grab enthielt eine Urne, welche jedoch zerschlagen ward. In der Tiefe des Grabes neben der Urne fand sich aber ein halbmuldenförmiger, ausgehöhlter Mühlstein aus Granit, welcher jedoch noch nicht tief ausgehöhlt ist. Ich selbst habe diese Quetschmühle von der Fundstelle wegbringen lassen, und es ist diese Mühle die vierte, welche in Meklenburg sicher in einem Kegelgrabe gefunden ist; vgl. Jahrb. XII, S. 418 flgd. und XV, S. 270.

Außer manchen andern Vorkommenheiten ist die Auffindung des goldenen Fingerringes merkwürdig. Bei weitem das meiste Gold, welches unsere Sammlungen besitzen, ist in den Kegelgräbern auf der Sandebene an der südlichen Grenze Meklenburgs, etwa zwischen Parchim und Eldena, oder in einem großen Kreise um Grabow gefunden. Von den 4 massiv goldenen Armringen der Sammlungen wurden zwei zu Cremmin und Beckentin, an die Stadtfeldmark Grabow grenzend (vgl. Frid. Franc. Erl. S. 49), der dritte bei dem parchimschen Brunnen, der vierte einige Meilen weiter nördlich zu Peccatel bei Schwerin, aber doch noch auf der Haideebene, gefunden. Zu Friedrichsruhe bei Crivitz wurden 6, zu Wittenmoor bei Neustadt 2 goldene Fingerringe gefunden. Zu Warlow bei Ludwigslust war eine Urne mit einem geflochtenen Goldfaden umwunden. Zu Bresegard ward vor einigen Jahren ein großer massiver Eidring, gegen 500 Thaler werth, gefunden. In den neuesten Zeiten sind nicht weit von Marnitz goldene Geldringe und spiralförmige Armringe und zu Göhren bei Ludwigslust spiralförmige Armringe gefunden. Dies sind die meisten und größten Goldfunde, die in Meklenburg gemacht sind. Es ist möglich, daß es ein

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 251 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Zufall ist, daß die Entdeckungen von Gold gerade in dieser Gegend bekannt wurden. Es ist aber auch möglich, daß das häufige Vorkommen von Gold gerade in dieser Gegend einem besondern Umstande zuzuschreiben ist, welcher vielleicht eine Forschung verdient.

B. Kegelgräber beim Grimoor.

Ungefähr eine Viertelstunde von diesen "Hünenbergen" fanden die Arbeiter in den Tannen "oben dem Grimoor" unter kleinen, kaum bemerkbaren Erhebungen viele Steine und zwischen diesen überall Urnen. Es war ein sehr großer Begräbnißplatz, der sich gewiß weit erstreckt. Solche große Begräbnißplätze aus der Bronzeperiode sind bisher sehr selten beobachtet, da die Acker= und Forstcultur solche Begräbnißstätten in der Regel längst zerstört hat. Es waren kleine Steinkisten, welche auf dem Urboden standen und mit den Spitzen und Deckeln ein wenig aus der Erde hervorragten, ganz kleinen Steinhaufen ähnlich. In jeder Kiste stand eine Urne mit Knochen und Asche.

Nachdem die Arbeiter in einem Hügel einen goldenen Ring und Bronze, die sie für Gold hielten, gefunden hatten, zertrümmerten sie, gierig nach Gold suchend, die Urnen, als sie diese in den kleinen Steinkisten entdeckten, da das Ausräumen der fest gelagerten Knochensplitter etwas mühsam und zeitraubend ist. So zertrümmerten sie an 40 Urnen aus eben so viel Begräbnissen. Nur 5 Urnen wurden gerettet. Diese Urnen gehören sicher in die beste Zeit der Bronze=Periode. Alle Urnen haben sehr edle und schöne Formen, eine hellbraune Farbe und ziemliche Festigkeit. Drei große Urnen haben eine vasenförmige Gestalt, eine, die größte, mit abgerundetem, zwei mit scharfem Bauchrande, wie sie in Jahrb. XI, S. 356 und 357 abgebildet sind; eine hat auf dem Bauchrande jene charakteristischen schrägenSchwingungen, wie Jahrb. XI, S. 363, und zwar in sehr zierlicher und edler Führung, unter diesen Schwingungen jedoch Gruppen von eingeritzten senkrechten Linien, welche freilich roh gemacht sind, aber doch noch eine Erinnerung an die Stein=Periode geben. Was diese Begräbnißstätte besonders charakterisirt, ist der Umstand, daß alle Knochenurnen durch andere Gefäße geschützt waren. Gewöhnlich stand jede Urne in einer zweiten Urne; andere Urnen waren mit großen Deckschalen überdeckt, bei andern waren kleinere Deckschalen über die Gebeine in die Urnen gelegt. Die nicht mit großen Schalen zugedeckten offenen Urnen waren mit gespaltenen

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 252 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Platten aus jungem, mürben, rothen Sandstein, wie er sich gewöhnlich in den Gräbern der Steinperiode findet, zugedeckt.

Auch die Steinkisten waren sorgfältig geschützt. Eine war mit einem großen Steine zugedeckt, welcher künstlich behauen zu sein scheint: unten bildet er einen Würfel, welcher in die Steinkiste paßte; ein rings umher hervorstehender Rand ruhte auf den Wänden der Kiste und darüber war eine dreieckige Erhebung wie ein dreieckiger Hut, so daß das Ganze aus der Ferne einem Kopfe mit einem dreieckigen Hute ähnlich sah.

Alle Urnen enthielten gar keine Alterthümer. Kurz vor meiner Ankunft auf der Stelle waren so eben 2 große Urnen ausgehoben; ich habe sie selbst sorgfältig ausgeleert, aber in denselben nichts als Sand, Asche und zerbrannte Knochen gefunden. Die Schädelfragmente waren nur dünne.

Aus allem diesem ergiebt sich, daß dieser Platz ohne Zweifel eine große Begräbnißstätte für das geringere Volk aus der besten Zeit der Bronze=Periode bildete.

II. Kegelgräber im Südwesten der Stadt.

Im Südwesten der Stadt, der Region der eben beschriebenen Kegelgräber gerade entgegengesetzt, eine Viertelstunde von der Stadt, neben der Eisenbahn nach Warnow, in der Nähe des Galgenberges, bis gegen die "Dorfstätte" des in die Stadtfeldmark aufgegangenen ehemaligen Dorfes Lassahn, liegt auf leichtem, unbebaueten Sandboden eine sehr große Menge hoher Hügel, welche sicher alle Kegelgräber sind; es liegen wohl selten noch so viele Kegelgräber neben einander. Aufgegraben ist jedoch noch keines und gefunden ist hier auch noch nichts.

III. Wendenkirchhof.

In derselben Richtung, "vor dem Mühlenthore, neben den kronsberger Tannen", bei der bedeutendsten Erhebung der Gegend, ward bei der Anlage der Eisenbahn nicht tief unter der Erdoberfläche neben braunen Urnenscherben und zerbrannten Knochen eine eiserne Lanzenspitze, 9 " lang, gefunden und von dem Herrn Senator Weidemann, der sie gefunden, dem Vereine geschenkt.

G. C. F. Lisch.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 253 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Kegelgrab von Rehberg.

Zu Rehberg bei Krakow, nicht weit vom malchiner See, ward, ohne Zweifel in einem Kegelgrabe, gefunden:

eine kleine Henkelurne, 1 3/4 " hoch, unten mit einem runden Fingereindrucke, auf welchem das Gefäß beim Formen aus freier Hand gedreht ist, und dabei

zerbrannte Knochen und

ein bronzenes (Scher=) Messer, welches am Ende des Griffes ein Oehr hat, in welches ein bronzener Drath eingebogen ist.

Diese Sachen sind dem Vereine von der Frau Doctorin Lorenz zu Krakow geschenkt.

Ueber Bronzewagen.
Zu Jahrb. XVI, S. 261 flgd.

"Zu den größten Seltenheiten gehören die Räder in Bronze, deren Originale in der Familie des Herrn Grafen Niclas Esterhazy sich befinden und deren Zeichnung ich dessen Güte verdanke. Sie wurden in einem Walde des Dorfes Arokallja, Dobokaer Comitats, am Ausgange des letzten Jahrhunderts bei Bistritz gefunden. Ihre technische Ausführung bietet Lehrreiches dar. Solche Räder sind so selten, daß mir nur drei ähnliche bekannt sind: zwei in Toulouse, eines in Paris nach Millin. Solche Räder beweisen die seltene Höhe der technischen Arbeiten in diesen Ländern, die kaum Aehnliches jetzt auszuführen im Stande wären."

Arneth, Archäologische Analecten, Siebenbürgische,
     in
den Sitzungsberichten der kaiserl. Akademie der Wissenschaften zu Wien. Philos. histor. Classe. Jahrg. 1851. Bd. VI, Heft 2 und 3, S. 282.

Die Abbildung dieser beiden Räder in den "Tafeln" hiezu, unter dem Titel: Archäologische Analecten von Jos. Arneth. Wien. 1851. Tafel XIX, mit der Unterschrift:

In Siebenbürgen gefundene beim Grafen Esterhazy zu Wien befindliche Bronze=Räder.

Auf weitere Anfrage hat der Herr Regierungsrath Arneth, Director des Antiken=Cabinets zu Wien, in einem Schreiben an den Herausgeber erläuternd hinzugefügt:

"Bei den Rädern hat leider der Lithograph die Maaße ausgelassen. Der innere Durchmesser der Räder beim Grafen Ladislaus Esterhazy ist 2 Fuß 5 Zoll und der mit den

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 254 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Felgen 2 Fuß 9 Zoll, also dürften diese Räder zu einem andern Wagen gehören.

Hingegen haben Ihre Wagen mit einem in Siebenbürgen Szatzvaroser Stuhl 1834 gefundenen, dessen Räder 2 3/4 Zoll im Durchmesser haben, sehr große Aehnlichkeit.

Ein einzelnes Rad, 4 1/4 Zoll im Durchmesser haltend, wurde daselbst gefunden.

Ein noch merkwürdigerer, mit Ihrer Hypothese übereinstimmender Wagen mit Götter=Idolen, ward unlängst in Steyermark in der Nähe von Judenburg bei Negau gefunden. Beschreibung und Abbildung sollen im nächsten Hefte der Mittheilungen des histor. Vereins für Steyermark erscheinen."

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Goldfund aus der Gegend von Sukow.

Auf einem wüsten, mit Haide bewachsenen Felde, etwa eine Viertelmeile von Sukow (bei Marnitz), sollte unter anderen Steinen auch ein besonders großer, welcher fast 3 Fuß aus der Erde hervorragte, fortgeschafft werden. Bei dem Losgraben dieses Steines, also neben demselben, und nur etwa 6 Zoll unter der Erdoberfläche, ward eine Bronzeschale gefunden, die zwischen einige kleine Steine (vielleicht Unterlage und Decke) gestellt gewesen sein soll, und die nachstehend beschriebenen Gegenstände von Gold enthielt. Einen Bronzedeckel hatte die Schale nicht. In der Gegend sind zwar Kegelgräber nicht selten, indeß ist auf dem Felde, wo dieser Fund geschah, und im Umkreise von vielleicht 1/8 Meile ein solches nirgends sichtbar; die vielen großen Steine liegen nur einzeln und an keiner Stelle in einer absichtlichen Ordnung oder Anhäufung; auch sind bei Urbarmachung des Feldes weder Urnenscherben, noch Brandstätten bemerkt worden. Daß sonst noch Alterthümer dort gefunden seien, wird in Abrede gestellt, doch sollen noch weitere Nachforschungen stattfinden. Ein Freund unseres Vereins hörte zufällig von dem obenerwähnten Funde, reisete sogleich zu dem Eigenthümer und war so glücklich, die Schale mit dem ganzen Inhalt dort noch vorzufinden. Aber es war die höchste Zeit; die Goldsachen waren bereits Behufs des Verkaufs von einem Goldschmied probirt und ein Gebot war dafür abgegeben; der eine Spiralring, welcher dem noch völlig erhaltenen ganz gleich gewesen sein soll, war leider von dem Finder schon auseinandergezogen, und von der Schale, die wo möglich auch noch golden erscheinen sollte, war durch tüchtiges Scheuern ein Theil des edlen Rostes abgerieben. Die Unterhandlung mit dem Besitzer war von gutem Erfolge: er war bereit, sogleich seinen Fund für den Goldwerth

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 255 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

abzutreten, und legte auch keinen besonderen Werth auf die schöne Schale, welche er dem darum Bittenden sofort überließ.

Der Verein hat diese merkwürdigen Gegenstände für den Goldwerth erworben. Die Bronzeschale hat der Freund unsers Vereins dazu geschenkt.

Die gefundenen und erworbenen Gegenstände sind folgende.

1) Eine kleine Bronzeschale oder Büchse von der Gestalt der sogenannten Hängeurnen, wie eine Ampel gestaltet. Der Boden ist halbkugelförmig, etwas zugespitzt; auf den Rändern der Oeffnung stehen zwei viereckige Henkel. Diese Büchsen sind sonst immer mit einem Deckel zugedeckt, auf dessen Mitte ein gleicher Henkel oder ein Oehr in gleicher Richtung mit den beiden andern Henkeln steht. Durch die 3 Henkel ward ein Riegel geschoben und dadurch die Büchse verschlossen. Der Deckel fehlt dem in Rede stehenden Gefäße. Die sukowsche Büchse ist mit edlem Roste bedeckt, gut 2 " hoch und etwas über 4 " im äußersten Durchmesser weit. Sie gleicht ganz dem im J. 1844 bei Parchim, eine gute Meile von Sukow gefundenen, in Jahrb. X, S. 281 beschriebenen und hieneben wieder abgebildeten

Gefäß

Gefäße. (dazu eine Abb. in 2/3 Größe) Die sukowsche Büchse unterscheidet sich von der parchimschen nur dadurch, daß der Boden derselben nur mit einfachen Kreisen und Halbkreisen von eingeschlagenen Puncten verziert ist. Oefter haben diese kleinen bronzenen Büchsen einen flachen Boden, wie dergleichen in Frid. Franc. Taf. XI, Fig. 3 und 4 abgebildet sind.

Aus diesen beiden, in ziemlicher Nähe von einander gemachten Funden möchte sich schließen lassen, daß diese kleinen, saubern, verschließbaren Bronzegefäße zu Schmuckkästchen gebraucht wurden. Auch die parchimsche Büchse, welche ebenfalls unter einem einzelnen großen Steine gefunden ward, enthielt

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 256 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

einen massiven, gewundenen, goldenen Armring und mehrere Knöpfe und Buckel von Bronze.

In dieser Büchse lagen folgende Gegenstände aus reinem Golde, wie es in den Alterthümern der Kegelgräber häufig erscheint.

2 und 3) Ein Paar goldene Spiral=Armringe aus zwei neben einander liegenden, an beiden Enden zusammengeschweißten, also endlos verbundenen, 1/20 " dicken Golddräthen, wie die bekannten goldenen Fingerringe. Der eine von diesen Ringen ist noch unversehrt und elastisch, der andere ist etwas auseinandergezogen und in seiner Form nicht mehr ganz zu erkennen. (Dazu eine Abb. in 1/2 Größe)

2) Der erhaltene Armring hat 4 Windungen, 2 1/2 Zoll Weite, in seiner Federkraft 3 Zoll Höhe und wiegt 5 3/4 Ducaten. Der Golddrath ist glatt, nur an einem Ende sind beide Dräthe auf 1/4 der Windung gedreht. Die beiden verbundenen Enden sind öhrenartig etwas rundgebogen und scheinen etwas ausgeschliffen zu sein.

3) Der zweite Armring scheint eben so gebildet gewesen zu sein, er ist jedoch aus seiner Form gerissen und gezogen und wiegt 5 1/4 Ducaten.

Früher sind in Meklenburg nur Fingerringe von doppeltem Golddrath gefunden worden. Seit kurzer Zeit sind aber auch größere Ringe von dieser Gestalt entdeckt; im J. 1849 wurden zu Röcknitz bei Dargun zwei und im J. 1851 zu Göhlen bei Ludwigslust drei solche goldene Spiralringe gefunden (vgl. Jahrb. XV, S. 269, und XVII, S. 366); die röcknitzer sind aber nur 1 1/2 Zoll weit und die göhlenschen waren zu langen Dräthen auseinander gezogen.

4) Ein goldener Geldring, 9 3/8 Ducaten schwer, der erste große Geldring, welcher in Meklenburg in den Besitz der Wissenschaft gekommen ist.

Er besteht aus starkem, glatten Golddrath, welcher allmählig dünner wird, von 1/4 " bis 3/16 ", an beiden Enden roh abgehauen und unregelmäßig, fast wie zu einem Dreieck zusammengebogen ist. (Dazu eine Abb. in ganzer Größe) In Dänemark sind solche Ringe öfter gefunden; ein sehr bedeutender Fund

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 257 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

ist in den Historisch=antiquarischen Mittheilungen der k. Gesellschaft für nordische Alterthumskunde, Kopenhagen, 1835, S. 93 beschrieben und Tab. V, Fig. 15 abgebildet. Ringe und Stangen dieser Art wurden, wie noch heute in den südlichen Welttheilen, als Geld gebraucht und ausgewogen. Wir haben schon früher diese Ansicht ausgesprochen und die kleinen, unregelmäßigen Gold= und Bronzeringe für Geld gehalten; vgl. Jahresber. V, S. 59, und VI, S. 137.

5) Eine kurze, an einem Ende abgehauene, runde Goldstange, 1 3/8 " lang und etwas über 1/8 " dick, 1 3/4 Ducaten schwer, wahrscheinlich auch ein abgehauenes Stück von einem Geldringe oder doch dazu benutzten Ringe. An dem einen Ende sind drei Parallelkreise eingravirt und darüber ein Zickzackband von drei Spitzen, über deren jeder drei Puncte stehen.

G. C. F. Lisch.

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Goldene Spiralen aus der Gegend von Güstrow.

Ganz sichern Mittheilungen zufolge sind auch in der Gegend von Güstrow mehrere goldene Spiralen von der Weite der röcknitzer (vgl. Jahrb. XV, S. 269) gefunden und an einen Goldschmied verkauft, welcher sie eingeschmolzen hat. Dieser Fund ist mir von einem sichern Manne beschrieben, welcher ihn selbst in Händen gehabt hat und ihn in Anschauung der goldenen Spiralen der schweriner Sammlungen beschrieb.

G. C. F. Lisch.

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Bronzener Armwulst von Neustadt.

Es werden mitunter hohle Ringe aus Bronze (für den Oberarm) gefunden, welche ganz ungewöhnlich große Verhältnisse haben. Sie sind aus Bronze gegossen und wie kleine Armringe für den Unterarm eingerichtet, aus starkem Bronzeblech, von ovalem Durchmesser, wie ein Wulst gestaltet, innen der Länge nach mit einer Oeffnung und auch quer geöffnet, so daß beide Enden zusammenstoßen.

Armwulst

Ein solcher Armwulst, von kleinen Verhältnissen, wird seit langer Zeit

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 258 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

in der großherzoglichen Sammlung zu Schwerin aufbewahrt (vgl. Frid. Franc. Tab. XXI, Fig. 4). Ein größerer Wulst, von mittleren Verhältnissen, 2 1/4 " dick, ward im J. 1849 mit einem prachtvollen Diadem aus Bronze zu Kreien bei Lübz gefunden (vgl. Jahrb. XIV, S. 318). Vor mehreren Jahren wurden in der Gegend von Stettin aber mehrere Wulste dieser Art von den größten Verhältnissen gefunden: einige davon werden in der Sammlung des Vereins zu Stettin aufbewahrt; einer derselben ist von dort in die Sammlung zu Kopenhagen abgegeben; ein anderer war vor einigen Jahren noch im Besitze des Finders, eines pommerschen Forstmannes. Grade ein solcher Wulst, wie der stettiner, von derselben colossalen Größe, ward im J. 1852 zwischen Ludwigslust und Neustadt gefunden; er ward als altes Kupfer an den Kupferschmied Tiedemann in Schwerin verkauft, hier von dem Herrn Architecten Stern zu Schwerin entdeckt und erworben und von diesem der Vereinssammlung geschenkt.

Dieser Wulst ist eines der seltensten Prachtstücke der Sammlung. Der Durchschnitt ist, wie immer bei diesen Wulsten, oval und hat in der größten Ausdehnung, also in der Dicke, 3 1/2 " im Durchmesser. Die innere, runde Biegung hat 4 ",die äußere 9 " im Durchmesser; die innere Biegung dieses Ringes ist also eben so groß, wie die der andern Ringe dieser Art, und paßt für einen nicht zu starken Oberarm; ein anderer Zweck ist auch gar nicht zu ergründen. Der äußere Umfang der Rundung ist natürlich von der Dicke abhängig. Bei allen Wulsten dieser Art passen die Enden an einander; der Wulst von Neustadt ist aber auseinander gebogen, so daß die Enden übereinander stehen und das Ganze aussieht, wie eine Windung von einem spiral=cylindrischen Ringe; daß der Wulst aus der ursprünglichen Form gebogen ist, geht daraus hervor, daß die Enden der innern Oeffnung gegeneinander verschoben sind und nicht zu einander passen. Der Wulst ist vortrefflich erhalten und ohne Rost. Er ist ohne Zweifel gegossen, wie an mehreren Stellen im Innern rauhe Flächen des Metalls beweisen.

G. C. F. Lisch.

Bronzen von Redentin.

Bei Hof Redentin bei Wismar wurden im Moor, also ohne Rost, folgende bronzene Alterthümer gefunden:

eine Framea mit Schaftrinne, voll gegossen, 5 3/4 " lang, von der gewöhnlichen Form, jedoch mit abgerundeter Schneide, und

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 259 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

eine kleine, dünne, flache Framea mit Schaftrinne, 4 1/4 " lang, höchstens 1/8 "dick, das erste Exemplar dieser Art, welches in Meklenburg gefunden ist,

durch Vermittelung des Herrn Dr. Crull zu Wismar von dem Gelbgießer Herrn Kalderach zu Wismar geschenkt.

Bronzen von Brusow.

Zu Brusow bei Cröpelin wurden etwa 4 Fuß tief in festem, blauen Thonmergel folgende Bronze=Alterthümer gefunden und von dem Herrn Pastor Lampert zu Dreweskirchen dem Vereine geschenkt:

ein hohl gegossener, offener Armring, 1/2 " breit, und

ein Spiral=Armring, 3 " weit, bestehend aus 2 1/2 Windungen von zwei parallelen, runden, eine Linie dicken Bronzedräthen, welche an den Enden verbunden sind, an einem Ende in Form einer Oese, an dem andern Ende fest um einander gewickelt und zugespitzt,

beide sehr stark und braun oxydirt.

Vgl. im folgenden über die Bernsteinscheibe von Brusow.

Bernsteinscheibe von Brusow.

Zu Brusow bei Cröpelin ward im Torfmoore, einige Fuß tief, eine schöne, helle Bernsteinscheibe gefunden und von dem Herrn Pastor Masch zu Demern, welcher sie zu erwerben Gelegenheit hatte , dem Vereine geschenkt. Die Scheibe ist gut 1 " im Durchmesser, 1/4 " dick und mit einem Loche von 1/4 " Weite durchbohrt. Wahrscheinlich ist die Scheibe zu einem Knopfe benutzt gewesen. Die eine flache Seite, die untere, ist ziemlich regelmäßig und blind abgescheuert; die andere Seite ist polirt und glänzend.

Bei dieser Scheibe ward eine grobkörnige, rauhe Urne gefunden, welche jedoch zerfallen war; nach der ganzen Arbeitsart stammt sie aus der Zeit der Kegelgräber.

Ein steinerner Keil ist auch in diesem Moore gefunden, jedoch ist nicht mehr zu ermitteln, in welcher Entfernung von der Bernsteinscheibe. Vgl. S. 241.

Ueber die Bronzen von Brusow vgl. oben.

G. C. F. Lisch.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 260 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Bronze von Heiligenhagen.

Auf dem Felde von Heiligenhagen bei Doberan ist ein großes Hünengrab, an dessen nördlicher Seite sich noch mehrere kleinere befinden. Hinter diesen, nach Osten, in einer Entfernung von etwa 500 Schritten, ist eine Stelle auf dem Acker, von der die Sage geht, daß dort in den ältesten Zeiten ein Tempel oder dergleichen gestanden habe. Hier hat ein Hauswirth einen Gegenstand ausgegraben, von dem er sagt, daß er wie ein Kreuz ausgesehen habe; um ihn zu untersuchen, zerbrach er ihn, und es blieb nur ein geringer Rest übrig. Dies ist ein Stück stark gerostetes, sehr altes, glatt gearbeitetes Bronzeblech, von ungefähr 1 1/2 " Quadrat, ein wenig gewölbt, dem Anscheine nach zu einem sehr großen Bronzegefäß gehörend. Leider ist nichts weiter zu ermitteln. Interessant ist aber die Thatsache, daß sich an dem Orte welchem die Sage eine besondere Wichtigkeit 1 ) beilegt, alte Bronzen fanden.

Satow.

Vortisch.

Bronzeschlacke von Cröpelin.

Auf dem Felde der Stadt Cröpelin fand der Herr Glasermeister Torgeler zu Cröpelin ein Stück Kupfer= oder Bronzeschlacke und dabei ein Stückchen regulinisches Erz, ohne Zweifel Bronze. Das Stück war ursprünglich faustgroß, ward aber zerschlagen und Herr Torgeler fand noch ein Stück, wie eine Wallnuß groß, welches er dem Herrn Pastor Vortisch brachte, der es dem Vereine schenkte. Dieser Fund scheint wiederum einen Beweis zu geben, daß die Bronzegeräthe der Kegelgräber im Lande gemacht wurden.

Ein bronzenes Arbeitsmesser

(auch Schermesser genannt), wie Frid. Franc. Tab. XVIII, unbestimmten Fundortes, schenkte der Herr Gastwirth Dalitz zu Malchow.

Angekaufte meklenburgische Alterthümer.

Von dem Herrn Pastor Möller zu Cramon kaufte der Verein folgende von demselben in Meklenburg gesammelte bronzene Alterthümer (vgl. S. 232):


1) Der Name des Dorfes Heiligenhagen darf nicht zur Annahme einer besondern Heiligkeit des Ortes verleiten, denn in alter Zeit hieß das Dorf Heiligengeisteshagen und gehörte dem Heiligengeist=Hospitale zu Riga; vgl. Jahrb. XIV, S. 60. Dennoch mag die Schenkung des Dorfes an eine geistliche Stiftung vielleicht in einer alten heidnischen Heiligkeit des Ortes ihren Grund haben.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 261 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

1 gewundenen Halsring, mit übergehakten Enden, geschlossen,

1 Paar dünne, voll gegossene, mit eingravirten Querlinien verzierte Armringe, von denen einer zerbrochen ist.

Diese Stücke sind offenbar zusammen im Moore gefunden.

1 gewundener Halsring, mit Rost, von dem die Haken abgebrochen sind, so weit auseinander gebogen, daß ein Hals durch die Oeffnung geht, wahrscheinlich aus einem Grabe.

1 kurze Schwert=, Dolch= oder Lanzenklinge, mit Schaftzunge und Nietlöchern, in der Klinge 1 Fuß lang, mit tiefem, glänzenden, hellgrünen edlen Rost; die Schaftzunge und die Klingenspitze sind abgebrochen. Die Bronze ist gelber und glühender, als die heimische Bronze aus der Zeit der Kegelgräber, und daher ist dieses Schwert vielleicht ein eingeführtes.

1 Lanzenspitze mit Schaftloch, in welchem noch Reste des hölzernen Schaftes sitzen.

G. C. F. Lisch.

Riesenurne von Satow.

Auf dem Felde von Satow bei Cröpelin, an der Grenze von Püschow, ward ein Randstück von einer Riesenurne gefunden und dem Vereine von dem Herrn Erbmüller Tiedemann zu Satow geschenkt. Die Urne hat 1 1/4 bis 1 1/2 Fuß im Durchmesser gehabt; die Wand ist überall 5/8 Zoll dick.

Ein Knopf aus Thonschiefer,

einen Zoll im Durchmesser, im J. 1852 zu Satow gefunden, geschenkt von dem Herrn Pastor Vortisch zu Satow.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 262 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

c. Zeit der Wendengräber.


Wendenbegräbniß von Neuburg.

Im Frühjahre 1851 wurden beim Roden im sogenannten Drönpöl, einem den Wallbergen von Neuburg gegenüberliegenden Tannenkampe, 1 1/2 bis 2 Fuß unter dem Erdboden 2 Urnen gefunden. Die Arbeiter, in dem Glauben, daß es Geldtöpfe seien, zertrümmerten beide, als sie ihre Erwartung getäuscht sahen. Von der größeren ist nur noch ein Fragment des Randes erhalten; dasselbe ist äußerlich roth, inwendig schmutzig grau. Die kleinere Urne ist schwärzlich, und ist es geglückt, sie einigermaßen wieder zusammenzufügen. Die Höhe derselben beträgt 7 1/4 hamb. Zoll, der Umfang des Bauches 34 Zoll, der Umfang des Randes 22 Zoll; gegen den Boden hin verjüngt sie sich sehr stark und ist beinahe ganz spitz; an beiden Seiten sind durchbohrte Henkel. Gefüllt waren sie beide mit Asche und Knochen. Bei der kleineren fanden sich aber, wie es nach der Beschreibung der Arbeiter scheint, oben auf derselben, 10 verschiedene Stücke Metall.

1) Ein Stück Eisen, 3 1/2 " lang, stark gerostet.

2) Ein Hütchen mit breitem Rande, oben in einen Zapfen auslaufend.

3) Ein eben solches; an den kurzen Zapfen schließt sich in gleicher Stärke rechtwinklig eine Stange, an beiden Enden mit Drath umwunden, in der Mitte frei. Das Ende der Stange paßt an den Zapfen.

4. 5) Zwei gleiche Hütchen mit eben solchen Stangen, die gleichfalls zusammenpassen; an der einen Stange läuft der Drath weiter frei, gewunden darunter weg.

6. 7) Zwei zusammengehörige Bruchstücke der obern Seite eines längs gerinnten Bronzebandes, deren breiteres sich am Ende umbiegt und auf die Mitte der Stange von 3 paßt, deren anderes schmäleres aber wieder ein Hütchen trägt, an dessen Zapfen noch etwas Drath sich befindet. Wie das Zäpfchen auf dem Bande befestigt, ist nicht gut zu ermitteln. Das Ende des Bandes ist vergangen.

8) Ein eben solches Band, welches aber stark verbogen ist und kein Hütchen trägt. Die schmalen Enden passen jetzt nicht mehr zusammen.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 263 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

9. 10) Zwei Enden dünne gewundenen Spiral=Draths.

2-10 sind sämmtlich von Bronze und sind sämmtlich Bruchstücke von Hefteln und Spangen, wie sie in der Eisen=Periode oft vorkommen.

Der Fund ist noch im Privatbesitze.

C. D. W.

Wendenkirchhof von Grabow

vgl. oben Kegelgräber S. 252.

Thongefäß von Camin, bei Wittenburg.

Der Herr Pastor Masch schenkte dem Vereine ein Thongefäß, welches sicher zu Camin bei Wittenburg gefunden und das kleinste Gefäß ist, welches die schweriner Sammlungen besitzen. Es ist fast ganz kugelförmig, nur etwas plattgedrückt am Boden und 1 3/8 " im Durchmesser; es ist regelmäßig ausgehöhlt und hat eine kleine Oeffnung, welche nur 1 1/2 " weit ist. Zu Camin sind wiederholt an verschiedenen Orten viele wendische Alterthümer gefunden; vgl. Jahrb. II, S. 53-69; IV, 143; VII, 28, u. s. w.

Spindelsteine.

Vier Spindelsteine aus gebranntem Thon, gefunden in der Gegend von Tressow bei Wismar, schenkte Herr Haupt zu Tressow dem Vereine; einen erhielt derselbe von der Frau des Schullehrers Linshöft zu Barendorf geschenkt.

Herr Haupt bemerkt hiebei: "Spindelsteine stecken gewiß noch viele unter den Leuten, werden aber ungerne von diesen weggegeben, weil die Frauen sie beim Doubliren des Garnes benutzen."

Ein Spindelstein aus gebranntem grauen Thon, gefunden zu Käselow bei Wismar, geschenkt von demselben.

Ein Spindelstein von gebranntem Thon, gefunden zu Tressow bei Wismar, geschenkt von demselben.

Drei Spindelsteine aus gebranntem Thon, gefunden zu Rosenhagen, Miekenhagen und Rederank, geschenkt von dem Herrn Pastor Vortisch zu Satow.

Ein Spindelstein aus Sandstein, gefunden zu Remlin bei Gnoyen im Acker, geschenkt von dem Herrn v. Kardorff auf Remlin bei Gnoyen.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 264 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Acht Spindelsteine aus gebranntem Thon, in den Dörfern in der Gegend der Stadt Cröpelin gesammelt und vom Glasermeister Torgeler zu Cröpelin gekauft (vgl. oben Hünengräber, S. 232).

Drei Spindelsteine aus gebranntem Thon, aus der Sammlung des Herrn Pastors Möller zu Cramon gekauft. (Vgl. oben S. 232 und 260.)

Eine kleine Perle

aus gelbem Glase, 3/8 " im Durchmesser, gefunden auf dem Felde von Tressow bei Wismar, schenkte der Herr Haupt zu Tressow.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 265 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

2. Mittelalter und neuere Zeit.


Ein messingenes Taufbecken

mit der bekannten, viel besprochenen Inschrift schenkte dem Vereine der Herr Hof=Decorations=Maler Clement zu Ludwigslust.

Alterthümer von der Burg Stüvendorf.

Der Herr Pastor Ritter zu Vietlübbe bei Plau hat dem Vereine wiederum einige Alterthümer geschenkt, welche auf dem bei Vietlübbe liegenden Wall der ehemaligen Burg Stüvendorf (vgl. Jahrb. XIII, S. 402 flgd.) gefunden sind, nämlich

1 Scheibe von Granit, 3 " im Durchmesser und 1 " dick;

1 Kugel von Granit (eine Falkonetkugel?), 1 1/2 " im Durchmesser;

1 Vorlegeschloß von Eisen.

Alterthümer von Bützow.

Im Sept. 1850, als vor Bützow am Wolker Thore bei der viergängigen Mühle die neue Brücke über die Warnow erbauet und der Strom wegen eines größern Bollwerkes erweitert ward, fanden sich tief in der Erde folgende Alterthümer, welche der Herr Fr. Seidel zu Bützow erwarb und dem Vereine schenkte:

das obere Ende von einem einschneidigen, eisernen Schwerte mit zweihändigem Griffe,

ein großes eisernes Messer und

ein kleines eisernes Messer, mit dem größern zusammengerostet.

Eine eiserne Pfeilspitze

schenkte der Herr Regierungsrath Dr. Prosch zu Schwerin, welcher dieselbe in dem Garten hinter seinem Wohnhause am großen Moor, an der Ecke der Scharfrichterstraße, ausgegraben.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 266 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Zu gleicher Zeit schenkte derselbe einen vollständigen

Pfeil von dem Schlachtfelde von Sempach,

welchen er früher in dem Zeughause zu Luzern erwarb, mit der Versicherung, daß er mit mehr als 1000 ganz gleichen, die dort seit Jahrhunderten aufbewahrt werden, auf dem Schlachtfelde von Sempach aufgefunden sei.

Ein eiserner Dolch,

aus dem 15.-16. Jahrh., gefunden zu Dreweskirchen, geschenkt von dem Herrn Gutsbesitzer Koch auf Dreweskirchen.

Ein eisernes Breitbeil

von sehr großen Dimensionen, gefunden zu Heiligenhagen bei Doberan, geschenkt von dem Herrn Pastor Vortisch zu Satow, welchem es der Holzwärter Herr Neckel daselbst geschenkt hatte.

Ein kleines eisernes Beil,

gefunden auf dem Felde zu Satow bei Cröpelin, geschenkt von dem Herrn Pastor Vortisch zu Satow.

Ein großer eiserner Schlüssel,

gefunden zu Schlutow bei Gnoyen, geschenkt von dem Fräulein E. Jatzow zu Schwerin.

Silberner Fingerring von Finken.

Zu Finken bei Röbel ward beim Arbeiten auf dem Felde ein interessanter silberner Fingerring gefunden, welcher jetzt im Besitze des Herrn Grafen von Blücher auf Blücher ist. Der Ring, von reinem Silber, ist auf der Außenseite ganz mit einer Inschrift bedeckt, deren Buchstaben erhaben in gleicher Höhe stehen, während der ganze Grund bis an den Rand ausgegraben ist. Die Arbeit ist also ganz dieselbe, wie sie sich auf den bekannten Grabplatten und Grabschriften in Messingschnitt findet. Die Inschrift lautet:

Inschrift

Nach dem schönen und strengen Charakter der Buchstaben und der Arbeit stammt der Ring aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts.

G. C. F. Lisch.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 267 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Spangenring von Grüssow.

Zu Grüssow bei Malchow ward ein messingener Spangenring gefunden, auf welchem 5 Male hinter einander etwas leichtfertig und unregelmäßig die Buchstaben NVM eingegraben sind. Geschenk des Herrn Domainenraths Kollmann auf Grüssow.

Ein Bronze=Grapen

von der größten Art, wie sie aus dem Mittelalter öfter vorkommen, mit dem Gießerzeichen neben dem einen Henkel, gefunden zu Wendelstorf bei Cröpelin beim Ausmodden einer Grube in einer Tiefe von 14 Fuß, gekauft von dem Herrn Glasermeister Torgeler zu Cröpelin (vgl. oben Hünengräber).

Henkelkrug von Waren.

Der Herr Senator Rüß zu Waren hat dem Vereine einen völlig erhaltenen, hübsch verzierten Henkelkrug von schwarzblauem Thon, aus dem 14. oder 15. Jahrhundert stammend, geschenkt, welcher beim Ausgraben eines Fundamentes in der Stadt Waren gefunden ist. Neben dem Kruge ward auch ein kleiner Grapen von Bronze gefunden, welcher durch Kauf in den Besitz des Herrn Senators Wagner gekommen ist.

