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Johann Busch, Capellan.

Bei der Beisetzung des Capellanats oder Diakonats nach Lemme's Aufrückung ins Pastorat wiederholten sich alle Auftritte,

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welche bei Lemme's Berufung zum Capellandienst vorgefallen waren. Es war theils durch die menschenfreundlichen, persönlichen Bemühungen der Landesherren für die hinterlassenen Wittwen und Waisen, theils durch den in den nächsten Zeiten nach der Reformation noch herrschenden Mangel an Veranstaltungen zur Versorgung derselben aus den Mitteln des Staats oder der Kirche, jetzt schon dahin gekommen, daß die "Conservirung" der Wittwen und Töchter bei den Pfarren "ein landsittlicher Gebrauch und Gerechtigkeit", ein "meklenburgischer wohl hergebrachter Gebrauch" und eine "landsittliche Wtttwengerechtigkeit" genannt ward. Ja es kam endlich gar so weit, daß in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts Prediger = Wittwen und Töchter "Exspectanz" auf die nächste ihnen anstehende Pfarre erhielten, um sich damit einen Mann ihres Gefallens nach Gelegenheit zu erheirathen.

Der Pastor Daneke hatte eine Wittwe und eine Tochter von 16 Jahren hinterlassen. Der Herzog Carl wollte das Amt dem Subconrector Johannes Buschius an der Domschule zu Güstrow geben; die Stadt verlangte das Amt für ihren Schul = Rector Georg Kenast (Kenatz oder Kienast). Beide erboten sich, das Mägdelein zu heirathen, nach der zur Erlangung des Amtes als unerläßlich zu erfüllenden Bedingung, welche überall offen ausgesprochen ward.

Busch reisete am 1. Dec. 1607 nach Plau, um sich nach der Tochter umzusehen, worauf er dem Herzoge berichtete, "daß ein ehrliebender Geselle sich mit ihr ehelich einzulassen, nicht groß Bedenken nehmen solle." Nachdem er nun auf des Herzogs Befehl am Sonntage Judica 1608 seine Probe = Predigt gehalten hatte, berichtete der Rath nach Anhörung der Gemeinde, daß sich "die ganze Gemeinde über das ausländische Idioma und die hohe Sprache desselben nicht wenig beschweret, daß sie mit solcher unbekannten Sprache nunmehr im Gottesdienste sollten versorgt und vorgestanden werden, sintemal der meiste Theil der einfältigen Bürger nebst Frauen und Kindern, auch anderm Gesinde davon das wenigste verstehen und behalten konnten; wenn auch der Herzog und dessen hochweise Räthe den Subconrector wohl verständen, so komme dies daher, daß sie täglich mit solchem Idioma umgingen und solcher hohen Sprache gewohnt seien, dagegen der meiste Theil der Bürger in Plau Zeit ihres Lebens solche hohe Sprache nicht gehört; auch sei des Herrn Magisters Tochter bei solch einem ausländischen Gesellen schwerlich zu bringen, weil man sein Gemüth nicht erkannt, wie und welchergestalt er gesinnt und gegen männiglich sich verhalten werde. Der Herzog habe leichtlich

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abzunehmen, welch einen Ausgang es gebaren und wie der Satan und Eheteufel darüber frohlocken und sich belustigen würde." Der Rath behauptete dazu, daß er das Vocationsrecht habe, da er es bei Daneke's Berufung ausgeübt habe. Der Herog verwies ihm dagegen nicht nur diese "kecke und unbedachtsame" Anmaßung hart, sondern auch den "erdachten Fund und Griff unbekannter Sprache, die doch ein jeder Bauer, wie schlecht der immer sei, wohl vernehmen könne, er sei darin geübt oder ungeübt." Es ist hier offenbar von der hochdeutschen Sprache 1 ) die Rede.

