Seite 403 |
|
:
Heberegister
der Vogtei Grevismühlen
aus
den Jahren 1404 und 1519
mitgetheilt von
G. C. F. Lisch.
Alte Register und Verzeichnisse aller Art sind von sehr großem und dauerndem Werthe für die Geschichtsforschung, weil sie ein sehr vielseitiges Interesse haben; viele Register sind für die deutsche Geschichte berühmt geworden und bilden eine unerschöpfliche Quelle der Forschung, wie für einen großen Theil Meklenburgs das Zehntenregister des Bisthums Ratzeburg. In Meklenburg sind bis jetzt äußerst wenige solcher Documente veröffentlicht. Daher wird es nützlich sein, von Zeit zu Zeit solche Urkunden mitzutheilen und der allgemeinen Benutzung und Bearbeitung hinzugeben. Freilich sind die deutschen Ostseeländer sehr arm an solchen Schriftwerken, weil es ihnen ganz an alten Klosterbibliotheken aus dem Mittelalter fehlt und zur Zeit der Reformation außer den Urkunden alle Schriften der geistlichen Stiftungen untergegangen sind. Aber es wird sich bei eifriger Forschung wohl manches finden, was bei der Seltenheit einen um so größern Werth hat.
Gegenwärtig wird ein jüngst entdecktes Beden= oder Contributions=Register der Vogtei Grevismühlen vom J. 1404 mitgetheilt, da das Register ziemlich alt ist und eine
Seite 404 |
in mancher Hinsicht interessante Gegend berührt. Das Register bildet ein Quartheft von 6 Blättern Papier und ist auf der ersten Seite (Pfarre Grevismühlen) und auf der letzten Seite (Pfarre Diedrichshagen) sehr abgescheuert. Es führt die Ueberschrift:
Es ist also ein Verzeichniß der erhobenen Bede (precaria) aus der Vogtei Grevismühlen.
Daß das Register die Vogtei Grevismühlen umfaßt, geht nicht nur aus dem Inhalte, sondern auch aus einem, Pachtregister derselben Vogtei vom J. 1519 hervor, welches fast alle dieselben Dörfer aufführt. Wenn auch die Mittheilung des Bedenregisters von 1404 der Hauptzweck dieser Zeilen ist, so ist doch auch das ebenfalls jüngst entdeckte Pachtregister von 1519 zugleich benutzt. Dieses Pachtregister ist ein Quartheft von 12 Blättern mit der Aufschrift:
Das Pachtregister enthält bei jedem Dorfe den Namen des Dorfes, die Namen aller Bauern mit Angabe der Pachtsumme eines jeden Bauern und die Summe dessen, was das ganze Dorf trägt. Zur Vergleichung ist nicht das ganze Register abgedruckt, sondern es sind nur vollständig die Namen der Dörfer, die Anzahl der Bauern und die Pachtsummen der Dörfer mitgetheilt; (da die Zahl der Bauern in dem Register nicht wörtlich angegeben ist, sondern nur durch Zählung gewonnen ist, so ist sie mit deutschen Lettern und arabischen Ziffern angedeutet).
Uebrigens enthalten beide Register nicht alle Dörfer und Güter der Vogtei, da viele abgabenfrei waren; jedoch sind die angegebenen Namen und Verhältnisse schon interessant genug.
Zu noch größerer Anschaulichkeit sind auch die betreffenden Namen aus dem bekannten Zehntenregister des Bisthums Ratzeburg, herausgegeben von Arndt, 1833, zur Vergleichung gezogen.
Endlich sind die heutigen Namen nach dem meklenburgischen Staatskalender hinzugefügt.