Der Herr Senator Rüß giebt über die Auffindung folgenden Bericht: "Es wird hier ein neues Schulhaus gebauet und zwar auf einem nicht zu festen Boden, der deshalb auf 10-12 Fuß tief hat ausgegraben und gerammt werden müssen. Bei dem Ausgraben dieses Platzes fanden sich in der eben angegebenen Tiefe, jedoch kleine Strecken von einander entfernt, die Spuren eines Menschengerippes, das Gerippe eines Pferdes, eines Hundes, ein kleiner Grapen und ein kleiner Henkeltopf. Fast die Hälfte des Bauplatzes war auf etwa 8 Fuß unter der Erdoberfläche mit eingerammten Pfählen versehen, zwischen denen sich noch Spuren von eingespundeten starken Brettern befanden und woran deutlich zu erkennen war, daß dies ein sogenanntes Mühlenschütt gewesen und die alte Sage richtig sei, daß vor alten Zeiten an dieser Stelle eine Wassermühle existirt habe, was um so mehr einleuchtet, da der abgegrabene Boden sehr verschieden war und lauter aufgetragener Boden zu sein schien.

Daß aber die aufgefundenen Gegenstände lange im Schooße der Erde begraben gewesen sein müssen, bekundet das, daß auf der Baustelle zwei alte Thor= und Wachhäuser gestanden haben, die schon vor 50 Jahren sehr an Altersschwäche litten, und da

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 268 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

sie jetzt einzustürzen droheten, abgebrochen sind. Daß die aufgefundenen Gegenstände sich so gut conservirt haben, kommt daher, daß sie unter dem Wasserspiegel des nahe angrenzenden Sees gelegen haben."

Waren, den 21. November 1851.

A. Rüß, Senator.

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Burgwall (?)

und

Spindelstein von Tressow.

Der Herr Haupt zu Tressow bei Wismar hat dem Vereine einen Spindelstein von roth gebrannter Ziegelerde geschenkt, welcher zu Tressow gefunden ist, und dabei Folgendes über den Fundort berichtet.

"Auf der Feldmark Tressow, nahe an der Gutsgrenze, liegt im Holze, dem sogenannten Petersdorfer Zuschlage, isolirt ein ziemlich steiler Hügel, genannt der "Fuchsberg", von einigen hundert Schritten Länge und etwas weniger Breite, umher von sumpfigen Brüchen umgeben und mit starken Eichen bewachsen, welche vielleicht 200 Jahre alt sind. Unter einer dieser Eichen ward beim Ausroden derselben der Spindelstein gefunden."

Nach dieser Beschreibung und nach der Auffindung des Spindelsteines scheint die Erhöhung ein Burgwall zu sein, vielleicht ein heidnischer Burgwall, welcher noch im Mittelalter bewohnt ward. Im Lande Bresen sind noch keine Burgwälle bekannt geworden, und wir sehen mit Spannung der weitern Forschung und Beschreibung des Herrn Haupt entgegen.

Im Winter des Jahres 1851-52 untersuchte der Herr Haupt den "Fuchsberg" und ließ an mehrern Stellen 4 bis 5 Fuß tief eingraben, fand aber nirgends etwas anderes, als einen kleinen Feuersteinspan von 2 " Länge.

G. C. F. Lisch.

Ein Spindelstein

aus roth gebranntem Thon, mit sehr weit ausgeschliffenem Loche, gefunden zu Käselow bei Wismar, geschenkt von dem Herrn Haupt zu Tressow.

Eine durchbohrte Scheibe

aus grauem Thon, 5 " im Durchmesser, zur Hälfte vorhanden, gefunden zu Vietlübbe bei Plau, in der der Pfarre gehörenden

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 269 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Wiese, in der Mitte zwischen der ehemaligen Burg Stüvendorf und der frühern dazu gehörenden Mühle, geschenkt von dem Herrn Pastor Ritter zu Vietlübbe.

Eine kleine thönerne Scheibe

oder ein Knopf, von 1 " Durchmesser, mit einer Rille im Rande, gefunden zu Satow bei Cröpelin, geschenkt von dem Herrn Pastor Vortisch daselbst.

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Ofenkacheln von Wismar.

Der Herr Dr. Crull zu Wismar hatte das Glück, eine große Menge von schönen Ofenkacheln aus dem 16. Jahrh., welche bei Ausgrabungen von Kellern an verschiedenen Orten in Wismar gefunden wurden, zu gewinnen und dem Vereine zum Geschenke zu überweisen.

1) Auf dem Spiegelberge wurden gefunden:

a . grüne Ofenkacheln: 11 ganze oder doch ziemlich erhaltene und 53 Bruchstücke. Die vollständigen Kacheln enthalten die Brustbilder fürstlicher Personen in einer Nische, unter welcher der Name der Person steht. So z. B. kommen Kacheln mit folgenden Inschriften vor :

ROMISCHER . KEIS..(Rudolf II.)
H . AVGVSTVS (zu Sachsen.)
S . KONIG . IN . POL..(König Sigismund.)
DIE . KONIGIN . IN . POL.
DE . KONIG . IN . DEN . . . . .

Diese Bilder verweisen die Kacheln in das letzte Viertheil des 16 Jahrhunderts.

Ein Fragment hat ein Stück von dem Stier des von plessenschen Schildes mit der Unterschrift:

C. V. PLE[ssen].

Ein anderes Fragment zeigt die Füße eines Greises am Stabe:

90 . IAR . DER .
KINDER . SPOT .

Diese Darstellung der menschlichen Lebensalter kommt auf Kacheln öfter vor, und sind schon früher öfter in Wismar gefunden (vgl. Jahrb. XV, S. 278); jedoch sind die letzteren offenbar niederländischen Ursprungs, wogegen die jetzt gefundenen deutsche Inschriften haben.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 270 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Ein kleines Fragment mit einer ganz hellgrünen Glasur und wohl älter, zeigt den gut modellirten Kopf des Kaisers Carl V.

b . weiße Kacheln mit blauen Verzierungen, die meisten sehr gut erhalten, mit vortrefflichen Ornamenten, 30 Stück.

2) In der lübschen Straße wurden gefunden:

a . grüne Kacheln, 2 ganze, von denen eines ein Eckstück mit einem frei liegenden Löwen, und 4 Bruchstücke;

b . blaue Kacheln mit weißen Verzierungen und grünen Kanten, 3 Bruchstücke.

3) In der Schulstraße wurden gefunden:

grüne Kacheln, 2 ganze, von denen ein Eckstück mit einem ruhenden Löwen, und 14 Bruchstücke, von denen eines mit der Inschrift:

30 . IAR .
EIN . MAN .

4) In der Papenstraße wurden gefunden:

grüne und gelblichgrüne Kacheln, 4 ganze und 13 Buchstücke.

5) Auf der Insel Wallfisch wurden 3 Bruchstücke von grünen Kacheln gefunden.

Alle diese Kacheln, 50 ganze und 90 Bruchstücke, stammen aus dem 16. Jahrhundert.

6) In der Hege ward ein Bruchstück einer schwarzen Kachel aus dem 17. Jahrh. gefunden, darstellend das Brustbild eines Mannes von schwedischem Ansehen, mit Schild und Schwert.

Zu diesen Originalstücken fügte der Herr Dr. Crull einen Gypsabguß von einer Kachel, welche wohl zur Hausverzierung gedient hat, mit einem Crucifix und Maria und Johannes an den Seiten, mit der Inschrift:

HANS . BERMAN . 1562 .

G. C. F. Lisch.

Ferner hat der Herr Dr. Crull dem Vereine geschenkt

1 grün glasurte Ofenkachel, gefunden in Wismar, auf dem Gebiete des alten Militairlazareths, der ehemaligen Papen=Collatie, 6 Schritte vom Hause. Diese Ofenkachel hat ein Gesimsstück gebildet und ist mit einem geschwungenen Spitzbogen gekrönt, welcher noch mit den Giebelverzierungen alter Zeit, den sogenannten Fröschen, verziert ist. Die Kachel selbst bildet die perpendikulair durchschnittene Hälfte eines hohlen Cylinders, dessen offene Seite mit einer grün glasurten, mit architectonischen Reliefs und zwei Vögeln verzierten Platte bedeckt ist;

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 271 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

in diese Platte sind zur Ausströmung der Wärme 7 Oeffnungen eingeschnitten. Die ganze architectonische Verzierung erinnert noch stark an den Spitzbogenstyl.

Im J. 1576 setzte ein Töpfer Valentin Müller zu Wismar auf Bestellung des Baumeisters Christoph Haubitz Oefen auf dem fürstlichen Hause zu Wismar und erhielt

für Bildkacheln à Stück . . . . . . 1 ßl.     3 pf.
für Fußkacheln à Stück . . . . . . .           9 pf.

Ein anderer Töpfer Lütke von Münden zu Wismar setzte in den Jahren 1574-76 ebenfalls auf dem fürstlichen Hause Oefen und erhielt

für Simsorte (Gesimsecken) à Stück      3        ßl.
für Fußkacheln à Stück . . . . . . . . . . .   1 1/2 ßl.
für lange Bilder à Stück . . . . . . . . . . .   1 1/2 ßl.


20 Ofenkacheln

mit weißem Grunde und vortrefflich gezeichneten blauen Verzierungen, aus dem 16. Jahrh., gefunden zu Wismar, schenkte ferner Herr Dr. Crull zu Wismar.

G. C. F. Lisch.

Glasgemälde.

Der Herr Hofglaser Beckmann zu Doberan schenkte dem Vereine wiederum 7 alte Glasmalereien:

1) ein Stück von einem Helmschmuck mit fünf Pfauenfedern, ein sehr altes Stück auf 3/16 Zoll dickem Glase;

2) ein Stück hochrothes Glas;

3) eine Bogenfüllung aus einem Kirchenfenster mit Architectur, aus dem Ende des 15. Jahrh.;

4) ein großes Wappen des

HENNEKE . WANGELIN .

aus dem Ende des 16. Jahrh.; Vicke von Oertzen auf Gerdeshagen († 1628) hatte Sophie von Wangelin zur Frau (vgl. die folgenden Bilder);

5) zwei kleine v. örtzensche Wappen: der

INGEBORCH . VAN . ORTZEN .

und der

MARGRETE . VAN . ORTZEN .

aus dem Anfange des 17. Jahrh.;

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 272 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

6) ein v. rohrsches Wappen mit vier rothen Spitzen im silbernen Schilde und der Unterschrift:

HANS . EFERS . 1585.

7) ein Wappen mit einem schwarzen Adler ohne Kopf im silbernen Schilde und darüber ein silberner Querbalken mit drei rothen Zinnen, mit der Unterschrift:

DORTIA . GHINI .

G. C. F. Lisch.

Einen bronzenen Haken

(wie ein sogenannter Strickhaken) zum Anhängen an einen Gürtel, auf der Vorderseite mit Verzierungen und Buchstaben z. B. A und M geschmückt, wahrscheinlich aus dem 16.-17. Jahrh. stammend, neben Menschenschädeln zu Malchow gefunden, schenkte der Herr Gastwirth Dalitz zu Malchow.

Ein Stück Leinewandspitze,

kunstreich aus Leinewand ausgenähet, wahrscheinlich aus dem 16. Jahrhundert, geschenkt von dem Fräulein Elise Jatzow zu Schwerin.

Ein Griff von schwarzem Glase,

zerbrochen, gefunden bei Eutin in Holstein, geschenkt von dem Herrn Haupt zu Tressow.

Gießform vom Wallfisch.

Auf der Insel Wallfisch vor Wismar ward die Hälfte einer Gießform aus Kalkstein gefunden, mit Reihen kleiner halbkugelförmiger Aushöhlungen, vielleicht zum Gießen von Hagel oder Vogelschrot? Geschenk des Herrn Dr. med. Crull zu Wismar.

Der Herr Glasermeister Torgeler zu Cröpelin fand an einer Sandgrube zu Horst bei Gersdorf in der Nähe von Cröpelin einen Knopf von Eisen, mit einem Löwenkopfe in Relief verziert, ohne Zweifel aber aus Gußeisen. Geschenk des Herrn Pastors Vortisch zu Satow.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 273 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

II. Zur Baukunde.

1. Vorchristliche Zeit.


Wendischer Burgwall von Friedrichsruhe.

Der Herr Pastor Willebrand zu Kladow macht dem Vereine über die Entdeckung eines wendischen Burgwalles zu Friedrichsruhe bei Crivitz folgende Mittheilungen.

In den zu Friedrichsruhe gehörenden Wiesen, in der Richtung nach Klinken hin, nahe an der Grenze der sogenannten Pöls, einer rings von Wiesen inselartig umgebenen Bauerhufe, liegt ein Burgwall aus alter Zeit, unmittelbar am linken Ufer des von Friedrichsruhe nach der Klinker Mühle fließenden "Klinker Mühlbaches". Nördlich und südlich vom Burgwalle erstrecken sich längs des Baches große Wiesen und Moorflächen. Die Breite des Wiesenthales von Osten nach Westen beträgt 800 Schritte; der Wall liegt etwas westlich von der Mitte des Thales.

Westlich von Friedrichsruhe erhält der Klinker Mühlbach einen Zufluß, welcher aus der Gegend zwischen Badegow und Radepohl herkommt und den Namen "Düvelsbek" führt; an der Seite dieses Zuflusses liegen: der Blocksberg, die Mörderkuhle, ein großes Hünengrab mit einem mächtigen Decksteine und eine Anhöhe, welche auf der schmettauschen Charte "Hölle", von den Leuten in der Umgegend aber "uppe Hell" genannt wird.

Die Form des Wallringes ist abgerundet viereckig; die südliche, östliche und westliche Seite sind noch ganz erhalten, die nördliche Seite dagegen ist vor etwa 30 Jahren von dem damaligen Pächter von Friedrichsruhe fast ganz abgeräumt, um die umliegenden Wiesen damit zu verbessern. Der Wallring ist etwa 16 Fuß höher, als die ihn umgebenden Wiesenflächen; die innere Fläche des Burgwalles, innerhalb des Wall=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 274 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

ringes, ist in der Mitte höchstens 2 Fuß höher als die Wiesen, also etwa 14 Fuß tiefer als der Wall. An der östlichen und westlichen Seite des Wallringes finden sich tiefe Einschnitte, etwa 4 bis 6 Fuß über die Wiesen erhaben, als Durchgänge durch den Wall.

Durch diese beiden thorartigen Einschnitte führt jetzt ein Fußsteig. Vom östlichen Thore führt ein 373 Schritte langer, aufgetragener Damm durch die Wiesen bis an den Rand des Gehölzes. Verfolgt man diesen Fußsteig durch das Holz weiter, so gelangt man nach 534 Schritten (907 Schritte vom Burgwalle) zu einer Gruppe von 8 Hünengräbern, an deren Außenseite aber keine Steine bemerkbar sind. Einige hundert Schritte weiter liegt links vom Steige noch ein einzelnes Grab. Weiterhin führt dieser Fußsteig zur friedrichsruher Holzwärterwohnung.

Aus dem westlichen Thore führt ein 22 Schritte langer, erhöheter Damm bis zum Bache; von hier geht derselbe noch 300 Schritte weiter in der Richtung nach Göthen. Am Ende dieses Dammes sieht man im Sandberge noch deutlich die Stelle, von welcher die Erde, zur Aufschüttung des Dammes oder auch vielleicht selbst des Burgwalles, genommen ist; doch erscheint es wahrscheinlicher, daß die schwarze Erde des Burgwalles von Osten her aus dem Holze genommen ist, wo ebenfalls noch einige Vertiefungen wahrzunehmen sind.

Mißt man von der äußern Seite des östlichen Durchschnittes bis zur äußern Seite des westlichen, so beträgt der Durchmesser des östlichen Ringwalles unten an seinem Grunde 31 Schritte, der des westlichen Ringwalles 33 Schritte, der des Burgwalles innerhalb des Wallringes 52 Schritte, der Durchmesser des ganzen Burgwalles von Osten nach Westen also etwa 116 Schritte.

Da die Nordseite des Wallringes abgetragen ist, so läßt sich hier an den Rändern das Innere des Walles bequem untersuchen. Die Erdwand bietet keine auffallenden Schichten dar; die Erde ist überall gräulich=schwarz und besteht, wie auf allen heidnischen Burgwällen, aus sandiger Moorerde mit wenig Steinen vermischt.

Da der Regen die Erde allmählig abspült, so stehen Gefäßscherben, große Stücken Kohlen von Eichen= und anderm Holze, allerlei Thierknochen, zum Theil roth gebrannte Lehmstücke aus der Wand hervor. Da diese Gegenstände oft tief im Innern des Ringwalles stehen, so liegt die Vermuthung nahe, daß im Laufe der Zeit der Ringwall erhöhet und dazu Erde von der innern Fläche des Burgwalles genommen ward, wobei denn zugleich all jener Schutt und

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 275 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Abfall mit auf den Wall gebracht ward. Hieraus erklärt sich denn auch zugleich die auffallende Tiefe des innern Burgraumes und die ungewöhnliche Höhe des Ringwalles.

Diese Gefäßscherben, welche sich in einer Tiefe von 1 Fuß tiefer in der aufgeschütteten Erde überall finden, stimmen alle mit denen von den Burgwällen aus der letzten Zeit des Wendenthums völlig überein. Der Thon zu diesen Gefäßen ist, nach heidnischer Weise, mit Sand und Granitgrus durchknetet; die Ränder sind mit den bekannten breiten, wellenförmigen Verzierungen verziert. Es fand sich auch nicht eine einzige im Brennofen gebrannte Scherbe aus der christlichen Zeit. Der Burgwall ist also rein wendisch. Außerdem fand der Herr Pastor Willebrand eben so viele Bruchstücke von Thierknochen, einige gelbroth gebrannte Lehmstücke und hin und wieder einzelne Kohlen: alles wie auf allen andern wendischen Burgwällen.

Der Herr Pastor Willebrand untersuchte den Burgwall auch in botanischer Hinsicht 1 ), da sich in ihm der Gedanke regte, ob sich vielleicht einzelnes, von den frühern Bewohnern Angepflanztes im verwilderten Zustande erhalten habe. Diese Seite der Forschung ist ganz neu, könnte aber bei fortgesetzten Studien zu interessanten Ergebnissen führen. Ich selbst habe nicht sehr darauf geachtet, und nur auf dem Burgwalle von Dobin, an der Döpe, bei Hohen=Viecheln am schweriner See, verwildertes Gestrüpp von Plaumenbäumen gefunden, am Rande, wo der Pflug die Erde nicht genug umwühlen kann.

Auf dem Burgwalle von Friedrichsruhe fand Herr Willebrand z. B. als Seltenheit die bekannte Schlüsselblume (Primula veris), welche sich sonst in der Umgegend nicht häufig findet; bemerkenswerth war sonst noch das Vorkommen von Fragaria collina (Knack=Erdbeere) und Polygonum bistorta (Wiesen=Knöterich, Natterwurz, ein kräftiges Heilmittel), welche beide Pflanzen in der Umgegend auf den Burgwall beschränkt sind. Auf dem Burgwalle stehen wenig Bäume und hin und wieder vereinzelt ein Busch.

Früher hatte Friederichsruhe den Namen Gömetow und war ein Lehn und Burgsitz der alten Ritterfamilie von Mallin. Im J. 1385 zerstörte der König Albrecht von Schweden mit den Lübeckern die Feste ganz, weil Henneke von Mallin zu Gömetow eine Hauptperson unter den Straßen=


1) Der Herr Pastor Willebrand hat nach der Einsendung dieser Mittheilungen einen Aufsatz: "Zur Flora der Burgwälle" in dem Archiv des Vereins der Freunde der Naturgeschichte in Meklenburg Heft VI, 1852, S. 152 flgd. erscheinen lassen.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 276 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

räubern war, welche damals das Land unsicher machten (vgl. Detmar's Lüb. Chron. I, S. 332 und dazu den ausführlichern Bericht des Chronicon Rufi; vgl. Lisch Maltzan Urk. II, S. 355). Bis hieher war Gömetow sicher im Besitze der von Mallin. Im 16. und 17. Jahrh. war es im Besitze der v. Grabow. Den Namen Gömetow führte es noch bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts.

Der durch den Herrn Pastor Willebrand entdeckte Burgwall kann der Burgwall der im J. 1385 zerstörten mallinschen Feste nicht sein, da auf demselben sich keine Spur von mittelalterlichen Alterthümern, die so leicht zu erkennen sind, findet. Die mittelalterliche Burg Gömetow wird auf derselben Stelle gestanden haben, wo jetzt der Hof Friedrichsruhe steht.

G. C. F. Lisch.

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Der Burgwall von Brenz.

Das Dorf Brenz, am linken Ufer der Elde, eine halbe Meile östlich von Neustadt, an der Straße von Neustadt nach Parchim, war in alten Zeiten der Hauptort eines eigenen Landes Brenz, welcher durch die Gründung der Stadt Neustadt im Laufe des 13. Jahrhunderts seine Bedeutung verlor. Oestlich von dem Lande oder Gau Brenz lag das Land Warnow, welches eine ganze Völkerschaft und ungefähr die Länder oder spätern Vogteien Parchim, Ture, Quetzin (Plau), Sternberg und Richenberg 1 ) umschloß. Das Land Brenz wird von dem Lande Warnow ausdrücklich getrennt und gehörte wohl zu einer andern größern Völkerschaft oder war ein neutrales Gebiet. Am 29. April 1230 bezeugen 2 ) die Fürsten Johann und Pribislav von Meklenburg, "daß der Bischof von Schwerin ihnen die Hälfte der Zehnten im Lande Warnow an beiden Seiten der Elde und im Lande Brenitz, so weit ihr Gebiet sich erstreckt, abgetreten habe."

Das kleine Land Brenz hatte ohne Zweifel in wendischer Zeit eine wichtige Lage, da an demselben die Grenzen der drei Bisthümer Havelberg, Schwerin und Ratzeburg zusammenstießen. Die Pfarren Spornitz und Brenz ("villa Brenzsen, Hauelbergensis diocesis, aduocatie Nyenstad" 1361) bildeten die nördliche Grenze des Bisthums Havelberg, bis zur Elde; die Stadt Neustadt am rechten Ufer der Elde, sicher die alte Burg, gehörte zum Bisthume Schwerin,


1) Vgl. Beyer in Jahrb. XI, S. 45.
2) Vgl. Lisch Mekl. Urk. III, S. 78, und Jahrb. XI, S. 46.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 277 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

dagegen gehörte das im dreißigjährigen Kriege zerstörte St. Georgen=Hospital vor dem parchimschen Thore der Stadt, also am linken Eldeufer, schon zum Bisthume Havelberg ("sunte Georiens kerke vor der Nyenstadt in deme slichte to Hauelberge" 1421). Die Stadt Grabow und die Pfarre Gr. Laasch zwischen Grabow und Neustadt gehörten noch zum Bisthume Ratzeburg, eben so aber auch noch das jetzt zur Pfarre Muchow gehörende Dorf Zierzow, am linken Ufer der Elde, welches früher eine eigene Pfarre hatte ("Conradus de Honouere et Johannes de Spornitze, ecclesiarum in Cyrtzowe et Spornitze rectores, Raceburgensis et Hauelbergensis dyocesis" 1354). Die Pfarre Brenz im Bisthume Havelberg stieß also im Westen an die Bisthümer Schwerin und Ratzeburg, welche sich zwischen Neustadt und Grabow schieden. Da nun die kirchlichen Grenzen der frühesten christlichen Zeit mit den alten heidnischen Grenzen gewöhnlich übereinstimmen, so wird hier eine wichtige heidnische Völkerscheide gewesen sein.

Noch im J. 1247 wird das "Land Brenz" ("terra Brence") genannt. In diesem Jahre gab nämlich der Graf Gunzelin III. von Schwerin diejenigen Güter, welche er im Lande Ture im Besitz hatte (wahrscheinlich bei Siggelkow und Zachow, südlich von Parchim), dem Fürsten Pribislav von Parchim=Richenberg zurück, wogegen Pribislav das, was der Graf im Lande Brenz besaß, Pribislav aber immer als sein Eigenthum beansprucht hatte, dem Grafen abtrat 1 ). Hierunter sind wohl nur einige Besitzungen am linken Ufer der Elde 2 ) vor der gräflich=schwerinschen Burg Neustadt, damals noch Chlewe genannt, zu verstehen. Diese Abtretung einiger Besitzungen im Lande Brenz geschah ohne Zweifel in Folge der Erbauung der gräflichen Burg zu Chlewe (Neustadt) und der Stiftung der Neuen Stadt Chlewe ("Noua ciuitas Chlewa") oder der Stadt Neustadt, welche in der Zeit von 1251=1253 als eine vor kurzem gegründete Stadt zuerst 2 ) genannt wird.

Es war nun mehr als wahrscheinlich, daß bei dem Orte, welcher der Hauptort eines Landes war, eine heidnische Burg, eine Gauburg, liegen müsse. Da sich auch Kunde von dem Vorhandensein eines Burgwalles verbreitet hatte, so ging ich am 6. Mai 1852 nach Brenz, wo ich unter der freund=


1) Vgl. Jahrb. XI, S. 238 und 53.
2) Vgl. Jahrb. X, S. 188-190.
2) Vgl. Jahrb. X, S. 188-190.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 278 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

lichsten Unterstützung und Beförderung des Herrn Pastors Goß, die Forschungen anstellte. Es fand sich bei Brenz allerdings ein Burgwall, welcher noch heute diesen Namen führt. Die ganze Gegend ist bekanntlich flach und sandig. Der Burgwall liegt in dieser flachen, sandigen Ebene, 1/4 Stunde nördlich von dem Dorfe, in einer Ebene, welche freilich viel feuchter und fruchtbarer ist, als der Acker in diesen Gegenden zu sein pflegt, jedoch nicht, wie sonst die wendischen Burgwälle, in einem Moore oder an einem See, sondern in ziemlich festem Erdreich, welches jedoch in frühern Zeiten oft unter Wasser gestanden haben soll. Der Burgwall hat ein ganz anderes Ansehen, als die meisten andern Burgwälle aus der Wendenzeit. Der Burgwall von Brenz ist nur einige Fuß hoch über die Ackerfläche umher erhaben. Er ist nicht viereckig, sondern rund, 235 Schritte im Umfange und 260 Fuß im innern Durchmesser. Er ist ringsumher von einem Walle umgeben, welcher nur 2 bis 3 Fuß über den innern Burgraum emporragt. Um den Wall läuft ein schmaler Graben, in welchem gewöhnlich immer etwas Wasser steht. Dies ist die einfache Gestalt dieses freilich ziemlich ausgedehnten, aber sehr niedrigen Burgplatzes.

Es war von großer Wichtigkeit, die bekannten Alterthümer der Burgwälle zu finden. Eine an vielen Stellen auf dem Burgwalle versuchte Nachgrabung wollte kein Resultat geben; später machte der Herr Hof=Decorations=Maler Clement zu Ludwigslust die Mittheilung, daß er in frühern Zeiten Nachgrabungen auf dem Burgwalle angestellt und dabei viele Scherben gefunden habe. Ich fand jedoch dies Mal auf dem Burgwalle keine einzige Scherbe. Jedoch wurden unmittelbar vor dem Burgwalle mehrere Gefäßscherben gefunden, welche die untrüglichen Kennzeichen der Wendenzeit hatten, so daß es sicher festgestellt ward, daß der Ort zur Wendenzeit bewohnt war.

Es ist allerdings auffallend, daß dieser Burgwall in seiner ganzen Construction von den meisten andern wendischen Burgwällen des Landes abweicht. Der Grund dieser Abweichung mag aber entweder darin liegen, daß dieser Burgwall keine große Bedeutsamkeit hatte, oder ein Werk eines andern Volksstammes war, welcher anders bauete, als die Wenden von den berühmtern größern Völkerschaften, oder auch darin, daß Niclot im Anfange der Kreuzzüge die bekannten Burgwälle in der Mitte des Landes bedeutend erhöhete und mehr befestigte und diese daher ein anderes Ansehen haben, als die Burgwälle, welche von der großen Kriegsstraße entfernter liegen und daher nicht befestigt, sondern verlassen wurden. Daher sieht

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 279 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

auch der herzogliche Mathematikus und Ingenieur Tilemann Stella, welcher seine Augen auch auf historische Merkwürdigkeiten richtete, in dem Amtsbuche von Neustadt vom J. 1576 den Burgwall von Brenz nur für eine Schutzwehr zur Bewahrung des Viehes zur Kriegszeit an:

"Item zu Brenß auch ein Burgwal, receptaculum pro pecoribus tempore belli."

Die nächsten Burgwälle scheinen zu sein: südlich bei Muchow, östlich bei Parchim, nördlich bei Friedrichsruhe (vgl. S. 273); ob die Burgwälle von Neustadt und Grabow im Westen heidnischen Ursprunges sind, läßt sich wohl schwerlich ermitteln, da sie im Mittelalter viel bebauet sind.

G. C. F. Lisch.

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Burgwall von Crivitz.

Westlich lehnt sich unmittelbar an die Stadt Crivitz ein Burgwall von sehr großen Verhältnissen. Er ist sehr hoch und rings von tiefen Wiesen umgeben, welche westlich an den See stoßen; nur von der Stadt führt ein schmaler Weg hinauf. Dieser Burgwall ist wohl ohne Zweifel von den Grafen von Schwerin, den Landesherren, benutzt worden, da er im 14. Jahrh. als gräflicher Wittwensitz vorkommt; jedoch ist er nie eine eigentliche Residenz der Grafen von Schwerin gewesen. Da er nun für eine Nebenresidenz zu groß sein dürfte, so stammt die ursprüngliche Anlage wahrscheinlich noch aus wendischer Zeit, um so mehr da die ganze Anlage dafür spricht. Nachgrabungen werden schwerlich zu Resultaten führen, da der Burgwall eine Zeit lang als Armenkirchhof benutzt und dadurch ganz umwühlt ist.

G. C. F. Lisch.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 280 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

2. Mittelalter.

a . Weltliche Bauwerke.


Die Burg Retschow.

Der Bau eines neuen Wohnhauses auf dem Hofe zu Retschow bei Doberan führte die Entdeckung der historisch=wichtigen Burg Retschow mit sich, welche zwar ein Mal genannt, aber noch nicht in ihrer Bedeutung dargestellt ist. Rudloff M. G. II, S. 341, sagt nämlich: "Retzkow und Eikhof werden jetzt (im Anfange des 14. Jahrh.) als Schlösser namhaft gemacht."

Die Burg Retschow wird im J. 1302 zuerst genannt. Der Fürst Heinrich der Löwe von Meklenburg schenkte 1 ) am 18. Jan. 1302, also 16 Tage nach dem Tode seines Vaters, zum Seelenheile seines Vaters, seiner Mutter, seiner selbst und seiner Gemahlin, dem Kloster Doberan mehrere Aufkünfte von der Insel Pöl, unter der Bedingung, daß davon ein ewiges brennendes Wachslicht an seiner Grabstätte 2 ) gehalten und ein Altar und gemalte (?) Fenster (fenestras laudabiles) in der Kapelle 3 ), wo seine Vorfahren ruheten, hergestellt würden; den Rest der Hebungen sollte das Kloster haben zum Ersatz für die Schäden, welche es von dem Fürsten und den Seinigen und von der Burg Retschow erlitten habe:

"pro omni dampno suo, quod recepit a nobis siue a nostris et de castro Rethcekowe."

Am 8. Oct. 1319 bekennt der Fürst Heinrich mit denselben Worten, daß er dem Kloster zwar diese Schenkung gemacht, die Insel Pöl aber Schulden halber habe verpfänden müssen und das Kloster daher nicht zum Genuß der Schenkung gekommen sei; er schenkte daher demselben dafür das Dorf Admanshagen, wogegen das Kloster dem Fürsten 350 Mk. wend. Pf. zahlte und ihm die Ersetzung eines Schadens von 200 Mk. wend. Pf. erließ, welchen der Fürst dem Kloster in


1) Die Urkunde ist gedruckt in v. Westphalen Mon. ined. Dipl. Doberan. III, p. 1570.
2) Heinrich der Löwe ist bekanntlich isolirt im hohen Chore der Kirche zu Doberan begraben und ruhet unmittelbar neben dem Großherzoge Friedrich Franz I. Vgl. Jahrb. IX, S. 429 flgd.
3) Das alte fürstliche Erbbegräbniß ist in der Kapelle an der Nordpforte. Vgl. Jahrb. IX, S. 427.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 281 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Althof zugefügt habe ("pro dampnis, que intulimus eis in Antiqua Curia Doberan").

Diese Rolle, welche die Burg Retschow in jenen ereignißreichen Zeiten spielte, hatte ihre Veranlassung ohne Zweifel in den Kriegen wegen der Herrschaft Rostock, unter dem letzten Fürsten von Rostock, Nicolaus dem Kinde, sowohl in dem ersten dänisch=rostocker Kriege von 1301, als in den rostockischen Successionskriegen von 1314 und den folgenden Jahren.

Die Sache ist jedoch wegen Mangelhaftigkeit der zur Beurtheilung nöthigen topographischen und diplomatischen Forschungen noch nicht ganz klar. Retschow hatte eine wichtige Lage dort, wo die Herrschaften Meklenburg, Rostock und Werle zusammenstießen. Cröpelin mit Umgegend gehörte zur Herrschaft Rostock, Bukow zur Herrschaft Meklenburg, Retschow gehörte aber nach den Urkunden vom J. 1358 zur Vogtei Schwan, vielleicht als äußerste Grenzfeste, also zur Herrschaft Werle. Durch den rostocker Frieden vom 1. Aug. 1301 ward aber die Feste Schwan mit dem halben dazu gehörenden Lande, welches von Werle an Rostock verpfändet war, dem Könige von Dänemark abgetreten. In dieser Zeit muß der Fürst Heinrich der Löwe auch zugegriffen haben, um einen starken Vorposten nach der drohenden Seite hin zu gewinnen

Retschow war kein fürstliches Schloß, sondern eine Vasallenburg und war Lehn der von Barnekow, welche seit uralter Zeit mit ihren Hauptgütern Vasallen der Herrschaft Meklenburg gewesen waren. Dies wird die Veranlassung gewesen sein, daß der Ritter Heinrich von Barnekow, welcher in jener Zeit häufig im Gefolge des meklenburgischen Löwen, und späterhin unter den Vormündern seiner Kinder erscheint, sich mit seiner festen Burg zu diesem schlug, wie in jenen Zeiten solche Fälle öfter vorkommen.

Es wird in den erwähnten Urkunden ausdrücklich gesagt, daß dem Kloster Doberan von dem Fürsten Heinrich und von der Burg Retschow Schäden zugefügt seien.

Retschow gehörte nach allen diesen Umständen gewiß schon im Anfange des 14. Jahrh. dem Ritter Heinrich von Barnekow. Im J. 1335 wird zuerst ein Besitzer von Retschow genannt.

Am 12. Junii 1335 schenkte der Ritter Conrad Babbe 1 ), aus der in der Herrschaft Rostock ansässigen Familie, dem Kloster Doberan zur Verbesserung der Conventspende (seruicii), welche


1) Im J. 1358 bürgten für die v. Barnekow auf Retschow auch Otto Babbe auf Parkow ("Percowe") und Arnold Babbe auf Carin ("Chorin"), welche beide Güter in der Nähe von Retschow bei Neu=Bukow liegen.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 282 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

sein Vater, der Ritter Friedrich Babbe, am Tage des H. Mauricius im Kloster gestiftet, noch 40 Mk. rostock. Pf. Capital oder 4 Mk. jährlicher Hebung, welche das Kloster nach seinem Tode von dem Ritter Heinrich von Barnekow, oder dessen Erben, entweder von dem diesem geliehenen Capital oder den von demselben ihm verpfändeten Hebungen aus dem Dorfe Retschow (Rethzecowe) erheben sollte, wofür das Kloster ihn nach seinem Tode abholen und bei seinen Vorfahren begraben solle.

Indessen kam das Gut bald aus der Familie und von einer Burg Retschow ist nicht mehr die Rede. Am 9. Sept. 1343 verpfändeten die Brüder Raven, Ritter, und Ulrich, Gottschalk und Heinrich, Knappen, von Barnekow dem rostocker Bürger Gerhard Grentze für 1400 Mk. rostock. Pf. das ganze Dorf Retschow zu Vasallenrecht ("ad jus vasallicum"), wie sie es bisher besessen hatten, ohne höchstes Gericht und Beden.

Es dauerte jedoch nicht lange, so mußten die v. Barnekow das Gut ganz verkaufen. Im J. 1358 kaufte der rostocker Rathmann Peter Kremer das Dorf Retschow mit dem bei demselben liegenden Hofe ("curiam villae adjacentem"), und zahlte den Kaufpreis von 3000 Mk. rostocker Münze, ließ das Gut jedoch dem Kloster Doberan zuschreiben und schenkte es demselben ("asscribi fecit, assignavit integraliter ac liberaliter et donauit in pias elemosinas), machte dabei aber die Bedingung, daß das Kloster zu der von ihm neu gestifteten ewigen Vikarei in der Marienkirche zu Rostock unter dem Thurme jährlich 25 Mk. rost. Pf. ewiger Hebungen aus dem Dorfe Retschow zahlen solle.

Peter Kremer hatte diese Stiftungen wohl auf seinem Sterbelager gemacht, da er noch in demselben Jahre starb. Am 4. März 1358 schenkte er noch dem Abte des Klosters Doberan das Patronat dieser Vikarei, am 9. Sept. 1358 verpflichtete sich nach seinem Tode das Kloster zur Leistung der ihm auferlegten Verpflichtung, und am 1 Oct. 1358 bestätigte der bischöflich=schwerinsche General=Vikar Johann von Wunstorf diese Vikarei.

