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VI.

Der

Kammerpräsident Luben von Wulffen

und

die Erbverpachtung,

ein Beitrag zur Geschichte des Herzogs Carl Leopold von Meklenburg,

von

G. C. F. Lisch.


N ichts wirft ein so helles Licht auf den viel gedeuteten Charakter des Herzogs Carl Leopold, als sein häusliches Leben und seine Rathgeber und Diener, und ehe man beides nicht durchforscht hat, mag es sehr gewagt sein, ein bestimmtes Urtheil über den Fürsten zu fällen, der allerdings stets in einem ungünstigen Lichte erscheint.

Einen werthvollen Beitrag zur Charakteristik des Herzogs giebt das in Jahrb. X, S. 129 flgd. dargestellte Leben seines Secretairs Christian Ludwig Liscow, des berühmten Satirikers der Deutschen, dessen Dienstverhältniß zu dem Herzoge in den letzten, beschränkten Lebensabschnitt desselben fällt (1735 - 37). So viel läßt sich jetzt schon mit Sicherheit übersehen, daß die meisten, wenn auch nicht alle, vertrauten Diener des Herzogs schlechte, leichtfertige, ungeschickte oder aufgeblasene Menschen waren, die freilich ihre eigene Grube gegraben haben, und daß die wenigen guten und braven Männer fast alle ein Opfer ihrer Festigkeit und Rechtlichkeit wurden.

Eine der merkwürdigsten Erscheinungen in der Regierung des Herzogs Carl Leopold ist dessen Kammer=Präsident Christian Friederich Luben von Wulffen, welcher den Geldmangel seines Gebieters durch allerlei bodenlose Schwindeleien auszufüllen suchte, namentlich durch einen unüberlegten Versuch mit der Einführung

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der Erbverpachtung. Sowohl diese Person, als deren mißlungene Speculationen, so wichtig diese auch für die Geschichte der Domainen und deren Verwaltung sein mögen, sind in unserer Geschichte kaum im Allgemeinen bekannt geworden; und doch knüpft sich grade an diese Person die wichtigste Zeit des Herzogs Carl Leopold. Es wird daher ein aus den Archivquellen geschöpfter, viele Jahre lang vorbereiteter Abriß des Lebens des Kammer=Präsidenten Luben von Wulffen nicht unwillkommen sein, um so mehr, da L. Ranke in seinen so eben und zur Benutzung noch früh genug erschienenen "Neun Büchern Preußischer Geschichte", I, Berlin, 1847, S. 126 flgd. denselben Gegenstand einer ausführlichen Erörterung werth gehalten hat. Ranke hat, nach S. 127, wesentlich aus einer handschriftlichen Darstellung Riedel's über das Erbverpachtungswesen in den preußischen Domainen geschöpft. Da ich einer Veröffentlichung dieser mir bekannten Arbeit seit vielen Jahren vergebens entgegengesehen habe, so kann ich nicht besser handeln, als daß ich Ranke's Darstellung benutze. Es geht mir mit Luben von Wulffen, wie mit Liscow; auch hier bearbeiteten zwei Forscher zu gleicher Zeit denselben Gegenstand in zwei verschiedenen Perioden, ohne es zu wissen, was wiederum zu bedauern war, da beide sich gegenseitig ergänzen konnten.

Ueber die Verhältnisse und Schicksale Luben's vor seiner Anstellung in Meklenburg erhellt aus den Acten der meklenburgischen Archive nichts; dieselben können allein durch die folgenden Auszüge aus Ranke's Schrift aufgeklärt werden. Jedoch können wir uns nicht mit Ranke einverstanden erklären, wenn er in Luben einen "Mann von emporstrebendem Ehrgeiz aber zugleich von einer ächten Ader des Talents für Auffassung umfassender Ideen und Durchführung neuer Einrichtungen" erkennt. Luben von Wulffen war allerdings nicht ohne Naturgaben und Politur, aber als Staatsmann nichts weiter, als ein eitler Aventurier, voll lächerlichen Hochmuthes, der in einem in jeder Hinsicht verächtlichen Privatleben durch eine glänzend aufgeputzte Idee den Einsichtsvollern Sand in die Augen zu streuen und die geldbedürftigen Fürsten durch die Vorspiegelung der Gewinnung unermeßlicher Schätze zu blenden suchte; er war ein ächter Schatzgräber in der Staatsverwaltung und viel zu ungebildet, um seine Talente benutzen zu können.

Ranke erzählt über Luben's Laufbahn im Preußischen Folgendes.

(S. 126.) "Neben der Einführung der Consumtionssteuern hatte sich der große Churfürst mit nicht geringem Erfolge auch der Bewirthschaftung der Domainen gewidmet, und war nach

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mancherlei entgegengesetzten Versuchen doch wieder auf den Pacht zurückgekommen, den man damals in der eigenthümlichen Form, die er hatte, als Arende bezeichnete. Dabei blieb man auch unter dessen Nachfolger stehen,und zwar mit dem besten Erfolg; der Ertrag der Domainen im Magdeburgischen ist von 1683 bis 1702 um mehr als das Doppelte gestiegen.

Indessen war schon Friedrich Wilhelm (S. 127) mit der Methode nicht ganz zufrieden gewesen: der einmal erwachte Geist staatswissenschaftlicher Verbesserungen begnügte sich jetzt mit dem gewonnenen Ergebniß um so weniger, als die Bedürfnisse täglich wuchsen.

Da erhob sich nun aus der Mitte der Administration ein Mann, der sich erbot, von den Domainen, wenn man sie nur anders verwalten wolle, einen viel größern Ertrag herauszuschaffen.

Es war ein früherer Beamter der kurmärkischen Kammer, der in dem Archive derselben auf ältere, anderswo ausgeführte, in das sechszehnte Jahrhundert zurückreichende Plane gestoßen war, Christian Friedrich Luben von Wulffen, ein Mann von emporstrebendem Ehrgeiz, nicht ohne Bezug zu dem innern Krieg entgegengesetzter Intrigue dieses Hofes, aber zugleich von einer ächten Ader des Talentes für Auffassung umfassender Ideen und Durchführung neuer Einrichtungen 1 ).

Im J. 1700, wo alles Neue Anklang fand, trat dieser Mann mit dem Plane auf, die Domainen zu vererbpachten. - - - - (S. 128) Doch waren seine Gedanken nicht allein fiscalischer Art, sie erinnern bereits an eine Agriculturgesetzgebung, die später aus ganz anderen Rücksichten angenommen worden ist. Er wollte die von den Vorwerken und Aemtern abhängigen Bauern der harten Dienste entledigen, zu denen sie den Pächtern verpflichtet waren, und ihre persönlichen Leistungen in ein Dienstgeld verwandeln; er hegte die Ansicht, in Folge der Begründung neuer Bauerstellen werde sich das Land bevölkern, die Jugend sich dem Ackerbau widmen, vielleicht eine große Anzahl von Fremden anziehen. - Vorschläge die dem wohlmeinenden und vorstrebenden Sinne des Fürsten entsprachen. - - Der geheime Staatsrath war nicht dagegen; - - (S. 129) mit großem Eifer nahm Graf Wartenberg die Sache vor die Hand. Nachdem er sich noch anderweit bei kundigen Männern Raths erholt, ward der Be=


1) Vgl. König Berlin III, 184, 267. Bei weitem besser aber unterrichtete mich eine Zusammenstellung aus den Acten, die Hr. Ghr. Riedel unter dem Titel: Generelle Darstellung des Erbverpachtungswesens in den Domainen und dessen Wiederaufhebung unter Friedrich I, verfaßt und mit seltener Bereitwilligkeit mir mitgeteilt hat. Ich wünschte sehr, daß diese Arbeit dem Publicum vorgelegt würde.
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schluß gefaßt, eine von jeder andern Behörde unabhängige Commission, zu der auch Luben gehörte, aufzustellen, welche den Plan ausführen sollte; sie verpflichtete sich ein bestimmtes Mehreinkommen auszubringen. Am 2. April 1701 erschien eine Verordnung, welche die Aemter der Altmark bestimmte, wo der erste Versuch in der neuen Bewirthschaftung gemacht werden sollte; sie verkündigte den Unterthanen Erledigung von der Last des Scharwerkes und forderte die, welche Caution zu stellen im Stande seien, auf, sich zur Uebernahme der Erbpacht zu melden.

Und der Anfang nun, den man in sieben Aemtern der Altmark machte, gewährte den besten Erfolg. - - -

Hier aber erhob sich ein Widerstand, den man in diesem Staate kaum erwarten sollte.

Die beiden Amtskammern, zu Halle und zu Berlin, in der Ueberzeugung, daß sie ihre Pflicht bisher erfüllt und das Mögliche geleistet, waren entrüstet, daß neben ihnen, in ihrem Wirkungskreise, eine von ihnen unabhängige Thätigkeit sich regte, (S. 130) die ihren Begriffen schnurstracks entgegenlief. - - -

- - - Ein lebhafter Schriftwechsel entspann sich; eine Untersuchungscommission ward niedergesetzt, ausführliche Informationen wurden aus den bereits eingereichten Bezirken eingeholt; (S. 131) das Resultat war, daß das neue Verfahren bestätigt und die Absicht, die Erbpacht einzuführen, auch auf alle anderen Provinzen ausgedehnt wurde.

- - Alle Mitglieder der Amtskammern, wie von Halle und Berlin, so auch von Halberstadt, welche sich den Lubenschen Plänen widersetzt hatten, wurden aus dem Dienste entlassen, und nur solche geduldet, die sich dem Verfahren anschlossen. Die Hofkammer, in der Luben jetzt selbst eine Stelle erhielt, übernahm die Durchführung des ganzen Vorhabens. Was bisher mehr ein außerordentlicher Versuch gewesen, ward im Jahre 1704 zum System erhoben.

Hierauf nahm die Sache fürs erste einen ungehinderten Fortgang. - - - - - - - - - -

(S. 132) Schon immer hatte man gegen das ganze System eingewendet, daß ein großer Verlust für den Staat darin liege, wenn man die Ländereien nach dem eben geltenden Preise erblich und also auf immer abtrete; denn nichts sei wahrscheinlicher, als daß sich der Werth im Laufe der Zeit noch sehr erhöhe. Luben zeigte wenig Voraussicht, (S. 133) wenn er erwiederte, seitdem die Schifffahrt nach den beiden Indien eröffnet und der ganze Weltkreis in Verbindung gebracht worden, habe sich der Preis der Dinge schon auf eine unveränderliche Art festgestellt. Eben kam ein junger Mann empor, in diesen Ange=

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legenheiten mitzureden mehr als irgend Jemand befugt, der Kronprinz, der vom Verhältniß des Geldes eine andere Vorstellung hegte; er war überzeugt, daß sich der Werth der Domainengüter unverzüglich noch weit höher steigern lasse, und sah in jenem Verfahren eine Veräußerung, die er nicht dulden dürfe.

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(S. 135) Wie weit blieben die Resultate hinter den Erwartungen zurück, die man sich einst von diesem Unternehmen gemacht. (S. 136) Die Kammern in einer Art von Auflösung und ihre Cassen in Verwirrung, große Summen verschwunden; nichts von den versprochenen Vortheilen: keine Zunahme der Cultur oder der Volksmenge.

- - - Plötzlich sah man, jedoch allerdings unter Mitwirkung noch anderer Motive, in Hof und Staat eine vollständige Umkehr eintreten; Luben ward abberufen und entfernt, Wittgenstein nach Spandau geschickt, auch Wartenberg, so ungern der König sich dazu entschloß, aus dem Dienst entlassen.

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Da der größte Theil der geschlossenen Contracte die königliche Bestätigung noch nicht erhalten hatte, so trug man kein Bedenken, die Erbpacht überhaupt zurückzunehmen.

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(S. 137) Genug, ein an und für sich bedeutendes Unternehmen scheiterte vollkommen und zog nur Ruin und Verderben nach sich.

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(S. 150) Wir berührten schon, welchen Antheil er (der König Friedrich Wilhelm I.) an dem Falle des Erbpachtsystems hatte; er hielt es für eine seiner dringendsten Angelegenheiten, die bei seiner Thronbesteigung noch in den Händen der Erbpächter befindlichen Domainen sich wieder anzueignen. - - - Der König führte überall die Zeitpacht zurück und genoß das Vergnügen, seine Einkünfte dabei sich noch mehren zu sehen. Man hatte nun erst das Verhältniß der Aussaat zu dem Ertrag nach der Verschiedenheit des Bodens berechnen gelernt und durch die Erfahrung gesehen, was der Acker zu tragen fähig sei. Die Erbpächter, die nun wieder auf Zeit pachteten, trieben einander in die Höhe; aus den königlichen Aemtern soll dabei gegen ein Drittheil mehr aufgekommen sein, als früher; daß die Pächter sich anstrengen mußten, um zu bestehen, beförderte hinwieder die bessere Bewirthschaftung überhaupt.

- - - (S. 152) Die Hofkammer, die an der Erbpachtssache so vielen Antheil genommen, ward aufgelös't und

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eine allgemeine Direction der Domainen eingerichtet, unter welcher sämmtliche Amtskammern standen".


So viel erzählt Ranke. Ganz dieselbe Rolle wie in Preußen spielte Luben von Wulffen, so unglaublich es auch erscheinen mag, zum zweiten Male in dem benachbarten Meklenburg: so blind machte die Geldsucht an dem Hofe Carl Leopolds, daß man die vieljährigen Erfahrungen des Nachbarstaates völlig übersah und sich einen anspruchsvollen Mann auf den Hals lud, welcher mit philantropischen Ideen und Bereicherungsprojecten wichtig that, und dadurch die Menschen wohl aufregte, aber nicht befriedigte.