Bei dem Abdruck ist folgendes Verfahren beobachtet. Vollständig und diplomatisch genau ist das Bedenregister von 1404 mitgetheilt, jedoch nicht ganz in der Reihenfolge des Originals. Die Dörfer der einzelnen Kirchspiele sind immer ganz
Seite 405 |
genau in der Reihenfolge des Originals abgedruckt. Da es aber von Interesse war, zu sehen, wie sich die Vogtei Grevismühlen aus dem Lande Bresen (mit Ausnahme des Kirchspiels Beidendorf), dem Lande Dassow und dem Walde Klütz gebildet hat, so ist die Kirchspielsfolge nach dem ratzeburger Zehntenregister gewählt; die Stellung der einzelnen Namen dieses Zehntenregisters hat sich aber nach dem Bedenregister von 1404 richten müssen. Da das Pachtregister von 1519 keine Pfarren angiebt, sondern die Namen bunt durch einander würfelt, so hat sich die Reihenfolge der Dörfer ebenfalls nach dem Bedenregister richten müssen, eben so auch die Reihenfolge der Namen aus dem Staatskalender. Es ist jedoch zu bemerken, daß aus dem ratzeburger Zehntenregister und dem Staatskalender nicht alle Namen aufgenommen, sondern die unbedeutendern, kleinern Ortschaften, welche in den Registern von 1404 und 1519 fehlen, oft weggelassen sind.
Man kann also in Beziehung auf den Abdruck sagen:
Das Bedenregister von 1404 ist vollständig und diplomatisch genau nach dem Originale abgedruckt, auch in der Reihenfolge der Dörfer in den einzelnen Kirchspielen, jedoch ist in den Kirchspielen die Reihenfolge des ratzeburger Zehntenregisters von 1230 gegeben; von dem Pachtregister von 1519 sind die Namen, die Bauernzahl und die Pachtsumme vollständig mitgetheilt, die Reihenfolge der Dörfer hat sich aber ganz nach dem Bedenregister von 1404 gerichtet; eben so hat sich die Stellung der Namen des ratzeburger Zehntenregisters und des Staatskalenders nach dem Bedenregister von 1404 richten müssen: so daß alle Mittheilungen zur Erläuterung des Registers von 1404 dienen.
Zur Aufklärung einzelner Seltenheiten und Dunkelheiten sind einige erläuternde Noten hinzugefügt; diese sind jedoch nur aus dem Vorrath der Studien genommen und machen nicht auf Vollständigkeit Anspruch; man wollte jedoch nicht vorenthalten, was man besaß. Zur vollständigen Erforschung aller Orts= und Sachverhältnisse würden sehr große Quellenstudien gehören. Einstweilen mögen diese Blätter zu Berichtigungen und Forschungen einladen.
Seite 406 |
1) Die Pfarren Dassow und
Mummendorf waren um 1230 sehr groß. In der
Folge wurden von der Pfarre Mummendorf die
beiden Pfarren Börzow und Roggenstorf
abgetrennt und von der Pfarre Dassow gingen
mehrere Dörfer an andere Pfarren über.
Mehrere Ortschaften in der Pfarre Dassow
sind auch bis jetzt unbekannt
geblieben.
2) Zur Zeit des ratzeburger
Zehntenregisters (um 1230) umfaßte die
Pfarre Mummendorf fast alle Dorfschaften,
welche etwas später in die drei Kirchspiele:
Mummendorf, Roggenstorf und Börzow vertheilt
wurden; viele Ortschaften bestanden damals
auch noch gar nicht oder lagen wüste.
Seite 407 |
3) Roggenstorf ist das Dorf, welches im Zehntenregister Villa Reinwardi - Reinwardsdorf heißt. Späterhin im Mittelalter ward es Neuwerstorf oder Neuwenstorf, auch Roggenstorf geschrieben, woraus Roggenstorf gestorben ist, mit einer eigenen Pfarre, welche sich nur nach der Erkenntniß dieser Wandelung des Namens verfolgen läßt.
Seite 408 |
1) Wulwekenhagen lag bei dem
neuern Bernstorf, ward nach und nach kleiner
und endlich ganz wüst, bis es wieder unter
dem Namen Wilkenhagen aufgebauet ward.
2) Bunhoph ist das heutige Bonhagen: vgl.
Lisch Maltzan Urk. I, S. 159. Es hieß im J.
1309 Bunenhoph und noch im J. 1557 Bonhoff
und 1623 Bunenhove. Eben so hieß auch
Hafthagen, in der Pfarre Elmenhorst früher
Hafhoff.
3) Bamberg ist in der Feldmark
Klütz untergegangen. In einem Amtsregister
von 1557 heißt es: "Bamborch; Dussen
acker geheten Bamborch bwen Vernth Plessen
luede thom Klutze vnde geuen dar jarliks vor
VI mr. IIII s." - Im
Visitations=Protocolle von Klütz von 1541
heißt es: V mark aufm Bamberge beym Creutz
(Klütz) gelegen". - Im
Visitations=Protocolle von 1568 kommt
Bamberg nicht mehr vor.
