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Seit 1842 sind die Siegel der Städte Meklenburgs gesammelt worden und die Jahresberichte haben seitdem Nachricht von dem Erfolg der Bemühung gegeben, die von vielen Seiten sehr günstige Unterstützung gefunden hat. (Jahresbericht VII, S. 55; VIII, S. 88; IX, S. 28; X, S. 17). Jetzt ist die Sammlung, so weit möglich war, vervollständigt und geordnet.
Es ergiebt sich aus derselben, daß folgende Städte noch die mittelalterlichen Stempel bewahrt haben: Parchim, Crivitz, Gadebusch, (das Secretum), Grevismühlen (Sigillum und Secretum), Neustadt (vgl. Jahresber. I, S. 29), Schwerin (großes und kleines Secretum), Boitzenburg, Maschin, Penzlin, Plau, Ribnitz, Sültze haben die Sigilla. Von Rostock und Wismar ist es nicht zu ermitteln gewesen und von den Strelitzischen Städten hat Neubrandenburg noch ihr älteres Secretum, der alte Stempel von Strelitz ist in der großherzogl. strelitzischen Alterthümersammlung; in Friedland sollen die alten Stempel noch vorhanden sein, jedoch sind keine Abdrücke davon zur Vereinssammlung gekommen.
Die Siegelstempel der übrigen Städte, welche jetzt im Gebrauche sind, sind neu und haben zum größten Theil die Jahrszahl ihrer Anfertigung in der Umschrift: so Brüel 1820; Neu=Bukow 1729; Dömitz 1620, 1653 und 1834; Grabow 1797, 1824 und 1841; Hagenow 1628; Kröpelin 1774; Lübz 1805; Malchow 1707 und 1769; Neustadt den 27. Julii 1728; Waren 1697, 1692 renov. 1804; Goldberg 1590 und 1630; Neu=Kalden 1701; Röbel 1707; Schwan den 17. März 1771; Sülte 1719; Tessin 1590; Wismar 1802; Schönberg hat das Jahr, in welchem es die Stadtgerechtigkeit erhielt, 1822.
Die Bilder dieser Städtesiegel, indem wir zunächst die schwerinschen berücksichtigen, sind folgende:
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1) Der Stierkopf , und zwar:
a. ohne Beizeichen bei Rehna, Neu=Kalden 1 ), Krakow, Lage 2 ) (ungekrönt), Stavenhagen (auf dem ältern Siegel ungekrönt, auf dem neuern gekrönt), Sülze;
b. mit Beizeichen: das alte große Siegel von Rostock zwischen Stern und Mond 3 ); Parchim, ungekrönt zwischen 2 Kleeblättern und mit einem Hirschgeweih zwischen den Hörnern 4 ); Neu=Bukow, ungekrönt mit einem Baum zwischen den Hörnern; Gadebusch im gespaltenen Schilde vorn den Stierkopf, hinten einen Baum 5 ), während das alte Secretum beide Bilder im Siegelfelde hat; Malchin stellt an beide Seiten des Stierkopfes einen gezinnten Thurm und darüber ein Kreuz auf dem großen Siegel 6 ), läßt aber auf dem Secretum die Thürme weg und setzt das Kreuz zwischen die Hörner 7 ), Marlow hat einen Greif zwischen den Hörnern, Ribnitz giebt ihm auf dem alten Siegel zwei Fische zur Seite 8 ) und Sülze stellt ihn auf dem alten Siegel zwischen 2 Blätter über Wellen 9 , Lübz giebt ihm 2 Sterne zur Seite.
c. Ganze Stierköpfe in Umgebung finden sich auf dem alten großen Siegel von Grevismühlen, wo er in einem Mühlrade 10 ), und bei Plau, wo er von einem gezinnten Gemäuer eingeschlossen ist 11 ).