Die Gemeinde suchte dagegen einhellig ihrem Rector Georg Kenast die Stelle zuzuwenden. Georg Kenast war zu Plau geboren und erzogen, Bruder des plauer Rathsherrn Samuel Kenast und in der Gemeinde sehr beliebt. Er war ein "gelarter Geselle", in den drei Hauptsprachen, der lateinischen, griechischen und hebräischen und in der Theologie sehr bewandert, wie er denn auch gewöhnlich lange griechische Briefe an seinen Superintendenten Neovinus schrieb, der auch ein guter Grieche war, "augenscheinlich mit sonderlichen Gaben gezieret", ein sehr gewandter, fleißiger Lehrer und tüchtiger Prediger und überall sehr beliebt, daher ihn denn auch die Gemeinde "einhellig" zum Prediger verlangte, da er ohne Zweifel "der Stadt nicht undienstlich sein und endlich zu einem vornehmen Prediger des Wortes Gottes gedeihen" werde.

Der Wittwe, welche auch für Kenast gebeten hatte, erwiederte der Herzog Carl am 24. März 1608, es müsse bei der geschehenen Anordnung bleiben,

"Sintemal die Kirchenordnung nicht mehr erfurdert, dan das des verstorbenen Pastoren successor und nachfolger die widtwe oder tochter eheliche, und durch solch mittel die kinder nicht verstoßen werden, Ist also die electio vnd wahl bei dem successoren oder breutigam, vnd nicht bey der tochter, dan do er den Dienst haben will, kan er die tochter nehmen, doch nicht also, das eben der dienst der tochter brautschatz


1) Der parchimsche Superintendent M. Johannes Neovinus nennt sie "nostrum Saxonicum idioma." Die plattdeutsche Sprache war damals noch Kanzelsprache. Noch im J. 1592 hielt der Pastor Joh. Werkentin zu Lübow eine plattdeutsche Leichenpredigt auf die Frau des Wolfrath v. Bassewitz auf Maslow, welche im J. 1593 zu Rostock gedruckt ward. Noch im J. 1595 schrieb der Pastor Joachim Gade zu Grabow und im J. 1599 der Pastor Paulus Lanckmann zu Herzfeld plattdeutsche Briefe an ihren Superintendenten Bocatius. - Das plauer Stadt = und Gerichtsbuch ist bis 1564 in plattdeutscher Sprache geführt. Im Jahre 1564 (also nach dem Capellan Johann Bossow) findet sich die erste hochdeutsche Registratur. Seit dem J. 1564 wird die hochdeutsche Sprache in dem plauer Stadtbuche vorherrschend und bald allein gebräuchlich.
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oder väterlichs erbe sey, sondern es auß mitleiden vnd vmb des verstorbenen vaters willen geschehe. Will aber die tochter so zart sein vnd den von vns dahin verordneten gesellen sich nicht gefallen lassen, so soll darumb keine gezwungene ehe gestifftet werden, sondern sie magk bey dem pleiben, welchen sie selbst außerwehlet, vnd wirdt sie Gott mit demselben woll erneren."

Die Herzogin Anna zu Grabow hatte am 27. Nov. 1607 den Studiosus Johann Gade zu Grabow, einen Sohn des dortigen Predigers Joachim Gadow, empfohlen.

Mochte nun auch Kenast zu der Stelle wohl geeignet sein, so befahl der Herzog Carl doch am 30. Mai 1608 die förderlichste Ordinirung des Johann Busch. Der Rath und die Gemeinde schwiegen, Busch ward ins Capellanenamt eingeführt und heirathete sogleich die Tochter Daneke's; Lemme rückte ins Pastorat ein und Kenast blieb Rector.

Georg Kenast war noch im J. 1609 Rector zu Plau. Für die seltene Begabung des Mannes redet aber der Umstand, daß er im J. 1610 zum Prediger an der Kirche zu Bristow berufen ward, welche Werner Hahn aus dem Hause Basedow im J. 1597 sehr gediegen erbauet und mit einer neu gegründeten Pfarre verbunden hatte. Hier blieb er jedoch nicht lange, sondern ward zum Prediger nach der Neustadt Röbel berufen, wo er schon 1617 war. Er starb im J. 1638 an der Pest, welcher alle 4 Prediger zu Röbel und alle andern Prediger der Umgegend erlagen, mit alleiniger Ausnahme des Pastors Nicolaus Fabricius zu Vipperow.

Johann Busch starb im J. 1625.