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Oben S. 9 und 27 ist bei der Untersuchung über das Land Bisdede, welches sich vom parumer See gegen Osten hin erstreckte, die Vermuthung aufgestellt, daß die in den Zügen der Dänen nach Wenden erwähnte Burg in dem großen See die Burg Bisdede in dem See Bisdede oder gutowschen See bei Güstrow sein könne. Zur Erforschung dieses Burgwalles und anderer historischer Merkwürdigkeiten begab ich mich daher im Interesse des Vereins am 14. Mai 1847, nach Vollendung des Druckes des ersten Theils der Jahrbücher, nach Güstrow und fand hier glücklich eine Burg, welche jedenfalls die vorzüglichste Fürstenburg jener Gegend in heidnischer Zeit oder eine Gauburg war und wohl ohne Zweifel die Hauptrolle spielte, ehe Güstrow erbauet ward.
Der Burgwall liegt, ungefähr 1/2 Meile von Güstrow, auf einer Landzunge, welche mit der Schöninsel den See Bisdede (Inselsee) in den rosiner See nördlich und den gutower See
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südlich scheidet und von der Feldmark des Dorfes Bölkow ausgeht, grade zwischen diesem Dorfe und der Schöninsel, dort wo er auf der großen schmettauschen Charte eingetragen ist; er ist auf einer Insel mit festem Boden aufgeführt und hängt im Westen jetzt mit dem festen Lande des Dorfes Bölkow durch eine lange, tiefe Wiese zusammen, welche bei nassem Wetter schwer zugänglich ist und in frühern Zeiten einen tiefen Sumpf gebildet haben muß. Auch gegenüber an der Schöninsel liegen Wiesen, welche auf Sumpf "schwimmen", und große Rohrplaggen.
Der Burgwall liegt fast noch so, wie er zerstört ist, da der Boden nicht fruchtbar ist und daher von den Bauern in Bölkow nicht gerne beackert wird. Er ist oben noch mit einem Walle oder einer Brustwehr von etwa 10 Fuß Höhe umgeben, der innere Raum der Burgfläche bildet also eine große, kesselförmige Vertiefung. In alten Zeiten waren die wendischen Burgwälle alle mit einem Erdaufwurfe am Rande umgeben; so hatte Ilow noch im 16. Jahrh. einen Schutzwall auf den Rändern des Burgwalles (vgl. Jahrb. VII, S. 165). Da die bekannten Burgwälle aber alle beackert sind, so sind ihre Flächen, wie auf Ilow, alle geebnet. Der Burgwall von Bisdede ist daher wohl der einzige alte Burgwall im Lande, welcher noch seine ursprüngliche Gestalt hat.
Die Insel des Burgwalles bildet ungefähr ein regelmäßiges Viereck; daher erscheint die durch Aufführung eines Ringwalles entstandene kesselförmige Vertiefung der Oberfläche fast ganz rund und dieser Burgwall wird dadurch den sogenannten Ringwällen anderer Länder sehr ähnlich. Der Ringwall, welcher hart auf dem Rande steht, hat auf seiner Höhe einen Umfang von 210 Schritten. Der Burgwall fällt schroff in den See und in die Wiese ab und hat von außen ungefähr eine Höhe von 50 Fuß. Gegen Süden, nach der Richtung der Stadt Güstrow, liegt auf dem Wiesengrunde vor dem Burgwalle bis zum Wasser eine große, ebenfalls aufgetragene Erhöhung etwa 10 Fuß Höhe, die Vorburg, auf welchem wohl die Bevölkerung zur Burg wohnte.