Die Förmlichkeiten des Verkaufes wurden im Junii 1358 abgemacht. Am 18. Junii 1358 verkauften 1 ) der Ritter Raven v. Barnekow und sein Bruder Heinrich, so wie Raven's Sohn Heinrich, Knappen, unter Bürgschaft der übrigen


1) Die Urkunde ist gedruckt in v. Westphalen Mon. ined. Diplom. Doberan. III, p. 1633.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 283 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Brüder Ravens, der Knappen Ulrich und Gottschalk, und seines Vetters Reimar, dem Kloster Doberan das ganze Dorf Retschow mit dem Hofe daselbst, in der Vogtei Schwan belegen ("totam et integram villam Retzecowe cum curia nostra ibidem aduocacie Zywan"), mit aller Gerichtsbarkeit und vielen Diensten und Gerechtigkeiten für 3000 Mk. rostock. Pf. Am 20. Junii 1358 bestätigte 1 ) der Herzog Albrecht dem Kloster Doberan diesen Kauf und schenkte demselben das Eigenthumsrecht des Dorfes.

Seitdem gehörte das Dorf dem Kloster Doberan.

Die Burg Retschow muß daher in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts wieder untergegangen sein.

Die Beschaffenheit des Burgwalles ist sehr großartig und wohl geeignet, die Vorstellung von der großen Bedeutsamkeit, welche die Burg zur Zeit Heinrich's des Löwen von Meklenburg hatte, zu bestärken. Der Hof Retschow hat eine große Ausdehnung. Unmittelbar hinter dem Wohnhause erhebt sich der Burgwall sehr steil in bedeutender, ungewöhnlicher Höhe und großer Ausdehnung, so daß der Burgwall über das Hofhaus emporragt und der ganze Hofgarten mit freier Rundsicht auf dem Burgwalle liegt. Offenbar scheidet sich diese gewaltige Erhebung in zwei Theile, auf deren einem die Burg, auf deren anderm die Vorburg gestanden haben wird; auf dem höhern und größern Burgplatze sind noch einige Erhebungen sichtbar. Zu zwei Drittheilen werden Burgwall und Hof von Wasser und Sumpfniederungen, jetzt Teichen und Wasserläufen, welche mitten durch den Hof gehen, umgeben; zu einem Drittheile, gegen das Dorf hin, ist der Burgwall durch Wälle und Gräben künstlich befestigt gewesen. Die Anlage stammt offenbar aus dem christlichen Mittelalter und zeigt keine Spur von wendischen Eigenthümlichkeiten und Alterthümern. Jedenfalls ist der Burgwall einer der bedeutendsten mittelalterlichen Burgwälle im Lande.

Als im J. 1852 ein neues Wohnhaus gebauet werden sollte, grub man auch den hohen Berg des Hofgartens, den Burgwall, an, zunächst um hinter dem Hause mehr Raum zu gewinnen und das Winterwasser von dem Hause ableiten zu können. Bei dieser Gelegenheit kam viel und bedeutendes altes Mauerwerk zu Tage, welches abgebrochen und zu den Fundamenten des Hauses benutzt ward.


1) Die Urkunde ist gedruckt das. p. 1636. - Diese Urkunden sind sehr merkwürdig durch die Aufzählung vieler ungewöhnlicher Dienste.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 284 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Die Ziegel sind von dem allergrößten Format und großer Härte und Schwere, wie sie nur in den Kirchen aus dem 13. und 14. Jahrh. vorkommen.

Bei dem Abgraben des Walles und dem Abbruche des alten Gemäuers wurden auch mehrere Alterthümer gefunden, welche der Pächter Herr Rabe mit gebildetem Sinne sorgfältig aufsuchte, aufbewahrte und, so weit sie von Interesse waren, ablieferte:

1) Viele Kohlen und schwarz gebrannte Lehmstücke mit Stroh eindrücken (von "Klemstaken").

2) Große Klumpen Schlacken, in welchen inwendig Stücke von Ziegeln sitzen.

Diese Funde reden dafür, daß die Burg durch Brand zerstört worden sei. Dies wird schon bald nach der Zeit geschehen sein, als Retschow im Anfange des 14. Jahrh. eine geschichtliche Rolle spielte, da die Burg ("castrum") Retschow nur 1302 und 1319, späterhin nur der Hof ("curia") Retschow genannt wird.

3) Viele Scherben von blaugrauen Töpfen und weißen Krügen, wie dergleichen bekanntlich auf allen mittelalterlichen Burgstätten gefunden werden.

4) Ein eisernes Beil, dessen Blatt völlig dreiseitig ist.

5) Ein eiserner Sturmhaken (?), wie dergleichen unter fast allen Burgruinen des Mittelalters in Meklenburg gefunden werden.

6) Ein eisernes Messer.

7) Eine kleine eiserne Schere, von der alten Form, in welcher noch heute die Schafscheren gemacht werden.

8) Eine große zinnerne Schnalle mit eisernem Dorn.

9) Viele eiserne Nägel und anderes Eisenwerk.

10) Ein Ring aus Elfenbein oder Knochen von 1 1/2 " äußerm Durchmesser und 7/8 " innerer Oeffnung.

Einige Münzen aus dem 17. Jahrh., alle von dem Herzoge Johann Albrecht II. von Meklenburg=Güstrow, sind ohne Zweifel in neuern Zeiten verloren gegangen.

Merkwürdig ist aber

11) ein schöner, geschliffener Keil von Feuerstein aus der Steinperiode, welcher in der Tiefe unter dem Mauerschutt gefunden ward, ein Beweis, daß die Stelle schon in den allerältesten Zeiten bewohnt ward.

Vgl. unten über die Kirche zu Retschow.

G. C. F. Lisch.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 285 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

b . Kirchliche Bauwerke.


Die Kirche zu Neuburg.

Dr. Lisch hat in Jahresber. VII, S. 73 bereits einen kurzen Bericht über die neuburger Kirche gegeben. Eine detaillirtere Untersuchung, als demselben damals möglich war, hat zu einem interessanten Ergebnisse geführt, und verdient demnach der Bau, daß einer weiteren Beschreibung desselben Platz gegönnt werde.

Dr. Lisch hat a. a. O. schon das Alter der Kirche bestimmt und Jahrb. VII, S. 170 angegeben, daß bei der Stiftung des Klosters Sonnenkamp im Jahre 1219 der Priester Friedrich von Nienborg als Zeuge auftritt. In der That zeigt die Kirche auch durchweg den Uebergangsstyl, während der Thurm, wie bei den Kirchen zu Proseken und Neubukow, einer viel späteren Zeit seine Entstehung verdankt.

Der Chor ist rechteckig und mit einem sehr spitzen Gewölbe ohne Rippen bedeckt, welches in jeder der vier Ecken durch drei kleine aneinander gestellte Pilaster, die mit einem geringen Simse versehen sind, unterstützt wird. Die östliche Wand hat drei Fenster, deren Wölbung kaum erst vom Rundbogen abweicht, und von denen das mittlere bedeutend höher ist, als die beiden seitlichen. Sie sind mit einem Rundstabe eingefaßt und haben eine glatte, schräge Laibung. Ein Paar eben solcher Fenster befindet sich in der südlichen, ein anderes in der nördlichen Wand; hier sind sie aber eines Anbaues wegen, vielleicht ursprünglich schon, vermauert. Der Chor öffnet sich gegen die Kirche hin durch das Triumphthor, welches mit den erwähnten Pilastern dasselbe Sims hat, in einem ziemlich spitzen Bogen 1 ).

Das Schiff wird jederseits durch vier in gleichen Entfernungen angebrachte Fenster mit schräger, glatter Laibung ohne Stabeinfassung erhellt, und ist, wie in den Kirchen zu Lübow und Neukloster, mit einer flachen Holzdecke bebeckt, obwohl man, höchst auffallend, über dem Triumphbogen eine Aussparung, anscheinend für Gewölbekappen bemerkt. Die Seitenmauern ruhen jede auf vier Rundbogen, die von Pfeilern mit kreuzförmiger Grundgestalt getragen werden, welche in ihren


1) Auch in der lübowschen Kirche, die noch ganz dem Rundbogenstyl angehört, ist die Wölbung des Triumphthors etwas gespitzt.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 286 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Winkeln kleine Säulen haben oder einen um den ganzen Bogen herumlaufenden Rundstab, während der Pfeiler selbst eine abgerundete Kämpferleiste hat. Eine so gebildete Pforte führt auch aus dem Chor südwärts in einen Anbau von späterem Datum, eine andere gegenüber in den schon erwähnten Anbau, welcher, jetzt ein Grabgewölbe, seiner Lage nach ursprünglich als Sakristei gedient haben wird.

Die westliche Wand der Kirche ist mit einem großen Spitzbogen durchbrochen, welcher die Orgel enthält.

Alles ist natürlich mit Tünche übersalbt, die Balkendecke, den Vorstellungen jener pinselseligen Aufklärer von himmlischen Dingen gemäß, grau angestrichen, und die gehörige Suite von Logen und Gallerien an Ort und Stelle. Das gesammte Mobiliar ist neu und mittelmäßig oder schlecht, schlecht auch, aber alt, die Passion unter dem Triumphbogen 1 ).

Von alten Wandmalereien ließ sich nichts spüren, nur daß zwischen den Fenstern der östlichen Chorwand zwei rothe Weihkreuze auf rundem Putzgrunde sich finden. Der Triumphbogen und die Gewölbekappen, so wie die Fensterwölbungen sind natürlich abgeputzt.

Der Chor hat (ungefähr) eine Breite von 24 1/2 und eine Länge von 28 hamb. Fuß, während das Schiff in der Breite etwa 30 und in der Länge 53 Fuß im Lichten mißt.

Man tritt aus der Kirche durch den Thurm über das Fragment einer alten Steinmetzarbeit, anscheinend eines Taufbeckens. - Die östliche Chorwand wird von zwei durch einen romanischen Sockel verbundenen Lissenen eingefaßt, die sich, in Rundbogen ausgeschnitten, deren freie Schenkel von würfelförmigen Kragsteinchen unterstützt werden, an der Giebelschräge hinaufziehen. Die Fenster sind auch außen so gebildet, wie bei der Beschreibung des Innern angegeben und gleichermaßen auf der Südseite, an der sich von den Ecklissenen ein Fries von Rundbogen hinzieht, die sammt den Zwickeln zwischen ihnen ausgeputzt sind und von kleinen geschnittenen, zum Theil glasurten Kragsteinen getragen werden. Auf der Nordseite wird es sich ebenso verhalten, doch ist diese durch den oben erwähnten Anbau, dessen Mauerwerk bis zum Dache übrigens nicht viel jünger als die Kirche sein wird, der Betrachtung unzugänglich.


1) Wenn dies gewöhnlich der Fall ist, so muß darauf aufmerksam gemacht werden, daß vor Zeiten Bildschnitzer und Maler sich ergänzten, wohl ein und dieselbe Person waren, und daß sicher mit wenigen Ausnahmen alle diese Darstellungen erst durch Anstreicher in den letzten Jahrhunderten ruinirt sind; keinenfalls läßt es sich rechtfertigen, sie kurzhändig aus der Kirche zu entfernen, wie dies z. B. noch im Jahre 1851 auf Pöl geschehen ist.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 287 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Wenn auch nicht das Schönste, - das ist die wahrhaft erhabene Ostseite des Chores, - so doch der ganz besonders die Aufmerksamkeit auf sich ziehende Theil der Kirche ist das Schiff. Dr. Lisch bemerkte in den Seitenwänden Bogenstellungen, welche ihm, da seine Untersuchung nur das Innere genauer berücksichtigen konnte, als Mauervertiefungen zur Materialersparung erschienen. Betrachtet man aber die Außenwand näher, so stellt sich heraus, daß die im Durchmesser vierfüßigen Pfeiler, welche die vier Rundbogen von 7 Fuß Weite tragen, Kämpferleisten und kreuzförmige Grundfigur haben, daß theils Säulchen in den Ecken der Pfeiler sich finden, theils Rundstäbe dieselben ausfüllen und sich um den ganzen Bogen herumziehen, daß die Füllungen der Bogen keineswegs ursprünglich sind, kurz daß der untere Theil der jetzigen Außenwand nichts anders ist, als die Scheidebogen einer Kirche mit zwei niedrigen Seitenschiffen. Daß dem so ist, bezeugen auch die beiden Absätze des Mauerwerks, deren erster sich 1 1/2 Fuß über der Wölbung des äußeren Bogens, welche 1 Fuß breit ist, befindet, und deren zweiter 3 Fuß höher liegt als der erste, und welche offensichtlich dazu bestimmt sind, den Stuhl eines Pultdaches zu tragen. Abzunehmen ist aber aus dieser geringen Entfernung der beiden Absätze von einander, daß entweder die Breite dieser Seitenschiffe eine sehr geringe - 3 bis 4 Fuß - werden sollte, - denn es scheint nicht wahrscheinlich, daß sie ausgeführt wurden, - oder, wie man schwerlich annehmen darf, daß man ein ungewöhnlich geneigtes Dach, wie die Gothiker unserer Tage sich gestatten, zu legen beabsichtigte 1 ).

Der erste Absatz läuft in die beiden äußeren Lissenen fort, der zweite in eine mittlere, die daher zu beiden Seiten zwei Fenster hat. Anderthalb Fuß über dem Scheitel der Fensteröffnung beginnt das Simswerk des Daches. Es treten Kopfsteine in die hohe Kante gestellt gleich weit von der mittlern Lissene aus dem Mauerwerk hervor und tragen eine Laufschicht,


1) Auch in der lübowschen Kirche sind, wie Jahresber. VI, S. 69 angegeben, in der nördlichen Wand zwei zugemauerte Rundbogen, über denen sich Oeffnungen zur Einsetzung von Balkenköpfen befinden, und sind dieselben dort als Verbindungsbogen gedeutet. In der That sind sie dies auch, aber sie führten nicht zu einem abgesonderten Baue, der Pfarrwohnung oder dergl., sondern sind wie die neuburger nichts anders als Scheidebogen. Sie sind an der Südseite ebenfalls vorhanden, und der ältere Theil der westlichen Außenwand der Sakristei läßt sogar noch deutlich erkennen, daß der wahrscheinlich abgebrochene nördliche Flügel im Osten, wie der Chor, eine halbkreisförmige kleine Absis hatte. Während aber in Neuburg die Flügel das Langhaus von einem Ende bis zum andern begleiteten, lehnten sie sich in Lübow nur an die östliche Hälfte desselben, so daß also auch die lübower Kirche Kreuzform gehabt hat, aber nur im Grundriß, und kein Querhaus, wie die Kirchen zu Ratzeburg und Vietlübbe.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 288 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

unter der und zwischen den eben gedachten Kragsteinen der Grund geputzt ist. Ueber dieser Laufschicht liegt von einer Ecklissene bis zur andern eine Stromschicht und über dieser wieder eine Laufschicht. Dann folgt eine Schicht Kopfsteine, die so weit hervorspringt wie die Ecklissenen, und dann noch drei Schichten schlichtes Mauerwerk.

Die Kirche wäre demnach wohl würdig, dereinst mit Liebe und Einsicht wieder hergestellt und - ausgeführt zu werden. Sie steht noch im Rundbogenstyl und ist der schönen lübowschen Kirche verwandt, und ragt in die Uebergangsperiode hinein, mit deren schönstem Denkmale, der neuklosterschen Kirche, sie Vieles gemein hat. Sie bildet ein wahres Zwischenglied zwischen den byzantinischen und Uebergangsbauten in Meklenburg, wie die unferne neubukowsche Kirche zwischen letzteren und den Bauten germanischen Styls in der Mitte steht.

Der Thurm ist hoch und ansehnlich, auch von ganz guten Verhältnissen, aber ohne besondere Eigenthümlichkeit.

C. D. W.

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Die Kirche zu Wittenförden,

eine Meile von Schwerin, könnte Erwartungen von interessanten Baueigenthümlichkeiten rege machen, da die Kirche zuerst als eine Kapelle des Domes zu Schwerin am 28. Dec. 1216 gestiftet ward; vgl. Lisch Meklenb. Urk. III, S. 58. Der erste Anblick der Kirche schien zuerst jede Hoffnung auf Gewinnung irgend eines geschichtlichen Ergebnisses abzuschneiden, da wohl kaum eine andere Kirche im Lande so sehr styllos und verfallen ist, als diese Kirche, welche nur noch durch Stützen und Anbauten zusammengehalten wird. Und dennoch gab bei näherer Untersuchung der Bau ein günstiges Resultat für die Kunst= und Baugeschichte.

Ohne Zweifel wurden bei der Einführung des Christenthums sehr viele Kirchen von Holz oder von Fachwerk erbauet, gewiß die meisten von denjenigen Landkirchen, welche in späteren Zeiten umgebauet sind. Von allen Kirchen dieser Art mag die Kirche zu Wittenförden die einzige sein, welche noch erhalten ist.

Die Kirche zu Wittenförden ist von Fachwerk, d. h. in Holzverband mit ausgemauerten Tafeln, aufgeführt und an den Außenwänden mit einer Schicht von Ziegeln verblendet, so daß die Kirche von außen als ein massiver Bau erscheint. Diese Verblendung ist aber ein uralter Bau, welcher nach allen Zeichen aus der Zeit der Stiftung stammt. Die Ziegel sind von dem

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 289 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

allergrößten Format: 12 " hamburg. Maaß lang und 4 " dicke und die Kalkfugen äußerst hart, auch das ganze äußere Ansehn, des Mauerwerks so alt, als nur an irgend einer Kirche im Lande.

Das Holzwerk im Innern ist starkes Eichenholz, aber schon so vergangen, daß es größtentheils durch die Verblendung gehalten wird. An vielen Ständern sind die Füße schon so sehr vermodert, daß sie hin und wieder einige Fuß lang ganz fehlen. Erwägt man, daß fünfhundert Jahre altes Mobiliar von Eichenholz, z. B. in der Kirche zu Doberan, noch so fest ist, als wäre es ganz neu, so läßt es sich immer denken, daß ein so fest verblendetes Holzwerk, welches jetzt dem Untergange nahe ist, 600 Jahre alt sein kann.

Jedenfalls bietet die Kirche von Wittenförden einen seltenen Ueberrest eines alten Kirchenbaues in Holz=Construction.

An alten Geräthen hat die Kirche nichts weiter, als einige alte Glocken in dem ganz hölzernen Thurme.

Die größte Glocke hat die Inschrift
Inschrift
(= 1473.)

und vier ungewöhnlich große flache Reliefs auf dem Mantel, welche jedoch schwer zu erkennen waren, weil die Glocke ungünstig hängt.

Die beiden andern Glocken haben keine Inschriften, sind also wahrscheinlich auch alt.

G. C. F. Lisch.

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Kirche zu Retschow.

Die Kirche in dem bei Doberan gelegenen Dorfe Retschow, welches im J. 1358 in den Besitz der Cistercienser=Abtei Doberan kam, ist, wie wohl alle Landkirchen der ehemaligen Abtei, ein geräumiges, festes, gewölbtes Gebäude im ausgebildeten Spitzbogenstyle, welcher freilich in den Fenstern in neuern Zeiten sehr verunstaltet ist; die reiche Abtei hatte Mittel genug, im 14. und 15. Jahrh. alle alten Kirchen ihrer Landpfarren dauerhaft neu zu bauen oder umzubauen. Dadurch hat aber auch die Kirche zu Retschow ihre Bedeutsamkeit für die Kunstgeschichte verloren.

Die Kirche enthält aber einen andern, seltenen und großen Schatz in einem vortrefflichen Altar, welcher dieselbe Idee darstellt, wie der eine bekannte Altar in der Kirche zu Doberan (vgl. Jahrb. IX, S. 422 flgd.), nämlich den biblischen Spruch: "Und das Wort ward Fleisch," durch die Symboli=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 290 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

sirung, wie das Wort Gottes auf einer Mühle gemahlen wird. Der doberaner Altar ist älter, als der retschower; der doberaner Altar fällt in das erste Viertheil des 15. Jahrh. Der retschower Altar stammt aber gewiß frühestens aus der Mitte des 15. Jahrh. Es läßt sich daher die Verbreitung der Idee von dem Mutterkloster Doberan auf die demselben gehörende Landpfarre bestimmt verfolgen.

Der doberaner Altar, ein Nebenaltar des Klosters, ist noch viel einfacher, als der retschower. Der doberaner Altar hat die Darstellung der Mühle als Gemälde in der Mitteltafel und an jeder Seite einen Flügel mit Gemälden, welche jedoch schon längst so verwittert und abgefallen sind, daß sich der Gegenstand der Darstellung auf denselben nicht mehr erkennen läßt.

Der retschower Altar, der Hauptaltar der Kirche, ist dagegen ganz wie ein großer Hauptaltar eingerichtet. Der Altar hat ein Mittelstück und zwei Flügel an jeder Seite. Die Hauptansicht ist mit vergoldetem und bemaltem Schnitzwerk bekleidet: die Flügel sind mit Gemälden verziert.

In der Hauptansicht enthält die Mitteltafel die Krönung der Jungfrau Maria durch Christus. Die Flügel sind quer getheilt und enthalten jeder zwei Mal sechs Figuren über einander: zunächst an der Mitteltafel zwölf Heilige, und zwar in der Ansicht links:

1. S. Anna. 2. (Christus.)       3. S. Christoph.
4. S. Elisabeth.      5. S. Georg. 6. S. Gertrud.

rechts:

7. S. Margaretha.  8. S. Laurentius.  9. S. Antonius.
10. S. Barbara. 11. S. Nicolaus. 12. Ein H. Bischof.

1) S. Anna, mit der Jungfrau Maria neben sich und dem Christkinde auf dem Arme.

2) (Christus ?). Mit vollem, langem Gewande, Schuhen an den Füßen und einer Krone auf dem Haupte, ans Kreuz genagelt. Die Figur ist größer und anders modellirt, als die übrigen, ist also wahrscheinlich von einer andern Stelle hierher versetzt, um eine entstandene Lücke auszufüllen.

3) S. Christoph mit dem Christkinde auf der Schulter.

4) S. Elisabeth mit einem Korbe in der Hand und einem Kinde neben sich.

5) S. Georg, den Drachen tödtend.

6) S. Gertrud, als Nonne, ein Hospital=Modell im Arme tragend.

7) S. Margaretha.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 291 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

8) S. Laurentius, als Diacon; der Rost in der Hand ist abgebrochen.

9) S. Antonius, mit einem Schweine neben sich.

10) S. Barbara, mit einem Thurme neben sich.

11) S. Nicolaus, mit drei Broten im Arme.

12) Ein heiliger Bischof, nicht zu bestimmen.

Von diesen Heiligen stehen 4 weibliche Heilige der Krönung Mariä zunächst. Vier Heilige gehören zu den Nothhelfern: S. Margaretha, S. Barbara, S. Christoph und S. Georg.

Die ersten Flügel, welche mit Malerei bekleidet sind, sind auch quer getheilt und enthalten in 8 Darstellungen die Leidensgeschichte Christi.

Die letzten Flügel sind nicht quer getheilt, sondern enthalten in großen, durch die ganzen Tafeln gehenden Gemälden eine Darstellung der Offenbarung des Wortes bis zur Messe, und zwar

a. links nach innen:

die H. Anna (?)

mit Kindern neben sich und andern Frauen, welche Kinder herbeiführen.

b. rechts nach innen:

die Verkündigung Mariä,

wie ein Engel, mit einem Spruchbande

Inschrift

auf einem Lichtstrahl zur Jungfrau Maria hereinschwebt.

c. rechts nach außen:

die Menschwerdung des Wortes durch die Mühle.

d. links nach außen:

die Messe,

von einem Priester gefeiert.

Der innere Zusammenhang liegt hier klar vor.

Besonders interessant ist hier das Mühlenbild. Oben schütten die 4 Genien oder Symbole der Evangelisten aus langen Säcken das Wort oder das Evangelium in einen Mühlentrichter, welcher über den Mühlsteinen steht. An jeder Seite der Mühlsteine stehen 6 Apostel, welche an einer langen Stange oder Welle die Mühlsteine drehen. Aus der Mühle unter den Mühlsteinen kommt ein Spruchband heraus mit der Inschrift:

Inschrift
(= und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns.)
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 292 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

An dem Spruchbande hängt das Christkind in einem Kelche, welchen die 4 Kirchenväter: S. Gregorius (Papst), S. Hieronymus (Cardinal), S. Augustinus und S. Ambrosius (Bischöfe), zugleich Repräsentanten der höchsten Kirchenwürden, halten.

Der doberaner Altar unterscheidet sich von dem retschower nur dadurch: daß auf dem doberaner die Evangelisten die Evangelien aus Flaschen mit langen Hälsen in den Mühlentrichter schütten, daß das Spruchband ohne Christkind in den Kelch geht (das Christkind ganz fehlt) und daß hinter den Kirchenvätern zu beiden Seiten niedere Geistlichkeit und Volk anbetend knieet, während auf dem retschower Altare der Raum zu beiden Seiten der Kirchenväter frei ist.

Die letzten Flügel des retschower Altars mit den 4 großen Gemälden sind sehr prachtvoll und gut gemalt und gut erhalten, und zeichnen sich namentlich vor den meisten Altären Norddeutschlands durch eine große Pracht und Gluth der Farben aus, so daß dieser Altar auch in Hinsicht der Kunsttechnik zu den seltenern Erscheinungen in Norddeutschland gehört.

Ein Altar in Tribsees mit einer gleichen Darstellung, jedoch in Schnitzwerk, ist von Kugler in Pommer. Kunstgesch., Baltischen Studien, VIII, 1, S. 194 flgd. beschrieben.

Sonst hat die retschower Kirche keine andern Merkwürdigkeiten, als etwa die kleine Glocke mit der Inschrift:

Inschrift

G. C. F. Lisch.

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Kirche zu Parkentin.

Das Kirchspiel Parkentin bei Doberan, welches eine reich dotirte Pfarre besitzt, hat unter allen der ehemaligen Abtei Doberan gehörenden Pfarren die größte Kirche, welche jedoch bei dem großen Reichthum des Klosters, wie alle Landkirchen der Abtei, im 14. oder 15. Jahrh. großentheils neu gebauet ist. Auch das Dorf Parkentin war im Mittelalter groß und reich; daher kommt noch das uralte plattdeutsche Sprichwort:

Stäbelow und Parkentîn
Willen ôk Hansestäde sîn.

Die Kirche besteht aus Chor, Schiff und Thurm.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 293 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Der Chor ist ein Oblongum, im Uebergangsstyle in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts aus Feldsteinen fest und tüchtig gebauet. Die acht Rippen des Gewölbes über dem Altare lehnen sich an eine kreisförmige Scheibe.

Das Schiff, aus Ziegeln gebauet, ist dreischiffig und drei Gewölbe lang, der untere Raum des Thurmes ist mit zur Kirche gezogen, so daß die drei Schiffe gleich lang sind. Die Räume sind für eine Landkirche weit und hoch, die Pfeiler und Gewölbe vortrefflich.

Der Thurm ist fest und hoch.

Schiff und Thurm sind gewiß im 14. Jahrhundert erbauet. Von einem alten Bau sind in der Kirche neben dem Thurme noch Ueberreste vorhanden.

Die Rippen der nördlichen Seitenpforte sind mit Reliefrosen aus gebranntem Thon verziert.

So ist diese Kirche eine der größten und schönsten Landkirchen in Meklenburg, hat jedoch für die Kunstgeschichte nichts besonders Merkwürdiges im Bau.

In der Kirche liegen mehrere alte Leichensteine, von denen einige ganz abgetreten, die folgenden aber noch zu lesen sind. Vor dem Altare liegt ein Stein auf den Vice=Pfarrer Heinrich († 5. Febr. 1318) mit der Inschrift:

Inschrift
(= Anno domini MCCCXVIII in die Agathae virginis (5. Febr.) obiit Hinricus viceplebanus in Parkentin. Orate pro eo.)

Daneben liegt ein anderer Stein aus dem Ende des 14. Jahrhunderts auf den Pfarrer Heinrich († 13. ...) mit der Inschrift:

Inschrift
(= Anno domini M CCC..... obiit dominus Hinricus plebanus ecclesie in Parkentin. Orate pro anima eius.)

In der Mitte des Schiffes liegt ein Leichenstein mit den Bildern eines den Kelch consecrirenden Priesters und einer Matrone, nach der Inschrift auf den Pfarrer Johann Bernith (?) († 1363. Sept. 26.) und seine vier Tage nach

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 294 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

ihm gestorbene Mutter Katharina († 1363. Sept. 30.), mit der Inschrift:

Inschrift

(= Anno domini MCCCLXIII in profesto sanctorum Cosmae et Damiani (Sept. 26.) obiit dominus Johannes B[erni]th. Eodem anno ipso die beati Hieronymi (Sept. 30.) obiit Katherina mater ejus. Orate pro eis).

Die mittlern Buchstaben des Namens  sind nicht sicher zu lesen; die Buchstaben  sind sicher, vielleicht auch das r.

Wenn, was sehr wahrscheinlich ist, der Stein nie versetzt worden ist, so ist wahrscheinlich das Schiff schon vor dem Jahre 1363 vollendet gewesen und vielleicht unter diesem Pfarrer erbauet, welcher deshalb in der Mitte des Schiffes unter einem schönen Leichensteine begraben ist.

Sehr bemerkenswerth ist der Hochaltar mit Schnitzwerk und zwei Flügeln. Die Flügel haben in der Hauptansicht die geschnitzten Figuren der 12 Apostel. Die Malereien auf den Flügeln sollen die Leidensgeschichte Christi enthalten; sie waren etwas verfallen und daher nicht gut zu öffnen. Die Mitteltafel aber enthält eine sehr merkwürdige geschnitzte Darstellung: wie Gott Vater den Sohn vom Kreuze in seinen Schooß aufnimmt. Die Figuren sind groß, wohl 3/4 Menschengröße, und im hohen Grade kunstgerecht, edel und frei gearbeitet, wenn auch vielleicht schon etwas zu fein; die Arbeit stammt wohl aus dem Ende des 15. oder dem Anfange des 16. Jahrhunderts. Gott Vater ist eine sitzende, ganz bekleidete, gekrönte, kräftige Gestalt; Christus ist nackt. Daneben stehen zwei Engel, von denen der eine zur Rechten die Säule, der andere zur Linken das halbheruntergelassene Kreuz hält. Die Darstellung ist trotz des Gegenstandes würdevoll und imposant gehalten und erinnert an die schöne Zeit der Nürnberger im Anfange des 16. Jahrh. Zu jeder Seite des Mittelstückes sind zwei kleine Nischen übereinander zu 4 kleinen Heiligenbildern:

S. Katharina, mit dem Rade.   S. Georg, mit dem Drachen.
Ein heiliger Bischof.   Ein heiliger Mönch in weißem Gewande.

G. C. F. Lisch.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 295 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Die Kirche zu Brenz

hat durch Brand so viel gelitten, daß sie sehr unbedeutend erscheint und nichts Merkwürdiges hat. Der aus sehr großen Ziegelsteinen gut und kräftig gebauete Westgiebel, welcher jetzt von dem hölzernen Thurme verdeckt wird, zeugt aber für ein hohes Alter der Kirche, vielleicht aus der Zeit des Uebergangsstyls.

Nur die beiden größern Glocken sind aus alter Zeit erhalten und bemerkenswerth.

Die größte Glocke hat keine Inschrift, sondern nur auf dem Mantel ein Gießerzeichen und um den Helm eine Reihe kleiner, interessanter Reliefs. Im Anfange dieser Verzierung stehen zwei kleine Figuren (Maria und Johannes?). Darauf folgen in gleichen Zwischenräumen 4 Medaillons von der Größe eines Thalers, von denen jedes das Symbol eines Evangelisten trägt; auf dem einen ist ganz klar zu lesen: S. IOHANNES. Nach den Schriftzügen stammt also diese Glocke aus der Zeit vor 1350.

Die mittlere Glocke hat um den Helm die Inschrift:

Inschrift

Dann folgt zwei Mal ein Zeichen, welches drei Thürme darstellt, in gleicher Größe.

Die Kirche war also der Jungfrau Maria und dem Evangelisten Johannes geweiht und eine Johannis=Kirche.

Die kleinste Glocke hat weder Inschrift, noch Zeichen.

G. C. F. Lisch.

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Mittelalterliche Altäre in den Kirchen zu Rostock.

Die Kirchen Rostocks sind ohne Zweifel sehr reich an alten Kunstwerken gewesen. Jetzt ist sehr wenig davon übrig, namentlich seitdem die neuern Restaurationen manches ehrwürdige Denkmal vernichtet haben. Die beiden Hauptkirchen Rostocks, die Jacobi= und die Marien=Kirche, sind in den letzten Jahren so gründlich restaurirt, daß, es ist kaum glaublich, auch nicht die geringste Spur von alten Werken der Kunst und des Gewerbes in ihnen zu finden ist; in der Jacobi=Kirche sind sogar alle alten Leichensteine geebnet. Und um diese Moderni=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 296 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

sirung ganz zu vollenden, hat man die ganzen Kirchen, an Wänden, Pfeilern und Gewölben mit demselben blendenden Weiß ausgetüncht und neue Fenster von weißem (d. h. farblosem) Glase eingesetzt. Dadurch verschwinden die großartigen Formen dieser Kirchen so sehr, daß man sie kaum bemerkt; früher bezeichneten doch noch die dunkelgrauen Rippen, die seit der abscheulichen Ausweißung der Kirchen ein fast nothwendiges Uebel waren, einigermaßen die Verhältnisse des Baues. Jetzt aber verschwimmt der ganze Bau in ein leeres Nichts und die Masse des Lichts, welches durch die colossalen, farblosen Fenster auf die schneeweißen Wände und Gewölbe strömt, ist fast unerträglich. Weiter können wir nun nicht kommen, und deshalb ist Hoffnung auf eine baldige Rückkehr zum alten, naturgemäßen Styl zu hoffen.

Viel Interessantes bewahrt noch die Nicolaikirche, welche bis jetzt von einer solchen totalen Ausräumung verschont geblieben ist, wenn auch ihr Gestühle viel von der Oelfarbe zu leiden gehabt hat.

Eben so bewahrt auch die Kirche des Klosters zum Heil. Kreuz viel Interessantes, obgleich sie sehr verfallen und unsauber gehalten ist.

Uebrigens verfuhr man schon in alten Zeiten in Rostock etwas unsanft mit den alten Denkmälern, wobei jedoch zu berücksichtigen ist, daß man bald etwas Gutes wieder schuf. Das ganze Fundament des im 14. Jahrh. erbaueten, prachtvollen südlichen Kreuzflügels der Marienkirche ist mit Leichensteinen aus dem 13. und 14. Jahrh. bekleidet.

Das genauere Studium der rostocker Kirchen erfordert viel Zeit und Mühe. Es soll hier für jetzt nur auf einige ausgezeichnete Eigenthümlichkeiten aufmerksam gemacht werden, um die Kunde davon zu bewahren und zu verbreiten.

Der Altar der Nicolai=Kirche

ist ein prachtvolles, schönes Schnitzwerk, mit guten Malereien, etwa aus dem Anfange des 15. Jahrh. und gehört zu den besten im Lande.

Auf diesen Altar hat man einen kleinen Altar von gleicher Arbeit gesetzt; ohne Zweifel stand dieser einst in einer Nebencapelle.

Der Altar in der Kloster=Kirche zum Heil. Kreuz

ist dem Altare in der Nicolai=Kirche sehr ähnlich, wohl eben so gut und eben so alt. Neben dem Altare steht ein

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 297 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Tabernakel,

aus geschnitztem und vergoldetem Eichenholz gearbeitet, mit Figuren geziert, äußerst sauber und schlank, dem berühmten Tabernakel in der Kirche zu Doberan sehr ähnlich, vielleicht noch schlanker in den Formen, jedoch nicht völlig so hoch.

Diese Kunstwerke gehören zu den bedeutendsten im Lande. Was die vorzüglichsten alten Altäre, d. h. aus dem 14. und 15. Jahrhundert, betrifft, so steht der doberaner ganz einzig und groß da. Ihm folgt wohl der reiche Altar in der S. Georgen=Kirche zu Wismar; neben ihm stehen die beiden erwähnten rostocker Altäre. Der Styl ist sehr verschieden; der wismarsche ist reicher, jedoch schwerer, - die rostocker sind etwas einfacher, aber leichter und freier gehalten. Der im großherzoglichen Antiquarium zu Schwerin aufbewahrte Altar aus der Kirche zu Neustadt, wohin ihn die Lübecker schenkten, ist ein Meisterwerk ohne Gleichen.

Das rostocker Tabernakel steht dem doberaner ganz nahe. Ein kleines Tabernakel steht noch in der Kirche zu Hanstorf bei Doberan.

Die Nicolai=Kirche zu Rostock

besitzt noch viele schöne Schnitzwerke an den Kirchenstühlen mit alten, würdigen Heiligenbildern, Wappen u. dgl., einige Glasmalereien, einen alten metallenen Taufkessel u. s. w.

Von hohem Interesse ist ein altes Heiligenbild, welches noch in seiner alten Umgebung erhalten ist. In dem nördlichen Kreuzflügel, wahrscheinlich einem Theile der alten Kirche, ist eine mit Thüren verschlossene Wandnische im Rundbogen, welche noch ganz mit alter Wandmalerei von Ornamenten bedeckt ist. In dieser Nische steht ein Heiligenbild in Lebensgröße: ein mit einem langen Gewande ganz bekleideter, bärtiger Heiliger ist an Armen und Füßen (die Füße neben einander) mit eisernen Ringen an ein Kreuz geheftet. Vielleicht soll diese Figur den Apostel Petrus darstellen und hat früher auf dem Kopfe gestanden, da der H. Petrus mit dem Kopfe nach unten gekreuzigt sein soll.

Auch das geschnitzte und bemalte Bild eines werleschen Fürsten in Halbrelief, dem Anschein nach aus dem 14. Jahrhundert stammend, welches früher in der Dominikaner=St. Johannis=Klosterkirche stand, ist gegenwärtig in der Nicolaikirche aufgestellt und verdient eine sorgfältige Untersuchung. Der Schild, den die Figur hält, ist der fürstlich=werlesche, mit dem Ochsenkopfe ohne Halsfell. Vgl. Rostock. Wöchentl. Nachr. und Anz. 1752. Stück 40-41.

G. C. F. Lisch.

Vignette
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 298 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

III. Zur Münzkunde.


Römische Münzen.

