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e. Vorchristliche Alterthümer gleichgebildeter europäischer Völker.


Hünengräber von Kollund
in Schleswig.

Während des schleswig=holsteinschen Feldzuges im J. 1848 stand einmal das leichte Infanterie=Bataillon aus Schwerin hinter Flensburg, zwischen Hohenschnap und Kollund, eine halbe Meile vom Meeresstrande an einem Moore. In diesem Moore liegt eine große, feste Erdscholle, wie ein niedriger Rücken, welcher ganz mit Hügeln bedeckt ist, in welchen das kundige Auge bald heidnische Gräber erkennt; namentlich ziehen sich an den Seiten zwei Reihen von Hügeln hin, welche sogleich als Gräber zu erkennen sind: das Ganze bildet gewissermaßen einen großen Kirchhof. Die Hügel sind meisten Theils rund, mitunter länglich; sie sind äußerlich nur von Erde aufgeschüttet, ohne sichtbare Steinsetzungen, und ungefähr 5 Fuß hoch.

Die dort stehenden Officiere beschlossen, eines von diesen Gräbern aufzudecken und gingen mit einem Theile der vierten Compagnie an die Arbeit. Die Leitung übernahm der Herr Lieutenant von Raven, unter Beistand des Herrn Adjutanten von Grävenitz und des Herrn Militairarztes Dr. Paschen.

In dem Hügel, dicht unter der Rasendecke, stand eine Steinkammer von großen Granitblöcken, welche mit einem großen Granitblocke bedeckt war; da dieser zu schwer war, um aufgehoben werden zu können, so grub man einen Seitenstein aus und gelangte so in das Innere, welches eine Kammer von etwa 4 Fuß Länge, 3 Fuß Breite und 3 Fuß Höhe bildete. Die Kammer hatte inwendig sorgfältig gewählte, glatte Flächen und war in allen Fugen behutsam gedichtet; am Fuße waren die Lücken mit kleinen rothbraunen Steinen dicht ausgesetzt, die Längsfugen zwischen den einzelnen Steinen waren mit einem braunen, zähen, sanft anzufühlenden Kitt verschmiert. An einer Seite war eine Stelle zum Eingange nicht mit einem Steine zugesetzt.

Nach geschehener Oeffnung räumte man die ganze Grabkammer aus und fand hier folgende 4 Schichten fest über einander gelegt. Auf dem Erdboden lag eine dichte Schicht von zerschlagenen und gebrannten Feuersteinen, welche größten Theils

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weiß ausgeglüht waren, so fest und dicht, daß diese Schicht einem Stücke von einer Chaussee glich. Auf der Feuersteinmasse lag eine Schicht von ganz reinem und weißem Sande; in dieser Sandschicht standen die Thongefäße. Diese Sandschicht war mit einer Lage von einer sehr festen, lehmartigen Erde bedeckt. Auf dieser lag eine etwa einen Fuß dicke Schicht von gewöhnlicher Ackererde.

In der auf dem Feuersteinpflaster liegenden Sandschicht standen an der nördlichen Seitenwand des Grabes 5 Thongefäße, von denen 2 zerbrochen, 3 aber vollständig erhalten sind. In den Gefäßen lag etwas von der festen Thonmasse, welche die Sandschicht bedeckte; dazwischen lagen in den Urnen einzelne ausgeglühete Feuersteinstücke. Alle Gefäße sind an der ganzen Außenfläche überall mit Verzierungen bedeckt und tragen sowohl in diesen, als überhaupt in den Formen durchaus den Charakter der Steinperiode. Alle Verzierungen bestehen aus kurzen, kräftigen, tiefen Linieneindrücken und zeigen auf den ersten Blick die Steinperiode; in einem benachbarten, gleich construirten Grabe ward auch ein Keil von Feuerstein gefunden.

In der Form weichen diese Gefäße aber von den südbaltischen Gefäßen der Steinperiode ab; sie ähneln nur entfernt den meklenburgischen, in Jahrb. X, S. 253 beschriebenen Gefäßen, nähern sich jedoch schon mehr den in der Gegend von Lübeck in dem Grabe von Waldhausen gefundenen, in den Beiträgen zur Nordischen Alterthumskunde, Lübeck, Heft I, Bl. V, abgebildeten Gefäßen, wie überhaupt die Gräber bei Kollund im Bau viel Aehnlichkeit mit den Gräbern von Waldhausen haben, und haben viel Gemeinsames mit den dänischen Gefäßen, wie sie auf den dänischen Inseln gefunden und in der Sammlung zu Kopenhagen aufbewahrt werden.