Den sicheren Beweis für die Bedeutung dieses Burgwalles liefern die auf demselben gefundenen Topfscherben. Schon beim ersten Schritte auf das feste Land der Vorburg leuchteten aus der schwarzen Erde die bekannten Scherben aus der heidnischen Zeit entgegen. Ueberall ist der Burgwall und die Vorburg mit unzähligen Scherben bedeckt, welche den Scherben der übrigen heidnischen Fürstenburgen gleich sind: mit Granitgrus durchknetet, mit parallelen Kreisen oder mit Wellenlinien verziert, wie sie oben S. 436 flgd. geschildert sind, und am offenen Feuer gebrannt. Auch fanden sich häufig röthlich gebrannte Reste von
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Lehmklumpen oder "Klehmstaken" von den Gebäuden. Dagegen ward keine einzige festgebrannte, schwarze oder blaugraue Scherbe, kein einziges Ziegelfragment aus christlicher Zeit gefunden.
Auch auf dem festen Lande vor dem Dorfe Bölkow, welches von dem Burgwalle durch eine Seebucht getrennt ist, fanden sich auf der Fläche nach dem Wasser hinab überall dieselben heidnischen Scherben von derselben Art. Dies redet noch mehr für die Auffindung der Burg Bisdede, da (vgl. oben S. 27) die Sagen melden, daß die Burg in der Nähe eines Dorfes gelegen habe, und für die Treue der alten Geschichtschreiber, welche sich auch für die Burg Ilow in den geringsten Einzelnheiten bewährte.
Für die alte Bedeutung der Burg redet auch noch der Umstand, daß bei der Christianisirung des Landes Güstrow die nächsten Umgebungen der Burg Bisdede Domainen waren, indem das Domstift Güstrow 1226 mit den Dörfern Gantschow, Gutow, Bölkow (mit Badendik) dotirt und das Kloster Michaelstein im J. 1229 mit den Dörfern Rosin beschenkt ward.
Da alle diese Dörfer unter Bauerwirthschaft kamen, so ist von Nachrichten und Sagen nirgends eine Spur. In Bölkow erzählte man mir jedoch: früher habe an der Stelle des Burgwalles ein Sandberg gestanden; als ein Mädchen zu einer Zeit, wo es nicht erlaubt gewesen sei, von dort Sand habe holen wollen und die Schürze schon mit Sand angefüllt gehabt habe, sei das Schürzenband gerissen und der Burgwall plötzlich entstanden. Auch sagte man, ein großer Granitblock, welcher am Fuße des Burgwalles im See liegt, sei von einem Riesen im Kampfe mit einem andern Riesen dorthin geschleudert, ein kleinerer Stein im Wasser soll von dem andern Riesen dahin geworfen sein.
Der andere, auf S. 27 Not. erwähnte "Burgwall" im Klueßer Forstrevier ist weit, über eine halbe Stunde von diesem Burgwalle von Bisdede entfernt. Er liegt dem Dorfe Kirch=Rosin grade gegenüber, jenseit der Nebel, dicht an derselben, in dem Holze, welches auf der schmettauschen Charte "In Stamen" bezeichnet ist. Er besteht aus zwei "Burgplätzen", wenn man sie so nennen soll. Der hinterste, größere ist nur eine wenige Fuße erhöhete Horst, ringsum von einem tiefen Ellernbruch umgeben, viereckig, 120 Schritt lang und breit. Genau am Rande ist dieser Platz rings mit Fliederbüschen besetzt und daher wird er auch der "Fliederwall" genannt. - Vor dieser Horst liegt ein anderer viereckiger, ebenfalls wenig erhöheter Platz, welcher rund ist, 110 Schritte im Durchmesser hat, ebenfalls ganz in
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einem Ellernbruche liegt und am Rande von einem niedrigen, auch mit Fliederbüschen besetzten Walle umgeben wird. - Beide Wälle sind mit Buchen bewachsen.
Die Bedeutung dieses "Burgwalles" ist durchaus nicht zu ermitteln, um so weniger, da sich weder Scherben, noch sonst Spuren menschlicher Cultur, außer dem Ringwall und dem Flieder, auf ihm finden. Dergleichen niedrige Wälle und Horsten von Sümpfen umgeben, in einsamen Wäldern, finden sich öfter, ohne daß man sie deuten könnte. Vielleicht gehörten sie der ältesten Bevölkerung an.
G. C. F. Lisch.