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2. Mittelalter.


Waffen und Geräthe von Berendshagen.

Im Frühling des J. 1851 wurden zu Berendshagen bei Bützow beim Ausmodden des alten Burggrabens folgende zahlreiche und interessante mittelalterliche Alterthümer gefunden und durch die aufopfernde Bemühung und Vermittelung des Herrn Pastors Vortisch zu Satow von dem Besitzer von Berendshagen, Herrn Hillmann, dem Vereine geschenkt:

1) ein schön erhaltenes Schwert, mit grader, breiter, zweischneidiger Klinge, 3' lang und 2 1/4? bis 1 3/4? breit, an der Spitze plötzlich zugespitzt, mit mittellangem Griff, 7 1/2? lang bis zum Knopfe, mit dem Knopfe 9 3/4? lang, mit großem, scheibenförmigen Knopfe am Ende des Griffes und einfacher viereckiger Parierstange, 8? lang. Am Ende des Griffes ist ein pyramidenförmiges Stück Messing aufgenietet; im Anfange der Klinge ist eine zierliche Verzierung von gelbem Metall eingelegt in Form einer Krone, auf welcher ein an den Enden büschelförmig verziertes Kreuz steht. Auf beiden flachen Seiten des Knopfes ist ein kleines Kreuz eingeschlagen, auf dem Griffe, dem die Umkleidung fehlt, der Stempel des Waffenschmiedes: in einem unten abgerundeten Schilde ein Thor, über welchem zwei Kugeln stehen, und über dem Schilde eine Krone; das Ganze sieht ungefähr wie ein roh dargestellter Büffelskopf aus;

2) ein eiserner Sporn;

3) ein eiserner Steigbügel;

4) ein eiserner großer Schlüssel mit durchbrochenem, schön gearbeiteten, runden Griffe, 3 1/2? im Durchmesser, die Stange mit dem Bart ist abgebrochen;

5)) zwei ganz gleiche, große, kugelförmige Töpfe aus

6)) festem, blaugrauen Thon, von 12? Höhe und Bauchweite, der eine unten ganz abgerundet, der andere mit 3 kurzen Beinen;

7) ein großer Henkeltopf aus demselben Thon, 14? hoch, unten mit 3 kurzen Beinen;

8) ein kleiner Henkeltopf, aus grauem Thon mit schwarzer Oberfläche, etwas über 6? hoch;

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9) ein kleiner Topf oder Krug aus hellgrauem Thon, rund, mit 4 Einbiegungen im Rande, wodurch 4 Dillen rund umher entstehen, 4 3/4? hoch;

10) ein zinnerner Becher mit weitem Rande, 3 3/4? hoch, 3 1/2? weit im Bauche, 5 1/4? weit im Rande, mit verzierten, perpendikulairen Reliefstreifen als Ornament auf der Außenwand. Inwendig auf dem Boden ist ein Relief, mit dem Becher gegossen, von der Größe eines Thalers, darstellend ein Agnus Dei, ein Lamm, welches ein Kreuz trägt. Im Rande dieses Schildes steht eine verkehrt gegossne (also recht modellirte) Inschrift, welche durch Unverstand des Modelleurs sehr entstellt ist; die Inschrift lautet, im Spiegel gelesen:

Inschrift

Dies ist ohne Zweifel nichts anders als

Inschrift
(Ave . Maria . gratia . plena.),

oder der englische Gruß.

11) ein eisernes Beil, stark und schwer;

12) ein eiserner Haken (Sturm =, Feuer = oder Floßhaken), wie sie gewöhnlich in mittelalterlichen Burggräben gefunden werden;

13) eine eiserne Heugabel oder Forke;

14) ein Schädel und ein Beinknochen von einem Pferde. Der Pferdeschädel ist sehr merkwürdig. Nach den Urtheilen der Thierärzte Herren Müller zu Doberan und Peters zu Schwerin war das Pferd, ein Hengst oder Wallach, ohne Zweifel von edler Race 1 ), nicht groß und 6 bis 7 Jahre alt. Der Schädel ist schlank und edel gebauet; es sind die Hinterhauptsbeine stark ausgebildet, das Stirnbein hoch und gewölbt, die Augenhöhlen groß, die Nüstern groß und hoch. Die Knochen, gewiß 500 Jahre alt, sind sehr hart und fest, so daß sie fast klingen, wenn daran geschlagen wird;

15) mehrere Knochen von Hausthieren, z. B. eine Kinnlade von einem einjährigen Kalbe, mehrere Beinknochen von Schafen und Schweinen u. s. w.

Der Fund ist, außer den vielen Formen, die er bietet, auch dadurch interessant, daß er eine ungefähre Zeitbestimmung zuläßt. Daß der Fund dem 14. Jahrhundert, höchstens der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts angehöre, ist nach seiner ganzen Beschaffenheit außer Zweifel. Den vorzüglichsten Anhalt


1) Schon in den frühesten Zeiten des Mittelalters wurden Pferde arabischer Race, "arabische Pferde", aus Nordafrika, der Berberei, über See auf langen Transportschiffen in Italien eingeführt; sie wurden z. B. 813 caballi maurisci (maurische Pferde) und im 14. Jahrh. equi barbaresci (berberische Pferde) genannt. Vgl. Schiern's Uebersicht der Auswanderung der Normannen, aus dem Dänischen von E. F. Mooyer, Minden, 1851, S. 41 flgd.
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bietet aber der zinnerne Becher durch das Agnus Dei; die Buchstaben der Umschrift deuten auf das Ende des 13. oder den Anfang des 14. Jahrhunderts. Und hiezu stimmt auch das Schwert: es ist noch nicht übermäßig lang, der Griff hat noch keine übertriebene Länge; dagegen ist es breit und einfach und doch geschmackvoll gearbeitet. Man kann also den Fund wohl um das Jahr 1300 setzen. Interessant ist dabei der Pferdeschädel, welcher ohne Zweifel alt und von edler Race ist und wohl zu dem Schwerte gehört.

Man könnte annehmen, daß die Sachen zu verschiedenen Zeiten im Burggraben verloren gegangen seien; es ist auch möglich, daß einige Sachen nicht zu der Mehrzahl der Gegenstände des Fundes gehören. Jedoch gehören erstens die großen Töpfe sicher zusammen und ferner auch Schwert, Sporn und Steigbügel, welches alles wieder zu den Schriftzügen des Ave Maria stimmt. Es scheint also, als wenn einmal ein Reiter und mit ihm Gepäck aller Art im Burggraben versunken sei, um so mehr da sich auch ein Fragment einer Schuhsohle bei den Knochen fand. Freilich sind keine Menschengebeine gefunden, aber es ist immer möglich, daß sich der Mensch mit Zurücklassung seiner Waffen gerettet habe.

Beim Auffinden der Sachen ward folgende Sage wieder lebendig. "Vor langer Zeit brach auf dem Hofe zu Berendshagen Feuer aus. Der Edelmann von Hohen = Lukow, ein "Bassewitz, kommt zu Pferde herbeigeeilt, um das Feuer zu besprechen. Er sprengt zu diesem Zwecke in gestrecktem Galopp um das Feuer und dann in den Burggraben. Das Feuer steht, der Edelmann aber ist versunken."

G. C. F. Lisch.