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I. Zur Alterthumskunde

im engern Sinne.


1. Vorchristliche Zeit.

a. Urvolkgräber.


Ueber das Begräbniß von Plau.

Vgl. Jahrb. XII, S. 400.

Menschliche Gerippe in hockender Stellung sind schon in Frankreich vorgekommen ("L'institut chronique scientifique" d. 24. fevr. 1839. "Das Ausland" Mai 1840. S. 579). Sie sollen, wie Herr Professor Danneil in Salzwedel mir Anfangs v. J. schreibt, um Halle, in Thüringen und Franken nicht selten, mögen auch sonst wo, was ich nicht weiß, bekannt sein, und nun ist auch bei Plau (vgl. Jahrb. XII, S. 400) ein solches aufgegraben worden. Der Herr Archivar Lisch nimmt nach von ihm angeführten Gründen an, "daß dieses Grab dem Autochthonen=Volke angehört und der Steinperiode voraufgeht."

Dieser merkwürdige, in Meklenburg erste Fund darf nicht unbeachtet bleiben. Gerippe, besonders die Schädel, haben bei der schon längst ihnen gewidmeten Aufmerksamkeit wichtige ethnographische Resultate gegeben und bei den Forschungen in der dunklen Ur= und Vorzeit sind sie bedeutsame Fingerzeige. Sie hellen den Pfad des Forschers auf, der in dem dicken Nebel, welcher auf jener Zeit lagert, unsicher umhertappt, und nebst den zu ihnen gehörigen Geräthen von Stein, Knochen, Bronze u. s. w. leiten sie zu einem sicheren Erkennen und Unterscheiden der Völkerstämme, welche damals gelebt haben.

Aber diese Reste unserer Altvordern sind, wenn auch die Haupt=, doch nicht die alleinigen Kriterien. Es gehören zu diesen auch die Gräber der Zeit, die bisher, wie jene Schädel etc. ., hier zu Lande nicht genugsam beachtet wurden. Der fragliche Fund

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jedoch wird die Aufmerksamkeit auch darauf hinlenken, und beide müssen zur Geltung kommen, je mehr davon aufgefunden wird.

Für diesen wahrscheinlichen Fall und zu etwanigen Vergleichungen und Schlüssen muß unsern Forschern daran gelegen sein, zu wissen, was sich in andern Ländern in Beziehung hierauf ergeben hat, von anderen Schriftstellern darüber gesagt worden ist, und ich hoffe nur Dank zu ärnten, wenn ich sie hier in aller Kürze und Bündigkeit mit den Erfahrungen eines skandinavischen Forschers auf diesem Felde bekannt mache, von welchem und von dessen Competenz schon öfter in den Jahrbüchern die Rede gewesen ist. Ich entlehne das auf den hier in Frage stehenden Fall Bezügliche aus: Skandinaviske Nordens Urinvånare des Prof. Nilsen in Lund.

Hockende menschliche Gerippe kommen nur in den ältesten Gräbern Skandinaviens vor, und in einer solchen Menge und unter Umständen, daß wir sichere Schlüsse darauf basiren können; sie nennt der angezogene nordische Verfasser ausschließlich Urgräber. Die zweite, spätere Art Gräber (mehr Arten giebt es nicht) enthält solche Leichen nie. Beide tragen den unverkennbaren Stempel ihrer Zeit, und Folgendes wird das Nähere darüber darlegen.