d. Halbe Stierköpfe. Grevismühlen hatte im alten Secretum einen halben Stierkopf und ein halbes Rad aus dem großen Siegel monogrammatisch verbunden; dies ist das neue Siegelbild in einem Schilde geworden 12 ). Gnoien hat vorne eine halbe Lilie und hinten einen halben Stierkopf 13 ). Penzlin
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hat vorne im gespaltenen Schilde den halben werleschen Stierkopf und hinten 10 mal gestreift 14 ). Röbel stellt ihn gleichfalls vorn, und hinten einen aufgerichteten Schlüssel 15 ). Sternberg hatte vorne einen halben Stern und hinten einen halben Stierkopf 16 ), hat jedoch in neuern Zeiten die Bilder umgestellt. Tessin giebt dem halben Stierkopf einen Stern zwischen die Hörner und hat hinten eine halbe Lilie. Wismar, das ihn gleichfalls vorn stellt, theilt die hintere Hälfte viermal von Silber und Roth 17 ).
2) Der Greif findet sich auf dem Secretsiegel von Rostock seit den ältesten Zeiten 18 ) und in spätern Stadtsiegeln wird er auf einen Balken gestellt; er ist auf dem ältern Secret und den neuern Siegeln von Ribnitz 19 ); Stavenhagen hatte ihn auf seinem alten großen Siegel 20 ), hat ihn aber später mit dem Stierkopf vertauscht. Wachsend im blauen Felde auf einem Balken über einem silbernen Schildesfuß ist er das Bild der Neustadt Schwerin, wovon jedoch nur die Stadtgerichtssiegel bekannt sind.
3) Stadtzeichen als Thore oder Burgen gebildet, haben außer Plau, dessen schon erwähnt ist, Crivitz mit dem getheilten Schilde der Grafen von Schwerin zwischen 2 Rosen in der untern Bogenhalle 21 ), dann Dömitz und Malchow, welches ein Herz zwischen die Thürme über das Thor stellt 22 ). Neustadt hat ein Gemäuer mit dem überragenden Brustbilde des heil. Petrus, zu beiden Seiten einen Schlüssel 23 ). Waren stellt auf den alten Siegeln zwischen zwei großen Thürmen einen halben Stier, der den Kopf vorwärts kehrt, und darüber einen Helm mit zwei überschränk gelegten Bischofsstäben, zwischen denen ein Kreuz. In
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den neuern Siegeln ist an die Stelle des Stiers der Kopf getreten und Helm und Stäbe sind weggeblieben 24 ). Wittenburg hatte früher ein großes Siegel mit einem Thurm über dem Thore und zwei Seitenthürmen, auf welchem jeden ein einwärts gekehrter Lindwurm sitzt 25 ), späterhin, wie auf dem Secretsiegel der frühern Zeit 26 ), in der hintern Hälfte des gespaltenen Siegelfeldes ein Stadtzeichen und vorne einen an die Theiungslinie hinaufkriechenden Lindwurm aus den gräflich schwerinschen Siegeln. Boizenburg hat ein gar stattliches Thorgebäude 27 ) und haben sich durch Schuld der Siegelstecher die Dächer der Seitengebäude in Schilde verwandelt, welche gespalten sind und die auswärts gekehrte Seite balkenweise gestreift haben. Goldberg stellt zwischen zwei Thürme einen Stierkopf 28 ).
4) Heiligenbilder finden sich auf dem Siegel von Hagenow 29 ) und der Kopf des heil. Petrus mit den Schlüsseln auf dem alten Stadtsiegel von Neustadt 30 ). Grabow hatte früher den heil. Georg in seinem großen Siegel 31 ).
5) An die Gründer der Städte erinnern mehrere Siegel, vor allen Schwerin, welches das Bild des Herzogs Heinrich des Löwen von Sachsen in ganzer Figur zu Roß mit dem Löwenschilde am Arme zeigt 32 ), dann, wie bereits erwähnt ist, Crivitz und Wittenburg, welche Bilder aus den Siegeln der ehemaligen Grafen von Schwerin, ihrer Stifter, aufbewahrt haben. Bützow hat von den Bischöfen von Schwerin die Inful, welche früher über zwei Bischofsstäben stand 33 ), die jetzt durch dieselbe gesteckt sind, und Warin, welches von denselben seine 2 Bischofsstäbe im verzierten Schilde angenommen hat.
