Seite 308 |
|
:
Vor allen Kirchen in Meklenburg=Schwerin und Strelitz zeichnet sich die Kirche zu Neu=Brandenburg durch ihren äußern Schmuck von durchbrochener Ziegelarbeit aus. Während die durchbrochene Arbeit in den Ländern, wo man Bruchsteine zu den Kirchen nahm, sehr häufig, ja fast in der Regel ist, kommt sie in den Ländern, wo man auf den dauerhaften, aber schwer zu behandelnden Ziegel angewiesen war, fast gar nicht und höchstens nur in einzelnen, kleinen Ornamenten vor; ja selbst zu diesen, wenn sie etwas größer waren, z. B. Fensterbogen Rosetten u. dgl. bediente man sich eines Stucks, häufig aus Kalk, Sand und Asche bestehend. Kirchen, wie die neubrandenburger, stehen, wie gesagt, in ganzen Ländern einzig in ihrer Art da. Die gleichmäßige und dauerhafte Ausführung eines solchen Werkes hat zu viele Schwierigkeiten im Auffinden und Bearbeiten, Formen und Brennen des Thons, als daß man sie ohne große Erfahrung und Gefahr so leicht wagen könnte; bei
Seite 309 |
Bauten aus Werkstücken ist es mit dem Behauen allein schon gethan.
Um so mehr fordert ein solches Werk zum ernstesten Studium auf und dieses wird vorzüglich durch die Vergleichung gefördert. Nach vieljährigen Beobachtungen habe ich in den norddeutschen, flachen Küstenländern nur Eine Kirche 1 ) gesehen, welche mit der neubrandenburger in ähnlichem Style erbauet ist, nämlich die Kirche zu Prenzlau; diese muß also zugleich neben jener studirt werden. Die prenzlauer Kirche ist groß und sehr reich mit durchbrochener Thonarbeit bedeckt, jedoch lange nicht so edel und schön, als die neubrandenburger. Außerdem besitzt Prenzlau noch mehrere interessante mittelalterliche Bauwerke an Thoren, Befestigungsthürmen u. dgl. Ueberhaupt aber haben die flachern Länder, wie Pommern und die Neumark, mehr mittelalterliche Befestigungsthürme aufzuweisen, als Meklenburg; wahrscheinlich kommt dies daher, daß Meklenburg viel natürlichen Schutz durch Höhen, Wasser und Moore hat, welcher den östlichen Gegenden fast ganz fehlt. In Meklenburg=Schwerin wurden in alten Zeiten die festen Plätze durch Moore und Seen geschützt, in den östlich davon gelegenen Ländern mußte man sie durch Mauern und Thürme, also durch Bauwerke, schützen.
G. C. F. Lisch.