Im Sommer wurden folgende 2 römische Goldmünzen in Meklenburg auf dem Felde gefunden:

1) bei Gadebusch eine Goldmünze des Kaisers Geta, 198-204 n. C., 2 Ducaten schwer, sehr schön gearbeitet und erhalten:

Av. ein links gekehrtes jugendliches Brustbild:
            P SEPT GETA CAES PONT
Rev.    zwei kleine, sich anschauende Brustbilder, rechts eines bärtigen Mannes,
  inks einer Frau, beide bekränzt:
                    AETERNIT IMPERI

Diese Münze ist oben durchbohrt, also früher wohl als Schmuck getragen.

2) bei Dargun auf der Feldmark des Dorfes Brudersdorf eine Goldmünze des Kaisers Justinian, 533 n. C., 1 1/4 Ducaten schwer:

Av. ein behelmtes Brustbild, in der rechten Hand eine Kugel mit einem Kreuze: 
           D N IVSTINI ANVS P P AVI 
Rev.    eine geflügelte Victoria, in der rechten Hand eine Lanze, in der linken eine Kugel 
   mit einem Kreuze haltend; Umschrift:
          VICTORI A AVCCCB
  unten:
          CONOB.

G. C. F. Lisch.

Vignette
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 299 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

IV. Zur Wappenkunde.


Siegel der Patricierfamilie Kirchhof.

Zu Rostock gab es eine Patricierfamilie Kirchhof, welche noch spät blühete und zu den letzten Patricierfamilien der Stadt gehörte. Vor einiger Zeit ward in der Gegend von Rostock ein messingenes Doppelsiegel gefunden, welches in den Besitz des Herrn Hofmusikus Reinhard zu Schwerin kam und von diesem dem Vereine geschenkt ward. - An einem Ende ist ein größeres Siegel mit einem Wappen; es enthält einen Schild, auf welchem oben ein halber Mond und darunter ein Stern steht; die Umschrift lautet:

Umschrift

Das Siegel stammt ohne Zweifel aus der ersten Hälfte oder der Mitte des 15. Jahrhunderts und mag in den Revolutionszeiten dieses Jahrhunderts verloren gegangen sein. - Denselben Schild führt 1438 der Rathmann "Roleff Kerkhoff" zu Rostock. - An dem andern Ende ist ein kleines Siegel mit einem Hauszeichen.

G. C. F. Lisch.

 

Vignette
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 300 ] zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 1 ] zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Jahresbericht

des

Vereins für meklenburgische Geschichte
und Alterthumskunde,

 

von

 

Wilhelm Gottlieb Beyer,

Dr. jur. und Archivsecretair,
als
zweitem Secretair des Vereins.


Achtzehnter Jahrgang.

 

Vignette

 

In Commission in der Stiller'schen Hofbuchhandlung in Rostock und Schwerin.


Schwerin , 1853.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 2 ] zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

 

 

 

 

 


Gedruckt in der Hofbuchdruckerei in Schwerin.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 3 ] zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

D ie erneuerten Bemühungen, dem schon vor Jahren von Einzelnen angeregten, und seitdem immer allgemeiner und immer lebhafter gefühlten Bedürfnisse einer nähern Verbindung aller nach einem und demselben Ziele strebenden historischen Vereine Deutschlands, endlich Befriedigung zu verschaffen, sind in dem abgelaufenen Jahre von so erfreulichem Erfolge gekrönt worden, und auch in Bezug auf unsern Verein so sehr in den Vordergrund getreten, daß ich mich verpflichtet fühle, hier ausführlich darüber zu berichten, wobei freilich eine theilweise Wiederholung der vorläufigen Mittheilungen in den, mehr einer flüchtigen Anregung gewidmeten Quartalberichten nicht zu vermeiden sein wird.

Am 16., 17. und 18. Aug. v. J. fand die hauptsächlich von unserm ersten Secretair, Herrn Archivar Dr. Lisch, und dem Herrn Baurath und Conservator v. Quast zu Berlin angeregte, und schon in meinem vorigjährigen Berichte angekündigte Versammlung deutscher Geschichts= und Alterthumsforscher zu Dresden statt, an welcher sich nicht nur fast alle norddeutschen, sondern auch die entfernter gelegenen süddeutschen Staaten, namentlich Oestreich, Baiern und Würtemberg, betheiligten. Nicht weniger als 124 Männer der Wissenschaft, darunter viele der namhaftesten Gelehrten unsers Vaterlandes und die Repräsentanten fast aller historischen Vereine, tagten hier unter der persönlichen Leitung eines für deutsche Wissenschaft begeisterten Fürsten, des Herzogs Johann, Prinzen von Sachsen K. H., gehoben durch eine wahrhaft fürstliche Gastfreundschaft ihres hohen Präsidenten und die Theilnahme des Königl. Hofes und der Stadt Dresden, zum Theil in öffentlicher Sitzung, um den rechten Weg zu ermitteln, auf welchem die von allen mit gleicher Liebe und Begeisterung erstrebte dauernde Vereinigung zu erreichen sein mögte. Zwar ward die Nothwendigkcit der Specialforschung als Grundlage einer allgemeinen deutschen Geschichte, und in Folge dessen das unveränderte Fortbestehen der bisherigen Sondervereine in ihrer vollen Unabhängigkeit und Selbstständigkeit, die sich durch die bisherigen glänzenden Erfolge hinreichend bewährt hat, von allen Seiten anerkannt. Aber je größer und reicher das Material bereits ist, welches aus den durch diese Vereine in allen deutschen

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 4 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Gauen ausgebaueten Schachten zu Tage gefördert ward, desto dringender stellt sich die Nothwendigkeit einer allseitigen kritischen Sonderung und Ordnung, und einer wahrhaft wissenschaftlichen Bearbeitung desselben heraus, und diese ist, man muß es zugestehen, auf dem bisherigen Wege und mit den eignen Kräften der einzelnen Vereine nur sehr unvollkommen erreicht und erreichbar. Was bisher gewonnen ist, sind doch zumeist nur Bausteine, deren wahrer Werth erst dann vollständig erkannt werden kann, wenn sie durch den rechten Baumeister, der auf der Höhe deutscher Kunst und Wissenschaft steht, zu einem harmonischen Ganzen verbunden sein werden. Das aber ist mit den getheilten Kräften der Sondervereine, auf deren beschränktem Standpunkte überdies eine gewisse Einseitigkeit der Anschauung und Ueberschätzung des Einheimischen kaum zu vermeiden ist, nicht zu erreichen, und somit war der Weg vorgezeichnet, auf welchem die Versammlung das vorgesteckte Ziel allein zu erreichen hoffen durfte: die freie Verbindung der bereits bestehenden und in ihrer bisherigen Selbstständigkeit zu erhaltenden einzelnen Vereine zu dem Zwecke gegenseitiger Hülfsleistung und gemeinsamer Thätigkeit in den dazu geeigneten Fällen.

Von diesem Gesichtspunkte ausgehend beschloß man, die gesammten historischen Vereine Deutschlands aufzufordern, sich durch die Ernennung eines gemeinsamen Verwaltungsausschusses zu einem Gesammtvereine zu constituiren, als dessen Aufgabe zunächst ein einheitliches Zusammenwirken zur Erforschung, Erhaltung und Bekanntmachung der vaterländischen Denkmäler bezeichnet ward, und welcher demnächst theils durch alljährliche allgemeine Versammlungen zum mündlichen Ideenaustausche, theils durch die Gründung einer Zeitschrift, als gemeinsamen Organs des Vereins, thätig werden solle. Sofort ward der gegenwärtige Vorstand des sächsischen Vereins zu Dresden zum interimistischen Verwaltungsausschusse erwählt, und demselben die Ausarbeitung der Statuten übertragen, als künftigjähriger Versammlungsort aber Nürnberg bestimmt.

Außer diesen, auf der am 16. Sept. v. J. zu demselben Zwecke und zur Fortsetzung der Dresdener Verhandlungen in Mainz abgehaltenen Versammlung in ihrem ganzen Umfange bestätigten, constituirenden Beschlüssen wurden auf beiden Versammlungen sofort gewisse Richtungen, in welchen eine künftige gemeinschaftliche Thätigkeit wünschenswerth sein werde, angedeutet, und mehre mit gemeinsamen Kräften zu erstrebende nationale Unternehmungen besprochen, unter welchen letztern hier vor allem die von dem Freiherrn von und zu Aufseß schon seit dem Jahre 1833 mit ächt deutschem Patriotismus und mit unermüdlicher

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 5 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Ausdauer erstrebte Gründung eines deutschen National=Museums hervorzuheben ist. Die Berufung des Dresdener Gelehrten=Congresses hatte in ihm die Hoffnung erweckt, daß endlich die Zeit der Verwirklichung auch dieser schönen Idee gekommen sei, weshalb er nicht säumte, dieselbe der Versammlung in einer auch mündlich erläuterten besondern Druckschrift angelegentlich zu empfehlen, indem er sich zugleich erbot, seine eigne, sehr bedeutende, und namentlich an seltnen Schätzen mittelalterlicher Kunst reichen Sammlung vorläufig auf 10 Jahre unentgeltlich abzutreten. Wirklich erkannte auch die Versammlung die Wichtigkeit dieses Plans schon in ihrer ersten Sitzung einstimmig an, und setzte eine eigne Commission zur nähern Prüfung derselben nieder, auf deren Antrag später das Unternehmen der eifrigsten Unterstützung des eben constituirten Verwaltungsausschusses empfohlen ward. Obgleich nun die Mainzer Versammlung diesen Beschluß ausdrücklich wiederholte und dem Herrn v. Aufseß in öffentlichcr Sitzung den wohlverdienten Dank für seine bisherigen Bemühungen darbrachte, glaubte man doch nicht nur, die Anerkennung des zu gründenden Museums als eines Institutes des Gesammtvereines, und die unmittelbare Betheiligung des letztern an diesem Unternehmen entschieden ablehnen, sondern auch zugleich die Aufstellung des Museums in zwei verschiedenen Abtheilungen, nämlich des römisch=germanischen in Mainz und des christlich=germanischen in Nürnberg befürworten zu müssen, ein Beschluß, welcher nur dadurch erklärbar sein dürfte, daß drei Viertheile der Anwesenden der Stadt Mainz selbst oder ihrer Nachbarschaft angehörten.

Zur Förderung dieses so modificirtcn Planes hat der Ausschuß des Vereines für Erforschung der Rheinischen Geschichte und Alterthumskunde zu Mainz die von ihm entworfenen und von dem Verwaltungsausschuß zu Dresden gebilligten Statuten für die unter Benutzung der bekanntlich höchst werthvollen Sammlungen des Vereins dort aufzustellende Abtheilung des Museums bereits in Nr. 4 des Correspondenzblattes des Gesammtvereines zur öffentlichen Kunde gebracht, während auch Herr v. Aufseß seinen ursprünglichen Plan mit seltner Energie weiter verfolgt. Wirklich ist es ihm gelungen, nachdem der Stiftung von Seiten der königlich baierischen Regierung die Eigenschaft und die Rechte einer juristischen Person ertheilt worden, in der Stadt Nürnberg selbst eine Actiengesellschaft zur Herbeischaffung der materiellen Mittel zu gründen, und zugleich 54 namhafte deutsche Gelehrte aus allen Gegenden Deutschlands, die dem Vorstande als "Gelehrten=Ausschuß" an die Seite getreten sind, für das Unternehmen zu gewinnen. Ein Aufruf an das deutsche Volk vom 19. Mai

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 6 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

d. J. bringt diese bisherigen Erfolge zur öffentlichen Kunde, und fordert zur Unterstützung des Unternehmens, namentlich durch Bildung von Agenturen in allen deutschen Staaten auf, während in einer besondern, dem Bundestage und allen einzelnen deutschen Regierungen überreichten Denkschrift der ganze Plan nochmals ausführlich entwickelt und angelegentlich empfohlen ward. In Folge dieser rastlosen Thätigkeit sollen dem Vorstande des an dem Hauptsitze mittelalterlicher deutscher Kunst, dem altehrwürdigen Nürnberg, bereits feierlich eröffneten ersten deutschen National=Museums von verschiedenen Seiten die erfreulichsten Zusicherungen geworden sein, so daß das vollständige Gelingen dieses patriotischen Unternehmens mit Sicherheit zu hoffen ist.

Beide Institute, in Nürnberg und Mainz, setzen übrigens ihren Zweck zunächst nicht in eine, von vornherein als unerreichbar erscheinende, Vereinigung der durch ganz Deutschland zerstreuten Original=Werke des nationalen Alterthums, sondern theils in eine möglichst vollständige Sammlung von wissenschaftlichen Beschreibungen, Zeichnungen und plastischen Nachbildungen solcher Original=Werke, theils in die Herstellung eines wohlgeordneten General=Repertoriums über das gesammte Quellenmaterial für deutsche Geschichte, Literatur und Kunst, wodurch jedoch natürlich auch die Sammlung von Original=Alterthümern nicht ausgeschlossen ist. Auf die Hülfe und Unterstützung der verbundenen Vereine wird dabei hauptsächlich nur in so weit gerechnet, als der Vorstand der Museen Gelegenheit zum Austausch theils von Originalen, theils von Nachbildungen der dort und in den verschiednen Provinzialsammlungen aufbewahrten Schätze bieten wird.

Inzwischen hat auch der Verwaltungs=Ausschuß zu Dresden unter fortdauernder persönlicher Hingebung des Prinzen Johann K. H. eine anerkennenswerthe Thätigkeit entwickelt. Schon im November v. J. ward in seinem Auftrage und mit vorläufiger Unterstützung der Königl. sächsischen Regierung von dem Herrn Prof. Dr. M. L. Löwe das erste Probeblatt eines Correspondenz=Blattes als gemeinschaftlichen Organs des Gesammtvereins der deutschen Geschichts= und Alterthumsvereine ausgegeben, wovon seitdem regelmäßig alle Monat ein Bogen erschienen ist. Die bisher vorliegenden 7 Nummern dieser Zeitschrift haben uns, außer einzelnen größern wissenschaftlichen Abhandlungen, fortlaufende Berichte über die Wirksamkeit theils des gemeinsamen Ausschusses selbst, theils der einzelnen Vereine, so wie eine Reihe von Fragen, Wünschen, Anträgen einzelner Gelehrten, so wie deren Beantwortung gebracht; endlich mehre schon in den Versammlungen zu Dresden und Mainz angeregte, sei es unmittelbar von den verbündeten Vereinen, oder mit deren Unterstützung von einzelnen

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 7 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Gelehrten zu unternehmende nationale Werke ausführlich besprochen, um die demnächstige Beschlußnahme auf der bevorstehenden Versammlung zu Nürnberg vorzubereiten. So enthält z. B. Nr. 7 einen detaillirten Entwurf eines Handbuchs der deutschen Alterthumskunde von Dr. H. W. Schulz, den derselbe zur allgemeinen Prüfung und demnächstigen Genehmigung vorlegt. Außerdem hat der Verwaltungsausschuß gleichfalls im Auftrage der mehrerwähnten Versammlung verschiedene Anträge bei den einzelnen deutschen Regierungen im Interesse nationaler Wissenschaft und Kunst gestellt, welche nicht ohne Berücksichtigung geblieben sind, und namentlich auch in unserer Heimath bereits ihre Früchte getragen haben, indem wir die auch von uns wiederholt als höchst wünschenswerth bezeichnete, bereits in Nr. 2 des Regierungsblattes publicirte Anstellung eines Conservators der Denkmäler des Alterthums im Großherzogthum Meklenburg=Schwerin in der Person unsers ersten Secretairs hauptsächlich der Verwendung des Centralausschusses verdanken.

Auf diese Weise hat sich in dem Laufe dieses Jahres nicht nur die Ausführbarkeit, sondern auch der hohe Nutzen der so glücklich angebahnten Verbindung der verschiedenen Vereine, bereits praktisch auf so glänzende Weise bewährt, daß der Ausschuß unsers Vereines nach dem Vorgange der Vereine zu Dresden, Mainz, Sinsheim, Görlitz, Luxemburg, Wiesbaden, Kassel, Bayreuth, Hohenleuben, Darmstadt, Leipzig, Mergentheim, München und Berlin, nicht länger zögern zu dürfen glaubte, durch Anerkennung der in Nr. 2 des Correspondenz=Blattes veröffentlichten Satzungen dem Gesammtverein beizutreten, jedoch mit Rücksicht auf die anscheinend verschiedener Deutung fähige Fassung der §§. 5 und 6 über die Beschlußfassung auf den allgemeinen Versammlungen durch Stimmenmehrheit, unter der ausdrücklichen Erklärung, daß wir den Statuten unsers Vereines gemäß uns zu allen Beschlüssen, durch welche die verbündeten Vereine zu bestimmten materiellen Leistungen verpflichtet werden sollten, unsre freie Zustimmung vorbehalten müßten. Zugleich hat der Ausschuß außer den von Sr. K. H. dem Großherzoge von Meklenburg=Schwerin bestellten 12 Exemplaren des Correspondenz=Blattes noch auf 3 Exemplare dieser Zeitschrift für den Verein, und 3 andere im Auftrage einzelner Mitglieder subscribirt.

Diese Schritte des Ausschusses haben denn auch die vollkommene Billigung der jüngst abgehaltenen Gneralversammlung gefunden, indem alle Anwesenden in dem lebhaften Wunsche einig waren, daß das so glücklich begonnene Werk der Vereinigung zum Heile und Ruhme unsers theuren Vaterlandes ferner gedeihen möge.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 8 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Durch unsern Anschluß an den Gesammtverein ist übrigens selbstverständlich die bisherige directe Verbindung mit den verwandten Vereinen durch Correspondenz und Schriftenaustausch nicht unterbrochen, vielmehr ist derselbe auch in diesem Jahre nach verschiedenen Seiten erweitert; namentlich durch eine für uns viel versprechende Verbindung mit dem Vereine für thüringisch=sächsische Geschichte und Alterthumskunde zu Jena, der archäologischen Gesellschaft für Erhaltung und Aufsuchung geschichtlicher Denkmäler im Großherzogthume Luxemburg und dem archäologischen Institute für Gr. Britannien und Irland zu London. Namentlich die letztere Verbindung hat unsere Bibliothek sofort mit 10 Bänden archäologischer Werke über England mit vortrefflichen Illustrationen bereichert. Auch die deutschen Vereine haben ihre Schriften fast vollständig eingesandt, über deren Inhalt hier zu berichten ich mir aber um so mehr erlassen darf, als in dem obgedachten Correspondenzblatte darüber vollständig Rechenschaft gegeben wird, übrigens auch nichts darin vorkommt, das uns speciell interessirte. Nur der im Jahre 1834 gestiftete und seitdem unter der tüchtigen Leitung des Herrn Prof. Wigand in ununterbrochener Thätigkeit gebliebene Verein für Geschichte und Alterthumskunde zu Wetzlar hat uns seine durch Beschluß der constituirenden Versammlung vom 15. Mai 1852 erfolgte Auflösung angezeigt. Die immer engere Beschränkung des Gebietes seiner Wirksamkeit durch die benachbarten Vereine für Hessen und Nassau, so wie die Versiegung der Hauptquelle seiner Forschungen durch Aufhebung des Reichskammergerichts=Archivs ist der Grund dieses bedauerlichen Ereignisses. Die Sammlungen des Vereines sind als ein werthvolles Vermächtniß dem dortigen Gymnasium überwiesen.

Die Zahl der correspondirenden Gesellschaften beträgt daher nunmehr 63.

In Betreff der innern Angelegenheiten unsers Vereines habe ich zuvörderst die betrübende Mittheilung zu machen, daß die verwittwete Frau Erbgroßherzogin Auguste von Meklenburg=Schwerin K. H. durch ihre dauernde Abwesenheit von Meklenburg veranlaßt worden ist, die fernere Zusendung der Vereinsschriften zu verbitten und zugleich den bisher alljährlich bewilligten außerordentlichen Beitrag zu der Vereinscasse zurückzuziehen. Dagegen hat Se. K. H. der Prinz Johann von Sachsen unsere Bitte, HöchstIhn, den hochherzigen Beförderer der Gesammtvereines, zugleich den hohen Beförderern auch unsers Specialvereines beizählen zu dürfen, durch ein eigenhändiges, sehr freundliches Schreiben erfüllt, mit der Versicherung, daß Se. K. H. unsern

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 9 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Jahrbüchern mit Vergnügen einen Platz in HöchstIhrer Privatbibliothek einräumen würden.

Auch die Zahl der correspondirenden Mitglieder ist durch den Herrn John Kemble, Officier im Haushalte Ihrer Majestät der Königin von England, Esq. A. M. Trinity College Cambridge aus London vermehrt und beträgt nunmehr 56. Herr Kemble, der berühmte angelsächsische Sprachforscher, welcher sich seit einigen Jahren seiner Studien halber in Deutschland, namentlich in Hannover, aufhält und sich um die dortige Alterthumssammlung große Verdienste erworben hat, nahm im vorigen Jahre an der Dresdener Versammlung als Gast Antheil und besuchte später auch Schwerin. Durch seine Vermittelung ist denn auch die schon erwähnte Verbindung unsers Vereines mit dem Londoner archäologischen Institute angeknüpft worden.

Von den ordentlichen Mitgliedern haben wir auch in diesem Jahre 6 Männer durch den Tod verloren, nämlich den Geheimen=Rath von Schack auf Brüsewitz im Juni und den Schulrath Meyer hieselbst im August v. J., ferner den Amtmann Crull, zuletzt in Goldberg, den Forst= und Jagdjunker v. Wickede zu Ratzeburg am 14. März, den Pastor Behrens zu Qualitz im Mai und den Gutsbesitzer von Stern auf Tüschow am 25. Juni d. J. Außerdem sind abermals 11 Mitglieder nach vorhergegangener Kündigung ausgetreten, namentlich die Herren von Vogelsang auf Gutendorf, von der Lühe auf Redderstorf, Münzrath Nübell und Oberbaurath Wünsch hieselbst, Oberamtmann Martini zu Crivitz, Kaufmann Libnau zu Ribnitz, Obrist von Wenkstern, Hauptmann von Bülow und Bibliothekar Gentzen zu Neustrelitz, Kammerherr von Oertzen auf Sophienhof und Lieutenant Beneke, jetzt in Ungarn. Endlich ist der Herr Advocat Maaßen durch seine Entfernung aus Meklenburg stillschweigend ausgeschieden.

Beigetreten sind dagegen 5 Herren: Herr Archiv=Secretär Dr. Beneke zu Hamburg, Herr Kaufmann A. Voß hieselbst, Hr. Maler Theodor Schlöpke hieselbst, Hr. Oeconom Röseke zu Brütz bei Goldberg und Hr. Hofopernsänger Parrod hieselbst. Unser Verlust beträgt also 13 und der gegenwärtige Bestand 286 Mitglieder, deren Namensverzeichniß statutenmäßig in der

Anlage A.

diesem Berichte angeschlossen ist.

Das Beamten=Personal des Vereines hat auch in diesem Jahre keine weitere Veränderung erlitten, als daß Herr Ministerial=Registrator Dr. Wedemeyer die Aufsicht über die Bildersammlung an den Herrn Archiv=Registrator Glöckler abgegeben hat, und auch die frühern Herren Repräsentanten sind auf der

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 10 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Generalversammlung nochmals wiedergewählt. Der Ausschuß besteht demnach aus folgenden Mitgliedern:

Präsident: Herr Minister=Präsident Graf v. Bülow Exc.
Vicepräsident: Herr Regierungs=Rath Dr. Knaudt.
Erster Secretair: Herr Archivar und Conservator Dr. Lisch.
Zweiter Secretair: Archiv=Secretair Dr. Beyer.
Berechner: Herr Ministerial=Registrator Dr. Wedemeier.
Bibliothekar und Aufseher der Bildersammlung: Herr Archiv=Registrator Glöckler.
Aufseher der Münzsammlung: Herr Pastor Masch zu Demern.
Repräsentanten:

Herr Oberstallmeister v. Boddien.
  "   Canzlei=Director v. Bülow.
  "   Revisions=Rath Haase.
  "   Prorector Reitz.

Daß die fortdauernde Verminderung der beitragspflichtigen ordentlichen Mitglieder auf die finanziellen Verhältnisse des Vereines nachtheilig zurückwirkt, versteht sich von selbst, indeß steht es doch damit so schlimm nicht, als eine flüchtige Vergleichung des in der

Anlage B.

vorliegenden Auszuges aus der revidirten diesjährigen Rechnung mit dem vorigjährigen glauben lassen könnte. Wenn nämlich hiernach die regelmäßige Einnahme des letzten Jahres 83 Thlr. weniger betrug, als 1852, so hat dies seinen hauptsächlichen Grund darin, daß zur Zeit des Rechnungsabschlusses mit dem Herrn Verleger der Jahrbücher noch nicht liquidirt war, weßhalb für den Verkauf von Druckschriften nur 2 Thlr. 36 ßl. zur Einnahme kamen, während im vorigen Jahre 71 Thlr. 40 ßl. erhoben wurden, die wir dies Mal noch zu Gute behalten. Dagegen betrug die Ausgabe des letzten Jahres, abgesehen von den belegten Capitalien, 168 Thlr. mehr, als 1852, was hauptsächlich durch den Ankauf mehrer werthvollen Goldfunde und Münzen für die Alterthumssammlung veranlaßt wurde. Da nun diese nur nach ihrem wirklichen Metallwerthe bezahlt sind, so ist das wirkliche Vermögen des Vereines dadurch nicht geschmälert, sondern erhöhet worden. Durch die Einziehung des bei der Sparcasse belegten Capitals von 372 Thlr. 25 ßl. und Hinzulegung von 127 Thlr. 23 ßl. aus dem vorhandenen Cassenvorrathe ward es möglich, eine sichere Obligation von 500 Thlr. zu einem höhern Zinsfuße anzukaufen, wodurch die belegten Capitalien von 1549 Thlr. auf 1676 Thlr. angewachsen sind, der baare Cassenvorrath

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 11 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

dagegen von 1000 Thlr. Cour. und 45 Thlr. Gold bis auf 808 Thlr. Cour. und 55 Thlr. Gold abgemindert ist. Im Ganzen hat sich das Vermögen des Vereines hiernach um circa 55 Thlr. vermindert, welche aber, wie bemerkt, durch unser Guthaben bei dem Verleger der Jahrbücher gedeckt sein dürften.

Die Sammlungen des Vereins haben wiederum in allen Abtheilungen nicht unbedeutend an Umfang und innerem Werthe gewonnen. Das 102 Nummern starke Verzeichniß der neuen Erwerbungen für die Bibliothek in der

Anlage C.

enthält fast nur Geschenke einheimischer und auswärtiger Freunde des Vereines. Werke von größerm Werthe und allgemeinerm Interesse finden sich darunter außer den schon erwähnten Publicationen des archäologischen Institutes von Großbrittannien, hauptsächlich in den Fächern für Kunstgeschichte und Münzkunde. Ganz besonders hervorzuheben sind hier namentlich die Monumenta Zollerana, ein großartiges Urkundenbuch zur Geschichte des Hauses Hohenzollern, Geschenk Sr. Maj. des Königs von Preußen (Nr. 40), und das für die Geschichte der Baukunst überaus wichtige Prachtwerk über den Dom zu Drontheim, von A. v. Minutoli, Geschenk des Herrn Verfassers (Nr. 9). Auch die Beschreibung der höchst interessanten alten Wandmalereien in der Kirche zu Alt=Röbel von unserm Lisch mit 2 Tafeln Abbildungen (auf Kosten der Redaction der Berliner Bauzeitung) (Nr. 8) verdient die besondere Aufmerksamkeit der Freunde mittelalterlicher Kunst nicht bloß Meklenburgs.

Die Urkundensammlung verdankt der freundlichen Aufmerksamkeit des Herrn E. F. Mooyer Abschrift von drei meklenburgischen, hier bisher unbekannten Urkunden des 13. Jahrhunderts, aus der handschriftlichen Urkundensammlung von Henseler auf der Stadtbibliothek zu Osnabrück, und dem seltnen Druckwerk: Antistitum Osnabrüggensis ecclesiae res gestae a J. J. Sandhoff II. p. CLIII und CLIV. Nr. CX. 1 und 2, nämlich:

1) Urkunde des Fürsten Borvin zu Rostock, die Abtretung gewisser Güter des Bürgers Schele zu Ribnitz an das Kloster Bersenbruck bei Osnabrück betreffend, d. d. Ribnitz, 1252 Septbr. 25.

2) Urkunde des Fürsten Waldemar zu Rostock, worin ein durch den Fürsten Borvin und den Rath zu Ribnitz vermittelter Vergleich zwischen dem Kloster Bersenbruck und den Gebrüdern Robert, Werner und Gerhard Schmidt erneuert wird, d. d. 1274 Aug. 9.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 12 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

3) Urkunde des Rathes zu Ribnitz desselben Inhaltes und von demselben Tage.

Die Erwerbungen der Alterthumssammlung giebt die

Anlage D.

in der üblichen übersichtlichen Zusammenstellung. Es sind darnach in diesem Jahre wiederum über 300 Stück hinzugekommen, worunter ungefähr die Hälfte, und zwar der bei weitem interessantere und werthvollere Theil, der heidnischen Vorzeit unsers Landes, hauptsächlich der ältern Stein= und Bronze=Periode, angehört, und worunter sich dies Mal ungewöhnlich viele Goldsachen von bedeutendem Werthe finden. Dagegen geben die Wendenkirchhöfe, welche grade der jüngern heidnischen Periode angehören, immer geringere Ausbeute, was sich aber aus der Beschaffenheit dieser Begräbnißplätze sehr natürlich erklärt, da die Urnen auf denselben bekanntlich stets sehr flach stehen und daher bei der in neuerer Zeit so ungemein rasch fortgeschrittenen Ackerkultur nachgrade wohl zum größern Theile zerstört sind. Die Gesammtzahl der heidnischen Grabalterthümer bloß in der Vereinssammlung (mit Ausschluß der großherzoglichen) ist nun bereits bis auf 3000 Nummern gestiegen, so daß beide vereinte Sammlungen auch ihrem Umfange nach zu den bedeutendsten des nördlichen Deutschlands gehören dürften. Der Hauptwerth derselben besteht aber auch in ihrer Vollständigkeit, indem sich vielleicht in keiner andern irgend eine Gattung von Alterthümern finden mögte, welche hier nicht durch ein oder das andere Exemplar vertreten wäre. Wirklich erfreuet sich unsre Sammlung denn auch eines weitverbreiteten, stets wachsenden Rufes, und wird immer häufiger von auswärtigen Gelehrten zu wissenschaftlichen Zwecken ausgebeutet. In dem abgelaufenen Jahre hat z. B. Herr Kemble dieselbe während eines 12tägigen Aufenthalts in Schwerin, um nicht zu sagen in unserm Antiquarium, mit dem größten Interesse studirt, und von den interessantesten Stücken eigenhändig sehr sauber entworfene Handzeichnungen mitgenommen. Ferner ward dieselbe von Herrn John Thurnam aus Cambridge besucht, welcher Deutschland im Interesse eines von ihm bearbeiteten umfänglichen Werkes über die Schädel in den heidnischen Gräbern, zunächst in Britannien, bereis'te, so wie von Herrn Prof. Wutke aus Leipzig im Interesse seiner Kulturgeschichte der Menschheit, von Herrn Dr. W. Lübke aus Westfalen, welcher auf kunsthistorischen Reisen auch Mecklenburg berührte, und später auch einige der interessantesten mittelalterlichen Baudenkmale, namentlich aus Wismar und Rostock etc. ., in dem Berliner Kunstblatte geschildert hat, u. a. m.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 13 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Unter diesen Umständen war der seit Jahren auf jeder General=Versammlung immer dringender ausgesprochene Wunsch, einen gedruckten Wegweiser durch die Räume unsers Antiquariums zu besitzen, gewiß gerechtfertigt, und ward die Mittheilung, daß dieser Wunsch durch die gefälligen Bemühungen des Herrn Archiv=Registrators Glöckler endlich in Erfüllung gegangen sei, auf der diesjährigen Versammlung mit lebhafter Befriedigung entgegengenommen. Die kleine Schrift ist nicht nur im Buchhandel, sondern auch im Antiquarium selbst zu dem Preise von 4 ßl. zu haben, und wird gewiß von jedem Besucher der Sammlung als ein willkommnes Andenken mitgenommen werden. Wenn sich übrigens die Arbeit in der Vorrede nur als eine interimistische anzeigt, so bezieht sich dies auf die Verheißung des Herrn Archivar Dr. Lisch, dieselbe demnächst durch ein wissenschaftlich gehaltenes Handbuch der heidnischen Alterthumskunde in Meklenburg nach Anleitung unsrer Sammlungen zu ersetzen, also durch ein Werk, welches unsern speciellen Zweck vollständig und in würdiger Weise erfüllen, zugleich aber einem nicht nur in Meklenburg, sondern in ganz Deutschland gefühlten und nachgrade in der That unabweisbaren Bedürfnisse abhelfen würde, und zu dessen Abfassung gewiß kein anderer so berufen und befähigt sein dürfte, als der eigentliche Schöpfer und Ordner unsrer Sammlung, ja der Hauptgründer und Beförderer der nationalen Alterthumskunde in Deutschland.

In Betreff der Münzsammlung darf ich mich lediglich auf den Bericht des verdienten Ordners und Aufsehers derselben, Herrn Pastor Masch, in der

Anlage E.,

so wie in Betreff der Bildersammlung auf den ausführlichen Bericht des jetzigen Aufsehers, Herrn Archiv=Registrators Glöckler, in der

Anlage F.

beziehen.

Am Schlusse dieses Abschnittes meines Berichtes habe ich noch die stets sehr angenehme Pflicht zu erfüllen, den zahlreichen Freunden und Gönnern unsers Vereins im In= und Auslande, welche unsre Sammlungen durch ihre in mehrfacher Beziehung willkommnen, zum Theil sehr werthvollen Geschenke bereichert haben, den herzlichen Dank des Vereins öffentlich auszusprechen. Außer Sr. Maj. dem Könige von Preußen und Sr. Königl Hoheit dem Großherzoge von Meklenburg=Schwerin sind hier folgende Herren und Damen zu nennen: Finanz=Rath Ahrens hieselbst, Glasermeister Beckmann zu Doberan, Ingenieur=Eleve Beyer zu Güstrow, Seifensieder Brunnen=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 14 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

gräber hieselbst, Eisenbahn=Conducteur Burmeister hieselbst, Hof=Decorationsmaler Clement zu Ludwigslust, Dr. Crull zu Wismar, Bürgermeister Daniel zu Schwaan, G. Dittmer zu Lübeck, Dr. v. Duve zu Ratzeburg, Schlösser Duve hieselbst, Pensionair Engel zu Demzin, Bürgermeister Dr. Flörcke zu Grabow, L. Fromm zu Parkentin, Dr. Gertz zu Wismar, Regierungs=Secretair Grischow zu Neustrelitz, Pensionair Haupt zu Tressow, Professor Homeyer zu Berlin, Dr. Huen zu Marlow, v. Jasmund auf Dobbin, Fräulein Elise Jatzow hieselbst, v. Kardorf auf Remlin, Domainen=Rath Kollmann auf Grüssow, Professor Krain zu Wismar, F. W. Kretschmer zu Berlin, Schullehrer Linshöft zu Barendorf, Archivar Dr. Lisch hieselbst, Frau Doctorin Lorenz zu Krakow, Freiherr v. Maltzan auf Rothenmoor, Pastor Masch zu Demern, Zahnarzt Meinhof zu Grabow, Freiherr A. v. Minutoli zu Berlin, E. F. Mooyer zu Minden, Geheime=Rath v. Oertzen hieselbst, Land=Syndicus Oesten zu Rostock, Forstmeister Plüschow zu Wismar, Advocat Pörtner zu Röbel, Geh. Cabinets=Rath Dr. Prosch hieselbst, Regierungs=Rath Dr. Prosch hieselbst, Pastor Ragotzky zu Triglitz, Pastor Ritter zu Vietlübbe, Präpositus Schencke zu Pinnow, Dr. C. Schönemann zu Wolfenbüttel, O. Schönhuth zu Würzburg, Apotheker Schreiber zu Grabow, Landbaumeister Schumacher zu Doberan, Candidat Segnitz hieselbst, Fr. Seidel zu Bützow, Architect Stern hieselbst, Gärtner Stübinger zu Wismar, Kaufmann Thormann zu Wismar, Pastor Vortisch zu Satow, Senator Weidemann zu Grabow, Director Dr. Wex hieselbst, Forstjunker v. Wickede zu Ratzeburg, Professor Zober zu Stralsund. Möge ihr Eifer nicht erkalten und zahlreiche Nachahmer finden!

Die in dem abgelaufenen Jahre eingelieferten wissenschaftlichen Arbeiten liegen zum größern Theile in dem 18ten Bande unserer Jahrbücher vor, und die wichtigste derselben, die Abhandlung des Herrn Archivar Dr. Lisch: Andreas Mylius und der Herzog Johann Albrecht von Meklenburg ist außerdem bereits als besonderer Abdruck zum Gedächtniß der bevorstehenden Jubelfeier unsers Gymnasiums in aller Händen und hat überall den wohlverdienten lebhaften Beifall gefunden 1 )1). Von den beigegebenen Steindrucktafeln ist das Facsimile einer eigenhändigen Urkunde des Herzogs auf Kosten des


1) Auch von Sr. Maj. dem Könige von Hannover ist dem Herrn Verfasser in Anerkennung der durch diese Abhandlung bewiesenen patriotischen und ehrenhaften Gesinnung die große goldene Ehren=Medaille: für Wissenschaft und Kunst, übersandt worden.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 15 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Vereines gefertigt, wogegen wir das wohlgelungene treffliche Bildniß des Herzogs der Liberalität Sr. K. H. des Großherzogs von Meklenburg=Schwerin verdanken 1 )1). Auch die Abhandlung über den Obotritenfürsten Mistuwoi vom Herrn Pastor F. Boll zu Neu=Brandenburg ist, wie Alles, was bisher aus der Feder dieses tüchtigen Forschers gekommen ist, eine wahre Bereicherung unserer historischen Literatur. Daran schließen sich passend noch einige kleinere Beiträge zur Genealogie des Hauses Werle von Lisch. Den übrigen Raum füllen 2 kleinere literar=historische Abhandlungen, über die protestantische Glosse zum Reineke Voß vom Herrn Pastor Boll und über die meklenburgischen Kirchenordnungen von dem Prof. Julius Wiggers.