Das Urgrab ist von eigenthümlicher, charakteristischer Bauart und Form, die es von der zweiten Art bestimmt abscheidet. Beide deckt ein großer Stein= oder Erdhügel, unter welchem sie nicht zu erkennen sind. Beim sorgfältigen Aufdecken ergiebt sich erst die auffallende Verschiedenheit. Ersteres, von verschiedener Größe, stellt sich in der Regel dar als ein 6'-7' hohes, 24'-30' langes, 7'-9' breites, von sorgfältig verzwickten Granitplatten errichtetes und mit Platten desselben Gesteins bedecktes längliches Viereck (selten rund oder oval), von welchem stets ein 20' langer, 3' breiter und 3' hoher, bedeckter, mit passendem Steine versetzter Gang von der südlichen Seite ausläuft. Diesen Gang bezeichnet der Verfasser als das Charakteristische des Urgrabes, dem er in der Regel nie fehlt. Auch die Form eines T ist wie Herr Troyon in Westgothland sah (Jahrb. XII, S. 394), keineswegs Zufall, sie ist allen Gräbern der Art durchaus eigenthümlich. Die Gräber mit hockenden Gerippen, welche dem Verfasser bekannt wurden, sind alle so construirt: so in Jütland, Seeland, so auf Mön und in Frankreich. Daß Abweichungen hie und da stattfinden können, giebt der Verf. zu.

Die Gräber der zweiten Art sind 6-7' lang und 2-2 1/2' breit, mit Steinen umfaßt; wo keine Steinumfassung ist, haben sich Spuren von Holz gefunden. Sie enthalten immer nur eine liegende Leiche, oder Urnen mit Asche und Reste

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verbrannter Knochen. Bisweilen sind Gerippe und Urnen in demselben Grabe. In ihnen findet man stets Metall, d. h. Geräthe von Bronze.

Das Urgrab dagegen ist immer mit mehreren Leichen gefüllt, weshalb man sie in Schweden auch Ätte-graefvor (Familiengräber) oder Ätte-Kullar (Familienhügel) nennt. Die Gerippe finden sich in hockender Stellung (d. h. mit untergeschlagenen Beinen, und gegen das Kinn aufgebogenen Vorderarmen) an den Wänden umher, oft in mit Sand angefüllten Buchten, nie so in der Mitte, wo nur Kinderleichen liegen. An ganz unverstörten Gerippen hat man diese Begrabungsart deutlich erkannt; waren sie zerfallen, so lagen die Knochen kreuz und queer übereinander, der Kopf oben auf, und auch dadurch bestätigt sich das vorher angegebene Hocken der Leichen. (Bekanntlich sitzen die Bewohner des höchsten Nordens von Europa noch heute so). Metall findet sich in diesen Gräbern nie , und von Leichenbrand nirgends je eine Spur; aber neben den Gerippen gewöhnlich Geräthe, jedoch nur von Stein und Knochen, an wahrscheinlich weiblichen Gerippen Schmuck, z. B. Halsbänder von Bernstein, oder gebrannte Thonperlen, auch Gefäße von gebranntem Thon, die aber keine Graburnen sind, weil sie weder Asche, noch Reste von verbrannten Knochen enthalten.

Dies ist die Charakteristik der beiden ältesten skandinavischen Gräberarten. Sie sind in allen Beziehungen scharf von einander unterschieden, und jedes derselben spricht, wie angeführt, deutlich die Zeit aus, welcher es angehört: das Urgrab, in welchem man nur Steingeräthe (kein Metall und keinen Leichenbrand) findet, gehört unbedingt, wie unser Hünengrab, der Steinperiode an, anerkannt der ersten und ältesten, zu welcher aber die großen Steinsetzungen wohl keinesweges gezählt werden können; das zweite Grab, in welchem Metall (Bronze) und Leichenbrand vorkommen, der Bronzeperiode, wie unsere Kegelgräber.

Leider wissen wir im Allgemeinen zu wenig Charakteristisches von unsern vorzeitlichen Gräbern, um vergleichen zu können; Herr Lisch hat sich daher durch das Anempfehlen einer sorgfältigern Aufdeckung (denn bisher wurde nur hineingegangen, hineingestochen etc. .) ein Verdienst erworben, dem Resultate gelohnt haben (Alt=Pokrent, Dammerow) und noch mehrere lohnen werden.