Die Verwaltung der Domänen war in Meklenburg erst in der Entwickelung begriffen. Vor der Reformation (1552) wurden die Domanial=Gefälle unter der Oberaufsicht des Canzlers, der alles war, oder auch wohl der Fürsten selbst durch den Rentmeister verwaltet. Gewöhnlich waren die meisten Domainen und Hebungen ämterweise verpachtet oder verpfändet. Selbst nachdem durch die Säcularisirung der großen Cistercienser=Feldklöster (seit 1552) die Domainen fast ins unglaubliche vergrößert waren, blieb die Verwaltung im Allgemeinen dieselbe; man nahm wohl einen oder den andern Hofrath zu Hülfe, aber das war auch alles. Die Verpfändung der Aemter dauerte fort. Erst Wallenstein, der innerhalb weniger Wochen in Meklenburg einen Musterstaat schuf, trennte die Verwaltung der Domainen vollständig von allen andern Zweigen der Landesregierung und setzte ein großes, selbstständiges Kammer=Collegium mit einem Präsidenten, einem Director, wenigstens vier Räthen und einem bedeutenden Subalternen=Personale ein. Aber die völlige Reaction, welche nach der Wiedereinsetzung der Landesfürsten eintrat, verwischte jede Spur, welche der Friedländer hinterlassen hatte. Erst am Abend seines Lebens sah der tüchtige Herzog Adolph Friedrich († 1658) ein, daß er für die Verwaltung der Domainen etwas Geregeltes thun müsse: im J. 1653 bestellte er einige Kammerräthe und unter diesen auch den Valentin von Lützow auf Schwechow, bis dahin Amtshauptmann zu Neustadt, zum Kammerdirector, um das "in Confusion eine Weile hero gerathene Cammerwesen in gute Richtigkeit wieder zu bringen", übergab ihm jedoch außerdem noch manches Andere, wie das Schuldenwesen des fürstlichen Hauses, die Hofstaats= und Besoldungs=Ausgaben u. s. w., so daß die Renterei, d. h. die Berechnung der gesammten Einnahmen und Ausgaben, noch mit der Kammer verbunden blieb. Erst unter dem Herzoge Christian I. Louis in der zweiten Hälfte des

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17. Jahrh. erscheint wieder ein vollständiges Kammer=Collegium, welches in die Regierung des Herzogs Friederich Wilhelm in den Anfang des 18. Jahrhunderts überging und hier seine Ausbildung erlangte; bei der Vorliebe dieses Fürsten für Industrie und Jagd war der Geschäftsbetrieb der Domainen=Kammer besonders schwunghaft, indem diese sehr viele neue Anlagen und Einrichtungen anzuordnen und zu leiten hatte. Ueberhaupt bildete sich das ganze höhere Beamtenwesen erst unter dem Herzoge Friedrich Wilhelm vollständig aus.

Christian Friederich Luben von Wulffen, aus der Lausitz stammend, "ein Mann von geringer Herkunft, der aber durch Arbeitsamkeit sein Glück gemacht hatte und solches auch benutzte" 1 ), war ungefähr im J. 1686 in kurbrandenburgische Dienste getreten, da er, nach seiner eigenen Angabe, im J. 1710 über 24 Jahre dem königlich=preußischen Hause in Kammer= und Finanz=Sachen continuirlich gedient" hatte. Bald darauf heirathete er, nach der Ehestiftung d. d. Gehren den 3. März 1688, seine Frau Eleonora Krause, deren Vater zu Lubben am 4. Aug. 1680 sein Testament gemacht hatte. Im J. 1700 trat er mit seinen neuen Finanzplänen im Brandenburgischen hervor und betrieb diese, wie oben nach Ranke geschildert ist. "Luben für seine Person beförderte sein Glück 2 ) und erwarb sich außer einem ansehnlichen Vermögen (1705 schenkte ihm der König 8000 Thaler) die Würde eines Staatsraths und den Adelsstand. Doch machte ihn dieses auch blind. Er verlor die nöthige Vorsicht zu seinem Besten und zwar zu einer Zeit, wo er solche nicht aus den Augen lassen sollte, gerieth auch dadurch in solche Verlegenheiten, die endlich seinen Fall nach sich zogen und vollendeten. Das Unternehmen zeigte sich in seiner völligen Blöße, und da ein Opfer nöthig war, um dafür zu büßen, so mußte solches Luben werden, der deshalb in strenge Untersuchung gerieth, in Ungnade fiel, seines Adels und aller Aemter beraubt und zuletzt gefänglich eingezogen wurde. Beschuldigungen gegen ihn fanden sich in Menge, besonders aber bürdete man ihm auf, daß er 60,000 Thaler, so zum Kammer=Etat gehörig sein sollten, unterschlagen habe. Aus den Untersuchungsacten zeigt sich hinlänglich, daß er ein nachlässiger Mann gewesen sei, der in seinen Dienstgeschäften wenig oder gar keine Ordnung beobachtete, auch im höchsten Grade habsüchtig und stolz war. Hauptsächlich aber scheint die Hauptursache seines Falles die gewesen zu sein,


1) Nach König's noch immer sehr schätzbarem Versuch einer Historischen Schilderung der Residenzstadt Berlin III, 1795, S. 184.
2) Nach König a. a. O. S. 267 und 185.
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daß er ein großes Plus von seinen Projecten versprach und dem Könige schmeichelte, aus den Aemtern große Summen zu ziehen. Und da dies Versprechen nicht erfüllet wurde, so erfolgte natürlich der größte Unwille gegen einen Mann, der mit leeren Hoffnungen geschmeichelt hatte, auf die vielleicht mancher Plan gegründet war." "Den 12ten Februar 1708 fand man im Dom in dem Klingebeutel einen Zettel 1 ), worauf geschrieben stand:

"O Koenig merck! III sindt gotlose Buben,
Von Hamrath, Hülsemann, von Luben."

Ohnerachtet der vielen Klagen und Beschwerden gegen das Erbpachtwesen, welche aus den mehrsten Provinzen des königlichen Staats unaufhörlich erschollen, erhielt sich doch sein angerichtetes Unwesen bis zum Jahre 1711, in welchem endlich der berühmte Fall des Oberkämmerers Grafen Kolbe von Wartenberg, desgleichen des Obermarschalls Grafen von Witgenstein auch den seinigen nach sich zog."

Hierauf mußte er, nach seiner Angabe, "nachdem er in preußischen Diensten, wie bekannt, viele Tausende verloren, bis ins fünfte Jahr ohne Bedienung und Verdienst mit schweren Kosten herumreisen." Endlich ging er nach Wien,

Hier lernte ihn der meklenburgische Oberhofmarschall Freiherr von Eichholtz kennen, welcher seit seiner Bestallung im J. 1713 († 3. Dec. 1732) vieljähriger, erfahrner und offener Minister und Gesandter der meklenburgischen Herzoge in Wien war. Dieser machte ihm schon im J. 1713 den Antrag, in die Dienste des Herzogs Friederich Wilhelm zu treten; Luben erklärte sich dazu bereit, obgleich er zu Wien "bereits in Commissionibus gebraucht wurde, wie solches denen kays. Ministris, absonderlich des Ertzbischoffs in Böhmen Fürstl. Gnaden, des obristen Hofcantzlers Herrn Grafen von Sinzendorff und obristen Canzlers Herrn Grafen Schlickens Excell. Excell., auch andern hohen H. Ministris bekannt" sein sollte. Der Herzog Friederich Wilhelm war zur Herstellung seiner Gesundheit grade nach Schlangenbad gereiset; Eichholtz wollte hier den Herrzog besuchen und mit diesem über die Bedingungen reden; daher bat er Luben, sich einstweilen in keine andere Unterhandlung wegen einer Anstellung einzulassen. Der Herzog starb aber zu Schlangenbad am 31. Julii 1713 und Eichholtz blieb fast ein Jahr lang von Wien entfernt. Als Eichholtz dahin zurückkehrte, hatte Luben von Wulffen noch keine Anstellung gefunden, Eichholtz aber den Auftrag erhalten, ihn


1) Vg. König a. a. O. S. 188.
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zur Annahme einer Anstellung bei dem Herzoge Carl Leopold zu vermögen; Luben war scheinbar ein Mann für diesen Herzog, da er ihm eben so glänzende Vorspiegelungen machte, wie seine übrigen zahlreichen Goldmacher, Der Herzog versprach ihm, "ihn zum Chef der Domainen=Kammer zu machen und dasjenige reichen zu lassen, was sein Antecessor gehabt" habe. Luben fand sich veranlaßt, diese Anerbietungen "dann doch nicht abzuschlagen," da er all das Seinige verzehrt, kein Geld in der Tasche und noch obendrein 700 Rthlr. Schulden gemacht hatte. Der Herzog, der sich goldene Berge versprechen mochte, sandte einen seiner Dienstbeflissenen, den Hof=Intendanten Walter, nach Wien, um sich genauer nach Luben zu erkundigen und im günstigen Falle mit ihm abzuschließen.

Julius Walter war einer von den wenigen, welche bis zum Tode im Dienste des Herzogs blieben, indem sie sich zu Allem hergaben. Walter war, nach einer gleichzeitigen Erzählung, der Sohn eines Schneiders und Laquaien der Prinzessin Maria Elisabeth von Meklenburg, Decanissin von Gandersheim, zuerst Dienstjunge eines Kammerdieners, dann Kammerdiener, endlich, am 21. Febr. 1715 Kammerrath und bald darauf, als Julius von Walter, Geheimer=Kammerrath, Hof=Intendant und Ober=Post=Director, ein "homme sans honneur, der Prügel annimmt, wenn es dem Herzoge beliebt und sich zu allem gebrauchen läßt". Eine andere gleichzeitige Schilderung sagt von dem Herzoge: "Gegen gemeine Leute, insonderheit sein mancipium den Walter, der sein rechter Sclav und gar nicht seiner so mächtig wäre, als der Hr. Klinge die Welt überreden wolle, sei er allezeit gnädiger, als gegen die Leute von alter Herkunft und Geschlecht". Walter starb am 21. Nov. 1729 zu Güstrow als Diener des Herzogs Carl Leopold.

Eichholtz und Walter unterhandelten nun mit Luben und versprachen ihm baldige Entscheidung des Herzogs welche sich aber vom Anfang Junii bis in den September 1714 verzögerte; zu einer Reise zum Herzoge nach Rostock konnte Eichholtz ihn nicht bewegen. Endlich schloß Eichholtz mit Luben ab und streckte ihm 500 Fl. Reisegeld vor, worauf Walter, der inzwischen wieder nach Wien gekommen war, ihn mitnahm. Luben reis'te vorauf nach "seinem Gute in der Nieder=Lausitz," wo er acht Wochen auf Walter wartete, welcher ihm dann nach Rostock voraufging. In Rostock mußte Luben von Wulffen 14 Tage "incognito" sich aufhalten und endlich "bei finsterer Abendzeit heimlich" zum Herzoge kommen, welcher an den ihm gemachten Bedingungen änderte, wozu er "sich endlich nolens volens resolviren mußte, da er einmal die weite Reise zurückgelegt, durch

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den langen Aufenthalt in Wien und die Reise viel Kosten aufgewandt und seine hohen Patronen in Wien durch seine schleunige Abreise sich zuwider gemacht habe."


Sobald Luben von Wulffen um Weihnacht 1714 oder Neujahr 1715 in Rostock angekommen war, galt es sowohl ihm, als dem Herzoge als Hauptsache diejenigen Personen zu verdrängen, welche ihren Speculationen entgegenstehen könnten. Daher auch ohne Zweifel die Heimlichkeit, mit welcher Luben "14 Tage lang bei Nacht und Nebel" mit dem Herzoge incognito verhandelte.

