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II. Zur Baukunde.

Mittelalter.

a. Kirchliche Bauwerke.

Die alte Wandmalerei der Kirche zu Alt = Röbel.

Die alt = röbelsche Kirche wird gegenwärtig restaurirt. Nachdem schon einige Jahre lang an einem neuen Thurme 1 ) gebauet war, wurden im Sept. 1850 die ersten Berathungen über den innern Schmuck der Kirche gepflogen. Einige leise Andeutungen ließen vermuthen, daß unter der weißen Kalktünche, welche im J. 1701 aufgetragen ist, alte Wandmalereien verborgen seien. Der erste Versuch mit der Entfernung der Kalktünche bestätigte sogleich diese Vermuthung; in den Jahrb. XVI, S. 290, ist sowohl über diese Decoration, als über andere alte Kirchenmalereien, vorläufig Bericht erstattet. Es ward nun im Herbste 1850 beschlossen, in dem nächstfolgenden Jahre den ganzen Chor der Kirche von der Kalktünche zu befreien, da die Ausbesserung der Gewölbe und Wände doch eine vollständige Bloßlegung derselben wünschenswerth machte. Dies ist nun auch geschehen, und der Erfolg der Arbeit ist ein sehr glänzender gewesen: es ist die ganze ursprüngliche Decoration des Chors entdeckt. Die Entdeckung ist so wichtig, daß Se. Königl. Hoheit der allerdurchlauchtigste Großherzog die Kosten zur vollständigen Copie 2 ) aller Malereien durch den Hofmaler C. Schumacher hergegeben haben.

Diese Entdeckung ist von der allerhöchsten Bedeutung, indem wir endlich einmal eine vollständige, ursprüngliche


1) Der Baumeister des Thurmes und der Kirchen = Restauration ist der Bau = Conducteur Theodor Krüger; Regierungs = Commissarien für diesen Bau sind der Landbaumeister Voß zu Plau (zuerst der Baurath Bartning zu Schwerin) und der Archivar Dr. Lisch zu Schwerin.
2) Die Hauptansicht und die wichtigern Einzelnheiten dieser Decoration werden in der Zeitschrift für Bauwesen, herausgegeben unter Mitwirkung der königl. preuß. Bau=Deputation und des Architekten=Vereins zu Berlin, Jahrgang 1852, in Farbendruck veröffentlicht werden.
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Decoration einer Ziegelkirche kennen gelernt haben, welche in jeder Hinsicht zum Muster dienen kann. Zwar fühlt man überall die Geschmacklosigkeit der weißen Kalktünche und der schwarzgrauen Rippen, aber man kann sich bei neuen Anstrichen über ein Grüngrau noch nicht erheben, wie z. B. im Dome zu Schwerin; ja in Rostock ist man so weit gegangen, die schwarzgrauen Rippen zu vertilgen und die Kirchen nicht etwa grau, sondern - ganz schneeweiß zu tünchen, was freilich kaum zu ertragen ist. Will man die Kirchen weiß lassen, so lasse man doch auch die einmal seit 150 Jahren dazu gehörenden schwarzgrauen Rippen; nimmt man aber diese weg, dann muß auch die weiße Kalktünche fort. Glücklicher Weise ist die röbelsche Kirchen = Decoration eine äußerst geschmakvolle, gefällige und stylgemäße und kann dreist als Muster zum Studium hingegeben werden. Sie liefert auch den Beweis, daß man sich auch im hohen Norden Deutschlands nicht damit begnügte, die Kirchen im Rohbau stehen zu lassen, was allerdings oft auch roh ausgesehen haben mag; etwas malerischen Schmuck, ja viel Schmuck verlangt der Ziegelbau, da seine Gliederungen nicht sehr kräftig sind.