Die Jahrbücher für Alterthumskunde beschränken sich dies Mal aus Mangel an Raum auf die Mittheilung der wichtigsten Funde und Entdeckungen des abgelaufenen Jahres, unter denen ich vor allen auf den Bericht über die in mehrfacher Beziehung wichtigen Aufgrabungen in der Nähe von Grabow S. 247 ff., die Beschreibung des Sukower Goldfundes S. 254 ff., endlich auf die Berichte über den wendischen Burgwall bei Gömtow, jetzt Friedrichsruhe, vom Herrn Pastor Willebrand zu Kladow S. 273 und die mittelalterliche Burg Retschow vom Herrn Archivar Lisch S. 280 aufmerksam zu machen mir erlaube.

Außer diesen bereits gedruckten Arbeiten hat Herr Archivar Dr. Lisch noch eine Abhandlung über die Fürstin Woizlava, Gemalin des Fürsten Pribislaw, und die Capelle zu Althof übergeben, die erst im nächsten Jahre zur Abdruck kommen wird, und der Unterzeichnete eine nach den Gränzen der alten slavischen Völkerschaften und Gaue geordnete Nachweisung der bis jetzt bekannten und theils in dem Friderico=Francisceum, theils in unsern Jahrbüchern beschriebenen heidnischen Denkmäler in den beiden Großherzogthümern. Die letztere Arbeit ward auf den vielfach ausgesprochenen Wunsch des Ausschusses unternommen, hauptsächlich in der Absicht, um dadurch eine künftig zu entwerfende antiquarische Karte vorzubereiten, und ist daher zunächst wenigstens noch nicht zum Abdruck bestimmt, weßhalb ich mir erlaube, hier vorläufig die Hauptresultate kurz anzudeuten und darauf hinzuweisen, was wir haben und wissen, und wo eine Lücke auszufüllen ist.


1) Außer dieser zu den bedeutendern Arbeiten unsers Vereins gehörenden Schrift verdanken wir der erwähnten Jubelfeier auch eine auf gründlicher Forschung beruhende Geschichte der Schweriner Gelehrten Schule von dem Herrn Director Dr. Wex, deren wissenschaftlicher Werth bereits durch die öffentliche Kritik anerkannt ist, die aber doch eben deswegen hier nicht ganz unerwähnt bleiben durfte.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 16 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Am auffallendsten tritt uns zuvörderst der gänzliche Mangel an sichern Monumenten heidnischer Götterverehrung entgegen. Während die ältern Forscher in jedem Hünengrabe einen Opferaltar und in jeder oft aus ganz neuer Zeit stammenden Umwallung die Ruinen eines Tempels zu erkennen glaubten, ist es der sorgsamsten neuern Forschung bisher nicht gelungen, auch nur die geringste Spur irgend eines der berühmten slavischen Heiligthümer aufzufinden. Nicht einmal die eigentliche Stätte des angeblich so prachtvollen Tempels zu Rhetra ist bekannt, obgleich die Lage des Ortes nicht mehr zweifelhaft sein kann, und dadurch eine genauere Nachforschung nach Resten des Tempels selbst möglich geworden ist. Noch weniger wissen wir von dem Heiligthume zu Goderak und den angeblichen Tempeln des Parkun bei Parchim, der Siwa bei Schwaan, des Prove bei Ratzeburg u. s. w., ja der sogenannte Steintanz bei Boitin ist vielleicht das einzige bis jetzt bekannte religiöse Monument in beiden Großherzogthümern. Eben so ist, abgesehen von den noch immer in lite befangenen Strelitzer Götzen, bisher kein einziges heidnisches Götzenbild entdeckt worden, wogegen unsere Sammlung reich ist an sehr wahrscheinlich zu religiösen Zwecken bestimmten Geräthschaften aus Gold und sauber gearbeiteter Bronze, besonders aus dem Gebiete der Rhedarier, Tholenzer und Circipaner.

Zahlreicher sind dagegen die Monumente bürgerlicher Baukunst, indem namentlich fast alle aus der Geschichte der Slaven bekannten und berühmten Burgen glücklich aufgefunden und mit voller Sicherheit nachgewiesen sind. Die Untersuchung dieser ehrwürdigen Ruinen hat aber, was schon aus dem Mangel an religiösen Denkmälern zu vermuthen stand, die hohe Stufe der Baukunst, welche frühere Historiker den slavischen Völkern zuschrieben, nicht bestätigt, vielmehr liegt es klar vor, daß alle vielgerühmten großen Städte und Festungen derselben nichts anders waren, als etwas ausgedehntere Dörfer mit einer schützenden Burg in tiefem Sumpfe und mit ziemlich hohen Wällen umgeben, aber von verhältnißmäßig geringem Umfange, deren Gebäude theils von Holz, theils nach Art unserer Bauerhäuser mit geklemten Wänden aufgeführt waren. - Alle diese Burgen liegen übrigens an der Gränze der verschiedenen Völkerschaften und dienten also zugleich als Gränzfestungen. Die zahlreichen, über das ganze Land zerstreuten kleineren Gauburgen sind dagegen noch lange nicht alle bekannt; ihre Aufsuchung ist aber für die alte slavische Gauverfassung wichtig, da es sich immer mehr und mehr herausstellt, daß jeder der kleinen Gaue (Zupa), in welche die größern Provinzen oder Herrschaften (Knesenice) abgetheilt waren, ihre besondere Burg hatte als Sitz des fürstlichen Vogtes

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 17 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

(Zupan), weßhalb diese ältern slavischen Burgen in der Regel an der Stelle der heutigen fürstlichen Amtshäuser gestanden haben werden, da unsere Vogteien oder Aemter aus jener slavischen Gauverfassung hervorgegangen sind.

Die bei weitem zahlreichste Classe heidnischer Monumente sind aber die Gräber, welche bekanntlich in die 3 Hauptclassen der Hünengräber, Kegelgräber und Wendenkirchhöfe zerfallen. Es sind nämlich bereits 84 Hünengräber und 152 Kegelgräber, aber nur 30 Wendenkirchhöfe bekannt und in dem Friderico=Francisceum und unsern Jahrbüchern besprochen. Eine nähere Betrachtung der Lage dieser Gräber scheint herauszustellen, daß der Volksstamm, welchem die ältesten dieser Denkmale, die Hünengräber, angehören, hauptsächlich nur an den Küsten des Meeres und den größern Binnenseen angesessen war, obgleich einzelne Alterthümer dieser Periode sich allerdings über das ganze Land zerstreut finden. Von jenen 84 Gräbern dieser Art liegen nämlich 15 allein in dem Gebiete zwischen der Warnow, dem Schweriner See und dem Meere, d. h. (nach meinen, seit vielen Jahren mit besonderem Interesse getriebenen, ethnographischen Forschungen) in dem Sitze der germanischen Wariner und dem Ursitze der spätern slavischen Obotriten, welche von hier aus ihre Herrschaft über die benachbarten Völker ausdehnten. In eben diesem Küstenstriche finden sich zugleich die zahlreichsten einzelnen Alterthümer dieser Zeit, da nicht weniger als 28 oft sehr ergiebige Fundorte daselbst bekannt geworden sind, und darunter 3 Manufacturstätten von Steinwaffen. Diese Gegend scheint daher von uralten Zeiten her der Hauptsitz der fortschreitenden Cultur in unserer Heimath gewesen zu sein.

Auch in dem benachbarten, gleichfalls obotritischen, Küstenstriche zwischen dem Schweriner und dem Ratzeburger See sind 13, und etwas weiter südlich in den Aemtern Schwerin und Wittenburg noch 8 Hünengräber, und 1 Waffenmanufactur am Zarrentiner See bekannt geworden. Weiter nach Süden in dem Gebiete der Smeldingen und Polaben längs der Elbe sind bisher keine Gräber dieser Art entdeckt worden. Dagegen finden sich in dem Gebiete der Warnaven (bei Sternberg und Plau) 12, der Morizen an der Müritz 10 und in dem zu Meklenburg gehörigen schmalen Streifen des ehemaligen Gebietes der Lingonen jenseits der Elde, namentlich am Plauer See, noch 8 solcher Gräber und bei Klink an der Müritz eine Waffenmanufactur. Ferner 3 im Lande der Rhedarier, 11 in Tholenz, 2 in Circipene und 2 in Kissin. Diese letztere Gegend ist aber bis jetzt noch fast gar nicht durchforscht, und verspricht für die Zukunft reichere Ausbeute.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 18 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Von den 152 Kegelgräbern, oder vielmehr Feldmarken, auf welchen Gräber dieser Art zum Theil in Gruppen von 10 bis 12 gefunden sind, gehören wieder die meisten, nämlich 31, dem Gebiete der Ost=Obotriten an, wo auch viele der werthvollsten einzelnen Alterthümer, namentlich 2 Kronen, 1 Hifthorn, mehre Schwerter u. s. w. gefunden sind. In dem Gebiete der West=Obotriten (Reregi?) liegen 11, der Polaben und Smeldingen 27, der Warnaven 26, der Morizen 9, der Lingonen 21, der Rhedarier 5, der Tholenzer 11, der Circipaner 8, der Kissiner 3.

Wenden=Kirchhöfe liegen in dem Gebiete der Ost=Obotriten 7, der West=Obotriten 5, der Warnaven 2, der Morizen 4, der Lingonen 3, der Rhedarier 3, der Tholenzer 5, der Circipaner 1, der Kissiner 1.

Von den ausländischen, in Meklenburg gefundenen Alterthümern der ältern Zeit, namentlich römischen Ursprungs, sind wiederum die meisten im Gebiete der Ost=Obotriten entdeckt, namentlich bei Warin, Pennewit, Friedrichsdorf und Brüel. Demnächst ist der wichtigste der Hagenower Fund im Gebiete der Polaben, das römische Grab bei Gr. Kelle in Moriz und die römische Urne bei Stuer, endlich der Lübberstorfer Fund bei Brandenburg und der Kittendorfer und Schwinkendorfer, in Tholenze, Amt Stavenhagen. Die übrigen Funde bestehen bloß in römischen Münzen der Kaiserzeit.

Die der mittlern Zeit angehörigen auswärtigen Alterthümer, namentlich orientalischen und deutschen Ursprungs, deren überhaupt 9 sind, vertheilen sich geographisch ziemlich gleichmäßig und finden sich namentlich eben so häufig im Innern des Landes, als an der Küste.

Diese Alterthümer=Topographie ist allerdings lückenhaft und selbst nicht ganz zuverlässig, indem spätere Forschungen vielleicht ein anderes Resultat herausstellen können. Das Mitgetheilte wird aber hoffentlich die Wichtigkeit genauerer Berichte über die bis jetzt noch nicht genügend durchforschten Gegenden darthun, und diese wo möglich zu veranlassen, ist der Hauptzweck dieser Worte.

Schwerin, im Juli 1852.

W. G. Beyer Dr.,                  
Archiv=Secretair, als zweiter Secretair des Vereins.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 19 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Anlage A.

Verzeichniß

der allerhöchsten Protectoren, hohen Beförderer, Ehrenmitglieder, correspondirenden Vereine, correspondirenden Mitglieder und ordentlichen Mitglieder, am 11. Julius 1853.


I. Protectoren.

  1. Seine Königliche Hoheit der Großherzog von Meklenburg=Strelitz.
  2. Seine Königliche Hoheit der Großherzog von Meklenburg=Schwerin.

II. Hohe Beförderer.

  1. Seine Königliche Hoheit der Erbgroßherzog von Meklenburg=Strelitz.
  2. Ihre Königliche Hoheit die Frau Herzogin von Orleans.
  3. Ihre Königliche Hoheit die verwittwete Frau Großherzogin von Meklenburg=Schwerin.
  4. Seine Durchlaucht der regierende Fürst von Schaumburg=Lippe.
  5. Seine Majestät der König von Dänemark.
  6. Seine Durchlaucht der Erbprinz von Schaumburg=Lippe.
  7. Ihre Königliche Hoheit die regierende Frau Großherzogin von Meklenburg=Schwerin.
  8. Seine Königliche Hoheit der Prinz Johann, Herzog zu Sachsen.

III. Ehrenmitglieder.

  1. Se. Exc. der Herr Staatsminister v. Dewitz zu Neustrelitz.
  2. Die Frau Gräfin v. Hahn auf Basedow.
  3. Der Herr Geheimerath v. Olfers, General=Director der königlichen Museen zu Berlin.
  4. Se. Exc. der Herr Staatsminister v. Lützow auf Boddin.

IV. Correspondirende Gesellschaften.

  1. Kaiserliche Akademie der Wissenschaften, zu Wien.
  2. Museum Francisco=Carolinum, zu Linz.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 20 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
  1. Historischer Provinzial=Verein für Krain, zu Laibach.
  2. Historischer Provinzial=Verein für Steiermark, zu Gratz.
  3. Historisch. Provinz.=Verein für Kärnthen, zu Klagenfurt.
  4. Ferdinandeum, zu Innsbruck.
  5. Königlich Baiersche Akademie der Wissenschaften, zu München.
  6. Historischer Verein für Oberbaiern, zu München.
  7. Historischer Verein für Oberfranken, zu Bamberg.
  8. Historischer Verein für Unterfranken und Aschaffenburg, zu Würzburg.
  9. Historischer Verein für Oberfranken, zu Baireuth.
  10. Historischer Verein der Oberpfalz und von Regensburg, zu Regensburg.
  11. Historischer Verein für Schwaben und Neuburg, zu Augsburg.
  12. Königlich Würtembergisches statistisch=topographisches Büreau und Verein für Vaterlandskunde, zu Stuttgart.
  13. Verein für Kunst und Alterthum in Ulm und Oberschwaben.
  14. Historischer Verein für das Würtembergische Franken, zu Mergentheim.
  15. Sinsheimer Gesellschaft zur Erforschung der vaterländischen Denkmale der Vorzeit.
  16. Alterthums=Verein für das Großherzogthum Baden, zu Baden=Baden.
  17. Verein zur Erforschung der rheinischen Geschichte und Alterthümer, zu Mainz.
  18. Gesellschaft für Frankfurt's Geschichte und Kunst, zu Frankfurt a. M.
  19. Nassauischer Verein für Alterthumskunde und Geschichtsforschung, zu Wiesbaden.
  20. Historisch=antiquarischer Verein für die Städte Saarbrücken, St. Johann und deren Umgegend, zu Saarbrücken.
  21. Verein für die Geschichte und Alterthumskunde Westphalens, zu Münster.
  22. Westfälische Gesellschaft zur Beförderung vaterländischer Kultur, zu Minden.
  23. Verein für Hessische Geschichte und Landeskunde, zu Kassel.
  24. Deutsche Gesellschaft z. Erforschung vaterländischer Sprache und Alterthümer, zu Leipzig.
  25. Königl. Sächsischer Verein für Erforschung und Erhaltung vaterländischer Geschichte und Kunstdenkmale zu Dresden.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 21 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
  1. Hennebergischer Verein für vaterländische Geschichte, zu Meiningen.
  2. Geschichts= und alterthumsforschende Gesellschaft des Osterlandes, zu Altenburg.
  3. Vogtländischer alterthumsforschender Verein, zu Hohenleuben.
  4. Thüringisch=sächsischer Verein zur Erforschung vaterländischen Alterthums, zu Halle.
  5. Verein für thüringisch=sächsische Geschichte und Alterthumskunde zu Jena.
  6. Oberlausitzische Gesellschaft der Wissenschaften, zu Görlitz.
  7. Schlesische Gesellschaft für vaterländische Kultur, zu Breslau.
  8. Verein für Geschichte und Alterthum Schlesiens, zu Breslau.
  9. Alterthumsgesellschaft Prussia, zu Königsberg.
  10. Gesellschaft für Pommersche Geschichte und Alterthumskunde, zu Stettin.
  11. Verein für Geschichte der Mark Brandenburg, zu Berlin.
  12. Altmärkischer Verein für vaterländische Geschichte und Industrie, zu Salzwedel.
  13. Historischer Verein für Niedersachsen, zu Hannover.
  14. Museum zu Hildesheim.
  15. Verein für Geschichte und Alterthumskunde, zu Osnabrück.
  16. Gesellschaft für bildende Kunst und vaterländische Alterthümer, zu Emden.
  17. Verein für Hamburgische Geschichte, zu Hamburg.
  18. Verein für Lübeckische Geschichte und Alterthumskunde, zu Lübeck.
  19. Schleswig=Holstein=Lauenburgische Gesellschaft für vaterländische Geschichte, zu Kiel.
  20. Königliche Schleswig=Holstein=Lauenburgische Gesellschaft für Sammlung und Erhaltung vaterländischer Alterthümer, zu Kiel.
  21. Gesellschaft für vaterländische Alterthümer, zu Zürich.
  22. Gesellschaft für vaterländische Alterthümer, zu Basel.
  23. Schweizerische geschichtsforschende Gesellschaft, zu Bern.
  24. Königlich Niederländisches Museum der Alterthümer, zu Leyden.
  25. Gesellschaft für Friesische Geschichts=, Alterthums= und Sprachkunde, zu Leuwarden.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 22 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
  1. Archäologische Gesellschaft für Erhaltung und Aufsuchung geschichtlicher Denkmäler im Großherzogthum Luxemburg.
  2. Königlich Dänische Gesellschaft für nordische Alterthumskunde, zu Kopenhagen.
  3. Dänischer historischer Verein, zu Kopenhagen.
  4. Königlich Schwedische Akademie der schönen Wissenschaften, Historie und Antiquitäten, zu Stockholm.
  5. Kaiserlich=bestätigte archäologische numismatische Gesellschaft, zu Petersburg.
  6. Gesellschaft für Geschichte und Alterthumskunde der Russischen Ostseeprovinzen, zu Riga.
  7. Esthländische literarische Gesellschaft, zu Reval.
  8. Gelehrte Esthnische Gesellschaft, zu Dorpat.
  9. Verein für Siebenbürgische Landeskunde, zu Hermannstadt.
  10. Gesellschaft für südslavische Geschichte und Alterthumskunde, zu Agram.
  11. Archäologisches Institut für Großbritannien und Irland, zu London.

V. Correspondirende Mitglieder.

In Baden:
   zu Sinsheim: 1. Wilhelmi, Pastor.
in Braunschweig:
   zu Wolfenbüttel: 2. Schmidt Dr., Archivrath.
3. Schönemann Dr., Bibliothekar.
in Großbritannien:
   zu London: 4. John Kemble, Esq., A. M. Trinity College Cambridge.
in Dänemark:
   zu Kopenhagen: 5. Molbech Dr., Etatsrath und Professor.
6. Rafn Dr., wirklicher Etatsrath und Professor.
7. Thomsen, wirklicher Etatsrath und Director der königl. Museen.
in Frankfurt a. M.: 8. Böhmer Dr., Stadtbibliothekar.
in Hamburg: 9. Lappenberg Dr., Archivar und Senator.
in Hannover:
   zu Göttingen: 10. Havemann Dr., Professor.
   zu Stade: 11. Möhlmann, Auditor.
   zu Celle: 12. v. Hodenberg Excellenz, Landschaftsdirector.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 23 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
in Holstein=Lauenburg:
   zu Ratzeburg: 12. v. Duve Dr.
in Lübeck: 14. Behn Dr.
15. Deecke Dr., Professor.
16. Dittmer Dr., Canzlei=Secretair.
in Oesterreich:
   zu Wien: 17. Chmel, K. K. Regierungsrath und Vicedirector des K. K. Geheimen Archivs.
18. Eduard Melly Dr.
   zu Prag: 19. Hanka Dr., Bibliothekar.
   zu Zara: 20. Petranovich Dr., K. K. Landgerichtsrath.
in Preußen:
   zu Berlin: 21. Friedländer Dr., Bibliothekar.
22. J. Grimm Dr., Professor.
23. W. Grimm Dr., Professor.
24. Höfer, Geheimer Archivrath.
25. Homeyer Dr., Professor.
26. Klaatsch, Geheimer Archivrath.
27. Kretschmer.
28. von Ledebur, Director des Kunstkabinets.
29. Pertz Dr., Ober=Bibliothekar, Geheimer Ober=Regierungsrath.
30. von Raumer Dr., Geheimer Oberregierungsrath und Archivdirector des preußischen Staats.
31. Riedel Dr., Geheimer Archivrath und Professor.
   zu Jüterbock: 32. Heffter Dr., Land= und Stadt=Gerichts=Director.
   zu Triglitz: 33. Ragotzky, Pastor.
   zu Salzwedel: 34. Danneil, Director und Professor.
   zu Greifswald: 35. Barthold Dr., Professor.
36. von Hagenow Dr.
37. Kosegarten Dr., Professor.
   zu Stettin: 38. Bagmihl, Buchdruckereibesitzer.
39. Giesebrecht Dr., Prosessor.
40. Hering Dr., Professor.
   zu Stralsund: 41. Brandenburg Dr., Syndicus und Archivar.
42. Fabricius, Bürgermeister.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 24 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
   zu Stralsund: 43. Zober Dr., Professor und Stadtbibliothekar.
   zu Königsberg: 44. Voigt Dr., Geheimer Regierungsrath und Archiv=Director, Professor.
   zu Breslau: 45. Stenzel Dr., Geheimer Archivrath und Professor.
   zu Liegnitz: 46. von Minutoli, Regierungsrath.
   zu Halle: 47. Leo Dr., Professor.
   zu Bonn: 48. Dahlmann Dr., Professor.
   zu Wetzlar: 49. von Medem, Archivrath.
in Reuß:
   zu Hohenleuben: 50. Alberti, Pfarrer.
in Rußland:
   zu Petersburg: 51. Köhne Dr., K. K. Hofrath.
in Sachsen:
   zu Jena: 52. Michelsen Dr., Hof= und Justizrath, Professor.
in Schweden:
   zu Stockholm: 53. Hildebrand, Reichsantiquar und Director des Münzkabinets.
   zu Upsala: 54. Schröder M., Ober=Bibliothekar, Professor und Reichshistoriograph.
   zu Lund: 55. Nilsson Dr., Professor.
in der Schweiz:
   zu Lausanne: 56. Troyon, Alterthumsforscher.

 

VI. Ordentliche Mitglieder.

A. In Meklenburg.
bei Boizenburg: 1. von Lücken auf Zahrenstorf.
bei Brüel: 2. Schnelle auf Buchholz, Dr.
zu Bützow: 3. Bolte, Criminalgerichts=Director.
4. von Bülow, Criminalrath.
5. von Jasmund auf Dobbin.
6. Friedrich Seidel, Bürger.
bei Bützow: 7. von Meerheimb auf Gr. Gischow, Drost.
8. Baron von Meerheimb auf Wokrent, Kammer=Direktor a. D.
9. Baron von Meerheimb zu Gr. Belitz.
bei Crivitz: 10. von Barner auf Bülow, Major, Landrath.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 25 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
bei Crivitz: 11. Schencke Dr., Präpositus zu Pinnow.
Willebrand, Pastor zu Cladow. 12.
zu Dargun: 13. von Pressentin, Amtmann.
zu Doberan: 14. Baron von Maltzan auf Kl. Luckow.
bei Doberan: 15. Fromm, Präpositus zu Parkentin.
zu Dömitz: 16. von Bülow, Drost.
bei Dömitz: 17. zur Nedden, Pastor zu Conow.
bei Friedland: 18. von Oertzen auf Leppin, Geheimer Rath.
19. von Rieben auf Galenbeck, Landrath.
bei Fürstenberg: 20. von Buch auf Tornow, Kammerherr.
zu Gadebusch: 21. Litzmann Dr., Ober=Medicinalrath.
22. Wilhelm, Apotheker.
bei Gadebusch: 23. von Döring auf Badow.
24. Rohrdanz auf Dutzow.
25. von Leers auf Schönfeld, Landrath.
zu Gnoien: 26. Cramer, Bürgermeister.
27. Johannes Dr. med.
28. von Kardorff auf Remlin.
29. Wiggers, Conrector.
bei Gnoien: 30. von Schuckmann auf Viecheln.
31. Günther, Pastor zu Gr. Methling.
32. von Oertzen auf Repnitz.
bei Goldberg: 33. Baron Le Fort auf Boek, Klosterhauptmann zu Dobbertin.
34. Rösecke, Oeconom zu Brütz.
zu Grabow: 35. Römer, Rector.
36. Rüst Dr., Amtsarzt.
zu Grevismühlen: 37. Friedr. Krüger, Amtshauptmann.
38. Martens, Pastor.
bei Grevismühlen: 39. Eckermann auf Johannsdorf.
40. von Müller auf Rankendorf.
41. Owstin, Pastor zu Börzow.
42. Rettich auf Rosenhagen.
43. von Päpcke auf Lütgenhof, Justizrath.
zu Güstrow: 44. Diederichs, Advocat.
45. Mencke, Justizrath.
46. Trotsche, Stadtsecretair.
47. Türck, Pastor.
48. Viereck, Senator.
bei Güstrow: 49. von Blücher auf Lüdershagen.
50. von Buch auf Zapkendorf.
51. Engel auf Charlottenthal.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 26 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zu Hagenow: 52. Hast, Pastor.
bei Hagenow: 53. von Röder, Domainenrath zu Redefin.
zu Kröpelin: 54. O. Schultz, Bürgermeister.
bei Kröpelin: 55. Maue, Gutsbesitzer auf Gr. Siemen.
56. Vortisch, Pastor zu Satow.
zu Lage: 57. Kues Dr. med.
58. Lüders, Bürgermeister.
bei Lage: 59. Graf von Bassewitz auf Prebberede.
60. von Lowtzow auf Rensow.
zu Lübz: 61. Drechsler, Geheimer=Amtsrath.
62. Gädcke, Stadtsecretair, Advocat.
63. von Lehsten, Kammerjunker, Forstmeister.
zu Ludwigslust: 64. von Behr=Negendank auf Torgelow.
65. Brückner Dr., Ober=Medicinalrath.
66. von Schmidt, Geh. Legationsrath.
zu Malchin: 67. Timm, Apotheker.
bei Malchin: 68. Graf von Bassewitz auf Bristow.
69. Graf von Hahn auf Basedow.
70. Walter, Pastor zu Bülow.
zu Malchow: 71. Engel, Küchenmeister.
bei Malchow: 72. Graf von Blücher auf Göhren.
73. Kollmann auf Grüssow, Domänenrath.
zu Mirow: 74. Giesebrecht, Pastor.
zu Neubrandenburg: 75. Boll, Pastor.
76. Ahlers, Landsyndicus.
77. Brückner Dr., Rath.
78. Nicolai, Syndicus.
bei Neubrandenburg: 79. von Berg auf Neuenkirchen.
80. von Dewitz auf Kölpin.
81. von Engel auf Breesen, Kammerherr.
82. von Klinggräff auf Chemnitz.
bei Neubuckow: 83. Priester, Präpositus zu Westenbrügge.
84. Schröder, Pensionair zu Gaarzerhof.
bei Neukalden: 85. von Blücher auf Teschow, Landdrost.
86. von Levetzow, Minister a. D. und Kammerherr, Excell., auf Lelkendorf.
zu Neustadt: 87. von Bülow, Landdrost.
zu Neustrelitz: 88. von Bernstorff, Staatsminister.
89. Görner, Hoftheater=Director.
90. von Grävenitz, Kammer=Director.
91. Grischow, Regierungs=Secretair.
92. von Kamptz, Oberhofmeister.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 27 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zu Neustrelitz: 93. Lignau, Hof=Postdirector.
94. Nauwerk, Geheimer=Hofrath.
95. von Schultz, Geheimer=Justizrath.
96. von Voß, Ober=Jägermeister.
bei Neustrelitz: 97. Kannegießer, Oberförster zu Glambeck.
zu Parchim: 98. Flörcke, Bürgermeister.
99. Niemann, Pastor.
100. Schliemann, Superintendent.
101. Schumacher, Apotheker.
bei Parchim: 102. von Quitzow auf Severin.
103. Zehlicke Dr., Ober=Schulrath, zu Slate.
zu Penzlin: 104. Müller, Bürgermeister.
bei Penzlin: 105. Flügge auf Gr. Helle.
106. von Gundlach auf Möllenstorf.
107. von Gundlach auf Rumpshagen.
108. Jahn auf Kl. Vielen.
109. Baron von Maltzan auf Mallin, Vice=Landmarschall.
110. von Oertzen auf Marin, Kammerherr.
zu Plau: 111. Daries, Kaufmann.
112. Goldschmidt, Kaufmann.
113. Kühl Dr., Apotheker.
114. Schultetus, Senator.
bei Plau: 115. von Cleve auf Carow.
116. Kortüm, Erbpächter zu Klebe.
117. Ritter, Pastor zu Vietlübbe.
118. Zander, Pastor zu Barkow.
zu Ratzeburg: 119.. Gentzken M., Consistorialrath.
bei Ratzeburg: 120. Arndt, Pastor zu Schlagsdorf.
zu Rehna: 121. Bauer, Präpositus.
122. Beselin Dr., Bürgermeister.
123. Demmler, Senator.
124. von Lehsten, Oberforstmeister.
bei Rehna: 125. Masch, Pastor zu Demern.
bei Riebnitz: 126. Stenzel, Erbpächter zu Hirschburg.
127. von Mühlenfels zu Neuhof.
zu Röbel: 128. Ackermann, Gerichtsactuarius.
129. Engel, Bürgermeister, Hofrath.
bei Röbel: 130. Graf von Blücher auf Finken.
131. von Ferber auf Melz.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 28 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
bei Röbel: 132. von Schulse auf Ludorf, Kammerherr.
zu Rostock: 133. Ackermann, Oberappellations=Ger.=Vice=Präsident a. D.
134. Bachmann Dr., Professor und Director des Gymnasiums.
135. von Bassewitz, Oberappellations=Gerichts=Vice=Präsident.
136. von Bassewitz, Justizrath.
137. Diemer Dr., Consistorialrath, Professor.
138. Ditmar Dr., Geheimer=Justizrath und ritterschaftlicher Syndicus.
139. Dumrath, Kaufmann.
140. Hegel Dr., Professor.
141. von Heyse=Rothenburg sen.
142. Langfeld, Land=Syndicus.
143. Mann Dr., Senator.
144. Baron von Maltzan auf Rothenmoor, Landrath.
145. Baron von Maltzan, Justizrath.
146. Meyer, Staatsrath a. D., Syndicus.
147. Baron von Nettelbladt Dr., Bibliothekar.
148. Schmidt, Oberappellationsrath.
149. Spitta Dr., Professor, Ober=Medicinalrath.
150. Warkentin, Kaufmann.
151. Weber Dr., Oberappellationsrath.
152. von Wickede, Landes=Steuerdirector.
153. J. Wiggers Dr., Professor.
154. zur Nedden, Amtmann (Toitenwinkel).
bei Rostock: 155. von Hafften, zu Hohen=Schwarfs.
156. M. von Heyse=Rotenburg auf Poppendorf.
157. von Plessen auf Gr. Viegeln.
zu Schönberg: 158. Bicker, Buchdrucker.
159. Karsten Dr., Gerichtsrath.
160. Kindler, Advocat.
zu Schwaan: 161. Daniel, Bürgermeister.
162. von Schöpffer, Amtsverwalter.
zu Schwerin: 163. Ahrens, Geheimer=Finanzrath.
164. Assur, Privatgelehrter.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 29 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zu Schwerin: 165. Bartning, Baurath.
166. Bartning, Hofrath.
167. von Bassewitz, Regierungsrath.
168. Beyer Dr., Archiv=Secretair.
169. von Boddien, Kammerherr, Oberstallmeister.
170. Graf von Bülow, Ministerpräsident, Excellenz.
171. von Bülow, Canzlei=Director.
172. von Elderhorst, Generalmajor a. D.
173. Faull, Geheimer=Canzleirath.
174. Fischer, Maler.
175. Frese Dr., Generalarzt und Hofrath.
176. Gerdess, Rector.
177. Gillmeister, Maler.
178. Glöckler, Archiv=Registrator.
179. Grimm, Kriegsrath.
180. Groth, Archivar.
181. Hase, Revisionsrath.
182. Kaysel, Oberkirchenrath.
183. Kayser, Zeitungsredacteur.
184. Kliefoth Dr., Oberkirchenrath.
185. Knaudt Dr., Regierungsrath.
186. Krüger, Bauconducteur.
187. Lenthe, Hofmaler.
188. Lisch Dr., Archivar und Conservator.
189. Lorenz, Schulrath.
190. von Lützow, Schloßhauptmann.
191. Mantius, Commerzienrath.
192. Müller, Geheimer=Canzleirath, Regierungs= und Lehnsfiscal.
193. zur Nedden, Ministerial=Secretair.
194. von Oertzen, Geheimer=Rath
195. Graf von der Osten=Sacken, Obrist a. D.
196. Parrod, Hofopernsänger.
197. Peters, Hof=Registrator.
198. M. von Prollius, Canzleirath.
199. Prosch Dr., Regierungsrath.
200. Prosch Dr., Geheimer=Cabinetsrath.
201. Reitz, Prorector.
202. Baron von Rodde auf Zibühl.
203. Ruge, Baumeister.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 30 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zu Schwerin: 204. Th. Schlöpke, Maler.
205. Schröder Dr., Schulrath.
206. Schweden, Advocat.
207. Seebohm, Dr. med.
208. Stern, Architect.
209. Voß, Kaufmann.
210. Wachenhusen, Baumeister.
211. Wedemeier Dr., Ministerial=Registrator.
212. Wex Dr., Director des Gymnasiums.
213. Wigger Dr., Privatlehrer.
214. von Witzleben, Generalmajor.
bei Schwerin: 215. von Böhl auf Cramonshagen.
216. Flemming Dr., Ober=Medicinalrath, zu Sachsenberg.
217. Schubart, Pensionair zu Gallentin.
zu Stargard: 218. Siemssen, Bürgermeister.
bei Stavenhagen: 219. von Blücher auf Rosenow, Rittmeister.
220. von Heiden auf Bredenfelde.
221. von der Lancken auf Galenbeck, Kammerherr.
222. von Oertzen auf Jürgenstorf, Landrath.
223. von Oertzen auf Kittendorf.
zu Sternberg: 224. Kleiminger, Consistorialrath und Superintendent.
bei Sternberg: 225. von Barner auf Kl. Görnow.
226. von Bülow auf Wahmkow.
zu Sülz: 227. Koch, Geheimer=Amtsrath.
bei Tessin: 228. Karsten, Präpositus zu Vilz.
229. von Koß auf Vilz.
230. von der Lühe auf Gnewitz.
231. von Oertzen auf Woltow.
232. von Plüskow auf Kowalz.
233. von Schack auf Nustrow.
bei Teterow: 234. Graf von Bassewitz=Schlitz auf Burg=Schlitz.
235. von Blücher auf Suckow, Landrath.
236. Jordan auf Grambzow, Domänenrath.
237. Baron von Möller=Lilienstern auf Rothspalk.
238. Pogge auf Roggow.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 31 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zu Waren: 239. Müller, Lehrer.
240. Pries, Bürgermeister.
241. Sprengel Dr., Stadtrichter.
242. Walter, Cand. theol.
bei Waren: 243. Brückner, Präpositus zu Gr. Giewitz.
244. Conradi, Pastor zu Ankershagen.
245. von Frisch auf Klocksin.
246. von Oldenburg auf Marxhagen.
247. Graf von Voß auf Gr. Giewitz.
zu Warin: 248. Bartsch, Pastor emer.
249. Bartsch Dr., Kreisphysicus.
zu Wismar: 250. Crain Dr., Professor, Director des Gymnasiums.
251. Crull, Kaufmann, königl. niederländischer Consul.
252. Crull Dr. med.
253. Fabricius Dr., Senator.
254. Frege Dr., Lehrer am Gymnasium.
255. Haupt Dr., Lehrer am Gymnasium.
256. Haupt, Advocat.
257. Lembcke, Advocat.
258. Pentzlin, Dr. med.
259. Plagemann Dr. phil.
260. Reuter, Lehrer.
261. Techen Dr. med.
262. Thormann, Baumeister.
bei Wismar: 263. Albrandt, Pastor zu Lübow.
264. Baron von Biel auf Zierow.
265. Haupt, Pensionair zu Tressow.
266. Heyden, Pastor zu Beidendorf.
267. Koch auf Dreveskirchen.
268. von Strahlendorf auf Gamehl, Kammerherr und Vice=Landmarschall.
zu Wittenburg: 269. von Flotow, Amtmann.
bei Wittenburg: 270. von Grävenitz auf Zühr, Major.
271. von Lützow auf Tessin.

B . Außerhalb Meklenburg:

in der Mark Brandenburg: 272. von Bülow, Legationsrath in Berlin.
273. Graf von Finkenstein, Kammerherr, zu Potsdam.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 32 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
in der Mark Brandenburg: 274. Karsten Dr., Regierungsrath a. D., zu Berlin
275. von Lewtzow, Domherr auf Gr. Markow, wohnhaft zu Kläden bei Stendal.
276. Graf von Zieten, Landrath, Erbherr auf Wustrau.
zu Hamburg: 277. Beneke Dr., Archiv=Secretair.
278. Krüger, Postsecretair.
279. Weber, Commerzienrath.
in Pommern: 280. Rudolf von Oertzen auf Pamitz bei Anklam.
281. J. von Bohlen auf Bohlendorf (Halbinsel Wittow).
282. Graf von Krassow, Landrath zu Franzburg.
in Sachsen: 283. Eduard von Ketelhodt, Kammerherr, zu Dresden.
284. Sabinin M., Hofprobst zu Weimar.
285. Schumacher, Hofmaler, zu Dresden.

C . Im Auslande.

in Rußland: 286.. Rußwurm, Ober=Inspector zu Reval.
Zusammenstellung.
I. Protectoren 2
II. Hohe Beförderer 8
III. Ehrenmitglieder 4
IV. Correspondirende Vereine 63
V. Correspondirende Mitglieder 56
VI. Ordentliche Mitglieder 286

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 33 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Anlage B.