Seite 409 |
4) Von den 3 Tarnewitz erklärt
Arndt wohl mit Recht Superius Tarnewitze für
Oberhof. Im J. 1439 gab es im Gegensatze
auch ein Neddere Tarnewitze, worunter wohl
das eigentliche Tarnewitz oder Wendeschen
Tarnewitz verstanden ist.
5)
Tarnewitzerhagen kommt in der Zeit von 1358
- 1670 häufig vor. Arndt hält dieses Dorf
für Wittenbergerhagen, vielleicht mit Recht,
da dieses auch neben Tarnewitz vorkommt; im
J. 1366 z. B. verpfändet der Herzog Albrecht
den Brüdern Marquard und Hermannn Tarnewitz
die Bede aus den den Dörfern Tarnewitze und
Wittenborgherhagen, alze van "souen
vnde twyntich houen to dissen dorpen
belegen". - Im J. 1557 wird
Tarnewitzerhagen auch
Groten=Tarnewitzerhagen genannt, vielleicht
im Gegensatze zu Wittenborgerhagen., und
Wittenborgerhagen kommt nicht mehr vor.
Dagegen heißt im 16. Jahrh. Tarnewitzerhagen
oft bloß Hagen.
6) Tarnewitz ist wohl
ohne Zweifel das Dorf, welches auch
Wendisch=Tarnewitz genannt wird und welches
("villam slauicam Tarneuwiz") im
J. 1301 von dem Ritter Ludolph Negendank an
das Kloster Reinfelden verkauft ward. Im
Visitations=Protocolle vom J. 1568 werden
von den Dörfern Tarnewitz nur Wendeschen
Tarnewitz und Tarnewitzerhagen genannt.
Seite 410 |
1) Arpshagen wird in den
Visitations=Protocollen von 1541 und 1568
wiederholt Marpeshagen genannt; dies ist
wahrscheinlich eine verkürzte
Zusammenziehung aus (tó=) Marpeshagen (=zum
Arpshagen), wie Drewskirchen aus tôr
Oedeakirchen, tôr Oeskirchen etc.
2)
Kl, Pravsthagen gehörte dem Dom=Capitel zu
Ratzeburg.
3) "Der Hof zum
Felde" kommt schon im J. 1568 vor.
4)Das durch ein stark besuchtes Seebad in
den neuesten Zeiten bekannt gewordene Dorf
Boltenhagen tritt erst mit dem Anfange des
14. Jahrhunderts in die Geschichte und zwar
gewöhnlich mit dem benachbarten Dorfe
Wichmanstorf, auch Wichmerstorf genannt.
Wahrscheinlich hat es seinen Namen von einem
Besitzer Bolte; denn im J. 1313 verkaufte
Gerhard von Hagen dem Ritter
Seite 411 |
Johann Riken das Dorf Wichmanstorf und seine Güter, welche ein gewisser Bolte in Steinbeck besessen hatte (villam Wichmersdorpe et bona sua quae habuit quidam Bolto nomine in villa Stenbeke). Im J. 1326 hieß Boltenhagen: der Lange Hagen, als die Grenzen zwischen "Tarniuize" und "Wimerstorpe" beschrieben wurden, welche gingen von dem Moor bis zu den Grenzen des Dorfes Langhagen ("iuxta paludem vaque ad terminos ville, que Longa Indago nominatur"). Im J. 1333 gehörte Wichmanstorf der ritterlichen Familie Kulen, welche es damals mit Boltenhagen zugleich an das Kloster Reinfelden verkaufte in dessen Besitze beide Dörfer unter diesen Namen auch im J. 1336 vorkommen.
Seite 412 |
1) Um das Jahr 1230 war Bössow
noch keine eigene Pfarre.
2) Hafthagen
hieß noch im J. 1557 Haffhoff, wie Bonhagen,
Pf. Börzow, früher Bonhoff hieß.
3) Die
Holstein in diesen Gegenden waren mit den
dort begüterten v. Parkentin gleichen
(Stammes, im J. 1264 war Eckhard Holstein
Bruder des Thetlev und des Marquard von
Parkentin: vgl. Masch Gesch. des Bisth.
Ratzeburg, S. 161, Not. 2.