So charakteristisch, wie sich die Gräber Skandinaviens von einander unterscheiden, eben so deutliche Unterscheidungszeichen tragen auch die bis jetzt darin gefundenen Gerippe. Die Leichen des Urgrabes sind hier von einer nicht hochwüchsigen Race; die Schädel, welche die Kronnath in zwei gleiche Theile theilt, wovon der hinterste breiter, als der vordere ist, sind auffallend

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klein, kugelförmig, fast rund, die Kinnbackenknochen und das Nasenbein stehen sehr hervor, der Nacken ist kurz, das Gesicht klein, und besonders unterschieden sind sie von Schädeln anderer Stämme, so daß sie in keiner Art damit verwechselt werden können, durch die auffallend niedrige, sehr zurückgeschobene Stirn, welche auf Menschen der niedrigsten Kulturstufe hinweis't.

Die Gerippe des zweiten Grabes gehören einer durchaus hochwüchsigen Race an. Die Schädel, bedeutend größer, als die vorigen, sind ein Oval, nach hinten breiter, als vorne. Die Stirn ist hoch, gewölbt und erhaben, im Profil fast senkrecht. Die Kronnath theilt die Kalotte in zwei ungleiche Theile; der hintere ist der längere.

"Unterkiefer" werden von Nilsen nirgends erwähnt, sind vielleicht nicht aufgefunden, oder nicht für relevant geachtet. Das Maaß des Oberkiefers der Urschädel von margo orbitalis bis margo alveolaris wird 1" 4"' schw. angegeben.

Der Volksstamm mit letzteren Schädeln steht (wie die bei den Leichen gefundenen Geräthe und Schmucksachen von Bronze bezeugen) unbedingt auf einer höhern Bildungsstufe, als derjenige mit den runden Schädeln, mit niedriger, zurückgeschobener Stirn. Diese runden Schädel finden sich in Gesellschaft von Geräthen aus Stein und Knochen, von Gefäßen und Schmuck aus gebranntem Thon nur in den "Urgräbern"; kein anderes Grab birgt Leichen mit diesen Kriterien.

Läßt nun ein vollständiger Fund der Art keinen Zweifel mehr zu über Zeit und Volksstamm, geben seine Bestandtheile uns volle Gewähr, daß er ausschließlich der "Steinperiode" angehört, so lös't er auch die Zweifel bei vorkommenden unvollständigen, einzeln dastehenden Fällen: hier "Grab und Leiche von Plau". Vergleichen wir Leiche und Schädel=Fragment dieses Fundes mit den Gerippen und Schädeln, welche eben als der Ur= oder Steinzeit Skandinaviens angehörig bewiesen sind, so ergiebt sich eine unleugbare Gleichheit derselben, und mit gutem Gewissen können wir annehmen, daß das daselbst begrabene Individuum aus jener Zeit stammt, und wir nach etwa früheren Perioden nicht zu suchen haben. Die fragliche Leiche saß hockend in dem Grabe 1 ) - in dieser Stellung, welche aber nur bedeutsam sein kann, wenn der Schädel die vorher beschriebenen Formen zeigt, findet man die Leichen in den Urgräbern; "die Stirn liegt fast ganz hinten über, und ist nicht 1" hoch - so liegt die Stirn