Auszug

aus der Rechnung über die Vereins=Casse vom 1. Juli 1852/53.
I. Einnahme.
Auszug aus der Rechnung über die Vereins=Casse vom 1. Juli 1852/53.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 34 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Auszug aus der Rechnung über die Vereins=Casse vom 1. Juli 1852/53.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 35 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Auszug aus der Rechnung über die Vereins=Casse vom 1. Juli 1852/53.

Schwerin, den 1. Juli 1853.

F. Wedemeier, Dr., Ministerial-Registrator.
p. t. Cassenberechner.           


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 36 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Anlage C.

Verzeichniß

der in dem Vereinsjahre 1852/53 erworbenen Bücher,
wissenschaftlich geordnet.

I. Sprachkunde, Literaturgeschichte.

Nr.

  1. Russische Sprachlehre für Deutsche von Joh. Heym. Neue Aufl. Riga. 1804. 8. (Geschenk des Hrn. Pastors Ritter zu Vietlübbe.)
  2. Kritische Durchsicht der von Dawidow verfaßten Wörtersammlung aus der Sprache der Ainos. Von Dr. A. Pfizmaier. Wien 1851. 8. (Geschenk der kaiserl. Akademie zu Wien.)
  3. Hundert Merkwürdigkeiten der herzogl. Bibliothek zu Wolfenbüttel. Für Freunde derselben von C. Schönemann. Hannover 1849. 8.
  4. Zweites und drittes Hundert Merkwürdigkeiten der herzogl. Bibliothek zu Wolfenbüttel. Von C. Schönemann. Hannover 1852. (Nr. 3 und 4 Geschenke des Hrn. Verf.)

II. Kunstgeschichte.

(Vergl. Großbrittannien und Sachsen.)
  1. Picturesque Antiquities of Scotland, etched by Ad. de Cardonnel. London 1788. (Mit vignettenart. sauber gest. Abbildungen. - Geschenk des Hrn. Cand. Oesten zu Rostock.)
  2. Vorschule zur Geschichte der Kirchenbaukunst des Mittelalters. Von W. Lübke. Mit 2 lithograph. Tafeln. Dortmund 1852. 8.
  3. Der Erzengel Michael. Von Martin Schongauer. Achte Veröffentlichung des Vereins für Kunst und Alterthum in Ulm und Oberschwaben. Ulm 1852. Gr. Fol. (Geschenk des Vereins.)
  4. Lisch, Ueber die alten Wandmalereien in der Kirche zu Alt=Röbel, mit 2 Tafeln Abbildungen. - Separat=Abdruck aus der Berliner Bauzeitung. August 1852. Fol. (Geschenk des Hrn. Verf.)
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 37 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
  1. Der Dom zu Drontheim und die mittelalterliche christliche Baukunst der skandinavischen Normannen. Von A. v. Minutoli. Mit 12 Tafeln Abbildungen. Berlin 1853. Imper. Fol. (Geschenk des Hrn. Verf.)

III. Münzkunde.

  1. 11. Mémoires de la Société impériale d'Archéologie de St. Pétersbourg. Publiés par B. de Koehne. XV. XVI. XVII. (Vol. V. VI.) St. Pétersbourg 1852. 8. (Geschenk der Gesellschaft.)
  1. Zur vaterländischen Münzkunde vom 12. bis 15. Jahrhundert, oder Grundzüge der Bracteatenkunde etc. . Von Dr. C. Schönemann. Mit 325 Abbildungen. Wolfenbüttel 1832. 4. (Geschenk des Hrn. Verf.)
  2. 14. Hamburgische Münzen und Medaillen. Herausgeg. von einem Ausschusse des Vereins für Hamburg. Geschichte und redigirt von O. C. Gaedechens. Erste Abtheilung: Die Münzen und Medaillen seit dem J. 1753. Hamburg 1850. 4.

Dasselbe Werk. Zweite Abth.: Jubelfest=Medaillen, Privat=Denkmünzen, Portugaleser und Schauthaler. Mit Abbildungen. Hamburg 1853. 4. (Nr. 13. und 14 Geschenke des Vereins für Hamb. Gesch.)

IV. Erdkunde.

  1. Jahrbuch der kaiserl. königlichen geolog. Reichsanstalt. 1852. III. Jahrg. Juli=Sept. Wien. 4. (Geschenk der kaiserl. Akademie.)
  2. Geognostische Wanderungen im Gebiete der nordöstlichen Alpen, besonders in der Umgebung von Spital an Pyhrn etc. ., Gmunden und Linz. Ein specieller Beitrag zur Kenntniß Ober=Oesterreichs. Von Carl Ehrlich. Linz 1852. (Geschenk des Museum Francisco=Carolinum zu Linz.)

V. Rußland und slavische Länder.

  1. -19. Mittheilungen aus dem Gebiete der Geschichte Liv=, Esth= und Kurland's, herausgeg. von der Gesellschaft für Geschichte und Alterthumskunde der russischen Ostsee=Provinzen. Vierter, fünfter und sechster Band. Riga 1848-1852. 8. (Geschenk der Gesellschaft.)
  1. 21. Verhandlungen der gel. Esthnischen Gesellschaft zu Dorpat. Bd. II. Heft 4. Dorpat 1852. 8.
    Gratulationsgedicht zur Feier des 50jähr. Bestehens der Universität Dorpat am 12. Decbr. 1852. In esthnischer
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 38 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Sprache mit deutscher Uebersetzung. Das. w. o. 4. (Geschenk der Gesellschaft.)

  1. Arkiv za Povestnicu Jugoslavensku. Knjiga II. Uredio J. K. Sakcinski. U Zagrebu 1852. 8. (Geschenk der Gesellschaft für südslavische Geschichte und Alterthümer zu Agram.)

VI. Die Schweiz.

  1. Die Regesten der Archive in der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Auf Anordnung der schweizer.=geschichtsforschd. Gesellschaft herausgeg. von Th. v. Mohr. Bd. II, Heft 1-3. Chur 1851-1853. 4. (Geschenk der Gesellschaft.)
  2. Mittheilungen der Gesellschaft für vaterländische Alterthümer in Basel. IV. (Römische Alterthümer und celtische Münzen.) Mit 2 lithograph. Tafeln. Basel 1852. 4. (Geschenk der Gesellschaft.)
  3. Mittheilungen der antiquarischen Gesellschaft in Zürich. Heft XVI. Geschichte der Abtei Zürich. Das. 1832. 4. (Geschenk der Gesellschaft.)

VII. Großbrittannien.

  1. -30. Procedings of the Archaeological Institute of Great Britain and Ireland.
    1846. Memoires illustrat. of the History and Antiquities of the Caunty and City of York. Part. 1. 2. London 1847. 1848. 8.
    1847. History and Antiquit. of Norfolk and the City of Norwich. London 1850. 8.
    1848. History and Antiquit. of the County and City of Lincoln. London 1850. 8.
    1849. History and Antiquit. of Wiltshire and the City of Salisbury. London 1851. 8.
  1. -33. The Archaeological Journal. Published under the Direction of the Central Committe of the Archaeological Institute of Great Britain and Ireland. 1849. 1850. 1851. London. 8. 3 Vol. (Nr. 26-33 Geschenke des Archäolog. Instituts für Großbritannien und Irland zu London, überreicht durch den Herrn John Kemble, Esq.)

VIII. Nordische Geschichte.

  1. Geschichte des Krieges der Wendischen Städte mit Dänemark und Norwegen in Folge der Cöllner Conföderation vom J.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 39 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

1367. Nach Urkunden von G. Dittmer. Lübeck 1853. 8. (Geschenk des Hrn. Verf.)

  1. Aktstykker til Nordens Historie i Grevefeidens Tid. Samlede og udgivne af Fyens Stifts literaere Selskab. Tredie Hefte. Odense 1852. 8. (Geschenk der Gesellschaft.)

IX. Deutsche Alterthumskunde.

  1. Correspondenz=Blatt des Gesammtvereins der deutschen Geschichts= und Alterthums=Vereine. Herausgeg. von Dr. Löwe. Nr. 1-7. Nov. 1852-Mai 1853. (Geschenk S. K. H. des Großherzogs.)
  2. Ueber die Heimath nach altdeutschem Rechte, insbesondere über das Hantgemal von G. Homeyer. Berlin 1852. 4.
  3. Die Haus= und Hofmarken. Von Prof. Homeyer. Programm, welches zur Mittheilung von betreffenden Forschungen auffordert. Berlin 1853. 8. (Nr. 37 und 38 Geschenke des Hrn. Verf.)

X. Allgemeine Geschichte, bes. Deutschlands.

  1. Historisches Taschenbuch. Herausgeg. von Fr. v. Raumer. Dritte Folge. Vierter Jahrg. Leipzig 1853. 8. (Geschenk des Hrn. Geh.=Raths v. Oertzen.)
  2. Monumenta Zollerana. Urkundenbuch zur Geschichte des Hauses Hohenzollern. Herausgeg. von v. Stillfried und Dr. Maerker. Erster Band. Urkundenbuch der Schwäbischen Linie. 1095-1418. Berlin 1852. Gr. 4. (Geschenk S. M. des Königs von Preußen.)
  3. Markgraf Albrecht Alcibiades von Brandenburg=Culmbach. Von Joh. Voigt. Erster und zweiter Band. Berlin 1852. 8.
  4. Ueber Albrecht den Jüngern, Markgrafen von Brandenburg=Culmbach, und seine Zeit. Von Dr. Zimmermann. Festprogramm zum 25jähr. Jubiläum des historischen Vereins von Oberfranken zu Bayreuth, am 5. Mai 1852. Bayreuth 1852. 8. (Geschenk des Vereins.)

XI. Oesterreich.

  1. -45. Sitzungsberichte der kaiserl. Akademie der Wissenschaften zu Wien. Philosophisch=historische Classe. Bd. VII, Heft 3-5. Bd. VIII. Bd. IX, Heft 1. 2. Wien 1852. 8.
  1. Fontes rerum Austriacarum. Oesterreichische Geschichtsquellen. Zweite Abtheil. Diplomataria et acta. Bd. V. Codex Wangianus. Wien 1852. 8.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 40 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
  1. 48. Archiv für Kunde österreich. Geschichtsquellen. Herausgeg. von der Commission der kaiserl. Akademie der Wissenschaften. Jahrg. 1851. Bd. VII. VIII. Wien 1851 und 1852. 8.
  1. 50. Notizenblatt. Beilage zum Archiv für Kunde österreich. Geschichtsquellen etc. . Jahrg. 1851. Nr. 19-24. Jahrg. 1852. Nr. 1-10. 8. (Nr. 43-50 Geschenke der kaiserl. Akademie zu Wien.)
  1. Mittheilungen des histor. Vereins für Krain. Redigirt von Dr. V. F. Klun. Jahrg. VII. Laibach 1852. 4. (Geschenk des Vereins.)
  2. Zeitschrift des Ferdinandeums für Tirol und Vorarlberg. Dritte Folge. Erstes, zweites und drittes Heft. Innsbruck 1853. 8. (Geschenk des Ferdinandeums.)

XII. Bayern und Würtemberg.

(Vergl. Geschichte Deutschlands.)
  1. Abhandlungen der histor. Classe der königl. bayerschen Akademie der Wissenschaften. Bd. IV. Abth. 3. München 1852. 4.
  2. Bulletin der königl. Akademie der Wissenschaften. Jahrg. 1851. München 1852. 4.
  3. Dr. Prantl, Die gegenwärtige Aufgabe der Philosophie. Festrede etc. . München 1852. 4. (Nr. 53-55 Geschenke der königl. Akademie zu München.)
  4. Oberbayerisches Archiv für vaterländische Geschichte. Herausgeg. von dem historischen Vereine von und für Oberbayern. Bd. XII, Heft 2. 3. Bd. XIII, Heft 1. München 1851. 52. Gr. 8.
  5. Vierzehnter Jahresbericht des historischen Vereins von und für Oberbayern. Für das J. 1851. München 1852. 8. (Nr. 56 und 57 Geschenke des Vereins.)
  6. Archiv für Geschichte und Alterthumskunde von Oberfranken. B. V, Heft 2. Nebst Rede zur Eröffnung der Feier des 25jährigen Jubiläums des im J. 1827 gegründeten historischen Vereins von Oberfranken von v. Hagen. Bayreuth 1852. 8. (Geschenk des Vereins.)
  7. Archiv des historischen Vereins von Unterfranken und Aschaffenburg. Bd. XII, Heft 1. Würzburg 1852. 8. (Geschenk des Vereins.)
  8. Siebenzehnter und achtzehnter combinirter Jahresbericht des historischen Kreisvereins im Regierungsbezirk von Schwaben und Neuburg für die J. 1851, 1852. Mit drei artist. Beigaben. Augsburg 1853. 4. (Geschenk des Vereins.)
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 41 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
  1. Württemberg. Jahrbücher für vaterländische Geschichte Geographie, Statistik und Topographie. Herausgeg. von dem königl. statistisch=topograph. Bureau. Jahrg. 1851. Stuttgart 1852. 8. (Geschenk des Bureaus.)
  2. Chronik des historischen Vereins für das würtemberg. Franken, herausgeg. von O. Schönhuth. Mergentheim 1852. 8. (Geschenk des Vereins.)
  3. Conrad Widerhold, der treue Commandant von Hohentwiel im 30 jährigen Kriege. Von O. Schönhuth. 2. Ausg. Würzburg 1844. 12. (Geschenk des Hrn. Verf.)

XIII. Nassau, Hessen, Frankfurt a. M.

  1. Annalen des Vereins für Nassauische Alterthumskunde und Geschichtsforschung. Bd. IV, Heft 2. Wiesbaden 1852. 8.
  2. Mittheilungen an die Mitglieder des Vereins für Nassauische Alterthumskunde und Geschichtsforschung. Ausgeg. den 30. Dec. 1852. 8.
  3. Denkmäler von Nassau. Herausgeg. von dem Vereine für Nassauische Alterthumskunde. 1. Heft. Mit Abbildg. Wiesbaden 1852. Hoch 4. (Nr. 64-66 Geschenke des Vereins.)
  4. Periodische Blätter der hessischen Vereine für Geschichte und Alterthumskunde zu Kassel, Darmstadt und Mainz. Nr. 1-4. April 1852 bis Januar 1853. 8. (Geschenk des Vereins zu Kassel.)
  5. Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst. Mit Abbildungen. Fünftes Heft. Frankfurt a. M. 1853. Gr. 8. (Geschenk des histor. Vereins das.)

XIV. Rheinlande; Westphalen.

  1. -73. Publications de la société pour la recherche et la conservation des monuments historiques dans le Grand=Duché de Luxembourg. Année 1847-1851. Vol. III-VII. 5 Bde. 4. (Geschenk der Gesellschaft.)
  1. Mittheilungen des histor.= antiquarischen Vereins für die Städte Saarbrücken und St. Johann und deren Umgegend. 2. Abtheilg. Saarbrücken 1852. 8. (Geschenk des Vereins.)
  2. -77. Abbildung von rheinischen Alterthümern. Mit Erklärungen herausgegeben von dem Vereine zur Erforschung der rheinischen Geschichte und Alterthümer. Heft III, IV, V. Mainz 1851. 1852. Gr. 4. (Geschenk des Vereins.)
  1. Zeitschrift für vaterländ. Geschichte und Alterthumskunde. Herausgeg. von dem Verein für Geschichte und Alterthums=
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 42 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

kunde Westphalens durch Erhard und Rosenkranz. Neue Folge. Bd. II. Münster 1851. 4. (Geschenk des Vereins.)

XV. Schlesien; Lausitz; Sachsen und Thüringen.

  1. Neun und zwanzigster Jahresbericht der Schlesischen Gesellschaft für vaterländ. Kultur. Arbeiten und Veränderungen der Gesellschaft im J. 1851. Breslau. 4. (Geschenk der Gesellschaft.)
  2. Neues Lausitzisches Magazin. Im Auftrage der oberlausitz. Gesellschaft der Wissenschaften besorgt durch C. Neumann. Bd. XXIX, Heft 2. Görlitz 1852. 8. (Geschenk der Gesellschaft.)
  3. Mittheilungen des Königl. Sächsischen Vereins für Erforschung und Erhaltung vaterländischer Alterthümer (besonders der Kunst des Mittelalters.) Sechstes Heft. Dresden 1852. 8. (Geschenk des Vereins.)
  4. Zeitschrift des Vereins für thüringische Geschichte und Alterthumskunde. Erstes Heft. Jena 1852. 8.
  5. Rechtsdenkmale aus Thüringen. Erste Lieferung. Namens des Vereins für thüringische Geschichte und Alterthumskunde herausgeg. von A. Michelsen. Jena 1852. 8. (Nr. 82 und 83 Geschenke des Vereins.)

XVI. Pommern; Niedersachsen; Lauenburg; Hamburg.

  1. Zober, Zur Geschichte des Stralsunder Gymnasiums. Vierter Beitrag. Stralsund 1852. 4. (Geschenk des Hrn. Verf.)
  2. Archiv des histor. Vereins für Niedersachsen. Neue Folge. Herausgeg. unter Leitung des Vereins=Ausschusses. Jahrg. 1849. Hannover 1851. 8.
  3. Urkundenbuch des historischen Vereins für Niedersachsen. Heft 2. Die Urkunden des Stifts Walkenried. Erste Abth. Hannover 1852. 8.
  4. Funfzehnte Nachricht über den historischen Verein für Niedersachsen. Hannover 1852. 8. (Nr. 85-87 Geschenke des Vereins.)
  5. Mittheilungen zur nähern Kunde des Wichtigsten der Staatsgeschichte und Zustände der Bewohner des Herzogth. Lauenburg von Dr. v. Duve. Von der Vorzeit bis zum Schlusse des J. 1851. 1. und 2. Lieferung. Ratzeburg 1852. 8. (Geschenk des Hrn. Verf.)
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 43 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
  1. Hamburgische Chroniken. Herausgegeben von Dr. Lappenberg. Erstes Heft. Hamburg 1852. 8. (Geschenk des Vereins für Hamburg. Geschichte.)

XVII. Meklenburgica.

  1. Christ=adeliche Exequien der weyland hochwohlgeb. Frauen Catharina Elisabeth von Negendank, geb. v. Bülow, auf Zierow und Wieschendorf. 1724. Fol. (Geschenk des Hrn. Dr. Crull zu Wismar.)
  2. Feststehender Grund der Steuerfreiheit der Meklenburg. Ritterschaft, imgleichen der Vorzüglichkeit des Modi Contribuendi nach Hufen und Erben etc. . 1742. Fol. (Geschenk des Hrn. Geh.=Finanzrath Ahrens.)
  3. Die katholische Religionsübung in Meklenburg=Schwerin. Geschichtlich und rechtlich. Jena 1852. 8.
  4. Zur ältesten Geschichte der Domänen im Fürstenthum Ratzeburg, von Pastor G. Masch. 1852. 4. (Geschenk des Hrn. Verf.)
  5. Die Bedeutung des Lätaresonntags 1853 für die Marien=Kirche zu Wismar. Das. 4 (Geschenk des Hrn. Prof. Crain zu Wismar.)
  6. Diarium über die Verhandlungen zu Rostock, betr. die Umgestaltung der Steuer= und Zollverhältnisse in Meklenburg. Vom 8. März 1852 u. flgd. 4.
  7. Erachtlicher Bericht über die Rechtsverhältnisse der zur römisch=katholischen Kirche sich bekennenden meklenburgischen Landeseinwohner etc. . 4. (Geschenk des Hrn. Landraths Baron v. Maltzan auf Rothenmoor.)
  8. Archiv für Landeskunde in den Großherzogthümern Meklenburg und Revue der Landwirthschaft. Jahrg. 1852. Güstrow. Gr. 8. (Geschenk S. K. H. des Großherzogs von Meklenburg=Schwerin.)
  9. Andreas Mylius und der Herzog Johann Albrecht I. von Meklenburg in ihrer Wirksamkeit und in ihren Verhältnissen zu einander, zum Gedächtnisse der 300jährigen Jubelfeier des am 4. Aug. 1553 gestifteten Gymnasii Fridericiani zu Schwerin, von Dr. Lisch. Mit 2 lithogr. Tafeln. Schwerin 1853. 8. (Geschenk des Hrn. Verf.)
  10. Zur Geschichte der Schweriner Gelehrtenschule. Eine Hinweisung auf das am 4. August 1853 zu feiernde 300jähr. Jubiläum. Den ehemal. Schülern der Domschule gewidmet von Dr. F. C. Wex. Schwerin 1853. 4. (Geschenk des Hrn. Verf.)
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 44 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
  1. Joh. Lassenii Frucht=bringende Gespräch=Spiele - über bürgerliches Stadtleben, auch die andern Stände der Welt sampt Künsten und Gewerben. Rostock 1666. 8. (Geschenk des Hrn. Regierungs=Secretairs Grischow zu Neustrelitz.)
  2. Ulrich von Hutten. Trauerspiel in 5 Aufzügen von Ed. Hobein. Als Manuscript gedruckt. Schwerin 1846. 8.
  3. Gedichte von Fr. W. Rogge. Erstes Bändchen. Göttingen 1830. 8.

A. Gloeckler.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 45 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Anlage D.

Verzeichniß

der in dem Zeitraume von Ostern 1852 bis dahin 1853 erworbenen Alterthümer 1 ).

I. Alterthümer aus vorchristlicher Zeit.

A . Aus der Zeit der Hünengräber.

Streitäxte: 10, nämlich 7 aus Hornblende, worunter 2 unvollendet und 1 zerbrochen; 1 aus Grünstein=Porphyr, 1 aus gneisartigem Gestein und 1 aus Sandstein.

Keile: 29, nämlich 24 aus Feuerstein, worunter 4 unvollendet und 3 zerbrochen, 2 aus Hornblende und 3 aus Thonstein.

Schmalmeißel aus Feuerstein: 9, worunter 1 zerbrochen.

Dolche aus Feuerstein: 4.

Lanzenspitzen aus Feuerstein: 4, worunter 1 zerbrochen.

Pfeilspitzen aus Feuerstein: 7.

Halbmondförmige Messer aus Feuerstein: 2, worunter 1 unvollendet.

Spanförmige Messer aus Feuerstein: 1.

Künstliche Feuersteinspäne von 5 verschiedenen Fundorten (Fabrikstätten): 176.

Scheiben: 3, nämlich 2 aus Sandstein und 1 aus Granit.

Knöpfe aus Thonschiefer: 1.

Schleifsteine: 10, nämlich 3 aus Sandstein, 2 aus Thonschiefer, 1 aus Kieselschiefer, 1 aus Kalkstein und 3 aus Feuerstein (Polirstein).

Urnen aus Thon: 1.

Gefäße aus Basalt: 1. (Vielleicht eine Thürangel und mittelalterlich.)

B . Aus der Zeit der Kegelgräber.

Schwerter aus Bronze: 1, sehr kurz.

Frameen aus Bronze, mit Schaftrinnen: 2.


1) Die genauere Beschreibung dieser Alterthümer findet sich in den Jahrbüchern XVIII, S. 227 ff., wo aber zum Theil auch die in dem Quartal von Ostern bis Johannis d. J. erworbenen mit aufgenommen sind.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 46 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Lanzenspitzen aus Bronze: 1.

Messer aus Bronze: 1.

Schildnabel aus Bronze: 1.

Kopfringe aus Bronze, gewunden: 2, wovon einer nur in Bruchstücken erhalten.

Halsringe aus Bronze: 4, theils gewunden, theils glatt mit Gravirungen, wovon einer nur in Bruchstücken erhalten.

Armringe: 8, nämlich 1 Paar spiralförmige aus Gold, 1 Paar vollgegossene und 4 einzelne aus Bronze von verschiedener Größe und Form.

Handringe aus Bronze: 7, nämlich 2 Paar hohlgegossene und 3 einzelne vollgegossene.

Fingerringe: 4, nämlich 1 spiralförmiger aus Gold, und 4 aus Bronze, wovon 2 gewunden und 1 in Form einer Schlange.

Geldringe und Stangen aus Gold: 2.

Spangen aus Bronze: 2.

Doppelknöpfe aus Bronze: 1.

Hütchen aus Bronze: 3.

Scheiben, 1 aus Bernstein.

Mühlensteine, 1 aus Granit.

Gefäße aus Bronze: 1 kleine Schale mit Henkeln (Schmuckkästchen?); Bruchstücke eines größern Gefäßes und 1 Gefäßdeckel.

Urnen aus Thon: 9 von verschiedener Form und Größe, und viele Scherben.

Menschliche Gebeine: verkohlte Knochenreste aus Urnen.

Thierknochen: 1 durchbohrte Kralle eines Raubvogels.

C . Aus der Zeit der Wendenkirchhöfe.

Lanzenspitzen aus Eisen: 1.

Glasperlen: 1.

Spindelsteine aus Thon: 34.

Urnen aus Thon: 1.

II. Alterthümer aus dem christlichen Mittelalter.

Thierbild aus Bronze: 1.

Pfeil aus Eisen: 1 und 2 Pfeilspitzen.

Schnallen: 1 aus Bronze und 1 aus Messing.

Doppelknopf aus Bronze: 1.

Beschläge aus Bronze: 1.

Schlüssel aus Eisen: 1.

Siegelstempel aus Bronze: 1.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 47 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Hufeisen: 1.

Nägel aus Bronze: 2.

Grapen aus Bronze: 1.

Taufbecken aus Messing: 1.

Ofenkacheln: 47 ganze und 90 Bruchstücke.

Das Meklenburgische Wappen aus Thon.

Scheibe aus Thon, durchbohrt: 1.

Spindelstein aus Thon: 1.

Gußform aus Kalkstein: 1.

Gewebe: 1 Stück Leinwandspitzen aus dem 16. Jahrh.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 48 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Anlage E.

Bericht über die Münzsammlung.

Die Vermehrung der Münzsammlung im verflossenen Geschäftsjahre war nicht so ansehnlich, wie in den frühern Jahren. Es sind ihr nur 64 Stück zugekommen und wurden ihr seit ihrem Bestehen 827 Bracteaten, 31 goldene, 3683 silberne, 1037 kupferne und 209 Schaumünzen, im Ganzen 5787 Stück, zu Theil. In diese Zahlen sind die Dubletten, welche sie erhielt, mit eingeschlossen, von denen aber ein gut Theil wieder vertauscht ward.

Die Sammlung hat aber in diesem Jahre das Glück gehabt, mehrere Münzen zu erhalten, welche einer besondern Erwähnung werth sind. Dahin gehört zunächst ein bei Wismar gefundener und vom Hrn. Thormann daselbst geschenkter Wendenpfennig der größern Art (20 Millimeter), der freilich sonst nicht unbekannt, jedoch hier im Lande uns noch nicht vorgekommen, wo bisher nur die kleinern (15 Millimeter) gefunden wurden. Vom Hrn. Forstjunker von Wickede in Ratzeburg, welcher öfter die Sammlung vermehrte, erhielten wir als letzte Gabe des Heimgegangenen: die Schaumünze auf den Altranstädter Frieden vom 14. September 1706 mit Carl XII. Bildniß und dem Herkules, den die Namen von 10 von ihm vollbrachten Thaten, hier in der richtigen Folge (Norberg Leben Carl XII., S. 698) umgeben; dann die Schaumünze des Herzogs August Wilhelm von Braunschweig auf das zweite Reformations=Jubiläum. Hr. Eisenbahn=Conducteur Burmeister in Schwerin schenkte die Erinnerungsmedaille auf König Friedrich Wilhelm III. von Preußen und Hr. Bürgermeister Flörke zu Grabow einen bei Glaisin am Canalufer gefundenen halben Thaler des Cardinal=Bischofs Carl von Lothringen zu Strasburg von 1607 (v. Schultheß S. 4804). Hr. von Kardorff auf Remlin gab einen Seeländischen Thaler von 158.. (v. Madai II, n. 4731) und einen seltenen Groschen von Riga; Hr. Architect Stern zu Schwerin einen zu Roggendorf bei Gadebusch beim Aufräumen einer Kartoffel=Grube, 4 Fuß tief, gefundenen Denar der jüngern Faustina mit FAVSTINA AVGVSTA Brustbild und IVNO, Bild derselben mit einem Pfau 1 ).


1) Neuerdings sind 2 römische Münzen hier im Lande gefunden: 1) Auf der Bäck bei Ratzeburg ein Denar der ältern Faustina mit ihrem Brustbilde und DIVA (  ...  )
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 49 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Herr Landrath von Leers auf Schönfeld überwies der Sammlung einen bei Vietlübbe gemachten Münzfund. Er enthielt an Hamburgischen Münzen die silbernen Abdrücke der Bankportugaleser von 1644 (Langermann Hamb. Münz= und Med.=Vergnügen p. 182 n. 2), von 1691 (daselbst p. 217, n. 3), von 1713 (daselbst p. 241, n. 2). Leider sind diese selteneren Stücke vom Roste sehr angegriffen. Dann den halben Portualeser mit der Abundantia (Hamb. Münzen und Medaillen II, 2tes Heft, n. 9, p. 16), die Gedächtnißmünze auf die 1000jährige Jubelfeier der Stadt 1803 (Neuere Hamb. Münzn und Med. I, p. 192); den Burgermeister=Pfennig auf Dr. H. D. Wiese 1729 (Köhler Münzbelust. XVII, tab. IV, n. 15) und einen Sechsling von 1675. Es war ferner darunter eine fast 4 Loth schwere Schaumünze auf den Tod des Herzogs August Friedrich von Braunschweig=Wolfenbüttel, der 1676 bei der Belagerung von Philippsburg blieb, hinsichtlich des Brustbildes eine ausgezeichnete Arbeit von Brever, dessen Name im Arme steht. Die Rückseite ist eben so schwach in Erfindung der Allegorie wie in der künstlerischen Ausführung. Es fand sich auch die Wermuthsche Schaumünze auf die Geburtstagsfeier der Herzogin Elisabeth, Gemahlin des Herzogs Anton Ulrich von Braunschweig, in Salzdalum am 24. Mai 1695. Der sogenannte Kinderdukaten der Churfürstin Sophie von Sachsen von 1616 mit der Darstellung der Dreieinigkeit (s. Köhlers Münzbelust. 1729, 14. Septbr.), eine Katechismusmedaille mit dem 4ten Gebote und 2 meklenburgische Doppeltschillinge von 1760 und 1765 waren gleichfalls darunter.

Die esthländische literarische Gesellschaft zu Reval sandte durch unser correspondirendes Mitglied Hrn. Rußwurm 20 Münzen, theils russische, worunter die Rubel von Peter I. von 1725 (v. Schultheß I, p. 180 abweichend), Katharina I. von 1727 (daselbst p. 181, n. 574), Peter II. (daselbst p. 185, n. 587), theils schwedische, worunter die seltene Klippe zu 16 Ör von 1563, welche Magnus, Herzog von Ostgothland, unter dem Namen des Königs Erich schlagen ließ (s. Köhler Münzbelust. XX, p. 225), und Revalsche Schillinge aus dem 16.


(  ...  ) FAVSTINA, und mit dem verhüllten Bilde derselben, einen Stab haltend mit AVGVSTA. 2) bei Demern gefunden eine Goldmünze des jüngern Theodosius, Av. DN. THEODOSIVS PF AVG vorwärts gekehrtes Brustbild mit einer Lanze auf der Schulter. Rev. (IMP) XXXX II Cos. XVII PP. Der behelmte Kaiser auf einem Stuhle rechts gekehrt sitzend, in der Rechten einen bekreuzten Reichsapfel haltend, darüber auf dem Grunde der Münze ein Kreuz, von 3 Punkten in den Winkeln begleitet; von den Buchstaben unter dem Stuhle sind nur die obern Theile vorhanden. - Beide Stücke befinden sich in meiner Sammlung.
G. M. C. Masch.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 50 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

und 17. Jahrhundert. Eine Gegengabe meklenburgischer Münzen aus den Dubletten der Sammlung wird vorbereitet.

Außer den Genannten haben die Herren Stubinger in Wismar (Lübecker Sechsling von 1592, Schnobel p. 45), Domainenrath Kollmann zu Güstrow (Bleimedaille von 1585), Haupt zu Tressow (Pence von K. Wilhelm III. von Großbritannien 1736), Pastor Vortisch zu Satow, Geheimer=Amtsrath Koch zu Sülz, Seidel zu Bützow der Sammlung freundlichst gedacht.

Angekauft wurden, außer einigen kleinen Münzen, ein Lübecker Goldgulden der ältesten, gleich nach 1441 geprägten Art, mit der großen Lilie und Johannes dem Täufer mit doppeltem Adler zur rechten Seite, eine öfter beschriebene und abgebildete Münze, z. B. Köhler Münzbelust. VIII. p. 153, von großer historischer Bedeutung, weil man auf sie bei dem bekannten mölnischen Reluitionsproceß wegen Bestimmung der zurückzuzahlenden Pfandsumme recurrirte. Unser Exemplar ist in Wismar in der Papenstraße, dicht neben der Papencollation, gefunden.

Demern, Juli 1853.

G. M. E. Masch.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 51 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Anlage F.

Die Bildersammlung des Vereins.

Die erste Entstehung der Bildersammlung des Vereins datirt schon aus dem Jahre 1836, in welchem der Verein aus dem Nachlasse des Magisters Siemssen zu Rostock verschiedene in Kupfer gestochene ältere meklenburgische Bildnisse, Ansichten und Pläne, sowie von den Herren Bauconducteur v. Motz und Portraitmaler Th. Schloepcke mehrere von ihnen ausgeführte Handzeichnungen von einheimischen Denkmälern (Leichensteinen) geschenkt erhielt. In den nächsten Jahren wurden von den Herrn Maler Schumacher und Krug Ansichten von mehreren mittelalterlichen Bauten (Bischöfliche Burg zu Warin, Kloster Tempzin und Neukloster, Kirchen zu Hohen=Vicheln u. A.) für den Verein angefertigt. Von den Herren Copiist Lisch zu Güstrow, Archivassistent Gloeckler zu Schwerin und Student von Wrisberg wurden in Kupfer gestochene oder in Handzeichnung ausgeführte Pläne der Blockaden von Stralsund und Wismar in den Jahren 1711 und 1715, der Schlacht von Gadebusch 1712, der Belagerung von Demmin 1659, und der Affaire bei Treptow 1761, geschenkt. Die Herren Archivar Lisch, Dr. Beyer, Dr. von Hagenow zu Greifswald, Dr. Friedländer zu Berlin, Gymnasiallehrer Masch zu Neu=Ruppin und Dr. Deecke zu Lübeck bereicherten in den Jahren 1837 bis 1839 die Vereins=Sammlung durch Geschenke von einzelnen Kupferstichen, Lithographien und Handzeichnungen, welche Alterthümer, Denkmäler und Architecturen darstellen oder aus Charten und Plänen bestehen.

Im Jahre 1841 erließ der Verein (Jahresbericht etc. . 1841, S. 67) eine Aufforderung an seine Mitglieder, Beiträge darzubringen für eine Sammlung auch neuerer und neuester meklenburgischer Bildnisse, Ansichten, Pläne etc. . mit der Bemerkung: es liege ein derartiges Bestreben im Interesse des Vereins und im Bereiche seiner Zwecke, da eine solche Sammlung für die Zukunft sowohl in historischer Beziehung überhaupt, als auch insbesondere für die Geschichte der zeichnenden Kunst in Meklenburg von großem Werthe werden könne.

In den Jahren 1842 bis 1844 gingen von den Herren Masch zu Neu=Ruppin und Hofmaler Schumacher wiederum Handzeichnungen von Alterthümern und Architecturen ein, namentlich von den Kirchen zu Gadebusch und Vietlübbe. Einzelne Portraits und andere Blätter wurden von den Herren Pastor Boll zu Neubrandenburg, Gerichtsrath Ahrens zu Schwaan und Senator Schultetus zu Plau geschenkt.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 52 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Den beträchtlichsten Zuwachs erhielt die Sammlung im Jahre 1845, wo der Herr Dr. Wedemeier seine bisher gesammelten meklenburgischen Portraits (107 Bl.) dem Vereine zuwandte. Durch weitere Gaben der Herren Archivar Lisch, Pastor Masch, Schulrath Meyer und Dr. Wex, sowie durch den Ankauf einzelner Blätter stieg die Portrait=Sammlung auf 137 Stücke. Außerdem enthielt die Sammlung: Ansichten von Gegenden, Städten, Gebäuden 19 Bl., Pläne von Städten und Ortschaften 7 Bl., histor. Scenen, Ansichten von Denkmälern 9 Bl. (Jahrbücher des Vereins, Jahrg. X. Jahresber. S. 27. 28.)

In der nächstfolgenden Zeit wurden nur wenige Blätter, namentlich Bildnisse, durch Schenkung oder käuflich erworben.

In den Jahren 1848 bis 1852 fand wiederum ein merklicher Zuwachs der Sammlung durch freiwillige Gaben von Mitgliedern statt, namentlich von Seiten der Herren Dr. Crull in Wismar, Baron A. von Maltzan auf Peutsch, Dr. Friedländer zu Berlin, Dr. Deecke zu Lübeck, Wellenkamp zu Lüneburg und anderer Gönner des Vereins. So war die Sammlung, welche der Herr Dr. Wedemeier bisher aufbewahrt hatte, auf 226 Blätter angewachsen.

Im Frühjahre 1853 hatte der Unterzeichnete Gelegenheit, Erwerbungen im Interesse des Vereins zu machen, namentlich auch die gewogentliche Theilnahme des Herrn Geh.=Medicinalrath Dr. Sachse zu Schwerin, welcher eine mehr als 60,000 Blätter und 6000 Doubletten umfassende Portraitsammlung besitzt, für das Unternehmen des Vereins anzuregen. Dies gab zu einem Uebereinkommen mit dem Herrn Dr. Wedemeier Anlaß, nach welchem dieser dem Unterzeichneten das bisher angesammelte Material der Bildersammlung des Vereins, unter Genehmigung des Ausschusses, zur Ordnung, Bearbeitung und Completirung übergab.