4)
Dönkendorf heißt im Ratzeb. Zehtenregister
Villa Thankmari und gehörte damals zu der
Pfarre Dassow.
5) Miristorp war der
Name des Dorfes, in dessen Nähe die Kirche
gegründet ward, von welcher das neben
derselben entstandene Dorf Hohenkirchen
hieß. Im J. 1158 hieß das Dorf Miristorp
(vgl. Franck A. u. N. M. X, S. 81 -
Seite 413 |
82). Im J. 1260 wird gesagt, daß Miristorp damals Hohenkirchen heiße (vgl Schröder P. M., (S. 679, und Masch Bisth. Ratzeb. (S. 121). Zwar steht dieser Zusatz auch in der Urk. vom J. 1158; es ist aber zu bemerken, daß diese Worte (Myristorp, que nunc Honkerken vocatnr) aus der Urkunde vom J. 1260 fälschlich den gedruckten Text der Urkunde vom J. 1158 eingeschoben sind (vgl. Arndt Zehntenreg. des Bisth. Ratzeb. S. 28, Not. 3). In dem Zehntenregister vom J. 1230 fehlt Miristorp, dagegen kommt schon Hohenkirchen vor. Interessant ist es daher, daß nach unserm Register von 1519 noch Mirstorp neben Hohenkirchen existirte, freilich nur mit einem Pacht zahlenden Bauern und 2 wüsten Erben. Nach den Amts=Registern wohnten noch im J. 1557 zwei Bauern zu Myrsthorp. Es war Mirstorp daher nicht in Hohenkirchen untergegangen, sondern dieses neben jenem erbauet. Mirstorp wird also erst im 16. Jahrh. ganz untergegangen sein. Vgl auf folgender Seite Not. 4.
Seite 414 |
1) Marmotse ist ganz unbekannt;
vielleicht ist es in den neuen Dörfern
Woldenhagen und Niendorf untergegangen. Es
ist aber zu beachten, daß Woldenhagen schon
im J. 1219 existirte und an das Kloster
Sonnenkamp kam (vgl. Lisch Mekl. Urk. II, S.
3 flgd.).
2) Everakstorf ist sicher
Everstorf, welches jetzt zur Pfarre
Grevismühlen gehört.
3) Reimanstorf ist
unbekannt.
4) Siehe Not. 5 auf Seite 412.
Seite 415 |
5) Im J. 1418 heißt daß Dorf noch
"Lantberstorpe" und im
Visitations=Protocolle von Proseken von 1568
"Der Hof zu Landtmerstorpe".
6) Der jetzige Hof Fliemstorf hieß früher
Frimanstorf. Im J. 1557
. heißt er Frymerstorp und
noch im J. 1609 Frimenstorf. Von diesem Hofe
hat ohne Zweifel bis im 16. Jahrhundert
ausgestorbene Familie Vrigmannestorf,
Vrigmanstorf, Vrimanstorf oder Frimerstorf
ihren Namen; vgl. Lisch. Gesch. des Geschl.
Hahn I, A, S. 39 flgd.
Seite 416 |
1) Um das J. 1230 hatte das Dorf Friedrichshagen nach keine eigene Pfarre. Friedrichshagen ist Indago Fredeberi oder Fredebernshagen; darauf hieß es auch Frebbershagen, in den neuern Zeiten Friedrichshagen.
Seite 417 |
2) Degetow, Gr. Pravsthagen und Minnow gehörten dem Kloster Sonnenkamp oder Neukloster, eben so Woldenhagen, jetzt Wohlenhagen in der Pfarre Hohenkirchen. - Minnow ward seit dem Anfange des 16. Jahrh., sicher nach 1462, Hilgendorf genannt.
Seite 418 |
1) Hievon hat noch der Vilebeker
See bei Grevismühlen den Namen.
2) Dies
ist vielleicht das im Ratzeburger
Lehnregister vom J. 1335 (in Schröder P. M.
S. 1151) genannte Rodmansvelt bei
Grevismühlen: "in Guevesmolen in agro,
qui dicitur Rodemannesvelt".
Seite 419 |
3) Im Ratzeburger Zehntenregister
wird die Pfarre Diedrichshagen noch nicht
aufgeführt.
4) Kastahn gehörte um 1230
zur Pfarre Grevismühlen.