1) Ich bemerke hier noch ein Mal, daß das Gerippe von Plau nicht in einem Grabe von bestimmtem Bau oder bestimmter Gestalt saß, sondern nur im Sande; es kann also von Vergleichung mit "Gräbern" bestimmter Gegenden und Völker nicht die Rede sein.          G. C. F. Lisch.
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der Urschädel, deren Breite auf 3" 7"' angegeben wird 1 ). Meiner ausgesprochenen Annahme wäre demnach nichts anderes entgegen zu setzen, als die gänzliche Abweichung des Grabes, und daß kein Stein=, sondern nur Knochengeräth neben der Leiche gefunden ward. Von dem fraglichen Grabe heißt es, oder hat nur gesagt werden können, es sei 6' tief unter der Oberfläche gefunden, ohne Schutz durch Steinbauten u. dgl., da sich nähere Umstände vielleicht nicht ergaben. Das ist eigentlich zu bedauern, denn es fehlt ja jede Charakteristik, um irgend einen Schluß, selbst den machen zu dürfen, daß es der Steinperiode voraufgehe. Den vorbeschriebenen skandinavischen Urgräbern an die Seite stellen kann man es nicht; aber es fand sich eine Leiche darin, und die allein kann und muß normiren. Diese gehört evident der Steinperiode an, folglich kann das Grab, in welchem sie sich befand, dieser Periode nicht voraufgehen. Nicht Stein=, sondern nur Knochengeräth fand sich bei der fraglichen Leiche.

In den Urgräbern findet man, wie vorher gesagt ist, Stein= und Knochengeräth unter einander, vom letzterem weniger, was sehr erklärlich ist, und von diesem namentlich wilde Schweinszähne (zu Messern, Dolchen und Nadeln). Daß eines von beiden ausschließlich bei einem Funde vorgekommen sei, wird nicht gesagt.

Dieser also einzeln da stehende Fall kann auch noch nicht Grund geben, das "Grab" der Steinperiode voraufgehen zu lassen. Hier kann gleichfalls die Leiche nur entscheiden, die ihre Zeit so evident ausspricht, daß das abweichende Grab und der ausschließliche Knochenfund mit gutem Rechte zu nicht relevirenden Zufällen gerechnet werden können. Gerippe und Schädel, die damit connectirenden resp. Geräthe von Stein, Bronze u. s. w. werden immer der entscheidende Typus bei Funden der Art bleiben müssen, bis sich deutlichere Momente zum Beweise einer früheren - etwa Knochenperiode darbieten.

Diese Folgerungen lagen ursprünglich außerhalb meiner Absicht, aber zu sehr auf der Hand, als daß ich mich derselben hätte enthalten können. Mittel zu Vergleichen und Schlüssen für die Folge wollte ich geben, so weit Kürze es zuließ. Um vollständig zu genügen, verweise ich noch auf einen in die in Rede stehende Kategorie gehörenden Schädel, gefunden in einem "Urgrabe" bei Stege auf der Insel Moen, (Dagen, dansk folke=


1) Dieser auffallende Unterschied kann nur in einem Irrthum in der Art der Messung liegen.        G. A. Masch.
Die Höhe der Stirn ist gemessen von der Erhöhung der Augenbrauen bis zu einer geringen Schwingung der Linien dort, wo dem Anscheine nach der Wuchs des Haupthaars aufgehört hat, die Messung ist also darnach geschehen, wie muthmaßlich die Stirn im lebendigen Zustande frei gelegen hat, nicht nach dem Stirnbein. Viel mehr ist von dem Schädel nicht vorhanden.          G. C. F. Lisch.
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blad. 15. September 1837, in der Bibliothek des Vereins, giebt davon Nachricht, nebst einer ganz vorzüglichen Abbildung, welche theilweise vorstehender Beschreibung der Urschädel zum Grunde liegt) und auf die Hirnschale aus dem Luche bei Fehrbellin 1 ) (Jahrb. IX, S. 361), welche unbedingt das Fragment eines Urschädels ist. Sie trägt alle Zeichen des Schädelfragmentes von Plau, und bleibt immer merkwürdig durch den scharfen und genauen Schnitt mitten durch die Augenhöhlen, welcher den Obertheil des Schädels, die Calotte, vom Untertheile trennte. Daß nur dieser Obertheil, und sonst keine Spur irgend eines dazu gehörigen, oder sonstigen Knochens trotz emsigen Suchens gefunden worden, ist am angeführten Orte gesagt.