Die Kirche zu Alt = Röbel besteht aus zwei wesentlich verschiedenen Theilen: Chor und Schiff. Der Chor der Kirche, ein Oblongum von zwei Gewölben Länge, mit zwei Fenstern unter jedem Gewölbe in den Seitenwänden und drei Fenstern in der Altarwand, ohne Seitenschiffe, stammt ohne Zweifel aus der Zeit der Gründung der Stadt 1220 - 1230. Er hat noch einen kräftigen Rundbogenfries und in der Nordwand eine, jetzt zugemauerte Rundbogenpforte; die schmalen, schräge eingehenden Fenster sind im Uebergangsstyle gewölbt und leise zugespitzt. Das Schiff der Kirche ist etwas jünger, jedoch sind die Fenster auch noch im Uebergangsstyle construirt; die rohen Pfeiler und die Gewölbe stammen aber wohl aus dem 14. Jahrhundert.

Das Schiff der Kirche stand vor der Uebertünchung im Rohbau.

Der Chor ist dagegen derjenige Theil, welcher die merkwürdigen Malereien trägt. Um diese Malereien aufnehmen zu können, ward der Chor zur Zeit der Erbauung oder etwas später ganz mit einem dünnen, festen, glatten Kalkputz bedeckt. Die Malerei ist folgende.

Auf dem Fußboden stehen an den Wänden ringsumher niedrige gemalte Rundbogenarkaden 1 ), nämlich auf kurzen


1) Zu gleicher Zeit mit den Malereien in der Kirche zu Röbel sind (1851 durch Lübke) auch ähnliche Wandmalereien in der Kirche zu Methler bei (  ...  )
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Pilastern, welche mit dünnen Platten bedeckt sind, Halbkreisbogen aus Quadern, abwechselnd dunkelroth und blau gemalt. Unter diesen Bogen ist die Wand nicht gemalt, sondern zeigt den ungefärbten, gelbgrauen, festen Putz. Ueber diesen Bogen sind die Wände bis zu den Gewölben ganz roth gemalt und groß quadrirt, so daß Quadersteine, von größerm Format als die Ziegel, nachgeahmt werden. Das Roth ist äußerst schön und milde, und fast mehr orange, als roth. Die Quadrirung ist durch Linien hervorgebracht, welche bald weiß sind, bald mehr ins Bläuliche, bad ins Graue spielen. Die Fensterleibungen sind weiß. Die Wulste, welche die Fenster einfassen, sind rein dunkelziegelroth; in der Wölbung, über den Capitälern, sind diese rothen Wulste mit wechselnden halben Scheiben, die aus blauen und weißen Kreisen bestehen, verziert: eine Verzierung, die an eine sehr frühe Zeit erinnert. Mit eben solchen Scheiben sind die dunkelziegelrothen Gewölberippen oder Wulste, welche die Seitenwände einfassen, verziert. Um aber die rothen Wandflächen etwas zu brechen, sind die Fenster mit breiten, weißen Pilastern 1 ) auf den Wandflächen eingefaßt; die Pilaster haben fein in grau gezeichnete Capitäler, welche weiße Bogen tragen. Die Wandflächen zwischen je zwei Fenstern werden von diesen Pilastern grade gefüllt und sind mit bläulichen, wellenförmigen, senkrechten Parallelbändern verziert. Eben so sind die Consolen, welche den Gurtbogen zwischen beiden Gewölben tragen, mit schuppenförmigen Verzierungen bedeckt, an der Südwand in blau, an der Nordwand in roth. Neben den Fenstern stehen auf weißen Scheiben die in hochroth schön gemalten 7 bischöflichen Weihkreuze mit rothen und blauen Ornamenten.