Es hat seitdem bis zum 11. Juli d. J. eine so beträchtliche Erweiterung der Sammlung stattgefunden, daß dieselbe nunmehr auf 357 Blätter angewachsen ist. Mehr als 40 Portraits von meklenburgischen Fürsten, Staatsbeamten und Gelehrten verdankt der Verein der Güte des Herrn Geh.=Medicinalraths Dr. Sachse; von den Herren Copiist Jahr, Hofmaler G. Lenthe, Ober=Zahlcommissair Peitzner und Ober=Landforstmeister Eggerss sind interessante, meist nicht im Kunsthandel befindliche Portraits und mehrere Pläne geschenkt worden. Der Siemssen'sche Nachlaß, welcher noch nicht geordnet und einrangirt war, ist gesondert und der Sammlung einverleibt worden. Von hiesigen Buchhandlungen sind namentlich einige Portraits von Künstlern, sowie neuere Ansichten von Städten und Ortschaften angekauft.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 53 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Die Sammlung ist jetzt nach Abtheilungen und nach der Zeitfolge (die Ansichten, Denkmäler und Architekturen - alphabetisch) geordnet; sie wird in Cartons und in Mappen sorgfältig aufbewahrt. Viele Blätter werden noch demnächst planirt und auf Folien gesetzt werden müssen. Zu jeder Abtheilung ist einstweilen ein kurzes Verzeichniß als Inventar=Catalog aufgenommen worden.

Der derzeitige Umfang und Bestand der Sammlung ergiebt sich aus folgender Zusammenstellung:

Umfang und Bestand der Sammlung

Die Sammlung ist noch in mehrfacher Beziehung unvollständig, hat auch zur Zeit noch manche defecte Blätter zur Ausfüllung von Lücken aufgenommen.

Der Portraitsammlung fehlen unter Andern:

die Herzoge Ulrich, Carl und Johann Albrecht II. von Meklenburg=Güstrow; Sophie, des Herzogs Ulrich Tochter; die 5 Könige von Dänemark und Preußen, welche in den drei letzten Jahrhunderten mit meklenburgischen Prinzessinnen vermählt waren; die Herzoge Georg, Magnus und Adolph Friedrich I. von Meklenburg=Schwerin; Wallenstein; die Herzoge Carl und Adolph von Meklenburg=Schwerin; die Canzler und Räthe C. von Schöneich, Joh. Lucca, A. Mylius, Heinr. Husan,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 54 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Jac. Bording, Joh. Cothmann, H. von Passow, H. Wedemann und andere Staatsmänner des 16. und 17. Jahrhunderts; die höheren Hof= und Staatsbeamte aus den Zeiten der Herzoge Carl Leopold, Christian Ludwig und Friedrich des Frommen (die beiden Grafen von Bassewitz, die Geh.=Räthe Ch. von Klein, P. Schmidt und Rud. Ditmar, Kabinets=Rath Boldt, Canzlei=Director Loccenius, Geh.=Kammerrath Tiedemann u. A.). Von den höhern Militair=Personen, so wie von den Celebritäten der landständischen Kreise und der Seestädte werden noch Manche vermißt; in der Rubrik: Künstler - fehlen die Architecten und Maler (Findorff, Kaplunger u. A.) fast gänzlich.

Der Sammlung der Ansichten, Denkmäler und geschichtlichen Begebenheiten etc. . fehlen unter Andern:

neuere Ansichten von Rostock, Warnemünde, der schönen Malchiner Gegend, von Boizenburg und Dömitz, den strelitz'schen Städten; Architecturen von Rostock und Wismar, Parchim, den Landtagsstädten und andern kleineren Landstädten, auch den strelitz'schen Städten; neue Grundrisse von den größeren Städten etc. .; Darstellungen des Lübecker Martens=Mannes und der meklenburgischen Volksfeste; endlich fehlen bisher Proben der früher üblichen fliegenden Blätter, welche Feuersbrünste, Hinrichtungen und ähnliche Scenen vorstellen, von denen aus dem 17. und 18. Jahrhundert mir mehrere bekannt sind.

Eine gelegentliche Vervollständigung der Sammlung durch Ausfüllung der hier nur theilweise angedeuteten Lücken und eine Ersetzung defecter Stücke (u. A. der Findorf'schen Prospecte) durch bessere Exemplare würde das Instructive und überhaupt den Werth dieser Sammlung wesentlich erhöhen und den Verein zu Dank verpflichten.

Ich habe dieser Mittheilung nur noch einige Bemerkungen über die Bedeutung und den Werth einer meklenburgischen Bildersammlung hinzuzufügen.

Die Bildersammlung des Vereins soll nach dem Gegenstande der Darstellungen ausschließlich eine meklenburgische sein und wesentlich die Zeiten umfassen, in denen durch Holzschnitt, Kupferstich und andere Kunstmittel eine Vervielfältigung der künstlerischen Darstellungen stattgefunden hat.

Zunächst hat sie die Bildnisse merkwürdiger Personen zu sammeln: die angestammten Fürsten des Landes und deren Familien; ferner die Männer, welche in Staat und Kirche einflußreich gewirkt oder in Wissenschaft und Kunst, oder sonst im praktischen Leben erfolgreich gestrebt haben. Das hier hervor=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 55 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

tretende geschichtliche Interesse verdient besondere Beachtung, weil die biographische Kunde und Darstellung bei uns vernachlässigt ist. In dieser Beziehung schließt sich die Sammlung den Forschungen des Vereins auf dem geschichtlichen Gebiete enge an. Doch wird auch das Streben der Pietät und der nationale Sinn in einer Sammlung vertreten, welche uns die Züge berühmter und verehrter Todten aufbewahrt und dazu mitwirkt, ihr Wesen und Wirken den nachkommenden Landsleuten lebhaft im Andenken zu erhalten.

Sodann gehört es zur Aufgabe einer meklenburgischen Bildersammlung, die Darstellung der uns umgebenden Natur, besonders in ihren eigenthümlichen Formen, also landschaftliche Ansichten von Städten und Gegenden, aufzunehmen, nicht minder solche Bilder, welche die Belebung und Gestaltung des heimischen Bodens durch das menschliche Bedürfniß und durch die Leistungen der Künste veranschaulichen, wie Architecturen, besonders mittelalterliche und Prachtbauten, Denkmäler, Grundrisse und Pläne von Städten und Ortschaften.

Geschichtliche Begebenheiten von allgemeinem Landesinteresse, wie entscheidende Kriegsvorfälle, Jubeltage ausgezeichneter Personen und Institute, Freudenfeste des Fürstenhauses und ähnliche Vorgänge haben seit Alters bei civilisirten Völkern bildliche Darstellungen hervorgerufen. Solche in guten Exemplaren und möglichst umfassend auch aus früherer Zeit zu erlangen, wird eine wesentliche Aufgabe der Sammlung sein.

Würde eine solche meklenburgische Bildersammlung eine gewisse Vollständigkeit, besonders in den älteren Blättern, erreichen, so wäre aus derselben unmittelbarer Nutzen zu ziehen, wie bei manchen geschichtlichen Darstellungen, mögen sie Personen oder Oertlichkeiten oder bestimmte Thatsachen zum Gegenstande haben. Denn eine vollständige Sammlung, welche die angedeuteten Richtungen umfaßt, würde dem Forscher oder Darsteller oftmals irgend ein anregendes oder aufklärendes Bild darbieten können.

Ein weiterer Einfluß, der aus umfassenden und gut gehaltenen Bildersammlungen eines bestimmten Landes erwächst, ist der, daß sie die künstlerische Darstellung aufmuntern und erleichtern. Solche Sammlungen bieten dann dem Künstler die nöthigen Vorbilder und Anhaltspuncte dar, um bestimmte Personen und Gegenstände leichter und mit mehr Erfolg darzustellen, oder sie belehren ihn doch, was und wie bereits in ähnlicher Richtung im Vaterlande künstlerisch behandelt worden ist, wie dies z. B. bei eiligen Gelegenheits=Arbeiten zuweilen sehr erwünscht ist.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 56 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Geschichtsmalerei und monumentale Kunst werden durch geschichtlich treue Vorbilder bedingt oder wesentlich gefördert. Bei der Ausschmückung des im Bau begriffenen großherzoglichen Schlosses hier hat sich z. B. der Mangel einer solchen Sammlung fühlbar gemacht, indem man eine vollständige Reihe der Bildnisse der Canzler und ersten Staatsmänner des Landes aus den drei letzten Jahrhunderten nicht herbeischaffen konnte.

Im Uebrigen genügt es, darauf hinzudeuten, wie heut zu Tage von Privatpersonen immer seltener dergleichen Sammlungen angelegt oder fortgeführt werden; wie einzelne Blätter im Privatbesitze verkommen oder doch nach dem Tode der Besitzer häufig aus Unkenntniß oder Mangel an Interesse verschleudert und verrissen werden.

Während die Zahl der neu erscheinenden Bilder täglich wächst, wird eine irgend vollständige Kenntniß und Uebersicht des Vorhandenen immer schwieriger zu erlangen. Ja sie ist für den Einzelnen kaum erreichbar, weil es an meklenburgischen Katalogen und sonstigen gedruckten Nachrichten über unsere heimischen Bildwerke fast gänzlich fehlt 1 ), und weil viele neuere Bilder überall nicht in den Kunst= und Buchhandel kommen, sondern eine private oder lokale Erscheinung sind.

Es liegt wohl ohne Zweifel mit im Berufe des Vereins, die vaterländischen Denkmäler, mithin auch die besseren Werke der zeichnenden Künste möglichst zu erhalten, auch in dieser Richtung auf eine größere Kenntniß und Schätzung des Vaterländischen hinzuwirken und das Material für eine meklenburgische Kunstgeschichte und der Charakteristik einzelner einheimischer Künstler zu vervollständigen.

Da es in mehrfacher Beziehung wünschenswerth erscheint, einen die Kunsttechnik und das geschichtliche Interesse berücksichtigenden Katalog der Sammlung zu besitzen, und sobald einzelne Hauptabtheilungen zu einem erheblichen Umfange angewachsen sind, zu publiciren, so dürfte es angemessen sein, wenn ein solcher Katalog zunächst von der Sammlung der Portraits von mir entworfen und möglichst in den nächsten Jahresschriften des Vereins mit abgedruckt würde.

Schwerin, im Juli 1853.

A. Gloeckler.

Vignette

1) In der "Neuen Monatsschrift von und für Meklenburg, Jahrg. 1792, Stück 10, S. 368-375, giebt A. C. Siemssen ein "Verzeichniß der in Kupfer gestochenen Bildnisse eingeborner und recipirter Meklenburger". Er führt 10 Fürstliche Bildnisse und 84 von "Gelehrten von Profession" auf, unter den Letztern alle die in Westphalen monumenta inedita befindlichen. Ein Nachtrag zu diesem Verzeichnisse von C. G. Mantzel, Pastor zu Kuppentin, fügt noch 14 weitere Bildnisse hinzu und giebt von 10 Portraits andere Ausgaben an, als die von Siemssen gekannten.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 1 ] zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

XVIII. 1.

Quartalbericht

des

Vereins für meklenburgische Geschichte
und Alterthumskunde.


Schwerin, den 4. Octotber 1852.

Vignette

D ie in dem jüngsten General-Berichte bereits angekündigte Versammlung deutscher Geschichts- und Alterthumsforscher zur Gründung eines allgemeinen deutschen Vereins zur Erforschung und Erhaltung dessen, was das deutsche Volk in vergangenen Jahrhunderten in Kunst, Wissenschaft und Gewerbe Grosses und Gediegenes geschaffen, hat am 16., 17. und 18. August d. J. in Dresden unter der persönlichen, höchst gewandten und umsichtigen Leitung Sr. K. Hoh. des Prinzen Johann zu Sachsen und unter Theilnahme von 124 Gelehrten aus fast allen Staaten Deutschlands, denen sich noch 3 Gäste aus London, Christiania und Dorpat anschlossen, in würdiger und erhebender Weise stattgefunden. Ueber die wahrhaft fürstliche Gastfreundschaft, mit welcher die Anwesenden von ihrem hohen Präsidenten aufgenommen wurden, so wie über die glänzenden Feste und öffentlichen Versammlungen, an welchen sich auch unser erster Secretär Herr Archivar Dr. Lisch unter allgemeinem Beifall durch eine Rede über die Aufgabe und Bedeutung der deutschen heidnischen Alterthumskunde betheiligte, haben öffentliche Blätter bereits berichtet; hier ist daher nur noch der wichtigsten Resultate der Versammlung kurz zu gedenken.

Auf Vorschlag des gleich am ersten Tage gebildeten Comité vereinigte man sich nämlich dahin, dass der beabsichtigte Zweck am besten durch eine geordnete, gemeinschaftliche Wirksamkeit der bereits in allen deutschen Ländern bestehenden historischen Vereine zu erreichen sein werde, und beschloss deshalb 1) die Bildung eines Central-Ausschusses dieser Vereine, welcher sich alljährlich in einer grössern Stadt Deutschlands durch Deputirte, jedoch unter Zulassung auch solcher Gelehrter und Forscher, welche keinem Vereine angehören, und unbeschadet der Selbstständigkeit der einzelnen Vereine, zu versammeln habe, sowie eines ständigen Ausschusses zur Leitung der laufenden Geschäfte. Der letztere ward sofort durch Uebertragung der Geschäfte für das nächste Jahr auf den derzeitigen Vorstand des königl. sächsischen Vereins für Erforschung und Erhaltung vaterländischer Geschichte und Kunst-Denkmale zu Dresden constituirt, als Versammlungsort des Central-Ausschusses im Jahre 1853 aber wurden Wiesbaden, Nürnberg und Hildesheim in Vorschlag gebracht. Die Wahl unter diesen drei Orten ward der bevorstehenden Versammlung in Mainz überlassen, welche sich demnächst nach Zeitungsnachrichten für Nürnberg entschieden haben soll. - Auf Antrag des Freiherrn von und zu Aufsess ward ferner 2) die Gründung eines germanischen National-Museums zu Nürnberg, als dessen Grundlage der patriotische Antragsteller seine eigne, sehr bedeutende Sammlung deutscher Alterthümer, welche zum

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 2 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Theil in Dresden aufgestellt war, offerirte, sowie 3) auf Antrag des Archivars Dr. Lisch die Errichtung einer Anstalt zur Abformung der Denkmale deutscher Vorzeit, und 4) die Gründung eines gemeinschaftlichen Organes des Central-Ausschusses. Ausserdem beschloss man, den Regierungen aller deutschen Staaten, sowie den gesammten Vereinen die Anstellung von Conservatoren für die Denkmale der alten Kunst, die Beförderung der Herausgabe eines "Werkes über allgemeine Alterthumskunde der heidnischen Vorzeit, und eines Handbuches der mittelalterlichen Archaeologie (nach dem Muster von K. O. Müllers Handbuch der Archaeologie), sowie deutscher Urkundensammlungen und Regesten u. s. w. ans Herz zu legen, indem man den erwähnten ständigen Ausschuss beauftragte, in dieser Beziehung thätig zu wirken. - Von dort her ist denn auch vor allen Dingen, die Ausarbeitung eines genauern Planes über den Wirkungskreis des Ausschusses, und sein Verhältniss zu den einzelnen Vereinen zu erwarten, über welchen demnächst auch wir in unsrer nächsten Generalversammlung zu berathen und rücksichtlich unserer Theilnahme zu beschliessen haben werden.

Ueber die Resultate der Versammlung zu Mainz sind uns noch keine näheren Nachrichten zugegangen.

Das lebhafte Interesse an nationaler Kunst und Wissenschaft überhaupt, und namentlich an den Bestrebungen der historischen Vereine, welches Se. K. Hoh. der Prinz von Sachsen seit einer Reihe von Jahren als Präsident des obengedachten sächsischen Vereins, sowie neuerdings bei Gelegenheit der Dresdener Versammlung bewiesen hat, hat den Ausschuss unsers Vereines zu dem Wunsche veranlasst, Se. K. Hoh. den hohen Beförderern unsers Vereines einreihen zu dürfen, und hoffen wir auf die huldvolle Genehmigung der deshalb an ihn gerichteten unterthänigsten Bitte. * )

Auch die von Seiten unsers ersten Secretairs in Dresden gemachte Bekanntschaft des bekannten englischen Sprach- und Alterthumsforschers John Kemble, Esq. A. M. Trinity College Cambridge, hat bereits ihre Früchte getragen. Herr Kemble, welcher sich gegenwärtig in Hannover aufhält, und sich um die dortige Alterthumssammlung bereits sehr wichtige Verdienste erworben hat, traf nämlich bald nach der Dresdener Versammlung persönlich hier ein, um unsre Sammlung zu studiren, und zugleich den Schriftenaustausch zwischen dem archäologischen Institute für Grossbritannien und Irland zu London und unserm Vereine einzuleiten, indem er sofort 4 Jahrgänge des Archaeological Journal und 5 Bände der durch zahlreiche und vortreffliche Abbildungen erläuterten Memoires illustrative of the history and antiquities übergab. Herr Kemble war 12 Tage in Schwerin, und hat fast alle interessantern Stücke unsrer Sammlung eigenhändig abgezeichnet. Der Ausschuss unsers Vereines hat sich beehrt, Herrn Kemble zu seinem correspondirenden Mitgliede zu ernennen, theils um demselben persönlich unsre Achtung zu beweisen, theils um zu zeigen, welchen Werth wir auf die Verbindung mit dem gedachten Institute legen, als dessen Repräsentant Herr Kemble erschien.


*) Während sich der gegenwärtige Bericht bereits in der Druckerei befand, hat Seine Königliche Hoheit durch ein an den Herrn Archivar Dr. Lisch gerichtetes eigenhändiges Schreiben in sehr schmeichelhaften Ausdrücken seine Bereitwilligkeit erklärt, dem Wunsche unsers Vereines nachzugeben. Zugleich bringt uns dies interessante Schreiben die erste Nachricht über die Mainzer Versammlung, deren Beschlüsse hiernach mit den in Dresden gefassten in Einklang stehen, weshalb nunmehr der ständige Ausschuss in Dresden eifrig mit der Ausführung derselben beschäftigt ist.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 3 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Von den ordentlichen Mitgliedern hat der Verein nur den Schul-Rath Meyer hieselbst durch den Tod verloren. Neue Anmeldungen sind dagegen nicht erfolgt.

Die neuen Erwerbungen für unsre Sammlungen sind sehr bedeutend, nämlich

A. Für die Alterthumssammlung (Seit Ostern d. J.):

I. Aus vorchristlicher Zeit.

1) Aus der Zeit der Hünengräber:

Aus der Sammlung des Glasermeisters Herrn Torgeler zu Cröpelin, angekauft durch Vermittlung des Glasermeisters Herrn Beckmann zu Doberan:

1 Keil aus thonartigem, gemengtem Gestein, 4 Pfd. 2 Loth schwer, gef. zu Meschendorf. - 1 Keil aus schwärzlichem Feuerstein, 10 Zoll lang, gef. zu Miekenhagen. - 1 Keil aus grauem Feuerstein, gef. zu Barsdorf. - 1 Keil aus weisslichem Feuerstein, gef. zu Arendsee. - 1 zerbrochner Keil aus grauem Feuerstein, gef. zu Cröpelin. - 1 Keil aus Thonstein, gef. zu Cröpelin. - 1 Schmalmeissel aus grauem Feuerstein, gef. zu Cröpelin. - 1 zerbrochner Schmalmeissel aus grauem Feuerstein, gef. zu Detershagen. - 1 zerbrochne Streitaxt aus Hornblende, gef. zu Kagsdorf. - 1 grosse und 1 kleine Pfeilspitze aus Feuerstein. - 1 spanförmiges Messer aus Feuerstein, und ein Feuerstein-Span. - 1 Scheibe aus Sandstein.

Aus der gleichfalls von dem Vereine angekauften Sammlung des Herrn Pastors Möller zu Cramonshagen:

1 breiter Keil aus gelbbraunem Feuerstein. - 1 dicker Keil aus gelblichem Feuerstein. - 1 Keil aus braunem Feuerstein. - 1 Keil aus grauem Feuerstein.- 2 Streitäxte aus Hornblende.- 1 zerbrochne Lanzenspitze aus grauem Feuerstein. - 1 Dolch aus grauem Feuerstein. - 1 halbmondförmiges Messer aus grauem Feuerstein. - 1 Pfeilspitze aus Feuerstein. - 80 Feuerstein-Späne, ohne Zweifel von einer Fabrikstätte, auf welcher auch mehre der obgenannten Feuerstein-Waffen gefunden wurden.

Geschenke des Herrn Pensionairs Haupt zu Tressow;

1 Keil aus grauem Feuerstein, gef. zu Tressow. - 3 keilartige Feuersteinsplitter, an einer Seite angeschliffen, gef. daselbst. - 1 Block aus Hornblende zur Streitaxt vorbereitet, gef. daselbst. - 1halbmondförmiger Feuersteinsplitter, gef. daselbst. - 40 Feuersteinsplitter, anscheinend zu Lanzen- und Pfeilspitzen bestimmt, gef. daselbst. - Noch 24 Splitter der Art, gef. zu Quaal, Plüschow und Pravsthagen. - 1 Schleifstein aus schwarzem Thonschiefer, gef. zu Tressow. - 1 Schleifstein aus gelblichem Sandstein, gef. daselbst. - 1 Schleifstein aus schwarzem Kieselschiefer, gef. daselbst. - 1 Schleif- oder Polierstein aus Feuerstein, gef. daselbst.- 1 Schleifstein aus grauem Thonschiefer, gef. zu Quaal. - 1 Granitscheibe, gef. zu Käselow durch Hrn. Evers zu Kranckow. - 1 durchbohrte Scheibe aus Sandstein, gef. zu Tressow. - 1 Knopf aus Thonschiefer, gef. daselbst.

Geschenke des Herrn Pastors Vortisch zu Satow: 1 unvollendete und zerbrochne Streitaxt aus Hornblendeschiefer, gef. zu Miekenhagen. - 1 kleiner dünner Keil aus dunkelgrauem Feuerstein, gefunden im Torfmoor zu Scharstorf.

Geschenke des Herrn Schullehrers Linshöft zu Barensdorf bei Grevesmühlen: 1 Streitaxt aus grauem Sandstein, und 1 Schmalmeissel aus Feuerstein, gef. zu Barendorf.

Geschenke des Herrn Hofschlossermeisters Duve zu Schwerin; 1 Keil aus dunkelgrauem Feuerstein, und 1 Schmalmeissel aus weisslichem Feuerstein, gef. auf dem Kaninchenwerder im Schweriner See.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 4 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Geschenk des Herrn Präpositus Schencke zu Pinnow: 1 spanförmiges Messer aus Feuerstein, gef. in einem Hünengrabe bei Godern.

Geschenk des Herrn Pastors Masch zu Demern: 1 Keil aus bräunlichem Feuerstein, gef. im Torfmoore zu Brusow bei Cröpelin.

Geschenk des Herrn Professors Dr. Krain zu Wismar; 1 grosser Keil aus hellgrauem Feuerstein, gef. zu Wendorf bei Wismar.

Geschenk des Herrn L. Fromm zu Parkentin: 1 Lanzenspitze aus grauem Feuerstein, gef. zu Schwaan.

Geschenk des Hrn. Bürgermeisters Daniel zu Schwaan: 2 Lanzenspitzen aus grauem Feuerstein, gef. zu Cambs bei Schwaan.

Geschenk des Herrn Landbaumeisters Schumacher zu Doberan: 1 Schmalmeissel aus weisslichem Feuerstein, gef. zu Degetow bei Grevesmühlen.

Geschenk des Herrn. Fr. Seidel zu Bützow: 2 viereckige Feuersteinplatten, sowohl auf den beiden flachen Seiten, als an den Kanten abgeschliffen, gef. bei Bützow. (Vielleicht neuern Ursprungs, wenigstens werden solche Steine noch jetzt von unsern Handwerkern, z. B. den Klempnern, als Poliersteine gebraucht.)

2) Aus der Zeit der Kegelgräber.

Aus der Sammlung des Herrn Pastors Möller zu Cramonshagen - 1 gewundner Halsring und 1 Paar dünne, vollgegossene Armringe aus Bronze, ohne Rost, wahrscheinlich im Moor gefunden. - 1 kurze Schwert- oder Dolch-Klinge aus Bronze, mit Schaftzunge und Nietlöchern. - 1 Lanzenspitze aus Bronze mit Schaftloch, worin Reste des hölzernen Schaftes.

Durch Vermittelung des Herrn Pastors Ragotzky zu Triglitz ward vom Vereine angekauft: 1 kleine Bronzschale mit Henkeln, der 1844 bei Parchim gefundenen ähnlich (Jahrb. X. S. 281), worin sich 2 Paar goldne Spiralarmringe, resp. 5 3/4 und 5 1/4 Ducaten schwer, 1 goldner Geldring, 9 1/8 Ducaten schwer, und 1 kurze, an einem Ende abgehauene Goldstange, 1 3/8 Zoll lang und 1 1/3 Ducaten schwer, befinden, gef. in der Gegend von Suckow, A. Marnitz. (Diese in Dänemark öfter vorkommenden, als Zahlungsmittel gebrauchten Geldringe und Stangen sind unsers Wissens bisher niemals auf deutschem Boden gefunden worden.)

Der Inhalt eines Kegelgrabes bei Wiek, A. Schwaan, Geschenk des Herrn Bürgermeisters Daniel zu Schwaan: 1 Schildnabel, 3 Armringe, 3 Hütchen, und Fragmente zweier gewundener Hals- und Kopfringe aus Bronze, ferner 1 ganz kleiner, stark oxydirter Ring aus Bronze und 1 durchbohrter Knochen aus der Kralle eines Raubvogels, welche zwischen verbrannten Knochen einer Kinderleiche in einer zerbrochenen Urne aus schwarzein Thon gefunden wurden.

Geschenk des Herrn Pastors Vortisch zu Satow: 1 Stück starkgerosteten Bronzeblechs von einem angeblich topfförmigen, leider zerbrochnen Gefässe, welches durch einen Bauern zu Heiligenhagen auf dem Theile der dortigen Feldmark, wo nach der Sage ein heidnischer Tempel gestanden haben soll, ausgegraben worden ist.

Geschenk der Frau Doctorin Lorenz zu Krakow: 1 kleine Henkel-Urne, worin ein zerbrochnes kleines Messer aus Bronze liegt, gef. zu Rehberg bei Krakow.

Geschenk des Herrn Pastors Masch zu Demern: 1 Bernstein-Scheibe, neben einer grobkörnigen rauhen Urne gefunden im Torfmoore zu Brusow bei Cröpelin.

3) Aus der Zeit der Wendenkirchhöfe.

Aus der Torgelerschen Sammlung: 8 Spindelsteine aus Thon. Aus der Möllerschen Sammlung: 3 Spindelsteine aus Thon,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 5 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Geschenk des Herrn Pensionairs Haupt zu Tressow: 1 kleine Perle aus gelbem Glase und 5 Spindelsteine aus Thon, gef. zu Tressow.

II. Aus dem Mittelalter.

Aus der Torgelerschen Sammlung: 1 grosser Grapen aus Bronze, gef. zu Wendelstorf bei Cröpelin.

Geschenk des Herrn Dr. Crull zu Wismar: 27 ganze Kacheln und 90 Bruchstücke, zum Theil mit sehr gut modellirten Portraits aus dem 16. Jahrhundert, gef. an verschiedenen Orten zu Wismar. - 1 Gussform von Kalkstein, gef. auf dem Wallfisch bei Wismar.

Geschenk des Herrn Domainen-Raths Kollmann auf Grüssow bei Neubukow: 1 Spangenring aus Messing, gef. zu Grüssow.

Geschenk des Herrn Hof-Decorationsmalers Clement zu Ludwigslust: 1 messingnes Taufbecken.

Geschenk des Fräuleins Elise Jatzow zu Schwerin: 1 Stück Leinwand-Spitzen aus dem 16. Jahrhundert.

B. Für die Münzsammlung:

a. durch Geschenk 1 lübscher Schilling von 1602, vom Herrn Gärtner Stübinger zu Wismar.

1 zinnerne Medaille v. J. 1585, gef. zu Grüssow bei Malchow, von dem Hrn. Domainen-Rath Kollmann auf Grüssow.

1 Pence des Königs Wilhelm IV. v. England, v. 1636, von dem Herrn Haupt zu Tressow.

1 Viertelthaler des Herzogs Carl von Lothringen v. 1611, gef. zu Glaisin, von dem Hrn. Bürgermeister Flörke zu Grabow.

1 hannoversches Sechstelthalerstück und 1 englische Kupfermünze des Königs Georg III., von dem Herrn Pastor Vortisch zu Satow. b. durch Kauf:

1 vilmarscher Ausbeutethaler des Erzbischofs Lothar von Trier, 1617, gef. zu Hasdorf bei Cröpelin, eingesandt durch Hrn. Pastor Vortisch zu Satow.

1 Lübecker Goldgulden, gef. zu Wismar, eingesandt von dem Kaufmann Hrn. J. D. Thormann daselbst.

1 Russisches 5 - Kopekenstück v. 1758.

1 Kreuzer der Stadt Frankfurt.

1 Wismarscher Dreiling von 1830 (Silberabschlag).

1 Meklenburgischer Schilling v. 1852.

C. Für die Büchersammlung.

1) Mémoires de la société imperiale d'Archéologie de St. Pétersbourg. Publiés sous les auspices de la Société par B. de K oehne. XV. (Vol. V. Ko, 3.) St. Pétersbourg. 1851. 8. (Geschenk der Gesellschaft.)

2) Zur vaterländischen Münzkunde vom 12. bis 15. Jahrhundert, oder Grundzüge der Bracteatenkunde etc. Von Dr. C. Schönemann, Bibliothekar zu Wolfenbüttel. Mit 320 Abbildungen. Wolfenbüttel. 1832. 4. (Geschenk des Hrn. Verf.)

3) Hamburgische Münzen und Medaillen. Herausgeg. von einem Ausschusse des Verein für Hamburg. Geschichte und redigirt von O. C. Gaedechens. Erste Abtheilung: Die Münzen und Medaillen seit dem J. 1753. Hamburg. 1850. 4. (Geschenk des Vereins.)

4) Ueber die Heimath nach altdeutschem Rechte, insbesondere über das Hantgemal von G. Homeyer. Berlin. 1852. 4. (Geschenk des Hrn. Verf.)

5) Hundert Merkwürdigkeilen der herzogl. Bibliothek zu Wolfenbüttel. Für Freunde derselben von C. Schönemann. Hannover. 1849. 8. (Geschenk te Hrn. Verf.)

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 6 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

6) Mittheilungen der antiquarischen Gesellschaft in Zürich. , Heft XVI. Geschichte der Abtei Zürich. Das. 1832. 4. Nebst 1 Heft Regesten. (Geschenk der Gesellschaft.)

7. 8) Sitzungsberichte der kaiserl. Akademie der Wissenschaften zu Wien. Philosophisch-historische Classe. Bd. VII. Heft 3-5. Bd. VIII. Heft
1. 2. Wien. 1852. 8.

9) Archiv für Kunde östereich. Geschichtsquellen. Herausgeg. von der Commission der kaiserl. Akademie der Wissenschaften. Jahrg. 1851. Bd. VII. Wien. 1851. 52. 8.

10. 11) Notizenblatt. Beilage zum Archiv für Kunde Österreich. Geschichts-Quellen etc. Jahrg. 1851. No. 19-24. Jahrg. 1852. No. 1-10. 8.

12) Kritische Durchsicht der von Davidow verfassten Wörtersammlung aus der Sprache der Ainos. Von Dr. A. Pfizmaier. Wien. 1851. 8. (No. 7-12 Geschenke der kaiserl. Akademie zu Wien.)

13) Oberbayerisches Archiv für vaterländische Geschichte. Herausgegeben von dem historischen Vereine von und für Oberbayern. Bd. XII. Heft 2. 3. München. 1851. 52. Gr. 8. (Geschenk des Vereins.)

14) Chronik des histor. Vereins für das würtemberg. Franken, herausgeg. von O. Schönhuth. Mergentheim. 1852. 8.

15) Conrad Widerhold, der treue Commandant von Hohentwiel im 30jährigen Kriege. 2te Ausg. Würzburg. 1844 12. (No. 14 und 15 Geschenke des gen. Vereins und resp. des Hrn. Verf.)

16) Mittheilungen des histor. antiquarischen Vereins für die Städte Saarbrücken und St. Johann und deren Umgegend. 2te Abtheil. Saarbrücken. 1852. 8. (Geschenk des Vereins.)

17) Abbildungen von Mainzer Alterthümern. Mit Erklärungen herausgegeben von dem Vereine zur Erforschung der rheinischen Geschichte und Alterthümer. Heft III. Gewandnadeln des V. u. VI. Jahrh. und Nachtrag zu II.: Schwert des Tiberius. Mainz. 1851. Gr. 4. (Geschenk des Vereins.)

18) Neues Lausitzisches Magazin. Im Auftrage der oberlausitz. Gesellschaft der Wissenschaften besorgt durch C. Neumann. Bd. XXIX. Heft 2. Görlitz. 1852. 8. (Geschenk der Gesellschaft.)

19) Mittheilungen zur näheren Kunde des Wichtigsten der Staatsgeschichte und Zustände der Bewohner des Herzogth. Lauenburg von Dr. v. Duve. Von der Vorzeit bis zum Schlusse des J. 1851. I. Lieferung. Ratzeburg. 1852. 8.

20) Lisch, Ueber die alten Wandmalereien in der Kirche zu Alt-Roebel, mit 2 Tafeln Abbildungen. - Separat-Abdruck aus der Berliner Bauzeitung. August 4852. Fol. (Geschenk des Hrn. Verf.)

21) Ulrich von Hutten. Trauerspiel in 5 Aufzügen von Ed. Hobein. Als Manuscript gedruckt. Schwerin. 1846. 8.

22) Gedichte von Fr. W. Rogge. Erstes Bändchen. Göttingen. 1830. 8.

D. Für die Urkundensammlung.

Abschrift von drei Meklenburgischen Urkunden durch Hrn. E. F. Mooyer in Minden, nämlich:

1) Urkunde des Fürsten Borwin zu Rostock, d. d. Ribnitz 1252 Septbr. 25., worin derselbe bezeugt, dass der Bürger Schele zu Ribnitz dem Kloster Bersenbruck bei Osnabrück gewisse Güter abgetreten habe. (Aus der handschriftlichen Urkundensammlung von Henseler auf der Stadtbibliothek zu Osnabrück.)

2) Urkunde des Fürsten Waldemar zu Rostock, d. d. 1274 Aug. 9. und

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 7 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

3) Urkunde des Rathes der Stadt Ribnitz de eod., worin ein von dem Fürsten Borwin und dem gedachten Rathe abgeschlossener Vergleich zwischen dem Kloster Bersenbrück und den Gebrüdern Robert, Werner und Gerhard Schmidt erneuert wird. (Gedruckt in Antistitum Osnabruggensis ecclesiae res gestae a J. J. Sandhoff. II. p. CLIII u. CLIV. No. CX. 1 u. 2.

Wissenschaftliche Arbeiten sind in dem letzten Quartale eingegangen:

1) Ueber den Obotritenfürsten Mistuwoy, von dem Hrn. Pastor F. Boll zu Brandenburg.

2) Ueber die protestantische Glosse zum Reinecke Voss, von demselben.

3) Ueber die Fürstin Woizlava, Gemalin des Fürsten Pribizlav, und die Capelle zu Althof, vom Hrn. Archivar Dr. Lisch.

4) Blätter zur Geschichte der Kirche zu Doberan, von demselben.

Kürzere Nachrichten und Beschreibungen Meklenburgischer Alterthümer haben geliefert:

Herr Archivar Dr. Lisch;
über den wendischen Burgwall bei Brenz, über den Burgwall bei Crivitz, über die mittelalterliche Burg zu Retschow bei Doberan, über das Schloss an der Fähre bei Schwerin, und über die Kirchen zu Retschow bei Doberan, zu Parkentin und zu Wittenförden.

Herr Pastor Willebrand zu Kladow:
über den wendischen Burgwall bei Friedrichsruhe.

Herr C. D. W.:
über die Kirche, zu Neuburg bei Wismar.

Herr Pensionair Haupt zu Tressow:
über ein Kegelgrab zu Pravsdorf.

Herr Regierungs-Rath Arneth zu Wien gab dem Vereine Nachrichten über mehre bronzene Wagen und Räder, welche an verschiedenen Orten in den österreichischen Kaiserstaaten gefunden sind, zur Vergleichung mit den ähnlichen Alterthümern in Meklenburg und der Mark Brandenburg.

Zu erwähnen ist endlich noch, dass ausser dem Herrn Kemble in der neuern Zeit auch noch andre auswärtige Gelehrte unsre Sammlungen besucht und zu wissenschaftlichen Zwecken benutzt haben, namentlich Herr John Thurnam aus Cambridge, welcher unter dem Titel Crania Britannica ein umfängliches Werk über die Schädel in den heidnischen Gräbern Britanniens herauszugeben beabsichtigt, welches mit den erläuternden Lithographien etwa 50-60 Thlr. kosten und von Herrn Kemble sowie von unserm Mitgliede, Hrn. Geh. Medicinalrath Dr. Flemming angelegentlich empfohlen wird. * ) - Ferner Herr Professor Wutke aus Leipzig, im Interesse seiner Kultur-Geschichte der Menschheit, und Herr Dr. W. Lübke aus Westfalen, welcher Meklenburg in kunsthistorischer Beziehung durchforschte, und in dem Berliner Kunstblatte 4 Blätter über hiesige mittelalterliche Baudenkmale geliefert hat. (1852. No. 35-38.)

W. G. Beyer , Dr., Archiv-Secr.,     
als zweiter Secretair des Vereins.      


*) Es wird auf Subscription in einzelnen Heften erscheinen.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen   zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 1 ] zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

XVIII. 2.

Quartalbericht

des

Vereins für meklenburgische Geschichte
und Alterthumskunde.


Schwerin, den 2. Januar 1853.