Die Aufgabe, welche Nilsen sich gestellt hat, ist, die Ureinwohner Skandinaviens zu ermitteln. Die Vergleichung der Urschädel mit authentischen Schädeln noch heute im hohen Norden lebender Volksstämme hat ergeben, daß erstere denen der Lappen,


1)

Ich habe dieses Fragment einen Trinkschädel genannt. Jahrb. X, S. 261 ist mir vorgeworfen, ich hätte dadurch die alten Germanen des Cannibalismus beschuldigt, welche, da sie ihre Feinde nicht gegessen, auch aus deren Gebeinen nicht Trinkgefäße gemacht haben würden. Mir scheint, das Eine könne ohne das Andere recht gut bestehen, wie denn junge Aerzte und Maler, die sich Schädel zu Zucker= und Tabacksdosen und Fidibusbechern aptiren, doch auch keine Cannibalen sind. Woher dieser die guten Germanen, welche Beweise von Anerkennung der Menschenwürde und des Zartgefühls gegeben haben sollen, verunglimpfende Glaube, in welchem ich befangen bin, entstanden? weiß ich nicht. Ich habe immer so gehört, auch wohl gelesen, und finde eine Notiz, kann aber nicht sagen, woher. Sie betrifft die Begriffe unserer Altvordern von dem Fortleben nach dem Tode, freilich nur wirr und nicht so sublim, wie Mr. Troyon (Jahrb. XII, S. 365) sie ihnen unterlegt, sondern gemodelt nach ihrem täglichen Treiben und Thun: "Die Helden in Walhalla kämpften Morgens aus bloßem Vergnügen, Mittags, wo alle Wunden geheilt, gingen sie bei Odin zu Tafel um einen köstlichen Wildschweinsbraten zu verzehren, der für Alle und immer zureichte, weil er stets wieder anwuchs. Dazu tranken sie Bier aus Pokalen, gemacht aus den Schädeln der erschlagenen Feinde." Daß hier ein Thun des Lebens in die Abgeschiedenheit übertragen ist, kann man wohl annehmen. Uebrigens ist es ja ein Factum, daß der Longobarden=König Alboin den Schädel seines Schwiegervaters, des Gepiden Kunimund zum Trinkschädel gebrauchte, und deshalb von seiner Gemahlin Rosamunde ermordet ward.
Die angeführte Stelle aus Regner Lodbrocks Krakamal, welche mißgedeutet als Veranlassung zu dem entehrenden Glauben angesehen wird, bestätigt ihn vielmehr.

Dreekom björ at bragdi
or bjudvidom hausa

heißt wörtlich übersetzt:

- - - - tranken Bier bald
aus weit umhergebotenen (kreisenden) Schädeln.

Dahlmann übersetzt, wie gesagt wird: "aus den Krummhölzern der Köpfe" (Schädel) - Metapher für "Hörner der Thiere". Es steht aber kein Genitiv da, denn bjudvidom ist ein adject. comp. aus

bjud von bioda, offerre;
vid, passim;
om, circa;
hausa, plur. von haus, cranium.

Dahlmann muß bjud mit biug, curvus, verwechselt haben.
Mein Gewährsmann ist Biörn Haldersen Isländ. latein. dän. Lexicon.
Neu=Ruppin, 1. April 1848.         A. G. Masch.

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vulgo Finnen, bis auf die geringste Kleinigkeit gleich sind; und nicht allein daraus, sondern aus noch mehreren Elementen, deren Erwähnung hierher nicht gehört, folgert er, daß die Lappen unserer Zeit der Rest des Urvolkes sind, welches ein später eingewanderter Stamm theils aufrieb, theils in die unwirthbaren Gegenden des Nordens hinaufdrängte.

Auch dieser spätere Stamm wird nicht mit Stillschweigen übergangen. Der Verfasser entwickelt ihn mit gleich kräftigen Gründen als der Bronzeperiode angehörend, von welcher Sagen und Geschichte gar nichts, eben so wenig wissen, als von der Steinperiode, welche jener voraufgeht, und wird erstere in zweiten Theile seines Werkes noch weiter aufzuklären suchen.