6) Eigene Stadtwappen haben: Brüel, getheilt, oben ein halber Stern und ein halber Stierkopf an einander gefügt, unten 3 Aepfel; Grabow ein Halbmond links gekehrt und 3 Sterne; Teterow im Schilde ein Helm mit 3 Straußfedern und auf dem
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Helme, der den Schild deckt, 3 Rosen an langen Stielen 34 ). Güstrow hat beständig einen ganzen Stier geführt, der vor einem Rosenstocke steht 35 ). Den Namen andeutend sind die Bilder von Kröpelin, welches einen kriechenden Bettler oder Krüppel (plattdeutsch "Kröpel") unter einem Schilde mit dem Stierkopf 36 ), und Schwan, welches einen Schwan zeigt, vielleicht ist auch der Baum auf dem Stierkopfe von Neu=Bukow hieher zu rechnen.
7) Ein Schiff auf Wellen, in denen 2 Fische schwimmen, mit dem Stierkopfe auf einem Schilde am Maste und einem Papagei auf dem Bugspriet hat das alte große Siegel von Wismar 37 ).
Die Umschriften dieser Siegel sind fast überall: Sigillum (Secretum) Civitatis . . . . und neuer Siegel der Stadt . . . . oder Stadtsiegel von . . . . ; die Bezeichnung als Sigillum burgensium, die sich auf den alten Siegeln von Rostock und Stavenhagen und auf dem Secretum von Wismar, Grevismühlen, Ribnitz und Sternberg findet, desgleichen das Sigillum Civium in Gnoien hat den neueren gewöhnlichen weichen müssen. Als Siegel des Raths (Secretum consulum) bezeichneten sich früher Gadebusch, Malchow, (Signetum Consulum) Güstrow, (Burgermeister Rathman tho S) Schwan, (Secretum senatus reip. Rost.) Rostock und jetzt das neue Rathssiegel der Stadt Schwerin. Oppidum nannten sich Warin und Hagenow, und Neustadt zuerst nova civitas Gleve, dann um 1588 nova civitas mech. und jetzt seit dem 27. Juli 1728 Neustadt in Mecklenburg; auch Plau gab um 1620 das Vaterland (Meg.) auf dem Siegel an. Das alte große Siegel von Schwerin hatte die Umschrift Dux hinricus et secretum civitatis zwerin, Grabow bezeichnete auf dem alten Siegel den Schutzheiligen mit dem Namen Sctus Georgius, Wismar nannte sein kleines Siegel Signum wismariense.
Die Veränderungen, welche die Stadtsiegel erlitten haben, sind im Ganzen nicht sehr bedeutend und müssen zum Theil auf Schuld der Siegelstecher geschoben werden. Dahin ist besonders zu rechnen, daß der werlesche Stierkopf (ohne Ring und Halsfell) fast überall in den meklenburgischen verwandelt ist, daß Waren die Hälfte seines Stiers verlor und nur den Kopf behielt, daß Boitzenburg statt der Dächer der Thorgebäude Schilde be=
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kommen hat. Die Bilder der großen Siegel sind von Rostock, Wismar, Malchin, Grevismühlen und Wittenburg aufgegeben und ist dafür das Bild der wohl eben so alten Secretsiegel aufgenommen worden. Stavenhagen nahm statt des Greifes der ältesten Zeit den Stierkopf, und Ribnitz gab den Stierkopf auf und nahm dafür den Greif an; Neukalden ließ das alte Stadtthor und Sülze die Wellen und Blätter weg, welche früher Beizeichen des Stierkopfes waren und nahm ihn allein auf, Neustadt fügte dem heil. Petrus eine Mauer bei, Hagenow gab seinem Heiligen die ganze Gestalt. Ueber die Veränderung des grabowschen Siegels, das 1363 den heil. Georg und etwa seit dem 18. Jahrhundert Mond und Sterne zeigt, fehlen die leitenden Andeutungen. Ganz unerklärlich ist es, daß Gnoien sein uraltes, auf seinen Münzen des Mittelalters vorkommendes Stadtzeichen aufgegeben hat und ein Stadtsiegel gebraucht, worin sich vorne ein links gekehrter Greif mit einem Schwerte und hinten ein ganzer Stierkopf zeigt.
