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VIII.

Autobiographie und Testament
der

Herzogin Sophie von Lübz,

Gemahlin des Herzogs Johann VII. von Meklenburg,
mitgetheilt
von

G. C. F. Lisch.


U nter allen Gestalten der Geschichte des Ueberganges zur neuern Zeit ist eine der hervorragendsten und bezeichnendsten "Sophie von Lübz", Gemahlin des Herzogs Johann VII. von Meklenburg, eine (1560) geborne Herzogin von Holstein. Jung (1588) vermählt, ward sie früh (1592) Wittwe und trug bis zu ihrem Tode (1634) mit seltener Kraft und Umsicht in verhängnißvollen Zeiten die schwere Last eines trüben Wittwenstandes. Ihr Gemahl hinterließ ihr nach seinem schrecklichen Ende drei unmündige Kinder: zwei Söhne, Adolph Friederich und Johann Albrecht, und eine Tochter, Anna Sophie. Schwäche der Regierung, Aermlichkeit der Zeit, Ränkesucht und Eigennutz vieler Beamten und andere Vorläufer des unglückseligen dreißigjährigen Krieges beschäftigten sie neben der Sorge für ihre Kinder dermaßen, daß sie fast in einem beständigen Kampfe lebte. Kaum waren ihre Söhne zur Regierung herangewachsen, als sie von der Schroffheit Adolph Friederich's und der Schwäche Johann Albrecht's viel zu leiden hatte. Und als sie endlich hoffen durfte, alle Wege zum Frieden und zur Ruhe geebnet zu haben, da brach der Sturm des gewaltigen Krieges herein, der ihre Kinder von dem Throne in die Verbannung trieb. Sophie blieb aber dem eisernen Wallenstein gegenüber standhaft und erreichte es durch ihr zähes Festhalten, daß sie während der Verbannung ihrer Kinder auf ihrem Wittwensitze Lübz im Lande blieb. Hier vereinigte sie alle Fäden des Gewebes zur Wiederherstellung ihrer Söhne, und es ist ihre aufopfernde Sorgfalt in diesen trüben

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Zeiten eben so bewundernswerth, als ihre kluge Standhaftigkeit dem großen Manne gegenüber. Zwar erlebte sie noch den Tag der von ihr vorbereiteten Rückkehr ihrer Söhne; aber sie schloß bald darauf ihr müdes Auge, das sich nach Ruhe sehnte, im noch kräftigem Lebensalter.

Sophiens Leben bezeichnet am klarsten sowohl die schwache Zeit von dem Tode der beiden wackern Fürsten Johann Albrecht I. von Schwerin und Ulrich von Güstrow, als auch die Zeit der Herrschaft Wallensteins über Meklenburg; ihre zahlreichen Briefe, Tagebücher und andere Schriften geben das klarste Bild jener Zeiten. Dabei war sie eine vollendete Hausmutter, wie keine andere. "Ueberall thätig und umsichtig, immer zum Besten rathend, tröstend und heilend, in jeder Lage beharrlich, Hülfe abringend und dabei ächt weiblich und im höchsten Grade häuslich, war ste allein oft die Stütze des wankenden Hauses. Und in jeder Bedrängniß ließ sie nicht ab, überall selbst zu wirthschaften, um oft wenigstens das Unentbehrliche für das Leben der Ihrigen zu gewinnen" 1 ). So finden wir sie stets rastlos thätig, bald im Hause wirtschaftend, bald auf Reisen auf ihre Leibgedingsämter und Meierhöfe, wo sie bald Rechnung aufnimmt, bald Leinewand zuschneidet, Kohl schneiden oder Johannisbeeren pflücken läßt u. dgl., bald persönlich für die Armen sorgend. Zur wallensteinschen Zeit sehen wir sie bald Kinderzeug und Wiegen, Brot und Schinken ihren Kindern in die Verbannung nachschicken, bald geheime und wichtige Ratschläge und weit verbreiteten Briefwechsel zur Wiederherstellung ihrer Söhne führen. Kurz, es giebt keine Thätigkeit und Sorge, in welche diese kräftige Frau nicht eingeweihet gewesen wäre. Zwar gefiel dem etwas starren Herzoge Adolph Friederich in seiner Jugend das herrische Walten seiner Mutter nicht recht und er schreibt von ihr in seinem Tagebuche 2 ) "sie will allezeit Recht haben; es ist böse mit ihr disputiren", und "meine Frau Mutter viel Stichelreden ausgeworfen; man muß bösen Weibern viel zu "gut halten:" aber Adolph Friederich überzeugte sich bald eines Bessern, nachdem er in ihr die wahre Freundin in der Noth kennen gelernt hatte.