(  ...  ) Dortmund entdeckt. Diese stammen aus der Mitte des 13. Jahrhunderts, aus der ursprünglichen Anlage der Kirche, welche im Uebergangsstyle gebauet ist. Den untern Theil der Chorwände beleben Wandarkaden. Die obern zwei Drittheile der 3 Chorwände sind mit großen Gemälden bedeckt, in zwei Reihen, in der untern Reihe mit den Aposteln in Lebensgröße. Auch die Gewölbekappen sind bemalt. In der östlichen ist Christus in einem großen von zwei schwebenden Engeln gehaltenen Medaillon (Oval des Antlitzes, gespaltener Bart, lang herabwallendes, in der Mitte gescheiteltes Haar, mit erhobener Rechten, althergebrachter, feierlich strenger Typus). In den Seitenkappen sind die 4 Evangelisten. In der westlichen Kappe anbetende Engel. Sämmtliche Gurten und Rippen sind mit Arabesken und Bändern bemalt etc. . - Vgl. Deutsches Kunstblatt, Berlin, 1851, Nr. 39, S. 308 flgd. von W. Lübke. - Lübke besuchte im April 1852 auch Meklenburg.
1) In alten italienischen Ziegelkirchen, welche freilich reicher gemalt sind, findet sich ein ähnliches Farbenspiel in der Hauptsache. So z. B. in der S. Andreaskirche aus dem 13. Jahrhundert zu Vercelli sind die Wandflächen und Gewölbekappen grau, aber die Einfassungen der Wandflächen, Fenster und Bogen ziegelroth (wie Ziegelbau) gemalt. Ein schönes Blatt ist in Lewis Gruner Specimens of ornamental art, London, 1850, Plate 44.
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Die Gewölbekappen sind weiß geputzt, tragen aber einen reichen Schmuck in Malereien. Die Gewölberippen sind abwechselnd mit Bändern in blau und gelb, roth und weiß, blau und roth, auch roth mit halben Scheiben in blau und weiß bemalt. Die Gewölbekappen tragen einen Schmuck von Arabesken und Figuren. Die Arabesken sind noch sehr natürlich gehalten. Unmittelbar an den Gewölberippen liegen nach oben sich verjüngende Baumäste, von denen Zweige auslaufen, die sich in Ranken und Blätter verlieren; wo dieser Arabeskenschmuck zu voll werden würde, sind Zweige als abgehauen dargestellt. In dem östlichen Gewölbe sind alle Arabesken nur gelb; in dem westlichen Gewölbe sind sie abwechselnd roth und blau. Das westliche Gewölbe hat einen Schlußstein; das östliche Gewölbe hat statt dessen, wie in den Kirchen um Güstrow, eine mit einem Wulste umfaßte Scheibe, welche zu einem Medaillon benutzt ist.

Der Gurtbogen zwischen Chor und Schiff, der Triumpfbogen, unter welchem das große Crucifix mit Maria und Johannes steht, ist schlechtweg ganz roth quadrirt, wie die Wandflächen.

Der Gurtbogen zwischen dem ersten und zweiten Chorgewölbe ist aber sehr reich und eigenthümlich bemalt. Auf gelbem Grunde, mit Stabwerk und weißen Einfassungslinien, stehen 9 Medaillons, welche auf grauem, gelbem, blauem oder rothem Grunde eben so viele Brustbilder weltlicher, wahrscheinlich fürstlicher Personen tragen.

1) In der Mitte ein männliches, bärtiges Brustbild, mit rother Krone auf dem Kopfe, im gelben Gewande und rothen Mantel.

Darauf folgt nach der nördlihen Seite hinab:

2) ein männliches, bärtiges Bild, mit runder, blauer Mütze, weißem Gewande und blauem Mantel;

3) ein männliches, bärtiges Bild mit weißer Krone, gelbem Gewande und rothem Mantel;

4) ein weibliches Bild mit langem, ungeflochtenen, über die Schultern hinabfallenden, gelben Haare, rother, mit weißen Perlen besetzter Stirnbinde, weißem Kleide und rothem Mantel;

5) ein männliches Brustbild, von welchem jedoch nichts mehr zu erkennen ist.