Von den Siegeln der Städte im stargardischen Kreise erinnern an die Zeit der brandenburgischen Herrschaft zunächst Friedland, welches neben dem Adlerschild die Bilder der Stifter, der Markgrafen Johann und Otto, unter einen Bogen mit 3 Thürmen stellt 38 ), dann Woldegk, welches einen Adler mit einem Ring im Schnabel auf einen Eichenstamm sitzend führt, Stargard, welches einen Adler im Schilde hat, und beziehungsweise auch Neubrandenburg durch den mit Federn geschmückten Helm zwischen den beiden Thürmen des Stadtthors 39 ). Den stargardischen Arm haben Fürstenberg und Neustrelitz, letzteres vorn in einem gespaltenen Schilde und hinten den Stierkopf und zugleich hat dies Siegel auch die Schildhalter des meklenb. herzoglichen Wappens. Altstrelitz hat in seinem Siegel 40 ) die Wappen seiner Stifter, der Grafen Otto und Ulrich von Fürstenberg (aus dem Geschlechte der v. Dewitz) bewahrt, indem es vorne von den drei dewitzischen Bechern einen ganzen und einen halben, und hinten von dem gerauteten Schilde, welches die Grafen von Fürstenberg führten, einen Theil zeigt und beide Bilder im gespaltenen Schilde verbindet. Wesenberg hat auf einer Mauer drei Thürme, von denen die äußeren mit Adlerköpfen, neuerdings mit Schwänen gegipfelt sind.
Die Umschriften sind auch hier die gewöhnlichen und die Burgenses in den alten großen Siegeln von Neubrandenburg
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und Friedland sind der Civitas gewichen und das neustrelitzische weiset sich als das des Magistrats in der Residenz-Stadt aus. Bei Wesenberg Insiegel : : Bur . . . Stadt Wesenberg bleibt es ungewiß, ob Bur eine Abkürzung von Bürger der Stadt sein soll oder ob es Bauerstadt statt Landstadt bezeichnet.
Da nur von Neubrandenburg, Friedland und (Alt) Strelitz die alten Siegel bekannt sind, so lassen sich die Veränderungen, welche diese Siegel etwa erlitten haben, nicht angeben. Die beiden ersten haben ihre uralten Stadtzeichen, im Ganzen genommen, treulich bewahrt, dagegen sind die neuen Siegel von Strelitz im hohen Grade entstellt worden, so daß der halbe Becher wegblieb und statt der Rauten Fahnen aufgenommen sind, wodurch denn dies Siegel die große heraldische Bedeutung, welche das alte in der monogrammatischen Verbindung beider Wappenbilder hatte, gänzlich verlor.
Im Fürstenthum Ratzeburg ist Schönberg, welches 1822 zur Stadt erhoben ward, wie auch das Siegel, das es damals bekam, die Jahrszahl aufbewahrt; das frühere Städtlein ist von jeher siegellos gewesen. Das Siegel der Stadt zeigt einen Schild mit den Landesfarben roth, blau und gold und einen rothen Mittelschild mit einem silbernen Ankerkreuze. Daß dieses Kreuz, welches das Fürstenthum Ratzeburg anzeigen soll, die Gestalt erhielt, in welcher dies Bild in den Siegeln der erloschenen güstrowschen Linie des herzoglichen Hauses vorkommt, ist unhistorisch; es mußte, da das Fürstenthum von der schwerinschen an die strelitzische Linie überging, das gekrönte Kreuz sein. Ueber dem Hauptschild steht eine Mauerkrone und er ist von Rauten umgeben.
G. M. C. Masch.