In der Kirche zu Lübz 3 ), vor deren Altare ihre Ruhestätte ist, sehen wir die Bildsäule der merkwürdigen Frau: eine


1) Vgl. Jahrb. VII, S. 66.
2) Vgl. Jahrb. XII, S. 60 und 63.
3) Ueber das Begräbniß und das Epitaphium der Herzogin Sophie vgl. Jahresber. VIII, S. 134 flgd. und Jahrb. IX, S. 456 flgd. und XII, S. 475 flgd. — Der Wohnsitz der Herzogin zu Lübz ist abgebildet in Lisch Meklenburg in Bildern Jahrg. IV und beschrieben daselbst S. 16-20.
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ungewöhnlich kräftige, entschiedene Gestalt, mit gefaltenen Händen, in denen sie, nach der Sage der Lübzer, früher sehr bezeichnend ein Bund Schlüssel getragen haben soll.

Wir sind so glücklich, aus jener verhängnißvollen Zeit sehr merkwürdige Schriften gerettet zu haben: wie den Gesandtschaftsbericht über den Hof des Herzogs Johann Albrecht II. zu Güstrow in Jahrb. VI, S. 144 flgd. und die Tagebücher des Herzogs Adolph Friederich I. von Schwerin in Jahrb. XII, S. 59 flgd. Wir theilen hier das eigenhändig geschriebene Testament der Herzogin Sophie mit, dem sie einen kurzen Abriß ihres innern Lebens voraufgeschickt hat: ein ehrwürdiges Denkmal nicht allein zur Beurtheilung ihrer Zeit, sondern zur ernsten Betrachtung für alle Zeiten; denn die Menschen bleiben im Wesentlichen zu allen Zeiten gleich.

Um eine Einsicht in das tägliche, gewöhnliche Leben der Herzogin zu gewähren, lassen wir hier zunächst noch einen kurzen Abschnitt aus ihren Tagebüchern 1 ) folgen.

Auszug
aus den Tagebüchern der Herzogin Sophie.
1625.

Den 1. Juni nach Chritzaw nach dem Sehe. Den 2. 3. 4. still.

S. Den 5. 6. 7. ist bernt pleß hir gekommen, bin ich zu Chritzaw nacht gewest.

Den 8. 9. 10. 11. still.

S. Den 12. bin ich zu gottes disch gewesen.

Den 13. montag stil, den 14. noch, den 15. auch.

Den 16. wieder nach Chritzaw, ist daß hauß follents abgebrochen vnd hereingeführett.

Den 17., den 18. ist Jochem Moltzan vnd Hanß Holstein hir gekommen vnd bin ich bey dem Suckower sehe gewesen, habe die Koppeln zu mahen angeordnett zu kritzaw von baumgartten biß an den zaun, dar nach eine kleine, noch 3 biß an den sehe, darnach einer biß an die weidenkoppel.

S. Den 10. stil.

Den 20. ist hartich bulow vnd Jochem moltzan hir gekommen.

Den 21. sind sie mit mir biß an den sehe vnd zu Chritzaw gewesen.


1) Ein Auszug aus diesen Tagebüchern für besondere Zwecke ist schon mitgetheilt in Jahrb. VII, S. 112 flgd. und die Bemühung der Herzogin um die Eisengewinnung auf ihren Gütern geschildert daselbst S. 66 flgd.
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Den 22 mittwochen ist Jochem weggezogen vnd habe ich Rechnung vom ambt R[ehn] genommen.

Den 23. bin ich nach woten gewesen.

Den 24. stil.

Den 25. ist gotlib von hagen mitt seiner frawen hir gekommen.

S. Den 26., 27. still.

Den 28. ist Christen vnd ihr man wieder weg gezogen.

Den mittwochen ist wilhelm ferber nach lübeck. gezogen vnd habe ich Rechnung vom küchemeister genommen zu lüptz.