Die gefährlichste Person für Luben von Wulffen war ohne Zweifel sein Vorgänger im Amte, der bisherige Kammer=Präsident Dietrich Joachim von Plessen auf Cambs c. p. Brahlstorf etc. ., Torgelow c. p. Schlön, Schmachthagen, Gemekenhagen etc. ., Buchholz etc. ., welcher vorher Landrath gewesen und noch von dem Herzoge Friederich Wilhelm am 16. August 1712 zum Geheimenrath und Kammer=Präsidenten ernannt worden war. Dieser war also zugleich meklenburgischer Landstand, als solcher unumgänglich in die Streitigkeiten des Herzogs Carl Leopold mit der Ritterschaft, welche so eben mit Heftigkeit entbrannten, verwickelt und als früherer Landrath und bisheriger Kammer=Präsident mit der Verfassung und den Zuständen des Landes vertraut. Er hatte in den Jahren der Aufregung und Bedrängniß dem Vaterlande mit Mannhaftigkeit und Aufopferung gedient, viele diplomatische Reisen im Lande und ins Ausland gemacht und wichtige Aufträge ausgerichtet, auch seinen Credit zur Aushülfe in Geldnöthen benutzt: er hatte zur Aufbringung der russischen Exactionen bedeutende Summen vorgeschossen und über 13,000 Rthlr. an Vorschußgeldern und rückständigem Gehalt zu fordern 1 ). Im November 1714 hatte er die Rechnung aufgemacht und vorgelegt: er war von nun an dem Herzoge in vieler Hinsicht eine unangenehme Erscheinung: er war ein fester Mann, Landstand, Gläubiger und kein Gold= und Plusmacher, wie Luben. Der Herzog setzte seine Geheimen=Räthe zu einer Commission ein, welche die Forderungen des Kammer=Präsidenten prüfen sollten; am 11. Jan. 1715 forderte v. Plessen eine be=


1) Am 31. März 1711 hatte er mit dem Herzoge Friederich Wilhelm auch einen Contract über die Lieferung von 10,000 Faden Buchen=Brennholz, von seinen Gütern binnen 12 Jahren, à Faden 1 Rthlr., zu liefern, zum Behufe des neu angelegten Salzwerke zu Sülten ("bei Brüel im Amte Tempzin") abgeschlossen. Unter dem Herzoge Carl Leopold gerieth aber diese Sache gleich in Stocken; trotz aller Mahnungen ward kein Holz abgeholt. (Ueber diese Saline vgl. Jahrb. XI, S. 160 flgd.)
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glaubigte Abschrift des Commissions=Protokolls. Am 15. Jan. 1715 erhielt Luben von Wulffen seine Bestallung als Kammer=Director. Der Herzog hatte sich über diesen Mann und dessen Anstellung gegen von Plessen nichts merken lassen; dieser ignorirte wiederum die ganze Machination völlig. so wie der Herzog mit Luben von Wulffen einig geworden war, schickte er seinen Geheimen Rath Grund uff der Worth zu von Plessen, damit derselbe diesem mündlich "Vorstellung wegen resolvirter Veränderung in der Kammer" machen möge. Hierauf forderte von Plessen am 19. Jan. 1715 schriftlich des Herzogs "schriftlichen "Befehl, wohin die Meinung mit seiner Person forthin gehe," die Revision der Kammer=Rechnungen seit seiner Amtsführung und die Liberirung des Kammer=Collegii, die Bezahlung seines Vorschusses und die Bestimmung seines rückständigen Gehaltes, welches er für sein erstes Dienstjahr versuchsweise auf 2000 Rthlr. gestellt habe. Trotz aller schriftlichen und mündlichen Anforderungen erhielt von Plessen keinen Bescheid, weder über seine Stellung, noch über seine Forderungen; Luben von Wulffen bemächtigte sich der Kammer=Verwaltung, von Plessen ward völlig ignorirt, dagegen machte dieser nie die entfernteste Anspielung auf jenen. Vergebens trug von Plessen beschwerend vor, es sei allen "bekannt, wie justitia causae sowohl, als raison und la manière d'agir dergleichen ungnädiges und unverdientes Verfahren gegen einen Ministre von seinem Charakter und der mit solcher Treue und Eifer gedienet, wohl allerdings nicht permittiren könnten." Enlich trat am 26. März 1715 eine Commission, bestehend aus den Geheimen=Räthen von Petkum und Grund uff der Worth, unter Zuziehung des Kammer=Directors Luben von Wulffen (!) und des Kammerraths und Landrentmeisters Storm, mit dem Kammer=Präsidenten von Plessen zur Unterhandlung zusammen. Die Commission erkannte in dem Protocolle die Forderungen des Präsidenten als richtig, verabredete mit demselben zur Wiedererstattung seiner Vorschüsse mit den Zinsen 6 Termine bis Johannis 1716 und "fand für gut, daß dem Herrn Kammer=Präsidenten von Plessen danächst ein gnädigster hochfürstlicher Abschied ertheilet werde."

Am 27. März 1715 ward nicht allein die herzogliche Anerkennung des Protocolls entworfen, sondern auch der Abschied für den Kammer=Präsidenten, nachdem dessen "domesticq Umstände und bei deßen mehr und mehr zunehmenden famille erforderte Wahrnehmung seiner privat Angelegenheiten demselben hinderlich zu sein scheinen wollen, der von ihm bisher in hochfürstlichen Diensten verwalteten, ohnedem sehr mühsamen function ferner in Unterthänigkeit abzuwarten," indem der Herzog

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ihn von aller jemals desfalls an ihn zu machenden Ansprache entband und versicherte, daß er "mit dessen bei bisheriger Verwaltung seiner Function Ihro und dem hochfürstlichen Hause Meckelburg mit aller Treue und Sorgfalt geleisteten unterthänigen Diensten gnädigst zufrieden sei." Von Plessen zog sich nun auf seinen Landsitz Cambs zurück, hatte jedoch noch nicht am 14. Mai die Ausfertigung seines Abschiedes; erst am 20. Junii, nachdem der erste Zahlungstermin nicht eingehalten war, ward von dem Geheimen Rath von Wolfrath und dem Kammer=Dircetor Luben von Wulffen in Gegenwart des Kammer=Präsidenten dessen Forderung noch einmal aufgerechnet und am 21. Junii 1715 das ganze Verfahren vom Herzoge ratificirt. Der Herzog war froh, daß er den Kammer=Präsidenten los war; schon im J. 1715 äußerte er gegen Walter, "wenn er seine Gnade behalten wolle, so solle er des Herrn von Plessen müssig gehen." Die Anerkennung der Schuld hatte von Plessen freilich; aber Geld erhielt er nicht, weder Capital, noch Zinsen. Er schloß sich von dem Kampfe der Ritterschaft gegen den Herzog nicht aus und verweigerte im J. 1718 die von dem Adel geforderte Unterschrift des Reverses, daß er an den Handlungen des Engern Ausschusses der Ritterschaft weder Antheil habe, noch nehmen wolle, worauf auch seine Güter mit Sequester belegt wurden.

Wiederholt, aber vergeblich, forderte er sein Geld. Als sein Sohn Helmuth am 6. Sept. und Georg Nicolaus Gutzmer am 20. Oct. 1718 in seinem Auftrage auf Beförderung seiner Angelegenheit antrugen, erwiderte von Petkum jenem: "er dürfe nichts von dem Begehren derjenigen, so nicht unterschrieben, dem Herrn das allergeringste vortragen, wolle aber sein Herr Vater den Revers unterschreiben, so versichere er alles ihm zu verschaffen, was er nur verlange"; und diesem: "die Bezahlung werde nicht erfolgen, dafern der Herr Geheime Rath den Revers nicht unterschreibe, zumalen das Principium bei Hofe fest stehe, daß, weil der Engere Ausschuß die bekannten Schriften allezeit nomine des ganzen Adels herausgebe, also deren jedes Individuum für ein Rebell, dessen Leib, Ehr und Gut verlustig wäre, geachtet würde, wer nicht per subscriptionem des bewußten eidlichen Reverses sich davon purgirete." Der Herzog erklärte freilich dem von Plessen auf eine schriftliche Anforderung am 17. Febr. 1719, daß er ihn, "sobald nur durch Gottes Gnade die Krieges troublen passiret sein würden," befriedigen werde; aber von Plessen, welcher im J. 1721 unter den Deputirten der Ritterschaft war, wartete vergeblich auf Zahlung und starb am 23. Sept. 1734 zu Neukloster.


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Luben von Wulffen hatte am 15. Jan. 1715 seine Bestallung erhalten als herzoglicher "Rath und Kammer=Director der Geheimen=Kammer und Renterei," mit einem Jahresgehalt von 1000 Rthlrn. nebst Mahl und Futter auf 4 Pferde, und da er "versicherte, daß er die Finanzen und Domainen in vielen Stücken ohne Bedrückung der Unterthanen, Fürstenthum und Lande, sondern vielmehr mit Aufnahme derselben auf ein ansehnliches mit der Zeit verbessern könne und wolle," so versprach ihm der Herzog in der Bestallung auf Lebenszeit einen Antheil von fünf Procent an dem aus seiner Verbesserung entspringenden Gewinn.

Der Herzog mochte aber Lubens Ruhmredigkeit selbst nicht recht trauen; er hatte ihn an Gehalt und Rang bedeutend tiefer gestellt als seinen Vorgänger, und die Tantième von fünf Procent war ihm ohne Zweifel nur in Aussicht gestellt, um seiner Windbeutelei durch ein großes Gehalt nicht Thür und Thor zu öffnen; auch alle Sporteln, welche damals noch einen ansehnlichen Theil des Einkommens der Beamten bildeten, waren ihm entzogen, da er so sehr auf scharfe Berechnung hielt. Sein erstes Auftreten war eben so prahlerisch, als Unheil verkündend. Der Geheime=Rath J. P. Schmidt giebt aus gleichzeitigen Ueberlieferungen folgende Schilderung von seinem Amtsantritt.

"Selbst Herzog Carl Leopold waren zuletzt nicht für die Projecte des Luben von Wulffen portiret, und sogleich bei der ersten Audience hatten sie schon wahrgenommen, daß er ein weitläuftiger Kopf sei. Er kam von Berlin aus nach Rostock, und wie er schon drei Wochen vor seiner Ankunft vier wohl mondirte Laquais voran geschickt hatte, so war der Auflauf des gemeinen Mannes bei seiner persönlichen Ankunft sehr stark, um diesen neuen Herrn kennen zu lernen, der ihnen aber sogleich possierlich vorkam, weil er mit einer ungewöhnlich großen Alonge=Peruque herausgeputzet war. Als er bei dem Herzoge sofort das erste Mal viel Rodomontaden von seiner Verbesserung der Einkünfte machte, nach welchen er dieselben mit 300,000 Rthlrn. vermehren wollte, gab ihm der Herzog zur Antwort, sie hielten viel auf Leute, die wenig versprächen und vieles erfülleten, und möchten nicht gern über weitläuftige Discourse sein. Nachhin als der Hof nach Schwerin ging und dieser neue Kammer=Präsident das erste Mal zur Kammer gehen wollte, hütete er sich nicht für die Stufen, die von der Gallerie zu dem Vorzimmer der Kammer herunter gehen, sondern vermeinte, à plein pied fortmarchiren zu können, daher er erbärmlich fiel und sich über das ganze Gesichte die Haut verletzte. Er lief also mit seinem blutigen

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Gesichte nach des Herzogs Cabinet, klagte Ihroselben sein betrübtes Schicksal und das böse omen, was er daraus schöpfen müßte, daß ihm das malheur grade da er sein Directorium das erste Mal hätte antreten wollen, begegnet wäre. Der Herzog fertigte ihn aber kurz ab mit den Worten, es thäte ihm leid um den Zufall; er sollte nur wieder hinüber gehen und arbeiten, sich dieses aber zu einer Warnung von Gott dienen lassen, daß er alle Zeit auf jeden Schritt und Tritt und auf sein ganzes Verfahren, so oft er zur Kammer ginge, genaue Achtung zu geben schuldig wäre."

Er machte sich bei seinem Auftreten so lächerlich, daß er selbst grobe Beleidigungen und Neckereien erdulden mußte. Im Junii 1715 war es bei der Hoftafel zwischen ihm und einem Geheimen=Commerzien=Rath Bonnier zu einem ehrenrührigen Wortwechsel, in welchem beide sich gegenseitig den Titel "Canaille" an den Hals warfen, gekommen, so daß selbst das Geheime=Raths=Collegium diese Sache aufzugreifen für nöthig fand. Im Aug. 1716 waren der Obrist=Lieutenant von Meklenburg 1 ), der Major von Paland und die Capitains von Meklenburg, von Buggenhagen und von Adlersheim bei dem Kammerjunker Bestuschof, der mit Luben von Wulffen zu Rostock in demselben Hause wohnte, zu Gaste gewesen, und hatten am späten Abend und in der Nacht durch Musik und Lärmen den Kammer=Director so sehr turbirt, daß er den ganzen Vorfall der Regierung zur Ahndung melden zu müssen glaubte; er zeigte an, die Tumultuanten hätten vor seinem Schlafzimmer blasen und pochen, Mobilien und Kugeln die Treppe hinunter werfen, an seine Thür schlagen lassen etc. . Die Officiere nahmen den von Luben von Wulffen geschilderten Hergang in Abrede und kamen mit einem leichten Verweise und einer Warnung davon. Dergleichen Vorfälle konnten aber den Fremdling nicht in der Achtung heben, selbst wenn er unschuldig gewesen wäre; jedenfalls wird sein Benehmen solche Kränkungen provocirt haben, und daraus läßt sich schließen, wie leichtfertig man ihn behandeln mochte.

Als Luben von Wulffen sein Amt antrat, war die Kammer=Verwaltung durch die Ungunst der Zeit freilich rasch in Verfall gerathen; aber Luben von Wulffen bemühte sich auch nicht, sie durch gründliche Mittel zu verbessern.

Der Kammer=Präsident von Plessen war in Ungnaden entlassen.


1) Am 17. Junii 1717 erwirkte Luben von Wulffen wieder die Niedersetzung eines Militairgerichts gegen den Obrist=Lieutenant von Meklenburg; Veranlassung und Ausgang dieses Streites sind nicht bekannt.
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Obgleich früher das "Kammer=Collegium aus 5 bis 6 Räthen bestanden hatte," fand Luben von Wulffen nur 2 active Kammer=Räthe vor: Varenius und Storm.

August Varenius war ein alter, fleißiger Diener des herzoglichen Hauses. Schon im Febr. 1693 ward er Kammer=Secretair, im Mai 1703 Kammer=Rath mit Sitz und Stimme im Collegium, jedoch mit Beibehaltung des Kammer=Secretariats. Weil er sich, nach J. P. Schmidt's Aeußerung, mit einem so "weitläuftigen Menschen," wie Luben von Wulffen war, nicht vertragen konnte, so forderte und erhielt er seine Entlassung am 7. Oct. 1716 und nahm eine Anstellung in Osnabrück.

Storm war früher Landrententmeister und ward am 20. April 1712 zum Kammer=Rath ernannt, jedoch mit Beibehaltung des Landrentmeister=Amtes, zu welchem er später noch das Ober=Kriegs=Commissariat erhielt. Er ward bei der allgemeinen Verabschiedung der Räthe im Frühling des J. 1719 entlassen.