Die 5 Gefäße sind alle schalenförmig, halbkugelförmig oder halbbirnenförmig, oben weit geöffnet, ohne eingezogenen Hals und sonstige Abweichungen von den einfachen Linien einer Schale; wenn die Gefäße nach oben hin fortgesetzt oder verlängert wären, so würden sie sich den gleichzeitigen Gefäßen aus den benachbarten Ländern mehr genähert haben; aber auch ohne dies tragen sie dennoch den unverkennbaren Charakter der Steinperiode.

Die bezeichnendsten Gefäße sind zwei gleich große und hohe napf= oder becherförmige Gefäße oder Becher; sie haben fast ganz die Gestalt eines halben Eies, sind am Boden nur sehr wenig platt gedrückt, 4" hoch, 51/2" weit in der Oeffnung und ungefähr 13/4" im Durchmesser des Bodens. Sie sind ganz mit senkrechten, schmalen Streifen verziert, von denen abwechselnd der

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eine glatt ist, der andere mit kurzen dicht gedrängten Queerlinien bedeckt ist. Um den Rand laufen parallele Zickzacklinien, grade wie auf dem einen bei Waldhausen gefundenen, a. a. O. V, Fig. III, abgebildeten Gefäße. Das eine von diesen Gefäßen hat am Rande zwei, das andere ein durchbohrtes Knötchen zum Durchziehen einer dünnen Schnur; in dieser Hinsicht gleichen diese Gefäße den Urnen aus der Steinperiode in der Sammlung zu Kopenhagen, welche fast alle durchbohrte Knötchen zum Durchziehen einer Schnur (zum Aufhängen?) haben.

Das dritte, wohl erhaltene Gefäß ist eine weite Schale, 31/2" hoch, 7" weit in der Oeffnung und ungefähr 11/2" im Durchmesser des Bodens; die Gestalt ist fast halbkugelförmig. Die Verzierungen sind dieselben, welche die beiden oben beschriebenen Becher haben; sie bestehen aus schmalen, abwechselnd glatten und mit Queerstrichen verzierten senkrechten Streifen; diese Streifen mit Queerstrichen haben abwechselnd den Charakter des einen und des andern der beiden oben beschriebenen becherförmigen Gefäße, so daß alle drei Gefäße ohne Zweifel von derselben Hand gemacht sind. Auf dem ebenfalls mit Zickzacklinien verzierten Rande sitzen vier Knötchen, welche aber nicht durchbohrt sind.

Eine zweite, jedoch zerbrochene Schale hatte dieselbe Gestalt und Größe. Die Verzierungen sind eben so, wie auf der eben beschriebenen Schale, nur daß die verzierten Streifen nicht mit Queerlinien, sondern mit Schrägelinien bedeckt sind.

Eine dritte, ebenfalls zerbrochene Schale hatte dieselbe Gestalt, ist jedoch nur etwa 3" hoch. Dieses Gefäß ist sehr wild und leichtfertig nur mit unregelmäßigen Strichen verziert und offenbar von einer andern Hand geformt.

Alle diese Gefäße dienten sicher einst zum häuslichen Gebrauche und wurden dem Todten auf die Reise in jenes Leben mitgegeben.

Weiter ward in dem Grabe nichts gefunden und beobachtet.


Man öffnete darauf ein zweites, in der Nähe stehendes, kleineres Grab. Dieses hatte denselben Bau. Beim Oeffnen fand man im Innern der Steinkammer einen gewöhnlich geformten, großen Keil von grauem Feuerstein, welcher in der Schärfe nachgeschliffen, jedoch halb durchgebrochen ist; das Bahnende ward nicht gefunden.

Weitere Nachforschungen wurden durch das Vorrücken der Truppen unterbrochen.


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Die Nachrichten über diese Ausgrabungen und die bei denselben gefundenen Alterthümer sind den Sammlungen zu Schwerin durch Vermittelung des Herrn Adjutanten von Grävenitz zu Theil geworden.

G. C. F. Lisch.