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V. Zur Geschlechter= und Wappenkunde.


Verzeichniß des meklenburgischen Adels,

von

dem meklenburg=strelitzischen Minister

Christoph Otto von Gamm,

redigirt

um das J. 1775.


Der bedeutendste Genealog Meklenburgs, so viel sich nach den vorhandenen genealogischen Werken beurtheilen läßt, ist der wail. meklenburg=strelitzische Geheime=Rath und Minister Christoph Otto von Gamm auf Carow (geb. 19. Jan. 1721 † 1797). Mit den größten Anstrengungen und Opfern verfaßte er die Stammbäume oder " Genealogien der adeligen Familien, welche das Indigenatrecht besitzen" und eine "Beschreibung der ausgestorbenen Geschlechter;" das letztere Werk ist im J. 1780 beendigt, das erstere ist ohne Jahreszahl, jedoch um dieselbe Zeit redigirt, da der Verfasser die Geburt seines Sohnes Friederich Ludwig Otto von Gamm im J. 1783 nachgetragen hat. Die Original=Handschriften beider Werke, früher in der großherzoglichen Handbibliothek zu Ludwigslust, werden gegenwärtig im großherzoglich=meklenburgischen Geheimen= und Haupt=Archive zu Schwerin aufbewahrt.

Aus dem Nachlasse des wailand Ministers von Gamm hat dessen Sohn, der Herr Kammerherr Friederich Ludwig Otto von Gamm auf Friedrichshof im Großherzogthume Meklenburg=Strelitz, dem Vereine die Handschrift des unten abgedruckten Verzeichnisses mitgetheilt und zur Verfügung gestellt.

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Die Handschrift ist zwar nicht von des Ministers eigener Hand geschrieben; aber sie hat Nachträge, welche ohne Zweifel von seiner eigenen Hand geschrieben sind, namentlich der Artikel IV. 7. Knesebeck. Dieser Umstand, die Auffindung der Handschrift in des Ministers Nachlasse und die gleichzeitige Abfassung der beiden größeren Werke zeugen dafür, daß der Minister von Gamm der Verfasser der Uebersicht sei. Eine solche Arbeit konnte auch wohl nur während sehr umfassender genealogischer Forschungen entstehen.

Das hier mitgetheilte Verzeichniß ist ungefähr um das Jahr 1775 abgefaßt, also ungefähr zu der Zeit, als der Verf. seine Forschungen beendigt hatte und an die schließliche Redaction beider oben genanten größern Werke ging.

Das Verzeichniß ist vor dem J. 1778 abgefaßt, denn die Familie v. Gadow, welche in diesem Jahre anerkannt ward, ist in demselben gar nicht aufgeführt. Die im J. 1770 geschehene Reception der Familie IV. 8. v. Mecklenburg ist in den ursprünglichen Text aufgenommen, eben so in I. das Aussterben der Familien v. Pederstorf und v. Peccatel im J. 1773, u. s. w. Die Reception der Familie IV. 7. v. Knesebeck (vgl. VI. 39.) im J. 1774 ist in der Hauptredaction nachgetragen, dagegen das Aussterben der Familie I. v. Parkentin im J. 1775 schon bei der Abschrift eingefügt. Es ist daher das Verzeichniß wahrscheinlich im Anfange d. J. 1775 redigirt.

Der Verfasser scheint hiernach außer allem Zweifel zu stehen. Es gab damals in Meklenburg wohl nur zwei Männer, welche überhaupt zu solchen Arbeiten befähigt waren: der Minister v. Gamm und der Landes=Syndicus Pistorius zu Neu=Brandenburg. Pistorius war ebenfalls mit einem meklenburgischen Adelslexikon beschäftigt, welches er drucken lassen wollte. Pistorius wollte aber mehr historisch verfahren, v. Gamm arbeitete rein genealogisch. Bekanntlich hat Pistorius ungefär im J. 1767 eine Abtheilung seines Werkes, über die Familie v. Warburg, drucken lassen; aber " Undankbarkeit " und Mangel an Theilnahme sollen ihn an der Fortsetzung verhindert haben, so daß selbst diesem gedruckten Bruchstücke noch Titel und Schlußbogen fehlt. Pistorius starb im J. 1781, ohne sein Werk zu Ende gebracht zu haben. Nugent sagt in seinen Reisen durch Meklenburg, Berlin und Stettin, I, 1781, S. 244: "Pistorius arbeitet izt an einer Geschichte aller adlichen Familien in Meklenburg, wovon nächstens der erste Band herauskommen wird. Dies Werk erfordert unsägliche Mühe; es ist ein vollkommnes Adelslexicon, das aber mehr historische Bemerkungen enthält, als man sonst wohl gewöhnlich in solchen Werken antrift."