Auf das mittlere Medaillon folgt nach der südlichen Seite hinab:

6) ein weibliches Bild mit kürzerm, in den Nacken hinabfallenden, gelben Haar, ohne Stirnbinde, mit blauem Kleide und gelbem Mantel;

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7) ein männliches, unbärtiges Bild, mit langem, auf die Schultern fallenden, gelben Haar, mit einer runden, rothen, mit Perlen besetzten Mütze, mit gelbem Gewande und rothem Mantel;

8) ein männliches, unbärtiges Bild, mit kurzem, dunklen Haar, einer spitzen, rothen Mütze, rothem Gewande und blauem Mantel;

9) ein wunderliches Bild, welches aber leider sehr zerstört ist, jedoch ist noch klar zu erkennen: ein großes, grobes, bärtiges Gesicht von schmutzig gelber Farbe, mit etwas grotesken Zügen, auf der Stirne zwei große bläuliche oder graue Hörner und zwischen denselben zwei etwas kleinere, Hörnern ähnliche Dinge tragend; das an den Hals anschließende Gewand hat dieselbe blaugraue Farbe, wie die Hörner.

Zwischen je zwei Medaillons stehen auf dem gelben Grunde des Gurtbogens schöne Blätterarabesken in rothbraun, mit weißen Rippen, und begleitende Blätterformen in blau und weiß.

Die Seitenflächen des Gurtbogens sind gelb und weiß quadrirt.

Eine höchst wichtige Verzierung steht über dem westlichen Fensterpaare der südlichen Seitenwand, unter der Gewölbekappe mit dem Löwen, der (jetzt zugemauerten) Rundbogenthür des Chores gegenüber: nämlich ein großes Wappen der Fürsten von Werle: im gelben Schilde der vorwärts schauende, schwarze werlesche Stierkopf, ohne Halsfell, mit geschlossenem Maule, mit aushangender rother Zunge, mit silbernen Hörnern und goldener Krone, ganz in den Formen, wie es die Siegel aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrh. zeigen.

Die merkwürdigen Malereien auf den weißen Gewölbekappen sind folgende:

Erstes Chorgewölbe über dem Altare.

Die Gewölberippen sind abwechselnd mit Bändern in roth und weiß, oder roth und blau, oder blau und gelb umwunden. Die Arabesken oder Baumzweige sind alle gelb.

Die kreisförmige Schlußfläche ist von einem roth und weiß gegitterten Wulst umgeben und mit drei Linien in blau, roth und gelb eingefaßt. In blauen Wolken ist das Brustbild eines segnenden Christus dargestellt; der Kopf hat ein jugendliches Gesicht, langes, gescheiteltes Haar und schwachen, gespaltenen Bart, mit einer gelben Scheibe um den Kopf.

1) Oestliche Gewölbekappe. Die Kreuzigung Christi. In der Mitte Christus an einem Tförmigen Kreuze, mit einem anliegenden Schurze von den Rippen bis gegen die Kniee be=

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kleidet, mit einer rothen Scheibe um das Haupt, welche über den Queerbalken des Kreuzes hinüberragt. Links neben dem Kreuze knieet eine kleine weibliche Figur (Maria Magdalena?), mit gelbem Haar, ohne Heiligenschein, in rothem Gewande, die rechte Hand zu Christum hinaufstreckend. Rechts neben dem Kreuze steht eine kleine Figur, deren Kopf nicht mehr zu erkennen ist (Joseph von Arimathia?), in weitem, gelben Gewande, mit fliegendem, blauen Mantel, die rechte Hand von dem Kreuze weg in die Höhe gestreckt; die Gewänder scheinen weibliche zu sein, sind jedoch kurz und reichen nur bis an die Knöchel, so daß die rothbraunen Fußbekleidungen ganz zu sehen sind. - Vielleicht können diese beiden Figuren auch die Donatoren darstellen, da sie keine Heiligenscheine haben. - Ueber dem Kreuze schweben unter einer an die Schlußfläche gelehnten Wolke Engel. in gelb und roth, die jedoch nicht mehr klar zu erkennen sind. - Alle diese Darstellungen sind nur klein gehalten. - Zu jeder Seite der Kreuzigungsgruppe steht in den Arabesken eine Figur, welche fast noch einmal so groß ist, als die Figuren in der Kreuzigungsgruppe. - Rechts vom Kreuze steht Maria, die beiden Arme über die Brust gekreuzt, mit einer gelben Scheibe um das Haupt, im ganz gelben Gewande und blauen Mantel. - Links vom Kreuze steht Johannes d. Ev., die rechte Hand auf die Brust lehnend, mit einer rothen Scheibe um das Haupt, in rothem Gewande und gelbem Mantel. - Diese beiden Figuren sind groß und schlank gehalten, Johannes größer, als Maria.