Mit Storm zugleich ward zum Kammer=Rath ernannt und später zugleich aus dem Dienst entlassen der am 27. März 1711 zum Ober=Bau=Director bestellte Leonhard Christoph Sturm, welcher bei seiner erneueten Bestallung zum Kammer=Rath und Bau=Director am 7. Sept. 1715 "aus erheblichen Ursachen von der "Session im Kammer=Collegium dispensirt" ward.

Einen andern alten Diener, den ehemaligen Land=Cassier Christian Schultze, welcher am 17. Mai 1700 zum Kammer=Rath ernannt war, suchte Luben von Wulffen zu beseitigen, um so mehr, da er auch Amtmann des Domainen=Amtes Schwerin und als solcher hier hinreichend beschäftigt war. Er erscheint mit der Zeit immer weniger in der Kammer, fungirte jedoch noch am 10. Nov. 1719 als Kammer=Rath. Er starb am 18. Febr. 1724 zu Dummerstorf bei seinem Schwiegersohn, dem Amtmann Müller.

Walter war zwar auch Kammer=Rath, aber eigentlich nur dem Titel nach und des Herzogs unmittelbarer Bedienter, so daß er als Kammer=Rath gar nicht in Anschlag zu bringen ist.

Luben von Wulffen hatte also während des größeren Theils seiner Amtsführung in der That nur einen Rath zur Seite, den Rentmeister Storm, welcher jedoch an seiner Landrentmeisterei und sonst genug Arbeit hatte. Es lag ohne Zweifel in Lubens Absicht, nicht nach Collegen zu streben, da Leute seiner Art gerne im Trüben fischen und sich aller Mitarbeit und Mitaufsicht zu entledigen suchen. Bei seinem Abgange beklagte er sich darüber, daß "er die große Arbeit fast allein verrichten müssen, da bei seiner Zeit im ersten Jahre Varenius sofort abgegangen sei und Storm, wie er Ober=Kriegs=Commissarius geworden,

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auch vorher, bei dem Commissariat meistentheils, desgleichen bei den Belagerungen sein müssen."

So stand die Sache, als Luben von Wulffen die Verwirklichung seiner Projecte angriff. Zu gleicher Zeit trat die größte Verwirrung im Lande ein, welcher ein Mann, wie Luben, und auch die übrigen Räthe des Herzogs nicht mit Erfolg zu begegnen vermochten.

Am 15. Jan. 1715 hatte Luben von Wulffen seine Bestallung erhalten, und schon am 19. Febr. 1715 übertrug er seine in Preußen verunglückten Projecte auf ein ihm wildfremdes Land: er bot Erbpacht feil. Aber das ganze Unternehmen scheiterte und mußte von vorne herein scheitern, da "bei der ganzen Operation der Vererbpachtung unverkennbar die möglichst zutreffende Veranschlagung von der größten Wichtigkeit ist" 1 ), Luben aber die Sache ohne alle Vorbereitung angreifen wollte; dazu kamen die Armuth, der Druck unzähliger Lasten und die Unsicherheit des Besitzes, welche grade damals jede bedeutendere Unternehmung in Meklenburg unmöglich machten.

Bei den geschilderten Personal=Verhältnissen konnte aber Luben von Wulffen seine Pläne nicht mit seiner alleinigen Kraft ausführen. Er veranlaßte also den Herzog, am 26. April 1715 einen "eigenhändigen Specialbefehl" mit "vollkommener Instruction" an die Kammer zu erlassen, daß diese zur Untersuchung und Einrichtung der Aemter und deren Verpachtung erfahrne Commissarien anstellen solle. Aber "es wollte sich zuerst niemand gern dazu gebrauchen lassen," jedoch fand und bestellte die Kammer bald zu Verpachtungs= Commissarien den Friederich Sebastian Flüger, welcher studirt hatte und viele Jahre Beamter gewesen war, und den Benedix Burghardi. Beide erhielten keine feste Besoldung, sondern waren auf Diäten angestellt: Flüger auf 1 Rthlr. und Burghardi auf 32 Schill. täglich; außerdem nahmen sie von den Pächtern 2 Procent "Anweisungsgelder" und der erste Commissair 2 Rthlr. und der zweite Commissair 1 Rthlr. Diäten. Neben diesen beiden Commissairen war der Commissair Schumacher in Kammer= Angelegenheiten beschäftigt. Von diesen


1) Vgl. Vollbrügge, Das Landvolk im Großherzogthume Meklenburg=Schwerin, eine statistisch=cameralistische Abhandlung, Güstrow bei Opitz, 1835, S. 41 flgd. Vollbrügge sagt S. 13 flgd.: "Höchst merkwürdig ist die Procedur, welche in "dieser Angelegenheit in der preußischen Monarchie im Anfange des achtzehnten Jahrhunderts stattfand. - - Die ganze Operation war aber übereilt vorgenommen und unzweckmäßig ausgeführt, - - Im Anfange des vorigen Jahrhunderts traf jedoch auch in Meklenburg Herzog Carl Leopold einige Einleitungen, einen Theil der Domanial=Pachtungen zu verkleinern und an Erbpächter hinzugeben. Das Project kam aber nicht zur Ausführung wegen der eintretenden innern Unruhen." - Grade diese Verhältnisse sind es, welche gegenwärtig hier aufgeklärt werden sollen.
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Männern ward gesagt, "wenn der Kammer=Director sie, die alle Arbeit thun müßten, nicht hätte, so würde er wenig ausrichten." Diese Commissarien blieben bei den Verpachtungen bis zum August 1718 beschäftigt; als nun Lubens und zugleich des Herzogs Gebäude zu wanken anfing, wurden sie ohne Lubens Vorwissen von der Regierung zu Ober=Administratoren der eingezogenen Güter des "rebellischen" Adels bestellt.

Früher geschahen die Verpachtungen "nur auf der Kammer, ohne Termin, so wie sich der eine oder der andere dazu meldete," nachdem die in einem Jahre zur Verpachtung kommenden Güter vorher im Kalender angezeigt waren; gewöhnlich wurden die alten Pächter gelegentlich wieder angenommen, wenn sie das geben wollten, was andere geboten hatten. Luben von Wulffen führte für die Domainen=Verpachtungen zuerst den Zuschlag auf Meistgebot und bestimmte Verpachtungstermine ein, welche durch Patente publicirt wurden. Die Termine wurden nach Lubens alter Weise auf den einzelnen Pachtstücken abgehalten, damit sich die Pachtliebhaber von deren Beschaffenheit überzeugen könnten.

Am 6. Febr. 1715 erschien unter des Herzogs Namen und Unterschrift ein großes Patent, nach welchem sehr viele Höfe, Mühlen, Ziegeleien, Krüge, Zölle, Fischereien, Rohrwerbungen etc. ., die Johannis außer Pacht fallen würden, in Terminen zwischen 21. März und 2. Mai "an den Meistbietenden öffentlich auf der Kammer von neuem verpachtet werden sollten," mit dem Hinzufügen, daß wenn von der Kammer mit den Pächtern wegen der "Arrende" abgeschlossen sei, der Herzog sich die Approbation durch eigenhändige Unterschrift des Contracts vorbehalte. Es wurden also die Hauptpachtstücke nur zu Zeitpacht ausgeboten. Es ward jedoch in einem Nachsatze freigestellt: 1) daß die Mühlen mit allen Gerechtigkeiten an diejenigen, welche am meisten bieten würden, "absonderlich an die Städte und Gemeinden (um nicht der Müller Discretion und Streitigkeiten unterworfen zu sein), für das Erbrecht um ein baares und zureichendes Kaufgeld, und 2) auch die Mastungen den Dörfern und Gemeinden beständig überlassen werden sollten."

Diesem Patente folgte am 19. Febr. 1715 ein zweites, etwas verworrenes Patent, nach welchem einige "Meierhöfe zu Erbpacht ausgeboten wurden, dergestalt, daß, falls sich bei der bevorstehenden Verpachtung nicht Pächter finden sollten, welche solche ohne Dienste der Unterthanen in Pacht nehmen wollten, der Herzog gewilligt sei, dieselben beständig zu verpachten und darauf Freileute anzusetzen, wenn sich Leute finden sollten, welche die Gebäude und Inventarien nach dem

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taxirten Werth baar bezahlen und die Felder mit mehrern Nebenpächtern, Freileuten und Einwohnern besetzen wollten, um die Unterthanen von der beschwerlichen Diensteslast und Leibeigenschaft zu befreien, von den jeder, der dazu Belieben trage, absonderlich aber Bauersleute, welche gute Wirthe und Vermögens seien, einen beständigen und festen Sitz erblich erwerben könne, besonders um für sich und seine Erben das in Freipacht habende Stück zu verbessern und in hauswirthlichen Stand bringen zu können;"zugleich ward vor Leuten gewarnt, "welche sich unterstehen sollten, die Unternehmer davon abzuhalten und ihnen davon widrige Meinungen beizubringen, und das Vertrauen ausgesprochen, daß sich niemand an dergleichen Geschwätze kehren, sondern jeder seine eigene Wohlfahrt vorziehen und die Abrathenden zur gebührenden Bestrafung anzeigen werde."

Diese Patente hatten aber keinen Erfolg, da theils die Vorbereitungen zu mangelhaft, theils die Zeiten zu drückend waren. Es erschien daher am 2. April 1715 ein neues Patent, in welchem der Herzog aussprach, daß die von seinen Beamten und den ihnen zugeordnet gewesenen Commissarien eingezogenen Nachrichten so unzulänglich seien, daß man daraus keine richtigen Anschläge für die neue Einrichtung der Aemter und Güter habe machen und daher mit den erschienenen Pachtliebhabern zu keinem völligen Schluß habe kommen können, daß er daher einige Glieder der Kammer in die Aemter senden werde, um mit den Beamten und Commissarien an bestimmten Terminen vom 29. April bis 25. Junii die Verpachtungen, entweder in Zeitpacht oder in erblicher Freipacht, an Ort und Stelle zu überlegen und bis auf fürstliche Approbation ins Werk zu bringen.

Die ganze Operation verunglückte aber fast gänzlich: auf Erbpacht ging, mit Ausnahme der Scharfrichter, Niemand ein, und die Zeitpacht warf nicht den gehofften Gewinn ab. Freilich war, außer der in dem Bildungsstande begründeten Abneigung gegen Neuerungen, die Ungunst der Zeit hauptsächlich Schuld daran, daß die Erwartungen des Herzogs getäuscht wurden. Die Unterthanen waren schon einige Jahre hart mitgenommen und in den nächsten Jahren steigerte sich die Verwirrung bis zum allerhöchsten Grade: der kleine Krieg im Innern und der nordische Krieg mit den Requisitionen der Russen vernichteten jede Sicherheit; dazu kamen schlechte Ackerbewirthschaftung, Mißwachs, Viehsterben und Sturm und der gänzliche Mangel an Capitalien im Lande, und aus der Fremde wollte kein bemittelter Mann sein Vermögen preisgeben und nach Meklenburg ziehen. Endlich hatte der Herzog für die neuen Contracte viel zu harte Bedingungen

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gestellt, als daß sie jemand zu erfüllen besondere Neigung hätte haben können. Bei der Erbpacht und Befreiung von der Leibeigenschaft war es allein auf Geldschneiderei abgesehen. Die Leute sollten nicht allein die Erbstandsgelder und die Gebäude und Inventarien nach hohen Taxen bezahlen, sondern auch was mit der Erbpachtung wesentlich verbunden und keinesweges unerhörte Menschlichkeit war, ihre Freiheit theuer erkaufen. Aber es fand sich kein Mensch, der Geld und Lust hatte. Bei der Zeitpacht wurden von den Cautionsgeldern, welche unter Lubens Verwaltung bis auf 60,000 Rthlr. gestiegen waren, den Pächtern keine Zinsen gezahlt und die Capitalien wurden verbraucht, ohne daß bei des Herzogs Charakter und nahem Sturze Aussicht auf baldige und überhaupt auf Wiedererstattung war, die Pächter mußten große Massen von Korn für einen geringen Preis liefern und die ",Bedingungen wegen des casus fortuitus waren äußerst hart": die Pächter sollten allen und jeden Verlust durch Mißwachs, Wind= und Hagel=Schaden, Mäusefraß, Viehsterben, Frost und aus eigener Verwahrlosung entstandener Feuersbrunst allein zu tragen "festiglich verbunden" sein, - ohne Aussicht auf Remission und ohne Sicherung durch Assecuranzen, welche nicht bestanden; nur die durch Kriegsverheerung des Landes, Pestilenz und Feuer vom Himmel erlittenen "großen" Schäden wollte die Kammer tragen. Daher kam es, daß Luben von Wulffen während seiner Amtsführung in vier Jahren die Einnahmen des Herzogs nur um etwa 13,000 Rthlr. hatte vergrößern können. Endlich, als sich der Herzog so sehr getäuscht sah, verweigerte er in der letzten Zeit der Lubenschen Kammer=Verwaltung in seinem Starrsinn die Unterschrift der Contracte, so daß über 200 Contracte bei ihm ohne Unterschrift lagen!