Diese kleinen Notizen werden die ethnographische Wichtigkeit des Werkes hinlänglich vor Augen stellen. Es bringt die Resultate der ersten wissenschaftlichen Forschungen in der dunklen, ungekannten Urzeit, von welcher Alles schweigt, und läßt deren stumme Denkmäler, bisher zum Sprechen nicht aufgefordert, eine deutliche, vernehmliche Sprache reden.

Krause, Deutsche Alterthümer oder Archiv etc. . 1. Theil 1826 stellt schon die Nothwendigkeit einer allgemeinen Ansicht der Alterthümer Deutschlands, Skandinaviens, Frankreichs u. s. w. auf; um nicht in Irrthümer zu verfallen, hat er auch, wie ich aus zuverlässigen Mittheilungen weiß, privatim geäußert: "die deutschen Gräber (Altmark) würden sehr viel Erklärung in denen Skandinaviens finden". Das hier zu Grunde liegende Werk bestätigt sicher den Ausspruch des hochcompetenten Alterthumskenners; mein Versuch, es der gelehrten antiquarischen Welt in einer Uebersetzung vorzulegen, ist am Buchhandel gescheitert.

Neu=Ruppin, im April 1848.

A. G. Masch.     

 

Wenn auch die hockende Leiche mit den Knochengeräthen in dem Grabe von Plau dem Volke der Steinperiode angehören konnte, so läßt sich doch immer noch denken, daß in dem Volke der Steinperiode eine zweifache Cultur in der Zeit nach einander herrschte: daß dieses Volk zuerst Knochengeräthe gebrauchte und darauf sich zur Cultur der Steingeräthe ausbildete, daß also die Knochenperiode immer der Steinperiode voraufgehen konnte, wenn auch die Menschen, welche zuerst Knochen, darauf Stein zu ihren Geräthen benutzten, demselben Volksstamm angehören mochten. Uebrigens reichen Knochengeräthe nicht allein in die Steinperiode, sondern auch in andere Perioden hinein. Das Vorkommen einzelner Knochengeräthe dürfte also nicht allein entscheiden, sondern die gesammte Ausstattung eines Grabes. Aber auch diese An=

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nahme kann ich nicht ganz gelten lassen. Der Knochenbau der Gerippe wird vorzüglich entscheiden müssen. In Skandinavien mögen die Verhältnisse anders sein; in Meklenburg aber stimmen die muthmaßlich ältesten Schädel nicht zu den Schädeln der Steinperiode. Die Schädel der Steinperiode sind schmächtig, nicht stark, aber regelmäßig ausgebildet, haben eine, wenn auch schmale, jedoch hohe Stirn, nirgends an Backenknochen oder Hirnbeinen starke Hervorragungen oder Biegungen, und sind die etwas unentwickelten Vorbilder der Schädel aus der Bronzeperiode. Der Schädel von Plau, mit dem ein in der Tiefe des Sülzer Torfmoores gefundener Schädel ganz übereinstimmt, hat dagegen eine schmale, niedrige, flache Stirn und starke Backenknochen, und beide stimmen gar nicht zu den Schädeln der Steinperiode.

Hieraus geht hervor, daß die vorstehende Darlegung von Masch nicht zutreffend ist. Die antiquarischen Verhältnisse Schwedens stimmen nicht zu denen Norddeutschlands. Alle Schädel, die bei uns in Gräbern der Steinperiode gefunden sind, haben nicht die Eigenthümlichkeit der ältesten skandinavischen Schädel. Auch sind die Gräber der Bronzeperiode in Norddeutschland ganz anders gebauet, als in Skandinavien. Ist aber die Beurtheilung nach Schädeln richtig, so muß der Schädel von Plau den Schädeln der Steinperiode voraufgehen, da er viel weniger entwickelt ist und gar keine Aehnlichkeit mit diesen hat.

G. C. F. Lisch.