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Der Uebersetzer fügt hinzu: "Pistorius ist dies Jahr gestorben, "ohne dies vortrefliche Werk zu Stande gebracht zu haben." - Pistorius starb also vor Vollendung seines Werkes ungefähr zu derselben Zeit (1781), als Gamm sein Werk vollendete (1780). Es wird also v. Gamm ohne Zweifel Verfasser des Verzeichnisses" sein. Freilich mochten sich beide Männer, zu denen noch Masch kam, ihre Arbeiten mittheilen und beide sich einander ergänzen, wie dies aus vorliegenden Briefen erhellt. Im Februar 1766 schrieb Masch an Pistorius: "Dem Hrn. Land=Synd. Pistorius kann man eine Anzeige von vielen adel. Familien. und einzelnen Personen verschaffen, die in Meklenburg von 1300 - 1600 gelebt haben, wenn demselben damit gedient ist. Pistorius bemerkt darunter: Den 25. ejusd. habe ich den Herrn Superintendenten um Communication dieser Nachrichten gebethen." Aus vielen an Pistorius gerichteten Briefen aus verschiedenen adeligen Familien in dem v. gammschen Nachlasse möchte man schließen, daß der pistoriussche Nachlaß in den Besitz des Ministers v. Gamm kam. Am strelitzer Hofe ward damals die aufkeimende vaterländische Alterthumskunde mit Vorliebe befördert.

Was den Werth des Verzeichnisses betrifft, so ist derselbe allerdings bedeutend. Freilich läßt sich nicht leugnen, daß in den Theilen, welche die alte Geschichte berühren, namentlich in dem "I. Verzeichniß der erloschenen Geschlechter," sehr viele Fehler vorkommen, welche sich jetzt wohl berichtigen lassen, aber bei dem damaligen mangelhaften Zustande der Archiv= und Urkundenforschung leicht zu erklären und zu entschuldigen sind. Auch ist nicht zu übersehen, daß v. Gamm die bekannten v. Behrschen Arbeiten und Sammlungen im Landesarchive, auch wohl die Hoinckhusen'schen Forschungen benutzte. Aber die übrige Masse des Materials, namentlich für die Ereignisse des vorigen Jahrhunderts, ist für unsere Geschichte und unser Recht so wichtig, daß die Mittheilung des Verzeichnisses nur dankenswerth erscheinen kann. Zuerst ist das Wagniß des Unternehmens dankenswerth, eine vollständige Namensübersicht zu geben: wer es kann, vertieft sich zu leicht in Einzelnheiten und entrückt sich dadurch seinem Ziele; wer der Sache nicht völlig gewachsen ist, vermag die Aufgabe gar nicht zu lösen. Es gehört eine ungeheure Masse von Kenntnissen und Erfahrungen und eine seltene Ausdauer und Selbstverleugnung dazu, eine so umfassende Arbeit zu Stande zu bringen: alles Dinge, die sich sehr selten finden. Dann aber ist die Arbeit höchst schätzenswerth wegen der großen Masse von Nachrichten, welche schon damals sehr schwer zu sammeln waren und jetzt vielleicht nicht mehr zusammen zu bringen sind, um so mehr,

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da des Verfassers Leben in eine Zeit fällt, in welcher sich die Zustände wesentlich veränderten, deren Entwickelung also von großem Einflusse sein kann. Endlich hat die Arbeit durch ihre Uebersichtlichkeit und Eintheilung einen bedeutenden Werth erhalten.

Die ursprüngliche Handschrift ist sehr kurz und besteht fast nur aus Namen und Zahlen. Eine weitere Ausführung und Umarbeitung war beabsichtigt, reicht jedoch in dem Abschnitte I. nur bis zur Familie Kohlhans. In dem Abdrucke ist diese weitere Ausführung statt der ursprünglichen, kürzern Ausarbeitung genommen.

Die Handschrift ist getreu abgedruckt. Von Umänderungen konnte natürlich nicht die Rede sein. Es stand aber zur Frage, ob man nicht auffallende und bekannte Fehler in Noten berichtigen wollte. Aber hier stieß man gleich an den Fehler, durch dessen Vermeidung v. Gamm die Ausführung möglich gemacht hat: man kam vor Specialforschungen nicht weiter und konnte doch so bald nichts Vollständiges liefern. Es schien also am gerathensten, das Verzeichniß, da es fast urkundlichen Werth hat, getreu abdrucken zu lassen und die Verbesserung der Fehler Zeiten und Gelegenheiten anheim zu stellen, in denen sich etwas Vollständigeres bieten lassen kann, als es jetzt möglich ist.

Der Abdruck ist im Allgemeinen buchstäblich veranstaltet; nur einige unwesentliche Veränderungen in Abkürzungen und Bezeichnungen sind vorgenommen, z. B. ist Jahrh. statt: Sec., ungef. statt: pp. gesetzt, lediglich um den Satz nicht durch viele lateinische Lettern zu bunt zu machen.

G. C. F. Lisch.