2) Westliche Gewölbekappe, der Kreuzigung gegenüber. Diese Kappe enthält nur einen anbetenden, kleinen Engel, in kurzem, rothen Gewande, mit vor der Brust zusammengelegten Armen, mit rother Scheibe um das Haupt, mit Flügeln in gelb und blau, mit gekreuzten Beinen.

3) Südliche Gewölbekappe. Ein anbetender Apostel (Andreas oder Petrus?), wahrscheinlich Andreas, ohne Attribut, mit kahler Stirne und weißlichem Bart, die Hände zusammengelegt, mit gelber Scheibe um das Haupt, in gelbem Gewande und rothem Mantel. Diese Figur stimmt in der Färbung ganz zu dem zunächst stehenden Johannes.

4) Nördliche Gewölbekappe. Eine weibliche Heilige (die H. Katharine?), mit erhobenem rechten Arme, mit gelber Scheibe um das Haupt, im gelben Gewande, unter welchem unten ein rothes über den rothen Schuhen hervorragt, mit rothem Halsbande mit weißen Perlen, im blauen, roth gefutterten Mantel. Diese Figur stimmt in der Färbung ganz zu der zunächst stehenden Maria.

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Zweites Chorgewölbe neben dem Schiffe.

Die Gewölberippen sind vorherrschend roth mit blauen und weißen Halbkreisen. Die weniger reichen Arabesken bestehen abwechselnd aus gelben Stämmen mit rothen Zweigen oder aus rothen Stämmen mit blauen Zweigen.

5) Oestliche Gewölbekappe. Der heil. Georg, den Drachen tödtend. Der h. Georg zu Pferde, stößt die eingelegte Lanze in den Rachen des Drachen, der ihm entgegensteht. Das Gewand des h. Georg ist blau, das Pferd ist roth. Der Drache ist roth mit blauen Flügeln.

6) Südliche Gewölbekappe. Simson, den Löwen zerreißend. Eine jugendliche, männliche Figur, ohne Bart, mit kurzem, gelockten Haar, mit einem runden Hute von blauer Farbe, im blauen Gewande und rothen Mantel, steht neben einem rothen Löwen und faßt diesen mit der rechten Hand in die Mähne und mit der linken Hand an den in die Höhe gekrümmten Schwanz.

7) Nördliche Gewölbekappe. Ein männlicher Heiliger, der h. Heinrich oder der h. Alexander (?), stehend, mit langem Haar, im Harnisch, mit einem (Fürsten) = Hute auf dem Kopfe, im gelben, blau gefutterten Mantel, mit einem schräge hin aufgerichteten Schwerte in der rechten Hand, mit der linken Hand an den Rittergürtel fassend.

8) Westliche Gewölbekappe gegen das Schiff hin. Das Thier der Apokalypse, ein rothes Thier mit Löwenfüßen. Ueber dem Rachen hat es statt der Stirn einen gekrümmten Hals mit einem Schlangenkopfe, welcher zwei Hörner trägt. (Apokal. 13, 11: Und ich sahe ein anderes Thier aufsteigen von der Erde; und hatte zwei Hörner gleich wie das Lamm, und redete wie der Drache - - Und verführet die auf Erden wohnen.) Aus einem großen Höcker auf den Schultern windet sich nach hinten hin ein großer blauer Hals mit einem Menschengesichte, welches das Schwanzende des Thieres im Munde hat. Aus dem aufgesperrten Rachen des Thieres ragt ein nackter Menschenleib hervor, dessen obere Hälfte bis an den Bauch das Thier verschlungen hat.