Die Vererbpachtung der Landgüter verunglückte, wie gesagt, gänzlich; allein die Scharfrichter wurden, nach einem Patent vom 30. Jan. 1715, auf Erbpacht gesetzt. Dise armen Leute, welche damals noch in so tiefer Verachtung standen, mußten sich zur Erhaltung ihrer Existenz wohl alles gefallen lassen. Sie wurden aber auch übermäßig gedrückt; das Reisen nach Schwerin und Rostock, da Hof, Regierung und Kammer bald dort, bald hier waren, nahm kein Ende und erschöpfte die Beutel der Leute völlig. Man zerrte an dem nicht schwierigen Geschäfte hin und her, um nur das Project durchzusetzen; in der Kammer selbst entstanden abweichende Meinungen und Debatten über viele einzelne Puncte, und der Advocat Dr. zur Nedden war so kühn, sich der Scharfrichter anzunehmen und viele Ausstellungen an den Bedingungen zu machen, worüber der Kammer=Director in nicht geringen Zorn gerieth. Endlich nach vier Jahren hatte Luben

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von Wulffen sein Meisterstück fertig und die Frohnereien zur Erbpacht gebracht.

Die Frohnereien sind bis heute die einzigen Erbpachtungen aus älterer Zeit und das einzige Denkmal, welches Luben von Wulffen hinterlassen hat. Glücklicher Weise setzte er in den ungünstigen Zeiten seine nur auf den nächsten Gewinn berechneten Pläne nicht durch. Bekanntlich hat man in neuern Zeiten wieder angefangen, aus höhern staatswirthschaftlichen Rücksichten die Erbpacht schrittweise und mit Behutsamkeit in Anwendung zu bringen, so viele Gegner sie auch zählen mag.

In den Jahren 1715 und 1716 war Luben von Wulffen nicht allein mit den Verpachtungen, sondern auch mit dem Einmarsch der Russen, mit der Einholung des Czaars Peter des Großen und der neuen Gemahlin des Herzogs, der russischen Prinzessin Catharina Iwanowna, vollauf beschäftigt. Bei solchen Gelegenheiten zeigte er sich denn auch von der glänzendsten Seite, wie er "bei der Bewirthung Ihrer Zarischen Majestäten considerable Dienste leistete und ein Ansehnliches dabei menagirte." Er hatte bei dieser Gelegenheit auch den Prinzen Kurakim, die Herren von Schleunitz und von Tolstoy und die Gräfin von Königsmark zu Gaste gehabt und einige Wochen offene Tafel für alle Fremden gehalten.

Am 20. August 1716 überreichte die Kamnner (Luben und Storm) dem Herzoge ein gedrucktes Formular zu den neuen Zeitverpachtungen der Domainen, welches die angeführten harten Bedingungen für die Pächter enthielt und zugleich in Ermangelung einer Kammer= und Amtsordnung interimistisch den Beamten statt einer Instruction dienen sollte, mit der Versicherung, allen möglichen Fleiß anzuwenden, daß die Leute auf die darin enthaltenen Puncte eingehen möchten.

Jetzt stand Luben von Wulffen auf dem höchsten Gipfel seines Glücks in Meklenburg. Am 1. Oct. 1716 erhob ihn der Herzog "in Ansehung seiner bei der fürstlichen Kammer als Director bisher treu geleisteten und noch ferner also zu prästirenden Dienste zum wirklichen Geheimen Rath und Kammer=Präsidenten" und übertrug ihm dabei zugleich die "Mitbeobachtung des Kriegs=Commissariats"; da auch der Herzog wahrgenommen, wie der Kammer=Präsident Luben von Wulffen mit dem ihm verschriebenen Gehalt nicht auskommen könne und vieles von dem Seinigen zugesetzt habe," so versicherte der Herzog ihm, "bis sich die Zeiten hinwieder ändern," eine Zulage von 500 Rthlrn. - Die Tantième von 5 Procent trug freilich nicht viel ein.

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Als nun die Schwindler immer höher in der Gunst des Herzogs stiegen und der zum ersten Geheimen Rath erhobene Minister von Petkum mit seiner Intrigue den Herzog und den ganzen Hof beherrschte, so nahm der tüchtige Canzler von Klein 1716 - 17 seine Entlassung.

Der 1. Oct. 1716 war für Luben von Wulffen verhängnißvoll: an diesem Tage ward er Geheimer Rath und Kammer=Präsident und an demselben Tage forderten seine Commissaire Flüger und Burghardi über ihre Handlungsweise eine Untersuchung, deren Ergebniß dem Präsidenten selbst den Untergang bereitete. Luben hatte viele Widersacher, namentlich in den Geheimen=Räthen v. Petkum, Schöpfer und Schaper, "mit denen er sich, wie er sagte, wegen ihrer weitläuftigen Anschläge und Vornehmen nicht vereinigen konnte, vielmehr öfter überworfen hatte;" aber selbst in der Kammer sah er später seinen einzigen wirklichen Collegen, den Kammerrath Storm, als den "Author seines Unglücks" an. Am 16. Julii 1716 hatte der "Geheime" Kammer=Director mit den Kammerräthen Schultz und Storm eine Kammersitzung, in welcher zu Protocoll genommen ward, am 4. Julii sei im Regierungs=Collegium zur Sprache gebracht, daß die zur Verpachtung verordneten Commissarien sich von den Pächtern über die ihnen umsonst gereichte Beköstigung Rechnungen und außerdem noch eine Discretion hätten geben lassen, und es daher nothwendig sei, diese Angelegenheit genauer zu untersuchen. In Grundlage dieses ihnen mitgetheilten Protocolles beschwerten sich die Commissaire Flüger und Burghardi bei dem Herzoge unmittelbar über Verläumdung und baten, unter Zurückweisung jeder Beschuldigung, dringend um Betreibung der Untersuchung und um Anzeige des Denuncianten, was ihnen auch der Geheime=Rath von Wolfrath, unter dem Versprechen voller Genugthuung, versicherte. Der Herzog decretirte hierauf am 13. Oct. 1716: Diese Sache wird Unserer fürstlichen Regierung zur gründlichen Untersuchung und fernerer Verordnung gnädigst und ernstlichst "committirt." Da aber die Sache keinen Fortgang nahm, so baten die Commissaire am 20. Jan. 1717 um Beschleunigung und um das versprochene feste Gehalt, um allen Vorwürfen entgehen zu können. Im Februar 1717 stellte die Regierung (v. Petkum, v. Wolfrath, Schöpfer, Schaper und Duve) Untersuchungen an; es wurden mehrere Pächter unter dem Versprechen der Verschwiegenheit abgehört und das Verhör wandte sich sehr bald auch auf das Verfahren des Kammer=Präsidenten. Die Pächter waren aber ziemlich discret. Der Amtmann Müller von Meklenburg sagte aus, der Kammer=Präsident, mit dem er wegen Erstattung der Kriegsschäden unterhandelt habe, habe zwar weder Geschenke, noch

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Versprechungen von ihm angenommen, aber vor zwei Jahren zwei Pferde für 90 Rthlr. von ihm gekauft, für welche er kein Geld, sondern eine Anweisung auf das Gehalt des Präsidenten erhalten habe: aber - Gehalte wurden nicht gezahlt. Der Amtshauptmann de Bruyns oder Bruhn von Neu=Bukow sagte aus, der Commissair Flüger, der bei ihm in Geschäften gewesen sei, habe einen Brief von dem Kammer=Präsidenten erhalten, in welchem dieser ihm in den härtesten Ausdrücken vorgeworfen habe, daß er auf den Aemtern liege und ausschweife, Diätengelder nehme, Anleihen negotiire und allerlei schändliche Dinge mehr treibe, worauf der Commissair ihm wieder geantwortet habe, es könne ihm "kein ehrlicher Mann etwas Böses nachsagen" und es möchten "andere wohl mehr courtoisiren", als er: er fordere daher Anzeige des Verläumders; der Amtshauptmann Bruhn sagte ferner aus, des Commissairs Lebensweise und Geschäftsführung sei untadelhaft gewesen. Aber der Zollverwalter Wüsthof von Dömitz gab zu Protocoll, daß er dem Kammer=Präsidenten für die Erlangung seines Dienstes 40 Ducaten, die er lange Zeit nicht habe nehmen wollen, und dessen Sohne eine silberne Taschenuhr geschenkt habe; auch habe ihm der Kammer=Präsident vorgeworfen, daß er zu andern Räthen gehe, mit dem Bemerken: "er sei Chef von der Kammer, und möchte er auch sehen, wie ihm andere helfen könnten." Dieses Protocoll forderte der Herzog ein. Eine Anklage über Bestechung war daher bei den höchsten Landesbehörden actenkundig geworden.

Jedoch dauerte es noch eine Weile, bis man das Maaß der Beschwerden gefüllt hatte. Am 21. Jan. 1718 erhielt die Kammer Befehl, die Original=Verpachtungs=Protocolle und die projectirten Pachtcontracte an den Herzog einzusenden und dann weitere Verordnung zu erwarten, und am 5. Febr. 1718 befahl der Herzog der Kammer, "daß sie von nun an conjunctim "mit den Geheimen=Räthen von Petkum, von Wolfrath, Schöpfer und Schaper sammt und sonders alle Aemter, Domainen und Stücke, wo einige Revenüen von kommen und fallen können, reguliren, die Contracte revidiren, nach Umständen neue Contracte schließen und alsdann die Contracte sammt den gehaltenen Protocollen zur herzoglichen Ratification ohne einigen Zeitverlust vorlegen sollten, bei Vermeidung der herzoglichen Ungnade." Damit war die Selbstständigkeit und die - Ehre des Kammer=Präsidenten Luben, und auch der Kammer, so lange er ihr vorstand, aufgehoben. Aber Luben hatte zu wenig Ehrgefühl, als daß er diese Amtskränkung tief hätte empfinden sollen: er blieb auf seinem Posten. - Schon vorher war auf Storms Betrieb

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der "Kammer anbefohlen, sich gar nicht mehr in die Renterei=Sachen zu meliren."

Das war aber noch nicht das Schlimmste, was ihn drückte: er lebte auch im größten Unfrieden mit seiner Frau, welche ihm im April 1718 weglief und nach Berlin ging. Auf persönlichen Antrag Lubens erhielt der meklenburgische Gesandte in Berlin, der Geheime=Rath von Habichtsthal, am 26. April 1718 den Befehl, dahin zu wirken, daß die Frau entweder auf gütliche Vorstellungen zurückkehre, oder durch "justizmäßige Mittel" zur Rückkehr veranlaßt werde. Die Eheleute hatten zwar schon lange in Zwietracht gelebt; aber den Ausbruch des häuslichen Unfriedens zum öffentlichen Scandal veranlaßte der Streit um den Rest ihres beiderseitigen Vermögens. Er hatte, nach seiner Angabe, in den Jahren 1698 und 1703 achtzehn im Magdeburgischen liegende Berg=Kuxe, welche 1718 an 900 Rthlr. jährlich eintrugen, gekauft und dieselben im J. 1703 seiner Frau zur Versicherung ihrer eingebrachten 2000 Rthlr. Ehegelder verschrieben, da nach Bergrecht Kuxe nicht verpfändet werden konnten; er hatte die Ausbeute bis zum J. 1710 gegen seine Quittungen eingenommen, als er aber aus preußischen Diensten entlassen ward, wahrscheinlich die Papiere und die Einnahme seiner Frau übergeben. Die Frau dagegen behauptete, daß ihr die Kuxe eigenthümlich gehörten und daß sie nur den Ertrag derselben zu ihrer Aller Erhaltung, besonders aber zu den Studien ihres Sohnes, auch ein Gewisses zur Tilgung der Schulden hergegeben habe, worüber ein ordentlicher Contract aufgerichtet sei. - Die Frau kehrte zwar diesmal zurück; aber dadurch ward das Verhältniß nicht besser, vielmehr steigerte sich der Unfriede zu einer offenen Feindschaft.

Mit dem Ende des J. 1718 ließ der Herzog "einige Ungnade gegen den Kammer=Präsidenten blicken"; dieser versicherte, er wisse nicht, was den Herzog dazu bewogen habe, es sei denn die Anfeindung der Geheimen=Räthe v. Petkum, Schöpfer und Schaper. Als der Horzog im J. 1718 die Güter des renitirenden Adels in Besitz nehmen wollte, ließ er alle Beamten und Pensionarien, auch andere Bediente ohne Wissen des Kammer=Präsidenten zu sich verschreiben und von denselben einen Eid nehmen, daß sie "Niemanden von den expediendis et ipsis committendis etwas sagen, noch sich bei dem Kammer=Präsidenten, wie sonst gebräuchlich, angeben und besuchen dürfen," woraus Luben richtig schloß, daß er zu keinem geheimen, noch zu anderm angestellten Rathe mehr gezogen werden solle.

