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Die Kirche zu Kirchdorf auf Pöl.

Wer auf die Größe des Gebäudes hin in der pölschen Kirche ein bemerkenswerthes architektonisches Werk erwartet, wird sich getäuscht sehen. Die alte, ursprüngliche Kirche, welche nicht vor 1210 erbaut sein wird (vgl. Schröders P. M. S. 514), hat einem späteren Bau weichen müssen, und man sieht nur noch an beiden Seiten des Thurms ein Stück Mauerwerk mit einem Rundbogenfriese und einem romanischen Simse als Ueberbleibsel derselben. Die jetzige Kirche hat einen fünfseitigen aus dem Achteck construirten Chorschluß. Von diesem bis zum Thurm hat sie eine Länge ungefähr von drei Chorweiten und eben so viel Gewölbe, von denen eines zum Chor und zwei zum Schiffe, die übrigens gleich spielen, genommen sind. Auf dem vierten Rechteck erhebt sich der Thurm. Die Dienste im Chorschlusse sind rund und von sehr beträchtlicher Stärke, die in der übrigen Kirche an den Langseiten sind aus drei Diensten jener Art zusammengesetzt, von denen die beiden seitlichen jedoch nur zu einem Viertel und der mittlere zur Hälfte sichtbar ist 1 ). Die Kragsteine, welche für jede Walze besonders sind, sind vielseitig und oben umfänglicher, als unten, sonst aber glatt. Das sechskappige Gewölbe des Chorschlusses hat einen großen vierseitigen Schlußstein, auf dem ein Stern ausgehauen(?) ist, die übrigen drei haben kleine Schlußsteine, dabei aber noch die alten Gewölbescheiben, welche der Unverstand aus den meisten Kirchen entfernt hat. Die Strebepfeiler sind, wie das ganze Mauerwerk, roh und schlecht. Die Fenster sind im Chor zweizeilig, im Schiffe aber dreizeilig, was jedoch nicht der einzige Unterschied zwischen beiden ist. Der Chor ruht auf einem Granitsockel, das Schiff nicht; der Chor hat ein Sockel= oder Schrägsims von glasurten Ziegeln, das Schiff hat keines; die Mauerblenden innen unter den Fenstern sind im Chore niedrig und weit und ihre Kante ist abgefas't; im Schiffe sind sie hoch und schmal und haben keine Abfasung; die Gliederung ist durchaus verschieden an den Einschrägungen der Fenster und Thüren; den hauptsächlichsten Unterschied bedingt aber die Form des Spitzbogens. Während nämlich im Chore die Oeffnungen mit einem Spitzbogen geschlossen sind, der mindestens aus den Endpunkten seiner Basis, wenn nicht von Punkten außerhalb derselben, construirt ist, sind im Schiffe theils jene flachen Spitzbogen, die von Punkten innerhalb der Basis construirt sind, zu finden, theils sogar der winklige Schluß,


1) Geometrische Construction: Aus den 4 Winkeln eines Quadrats beschreibe mit der halben Diagonale Kreise. Die Hälfte des so entstehenden Vierpasses nachher Diagonale des Quadrats geschnitten giebt den Dienst.
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welcher sich in den spätesten Bauten Pommerns und dem jüngeren Langhause des schweriner Domes findet. Ob man hierauf ein neueres Datum für das Schiff annehmen darf, wage ich nicht mit Bestimmtheit zu entscheiden. Der Eindruck, welchen das Aeußere macht, ist jedenfalls der eines Baus aus dem 16. Jahrh., in welches der Thurm wohl ohne Zweifel gehört, dessen rohe Verzierungen und kahle Schildgiebel sammt den mit einem Rundbogen geschlossenen Fenstern ziemlich deutlich auf den Verfall der Kunst hinweisen.

An die Südseite des Chors ist eine schmucklose Vorhalle gleichzeitig angebaut und an der Nordseite eine Sakristei, deren Aeußeres sehr ruinirt ist.

Was das Mobiliar der Kirche anlangt, so sind Kanzel, Taufe, Orgel und Stühle aus der neueren Zeit. Auf dem Altar stehen aber noch zwei Tafeln, eine jüngere und kleinere auf der älteren. Letztere enthält in der Mitte den Erlöser und die Jungfrau sitzend, und neben ihnen zu beiden Seiten 7 Figuren, rechts 7 Apostel, von denen 4 auf den Flügel kommen, links den h. Nikolaus, dem, als Patron der Seefahrer, die Kirche wahrscheinlich gewidmet war, und die übrigen Apostel nebst noch einem Heiligen. Unter diesen Bildern läuft die ganze Tafel entlang eine Reihe von Brustbildern weiblicher Heiligen. Das Schnitzwerk, an Baldachinen u. s. w., ist vortrefflich in Arbeit und Styl, die Figuren dagegen sind schlecht und haben durch eine sehr vorspringende Stirn fast alle einen eigenthümlichen Ausdruck. Das dazu gehörige Staffelbild ist ein schlechtes Machwerk des 16. Jahrhunderts. Die kleinere Tafel ist sicher um das J. 1500 verfertigt. Sie enthält in der Mitte die Mutter Maria mit dem Kinde in einer Strahlenglorie, im rechten Flügel oben die Verkündigung, unten die Beschneidung, im linken oben die Geburt und unten die Anbetung durch die drei Könige. Die Arbeit ist gewöhnlich. Auf der Rückseite jedes Flügels ist eine weibliche Heilige dargestellt. Beide sind sehr beschädigt, zeigen aber die Fortschritte, welche die Malerei gemacht hatte, die um jene Zeit die Schnitzkunst überflügelte. Reste eines alten Chorstuhls lassen bedauern, daß er nicht besser erhalten ist. Das Crucifix und die Figuren auf dem Balken unter dem großen Scheidebogen sind, wie gewöhnlich, schlecht.

Daß die Kirche ausgeweißt ist, brauche ich wohl kaum ausdrücklich zu sagen. Das Gewölbe ist sehr verständig, wenn auch in einem schlechten Styl, bemalt.

In der Kirche liegen mehrere alte Leichensteine, doch sind nur die Inschriften von zweien zu lesen. Auf dem einen steht:

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Inschrift

Ein anderer, nur zur Hälfte erhaltener Stein zeigt unter schmucklosen Rundbogen die Conturen eines mit einem langen Messer bewaffneten Mannes und einer Frau. Die Umschrift lautet:

Inschrift

Auf einem andern Stein ohne Inschrift ist ein Kreuz mit einer Verzierung daran ausgehauen. Dieser Stein hat die Grundform eines Sarges und ist kein Kalkstein.

Ein kleiner silberner Kelch aus dem 15. Jahrh., den Asmus Lembke hat vergolden lassen 1649, ist ohne besonderen Kunstwerth.

Auf dem Thurme hangen drei Glocken: die größte ist von 1396, die mittlere hat keine Inschrift, die der kleinsten ist nicht zu erkennen der Höhe wegen.

C. D. W.