Von dem höchsten Interesse ist die Frage über das Alter dieser Malereien. Der Chor der Kirche wird gleich bei der Erbauung der Stadt (1220 - 1230) gebauet sein. Vielleicht sind die Malereien so alt, wie der Chor. Darauf deutet die Rundbogenarkade unter den Wänden, vielleicht auch der Abputz der Wände, welcher wohl gleich nach Vollendung des

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Baues aufgetragen ist; darauf deutet der alte, ernste und tiefe Styl der Gewölbemalereien des ersten Gewölbes über dem Hochaltare mit den hohen, schlanken Figuren; darauf deuten die bischöflichen Weihkreuze, ohne Zweifel die Kreuze aus der ersten Weihung der Kirche. Gegen ein so sehr hohes Alter spricht der werlesche Wappenschild, welcher dieselbe ausgebildete, schöne Form hat, wie sie die Siegel von etwa 1270 - 1290 zeigen; in der Zeit 1220 - 1230 war die Landestheilung noch gar nicht vollbracht und eine fürstliche Linie Werle noch gar nicht gegründet; auch war um diese Zeit die Cultur in der kleinen, abgelegenen Stadt auch gewiß noch nicht so ausgebildet, um ein solches Werk zu schaffen.

Dagegen redet viel dafür, daß die Malerei am Ende des 13. Jahrhunderts vollendet sei. Um diese Zeit war nämlich die Stadt Röbel der Sitz einer ungewöhnlichen Cultur. Seit dem J. 1283 hatte die Gemahlin des Fürsten Johann I. von Werle = Parchim, Sophia, des Grafen Günther von Lindow = Ruppin Tochter, ihren Wittwensitz zu Röbel; Sophia starb in dem ersten Jahrzehend des 14. Jahrhunderts, wirkte aber sicher bis zum Ende des 13. Jahrhunderts, ungefähr 20 Jahre lang, sehr anregend in Röbel; sie erscheint häufiger in den Urkunden, als irgend eine andere werlesche Fürstin. Nicht allein die Fürstin Sophie, sondern auch ihre beiden Söhne Bernhard und Heinrich, welche Dominikanermönche zu Röbel waren, und ihre Schwiegertochter Mechthild, ihres Sohnes Johann II. Gemahlin, geborne Herzogin von Braunschweig, wurden zu Röbel begraben. Kirchberg sagt in seiner meklenburgischen Reimchronik cap. 178:

Darnach die edele furstynne myld
hern Johannis (II.) wib frow Mechthild
starb dyses lebens kortzir vard;
zu Robele dy begraben ward
by hern Johannis mutir gar
vnd by syne brudere beyde virwar.
her (Johannes II.) wart mit ungehabin
zu Doberan begrabin.

Ob diese fürstlichen Personen nun alle oder zum Theile in der altstädter Pfarrkirche oder in der Dominikaner = Klosterkirche begraben sind, ist nicht mehr zu ermitteln. Die beiden Mönche wurden wohl in der Klosterkirche begraben. Von der Klosterkirche ist aber schon lange keine Spur mehr vorhanden. Früheren, freilich nicht immer zuverlässigen Angaben zufolge will man beim Abbruch der Kirche fürstliche Begräbnisse gesehen haben. Dagegen ist es wahrscheinlich, daß die beiden Fürstinnen in der altröbelschen Pfarrkirche begraben wurden.

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Diese Zeit war in ältern Zeiten die glänzendste, welche Röbel gehabt hat. Die Stadt hatte 2 Pfarren, 2 Pröpste oder Archidiakone: einen des havelberger und einen des schweriner Bisthums, 2 Klöster: schon vor 1273 ein Nonnenkloster der Büßerinnen der Heil. Magdalene (1298 nach Malchow verlegt) und 1285 ein Mönchskloster des Dominikanerordens. Das geistliche Leben, und mit demselben die geistige Cultur, mußte hiedurch in Röbel einen ungewöhnlichen Aufschwung nehmen. Sophie hatte selbst 2 Söhne in dem dortigen Dominikanerkloster.