Kurz vor dem Einrücken der Kreis=Truppen im Februar 1719 ließ der Herzog den Kammer=Präsidenten Luben von

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Wulffen und den Kammerrath Storm zu sich fordern und eröffnete ihnen, daß er den Amtmann Gottfried Faber zu Neustadt und den Forstmeister Philipp Gutzlaf Töppel zu Güstrow zu Kammerräthen 1 ) bestellt habe, sie sich also des Kammerwesens bis auf weitere Verordnung zu enthalten hätten; wenn wichtige Kammer=Affairen vorfallen sollten, werde der Herzog sie fordern lassen. Luben von Wulffen antwortete: "Des Herrn Wille geschehe", beklagte sich aber, daß er sich in des Herzogs Diensten gänzlich ruinirt habe. Luben enthielt sich von der Zeit an der Kammer gänzlich, "frequentirte jedoch den Hof nach wie vor, speisete auch bei Sr. Hochfürstl. Durchlaucht, wenn offene Tafel gehalten ward, und hatte einige Male bei dem Herzoge particuliere audientz," in welcher er um Bezahlung seiner Forderungen bat, jedoch Vertröstung auf bessere Zeiten erhielt, das beständige Trostwort des Herzogs Carl Leopold. Sogleich nach dem Einmarsch der Kreis=Truppen ließ der Geheime=Rath von Petkum dem Luben von Wulffen "intimiren, daß er sich des hochfürstlichen Hofes enthalten solle." Und hiemit hatte Luben von Wulffen das Ende seiner Laufbahn erreicht. Man hatte ihn zwar nicht des Dienstes entlassen, man sagte nur, er dürfe nicht mehr zur Kammer und zu Hofe kommen. Vorzüglich beschwerte er sich über Petkums "Falschheit": dieser habe die "Hand überall in den Affairen mit haben, das Directorium allein führen und sich durch Geschenke, die er überall gefordert und genommen, bereichern wollen; er habe die neuen Kammerräthe nebst andern Leuten bei sich zu Gaste gehabt und öffentlich sich berühmet, daß er Serenissimo angerathen, mit der Kammer solche Veränderung zu machen, und die Leute vorgeschlagen, die Kammersachen auf einem andern Fuße zu tractiren, worauf Faber und Töppel sich bedankt und öffentlich gestanden, daß sie es einzig und allein ihm zu danken hätten." Luben sprach aus: "v. Petkum habe ihm zu verschiedenen Malen in faciem gesagt, daß er nicht eher ruhen wolle, als bis er ihn ruinirt habe, wie er alle ehrlichen Diener, auch Schöpfer und Schaper, verkleinert, angegeben und fälschlich belogen habe."

Jetzt stürzte das ganze Gebäude des Herzogs Carl Leopold zusammen. Er floh vor den Executions=Truppen 1719 nach Prenzlau (März), Demmin (Mai), Goldbek (Mai-Julii), Dömitz (Aug.), wo er bekanntlich Residenz hielt und sein Leben beschloß. Ihm folgte seine ganze Regierung, die er aber aus seinem Dienste entließ und aus Geldmangel entlassen mußte.


1) Die Kammerräthe Faber und Töppell erhielten ihre Bestallung am 19. Oct. 1718.
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Am 25. Febr. 1719 ging der erste Geheime=Rath von Petkum nach Berlin. Edzard Adolph von Petkum war ein böser Mensch und zum Theile Schuld an den vielen Leiden, welche Carl Leopolds Regierung über Meklenburg brachte. Er war aus Ostfriesland, früher Reichshofrath, schon vor 1706 in des Herzogs Carl Leopold Diensten, und am 8. April 1706 auch zum Geheimen=Rath des Herzogs Friederich Wilhelm ernannt; darauf ward er am 3. Mai 1715 erster Minister. Er kam nach Carl Leopolds Fall wieder nach Rostock, ging am 23. Julii 1720 auf seine "Güter in Ostfriesland," nach seinen Briefen nach Schloßfeld, kam aber bald wieder nach Rostock, wo er Frau und Kinder zurückgelassen hatte und starb hier 2. Mai 1721.

Mit dem Herzoge flohen die anderen Geheimen=Räthe Schöpfer und Schaper, welche ihrem Herrn stets dienstbeflissen waren, und von Wolfrath, der in jeder Hinsicht aufrichtiges Mitleid verdient; Grund uff der Worth, seit 17. Jan. 1713 Geheimer=Rath, hatte, als der Herzog zu Gewaltmaßregeln schritt, am 28. Aug. 1715 um Entlassung gebeten und war im J. 1719 gestorben.

Schöpfer, Schaper und von Wolfrath wurden bei der Abreise des Herzogs in Ungnaden entlassen.

Schöpfer, ein tüchtiger Jurist, aber Knecht seines Herrn, der Ritterschaft im höchsten Grade verhaßt, starb am 13. Sept. 1719 zu Allstadt unweit Eisleben, in der Nähe seines Bruders, der zu Eisleben Prediger war.

Schaper, vorher des Herzogs Friederich Wilhelm Leibarzt, ein "aufgeblasener Mensch," starb am 11. Jan. 1721 zu Rostock.

von Wolfrath, früher Legationsrath, seit 1705 (zugleich mit dem Canzlei=Rath und Kammerjunker von Eichholz) Regierungsrath, ein ehrenhafter, tüchtiger, fleißiger, uneigennütziger, sehr einfacher Regierungsbeamter, "die Leutseligkeit selbst", war vielleicht der einzige gute Mensch unter den anhänglichen Räthen des Herzogs Carl Leopold, ein Mann, der immer seinen graden Weg gegangen war und viel gearbeitet und gewirkt hatte. Daher und wegen der beabsichtigten Heirath mit seiner nur zu berüchtigt gewordenen Frau (Anfang Oct. 1719), des Herzogs Brudertochter und späteren Maitresse, ließ er sich verleiten, sogleich wieder in dessen Dienste zu treten, um wegen beschuldigter Verschwörung sein unschuldiges Haupt am 6. Sept. 1723 dem Schwerte des Scharfrichters zu bieten: ein schwarzer Flecken auf dem Bilde des Herzogs, welcher nie abzuwaschen ist. Von dem mit ihm angeklagten Cabinets=Secretair Scharff, welcher vor der Hinrichtung im Gefängnisse starb, war es "bekannt, daß er von Jugend auf stets ein böses Herz gehabt" hatte.

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In der Folge war der Herzog Carl Leopold fast ganz in den Händen der abscheulichen Wolfrath und des Archivars Tiedemann, eines schlechten und gemeinen Menschen.

Dies sind die Persönlichkeiten in der Staatsregierung, neben welchen der Herzog Carl Leopold und Luben von Wulffen sich bewegten, und die grade kein vortheilhaftes Licht auf die Regierung des Herzogs werfen.

Luben von Wulffen erhob nach seiner Absetzung zunächst bei dem Herzoge selbst Klage über seine Forderungen. Er beschwerte sich, und wohl mit Recht, darüber, daß er großen Aufwand habe machen müssen und dagegen wenig Einnahme gehabt habe: er habe ein sehr beschwerliches Amt gehabt, zwei Häuser und Haushaltungen, in Rostock und Schwerin, viele Dienstboten und Equipagen halten müssen; dagegen habe er ein sehr geringes Gehalt und, außer der Tantième von fünf Procent, weder Sporteln, noch andere außerordentliche Einnahmen gehabt. Er hatte sich daher in Schulden vertieft, seine besten Sachen versetzt und stand am Rande des Verderbens. Gehalt war ihm in zwei Jahren nicht bezahlt, also hatte er mit Recht 3000 Rthlr. zu fordern. Die fünf Procent Tantième hatte er nie erhalten; da er die Kammereinkünfte um 13,057 Rthlr. jährlich verbessert haben wollte, so berechnete er die Tantième auf 2387 Rthlr. 12 ßl. Auch die Zinsen auf die Cautionsgelder brachte er als Domainenverbesserung in Anschlag. Außerdem berechnete er Gehalt und Tantième noch einige Termine weiter, da er keinen schriftlichen Abschied erhalten hatte, sich also noch immerfort als in Dienst stehend betrachtete, brachte noch einige kleinere Forderungen in Anrechnung und glaubte auf Zinsen von den jährlichen Rückständen Anspruch machen zu können. Er berechnete seine Forderungen im Ganzen auf ungefähr 7500 Rthlr., brachte aber 1997 Rthlr. in Abrechnung, welche er aus dem warnemünder Zoll erhoben hatte. Er berechnete, daß er, ohne den Verlust seiner verpfändeten Mobilien und seine Schulden in Anschlag zu bringen, zu seiner vollen Einnahme noch an 3500 Rthlr. zugesetzt habe. Außerdem beschwerte Luben sich bitter darüber, daß er in den letzten Jahren keinen Contract zur Ansicht habe erlangen können, er also nicht wisse, wie sehr sich die Kammereinnahmen verbessert hätten und wie hoch er seine Tantième anschlagen könne, ferner darüber, daß alle Rentere=Bedienten, welche unter seinem Collegen Storm standen, im höchsten Grade widerspenstig gegen ihn gewesen seien, so daß er nie eine Rechnung gesehen habe.

Der Herzog ließ seine Forderungen von dem Commissair Schumacher revidiren. Dieser berechnete den Mehr=

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ertrag der Kammereinnahmen nicht nach den in den Contracten aufgeführten Pachtsummen, sondern nach der baaren Geldeinnahme, indem er alle Verluste, nicht gezahlte Pachtgelder und die Schäden in Abzug brachte und dadurch die ganze Summe der Tantième auf 936 Rthlr. herunterrechnete. Ferner forderte Schumacher für den Herzog 1118 Rthlr. Zinsen für Cautionsgelder, welche nicht in den bestimmten Terminen eingegangen seien, 1569 Rthlr. Diäten und andere Gefälle, welche des Präsidenten subdelegirte Commissaire Flüger und Burghardi genommen, aber dem Präsidenten zur Last geschrieben wurden, weil er Tantième erhalte, also auch die von ihm angeordnete Arbeitshülfe tragen müsse, und anderes mehr. Kurz, Schumacher rechnete in einer General=Bilance heraus, daß Luben von Wulffen dem Herzoge noch 1288 Rthlr. 11 ßl. schuldig sei.

Luben von Wulffen bat unablässig dringend bei dem Herzoge, bei Wolfrath und Scharff in zahlreichen Briefen um sein Geld, machte immer neue Berechnungen, in denen er seine Gehalts= und Procentgelder immer weiter fort berechnete, erhielt aber nicht einen Schilling, hat auch nie etwas erhalten, da er bald darüber wegstarb. Er hatte sich zuletzt auch an die kaiserliche Commission gewandt, ja am 30. Julii 1720 ein kaiserliches Vorschreiben erwirkt: alles vergebens.

Endlich vernichtete ihn Familienleiden, welches er freilich selbst verschuldet hatte, völlig. Luben's Charakter wird aus dem hier erzählten Lebenslaufe ohne Zweifel klar erkannt werden können. Er war leichter Natur. Vorzüglich charakterisirte ihn Aufgeblasenheit, die ihm bei seinem ersten Auftreten schon lächerlich machte. Trotz seiner unbedeutenden Einnahme hielt er dennoch zwei vollständig eingerichtete Wohnungen, in Schwerin und Rostock, 1 Hofmeister bei seinem Sohne, seinem einzigen Kinde, 12 Dienstboten mit doppelten Livreen für 6 Bedienten, und 2 Equipagen mit 2 Carossen, 6 Geschirren, 1 prachtvollen Geschirre und 1 Geschirr für 6 Pferde auf die Reisen. Der Oberhofmarschall von Eichholz, der ihn engagirt hatte und genau kannte, schrieb aus Wien am 28. Oct. 1719 an Scharff: "Ich gestehe zwar und bin darin mit Ew. Hochedl. eins, daß nemlich des Herrn von Luben particuliere conduite nichts tauget und vielfältiger justen critique unterworfen sei; allein dadurch hat er sich selbsten geschadet, hingegen Serenissimo nicht im geringsten, viel weniger dieselben um einen Heller übervortheilet, so er auch nicht hat thun können, weil er nichts unter den Händen gehabt." Uebrigens rieth Eichholz, "ihn nicht so ganz und gar zu verstoßen, denn wenn er mal contant abgehen sollte, so würde er unfehlbar nach Wien gelaufen kommen und

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neues Zetergeschrei verursachen, mithin den ohnedem fast unzählbaren numerum der querulanten wider Serenissimum vermehren helfen; es sei nicht bei der ehrbaren Welt, viel weniger bei dem allmächtigen Gott zu justificiren, einen ehrlichen Mann, der auf guten Glauben in Herrendienste eingetreten und vielleicht gar dadurch anderweitiges Glück verabsäumet habe, de but en blanc auf bloßes Angeben boshafter Gemüther von sich zu stoßen, denselben weder das verdiente Lohn, noch den gebührenden Abschied zu geben, sondern erstlich in der Ungewißheit alles das Seinige verzehren machen, und endlich dahin necessitiren, daß er von selbsten verlaufen und solchergestalt seine Forderungen an den Nagel hängen müsse. Wann nun Herr von Luben und andere mehr auf eben diese in der Welt nicht erhörte Art verstoßene hohe und niedrige fürstlich meklenburgische Bedienten sich zu Ihrer Kaiserl. Majestät Füßen würfen, so möge doch jeder ohne praeoccupirung um Gottes Willen urtheilen, was solches bei diesem Monarchen und bei dem ganzen kaiserlichen Hofe für impressiones machen müsse; Gott möge wissen, was für Berichte hierüber, wie imgleichen über vielfältige andere dergleichen passirte wunderliche demarches hier eingelaufen, folglich eine große Ursache mit seien, daß Serenissimi damaliger Nothstand, man mag auch dieses vorstellen, wie man will, hier mit so kaltsinnigen Ohren angehöret, als indifferenten Augen angesehen werde."

Lubens Privatcharakter war so anstößig, daß selbst das Pasquill, welches freilich damals stark Mode war, ihn nicht verschonte. Der Geheime=Rath J. P. Schmidt hat aus den handschriftlichen "Mémoires des B. von B. über einige Geschichten, so sich von Anno 1716 bis 1721 zugetragen, und über das fürstlich=meklenburgische Ministerium, Anno 1722," folgende Epigramme mit nachstehender Einleitung hinterlassen:

"Der Herr Luben von Wolffen ist ein alter Mann, für diesem in Preußischen Diensten gestanden, darinn er aber seine Sache so übel gespielet, daß er auf Befehl des hochseel. Königs in Preußen bald wäre gehangen worden. Er ist kein Staatsmann. Er will aber ein desto größerer oeconome seyn und hat die Gewohnheit an sich, die Erde zu beriechen und zu schmecken, weil er aus dem Geruch und dem Geschmack von der Fettigkeit oder Magerkeit derselben urtheilen will. Der Herzog hat ihm die Ehre gethan ihn zum Cammer=Präsidenten zu machen."