Den 30. ist kruhl mitt der frawen nach hamburgk gezogen.

Den 1. Juli bin ich wieder nach Chritzaw gewesen. Ist Jochem moltzan hir gekommen vnd peckatelsche.

Den 2. ist moltzan hir wieder weggetzogen.

S. Den 3. ist peckatelsche wieder weg gezogen.

Den 4. bin ich nach bentzin gewesen.

Den 5. ist wintterfeldtsch weg gezogen, vnd ich biß woten.

Den 6. nach Rehn.

Den 7. 8. 9. still.

S. Den 10. noch still.

Den 11. biß wedendorff.

Den 12. biß lüptz.

Den 13. ist Daniel mahler gekomen, vnd ist die gantze nacht ein gar böses Donnerwetter gewesen.

Den 14. 15. nach Chritzaw.

Den 16. in des Secretari hauß.

Den 17. 18. stil, ist Siuertt petersen nach Dennemarck getzogen.

Den 19. 20. 21. 22. 23. bin ich nach Chritzaw vnd hobbesin gewest vnd hatt der küchemeister zu wittenburgk seine Rechnung abgeleget vnd habe ich schreiben von meinem bruder wegen h. angnuß gehatt vnd wieder abgefertiget.

S. Den 24. 25. 26. still. Den 27. 28. 20. still, 30. still.

S. Den 31. bin zu woten.

Den 1. augusti. Den 2. 3. 4. 5. 6. still.

S. Den 7. 8. nach woten.

Den 9. 10. 11. 12. nach Chritzaw vnd die Johannesbehren abplucken lassen.

Den 13. habe ich daß fieber bekommen.

S. Den 14. 15. 16. ist. h. hanß vnd sein gemahl hir gekommen. Den 17. stil. Den 18. wieder weg.

Den 19. 20. still.

S. Den 21. ist adolff mitt s. gemahl vnd sohn hir gekommen. Den 22. vnd 23. hir stil. Den 24. wieder weg gezogen.

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Den 25. 26. 27. still.

S. Den 28. 29. 30. ist der dockter wieder weg getzogen.

Den 31. bin ich erst wieder in die kirche gangen.

Den 1. September bin ich wieder im gartten gewest, den Freitag im gewelbe.

Den 3. ist Matthias auß schweden von Jacob von Dussin kommen.

S. Den 4. 5. ist der Secretaries weg gezogen.

Den 6. bin ich nach Chritzaw gewesen.

Den 7. 8. still. 9. ist ehr wieder gekommen.

Den 10. bin ich wieder sehr kranck gewesen.

S. Den 11. ist es markt gewesen.

Den 12. 13. 14. 15. 16. Den 17. ist die h. von Curlantt hir gekommen.

S. Den 18. still, ist hertzog hanß vnd sein gemahl hir gekommen.

Den 19. stil. Den 20. alle wieder weg.

Den 21. 22. 23. 24.

S. Den 25. bin ich zu gottes disch gewesen.

Den 26. 27. nach woten.

Den 28. 29. still.

Den 30. nach ruten beim kohl.

S. Den 1. October.

Den 2. 3. beim kohl zu ruten.

Den 4. stil.

Den 5. 6. nach retzaw. bin wieder krank geworden.

Den 7. 8. ist der dockter wieder gekommen vnd ist wilhelm Ferber von güstraw nach rostock gezogen.

S. Den 9. 10. 11. 12. habe ich den Kindern im knütterhause linenzeuge schneiden lassen 14 metgen vnd 4 jungens, jeder 2 hemde, den metgens 2 linwants schurtzen vnd ein taschen, 2 kregen jder.

Den 13. habe ich zwei betten geschnitten und 2 schlaffbenk vor die gemecher, 2 pfühl hatt die hofmeisterin dar zu gedahn, habe 30 hölde hanthwelen geschnitten, sint inß gewelbe. Den 13. der altfrawen 26 hölde hanttücher new gethan vnd 15 par drellen.

Den 14. den hollender angenommen.

Den 15. daß silber probirtt.

S. Den 16. stil. Den 17. Johan abfertiget in Holstein.

Den 18. bin ich im gildegartten gewest, habe den kohl auffschneiden lassen.