Vignette

D ie Angelegenheiten des deutschen Gesammtvereines für Geschichte und Alterthumskunde haben bis jetzt einen so erfreulichen Fortgang, dass man mit Sicherheit hoffen darf, es werde das seit einer Reihe von Jahren von allen Seiten her angestrebte Ziel, aller Schwierigkeiten ungeachtet, endlich erreicht werden. Nach den nunmehr eingegangenen genaueren Nachrichten über die Mainzer Versammlung vom 16. Septbr. v. J., welche besonders aus dem Westen und Südwesten Deutschlands stark besucht war, sind dort unter dem Vorsitze des Herrn Professors Dr. Klein, ersten Directors des Mainzer Vereins, die Dresdener Beschlüsse vollständig genehmigt und den weiteren Berathungen zum Grunde gelegt. Das wichtigste Resultat dieser Berathungen ist aber ohne Zweifel ein Entwurf der "Satzungen des Gesammtvereins der deutschen Geschichts- und Alterthumsvereine" als Grundlage der neuen, hoffentlich bald alle deutsche Gaue umschliessenden Verbindung unter dem Banner nationaler Wissenschaft. Als Zweck der Verbindung ist im §. 1 "das einheitliche Zusammenwirken der einzelnen Vereine zur Erforschung, Erhaltung und Bekanntmachung der vaterländischen Denkmäler" bezeichnete als Organe derselben: ein ständiger Verwaltungsausschuss, eine alljährlich stattfindende Generalversammlung (§§. 2, 17-18) und ein monatlich erscheinendes Correspondenzblatt (§. 14-16); als Mittel zur Erreichung jenes Zweckes endlich: die Anregung dunkler wissenschaftlicher Fragen und die Herausgabe oder Unterstützung grösserer wissenschaftlicher Arbeiten durch gemeinschaftliche Kräfte (§§. 7-13). - Unter den sonstigen allgemein interessanten Beschlüssen ist hier noch hervorzuheben: die Gründung eines (schon in Dresden beschlossenen) allgemeinen Museums in zwei Abtheilungen, nämlich 1) für Römisch-Germanische Alterthümer in Mainz und 2) für mittelalterliche Alterthümer in Nürnberg. Von den in Dresden in Anregung gebrachten wissenschaftlichen Arbeiten wurden mehre, z. B. ein Handbuch der nationalen Archäologie, schon in Mainz, also wenige Tage darauf, ihrer Ausführung näher gebracht, während andere hier zuerst zur Sprache kamen und zum Theil durch ausführlichere Vorträge anempfohlen wurden, z. B. die Entwerfung von Specialcharten und einer Statistik der heidnischen Gräber in den verschiedenen Provinzen und eines schon in

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 2 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Frankfurt auf der Germanistenversammlung angeregten Ortsverzeichnisses des ältern Deutschlands; so wie die Vertheilung von Formularen für möglichst alle Disciplinen der deutschen Alterthumswissenschaft und von Fragen über Gräberfunde und deren Inhalt, womit sofort Herr Lindenschmit in Mainz und unser Dr. Lisch beauftragt wurden, u. a. m.

Inzwischen sind uns denn auch die ersten beiden Nummern des neuen Correspondenzblattes, im Auftrage des Directoriums des Gesammtvereines von dem Herrn Professor Dr. Löwe zu Dresden herausgegeben, als Probeblätter zugesandt. Das erste Blatt dieser geschmackvoll ausgestatteten Zeitschrift enthält auf einem Bogen in Gross-Quart, ausser dem klar und geistreich geschriebenen "Vorworte über den Zweck der Correspondenzblätter, entwickelt aus dem gegenwärtigen Standpunkte der alterthumsforschenden Bestrebungen", den ausführlichen Bericht über die Dresdner und Mainzer Versammlung, aus welchem die obigen Mittheilungen entnommen sind. In dem zweiten Blatte sind die oben erwähnten "Satzungen des Gesammtvereines" in 19 Paragraphen abgedruckt, worauf eine Uebersicht über den Anfang der Wirksamkeit des Vereines in den Monaten August, September und October v. J. folgt. Ferner enthält dasselbe folgende Rubriken, aus welchen sich die künftige Einrichtung am besten entnehmen lässt: Nachrichten über eingegangene Schreiben; Mittheilungen für deutsche Geschichte und Alterthumskunde überhaupt; Wirksamkeit und Statistik der einzelnen Vereine; Fragen, Wünsche, Anträge, Besprechung von Unternehmungen u. s. w.; Literarischer Anzeiger. Die wichtigste Mittheilung ist ohne Zweifel die, dass die Vereine zu Mainz, Sinsheim, Dresden und Görlitz bereits ihre ausdrückliche Genehmigung der mitgetheilten Satzungen ertheilt haben, woran der Verwaltungsausschuss an sämmtliche übrige Vereine die dringende Bitte der möglichst beschleunigten Abgabe einer gleichen Erklärung knüpft. In Folge dessen hat denn auch der Ausschuss unsers Vereines in der heutigen Versammlung nach sorgfältiger Berathung beschlossen, dieser Aufforderung im Allgemeinen zu genügen, jedoch mit Rücksicht auf seine Stellung der General-Versammlung unsers Vereines gegenüber, mit dem ausdrücklichen Vorbehalte, dass wir uns bei allen Fragen materieller Natur den Stimmenmehrheitsbeschlüssen nicht unbedingt unterwerfen, vielmehr unsere freie Zustimmung vorbehalten müssten. Zugleich darf ich die erfreuliche Nachricht mittheilen, dass Se. Königl. Hoheit unser allergnädigster Grossherzog von Meklenburg-Schwerin auf 12 Exemplare des Correspondenzblattes zu subscribiren geruht haben, von dem Ausschuss des Vereines aber ausserdem auf 3 und von Privatpersonen hieselbst noch auf 2 Exemplare subscribirt worden ist. Der Preis des Blattes, worauf der Ausschuss bereitwillig und mit besonderer Genugthuung weitere Subscriptionen von Mitgliedern unseres Vereines entgegennehmen würde, beträgt bei Vorausbezahlung 1 Thlr. für den Jahrgang, später durch den Buchhandel 1 Thlr. 16 sl. Cour. * )


*) Eine uns unmittelbar berührende höchst erfreuliche Folge der Dresdner Versammlung ist ohne Zweifel die noch während des Druckes dieses Be- (  ...  )
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 3 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Mit dem Beginne des neuen Jahres, mit welchem die im Laufe des vorigen! allmählich eingegangenen Kündigungen in Kraft treten, hat unser Verein leider wiederum den Verlust von 10 ordentlichen Mitgliedern zu bedauern, namentlich, der Herren v. Vogelsang auf Gutendorf, v. d. Lühe auf Redderstorf, Münzrath Nübell zu Schwerin, Oberbaurath Wünsch daselbst, Oberst v. Wenkstern zu Strelitz, Hauptmann v. Bülow daselbst, Bibliothekar Gentzen daselbst, Kammerherr v. Oertzen auf Sophienhof, Oberamtmann Martini zu Crivitz und Lieutenant Beneke in Oestreich. Als neue Mitglieder begrüssen wir dagegen die Herren Archiv-Secretair Dr. Beneke in Hamburg und Kaufmann A. Voss hieselbst.

Uber die Vermehrung unsrer Sammlungen geben die folgenden Verzeichnisse Auskunft; es erwarben nämlich

A. Die Alterthumssammlung:

I. Aus vorchristlicher Zeit.

1) Aus der Zeit der Hünengräber:

1 Keil aus gelbgrauem Feuerstein, 1 Keil aus grauem Feuerstein, 1 Schmalmeissel aus grauem Feuerstein ,1 Schleifstein aus rothem Sandstein und 1 Gypskrystall, gefunden beim Steinbrechen in 3 verschiedenen Hünengräbern auf der Feldmark Schlutow bei Gnoien; 1 Streitaxt aus Hornblende, gefunden in einem Hünengrabe zu Dölitz bei Gnoien, geschenkt von dem Herrn v. Kardorff auf Remlin zu Gnoien.- 1 Schleifstein aus rothem Sandstein, gefunden in einem Hünengrabe bei Stuer (Jahrb. XIII, S. 357 ff.), geschenkt von dem Herrn Apotheker Schreiber, jetzt zu Grabow. - 1 kleine Streitaxt aus Hornblende, gefunden in einem Hünengrabe bei Vietlübbe, A. Lübz, geschenkt von dem Herrn Pastor Ritter daselbst. - 1 Pfeilspitze aus Feuerstein, gefunden zu Wismar, geschenkt von dem Herrn Forstmeister Plüschow daselbst. - 1 Keil aus hellgrauem Feuerstein und 1 Schmalmeissel aus Feuerstein, gefunden zu Kägsdorf; 1 zerbrochener Keil aus bräunlichem Feuerstein, gefunden zu Warkstorf; 1 Keil aus hellgrauem Feuerstein, gefunden zu Hastorf; 1 Streitaxt aus Hornblende, gefunden zu Kritzow, A. Bukow; 1 Dolch aus Feuerstein, gef. zu Hohen-Viecheln;


(  ...  ) richtes durch das Regierungsblatt No. 2 d. J. zur öffentlichen Kunde gebrachte allerhöchste Ernennung unsers ersten Secretairs, Herrn Archivars Dr. Lisch, zum Conservator der Denkmäler des Alterthums im Grossherzogthum Meklenburg-Schwerin. Die Nothwendigkeit der Errichtung einer solchen Stelle ward bekanntlich schon auf unserer letzten General-Versammlung allseitig anerkannt, in Dresden aber auf Anregung besonders der anwesenden Berliner Deputaten die Befürwortung dieser Maassregel bei allen deutschen Regierungen beschlossen und demnächst durch die Verwaltungsbehörde des Gesammtvereines ausgeführt. Ueber die glückliche Wahl bei Besetzung dieser hoffentlich folgenreichen Stelle kann nur eine Stimme sein.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 4 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

1 birnförmige Urne mit eingegrabenen Verzierungen, 1 Keil und 1 Schmal-m eissei aus hellgrauem Feuerstein, gef. in einem Hünengrabe zu Steinhagen bei Bützow, geschenkt von dem Herrn Dr. Crull zu Wismar. - 1 Streitaxt aus gneisartigem Gestein und 1 Streitaxt aus dunklem Grünstein-Porphyr, gef. zu Reez bei Eostock; 1 Keil aus hellgrauem Feuerstein, gef. zu Seehof; 1 Schleifstein aus Kalkstein, gef. zu Gerdeshagen bei Doberan, geschenkt von dem Herrn Pastor Vortisch zu Satow. - 1 Keil aus hellgrauem Feuerstein, noch ungeschliffen, geschenkt von dem Herrn Dr. Gertz zu Wismar. - 1 Keil aus Hornblende, 8 1/2" lang und 2 Zoll dick, angeblich gef. bei Werle (A. Grabow?), geschenkt von dem Herrn Candidaten Segnitz zu Schwerin.- 1 Keil aus Hornblende, Ungewissen Fundorts; 1 Bruchstück eines Keiles aus Feuerstein und 30 Feuersteinspäne, gef. zu Tressow, geschenkt von dem Herrn Haupt zu Tressow. - 1 Dolch aus gelbem Feuerstein, gef. zu Bülow bei Güstrow, geschenkt von dem Herrn Ingenieur-Eleven Beyer zu Güstrow.

2) Aus der Zeit der Kegelgräber:

2 Frameen mit Schaftrinne aus Bronze, gef. in einem Moore bei Redentin, durch Vermittelung des Herrn Dr. Crull zu Wismar geschenkt von dem Gelbgiesser Herrn Kalderach daselbst.

3) Aus der Zeit der Wendenkirchhöfe:

1 Spindelstein aus gebranntem grauen Thon, gef. zu Käselow bei Wismar, geschenkt von dem Herrn Haupt zu Tressow.

II. Aus dem christlichen Mittelalter.

1 durchbohrte Scheibe aus grauem Thon, gef. in einer Wiese auf dem Stüvendorfer Felde bei Vietlübbe, geschenkt von dem Herrn Pastor Ritter daselbst. - 1 Spindelstein aus rothgebranntem Thon, gef. zu Käselow, geschenkt von dem Herrn Haupt zu Tressow. - 20 Ofenkacheln mit blauen Verzierungen auf weissem Grunde, gef. zu Wismar, geschenkt von dem Herrn Dr. Crull daselbst. - 1 eiserne Pfeilspitze, gef. zu Schwerin, und 1 Pfeil, gef. auf dem Schlachtfelde bei Sempach in der Schweiz, geschenkt von dem Herrn Regierungsrath Dr. Prosch zu Schwerin.

B. Die Münzsammlung.

1 silberne Münze aus der Wendischen Zeit, gef. zu Wismar, geschenkt von dem Kaufmann Herrn J. O. Thormann daselbst. - 1 kupferne Medaille zur Erinnerung an den König Friedrich Wilhelm III. von Preussen, geschenkt von dem Eisenbahn-Conducteur Herrn Burmeister zu Schwerin.

Unser treuer Gönner, Herr F. W. Kretschmar in Berlin erfreuete uns wieder durch saubere Zeichnungen von 2 meklenburgischen Bracteaten und 2 mittelalterlichen Stadt-Münzen.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 5 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

C. Die Büchersammlung.

1) Russische Sprachlehre für Deutsche von Joh. Heym. Neue Aufl. Riga, 1804. 8. (Geschenk des Herrn Pastor Ritter zu Vietlübbe.)

2) Zweites und drittes Hundert Merkwürdigkeiten der Herzoglichen Bibliothek zu Wolfenbüttel. Von C. Schönemann. Hannover. 1852. (Geschenk des Hrn. Verf.)

3) Historisches Taschenbuch. Herausgeg. von Fr. v. Raumer. Dritte Folge. Vierter Jahrg. Leipzig. 1858. 8. (Geschenk des Hrn. Geh. Rath v. Oertzen.)

4) Markgraf Albrecht Alcibiades von Brandenburg-Culmbach. Von Joh. Voigt. Erster und zweiter Band. Berlin. 1852. 8.

5-9) Procedings of the Archaeological Institute of Great Britain and Irland; 1846. Memoirs ülustrat. of the History and Antiquities of the County and City of York. Part. 1. 2. London. 1847. 48. 8.
1847. Histoiy and Antiquit. of Norfolk and the City of Norwich. London. 1850. 8.
1848. History and Antiquit. of the County and City of Lincoln. London. 1850. 8.
1849. Hystory and Antiquit. of Wiltshire and the City of Salisbury. London. 1851. 8.

10 -12) The Archaeological Journal. Published under the Direction of the Central Committee of the Archaeological Institute of Great Britain and Ireland. 1849. 1850. 1851. London. 8. 3 Vol. (No. 5-12 Geschenke des Archaeolog. Instituts für Grosbritannien und Irland zu London, überreicht durch den Hrn. Esq. John Kemble.)

13-15) Mittheilungen aus dem Gebiete der Geschichte Liv-, Ehst- und Kurlands, herausgeg. von der Gesellschaft für Geschichte und Alterthumskunde der russischen Ostsee-Provinzen. Vierter, fünfter und sechster Band. Riga. 1848-1852. 8. (Geschenk der Gesellschaft.)

16) Mittheilungen der Gesellschaft für vaterländische Alterthümer in Basel. IV. (Römische Alterthümer und celtische Münzen.) Mit 2 lithograph. Tafeln. Basel. 1852. 4. (Geschenk der Gesellschaft.)

17) Vorschule zur Geschichte der Kirchenbaukunst des Mittelalters. Von W. Lübke. Mit 2 lithograph. Tafeln. Dortmund. 1852. 8.

18) Mittheilungen des Königl. Sächsischen Vereins für Erforschung und Erhaltung vaterländischer Alterthümer (besonders der Kunst des Mittelalters). Sechstes Heft. Dresden. 1852. 8. (Geschenk des Vereins.)

19) Zeitschrift des Ferdinandeums für Tirol und Vorarlberg. Dritte Folge. Erstes, zweites und drittes Heft. Innsbruck. 1853. 8. (Geschenk des Ferdinandeums.)

20) Archiv für Geschichte und Alterthumskunde von Oberfranken. Bd. V. Heft 2. Nebst Rede zur Eröffnung der Feier des 25jährigen Jubiläums des im J. 1827 gegründeten historischen Vereins von Oberfranken von v. Hagen. Bayreuth. 1852. 8. (Geschenk des Vereins.)

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 6 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

21) Archiv des histor. Vereins von Unter franken und Aschaffenburg. Bd. XII. Heft 1. Würzburg. 1852. 8. (Geschenk des Vereins.)

22) Periodische Blätter der hessischen Vereine für Geschichte und Alterthumskunde zu Kassel, Darmstadt und Mainz. No. 1. 2. April und Juli 1852. 8. (Geschenk des Vereins zu Kassel.)

23) Annalen des Vereins für Nassauische Alterthumskunde und Geschichtsforschung. Bd. IV. Heft 2. Wiesbaden. 1852. 8.

24) Denkmäler von Nassau. Herausgeg. von dem Verein für Nassauische Alterthumskunde. 1. Heft. Mit Abbildg. Wiesbaden. 1852. Hoch 4. (No. 23 u. 24 Geschenke des Vereins.)

25) Abhandlungen der histor. Classe der königl. bayersehen Akademie der Wissenschaften. Bd. IV. Abth. 3. München. 1852. 4.

26) Bulletin der königl. Akademie der Wissenschaften. Jahrg. 1851. München. 1852. 4.

27) Dr. Prantl, Die gegenwärtige Aufgabe der Philosophie. Festrede etc. München. 1852. 4. (No. 25-27 Geschenke der königl. Akademie zu München.)

28) Zeitschrift für vaterländ. Geschichte und Alterthumskunde. Herausgeg. von dem Verein für Geschichte und Alterthumskunde Westphalens durch Erhard und Rosenkranz. Neue Folge Bd. II. Münster. 1851. 4. (Geschenk des Vereins.)

29) Zober, Zur Geschichte des Stralsunder Gymnasiums. Vierter Beitrag. Stralsund. 1852. 4. (Geschenk des Hrn. Verf.)

30) Geschichte des Krieges der Wendischen Städte mit Dänemark und Norwegen in Folge der Cöllner Conföderation vom J. 1367. Nach Urkunden von G. Dittmer. Lübeck. 1853. 8. (Geschenk des Hrn. Verf.)

31) Mittheilungen zur näheren Kunde des Wichtigsten der Staatsgeschichte und Zustände der Bewohner des Herzogthums Lauenburg von der Vorzeit bis zum J. 1851. 2 Lief. Ratzeburg. 1852. 8. (Geschenk des Herrn Verf., Dr. von Duve zu Ratzeburg.)

32) Feststehender Grund der Steuer-Freiheit der Meklenburg. Ritterschaft, ungleichen der Vorzüglichkeit des Modi Contribuendi nach Hufen und Erben etc. 1742. Fol. (Geschenk des Herrn Geh. Finanzrath Ahrens.)

33) Die katholische Religionsübung in Meklenburg-Schwerin. Geschichtlich und rechtlich. Jena. 1852. 8.

34) Zur ältesten Geschichte der Domainen im Fürstenthum Ratzeburg, von G. M. C. Masch. 1852. 4. (Geschenk des Hrn. Verf.)

35) Archiv für Landeskunde in den Grossherzogthümern Meklenburg und Revue der Landwirthschaft. Jahrg. 1852. Güstrow. Gr. 8. (Geschenk S. K. H. des Grossherzogs von Meklenburg-Schwerin.)

Am 13. December v. J. machte Herr Apotheker Jaencke zu Grabow die Anzeige, dass durch dortige Arbeiter beim Steinbrechen mehre Gräber geöffnet und werthvolle Alterthümer gefunden seien. Herr Archivar Dr. Lisch reis'te dess-

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 7 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

halb nach eingezogener näherer Erkundigung In den nächsten Tagen persönlich nach Grabow und übergab demnächst einen ausführlichen Bericht über die dort gemachten sehr interessanten und für die nationale Alterthumskunde wichtigen Entdeckungen. Die gefundenen Alterthümer sind, mit Ausnahme einer grossen Menge zerschlagener "Töpfe", grösstentheils gerettet und werden demnächst an unsere Sammlungen abgeliefert werden.

In der heutigen Versammlung legte Herr Registrator Glöckler den verheissenen Entwurf eines Wegweisers durch unsere Alterthumssammlung vor, welcher vom Ausschuss genehmigt ward, und der Unterzeichnete ein topographisch geordnetes Verzeichniss aller bis jetzt bekannten Denkmäler der heidnischen Vorzeit in den beiden Grossherzogthümern Meklenburg.

W. G. Beyer , Dr., Archiv-Secr.,     
als zweiter Secretair des Vereins.      

Vignette
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen   zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 1 ] zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

XVIII. 3.

Quartalbericht

des

Vereins für meklenburgische Geschichte
und Alterthumskunde.


Schwerin, den 4.April 1853.

Vignette

S eit dem Januar d. J. sind dem Gesammtvereine für deutsche Geschichte und Alterthumskunde abermals 11, im Ganzen also bis jetzt 15, einzelne Vereine beigetreten, und von andern sind wenigstens vorläufige Zusicherungen ihres Beitritts eingegangen, so dass das Bestehen des Vereines jetzt gesichert scheint. - Von dem Correspondenzblatte ist mit dem Monate März das 6. Blatt ausgegeben. Nr. 4 enthält die Statuten des Centralmuseums für Römische und Germanische Alterthümer zu Mainz. Der Zweck dieser Anstalt ist hiernach nicht etwa in das jeden Falls erfolglose Streben gesetzt, die in den verschiedenen Ländern Deutschlands gefundenen und aufbewahrten Originalwerke des Römischen und Germanischen Alterthums in Mainz zu concentriren, sondern nur in eine möglichst vollständige Vereinigung von Vergleichungsmitteln alterthümlicher Gegenstände jener Periode durch Zeichnung oder plastische Nachbildung. Dieser Zweck soll erreicht werden durch Austausch solcher Nachbildungen der interessantesten (Schätze der bekanntlich bereits in Mainz vorhandenen sehr reichen Sammlung mit den übrigen Sammlungen Deutschlands durch Vermittelung und Unterstützung der verbündeten Vereine. - Unter den selbstständigen antiquarischen Abhandlungen des Correspondenzblattes ist besonders der "über das Sondereigenthum der Germanen am Grund und Boden" hervorzuheben.

Auch die directe Verbindung unsers Vereines mit den verwandten Vereinen anderer Gegenden ist abermals erweitert, und namentlich mit dem Verein für Thüringische Geschichte und Alterthumskunde zu Jena, und mit der Gesellschaft für Erhaltung und Aufsuchung geschichtlicher Denkmäler im Grossherzogthum Luxemburg, in bisher üblicher Weise angeknüpft.

Als ordentliches Mitglied ist dem Vereine beigetreten der hiesige Maler Herr Theodor Schlöpcke. Weitere Personal-Veränderungen sind dies Mal nicht zu melden.

Die neuen Erwerbungen für die Vereinssammlungen sind folgende, nämlich

A. Für die Alterthumssammlung;

I. Aus vorchristlicher Zeit.

1) Aus der Zeit der Hünengräber:

1 Keil aus grauem Thonstein, gefunden zu Penzin bei Bützow, geschenkt von dem Herrn Fr. Seidel zu Bützow. - 2 kleine Pfeilspitzen aus Feuerstein, gefunden auf dem Mahnkenberge bei Bützow, geschenkt von dem Herrn Fr. Seidel daselbst. - 1 Schmalmeissel aus Feuerstein, gefunden in der Gegend vonWismar, geschenkt von dem Herrn Dr. Gertz daselbst. - 1 Keil aus bräunlichem Feuerstein, gefunden zu Mittel-Wendorf bei Wismar, geschenkt von dem Herrn Haupt zu Tressow. - 1 Dolch aus grauem Feuerstein, 9 Zoll lang, gefunden in einer Mergelgrube zwischen Schwerin und Wismar, geschenkt von dem Herrn Seifensieder Brunnengräber zu Schwerin. - 1 Pfeilspitze aus hellgrauem Feuerstein, gefunden zu Miekenhagen bei Kröpelin, geschenkt von dem Herrn Pastor Vortisch zu Satow. - 2 Feuersteinsplitter, als Waffen benutzt, gefunden zu Kölpin bei Crivitz. - 1 Thürangel, oder ein Gefäss aus schwarzem Basalt, gefunden zu Satow bei Kröpelin, geschenkt von dem Herrn Pasttor Vortisch daselbst, (vielleicht aus dem Mittelalter).

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 2 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

2) Aus der Zeit der Kegelgräber;

1 Urne mit gebrannten Kinderknochen und einem spiralförmigen Fingerringe aus Gold; 1 gewundener Kopfring; 1 gewundener und 1 glatter gravirter Halsring; 1 kleiner gewundener Armring; 3 vollgegossene und 2 Paar hohlgegossene Handringe; 1 gewundener Fingerring; 1 halbmondförmige Spange und 1 Spange von Drath; 1 Doppelknopf mit aufrecht stehender Stange; 1 Gefässdeckel, alles aus Bronze; ferner 1 Mühlstein aus Granit und viele Urnenscherben, gefunden in 6 Kegelgräbern auf einer Heide bei der Ziegelei bei Grabow. Endlich 5 Urnen mit gebrannten Knochenscherben, gefunden auf einer grossen germanischen Begräbnissstätte bei dem Grimoor bei Grabow, durch die Vermittelung der Herren Apotheker Schreiber, Zahnarzt Meinhof und Senator Weidemann zu Grabow und des Herrn Archivars Dr. Lisch für den Verein erworben. - 1 kleine Henkelurne mit gebrannten Knochen einer Kinderleiche und einem Finge aus Bronze, eine Schlange, welche sich in den Schwanz beisst, vorstellend, nebst einem mit Asche und Sand gefüllten Grabgefässe, gefunden in einem Kegelgrabe zu Sembzin bei Malchow, geschenkt durch Vermittelung des Herrn Advocaten Pörtner zu Röbel von dem Pächter Herrn Engel zu Sembzin. - 1 Armring aus Bronze, gefunden in einem Kegelgrabe zu Bossow bei Krakow, geschenkt von dem Herrn v. Jasmund auf Dobbin.

3) Aus der Zeit der Wendenkirchhöfe:

1 Lanzenspitze aus Eisen, gefunden neben Urnenscherben bei Grabow, geschenkt von dem Senator Herrn Weidemann daselbst. - 1 Urne, gefunden bei Tramm im A. Grevismühlen, geschenkt von dem Herrn Pensionär Haupt zu Tressow. - 10 Spindelsteine aus Thon, gefunden in der Gegend von Grevismühlen, geschenkt von demselben. - 1 Spindelstein, gefunden zu Satow, geschenkt von dem Herrn Pastor Vortisch daselbst. - 1 Spindelstein, gefunden zu Kölpin bei Sternberg.

II. Aus der Zeit des christlichen Mittelalters:

1 kleines Thierbild aus Bronze, gefunden zu Tews-Woos im A. Dömitz, geschenkt von dem Herrn Geheim. Cabinetsrath Dr. Prosch hieselbst. - 1 Pfeilspitze aus Eisen, gefunden am Schlossberge zu Marlow, geschenkt von dem Herrn Dr. Hüen daselbst. - 1 Hufeisen, gefunden zu Miekenhagen, geschenkt von dem Herrn Pastor Vortisch zu Satow. - 1 grosser Schlüssel aus Eisen, gefunden auf dem ältesten Burgwalle bei Bützow, geschenkt von dem Herrn Fr. Seidel daselbst. - 1 kleine Ringschnalle, 1 kleiner glockenförmiger Beschlag, 1 Doppelknopf und 2 halbe Nägel aus Bronze, gefunden in einem Garten bei Bützow, geschenkt von demselben. - 1 siebenschildiges Meklenburgisches Wappen aus gebranntem Thon, gefunden auf dem Schlossberge bei Bützow, geschenkt von demselben. - 1 Siegelstempel aus Bronze, aus dem 13. Jahrhundert, gefunden zu Pastin bei Sternberg, geschenkt von dem Herrn Architecten Stern hieselbst.

B. Für die Münzsammlung:

1 Römischer Denar zu Ehren der Faustina Augusta, gefunden zu Roggendorf bei Gadebusch, geschenkt von dem Herrn Architecten Stern hieselbst.

1 silberne Medaille auf den König Carl XII. von Schweden, und 1 braunschweigischer halber Thaler von 1717, geschenkt von dem Forstjunker Herrn v. Wickede zu Ratzeburg.

1 Thaler der Grafschaft Geldern von 1585, und 1 Groschen der Stadt Riga von 1585, geschenkt von dem Herrn v. Kardorf auf Remlin zu Gnoien.

1 Lübscher Schilling von 1602, geschenkt von dem Herrn Gärtner Stubbinger zu Wismar.

C. Für die Bibliothek des Vereins:

1) Mémoires de le Société imperiale d'Archéologie de St. Pétersbourg. Publiés par B. de Koehne. XVII. (Vol. VL No. 1. 2.) St. Pétersbourg. 1852. 8. (Geschenk der Gesellschaft.)

2) Aktstykker til Nordens Historie i Grevefeidens Tid. Samlede og udgivne af Fyens Stifts literaere Selskab. Tredie Hefte. Odense. 1852. 8. (Geschenk der Gesellschaft.)

3) Correspondenz-Blatt des Gesammtvereins der deutschen Geschichts- und Alterthums-Vereine. Herausgeg. von Dr. Löwe. Num. 1-5. (Geschenk S. K. H. des Grossherzogs.)

4) Die Haus- und Hofmarken. Von Prof. Homeyer. Programm, welches

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 3 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

zur Mittheilung von betreffenden Forschungen auffordert. Berlin. 1858. 8. (Geschenk des Hrn. Verf.)

5) Geognostische Wanderungen im Gebiete der nordöstlichen Alpen, besonders in der Umgebung von Spital an Pyhrn etc., Gmunden und Linz. Ein specieller Beitrag zur Kenntniss Ober-Oesterreichs. Von Carl Ehrlich. Linz. 1852. (Geschenk des Museum Francisco-Carolinum zu Linz.)

6) Württemberg. Jahrbücher für Vaterland. Geschichte, Geographie, Statistik und Topographie. Herausgeg. von dem königl. statistisch-topograph. Büreau. Jahrg. 1851. Stuttgart. 1852. 8. (Geschenk des Büreaus.)

7) Der Erzengel Michael. Von Martin Schongauer. Achte Veröffentlichung des Vereins für Kunst und Alterthum in Ulm und Oberschwaben. Ulm. 1852. Gr. Fol. (Geschenk des Vereins.)

8) Ueber Albrecht den Jüngern, Markgrafen von Brandenburg-Culmbach, und seine Zeit. Von Dr. Zimmermann. Festprogramm zum 25jähr. Jubiläum des historischen Vereins von Oberfranken zu Bayreuth, am 5. Mai 1852. Bayreuth. 1852. 8. (Geschenk des Vereins.)

9) Oberbayerisches Archiv für vaterl. Geschichte, herausgeg. von dem histor. Vereine von und für Oberbayern. Bd. XIII. Heft 1. München. 1852. 8.

10) Vierzehnter Jahresbericht desselben Vereins. Für das J. 1851. Das. w. o. (No. 9 und 10 Geschenke des Vereins.)

11) Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst. Mit Abbildungen. Fünftes Heft. Frankfurt a. M. 1853. Gr. 8. (Geschenk des histor. Vereins das.)

12) Abbildungen von Mainzer Alterthümern. Mit Erklärungen herausgeg. von dem Verein zur Erforschung der rheinischen Geschichte und Alterthümer. IV. V. Mainz. 1852. 4. (Geschenk des Vereins.)

13) Neun und zwanzigster Jahresbericht der Schlesischen Gesellschaft für vaterländ. Kultur. Arbeiten und Veränderungen der Gesellschaft im J. 1851, Breslau. 4. (Geschenk der Gesellschaft.)

14) Zeitschrift des Vereins für thüringische Geschichte und Alterthumskunde. Erstes Heft. Jena. 1852. 8.

15) Rechtsdenkmale aus Thüringen. Erste Lieferung. Namens des Vereins etc. herausgeg. von A. Michelsen. Jena. 1852. 8. (No. 14 und 15 Geschenke des Vereins.)

16) Monumenta Zollerana. Urkundenbuch zur Geschichte des Hauses Hohenzollern. Herausgeg. von v. Stillfried und Dr. Maerker. Erster Band. Urkundenbuch der Schwäbischen Linie. 1095 - 1418. Berlin. 1852. Gr. 4. (Geschenk S. M. des Königs von Preussen.)

17) Hamburgische Chroniken. Herausgeg. von Dr. Lappenberg. Erstes Heft. Hamburg. 1852. 8. (Geschenk des Vereins für Hamburg. Geschichte.)

18) Die Bedeutung des Lätaresonntags 1853 für die Marien-Kirche zu Wismar. Das. 4. (Geschenk des Hrn. Prof. Crain zu Wismar.)

19. 20. Diarium über die Verhandlungen zu Rostock, betr. die Umgestaltung der Steuer- und Zollverhältnisse in Mecklenburg. Vom 8. März 1852 u. flg. 4.
Erachtlicher Bericht über die Rechtsverhältnisse der zur römisch-katholischen Kirche sich bekennenden Landeseinwohner etc. 4. (Geschenk des Hrn. Landraths Baron v. Maltzan auf Rothenmoor.)

21. Joh. Lassenii Frucht-bringende Gespräch-Spiele-über bürgerliches Stadtleben, auch die andern Stände der Welt sampt Künsten und Gewerben. Rostock. 1666. 8. (Geschenk des Hrn. Regierungs-Secretair Grischow zu Neustrelitz.)

22. Mittheilungen des Königl. Sächsischen Vereins für Erforschung und Erhaltung vaterländischer Alterthümer. Sechstes Heft. Dresden. 1852. 8. (Geschenk des Vereins.)

23. Der Dom zu Drontheim und die mittelalterliche christliche Baukunst der skandinavischen Normannen. Von A. v. Minutoli. Mit 12 Tafeln Abbildungen. Berlin. 1853. Imper. Fol. (Geschenk des Hrn. Verfassers.)

D. Für die Bildersammlung:

Portrait des herzogl. Meklenburg-Strelitzschen Hofraths und Districts-Physicus Dr. C. F. L. Wildberg. (Geschenk des Hrn. Directors Dr. Wex hieselbst.)

Unter den erworbenen Büchern ist schon hier, wenn auch noch so flüchtig, des für die Geschichte der Baukunst überaus wichtigen Prachtwerks über den Dom zu Drontheim (Nr. 23 des Verzeichnisses) zu gedenken, welches der berühmte Herr Verfasser dem Vereine mittelst eines höchst schmeichelhaften Schreibens geschenkt hat. Die staunende Kunstwelt lernt darin ein neues, bisher wenigstens nur in sehr engen Kreisen bekanntes, Wunderwerk germanischer Baukunst kennen, eine Erscheinung, durch welche zugleich, wenn sich die Forschungen

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 4 zur ersten Seite zur vorherigen Seite

des Herrn Verfassers ganz bewähren sollten, die ganze (Schichte der nordeuropäischen Baukunst umgestaltet wird. Es wird hier nämlich nachgewiesen, dass dieser durchweg aus grossen Marmor-Quadern aufgeführte Tempel, - bei weitem der grösste und schönste des gesammten europäischen Nordens - zwar erst in der zweiten Hälfte des 12. bis Ende des 13. Jahrhunderts in seinem jetzigen Umfange hergestellt ist, aber mit Benutzung wesentlicher Theile dreier älterer Kirchen aus der Mitte des 11. Jahrhunderts, namentlich der St. Clemens-Kirche unter Olaf dem Heiligen, und der Marien-Kirche unter Harald Haarderade. Diese ältern Kirchen waren im byzantinischen Rundbogenstyl, der Dom selbst aber im Spitzbogenstyl erbauet; beide Theile dieses merkwürdigen Bauwerkes aber haben allen ähnlichen normannischen Bauten, sowol in der Normandie, als in England zum Vorbilde gedient, so dass die normannische Baukunst, in Widerspruch mit allen bisherigen Ansichten, sich unmittelbar nach byzantinischen Mustern in der eigentlichen Heimath des tapfern Nordlandvolkes entwickelt hat, und von dort in die südlichen Colonien desselben verpflanzt ist.

Zugleich weiset der Verfasser den grossen Einfluss des normannischen Baustyls auf die ältere Baukunst im Norden Deutschlands nach, theils über Bremen, theils, wie der Verf. meint, über Dänemark und Schweden, wobei den Baudenkmälern Meklenburgs im Rundbogen- und Uebergangs- oder gothischen Frühstyl am Schlüsse ein besonderer Abschnitt gewidmet wird, natürlich an der Hand unserer Jahrbücher, deren höchst verdienstliche Forschungen wiederholt anerkannt werden, und welche nun auch auf diesem Gebiete als vollkommen gerechtfertigt und bewährt dastehen. Die hohe Bedeutung für die Geschichte, welche die ältere meklenburgische Baukunst auf diese Weise unvermuthet gefunden hat, ist aber inzwischen durch eine neue, eben so interessante als überraschende Entdeckung, welche mein College, Herr Archivar Dr. Lisch, ohne eine Ahnung von den Resultaten der Forschungen des Freiherrn v. Minutoli zu haben, etwa vor einem Jahre machte, und in der Quartalversammlung vorläufig mittheilte, noch bedeutend gesteigert. Hiernach war nämlich die älteste bedeutendere christliche Kirche Mecklenburgs, die Doberaner Klosterkirche zu Althof, unter unmittelbarem norwegischen Einflusse, vielleicht gar von norwegischen Baumeistern und zwar nach dem Muster der Klosterkirche zu Hovedoe, bei Christiania, erbauet worden.

Der historische Werth unserer altern Kirchenbauten steigt hiedurch so bedeutend, dass derAusschuss bereits daran gedacht hat, die wichtigsten derselben in einer noch näher zu bestimmenden Weise nach und nach durch gute Abbildungen allgemeiner bekannt zu machen,

W. G. Beyer , Dr., Archiv-Secr.,     
als zweiter Secretair des Vereins.      

Vignette