"Das Epigramma, so auf den Hrn. Luben gemacht worden, lautet, wie folget:

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A LUBEN, vanum quaeso, retro lege nomen,
   Jam NEBULA est, recte! Nomen et omen habes.
Post lucem nebula, post nubila jubila fient,
   Planctus post plausus, post bona fata mala.
O LUBEN caveas, ne retro verba legantur,
   Nam audis NEBULO, nomen et omen habes.
Ne tamen mireris, quod tua facta retrorsum,
   Nunc retro legitur nomen et hocce tuum.
A WULFEN dictus, neque sic absque omine dictus,
   Asper eras olim carniferusque LUPUS.
Jam feralis hiems instat, quo captus es, eheu!
   Cum lupis ulula, cum quibus esse cupis.
Non audis forsan, Luben, haec verba lubenter,
   Credo, sed auriculos arrige quaeso tuos:
Qui, quae vult, fecit, quae non vult, audiat ille,
   Digna malis fatis sunt tua facta tuis.

"Das folgende Epigramma ist auch bekannt":

"Luben, der das Bulen pflegt und das Lieben hoch zu achten, Auch die Dames erblich all wollte vor sich erblich pachten, Mit dem hat es nun ein End, ob der Anfang gleich war klein. Wer will künftig, sagt mir doch, von euch Erbepächter sein?

Die Bedrängniß stieg endlich zum Aeußersten; am 14. Jan. 1720 schrieb er aus Rostock an den Cabinets=Secretair Scharff: Geben Sie mir doch, wann Sie Zeit haben, zuweilen Nachricht und helfen mir aus meiner großen Noth; ich habe so viel nicht, daß ich Brot kaufen und meine für 10 Thaler bei dem Amtmann zu Stavenhagen auf meiner Reise versetzte Uhr wieder einlösen kann;" und an den Geheimen=Rath v. Wolfrath schrieb er an demselben Tage: "Je ne trouve aucun amys, qui me veut assister suivant son pouvoir et sa conscience, comme un prochain envers un autre."

In dieser äußersten Noth entlief ihm seine Frau zum zweiten Male im Anfange des J. 1720. Sie war zwar im J. 1718 zu ihrem Manne zurückgekehrt, aber der Unfriede zwischen beiden Eheleuten ward täglich größer, so daß er am 27. Nov. 1719 den Herzog bat; den Geheimen=Rath v. Wolfrath, den Regierungsrath Duve und den Burgemeister Tielcke, "welche zugleich seiner Frau gute Freunde seien", zu beauftragen, ihren Zwist zu untersuchen und sie, wenn möglich, zu vergleichen; der Herzog erfüllte seinen Wunsch und verbot auf seinen Antrag zugleich der Frau, vor ausgemachter Sache bei 500 Rthlr. Strafe nicht von Rostock zu reisen. Die Frau ließ sich aber auf nichts ein, sondern ging im Januar 1720 davon und nach Berlin und

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nahm zugleich ihre Papiere und besten Sachen mit sich. Auf die fortgesetzten Klagen des Mannes schrieb die Frau am 25. Jan. 1720 an den Herzog: ihr Mann habe mit Gewalt verlangt, ihm die ihr eigenthümlich zustehenden Kuxe abzutreten; da sie sich aber dessen geweigert, so habe er sie auf das härteste behandelt und vor vielen Leuten, sebst vor Laquaien prostituirt, ja er habe sich nicht gescheut, "ihr auf öffentlicher Straße mit einem gräßlichen Geschrei ihr Eingebrachtes vorzuwerfen und ihr zu imputiren, sie hätte ihm das Seinige gestohlen." Sie fügt hinzu: "Mein tägliches Tractement bestand in continuirlicher Verdrießlichkeit und den empfindlichsten Schimpfreden, wobei ich meines Lebens nicht sicher gewesen, maßen er sich des Teufels verschworen, mich, wann ich ihm nicht freie Disposition überlassen wollte, zu erstechen, und ist er mir wirklich mit bloßem Degen zu Halse gelaufen, da aber der Sohn noch das Unglück abgewendet." Da es nun auch bekannt sei, daß "er durch seine Brouillerien und üble Aufführung sich außer allem Stand gesetzet, seiner Familie auch nur das liebe Brot zu schaffen", so habe sie ihrer Angelegenheit halber nach Berlin abreisen müssen, wo auch die Sache ausgemacht werden müsse, da das objectum der Zwistigkeit in preußischen Landen gelegen" sei.

Luben klagte zwar beim Herzoge weiter und stellte bei dem meklenburgischen Consistorium eine Desertionsklage an; damit erhielt er aber kein Geld, da seine einzige und letzte Hülfsquelle, der Kuxen=Ertrag, in den Händen seiner Frau war, die weder erscheinen, noch herausrücken wollte. Er erwirkte zwar ein herzogliches Vorschreiben an die magdeburgische Kammer, die den Mann ja genau kannte, damit er "mittlerweile nicht crepire"; aber alles umsonst.

Sein Sohn war im preußischen Soldat geworden, darauf freilich wieder losgekauft, damit er studiren könne, hatte aber ein ehrloses Frauenzimmer geheirathet und das Weite gesucht.

Zuletzt schlug der endlos langmüthige von Wolfrath dem ehemaligen Freunde vor, er solle nach Brandenburg gehen, um durch Verfolgung des Rechts gegen seine verlaufene Frau seine Ehre zu retten, und überhaupt etwas für sich zu erlangen suchen; aber er hatte kein Geld zur Reise. Zuletzt schrieb er an von Wolfrath aus Rostock am 24. Julii 1720, am Tage nach der Abreise des Ministers von Petkum, der doch noch einen "großen Wagen voll von seinen besten Sachen mitnehmen konnte." Da Lubens Gläubiger zu hart drängten, so lief er selbst weg und ging wieder nach Berlin, von wo er noch am 11. Mai 1721 einen Brief an v. Wolfrath schrieb.

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Am 11. Novbr. 1721 starb seine Frau und am 21. desselbn Monats er selbst in Berlin.

Der gleichzeitige Kammer =Archivar J. G. Segnitz hat in einer handschriftlichen Chronik über das Ende Lubens folgende Nachricht hinterlassen:

"1721. d. 21. Nov.

Der Herr Luben von Wulffen, welcher bei hochfürstl. meklenb. Hause Cammer=Präsident gewesen, und wegen übeler Aufführung und daß er seine Function nicht recht verwaltet, sondern wegen der Erbverpachtung und andere Neurigkeit zu introduciren das gantze Land verdorben, dimittiret, auch mit seiner Frau immer in Streit und Uneinigkeit gelebet, welche dann genöthiget worden, ihne zu verlassen und sich nach Berlin zu begeben, hat er sich endlich auch, da er zu Rostock viele Schulden gemacht und seine Habseligkeiten, so er alles schon versetzet gehabt, verconsumiret, aus Noth nach Berlin begeben, alwo er sich sehr bemühet nach einem Dienst, wie er aber daselbst bekant, auch wegen seiner übelen Aufführung der König ihm nicht begehret, zudem sein eintziger Sohn ihm auch viel Herzeleid gemacht, indem derselbe sich von Sr. Königl. Maytt. zu Preussen zum Musquetier hat machen lassen, wovon ihm seine Eltern wieder losgekauft und Studirens halber nach Halle gesandt, wozu er aber keine Lust, sondern daselbst eine H . . . gefreiet, welches seiner Mutter sehr zu Herzen gegangen und darüber sich so viel gegrämet, zumalen sie nur das einzige Kind, auf welches sie all ihr Hoffnung gesetzet, ist selbige endlich bettlägerig geworden und ihren Beichtvater den Herrn Präpositus Reinbeck verlanget, um das heilige Abendmahl zu erhalten; wie nun derselbe auf ihr Verlangen gekommen, hat er ihr das Gewissen ziemlich geschärfet und ihr zugeredet, daß sie sich doch mit ihrem Liebsten vorhero aussöhnen möchte, ehe sie solches hohe Werk empfinge und der liebe Gott sie aus dieser Sterblichkeit wegnehme, worinnen sie sich denn keinesweges hat zuwidergeleget, sondern bereit dazu gewesen, haben sie nach ihm hingesandt, wie er aber nirgends anzutreffen gewesen und sie immer schwächer geworden und an Kräften sehr abgenommen, hat sie zu dem Praeposito gesagt, sie wolle dieserwegen ihren Liebsten um 14 Tage vor Gottes Gerichte citiren, daß er ihr fälschlich nachgeredet, als hätte sie mit ihrem eigenen Hofmeister geh . . .t, und die Advocaten wären auch viel Schuld daran, daß sie in Uneinigkeit gelebet, und darauf verlanget sie nun des andern Morgens um 10 Uhr das heilige Abendmahl; wie nun der Tag als der 11. Nov. (1721) kommt und der Prediger um die

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bestimmte Zeit das heilige Abendmahl geben will, ist sie eine Stunde vorher gestorben. - Wie solches ihr Mann erfähret, bekümmert er sich sehr und nimmt es gar wohl zu Herzen, so gar, daß er von Tag zu Tag immer schwächer wird, und da er merket, daß sein Ende nahe und nicht lange mehr leben wird, verlanget er auch den Präpositus Reinbeck, welcher denn kommt zu ihm und fraget, was sein Anbringen sei, als ersuchet er dem Praeposito, nachdem er ihm alles vorher erzählet, wie er bis dato in der Welt gelebet, allen denenjenigen um Verzeihung zu bitten, welche er beleidiget, daß sie es ihm doch vergeben möchten, er wäre niemand feind und wollte seinen Beleidigern alles gerne vergeben, und seine creditores könnten alle von seinem Nachlaß befriediget werden und sollte keiner dabei zu kurz kommen, damit sie ihm nicht nachfluchten, und darauf verlanget er auch des andern Morgens als um 9 Uhr den 21. Novembr. (1721) auch das heilige Abendmahl, worauf der Praepositus bereit ist, dasselbige ihm zu geben, und auch um die bestimmte Zeit sich einstellet, aber sehr erschrickt, wie er siehet, daß derselbe schon das Zeitliche gesegnet und gestorben ist. Gott behüte einen jeden Menschen doch für solchen Leben und Wandel und mache ein recht bereit, wenn die Erscheinung unsers liebsten Heilandes Jesu Christi sich nahet, auf daß wir sanft und selig in Jesu einschlafen können."

Dies ist die erbauliche und traurige Geschichte eines Rathgebers und Dieners des Herzogs Carl Leopold; in seinem, wie in vieler seiner Genossen Leben spiegelt sich klar und deutlich die beklagenswerthe Zeit, deren Nachwehen Meklenburg noch heute nicht überwunden hat!


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Beilage Nr. 1.

Bestallung des ehemaligen preußischen Kammer=Director Luben von Wulffen zum meklenburgischen Kammer=Director.


Von Gottes Gnaden Wir Carl Leopold Hertzog zu Mecklenburg, Fürst zu Wenden, Schwerin und Ratzeburg, auch Graff zu Schwerin, der Lande Rostock und Stargard Herr etc. .

Urkunden und bekennen hiemit, daß nachdem Uns des gewesenen Königl. Preußischen Geheimen=Hoff=Kammer=Rahts und Cammer=Directoris des Hertzogthumbs Magdeburg Christian Friedrich Luben von Wulffen besondere Qualitäten und in Finantzien, Domainen, Cammer=, Hoffstaats=, Commercien=, Schiffahrt=, Bergwerk= und anderen dergleichen Sachen erlangte Wissenschafften und hiebevor dem Königl. Preußischen Hause in die 24 Jahre getreu und nützlich geleistete Dienste, wie auch, daß Er ein Mann sey, welcher Sich weder durch Geschencke oder anderen privat Absichten verblenden und von den Seinem Gnädigsten Herrn geleisteten Eydes= oder anderen Pflichten durch nichtes abwendig machen laße, dabey verschwiegen wäre und allemahl ohne Ansehen der Person, Sein Ambt treulich verrichtete, noch sonst wegen besorgenden Haßes, Neides und Verfolgung willen, Seines gnädigsten Herren hohes Interesse versäumete, vor Anderen unterthänigst angerühmt worden, Wir selbigen in solcher Consideration, und weilen Er von Selbst eine besondere unterthänigste devotion, vor Unsere hohe Fürstl. Person und Dienste ergebendlich verspühren laßen und dahero die Ihme sonsten wol anderwertig angetragene Dienste in solchem egard zurücke gesetzet hat, ja gar die Zeit Seines Lebens nunmehro gäntzlich entschloßen, Uns Alleine treue und unterthänigste Dienste, mit Auffsetzung Guhtes und Bluts zu leisten, indeme Er von Unserer Fürstl. Gnade und Clementz versichert ist, daß Wir treue und redliche Dienere wol belohnen und Uns derselben gnädigst annehmen, Sie wieder Ihre Feinde schützen, Niemand ungehöret und unverschuldet beleidigen laßen, sondern vielmehr nach Befinden ihrer Unschuld, denenselben gebührende Justice verschaffen laßen, auch dergestallt gegen Unsere getreue Dienere gerecht und erkändtlich erzeigen, damit also dadurch dieselbe umb so mehr auffgemuntert werden, nicht allein in ihrer Treue zu continuiren, sondern auch Sich ümb so mehr befleißigen, ihre Treue und Eyfer thätig vor Anderen zu erweisen, verständiget