Aus dieser Zeit, etwa 1290, stammt ohne Zweifel das werlesche Wappen; wenn in dem Chore das erste Gewölbe über dem Hochaltare unzweifelhaft der Clerisei gehörte, so hatte die fürstliche Familie wohl unter dem zweiten Gewölbe des Chores ihren Sitz, der Thür gegenüber, unter dem Wappen, welches wohl deshalb dahin gemalt ist. Aus dieser Zeit stammen denn auch wohl die fürstlichen Bilder in den Medaillons auf dem Gurtbogen. Es wird aber wohl immer unentschieden bleiben, welche Personen diese Bilder darstellen sollen. Man könnte annehmen, sie sollten die Vorfahren der Fürstin Sophia und ihres Gemahles darstellen, also die Ahnen ihrer Kinder. Dagegen ist es eben so wahrscheinlich, daß die Bilder ihren Gemahl und ihre Kinder darstellen sollen. Jedenfalls sind sie sehr interessant. Der Styl der Gemälde des westlichen Gewölbes scheint auch etwas härter zu sein, als der Gemälde in dem östlichen Gewölbe.

Man kann nun auch annehmen, daß die Malerei um 1230 begonnen sei, nämlich daß damals die Bemalung der Wände, der Gewölberippen und der Gewölbekappen des östlichen Gewölbes angefertigt sei, - daß ferner die Decoration des Chores, durch Bemalung des Gurtbogens, der Kappen des westlichen Gewölbes und durch Anbringung des Wappens, um 1290 vollendet sei: immer wird es ohne Zweifel bleiben, daß die Bemalung des Chores in der Zeit von 1230 - 1260 angefangen und größtentheils vollendet worden sei.

Es giebt auch noch einige andere Beweise, wenn sie nicht im Style selbst schon klar lägen, daß die Malerei sehr alt sei, indem auf den bemalten Wänden alte Malereien, jedoch von jüngerm Alter, stehen, also dafür zeugen, daß die Bemalung der Wände schon vor diesen Malereien da gewesen sei. Links neben dem Altare ist auf die Wand das schon sehr verblichene Wappen der von Morin gemalt, einer alten adeligen Familie, welche bei und in Röbel ansäsig war: in rothem Schilde zwei goldene oder silberne Angelhaken, auf dem Helme ein Flug; dieses Wappen scheint im 14. Jahrhundert gemalt zu sein. An der Wand unter dem werleschen Wappen ist schon in alter Zeit ein Ge=

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mälde oder ein Altar, und darüber eine Inschrift angebracht gewesen; von der Inschrift sind noch einige Buchstaben (ohne Zusammenhang) zu erkennen: sie sind in gothischer Minuskel (also nach 1350) gemalt und scheinen aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts zu stammen; sicher sind sie nicht jünger als 1450 oder 1460.


Eben so interessant war eine alte Malerei auf der der Stadt zugekehrten, südlichen äußern Wand des Chores, eine Malerei, welche ebenfalls aus der Zeit der Erbauung der Kirche stammt. Unter den Fenstern stand nämlich ein Gurtgesims, welches geputzt ist und auf zierlichen, kleinen Ziegelconsolen ruhet, welche alle verschieden sind. Dieses Gesims war sehr hübsch gemalt: auf bläulichem Grunde ein Zickzackband, welches eine sogenannte Stromschicht von Ziegeln darstellt; diese breiten Zickzackbänder waren links hinab grau, rechts hinauf in der untern Hälfte ziegelroth, in der obern Hälfte orange gemalt. Dieser Gurt war an beiden Seiten zunächst von einer dunkleren Linie, dann von einem orangefarbenen Bande und endlich zu beiden Seiten von einem ziegelfarbenen, etwas breitern Bande eingefaßt. Der Grund, auf dem die Consolen stehen, war mit einem kalkgrauen Putz bedeckt.


Die Gewölbemalereien haben durch die Uebertünchung, die Reinigung und durch die nothwendige Restauration der Gewölbe so sehr gelitten, daß sie nicht erhalten werden können. Die Wände und Gewölberippen sollen jedoch getreu wieder hergestellt werden, so wie auch im Schiffe die Pfeiler und Gewölberippen wieder gereinigt und zum Rohbau wieder hergestellt werden sollen.

G. C. F. Lisch.