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worden, zu Unserem Raht und Cammer=Directorem Unserer Geheimbten Cammer= und Renterey in Gnaden auff= und angenommen; Thun auch solches hiemit und Krafft dieses dergestalt und also, daß Uns und Unserem Fürstl. Hause, Er jeder Zeit getreu, gehorsamb und gewärtig seyn, in allen obbenandten Cammer=, Domain - und Finantzien - Sachen, nach Seinem besten Wißen und Gewißen, auch äußersten Vermögen Unser hohes Interesse überall suchen und befordern, Schaden und Nachtheil hingegen abwenden, noch zugeben, daß dergleichen von denen Ihme untergebenen Cammer=Bedienten, Beambten oder sonsten Jemanden verursachet werde, sondern Jedermänniglich zur Treue, Redlichkeit, Fleiß und Sorgfalt anmahnen, auff deren Thun und laßen gute Acht haben, Unsere Cammer= und Finantz - Sachen, auch Aembtere und Domainen, mit Fleiß untersuchen, Verordnungen und Rescripta, nach besten Wißen und Gewißen angeben und außfertigen, Unsere der Cammer abzulegende, in Specie die General-Renterey=Rechnungen, fleißig examiniren, darüber nach Befinden Seine Notata machen, diejenige, die von importance sind, Uns zur gnädigsten decision unterthänigst vortragen, die übrigen aber nach dem Cammer=Reglement collegialiter abthun, auch über die einlauffende Berichte nicht allein der Gebühr von Unseren Cammer=Räthen votiren lassen, jährlich von jedem departement, Ambte und anderen Einkünften eine accurate und particulier - Bubrique von Einnahme und Außgabe vorläuffig verfertigen, sondern auch Uns Monahtlich einen exacten Cammer=Extract, waß von vier Wochen zu vier Wochen eingekommen und außgegeben worden, Uns Selbsten unterthänigst zur Hand stellen, mithin daraus einen general provisionellen Estat aller Unserer Einkünffte und Außgaben verfertigen und selbigen zu Unserer gnädigsten Approbation gehörig abwarten, und darüber Seine Pflichtmäßige Vorstellungen thun, wie eine jede Uns zugehörige domaine und andere Stücke der Einnahme ohne Beschwer Unserer Unterthanen verbeßert, dadurch Unsere Fürstenthümere, Lande und Einwohnere in beßerem flor und Auffnahme gebracht, wie ein oder ander Stücke, ohne Abgang Unserer Fürstl. Hoheit und Etat, in der Außgabe bestmöglichst mesnagiret und verbeßert werden könne, über Unsere bereits vorhandene, oder noch zu ertheilende Cammer=, Hoffstaats=, Zoll=, Licent -, Aembtere=, Jagd=, Mühlen=, Schäffer= und anderen Ordnungen fest und unverbrüchlich halten, und von denen Ihme Untergebenen halten laßen, auch dahin sehen, daß ein jeder seiner Bestalluug und Instruction gemäß sein Ambt getreulich verrichte, auch auff Unsere Cammer =Archiv, damit alle documenta und Geheime Estats und Landes=Angelegenheiten zur ordent=

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lichen Registratur gebracht und nichtes davon entdecket noch entwand werde, gute Ordnung und Auffsicht zu beschaffen, daß von Niemanden, wer er auch seye, ohne Vorbewust Seiner aus der Cammer etwas genommen, noch dergleichen außerhalb einige expeditiones geschehen mögen, und alldiejenige Stücke, so von Unseren domain und Pertinentien biß hieher entwand, oder von Jemand unrechtmäßiger weise beseßen, genutzet und gebrauchet worden, wieder zu Unserem Estat und Cammer gebracht, die mit Schulden behafftete domainen, Stücke und Aembtere, wieder eingelöset, die übel administrirte oder zu gering verpachtete Aembtere und deren Pertinentien auff einen beßeren Fueß gesetzet, alle geschehenen Malversationes getreulich untersuchet und geahndet, folglich Unser Interesse in allen auffs genaueste beobachtet werde, auch übrigens in allen sich also erhalten solle und wolle, wie es einem redlichen, treuen, auffrichtigen und erfahrnen Cammer=Directori cygnet und gebühret, und worzu Ihn von Uns Ihme vor und nach zu ertheilen seyende gnädigste Instruction und Ordres verweisen und verbinden werden. Daferne Er auch von Unseren Fürstl. Mecklenb. Hauses Estat und Landes=Geheimnißen etwas erfahren oder Ihme anvertrawet werden möchte, solche ohne expressen gnädigstem Befehl Niemanden offenbahren, sondern es biß in seine Sterben=Grube getreulich verschweigen und geheimb halten solle. Dahingegen nun für solche Uns also zu leisten habende getreue Dienste aus obangeführten Ursachen, weil Er Uns und Unserem Fürstl. Hause alleine Zeit Lebens und sonst keinen Anderen getreu und redlich zu dienen, auch Guht und Blut bey Unserer Fürstl. Person und Diensten zuzusetzen und nichtes anders, als Unser wahres Fürstl. Interesse, vor Augen zu haben Sich anheisig gemachet, haben Wir Ihn nicht allein, wie obgemeldet, zu Unserem Raht und Cammer=Directorem der Geheimbten Cammer und Renterey in Gnaden bestellet und angenommen, sondern auch zu Seiner Subsistentz und Außkommen, und damit Er keine verbohtene Wege ümb Geld zu erlangen, eintreten, oder auff eine andere Ihme nicht anständige Arth, Ursache haben dürffte, solches zu suchen, auch daß Er das Seinige nicht dabey zuzusetzen nöthig habe, sondern Sich Standmäßig aufführen könne, Ihme jährlich in zweyen gewöhnlichen Terminen Eintausend Rthlr. Meklenb. Valeur, nebst Futter und Mahl auff vier Pferden, verschreiben, und gegen deßen Quitung gnädigst reichen laßen wollen, und soll solcher Gehalt weilen Er unterthänigst vorgestellet, daß Ihme die anhero Reyse von Wien über 600 Rthlr. gekostet, aus besonderen Fürstl. Gnaden in solcher gnädigsten Consideration vom 1. Juli 1714 seinen Anfang nehmen; Wobey Wir Ihme auch, bey Unserem

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Fürstl. Worte, weilen Wir gnädigst wol wißen, daß derjenige, welcher absonderlich in Cameral - Sachen, Seinem gnädigsten Herrn treu, redlich und ohne Ansehen der Person dienet und gerade durchgehet, auch keine Feindschafft noch Verfolgung achtet, von Jedermann, absonderlich von denenjenigen, so darunter leiden und welchen bey der neuen Einrichtung etwas abgehen möchte, gehaßet, verfolget und verläumbdet wird, gnädigst versprechen und versichern, daß Wir denselben allemahl, wann was wieder Ihme angebracht oder sonst Schuld gegeben werden solte, demselben solches zu seiner genugsamen Verantwortung communiciren, über alles, als ein Gerechtigkeit liebender Herr, Ihn darüber gnädigst vernehmen und also Seiner ungehört keine Ungnade auff Ihn werffen, sondern nach Befinden demselben zulängliche Satisfaction verschaffen wollen. Und da Uns Er auch mehrgedachter Unser Raht und Cammer=Director unterthänigst versichert, daß Er Unsere Finantzen und domainen in vielen Stücken, ohne Bedrückung Unserer Unterthanen, Fürstenthumb und Lande, sondern vielmehr mit Auffnahme derselben, auff ein Ansehnliches mit der Zeit verbeßern könte und wolte, worüber Er Uns dann alle Anweisung unterthänigst vorzustellen hat, und dabey devotest außgebehten, daß Wir Ihme von solcher Verbeßerung Zeit Lebens Fünff pro Centum Zukommen laßen möchten, welches Wir dann demselben solchenfals in Gnaden hiemit versprechen und es also genießen laßen wollen. Zu Uhrkund deßen, haben Wir diese Bestallung Eygenhändig unterzeichnet, mit Unserem Fürstl. Insiegell bedrücken, in duplo außfertigen und zu Festhaltung obigen allen, ein gleichlautendes Exemplar von Ihme Eydlich unterschreiben, besiegeln und in Unserem Cammer=Archivo verwahrlich beylegen laßen. Gegeben in Unserer Residentz und Vestung Rostock, den 9. January, Anno 1715.

Nachdem des Herrn Hertzogs Caroli Leopoldi zu Mecklenburg, Schwerin und Güstro Hochfürstl. Durchl. mich Christian Friedrich Luben von Wulffen obbeschriebener maßen zu dero Rath und Cammer Directorem gnädigst bestellet und angenommen haben; So schwere ich hiermit einen leiblichen Eyd zu Gott und auff Sein heiliges Evangelium, daß ich obigen gantzen einhalt dieser mir also vorgesetzten und gnädigst ertheilten Bestallung in allen seinen puncten und clausulen getreulich, redlich und aufrichtig nachkommen wolle. So wahr helffe mir Gott hier zeitlich und dort ewiglich durch Jesum Christum Amen. Uhrkundlich habe dieses eigenhändig unterschrieben und

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mit meinem angebohrnen Adelichen Petschafft besiegelt. So geschehen Rostock den 15. January 1715.

                    (L. S.)

Christian Friderich Luben von Wulffen.     

Nach dem Originale im großherzogl. meklenburg. Geh. und Haupt=Archive zu Schwerin. Das untergedruckte Siegel des Luben von Wulffen hat einen längs getheilten Schild, rechts mit einem gekrönten Adlerkopf auf drei Querbalken, links mit einem aufgerichteten Wolf, und auf dem Helme einen laufenden Wolf.


Beilage Nr. 2.

Patent des Herzogs Carl Leopold über die beabsichtigte Einführung der Erbpacht in die Domainen.


Von Gottes Gnaden Wir Carl Leopold, Hertzog zu Mecklenburg, Fürst zu Wenden, Schwerin und Ratzeburg, auch Graff zu Schwerin, der Lande Rostock und Stargard Herr, Thun kund und fügen hiermit jedermänniglich zu wissen, nachdem wir gnädigst resolviret, einige Meyerhöffe, wenn sich bei jetzt vorseinder Verpachtung nicht Pensionarien finden sollten, welche ohne Dienste der Unterthanen und nicht, wie bißhero geschehen, da ihnen der Unterthanen Dienste mit angeschlagen und verpachtet worden, in Pacht nehmen wollen, beständig zu verpachten und darauff Freyleute anzusetzen, wann sich dazu Leute finden, welche solche ohne Dienste der gedachten Unterthanen annehmen und die dabey verhandene Wirthschaffts=Gebäude, als Wohnungs=Häuser, Scheuren, Ställe und dergleichen nach den Wehrt und billigmäßigen Taxe, wie sie jetzo im Stande und befindlich sind, wie auch das dabey verhandene Inventarium an Vieh, Aussaat, nebst dem Dünger= und Pflug =Lohn, desgleichen andern Geräthe, so zur Wirthschaft gehörig, ebenfalls nach dem Wehrt baar bezahlen und solche Meyerhöfe, nach deren Situation und Vielheit der Felder und Aussaat, mit mehrern Neben=Pächtern, Freyleuten und Einwohnern besetzen lassen wollen, ümb Unsere getrewe Unterthanen von der bißherigen beschwerlichen Dienstes=Last und Leib=Eigenschafft zu befreyen, wovon einem jeden, wer dazu Belieben trägt und einen beständigen und festen Sitz erblich haben wil, damit er nicht besorgen dürffe, daß er von einem andern über wenig Jahren wieder ausgetrieben und übersetzet werden, sondern vor sich und seinen Erben

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nach Gefallen das in Frey=Pacht habende Stück verbessern und in Haußwirthlichen Standt bringen könne, bey jetzt vorseinder Verpachtung der auff Johannis dieses Jahres Pachtlos seynden Ambtern, Meyerhöffen und andern Pertinentien, vorhero auff Unserer Cammer alhier die Conditiones vorgeleget und zu wissen gethan, auch alsdann mit mehrern davon informiret werden soll, wozu ein jeder, wes Standes er auch sein mag, absonderlich aber Baurs=Leute, welche gute Wirthe und des Vermögens sind, oder sich und ihre Kinder zu Frey=Leute machen und aus der beschwerlichen Leibeigenschafft setzen wollen, so Wir ihnen dabey verschreiben wollen, admittiret und dazu angenommen, auch desfals mit ihnen verbindliche Contracte geschlossen und unter Unser eigenhändigen Unterschrifft und Besiegelung ausgehändiget werden sollen. Weiln sich aber, dem Verlaut nach, einige unterstehen sollen, denn Leuten, so bereits sich zu solchen Pachtungen angegeben und belieben dazu haben, davon wiedrige Meinungen beyzubringen und dieselbe, wegen ihres dabey habenden Eigennutzes, davon abzuhalten; So haben Wir davor männiglich warnen wollen, sich dergleichen ferner zu enthalten, wiewoll Wir zu jedem getreuen Unterthan das gnädigste Vertrauen haben, daß er sich an dergleichen Geschwätze nicht kehren, sondern seine eigene Wollfahrt diesen vorziehen, und Uns diejenige, welche sich dessen unterstehen möchten, anzeigen wird, damit Wir solche Leute, andern zum Exempel, zur gebührenden Straffe ziehen können. Geben in Unserer Residentz, Stadt und Vestung Rostock den 19. Februarii Anno 1715.

Carl Leopold.                (L. S.)

 

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